Urteil des BGH vom 13.11.2003
BGH (software, dienstleistung, verkehr, marke, stand der technik, bezeichnung, unternehmen, geld, verwechslungsgefahr, ware)
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 103/01
Verkündet am:
13. November 2003
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ:
nein
BGHR:                     ja
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2
GeDIOS
a) Aus der Tatsache, daß eine Dienstleistung elektronisch gestützt erbracht
wird,  folgert  der  Verkehr  nicht,  daß  mit  dem  Angebot  der  Dienstleistung
zugleich  die  Software  beworben  und  mit  der  Bezeichnung  der  Dienstlei-
stung auch die genutzte Software benannt wird.
b) Ist  dem  Verkehr  bekannt,  daß  die  Vielfalt  der  Einsatzmöglichkeiten  von
softwaregestützten Rechnern auf der einen Seite und die Komplexität der
Entwicklung  von  Betriebs-  und  Anwendersoftware  auf  der  anderen  Seite
eine  Arbeitsteilung  zwischen  Softwareunternehmen  und  dem  sonstigen
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Dienstleistungs- und Handelsverkehr nach sich ziehen, liegt grundsätzlich
die  Annahme  fern,  das  Publikum  könnte  glauben,  die  betreffende  Soft-
ware  und  die  Dienstleistung  stammten  aus  demselben  oder  aus  wirt-
schaftlich verbundenen Unternehmen.
c) Zur  Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit  von  Computersoftware  und  Fi-
nanzdienstleistung.
BGH, Urt. v. 13. November 2003 - I ZR 103/01 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
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Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche  Verhand-
lung vom 13. November 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Prof. Starck, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert
für Recht erkannt:
Die  Revision  gegen  das  Urteil  des  20.  Zivilsenats  des  Oberlandesge-
richts Düsseldorf vom 20. Februar 2001 wird auf Kosten des Klägers zu-
rückgewiesen.
Von Rechts wegen
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Tatbestand:
Der  Kläger  ist  Inhaber  der  am  5. Juni  1998  angemeldeten  und  am
26. August  1998  für  "Software,  Computersoftware,  Software  für  Computer,
Rechner und Computer oder Rechner gestützte  Systeme"  eingetragenen  Mar-
ke  Nr. 398 31 465  "GEDIOS".  Nach  seinen  Angaben  hat  er  unter  dieser  Be-
zeichnung  eine  Computersoftware  zur  Datenerhaltung  und  -bereitstellung  u.a.
für kaufmännische Anwendungen entwickelt und vertreibt sie an Unternehmen.
Die Beklagte ist Inhaberin der am 15. April 1999 angemeldeten und  am
23. Juli  1999  eingetragenen  Marke  Nr. 399 22 179  "GeDIOS".  Diese  genießt
Schutz  in  Klasse 35  (Werbung,  Geschäftsführung,  Unternehmensverwaltung,
Büroarbeiten)  und  Klasse 36  (Finanzwesen,  Geldgeschäfte).  Die  Beklagte
bietet  Sparkassen  in  Nordrhein-Westfalen  und  Brandenburg  unter  dieser  Be-
zeichnung, die als Abkürzung für "Geld- und Devisenhandels-Informations- und
Orderrouting-System"  steht,  ein  "Informations-  und  Handelssystem  im  Realti-
me-Modus" für Geld- und Devisenhandelsgeschäfte an.
Der  Kläger  sieht  darin  eine  Verletzung  seiner  Marke  sowie  des  Werkti-
tels für sein Computerprogramm. Er macht geltend, das System der Beklagten
bestehe  aus  Software  sowie  aus  Computern  und  Rechnern,  die  von  seiner
Marke ebenfalls umfaßt würden.
