Urteil des BAG vom 18.03.2009

BAG (land berlin, berlin, land, verweisung, tarifvertrag, arbeitnehmer, sicherung, gewerkschaft, ablauf der frist, verhältnis zu)

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 18.3.2009, 4 AZR 398/08
Auslegung einer tarifvertraglichen Verweisung auf den BAT/BAT-O - Einmalzahlung nach dem
Tarifvertrag über die Fortgeltung des TdL-Tarifrechts für die Angestellten der NET-GE Kliniken für Berlin
GmbH
Tenor
1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts
Berlin-Brandenburg vom 23. Januar 2008 - 23 Sa 2152/07 und 23 Sa 19/08 -
aufgehoben.
2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom
6. September 2007 - 38 Ca 23444/06 - wird zurückgewiesen.
3. Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird die Beklagte verurteilt, an die
Klägerin 510,00 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz seit dem 9. Januar 2008 zu zahlen.
4. Die Beklagte hat auch die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf eine tarifliche Einmalzahlung nach dem
„Tarifvertrag über Einmalzahlungen für die Jahre 2006 und 2007“ (TV-Einmalzahlung).
2 Die Klägerin ist als Krankenschwester im Klinikum der Beklagten in Berlin-Friedrichshain
beschäftigt und wurde zuletzt nach der VergGr. Kr VI BAT-O vergütet. Sie ist Mitglied der
Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di.
3 Die Beklagte, deren Alleingesellschafter das Land Berlin ist, betreibt mehrere Kliniken, darunter
das Klinikum, in dem die Klägerin tätig ist. Dieses übernahm sie mit acht anderen Kliniken zum
1. Januar 2001 vom Land Berlin. Zum Zeitpunkt der Übernahme firmierte die Beklagte unter dem
Namen „NET-GE Kliniken für Berlin GmbH“. Grundlage der Übernahme war das „Gesetz zur
Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen für die Errichtung eines Unternehmens der
städtischen Krankenhäuser“ (Krankenhausunternehmensgesetz) vom 30. November 2000 (GVBl.
Berlin 2000, 503 ff.). Darin heißt es auszugsweise:
„§ 2
(1) …
11. Zur Absicherung der Arbeitsverhältnisse der betroffenen Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer … wird zwischen dem Land Berlin und der Gesellschaft ein
Personalüberleitungsvertrag geschlossen, … . Ziel ist es, durch den
Personalüberleitungsvertrag die beim Land Berlin erworbenen Rechte der
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in vollem Umfang zu garantieren. ...“
4 Im Personalüberleitungsvertrag vom 20. November 2000 (PÜV), der zwischen dem Land Berlin
und der Beklagten - nach Beteiligung ua. der damaligen Gewerkschaft Öffentliche Dienste,
Transport und Verkehr (ÖTV) und der damaligen Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG),
beide Vorläufer der jetzigen Gewerkschaft ver.di - geschlossen wurde, wurde ua. vereinbart:
„§ 3
(1) Auf die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die die GmbH vom
Land Berlin übernommen hat, finden auch künftig die Tarifverträge, die bisher für die
Arbeitsverhältnisse maßgebend waren, in ihrer jeweiligen Fassung Anwendung.
(2) ...
