Urteil des BGH vom 05.06.2009

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 144/08
Verkündet
am:
5. Juni 2009
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB §§ 823 Abs. 2 Bf, 858, 859
Wer sein Fahrzeug unbefugt auf einem Privatgrundstück abstellt, begeht verbotene
Eigenmacht, derer sich der unmittelbare Grundstücksbesitzer erwehren darf, indem
er das Fahrzeug abschleppen lässt; die Abschleppkosten kann er als Schadenser-
satz von dem Fahrzeugführer verlangen.
BGH, Urteil vom 5. Juni 2009 - V ZR 144/08 - LG Magdeburg
AG
Magdeburg
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Juni 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter
Dr. Lemke und Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den
Richter Dr. Roth
für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des
Landgerichts Magdeburg vom 8. Juli 2008 wird als unzulässig
verworfen, soweit sie sich gegen die Zurückweisung der Berufung
des Klägers gegen die Abweisung der auf Zahlung von 46,41 €
gerichteten Klage wendet. Im Übrigen wird auf die Revision des
Klägers - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmit-
tels - das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg
vom 8. Juli 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die
Berufung des Klägers gegen die Abweisung der Klage in Höhe
von 15 € nebst Zinsen zurückgewiesen worden ist.
In diesem Umfang wird auf die Berufung des Klägers das Urteil
des Amtsgerichts Magdeburg vom 31. Januar 2008 abgeändert
und der Beklagte verurteilt, an den Kläger 15 € nebst Zinsen von
5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem
28. Oktober 2007 zu zahlen.
Von den Kosten des Rechtsstreits in allen Instanzen trägt der Klä-
ger 91 % und der Beklagte 9 %.
Von Rechts wegen
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Tatbestand:
Dem Beklagten gehört ein Grundstück, welches als Parkplatz mehrerer
Einkaufsmärkte genutzt wird. Dort steht ein großes, gut sichtbares Schild mit
folgenden Hinweisen:
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Mo.-Sa. 6.00-21.00 Uhr
nur für Kunden und Mitarbeiter
des Nahversorgungszentrums
Parken nur mit Parkuhr
Parkzeit
1,5 h
(daneben ist eine Parkscheibe abgebildet)
Parken nur innerhalb
der gekennzeichneten
Flächen!
Widerrechtlich abgestellte
Fahrzeuge werden
kostenpflichtig abgeschleppt"
gebildet)
Am 6. März 2007 schloss der Beklagte mit einem Abschleppunterneh-
men und einem Inkassounternehmen eine Vereinbarung, in der es u.a. heißt:
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"2. Der Eigentümer beauftragt das Abschleppunternehmen, unbe-
rechtigt parkende oder versperrend abgestellte Fahrzeuge von
dem ... Grundstück abzuschleppen und zu entfernen.
3. Die Durchführung des Abschleppvorganges setzt voraus, dass
sich das Abschleppunternehmen zuvor darüber vergewissert, dass
dieses Fahrzeug nicht über eine Parkberechtigung verfügt bzw.
sich der Fahrzeugführer nicht in unmittelbarer Nähe zum Fahrzeug
aufhält oder dieser der Aufforderung zum Entfernen bzw. ord-
nungsgemäßen Abparken des Fahrzeugs nicht sofort nach-
kommt."
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Das Inkassounternehmen beauftragte der Beklagte mit der Einziehung
der Abschleppkosten.
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Am 20. April 2007 stellte der Kläger seinen Pkw unbefugt auf dem Park-
platz ab. Zwischen 19.00 Uhr und 19.15 Uhr wurde das Fahrzeug abgeschleppt
und auf das Gelände des Abschleppunternehmens verbracht. Dort löste es der
Kläger am späten Abend gegen Zahlung von 150 € Abschleppkosten und 15 €
Inkassogebühren aus. Den Betrag von 165 € nebst Zinsen sowie vorgerichtliche
Kosten von 46,41 € verlangt er von dem Beklagten zurück.