Der Kläger hat die Beklagte deshalb auf  Unterlassung  der  Verwendung
ihrer Marke für das elektronische "Geld- und Devisenhandels-Informations- und
Orderrouting-System"  oder  für  sonstige  bankeigene  Produkte  oder  Dienstlei-
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stungen  sowie  auf  die  Beseitigung  von  Verknüpfungen  im  Internet,  auf  Lö-
schung der Marke Nr. 399 22 179, auf Auskunftserteilung und auf Feststellung
der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat eine Ähnlichkeit der von
den Marken jeweils geschützten Waren bzw. Dienstleistungen sowie eine Ver-
wechslungsgefahr in Abrede gestellt und geltend gemacht, während die Marke
des Klägers nur Software umfasse, bezeichne die angegriffene Marke eine Fi-
nanzdienstleistung,  die  sie  zudem  nicht  auf  dem  allgemeinen  Markt,  sondern
nur ihr zugeordneten Sparkassen anbiete.
Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben.
Auf  die  Berufung  der  Beklagten  - welche  ohne  Anerkennung  einer
Rechtspflicht  eine  strafbewehrte  Unterlassungsverpflichtungserklärung  abge-
geben  und  bestimmte  Auskünfte  erteilt  hat -  hat  das  Berufungsgericht  - unter
Zurückweisung  der  Anschlußberufung  des  Klägers -  die  Klage  insgesamt  ab-
gewiesen.
Mit  der  Revision,  deren  Zurückweisung  die  Beklagte  beantragt,  verfolgt
der  Kläger  die  in  der  Berufungsinstanz  gestellten  Anträge,  aus  der  Anschluß-
berufung allerdings nur hinsichtlich der Anträge zu 4 und 5, weiter.
Entscheidungsgründe:
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I. Das Berufungsgericht hat sowohl eine Markenverletzung als auch eine
Verletzung des Werktitels des Klägers verneint. Dazu hat es ausgeführt:
Die  Beklagte  habe  ihr  System  zu  geschäftlichen  Zwecken,  nämlich  zur
Erzielung  eigener  Einkünfte  und  zur  Förderung  der  Leistungsfähigkeit  der  an-
geschlossenen  Sparkassen  angeboten.  Ihr  Handeln  sei  nicht  lediglich  unter-
nehmensintern  geblieben,  weil  die  in  Rede  stehenden  Sparkassen  weder
rechtlich noch wirtschaftlich Teil ihres Unternehmens seien.
Die Marken seien sehr ähnlich.
Es  bestehe  jedoch  keine  Identität  oder  Teilidentität  zwischen  den  von
der  Marke  des  Klägers  geschützten  Waren  und  dem  "System"  der  Beklagten.
Die  Marke  betreffe  nur  die  Software  als  Ware,  nicht  dagegen  die  Softwareer-
stellung  als  Dienstleistung,  die  von  Klasse 42  umfaßt  werde,  und  erst  recht
nicht Dienstleistungen, die mit Hilfe von Software und/oder Systemen erbracht
würden.  Demgegenüber  kennzeichne  die  Beklagte  mit  der  angegriffenen  Be-
zeichnung  nicht  "Software",  sondern  eine  bestimmte  Dienstleistung.  Sie  über-
mittle  den  angeschlossenen  Sparkassen  Informationen  über  den  Geld-  und
Devisenmarkt und ermögliche ihnen die Durchführung von darauf  bezüglichen
Aufträgen. Die Verwendung des Begriffs "System" bewirke keine Identität oder
Teilidentität  der  jeweils  betroffenen  Waren  bzw.  Dienstleistungen.  Während
"System"  im  Zusammenhang  mit  dem  Warenverzeichnis  der  Klagemarke  als
"geordnetes  Zusammenspiel  verschiedener  Software-  und  Hardware-
Komponenten"  zu  verstehen  sei,  bleibe  die  Bedeutung  von  "System"  bei  der
von der Beklagten  verwendeten  Beschreibung  diffus.  Das  "System"  und  seine
Komponenten  würden  nicht  näher  beschrieben.  Hierauf  komme  es  den  Spar-
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kassen, den Empfängern der Dienstleistung der Beklagten, auch nicht an. Für
die Kunden sei  es  unerheblich,  auf  welche  Weise  die  Beklagte  ihre  Dienstlei-
stung erbringe, solange dies nur schnell, präzise und nicht fehleranfällig erfol-
ge und für den Kunden mit geringem Aufwand verbunden sei. Ob die jeweilige
Information  und  die  Auftragserteilung  per  Boten,  brieflich,  per  Tele-
fon/Telegramm oder durch ein computergestütztes Online-"System" erfolge, sei
für die Sparkassen uninteressant. Der Einsatz des "Systems" sei zweckgebun-
den und diene ausschließlich der besseren und präziseren Erbringung der  Fi-
nanzdienstleistung der Beklagten, auf die es den Sparkassen allein ankomme.