(3) Werden im Rahmen der Mitgliedschaft der Gesellschaft bei einem Arbeitgeberverband
oder beiden Arbeitgeberverbänden des öffentlichen Dienstes in Berlin neue Tarifverträge
mit Geltung für die GmbH geschlossen, treten diese an die Stelle der entsprechenden
Tarifvorschriften nach Absatz 1.“
5 Das Land Berlin als Rechtsvorgänger der Beklagten war ursprünglich Mitglied der
Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL). Im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Angleichung
der Einkommensverhältnisse im öffentlichen Dienst Berlins vom 7. Juli 1994 (EinkommAngG),
das entgegen der tariflichen Differenzierung zwischen (ehemaligem) West- und Ost-Berlin ab
Oktober 1996 eine einheitliche Vergütung für alle Arbeitnehmer des Landes vorsah, wurde das
Land Berlin im Jahr 1994 aus diesem Arbeitgeberverband ausgeschlossen. Das mit der TdL
vereinbarte Tarifrecht für den öffentlichen Dienst der Länder (ua. der BAT/BAT-O) fand jedoch
weiterhin für die Angestellten des Landes Berlin Anwendung aufgrund einer Bezugnahme im
„Tarifvertrag zur Übernahme von Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes“ vom 21. November
1994 (Übernahme-TV 1994) zwischen dem Verband von Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes in
Berlin (VAdöD Berlin), dessen Mitglied das Land Berlin war, und - ua. - der damaligen
Gewerkschaft ÖTV, Bezirksverwaltung Berlin.
6 Im Übernahme-TV 1994 heißt es ua.:
„§ 2
Übernahmebestimmungen
Auf die Arbeits- und Berufsbildungsverhältnisse der in § 1 Absatz 1 genannten Arbeitnehmer
finden sämtliche zwischen der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) und dem
Hauptvorstand der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV),
gegebenenfalls zusammen mit weiteren Tarifvertragsparteien auf der Arbeitgeberseite
vereinbarten, in ihrer jeweiligen Fassung für Angestellte und für in der Berufsbildung zum
Angestellten stehende Personen geltenden oder nachwirkenden Tarifverträge Anwendung,
soweit sie von dem jeweiligen Geltungsbereich erfaßt werden und soweit sie nicht unter den
Geltungsbereich eines im Bereich des VAdöD geltenden besonderen Tarifvertrages fallen,
mit dem die Anwendung des von der TdL - auch gemeinsam mit weiteren
Tarifvertragsparteien auf Arbeitgeberseite - oder des für die Angestellten des Landes Berlin
geltenden Tarifrechts (ggf. mit Maßgaben) vereinbart ist.“
7 Nach Übernahme der Kliniken durch die Beklagte und deren Beitritt zur AV Berlin vereinbarte
diese ua. mit den damaligen Gewerkschaften ÖTV, Bezirksverwaltung Berlin, und DAG,
Landesverband Berlin und Brandenburg, den „Tarifvertrag über die Fortgeltung des TdL-Tarifrechts
für die Angestellten und angestelltenrentenversicherungspflichtigen Auszubildenden der NET-GE
Kliniken für Berlin GmbH“ vom 17. Januar 2001 (Fortgeltungs-TV). Dieser findet auf das
Arbeitsverhältnis der Parteien kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit Anwendung. In diesem
Tarifvertrag heißt es ua.:
„Präambel
Zur Umsetzung des im Gesetz zur Schaffung der rechtlichen Voraussetzung für die
Errichtung eines Unternehmens der städtischen Krankenhäuser
(Krankenhausunternehmensgesetz) vom 30. November 2000 und des zwischen dem Land
Berlin und der Krankenhausgesellschaft unter Beteiligung der im Gesetz aufgeführten
Gewerkschaften abgeschlossenen Personalüberleitungsvertrages genannten Zieles, die
beim Land Berlin erworbenen Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in vollem
Umfang zu garantieren, wird angesichts der Mitgliedschaft der NET-GE Kliniken für Berlin
GmbH in der AV Berlin, Folgendes vereinbart:
§ 1
Geltungsbereich
Dieser Tarifvertrag gilt für diejenigen Angestellten [...], die in einem Arbeits- bzw.
Ausbildungsverhältnis zur NET-GE Kliniken für Berlin GmbH stehen.
§ 2
Geltung des TdL-Tarifrechts
Auf die unter diesen Tarifvertrag fallenden Arbeitnehmer, Auszubildenden usw. (§ 1) finden
der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 bzw. der Tarifvertrag zur
Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT-O) vom 10. Dezember
1990 und die diese ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den
Bereich des Bundes und der Länder jeweils geltenden Fassung Anwendung. Dies gilt auch
für die weitere Anwendung des Gesetzes zur Angleichung der Einkommensverhältnisse im
öffentlichen Dienst Berlins (Einkommensangleichungsgesetz) vom 7. Juli 1994.