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Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos
geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurück-
weisung der Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger die Durchsetzung seiner
Klage weiter.
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Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hat einen Rückzahlungsanspruch des Klägers
nach § 812 Abs. 1 BGB verneint, weil seine Zahlung von 165 € an den Beklag-
ten mit Rechtsgrund erfolgt sei. Dieser habe gegen den Kläger einen Anspruch
auf Ersatz der Abschlepp- und Inkassokosten nach §§ 823 Abs. 2, 858 BGB
gehabt. Die Ausübung des Selbsthilferechts nach § 859 Abs. 3 BGB durch den
Beklagten sei rechtmäßig gewesen. Ob das Abschleppen des Fahrzeugs not-
wendig gewesen sei, sei unerheblich; denn das Selbsthilferecht werde nicht
durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, sondern nur durch das Schikanever-
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bot und durch den Grundsatz von Treu und Glauben begrenzt. Beides sei hier
nicht verletzt. Der Rechtmäßigkeit der Selbsthilfe stehe auch nicht entgegen,
dass der Auftrag zum Abschleppen nicht von dem Beklagten als dem unmittel-
baren Grundstücksbesitzer erteilt worden sei, sondern dem Abschleppvorgang
ein Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen dem Beklagten und dem Ab-
schleppunternehmen zugrunde gelegen habe. Die geltend gemachten vorge-
richtlichen Kosten könne der Kläger nicht unter dem Gesichtspunkt des Verzugs
erstattet verlangen, weil sich der Beklagte nicht in Verzug befunden habe.
Das hält einer rechtlichen Nachprüfung weitgehend stand.
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II.
1. Die Revision ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Zurückweisung
der Berufung gegen die Abweisung der auf Zahlung von 46,41 € vorgerichtli-
cher Kosten gerichteten Klage wendet. Insoweit fehlt es dem Rechtsmittel an
der vorgeschriebenen Begründung (§§ 551 Abs. 1, 553 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
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2. Im Übrigen ist die Revision zwar zulässig, aber überwiegend unbe-
gründet.
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a) Das Berufungsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Rückzah-
lung von 150 € Abschleppkosten zu Recht verneint.
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aa) Als Anspruchsgrundlage kommt nur die Vorschrift des § 812 Abs. 1
Satz 1 Alt. 1 BGB (Leistungskondiktion) in Betracht. Der Kläger hat den für das
Abschleppen seines Fahrzeugs in Rechnung gestellten Betrag zwar nicht an
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den Beklagten, sondern an das Abschleppunternehmen bzw. für dieses an das
Inkassounternehmen gezahlt. Bereicherungsrechtlich hat er damit aber nicht
diesen gegenüber eine Leistung erbracht, sondern gegenüber dem Beklagten.
Denn der Zweck der Zahlung bestand darin, eine von dem Beklagten geltend
gemachte Forderung zu erfüllen, nämlich einen Schadensersatzanspruch in
Höhe der Abschleppkosten, deren Begleichung der Beklagte aufgrund des Ver-
trages mit dem Abschleppunternehmen diesem schuldete. Das Abschlepp- und
das Inkassounternehmen waren nur Zahlstelle. Ihnen gegenüber verfolgte der
Kläger keinen Zweck. Folglich kann der Kläger von dem Beklagten kondizieren,
wenn der Schadensersatzanspruch nicht besteht, während die Frage, ob das
Abschleppunternehmen den ihm zugeflossenen Betrag behalten kann, sich
nach dem Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Abschleppunter-
nehmen beurteilt.
bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die tat-
bestandlichen Voraussetzungen für einen Bereicherungsanspruch nicht gege-
ben sind, weil die Leistung des Klägers nicht ohne Rechtsgrund erfolgte. Denn
es hat rechtsfehlerfrei einen Schadensersatzanspruch des Beklagten gegen
den Kläger auf Zahlung der Abschleppkosten nach § 823 Abs. 2 BGB in Ver-
bindung mit § 858 Abs. 1 BGB bejaht.
