Urteil des BGH vom 02.07.2004
BGH (zahlung, höhe, vertrag, treu und glauben, umsatzsteuer, interessierte partei, auslegung, betrag, kaufpreis, annahme)
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 209/03
Verkündet am:
2. Juli 2004
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom  2.  Juli  2004  durch  den  Vizepräsidenten  des  Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke und Dr. Schmidt-Räntsch und die
Richterin Dr. Stresemann
für Recht erkannt:
Auf  die  Revision  der  Klägerin  und  die  Anschlußrevision  der  Be-
klagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts
Stuttgart  vom  16.  Juni  2003  unter  Zurückweisung  der  weiterge-
henden  Rechtsmittel  im  Kostenpunkt  und  insoweit  aufgehoben,
als  die  Klage  in  Höhe  von  222.355,15  €  nebst  anteiligen  Zinsen
abgewiesen worden ist.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 136.787,85 €
nebst 8,42 % Zinsen seit dem 27. Dezember 2001 zu zahlen.
Im übrigen wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Ent-
scheidung,  auch  über  die  Kosten  des  Revisionsverfahrens,  an
das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
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Tatbestand:
Am  7. Juni  2000  verkaufte  die  Beklagte  der  Fa.  H.                       KG
(Käuferin),  die  ihre  Rechte  an  die  Klägerin  abgetreten  hat,  ein  an  die  Fa.
S.         vermietetes Grundstück für 35 Mio. DM und einen weiteren Betrag von
bis zu 8 Mio. DM für Kosten eines Ausbaus des Objekts für die Mieterin zuzüg-
lich  der gesetzlichen Mehrwertsteuer von derzeit 16 % für beide Beträge. Der
Kaufpreis  war  am  19. September  2000  fällig.  Nach  dem  Vertrag  sollten  der
Käuferin die Mieten der Fa. S.        ab dem Monat der Kaufpreiszahlung zuste-
hen.  Die  Käuferin  zahlte  35 Mio.  DM  im  September  2000  und  weitere
8 Mio. DM am 31. Oktober 2000. Entgegen der Annahme der Parteien war das
Geschäft  nicht  umsatzsteuerpflichtig.  Die  Beklagte  zog  die  Mieten  der  Fa.
S.         von Oktober 2000 bis zum Oktober 2001 und die Nebenkostenvoraus-
zahlungen für Oktober 2000 bis September 2001 ein. Die vermeintlich zu zah-
lende  Umsatzsteuer  von  6.880.000  €  führte  die  Beklagte  im  Dezember  2000
an  die  Finanzverwaltung  ab,  erlangte  sie  von  dieser  aber  erst  im  Mai  2001
wieder  zurück.  Die  Klägerin  verlangt  Herausgabe  der  eingezogenen  Mieten
nebst  Nebenkosten.  Nach  einer  Teilzahlung  der  Beklagten  in  Höhe  von
1.064.512,20 € stehen davon noch 583.782 € aus.
Die Beklagte meint, die Mieten für Oktober und November 2000 stünden
ihr  zu,  weil  die  Käuferin  seinerzeit  die  Umsatzsteuer  nicht  gezahlt  habe.  Im
übrigen rechnet sie mit folgenden Gegenforderungen auf:
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85.567,30  €  als  Ersatz  entgangener Zinsen aus der Anlage der gezahlten Umsatz-
steuer von 6.880.000 DM,
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60.069,80  €  als  Schaden  aus  der  verzögerten  Zahlung  eines  Kaufpreisanteils  von
35 Mio. DM,
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47.066,90  €  als  Schaden  aus  der  verzögerten  Zahlung  eines  Kaufpreisanteils  von