§ 3
In-Kraft-Treten / Laufzeit
(1) Dieser Tarifvertrag tritt am 1. Januar 2001 in Kraft.
(2) Die Tarifparteien verpflichten sich, bei unvorhersehbaren Entwicklungen in der NET-GE
Kliniken für Berlin GmbH unverzüglich in Tarifverhandlungen einzutreten. Werden im
Rahmen der Mitgliedschaft der NET-GE Kliniken für Berlin GmbH zur AV Berlin neue
bezirkliche Tarifverträge geschlossen, treten diese an die Stelle der entsprechenden
Tarifvorschriften nach § 2.
Protokollnotiz zu § 3:
Die Tarifvertragsparteien stimmen darin überein, dass für den Fall der Kündigung dieses
Tarifvertrages bei Abschlüssen von neuen Arbeits- oder Ausbildungsverträgen mit
Arbeitnehmerinnen / Arbeitnehmern im Sinne des § 1 die Anwendung des TdL-Tarifrechts
arbeitsvertraglich vereinbart wird.“
8 Bis Ende 2002 wandten sowohl das Land Berlin als auch die Beklagte das jeweilige TdL-Tarifrecht
an. Am 31. Juli 2003 schlossen das Land Berlin und ua. die Gewerkschaft ver.di, Landesbezirk
Berlin-Brandenburg, den „Tarifvertrag zur Anwendung von Tarifverträgen des öffentlichen
Dienstes“ (Anwendungs-TV Berlin). Dieser gilt nach seinem § 1 „für die Arbeitnehmer mit
Ausnahme der von SR 2 l I BAT/BAT-O erfassten Lehrkräfte und für die in der Berufsbildung
stehenden Personen (…) des Landes Berlin“ und sieht nach seinem § 2 Abs. 1 für die Angestellten
des Landes Berlin fortan die statische Anwendung der zwischen der TdL und der Gewerkschaft
ver.di vereinbarten Tarifverträge sowie der zwischen dem VAdöD und ver.di vereinbarten
Tarifverträge in der Fassung vom 1. Januar 2003 vor. Die §§ 3 bis 7 enthalten insbesondere
Regelungen zur Arbeitszeitverminderung, zum Umgang mit Zeitguthaben und zur Entgeltsenkung.
Nach § 8 sind betriebsbedingte Kündigungen bis zum 31. Dezember 2009 ausgeschlossen. Nach
§ 11 tritt ein Großteil der Regelungen, darunter auch § 8, mit Ablauf des 31. Dezember 2009 außer
Kraft, eine Kündigung des gesamten Tarifvertrags ist frühestens zum 31. März 2010 möglich. Der
Anwendungs-TV Berlin wurde von der Beklagten auf die bei ihr bestehenden Arbeitsverhältnisse
nicht angewandt.