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(1) Mit dem unbefugten Abstellen des Fahrzeugs auf dem Parkplatz des
Beklagten beging der Kläger eine verbotene Eigenmacht im Sinne von § 858
Abs. 1 BGB (siehe nur OLG Karlsruhe Die Justiz 1978, 71; LG Frankfurt a.M.
MDR 2003, 388; AG Augsburg DAR 2008, 91; AG Essen DAR 2002, 131;
Bamberger/Roth/Fritzsche, BGB, 2. Aufl., § 858 Rdn. 10; MünchKomm-BGB/
Joost, 4. Aufl., § 858 Rdn. 5, 11; Palandt/Bassenge, BGB, 68. Aufl., § 858
Rdn.
3; Staudinger/Bund, BGB [2007], § 858 Rdn. 49; Schwarz/Ernst,
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NJW 1997, 2550). Ob es sich hierbei um eine Besitzstörung oder um eine teil-
weise Besitzentziehung handelte, ist für die weitere rechtliche Beurteilung ohne
Belang.
(2) Entgegen der in der Revisionsbegründung vertretenen Ansicht hat
das Berufungsgericht zutreffend den Beklagten als unmittelbaren Besitzer des
Parkplatzes und damit als denjenigen angesehen, gegen den sich die verbote-
ne Eigenmacht richtete. Denn weder hat der Kläger Umstände vorgetragen, die
gegen den unmittelbaren Besitz des Beklagten sprechen, noch ergeben sich
aus dessen Vortrag Anhaltspunkte dafür, dass er mittelbarer Besitzer war. Für
einen mittelbaren Besitz spricht insbesondere nicht der von der Revision her-
vorgehobene Vortrag des Beklagten, dass der Parkplatz tagsüber ausschließ-
lich für die Kunden des Supermarktes vorgesehen sei. Dem ist nichts zu den
Besitzverhältnissen zu entnehmen; selbst wenn der Beklagte die Fläche für den
Supermarkt an einen Betreiber vermietet oder verpachtet hat, bedeutet das
nicht zwingend, dass auch die Parkplatzfläche vermietet oder verpachtet ist.
Nichts anderes ergibt sich aus der von der Revision zitierten Feststellung in der
in dem Berufungsurteil in Bezug genommenen erstinstanzlichen Entscheidung,
der Kläger habe sein Fahrzeug "auf dem Parkplatz des Beklagten, dem R.
Einkaufsmarkt" geparkt. Unabhängig davon, ob man - wie die Revisionserwide-
rung - diese Formulierung als sprachlich missglückt ansieht, besagt sie nichts
über die Besitzverhältnisse an dem Parkplatz. Auch die von der Revision in der
mündlichen Verhandlung vor dem Senat zitierte Textstelle aus der Klageerwide-
rung, wonach der Beklagte verpflichtet sei, dem Betreiber des Supermarktes die
Parkplatzfläche zur Verfügung zu stellen, spricht nicht gegen den unmittelbaren
Besitz des Beklagten. Schließlich ist die Annahme von mittelbarem Besitz nicht
damit zu vereinbaren, dass nach der Feststellung des Berufungsgerichts nicht
nur den Kunden des Supermarktes, sondern den Kunden aller angrenzenden
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Einkaufsmärkte das Parken auf dem Parkplatz des Beklagten gestattet ist. Falls
nach alledem gleichwohl noch Zweifel an dem unmittelbaren Besitz des Beklag-
ten bestehen, geht das zu Lasten des Klägers; denn ihm obliegt es, den von
dem Beklagten angeführten Rechtsgrund für die Zahlung der Abschleppkosten
zu widerlegen (BGH, Urt. v. 14. Juli 2003, II ZR 335/00, NJW-RR 2004, 556).
Das hat der Kläger nicht getan.