Medium und dadurch ermöglichte Dienstleistung dürften nicht miteinander ver-
wechselt  werden.  Genausowenig  wie  derjenige,  der  im  Internet  werbe,  damit
auf  dem  Gebiet  der  Telekommunikationsdienstleistungen  tätig  werde,  werde
derjenige,  der  mit  Hilfe  von  Computern  und  Software  Waren  herstelle  oder
Dienstleistungen erbringe, in dem Bereich der Softwareerstellung tätig.
Es  könne  jedoch  nicht  von  einer  für  eine  Verwechslungsgefahr  ausrei-
chenden Ähnlichkeit zwischen den von der Marke des Klägers erfaßten Waren
und  der  unter  der  angegriffenen  Bezeichnung  beworbenen  Dienstleistung  der
Beklagten  ausgegangen  werden.  Dies  gelte  auch  dann,  wenn  das  Warenver-
zeichnis der Klagemarke "Computersysteme" umfassen sollte.
Es  sei  anerkannt,  daß  eine  Ähnlichkeit  zwischen  Waren  und  Dienstlei-
stungen möglich sei. Dabei reiche allerdings die Tatsache, daß Waren zur Er-
bringung  einer  Dienstleistung  verwendet  oder  von  ihnen  hervorgebracht  wür-
den, nicht aus, vielmehr seien dazu bestimmte Umstände notwendig. Maßgeb-
lich sei, ob der Verkehr der Fehlvorstellung unterliege, der Hersteller der Ware,
für die die Marke des Klägers Schutz genieße, trete auch als Anbieter des "Sy-
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stems"  auf  oder  umgekehrt.  Der  Kläger  stütze  sich  ersichtlich  darauf,  daß  die
Dienstleistung  der  Beklagten  derart  von  "Software"  bzw.  "Computersystemen"
geprägt  sei,  daß  der  Verkehr  von  einer  einheitlichen  Herkunft  ausgehe.  Das
treffe  jedoch  im  Streitfall  nicht  zu.  Der  Verkehr  unterscheide  zwischen  "Soft-
ware"/dem  "Computersystem"  und  der  dadurch  hervorgebrachten  Dienstlei-
stung bzw. Ware. In bezug auf den Streitfall interessierten ihn nicht die Art und
Weise  der  Übermittlung  von  Informationen  oder  Aufträgen,  sondern  nur  diese
selbst. Die Vielfalt der Einsatzmöglichkeiten von Computersystemen einerseits
und die Komplexität ihrer Entwicklung andererseits erzwängen eine Arbeitstei-
lung. Computerunternehmen spezialisierten sich auf die Entwicklung von Soft-
ware und deren Abstimmung mit der Hardware sowie auf die damit zusammen-
hängenden Tätigkeiten (Verkauf, Beratung, Schulung, Programmpflege). Ande-
rerseits  entwickelten  Unternehmen  die  für  ihre  Tätigkeit  benötigten  Systeme
und  Systembestandteile  nicht  selbst,  sondern  beauftragten  hierfür  Spezialun-
ternehmen. Im allgemeinen bleibe es dabei, daß der Verkehr wegen der Kom-
plexität  der  Entwicklung  von  Computersystemen  und  der  Durchdringung  der
Wirtschaft  mit  Computersystemen  auch  bei  gleichen  oder  sehr  ähnlichen  Be-
zeichnungen  nicht  von  einem  einzigen  für  beide  Bereiche  verantwortlichen
Unternehmen ausgehe. Hinzu komme,  daß  es  sich  bei  dem  jeweils  angespro-
chenen Verkehr nicht um das  allgemeine  Publikum  handele,  sondern  um  Per-
sonen  mit  wirtschaftlichen  Kenntnissen  (mittelständische  Unternehmen  bzw.
Sparkassen); ihnen sei die erwähnte Spezialisierung bekannt.