8 Mio. DM.
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Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 473.462,95 € verur-
teilt. Auf die Berufung beider Parteien hin hat das Oberlandesgericht unter Zu-
rückweisung  der  weitergehenden  Berufungen  der  Parteien den Verurteilungs-
betrag  auf 299.651,55 € ermäßigt. Dagegen richtet sich die Revision der Klä-
gerin,  die  unter  Hinnahme  einer  Teilabweisung  ihrer  Klage  in  Höhe  von
14.708,40  €  beantragt,  die  Beklagte  zu  verurteilen,  über  den  ausgeurteilten
Betrag hinaus weitere 269.422,05 € nebst 8,42 % Zinsen seit dem 27. Dezem-
ber  2001  zu  zahlen.  Mit  ihrer  Anschlußrevision  wendet  sich  die  Beklagte  ge-
gen  ihre  Verurteilung  über  einen  Betrag  von  42.941,36  €  (Grundsteuer)  hin-
aus.
Entscheidungsgründe:
I.
Nach  Ansicht  des  Oberlandesgerichts  ergibt  eine  ergänzende  Ausle-
gung  des  Kaufvertrags, daß der Kaufpreis ohne Umsatzsteuer geschuldet sei.
Die  Folgen  ihres  Irrtums  über  die  Umsatzsteuerpflichtigkeit  hätten  die  Ver-
tragsparteien  danach  je  zur  Hälfte  zu  tragen.  Der  geltend  gemachte  Verzugs-
schaden  sei  anteilig  begründet.  Der  Einwand  der  Klägerin,  die  Beklagte  habe
den Verzug zu vertreten, weil sie die Zustimmung zur Eintragung einer Grund-
schuld  verzögert  habe,  treffe  nicht  zu.  Es  sei  Sache  der  Käuferin  gewesen,
rechtzeitig die Voraussetzungen der Finanzierung zu klären. Mit der Zuzahlung
von
8 Mio. DM habe sich die Klägerin in Verzug befunden.
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II.
Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung nur teilwei-
se stand.
1. Der Klägerin stehen nach dem Kaufvertrag die von der Fa. S.          für
Oktober und November 2000 gezahlten Mieten in vollem Umfang und nicht nur
zur  Hälfte  zu.  Insoweit ist die Revision begründet, die Anschlußrevision dage-
gen nicht.
a)  Die  von  der  Fa.  S.         gezahlten  Mieten  standen  der  Käuferin  vom
Oktober 2000 an zu. Nach Nr. V Abs. 1 des Kaufvertrags sollten die Mieten der
Käuferin  „nach  Eingang  des  (gesamten)  Kaufpreises  beim  Verkäufer“  ein-
schließlich des Zahlungsmonats zustehen. Mit „gesamtem Kaufpreis“ meint die
Klausel nach Ansicht des Berufungsgerichts nur die in Nr. I 1 des Kaufvertrags
bezeichneten  Kaufpreiselemente,  nicht  aber  etwaige,  neben  dem  Kaufpreis
noch  zu  zahlende  Zinsen  oder  andere  Leistungen.  Diese  Auslegung  ist  von
dem  Senat  nur  eingeschränkt  überprüfbar;  sie  hält  dieser  eingeschränkten
Prüfung  stand.  Die  Zahlung  des  gesamten  Kaufpreises  ist  nach  Nr.  V  Abs.  6
des  Vertrages  („vollständige  Kaufpreiszahlung“)  nämlich  nicht  nur  für  den
Übergang der Zuständigkeit für die Einziehung der von der Fa. S.         gezahl-
ten  Mieten  maßgeblich.  Die  Parteien  haben  die  Zahlung  des  eigentlichen
Kaufpreises als die wesentliche Leistung der Käuferin angesehen und deshalb
auch in Nr. V des Kaufvertrags den Übergang von Nutzungen, Lasten und Ge-
fahr von der Beklagten auf die Käuferin daran geknüpft. Auch hat die Käuferin
der Beklagten von diesem Zeitpunkt an die Kosten für die Versorgung des Ob-
jekts  mit  Heizung,  Wasser,  Druckluft  und  Kälte  zu  erstatten.  Anhaltspunkte
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dafür, daß die Beklagte den Übergang der Gefahr auf die Käuferin und deren
Pflicht zur Erstattung der Versorgungskosten entgegen dem Wortlaut des Ver-
trages  auch  von  der  Erfüllung  von  neben  der  Verpflichtung zur Kaufpreiszah-
lung noch bestehenden Zinszahlungsverpflichtungen von untergeordneter Be-
deutung  abhängig  machen  wollte,  sind  weder  vorgetragen  noch  ersichtlich.