(3) Dass § 858 Abs. 1 BGB ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2
BGB zugunsten des unmittelbaren Besitzers ist (siehe nur BGHZ 114, 305,
313 f. m.w.N.), hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen. Dies
greift die Revision auch nicht an.
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(4) Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht dem Beklagten ein
Selbsthilferecht zur Beseitigung der Besitzbeeinträchtigung zugestanden. Die-
ses hat seine Grundlage in der Vorschrift des § 859 Abs. 1 BGB, wenn man das
unbefugte Parken als Besitzstörung ansieht; nimmt man eine teilweise Entzie-
hung des Besitzes an, folgt es aus der Vorschrift des § 859 Abs. 3 BGB. Auch
hiergegen wendet sich die Revision nicht. Sie rügt allerdings, dass das Beru-
fungsgericht das Selbsthilferecht als nicht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
unterliegend angesehen hat. Diese Rüge bleibt indes ohne Erfolg. Zwar kann
dem Berufungsgericht nicht darin gefolgt werden, dass die Selbsthilfe des un-
mittelbaren Besitzers nach § 859 Abs. 1 und 3 BGB unabhängig davon recht-
mäßig sei, ob sie notwendig, geboten oder angemessen sei. Diese Ansicht ist
mit dem die Rechtsordnung beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben
242 BGB) nicht vereinbar. Aber für die Beurteilung, ob der
ebenfalls auf Treu und Glauben beruhende Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ge-
wahrt ist, ist grundsätzlich eine Mittel-Zweck-Relation maßgeblich. Die Aus-
übung eines Rechts ist unter diesem Gesichtspunkt dann unzulässig, wenn sie
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der Gegenseite unverhältnismäßig große Nachteile zufügt und andere, weniger
schwer wiegende Maßnahmen möglich gewesen wären, die den Interessen des
Berechtigten ebenso gut Rechnung getragen hätten oder ihm zumindest zu-
mutbar gewesen wären (MünchKomm-BGB/Roth, 5. Aufl., § 242 Rdn. 380); es
gilt das Gebot der schonendsten Sanktion (Staudinger/Looschelders, BGB
[2005], § 242 Rdn. 280). Danach war das Abschleppen des Fahrzeugs nicht
unverhältnismäßig. Es ist weder von den Parteien vorgetragen noch sonst er-
sichtlich, dass der Beklagte in anderer Weise von seinem Selbsthilferecht hätte
Gebrauch machen können.
(5) Der in der Revisionsbegründung hervorgehobene Umstand, das Be-
rufungsgericht habe nicht festgestellt, dass der Kläger sein Fahrzeug behin-
dernd geparkt habe oder keine anderen freien Parkplätze für Kunden des Su-
permarktes vorhanden gewesen seien, ist für die Entscheidung, ob das Ab-
schleppen des Fahrzeugs rechtmäßig war, unerheblich. Zwar kann die Aus-
übung des Selbsthilferechts nach § 859 BGB, auch wenn es verhältnismäßig
ist, unter dem allgemeinen Gesichtspunkt von Treu und Glauben unzulässig
sein. Dies ist aber dann nicht der Fall, wenn die Selbsthilfe eine verbotene Ei-
genmacht beseitigt, die nur einen örtlich abgegrenzten Teil des Grundstücks
betrifft und die übrige Grundstücksfläche unberührt lässt, so dass diese ohne
Einschränkung genutzt werden kann. Denn wie der Eigentümer andere von je-
der Einwirkung ausschließen kann (§ 903 Satz 1 Alt. 2 BGB), auch wenn dies
ihn nur teilweise in dem Gebrauch seiner Sache beeinträchtigt, kann sich der
unmittelbare Besitzer verbotener Eigenmacht durch Selbsthilfe unabhängig da-
von erwehren, welches räumliche Ausmaß sie hat und ob sie die Nutzungsmög-
lichkeit von ihr nicht betroffener Grundstücksteile unberührt lässt (Lorenz,
NJW 2009, 1025, 1026). Deshalb darf z.B. ein unbefugt auf einem fremden
Grundstück abgestelltes Fahrzeug auch ohne konkrete Behinderung entfernt
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werden (Erman/Lorenz, BGB, 12. Aufl. § 858 Rdn. 3). Anderenfalls müsste der
Besitzer die verbotene Eigenmacht all derer dulden, die - wie es der Kläger für
sich in Anspruch nimmt - nur eine kleine, räumlich abgegrenzte Grundstücksflä-
che unbefugt nutzen, ohne dass dadurch die Nutzungsmöglichkeit der übrigen
Fläche eingeschränkt wird; von seinem Selbsthilferecht dürfte der Besitzer nur
gegenüber demjenigen Gebrauch machen, der sein Fahrzeug ohne Berechti-
gung auf dem letzten freien Platz abstellt. Dies widerspräche der rechtlichen
Bedeutung, welche das Gesetz dem unmittelbaren Besitz beimisst.