Auch  für  Ansprüche  aus  einem  Werktitel  fehle  es  aus  den  genannten
Gründen an einer Verwechslungsgefahr. Ebensowenig sei der - von  der  Revi-
sion nicht weiter verfolgte  - Anspruch auf Löschung begründet.
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II. Die hiergegen erhobenen Revisionsrügen haben keinen Erfolg.
1.  In  nicht  zu  beanstandender  Weise  ist  das  Berufungsgericht  davon
ausgegangen,  daß  die  angegriffenen  Handlungen  der  Beklagten,  wie  in  § 14
Abs.  2  MarkenG  vorausgesetzt,  im  geschäftlichen  Verkehr  erfolgt  sind.  Zum
geschäftlichen Verkehr rechnen  grundsätzlich  alle  Handlungen,  die  einem  be-
liebigen  eigenen  oder  fremden  Geschäftszweck  dienen.  Nicht  erfaßt  werden
lediglich  rein  private,  wissenschaftliche,  politische  und  amtliche  Handlungen
(vgl.  Ingerl/Rohnke,  Markengesetz,  2.  Aufl.,  § 14  Rdn.  48;  Ströbele/Hacker,
Markengesetz, 7. Aufl., § 14 Rdn. 29).
2.  Die  Frage  der  Verwechslungsgefahr  i.S.  des  § 14  Abs. 2  Nr. 2  Mar-
kenG  ist  unter  Berücksichtigung  aller  Umstände  des  Einzelfalls  zu  beurteilen.
Dabei besteht, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, ei-
ne Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden  Faktoren,  insbe-
sondere  der  Ähnlichkeit  der  Marken  und  der  Ähnlichkeit  der  damit  gekenn-
zeichneten  Waren/Dienstleistungen  sowie  der  Kennzeichnungskraft  der  priori-
tätsälteren  Marke.  So  kann  insbesondere  ein  geringerer  Grad  der  Ähnlichkeit
der  Waren/Dienstleistungen  durch  einen  höheren  Grad  der  Ähnlichkeit  der
Marken oder eine erhöhte Kennzeichnungskraft  der  Klagemarke  ausgeglichen
werden  und  umgekehrt  (st.  Rspr.;  vgl.  BGH,  Urt.  v.  28.8.2003  - I ZR 9/01,
GRUR 2003, 1044, 1045 = WRP 2003, 1436 - Kelly m.w.N.).
3. Das Berufungsgericht hat eine große bildliche Ähnlichkeit beider Mar-
ken angenommen. Mit der Revision kann schon hinsichtlich des Klangs Identi-
tät angenommen werden.
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4.  Das  Berufungsgericht  ist,  ohne  nähere  Ausführungen  machen  zu
müssen,  ersichtlich von einer normalen (durchschnittlichen)  Kennzeichnungs-
kraft  der  Klagemarke  ausgegangen.  Anhaltspunkte  für  eine  verminderte  oder
gesteigerte  Kennzeichnungskraft  sind  dem  Vortrag  der  Parteien  nicht  zu  ent-
nehmen.
5.  Das  Berufungsgericht  hat  eine  für  die  Annahme  einer  "Verwechs-
lungsgefahr  ausreichende  Ähnlichkeit"  der  Ware  und  Dienstleistung  verneint.
Das  erweist  sich  als  frei  von  Rechtsfehlern.  Dem  Gesamtzusammenhang  der
Entscheidungsgründe  ist  zu  entnehmen,  daß  das  Berufungsgericht  eine  (ab-
solute) Unähnlichkeit der von der Klagemarke erfaßten Computersoftware und
der  von  der  Beklagten  mit  "GeDIOS"  bezeichneten  Dienstleistung  auf  dem
Sektor des Geld- und Devisenhandels angenommen hat.
Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
a)  Nach  der  Rechtsprechung  des  Gerichtshofs  der  Europäischen  Ge-
meinschaften und des Bundesgerichtshofs sind bei der Beurteilung der Waren-
/Dienstleistungsähnlichkeit  alle  erheblichen  Umstände  zu  berücksichtigen,  die
das  Verhältnis  der  Waren  oder  Dienstleistungen  kennzeichnen.  Hierzu  gehö-
ren insbesondere die Art, der Verwendungszweck und die Nutzung sowie  ihre
Eigenart  als  miteinander  konkurrierende  oder  einander  ergänzende  Waren
oder  Dienstleistungen  (EuGH,  Urt.  v.  29.9.1998  - Rs. C-39/97,  GRUR  1998,
922,  923  Tz.  23  =  WRP  1998,  1165  - Canon;  BGH,  Urt.  v.  16.11.2000  - I  ZR
34/98, GRUR 2001, 507, 508 = WRP 2001, 694 - EVIAN/REVIAN, m.w.N.; vgl.
auch zu § 1 Abs. 2 WZG: BGH, Beschl. v. 23.2.1989 - I ZB 11/87, BGHZ 107,
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71,  73  - MICROTRONIC).  Eine  die  Verwechslungsgefahr  begründende  Ähn-
lichkeit  von  Ware  und  Dienstleistung  liegt  dann  vor,  wenn  das  Publikum  an-
nimmt,  die  Ware  und  die  Dienstleistung  stammten  aus  demselben  oder  gege-
benenfalls  aus  wirtschaftlich  verbundenen  Unternehmen.  Eine  solche  ist  folg-
lich  zu  verneinen,  wenn  sich  nicht  ergibt,  daß  das  Publikum  glauben  könnte,
daß die betreffenden Waren und die Dienstleistung aus demselben oder gege-
benenfalls  wirtschaftlich  verbundenen  Unternehmen  stammen  (EuGH  GRUR
1998, 922, 924 Tz. 29, 30 - Canon).
aa)  Frei  von  Rechtsfehlern  ist  das  Verständnis  des  Berufungsgerichts
vom  Warenverzeichnis  der  Klagemarke  dahin,  daß  nur  Software  am  Schutz
teilnimmt. Das Berufungsgericht hat ohne Verstoß gegen die Denkgesetze das
Verzeichnis nach grammatikalischen Regeln in nicht zu beanstandender Weise
interpretiert. Die Revision zeigt insoweit keinen revisionsrechtlich beachtlichen
Fehler auf.
bb)  Das  Berufungsgericht  hat  festgestellt,  daß  die  Beklagte  unter  der
Bezeichnung  GeDIOS  Sparkassen  nicht  eine  "Software",  sondern  eine  be-
stimmte  Dienstleistung  auf  dem  Gebiet  des  Geld-  und  Devisenhandels  anbie-
tet. Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht
aus  der  Verwendung  des  Begriffs  "System"  im  Werbeprospekt  nicht  hat  ent-
nehmen können,  die  Beklagte  erbringe  unter  der  beanstandeten  Bezeichnung
auch  eine  Software,  welche  das  geordnete  Zusammenspiel  verschiedener
Software-  und  Hardware-Komponenten  ermögliche.  Dem  Verkehr  ist  bewußt,
daß  weite  Bereiche  der  Dienstleistungen  der  modernen  Gesellschaft  elektro-
nisch  gestützt  erbracht  werden,  insbesondere  auch  Dienstleistungen  im  Ban-
kengeschäft.  Die  hierfür  installierte  Software  sieht  der  Verkehr  als  zweckge-
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bundenes  Medium  an,  das  ihm  die  Nutzung  der  angebotenen  Dienstleistung
erleichtern soll. Solche zweckgebundene Software wird in der Regel neben der
beworbenen  Dienstleistung  nicht  als  selbständig  beworbene  und  bezeichnete
Handelsware  in  Erscheinung  treten.  Nach  den  rechtsfehlerfrei  getroffenen
Feststellungen des Berufungsgerichts enthält auch der Werbeprospekt der Be-
klagten  keine  Angaben,  aus  welchen  der  angesprochene  Verkehr  entnehmen
könnte,  die  Beklagte  bewerbe  neben  ihrer  Finanzdienstleistung  unter  der  an-
gegriffenen  Bezeichnung  auch  eine  Software.  Der  Hinweis  im  Werbeprospekt
auf die mit den Erfordernissen des internationalen Handels abgestimmten "Mo-
dule"  und  auf  den  "EDV-Spezialisten"  für  technische  Fragen  sagt  dem  ange-
sprochenen  Verkehr  lediglich,  daß  die  angebotene  Dienstleistung  dem  Stand
der  Technik  entsprechend  EDV-gestützt  durchgeführt  werde.  Aus  der  Tatsa-
che, daß eine  Dienstleistung  mit  elektronischer  Hilfe  erbracht  wird,  folgert  der
Verkehr  nicht,  daß  mit  dem  Angebot  der  Dienstleistung  zugleich  die  Software
beworben  wird  und  die  Bezeichnung  der  Dienstleistung  auch  die  genutzte
Software benennt.