Der Übergang der Zuständigkeit für die Einziehung der von der Fa. S.       ge-
zahlten Mieten ist aber nach dem Vertragskonzept der Parteien eine wesentli-
che  Konsequenz  der  Zahlung  des  Kaufpreises  und  hängt  deshalb  auch  nicht
von  der  Erfüllung  anderer  Zahlungsverpflichtungen  ab.  Auf  die  Frage,  ob  die
Parteien  in  Nr.  III  3  des Vertrags einen Fälligkeits- oder einen pauschalierten
Verzugszins  vereinbart  haben,  kommt  es  deshalb  in  diesem  Zusammenhang
nicht an.
b)  Den  Nettokaufpreis  hatte  die  Käuferin  teilweise  im  September  2000
und teilweise im Oktober 2000 gezahlt. Ihr Anspruch auf Auskehrung der Mie-
ten für Oktober und November 2000 hing deshalb allein davon ab, ob die Käu-
ferin auch die Umsatzsteuer schuldete. Dies verneint das Berufungsgericht zu
Recht.  Die  Käuferin  hatte  nach  dem  Vertrag  zwar  auch  die  Umsatzsteuer  zu
zahlen. Diese sollte aber zu dem eigentlichen, im Vertrag auch gesondert auf-
geführten,  Kaufpreis  hinzutreten.  Diese  Kaufpreisgestaltung  beruht ersichtlich
auf  der  Vorstellung  der  Parteien,  das  Geschäft  sei  umsatzsteuerpflichtig.  In
Wirklichkeit unterlag das Geschäft aber nicht der Umsatzsteuer. Mithin entfiel
auch  von  vornherein  die  Verpflichtung  zur  Zahlung  von  Umsatzsteuer,  ohne
daß  es  der  Vertiefung  bedarf,  ob  sich  das  im  Wege  einfacher  (BGH,  Urt.  v.
19. Juni  1990,  XI  ZR  280/89,  WM  1990,  1322,  1323)  oder  - wie  das  Beru-
fungsgericht  meint -  ergänzender  Vertragsauslegung  erschließt.  Dies  steht
auch  der  Annahme  der  Anschlußrevision  entgegen,  die  Pflicht  zur  Umsatz-
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steuerzahlung könne erst mit Wirkung von dem Zeitpunkt als weggefallen gel-
ten, zu dem der Irrtum über die Umsatzsteuerpflichtigkeit des Erwerbs entdeckt
worden sei.
c) Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht aber, was die Revi-
sion  mit  Recht  beanstandet,  in  der  Annahme,  dem  Vertrag  sei  im  Wege  der
ergänzenden  Vertragsauslegung  zu  entnehmen,  daß  die Vertragsparteien die
Folgen ihres Irrtums über die Umsatzsteuerpflicht je zur Hälfte zu tragen haben
sollten.  Daraus  ergebe  sich  unter  anderem,  daß  die  Käuferin  und  damit  jetzt
die Klägerin die ihr an sich zustehenden Mieten der Fa. S.        für Oktober und
November 2000 nur zur Hälfte soll beanspruchen können.
aa) Dieses Ergebnis läßt sich nicht auf das Senatsurteil vom 18. Febru-
ar 2000 (V ZR 334/98, NJW-RR 2000, 894) stützen. In diesem Fall hatte sich
nach  Vertragsschluß  herausgestellt,  daß  noch  eine  Privaterschließung  des
verkauften  Grundstücks  vorzunehmen  war.  Hier  hatte  der  Senat  eine  ergän-
zende  Auslegung  des  Vertrags  vorgenommen,  weil  dieser  Punkt  im  Vertrags-
plan  der Parteien übersehen worden war. Das liegt im vorliegenden Fall aber
im entscheidenden Punkt anders.