(6) Ohne Erfolg macht die Revision Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit
des Abschleppens unter dem Gesichtspunkt geltend, dass weder der Beklagte
selbst noch ein Vertreter den Abschleppauftrag erteilt habe, sondern der Be-
klagte dem Abschleppunternehmen die Entscheidung darüber überlassen habe,
wann die Voraussetzungen für ein rechtmäßiges Abschleppen vorlägen. Dies
lässt zum einen nicht den rechtlichen Ansatz erkennen, der zur Rechtswidrigkeit
des Abschleppens führen soll; denn dass der Beklagte einen Dritten mit der
Überwachung seines Grundstücks im Hinblick auf unberechtigtes Parken beauf-
tragen durfte (vgl. nur MünchKomm-BGB/Joost, aaO, § 859 Rdn. 1), gesteht die
Revision zu. Zum anderen sind in der Vereinbarung vom 6. März 2007 die Vor-
aussetzungen festgelegt, unter denen Fahrzeuge abgeschleppt werden dürfen;
sie sind von dem Bestreben gekennzeichnet, rechtsmissbräuchliche Ab-
schleppvorgänge, die z.B. auf bloßer Gewinnsucht des Abschleppunterneh-
mens beruhen, zu verhindern. Falls sich das Abschleppunternehmen nicht an
die Vorgaben hält, macht es sich gegenüber dem Beklagten schadensersatz-
pflichtig mit der Folge, dass er die Abschleppkosten nicht bezahlen muss. In
diesem Fall fehlt es an einem Schaden des Beklagten, den er von dem Fahr-
zeughalter oder -führer ersetzt verlangen kann. Dieser ist somit ausreichend vor
einem eventuellen Missbrauch geschützt. Deshalb bestehen auch keine rechtli-
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chen Bedenken dagegen, dass die Höhe des Entgelts für den Beauftragten
nach der Anzahl der Abschleppvorgänge bestimmt wird.
(7) Schließlich hat das Berufungsgericht die - der Höhe nach nicht zu be-
anstandenden und von der Revision auch nicht beanstandeten - Abschleppkos-
ten zu Recht als erstattungsfähigen Schaden des Beklagten angesehen. Dieser
war aufgrund der Vereinbarung vom 6. März 2007 verpflichtet, die Kosten an
das Abschleppunternehmen zu zahlen. Das steht in adäquatem Zusammen-
hang (siehe dazu nur BGHZ 3, 261, 267; 57, 25, 27 f.; Deutsch/Ahrens, Delikts-
recht, 4. Aufl., Rdn. 52 ff.) mit der von dem Kläger verübten verbotenen Eigen-
macht. Denn dass unbefugt auf dem Grundstück des Beklagten abgestellte
Fahrzeuge kostenpflichtig abgeschleppt werden, stellt keine überraschende o-
der fern liegende Reaktion des unmittelbaren Besitzers dar, sondern die Ver-
wirklichung der deutlich sichtbaren Ankündigung auf dem aufgestellten Schild.
