Urteil des BGH vom 23.01.2003

BGH (gebot der rechtssicherheit, wirtschaftliche tätigkeit, schuldner, kirchhof, zeitpunkt, antrag, stichtag, zpo, fortbildung, eröffnung)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
IX ZB 252/02
vom
23. Januar 2003
in dem Verbraucherinsolvenzverfahren
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Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Kreft und die Richter Kirchhof, Dr. Fischer, Dr. Ganter und Dr. Bergmann
am 23. Januar 2003
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 14. Zivilkammer
des Landgerichts München I vom 30. April 2002 wird auf Kosten
des Antragstellers als unzulässig verworfen.
Gründe:
Die nach § 7 InsO i.V. mit § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO n.F. statthafte
Rechtsbeschwerde ist gemäß § 4 InsO i.V. mit § 574 Abs. 2 ZPO n.F. unzuläs-
sig, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fort-
bildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert.
Aufgrund der Übergangsvorschrift des Art. 103a EGInsO sind verein-
fachte Insolvenzverfahren, in denen bis zum 1. Dezember 2001 noch keine
rechtskräftige Entscheidung über die Ersetzung der Zustimmung der Gläubiger
zu dem vom Schuldner vorgelegten Schuldenbereinigungsplan ergangen ist,
von Amts wegen in das Regelinsolvenzverfahren überzuleiten, wenn es an den
Voraussetzungen des § 304 Abs. 2 InsO fehlt. Diese Rechtsfrage ist geklärt
(vgl. Senatsbeschl. v. 20. Juni 2002 - IX ZB 36/02, ZInsO 2002, 766 m.w.N.).
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Eine Unterscheidung danach, wie weit das Verfahren bis zu dem gesetzlichen
Stichtag gediehen ist und ob der Schuldner bei normalem Verfahrensgang mit
einem Abschluß vor dem Stichtag rechnen durfte, läßt sich mit dem Gebot der
Rechtssicherheit nicht vereinbaren. Im übrigen war hier über den am 5. No-
vember 2001 eingereichten, geänderten Schuldenbereinigungsplan wegen der
Frist des § 307 Abs. 1 Satz 1 InsO nicht mehr rechtzeitig rechtskräftig zu ent-
scheiden.
Eine Fortsetzung als Verbraucherinsolvenzverfahren kommt nicht in Be-
tracht. Gemäß § 304 Abs. 1 InsO n.F. finden auf einen Schuldner, der eine
selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt hat, die Vorschriften über das
Verbraucherinsolvenzverfahren nur dann Anwendung, wenn seine Vermögens-
verhältnisse überschaubar sind und gegen ihn keine Forderungen aus Arbeits-
verhältnissen bestehen. Überschaubar sind die Vermögensverhältnisse gemäß
§ 304 Abs. 2 InsO n.F. lediglich, wenn der Schuldner zu dem Zeitpunkt, zu dem
der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt wird, weniger als
20 Gläubiger hat. Im vorliegenden Fall hatte der Schuldner in dem fraglichen
Zeitpunkt mindestens 35 Gläubiger.
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Damit ist der Antrag des Schuldners vom 20. Januar 2003 auf Erlaß ei-
ner einstweiligen Anordnung gegenstandslos.
Kreft Kirchhof Fi-
scher
Ganter Bergmann