bb)  Eine  ergänzende  Auslegung  kann  das  Gericht  nicht  bereits  dann
vornehmen,  wenn  ein  Vertrag  einen  Punkt,  der  sich  im  Streitfall  als  erheblich
erweist, nicht regelt. Erforderlich ist vielmehr eine planwidrige Lücke des Ver-
einbarten  (BGHZ  77,  301,  304;  127,  138,  142;  Senatsurt.  v.  14.  November
2003, V ZR 346/02, NJW-RR 2004, 554). Sie ist dadurch gekennzeichnet, daß
die Parteien mit der getroffenen Regelung ein bestimmtes Ziel erreichen woll-
ten, dies aber wegen der Lückenhaftigkeit des Vereinbarten nicht gelungen ist
(BGH, Urt. v. 20. März 1985, VIII ZR 64/84, NJW 1985, 2581, 2582). Von einer
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Lücke  kann  auch  nur  gesprochen  werden,  wenn  ein  Punkt ungeregelt geblie-
ben  ist, den die Parteien im Rahmen des von ihnen wirklich Gewollten (BGH,
Urt. v. 11. Dezember 1991, XII ZR 63/90, NJW-RR 1992, 267; Senatsurt. v. 14.
November 2003, aaO) als regelungsbedürftig angesehen haben (Senatsurt. v.
14. Januar 2000, V ZR 416/97, BGHR BGB § 157, Ergänzende Auslegung 23;
Senatsurt.  v.  14.  November  2003,  aaO).  Im  Gegensatz  zu  den  Grundsätzen
über  das  Fehlen  oder  den  Wegfall  der  Geschäftsgrundlage  (§  313  BGB),  die
einer  Anpassung  des  Gewollten  an  die  Wirklichkeit  oder  dessen  Liquidation
bei  Scheitern  der  Anpassung  dienen,  geht  es  bei  der  ergänzenden  Ver-
tragsauslegung darum, den in dem Vereinbarten zutage tretenden Planvorstel-
lungen  zum  Durchbruch  zu  verhelfen.  Ihr  Ansatzpunkt  besteht  daher  in  der
Ermittlung dessen, was die Parteien (bei angemessener Abwägung ihrer Inter-
essen  und  als  redliche  Vertragspartner)  zur  Schließung  der  Lücke  selbst  un-
ternommen  hätten  (hypothetischer  rechtsgeschäftlicher  Wille;  BGHZ  90,  69,
77; 127, 138, 142; Senatsurt. v. 14. November 2003, aaO).
cc)  Nach  den  Feststellungen  des  Berufungsgerichts  haben  sich  die
Käuferin  und  die  Beklagte  über  die  Umsatzsteuerpflichtigkeit  des  Geschäfts
geirrt. Dieser Irrtum der Vertragsparteien berührte jedoch nicht die Vollständig-
keit der Regelung über die Auskehrung der von der Fa. S.        gezahlten Mie-
ten.  Diese  sollten  der  Käuferin  von  Beginn  des  Monats  an  zustehen,  in  dem
diese den Kaufpreis vollständig zahlte. Hatte die Käuferin ihre Pflicht zur Zah-
lung  des  Kaufpreises  und  damit  jedenfalls  ihre  wirtschaftlich  entscheidende
Vertragspflicht erfüllt, mußte ihr auch die Nutzung des Grundstücks zustehen.