Das reicht indes noch nicht aus, die Schadensersatzpflicht des Klägers zu be-
jahen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann nämlich nur für
solche Schadensfolgen Ersatz verlangt werden, die innerhalb des Schutzbe-
reichs der verletzten Norm liegen; es muss sich um Folgen handeln, die in den
Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen wurde,
und es muss ein innerer Zusammenhang zwischen der Pflicht- oder Normver-
letzung und dem Schaden, nicht nur eine mehr oder weniger zufällige äußere
Verbindung bestehen (BGHZ 164, 50, 60 m.w.N.). Auch diese Voraussetzung
liegt hier vor. Indem das Gesetz dem unmittelbaren Besitzer als spontane Re-
aktion auf eine verbotene Eigenmacht (Baur/Stürner, Sachenrecht, 17. Aufl., § 9
Rdn. 10) das Selbsthilferecht (§ 859 BGB) zubilligt, dessen Ausübung mit Kos-
ten verbunden sein kann, stellt es selbst den notwendigen Zusammenhang zwi-
schen der Verletzung des Schutzgesetzes (§ 858 Abs. 1 BGB) und der Scha-
densfolge her. Auch entfällt die Schadensersatzpflicht des Klägers nicht des-
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halb, weil der Beklagte selbst durch die Beauftragung des Abschleppunterneh-
mens die letzte Ursache für die Herbeiführung des Schadens gesetzt hat. Denn
die Schadensfolge beruht nicht auf einem selbständigen oder freien Entschluss
des Beklagten, sondern auf seiner vom Gesetz (§ 859 BGB) gebilligten Reakti-
on, die durch das Verhalten des Klägers herausgefordert wurde. Dies lässt die
Ersatzpflicht des Klägers unberührt (vgl. nur BGHZ 57, 25, 29 f.; 63, 189, 192;
132, 164, 166).
b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch einen Anspruch des Klä-
gers auf Rückzahlung von 15 € Inkassokosten nebst Zinsen verneint. Der Be-
klagte kann diesen Betrag nicht als Schadensersatz verlangen; die Zahlung des
Klägers erfolgte somit ohne Rechtsgrund, so dass er sie nach § 812 Abs. 1
Satz 1 Alt. 1 BGB zurückfordern kann.
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aa) Ein Schadensersatzanspruch des Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB
in Verbindung mit § 858 Abs. 1 BGB scheidet insoweit aus. Die Inkassokosten
sind als Folgeschaden anzusehen, der dem Kläger nicht zuzurechnen ist. Die
Beauftragung des Inkassounternehmens diente nicht der Schadensbeseitigung
oder Schadensverhütung, die den Schädiger unter bestimmten Umständen
nicht entlastet (siehe nur BGHZ 75, 230, 234), sondern ausschließlich der Be-
arbeitung und außergerichtlichen Abwicklung des Schadensersatzanspruchs
des Beklagten. Solche Aufwendungen kann der Geschädigte von dem Schädi-
ger regelmäßig nicht ersetzt verlangen (BGHZ 66, 112, 114). Dass hier eine
Ausnahme von diesem Grundsatz zum Tragen kommt, ist nicht ersichtlich.
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bb) Ein Schadensersatzanspruch des Beklagten aus dem Gesichtspunkt
des Verzugs (§ 280 Abs. 1 und 2 BGB in Verbindung mit § 286 BGB) scheidet
ebenfalls aus. Es fehlt an den Voraussetzungen für den Verzugseintritt.
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III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1
ZPO.
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Krüger
Lemke
Schmidt-Räntsch
Stresemann
Roth
Vorinstanzen:
AG Magdeburg, Entscheidung vom 31.01.2008 - 151 C 2968/07 -
LG Magdeburg, Entscheidung vom 08.07.2008 - 1 S 70/08 -