9 Am 15. Juli 2004 schlossen der KAV Berlin und die Gewerkschaft ver.di, Landesbezirk Berlin-
Brandenburg, für das Unternehmen der Beklagten den „Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung
und zur sozialverträglichen Begleitung von Restrukturierungsmaßnahmen in der Vivantes
Netzwerk für Gesundheit GmbH“ (TV Sicherung Vivantes). Dieser ist nach seinen
Vorbemerkungen ein befristeter Notlagentarifvertrag. Er enthält in seinem „Abschnitt 1:
Maßnahmen zur Beschäftigungssicherung“ in § 2 eine Regelung zum Wegfall von
tarifvertraglichen Zuwendungs- und Urlaubsgeldzahlungen; dazu gehört in § 13 eine
Revisionsklausel hinsichtlich einer dies unter bestimmten Umständen partiell kompensierenden
Einmalzahlung. Aus § 4, ebenfalls in „Abschnitt 1“, geht hervor, dass betriebsbedingte
Kündigungen ausgeschlossen sind. In „Abschnitt 2“ wird der „Umgang mit der
Personalüberhangsituation aufgrund organisatorischer und struktureller Änderungen im
Unternehmen“ geregelt. In „Abschnitt 3: Schlussbestimmungen“ wird in § 12 das In-Kraft-Treten
am 1. Mai 2004 und ein Außer-Kraft-Treten mit Ablauf des 31. Dezember 2010 geregelt, wobei die
Regelung zum Wegfall von tarifvertraglichen Zuwendungs- und Urlaubsgeldzahlungen in § 2
bereits mit Ablauf des 31. Dezember 2008 außer Kraft trat.
10 Als mit Wirkung vom 1. Oktober 2005 der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) in Kraft
trat, endete die bis dahin bestehende inhaltliche Übereinstimmung der Tarifverträge des Bundes
und der Länder. Der TVöD gilt für Arbeitnehmer des Bundes oder eines Mitglieds der Vereinigung
der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA). Die Tarifgemeinschaft deutscher Länder hat mit den
zuständigen Gewerkschaften mit Wirkung vom 1. November 2006 den Tarifvertrag für den
öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) vereinbart. Am 8. Juni 2006 wurde zwischen der TdL und der
Gewerkschaft ver.di der streitgegenständliche TV-Einmalzahlung vereinbart, der ua. für die unter
den Geltungsbereich des BAT fallenden Beschäftigten drei nach Vergütungsgruppen gestaffelte
Einmalzahlungen in den Monaten Juli 2006, Januar 2007 und September 2007 sowie eine
Erhöhung der Tabellenentgelte ab dem 1. Januar 2008 vorsieht.
11 Die Klägerin machte die drei tariflichen Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 610,00 Euro mit
Schreiben vom 28. Juni 2006, 13. März und 2. November 2007 erfolglos geltend.
12 Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der TV-Einmalzahlung gelte aufgrund der dynamischen
Verweisung auf das TdL-Tarifrecht in § 2 Fortgeltungs-TV auch für ihr Arbeitsverhältnis.
13 Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 610,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 100,00 Euro seit dem 9. Januar 2007 und aus
510,00 Euro seit dem 9. Januar 2008 zu zahlen.
14 Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
15 Sie hat die Ansicht vertreten, der bei der Beklagten geltende Fortgeltungs-TV - insbesondere sein
§ 2 - sei dahingehend auszulegen, dass die Tarifsituation der Angestellten der Beklagten stets so
geregelt sein sollte, als wären die Angestellten nicht auf die Beklagte übergegangen, sondern
Angestellte des Landes Berlin geblieben. Auf die Angestellten des Landes Berlin finde der TV-
Einmalzahlung aufgrund des Anwendungs-TV Berlin jedoch keine Anwendung.
16 Das Arbeitsgericht hat der zunächst nur hinsichtlich einer Einmalzahlung von 100,00 Euro
erhobenen Klage stattgegeben. Hiergegen haben die Beklagte Berufung und die Klägerin
Anschlussberufung mit einer Klageerweiterung um 510,00 Euro eingelegt. Das
Landesarbeitsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht
zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel in vollem Umfang weiter.
Entscheidungsgründe
17 Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte
Anspruch aus § 2 Abs. 1 Buchst. a TV-Einmalzahlung entgegen der Auffassung der Vorinstanzen
zu.
zu.
18 A. Das Landesarbeitsgericht hat den geltend gemachten Anspruch verneint, weil der TV-
Einmalzahlung für das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht gelte. Eine insbesondere den
Gesamtzusammenhang berücksichtigende Auslegung des zwischen den Parteien normativ
geltenden Fortgeltungs-TV ergebe, dass dieser die Arbeitsbedingungen der von ihm erfassten
Arbeitsverhältnisse nach Maßgabe der für Angestellte des Landes Berlin geltenden Regelungen
unterwerfen wolle. Für diese gelte der TV-Einmalzahlung jedoch nicht.