Dazu  gehören  bei dem Verkauf eines vermieteten Grundstücks auch die Mie-
ten  der  Grundstücksmieterin.  Eine  solche  Regelung hängt inhaltlich nicht von
Höhe und Zusammensetzung des Kaufpreises ab. Beides kann auf eine solche
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Regelung  deshalb  schon  im  Ansatz  keinen  Einfluß  haben.  Dann  aber  enthält
der Vertrag insoweit auch keine Regelungslücke.
d) Entgegen der Ansicht der Anschlußrevision ist die Käuferin nicht (auf
Grund von Treu und Glauben) daran gehindert, sich auf diese Auslegung des
Vertrags  zu  berufen.  Sie  entspricht  ihrem  (hypothetischen)  Willen.  Anhalts-
punkte  dafür,  daß  die  Käuferin  überlegenes  Wissen  ausgenutzt  haben  und
deshalb gehindert sein könnte, sich im Hinblick auf das Ausbleiben der in der
Sache nicht geschuldeten Umsatzsteuer auf diesen hypothetischen Willen der
Parteien  zu  berufen,  hat  die  Beklagte  nicht  vorgetragen;  sie  sind  auch  sonst
nicht ersichtlich. Die Klägerin kann deshalb die Auskehrung der Mieten der Fa.
S.         für Oktober und November 2000 ungekürzt verlangen.
2.  Aufrechnen  kann  die  Beklagte  mit  einer  Zinsforderung  gegen  die
Käuferin  aus  der  verspäteten  Zahlung  des  Kaufpreisanteils  von  8 Mio.  DM  in
Höhe von 47.066,90 €. Insoweit hat die Revision keinen Erfolg.
a) Die Käuferin schuldete nach dem Vertrag eine Zuzahlung von bis zu
8 Mio. DM, wenn die Fa. S.        keine Mängel einwandte, die die mietvertrags-
gerechte Nutzung des Grundstücks durch die Fa. S.       in Frage stellten. Dies
sollte  die  Beklagte  der  Käuferin  bestätigen.  Das  ist  durch  das  Schreiben  der
Beklagten vom 15. September 2000 mit Wirkung zum 18. September 2000 ge-
schehen.  Mit  diesem  Schreiben  übersandte  die  Beklagte  einen  Nachtrag  zu
ihrem  Mietvertrag  mit  der  Fa.  S.     ,  in  welchem  diese  in  Anbetracht  der  zu-
sätzlichen Investitionen von 8 Mio. DM einen Zuschlag zur monatlichen Miete
akzeptierte. Daß ausweislich des Vertrags nicht alle festgestellten Mängel ab-
gearbeitet,  die  Mängellisten  nicht  beigefügt  und  auch  ein  Winterbetrieb  der
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Klimaanlage nicht durchgeführt war, ändert an dem Eintritt der Fälligkeit nichts.
Denn in dem Vertrag stellen die Beklagte und die Fa. S.      gemeinsam fest, es
seien  z.  Zt.  keine  Mängel  bekannt,  die  die  Gebrauchstauglichkeit  der Mietsa-
che für Zwecke des Mieters in Frage stellten. Nur darauf kam es an. Das wird
von der Revision auch nicht angegriffen.
b)  Mit  dieser  Zahlung  konnte  die  Käuferin,  was  die  Revision  mit  Recht
geltend  macht,  nicht  ohne  zusätzliche  Mahnung  am  19.  September  2000  in
Verzug geraten. Verzug kann ohne Mahnung zwar nach Ablauf eines bestimm-
ten  Zeitraums  ab  einem  bestimmten  Vorgang  eintreten.  Voraussetzung  ist
aber, daß dieser Vorgang selbst zeitlich bestimmt ist (BGH, Urt. v. 19. Novem-
ber  1991,  X  ZR  28/90,  NJW  1992,  1628,  1629;  Senatsurt.  v.  16.  Dezember
1994, V ZR 114/93, WM 1995, 439, 441) oder durch Maßnahmen des Schuld-
ners  bestimmt  werden  kann  (BGH,  Urt.  v.  25.  Oktober  2000,  VIII  ZR  326/99,
NJW  2001,  365,  366).  So  liegt  es  hier  indessen  nicht.  Wann  die Bestätigung
durch  die  Beklagte  erfolgen  würde,  war  im  Vertrag  nicht  festgelegt  und stand
auch  sonst  nicht fest. Anders als bei einer ausstehenden Genehmigung hatte
die  Klägerin  auch  keine  Möglichkeit,  diesen  Zeitpunkt  zu  bestimmen.  Damit
war  aber  der  Zeitpunkt  des  Verzugseintritts  weder  unmittelbar  noch  mittelbar
festgelegt.