cc)  Das  Berufungsgericht  hat  nicht  verkannt,  daß  grundsätzlich  eine
Ähnlichkeit  zwischen  Waren  und  Dienstleistungen  in  Betracht  kommt  (BGH,
Beschl.  v.  21.1.1999  - I ZB 15/94,  GRUR  1999,  731,  733  =  WRP  1999,  928
- Canon II;  Beschl.  v.  11.2.1999  - I ZB 16/97,  GRUR  1999,  586  - White  Lion;
Beschl.  v.  20.1.2000  - I ZB 32/97,  GRUR  2000,  883  =  WRP  2000,  1152
- PAPPAGALLO). Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit zwischen Waren auf der
einen Seite und Dienstleistungen auf der anderen Seite stellt sich insbesonde-
re die Frage, ob der Verkehr bei der Begegnung mit den Marken der Fehlvor-
stellung  unterliegt,  der  Hersteller  der  Waren,  für  die  die  Klagemarke  Schutz
genießt,  trete  auch  als  Erbringer  der  Dienstleistungen  auf,  die  unter  Verwen-
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dung der angegriffenen Marke erbracht und beworben werden. Nicht zu bean-
standen ist demnach auch der weitere Prüfungsaspekt des Berufungsgerichts,
es komme für die Beurteilung der in Rede stehenden Ähnlichkeit darauf an, ob
der  Verkehr  der  Fehlvorstellung  unterliege,  daß  der  Hersteller  und  Anbieter
von  Software  auch  als  Anbieter  der  fraglichen  Dienstleistung,  hier  der  Bank-
dienstleistung auf dem Geld- und Devisenmarkt, in Erscheinung tritt, oder daß
dieses Dienstleistungsunternehmen sich auch mit der  Erstellung  von  Software
befaßt.
b) Das Berufungsgericht hat seine Feststellung, der Verkehr rechne die
Erstellung und den Vertrieb der  Software  jedenfalls  auf  dem  hier  in  Rede  ste-
henden  Bereich  des  Bankgeschäfts  nicht  dem  Finanzdienstleister  zu,  rechts-
fehlerfrei getroffen. Dem Verkehr ist bekannt, daß die Vielfalt der Einsatzmög-
lichkeiten von elektronischen Rechnern auf der einen Seite und die Komplexität
der  Entwicklung  von  Betriebs-  und  Anwendersoftware  auf  der  anderen  Seite
eine  Arbeitsteilung  zwischen  Softwareunternehmen  und  dem  sonstigem
Dienstleistungs- und Handelsverkehr nach sich ziehen. Es liegt deshalb im an-
gesprochenen  Bereich  die  Annahme  fern,  das  Publikum  könnte  glauben,  die
betreffende Ware und die Dienstleistung stammten aus demselben oder gege-
benenfalls aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Entgegen der Ansicht
der Revision ist für diese  Beurteilung  unerheblich,  ob  aus  der  Sicht  des  Inha-
bers der Klagemarke wirtschaftlich vernünftige Gründe dafür sprechen könnten,
sich auch mit der Dienstleistung der Beklagten zu befassen.
6.  Da  eine  Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit  fehlt,  hat  das  Berufungs-
gericht  zu  Recht  die  Verwechslungsgefahr  der  beiden  Kennzeichen  auch  für
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den Fall verneint, daß die Marke des Klägers als Titel für eine Software Schutz
genießen sollte (§ 5 Abs. 3, § 15 Abs. 2 MarkenG).
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann
Starck
Pokrant
Büscher
Schaffert