19 B. Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts sind nicht rechtsfehlerfrei und im Ergebnis
unzutreffend. Es gibt bereits gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass der Fortgeltungs-TV unmittelbar
und konstitutiv auf die von der TdL abgeschlossenen Tarifverträge und damit auch auf den TV-
Einmalzahlung verweist. Ein anderes Ergebnis ergibt sich aber auch dann nicht, wenn man
zugunsten der Beklagten davon ausgeht, dass die Tarifvertragsparteien des TV-Fortgeltung
grundsätzlich die Arbeitsbedingungen der Angestellten des Landes Berlin in Bezug nehmen
wollten. Denn mit dem TV Sicherung Vivantes ist bei der Beklagten eine eigenständige tarifliche
Regelung getroffen worden. Diese verdrängt den für die Angestellten des Landes Berlin
vereinbarten Anwendungs-TV Berlin und bewirkt die Geltung des TV-Einmalzahlung.
20 I. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der TV-Einmalzahlung
mangels beiderseitiger Tarifbindung keine direkte Anwendung auf das Arbeitsverhältnis der
Parteien findet. Die Klägerin ist zwar Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft ver.di; die
Beklagte ist jedoch nicht Mitglied der TdL.
21 II. Der TV-Einmalzahlung gilt im Arbeitsverhältnis der Parteien aber mittelbar normativ. Seine
Normen sind durch § 2 Fortgeltungs-TV in Bezug genommen worden.
22 1. An den Fortgeltungs-TV sind die Parteien nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG gebunden. Auch
dieser Tarifvertrag ist von der Gewerkschaft ver.di geschlossen worden. Auf Arbeitgeberseite ist
der Tarifvertrag von der AV Berlin geschlossen, deren Mitglied die Beklagte nach den
Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war und ist. Es handelt sich damit um einen sog.
unternehmensbezogenen Verbandstarifvertrag.
23 2. § 2 Fortgeltungs-TV enthält eine zeitdynamische Verweisung auf die von der TdL
abgeschlossenen Tarifverträge. Diese Verweisung erfasst auch den im Jahre 2006
abgeschlossenen TV-Einmalzahlung. Dabei kann dahinstehen, ob die Dynamik der Verweisung
konstitutiv und unabhängig von den für die Angestellten des Landes Berlin jeweils geltenden
Tarifnormen vereinbart worden ist oder ob sie grundsätzlich enden soll, wenn für die Angestellten
des Landes Berlin eigenständige tarifliche Regelungen getroffen werden. Die Arbeitnehmer der
Beklagten auch nur entsprechend erfassende Tarifregelungen des Landes Berlin, die das TdL-
Tarifrecht verdrängen, sind für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht vereinbart worden.
24 a) Bis zur Übernahme des Klinikums durch die Beklagte zum 1. Januar 2001 galten für die
Arbeitsverhältnisse der tarifgebundenen Arbeitnehmer der Rechtsvorgängerin der Beklagten die
Tarifverträge, die die TdL abgeschlossen hatte. Davon geht auch das Landesarbeitsgericht zu
Recht aus.
25 Die Tarifverträge der TdL galten mit dem Ausschluss des Landes Berlin aus der TdL im Jahre
1994 und dem Ablauf der sich anschließenden Nachbindung nach § 3 Abs. 3 TVG nicht mehr
unmittelbar. Der für das Land Berlin geltende Übernahme-TV 1994 führte jedoch zu einer
normativen Geltung sämtlicher zwischen der TdL und den Gewerkschaften ÖTV und DAG,
nunmehr ver.di, vereinbarten Tarifverträge, soweit der VAdöD nicht speziellere Tarifverträge
vereinbaren würde. Hinsichtlich der Klinik, in der die Klägerin tätig ist, ist dies nicht geschehen.