c) Ob die danach für den Eintritt des Verzugs erforderliche Mahnung in
dem Schreiben der Beklagten vom 15. September 2000 gesehen werden kann,
ist  zweifelhaft.  Eine  Mahnung  setzt  nämlich  eine  bestimmte  und  eindeutige
Aufforderung,  die  geschuldete  Leistung  zu  erbringen  (BGH,  Urt.  v.  10.  März
1998, X ZR 70/96, LM Nr. 45 zu § 284 BGB; OLG Hamburg, MDR 1978, 577;
Bamberger/Roth/Grüneberg,  BGB,  1.  Aufl.,  §   286  Rdn.  22,  25;  Erman/J.  Ha-
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ger, BGB, 11. Aufl., § 286 Rdn. 31; MünchKomm-BGB/Ernst, BGB, 4. Aufl., Bd.
2a,  § 286  Rdn.  48;  Staudinger/Löwisch,  BGB  [2001],  §  284  Rdn. 26), voraus.
Bestimmte  Formulierungen  oder  Formen  sind  hierfür  nicht  vorgeschrieben
(MünchKomm-BGB/Ernst, aaO, § 286 Rdn. 49). Es muß auch nicht auf rechtli-
che Folgen hingewiesen werden (BGH, Urt. v. 10. März 1998, aaO; OLG Ham-
burg aaO; Erman/J. Hager und MünchKomm-BGB/Ernst jeweils aaO). Ob sich
die  Beklagte  mit  der  Feststellung  der  Fälligkeit  und  dem  Ausdruck  ihrer  Ver-
bundenheit für „Ihre Veranlassung“ begnügen konnte, ist fraglich, bedarf aber
keiner Entscheidung.
d) Die Käuferin schuldete nämlich Zinsen in Höhe von 10% von der Fäl-
ligkeit an. Das ergibt sich aus Nr. III 3 Satz 1 des Vertrags. Diese Regelung ist
zwar  in  den  Abschnitt  „Verzug“  eingestellt.  Das  führt  aber  entgegen  der  An-
nahme  der  Revision  nicht  zur  Qualifikation  dieser  Regelung  als  Pauschalie-
rung  von  Verzugsschaden.  Gegen  eine  solche  Pauschalierung  spricht  schon
der Wortlaut, der die Käuferin zur Verzinsung ab Fälligkeit verpflichtet. Hinzu-
kommt,  daß  sich  die  Beklagte  in  Nr.  III  3  Satz  2  der  Klausel  die  Geltendma-
chung  der  „gesetzlichen  Ansprüche  wegen  Zahlungsverzugs“  schlechthin,
nicht nur wegen eines weitergehenden Schadens, vorbehalten hat. Außerdem
schuldete die Käuferin der Beklagten gemäß §§ 352 Abs. 2, 353 HGB ohnehin
schon  Fälligkeitszinsen.  Mit  Nr.  III  3  des  Kaufvertrags  wurden  diese  Zinsen,
was  zulässig  und  in  der  vorliegenden  Höhe  auch  inhaltlich  unbedenklich  ist,
auf 10 % erhöht.
e) Mit ihrem Zinsanspruch in Höhe von unstreitig 47.066,90 € konnte die
Beklagte nach § 406 BGB auch gegenüber der Klägerin wirksam aufrechnen.
