Urteil des BGH vom 23.11.2000, 4 StR 440/00
BGH (freiheitsberaubung, nötigung, stpo, stgb, raub, schwere, wegnahme, versuch, beurteilung, bemessung)
- Entschieden
- 23.11.2000
- Schlagworte
- Freiheitsberaubung, Nötigung, Stpo, Stgb, Raub, Schwere, Wegnahme, Versuch, Beurteilung, Bemessung
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
4 StR 440/00
vom
23. November 2000
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 23. November 2000 gemäß
§§ 349 Abs. 2 und 4, 357 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des
Landgerichts Stralsund vom 16. Mai 2000, auch soweit
es den Angeklagten Z. betrifft,
a) in den Schuldsprüchen dahin geändert, daß die
Angeklagten jeweils des schweren Raubes in Tateinheit mit sexueller Nötigung und mit Freiheitsberaubung, des versuchten schweren Raubes sowie
des Diebstahls schuldig sind;
b) in den Strafaussprüchen mit den Feststellungen
aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten "des schweren Raubes in zwei
Fällen, davon in einem Fall im Versuch, der sexuellen Nötigung in Tateinheit
mit Freiheitsberaubung in zwei Fällen sowie des Diebstahls geringwertiger Sa-
chen" schuldig gesprochen und ihn zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben
Jahren und neun Monaten verurteilt. Es hat den Angeklagten Z. , der keine
Revision eingelegt hat, “des schweren Raubes in zwei Fällen, davon in einem
Fall im Versuch, der sexuellen Nötigung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung
sowie des Diebstahls geringwertiger Sachen" schuldig gesprochen, ihn zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt und seine Unterbringung
in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
Der Angeklagte Za. rügt mit seiner Revision die Verletzung formellen
und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge teilweise Erfolg;
im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Soweit das Landgericht den Angeklagten wegen des gewaltsamen
Vorgehens gegen Frau H. (Fälle II 2 bis 5 der Urteilsgründe) des schweren
Raubes sowie der sexuellen Nötigung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung in
zwei Fällen schuldig gesprochen hat, liegt entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht Tatmehrheit sondern Tateinheit vor:
Nach den Feststellungen wirkte die von dem Angeklagten und seinem
Mittäter, dem Angeklagten Z. , durch die Fesselung des Tatopfers ausgeübte Gewalt während des gesamten Tatgeschehens fort. Da der Angeklagte
zur Erzwingung der von ihm an dem Tatopfer vorgenommenen sexuellen
Handlungen dasselbe Nötigungsmittel eingesetzt hat, liegt, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat, nur eine
Handlung und damit – trotz zweifacher Verwirklichung des Straftatbestandes
des § 177 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StGB – nur eine Tat im Rechtssinne vor (vgl. BGH
NStZ 1999, 83; BGH, Beschluß vom 16. Juni 2000 - 4 StR 166/00, jew.
m.w.N.), die insoweit als sexuelle Nötigung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung zu werten ist, da die Freiheitsberaubung über das zur Verwirklichung des
Tatbestandes des § 177 StGB Erforderliche hinausging. Hierzu steht aber auch
der zuvor durch die gewaltsame Wegnahme u.a. auch des Kraftfahrzeugs des
Tatopfers begangene schwere Raub in Tateinheit, da die durch die Fesselung
ausgeübte Gewalt bereits der Wegnahme des Kraftfahrzeugs des Tatopfers
diente, mithin auch insoweit dasselbe Nötigungsmittel eingesetzt wurde (vgl.
BGHR StGB § 177 Abs. 1 Konkurrenzen 1, 7; BGH, Beschluß vom 2. März
1995 - 4 StR 49/95).
Der Senat ändert daher den Schuldspruch in den Fällen II 2 bis 5 der
Urteilsgründe entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil der geständige Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
Der Senat hebt den gesamten Strafausspruch auf, da nicht auszuschließen ist, daß sich die rechtsfehlerhafte Beurteilung der Konkurrenzen in den
vorgenannten Fällen auch bei der Bemessung der in den Fällen II 1 und 6 der
Urteilsgründe verhängten Einzelfreiheitsstrafen zuungunsten des Angeklagten
ausgewirkt hat.
2. Die Schuldspruchänderung ist auch auf den Angeklagten Z. zu
erstrecken (§ 357 StPO), da der schwere Raub (Fall II 2, 3 der Urteilsgründe)
aus den vorgenannten Gründen ebenfalls nicht in Tatmehrheit, sondern in Tateinheit zu der sexuellen Nötigung und der Freiheitsberaubung (Fall II 5 der
Urteilsgründe) steht. Sie führt zur Aufhebung des gesamten den Angeklagten
Z. betreffenden Strafausspruchs, da sich die rechtsfehlerhafte Beurteilung
auch bei ihm auf die Bemessung der in den weiteren Fällen verhängten Einzel-
strafen ausgewirkt haben kann. Die Unterbringungsanordnung hat jedoch Bestand.
Meyer-Goßner Tolksdorf Athing
Ernemann