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3.  Dagegen  kann die Beklagte entgegen der Ansicht der Anschlußrevi-
sion  nicht  mit  einem  über  14.708,40  €  hinausgehenden  Anspruch  auf  Zinsen
aus der verspäteten Zahlung des Kaufpreisanteils von 35 Mio. DM. Diesen Teil
der  Kaufpreisforderung  hat die Käuferin nämlich am 22. September 2000 und
nicht  erst,  wie  die Anschlußrevision meint, am 28. September 2000 erfüllt. Es
trifft  zwar  zu,  daß  eine  Zahlungsforderung  im  Wege  der  Überweisung  nicht
schon mit dem Eingang des Überweisungsbetrags bei der Bank des Zahlungs-
empfängers  erfüllt  wird.  Maßgeblich  ist  vielmehr,  worauf  die  Beklagte  im  An-
satz  zu  Recht  hinweist,  der  Zeitpunkt,  in  dem  der  Betrag  auf  dem  Konto  der
Empfängerin  gutgeschrieben  wurde  (BGHZ  103,  143,  146;  Bamber-
ger/Roth/Dennhardt aaO § 362 Rdn. 14; Erman/H. P. Westermann aaO § 362
Rdn.  9;  MünchKomm-BGB/Wenzel  aaO  § 362  Rdn.  23).  Die  Beklagte  über-
sieht aber, daß eine Gutschrift nicht erst dann wirksam ist, wenn der Empfän-
ger  von  seiner  Bank  eine  Nachricht  über  die  Gutschrift  erhält.  Erfüllung  tritt
vielmehr schon dann ein, wenn der Empfänger über den Überweisungsbetrag
endgültig  frei  verfügen  kann  (BGH,  Urt.  v.  28.  Oktober  1998,  VIII  ZR  157/97,
NJW 1999, 210; Urt. v. 23. Januar 1996, XI ZR 75/95, NJW 1996, 1207; Schi-
mansky  in:  Schimansky/Bunte/Lwowski,  Bankrechts-Handbuch,  Bd.  I,  2.  Aufl.,
§ 47 Rdn. 30). Das ist der Fall, wenn ihm der Überweisungsbetrag vorbehaltlos
zur Verfügung steht (sog. Abrufpräsenz – BGH, Urt. v. 23. November 1999, XI
ZR  98/99,  NJW  2000,  804).  Das  war  nach  den  Feststellungen  des
Berufungsgerichts  hier  am  22.  September  2000.  Diese  Feststellung  greift  die
Anschlußrevision  ohne  Erfolg  an.  Die  Beklagte  hatte  zwar  in  der
Klageerwiderung  bestritten,  die  Zahlung  bereits  am  22.  September  2000
erhalten  zu  haben.  Nicht  bestritten  hat  sie  aber den Vortrag der Klägerin aus
deren Erwiderung auf die Berufung der Beklagten vom 28. April 2003, in dem
diese  im  Einzelnen  dargelegt  hat,  daß  sie  zwei  Blitzüberweisungen  veranlaßt
und dies dazu geführt habe, daß die Beklagte schon am 22. September 2000
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führt  habe,  daß  die  Beklagte  schon  am  22.  September  2000  über  den  Über-
weisungsbetrag  habe  verfügen  können.  Eine  substantiierte  Erwiderung  auf
diesen  Vortrag  der  Klägerin  wäre  aber  erforderlich  gewesen,  zumal  die  Be-
klagte in der vorprozessualen Korrespondenz selbst von einer Zahlung am 22.
September  2000  gesprochen  und  in  der  Klageerwiderung  auch  eingeräumt
hatte, den Betrag vor der förmlichen Gutschrift am 25. September 2000 erhal-
ten zu haben.
4. Ob und in welchem Unfang die Beklagte mit einem Anspruch auf Er-
satz  von  Anlagezinsen  aus  den  verauslagten  6.880.000  DM  für  die  Umsatz-
steuer in Höhe von insgesamt 85.567,30 € wirksam aufgerechnet hat, kann der
Senat nicht abschließend entscheiden.
a)  Einen  solchen  Anspruch  möchte  das  Berufungsgericht  ebenfalls  im
Wege der ergänzenden Vertragsauslegung aus dem Kaufvertrag ableiten. Er-
gänzend  auslegen  konnte  das  Berufungsgericht  den  Vertrag  der  Käuferin  mit
der Beklagten aber nur, wenn und soweit er den Regelungsplan der Vertrags-
parteien  nicht  oder  unvollständig  umsetzte.  Eine  solche  ausfüllungsfähige
Lücke  kann  sich  hier  aus  dem  Umstand  ergeben,  daß  die  Beklagte  in  ihrer
Rechnung entsprechend der dem Vertrag zugrunde liegenden Annahme einer
Umsatzsteuerpflichtigkeit  des  Geschäfts  die  Umsatzsteuer  ausgewiesen  hat
und  damit  umsatzsteuerrechtlich  verpflichtet  war,  vorbehaltlich  einer  Berichti-
gung  des  Umsatzsteuerausweises  in  der  Rechnung  den  ausgewiesenen  Um-
satzsteuerbetrag  an  das  Finanzamt  abzuführen.  Denn  dies  belastete  die  Be-
klagte  mit  einer  wenn  auch  mangels  Steuerschuld  rückabzuwickelnden  Zah-
lung,  die  sie  nach  dem  Vertrag  nicht  leisten  mußte.  Ob dies dem Regelungs-
plan  der  Parteien  widersprach  und  wie  eine  sich  dann  ergebende  Lücke  zu
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füllen  wäre,  hängt  entscheidend  von  der  Genese  des Vertrags und insbeson-
dere  davon  ab,  aus  welchen  Gründen  und  in  wessen  Interesse  die  Verpflich-
tung zur Zahlung der Umsatzsteuer in den Vertrag aufgenommen wurde. Hier-
bei  wäre  auch  zu  prüfen,  ob  die  an  der  Einfügung  der  Umsatzsteuerklausel
interessierte  Partei  mit  deren  Übernahme  in  den  Vertrag  das  Risiko  der  feh-
lenden  Umsatzpflichtigkeit  und  ihrer  Folgen übernommen hat; eine ergänzen-
de Auslegung des Vertrags schiede dann aus.
b) Diesen Gesichtspunkt haben die Parteien bislang nicht gesehen. Das
Berufungsgericht hat hierzu bislang auch keine Feststellungen getroffen. Dies
macht  eine  Zurückverweisung  der  Sache  an  das  Berufungsgericht  zur  neuen
Verhandlung und Entscheidung erforderlich, in der diese Feststellungen nach-
geholt werden können.
5.  Damit  reduziert  sich  die  Restforderung  der  Klägerin  in  Höhe  von
583.782,00  €  um  den  Zinsschaden  aus  35 Mio.  DM  in  Höhe  von  14.708,40 €
und um den Schaden aus der verzögerten Zahlung aus 8 Mio. DM in Höhe von
47.066,90  €.  Das  führt  zu  einer  Restforderung  der  Klägerin  in  Höhe  von
522.006,70 €. Ob und in welchem Umfang diese Restforderung um den Scha-
den  aus  dem  Einsatz  eigener  Mittel  zur  Erfüllung  der  vermeintlichen  Umsatz-
steuerschuld in Höhe von insgesamt 85.567,30 € zu reduzieren ist, bedarf wei-
terer Aufklärung durch das Berufungsgericht. Unabhängig vom Ergebnis dieser
weiteren  Aufklärung  stehen  der  Klägerin  jedenfalls  436.439,40  €  zu.  Deshalb
sind  der  Klägerin  über  den  bereits  ausgeurteilten  Betrag  von  299.651,55  €
weitere 136.787,85 € nebst anteiligen Zinsen zuzusprechen.
Wenzel                                              Klein                                               Lemke
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Schmidt-Räntsch                                Stresemann