Dies führte im Zusammenhang mit dem weiterhin geltenden EinkommAngG zu einer Erstreckung
des Geltungsbereichs insbesondere der Vergütungstarifverträge für das Tarifgebiet West auf alle
Beschäftigten des Landes Berlin.
26 b) Die dynamische Verweisung auf das Tarifrecht der TdL galt nach der Übernahme der Klinik
durch die Beklagte und dem anschließenden Abschluss des TV-Fortgeltung unverändert.
27 aa) Es spricht bereits viel dafür, dass die dynamische Weitergeltung der Tarifverträge der TdL mit
dem Fortgeltungs-TV konstitutiv fortgeschrieben werden sollte. Dafür streitet die Auslegung des
Tarifvertrages (zu den dafür geltenden Maßstäben vgl. etwa Senat 19. September 2007 - 4 AZR
670/06 - Rn. 30, AP TVG § 1 Auslegung Nr. 202 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 45; 9. April 2008 -
4 AZR 149/07 - Rn. 13; 7. Juli 2004 - 4 AZR 433/03 - zu I 1 b aa der Gründe, BAGE 111, 204;
30. Mai 2001 - 4 AZR 269/00 - zu B I 1 d aa der Gründe mwN, BAGE 98, 35). Aus dem Wortlaut
des Fortgeltungs-TV und insbesondere dessen § 2 ergeben sich gewichtige Anhaltspunkte für die
eigenständige, von der Berliner Rechtslage im Übrigen unabhängigen Bezugnahme auf die von der
TdL abgeschlossenen Tarifverträge.
28 (1) Der Fortgeltungs-TV bezieht sich schon in seiner Überschrift ausdrücklich auf die „Fortgeltung
des TdL-Tarifrechts“. Die Verweisungregelung in § 2 trägt die Überschrift „Geltung des TdL-
Tarifrechts“. Diese Bestimmung wird im Normtext dahingehend konkretisiert, dass es um den
BAT und den BAT-O nebst den ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen geht.
Entsprechend der damals bestehenden Zweiteilung dieses Tarifwerks ist ausdrücklich geregelt,
dass nicht die VKA-Version, sondern die Bund-Länder-Version der genannten Tarifverträge
gemeint ist. Dies war die geläufige Bezeichnung für die auch von der TdL abgeschlossenen
Tarifverträge des öffentlichen Dienstes. Nach dem Ende des Gleichlaufs der Tarifregelungen von
Bund und TdL ergibt sich die Verweisung auf die von der TdL abgeschlossenen Tarifverträge
hinreichend eindeutig aus der Überschrift der Norm sowie aus der Tatsache, dass der
Übernahme-TV 1994, an dessen Geltung der Fortgeltungs-TV anknüpft, die Beendigung der
Mitgliedschaft des Landes Berlin in der TdL kompensieren und auf die von dieser
abgeschlossenen Tarifverträge verweisen sollte. Entgegen der Auffassung des
Landesarbeitsgerichts widerspricht der in § 2 Satz 2 Fortgeltungs-TV enthaltene Verweis auf das
EinkommAngG dieser Auslegung nicht, weil insofern lediglich die gesetzlich nur für die
Angestellten des Landes Berlin geltende Erstreckung der West-Tarife auch für die Mitarbeiter der
Beklagten gelten sollte. Über die manteltariflichen Regelungen des BAT und BAT-O, auf die § 2
Fortgeltungs-TV im Kern verweist, findet sich im EinkommAngG keine Bestimmung. Eine über
den Wortlaut des Tarifvertrages hinausgehende oder diesem insoweit widersprechende tarifliche
Gleichstellung mit den materiellen Arbeitsbedingungen der Angestellten des Landes Berlin kann
der Regelung daher nicht entnommen werden. Gleichgestellt werden sollten hier lediglich die aus
den Tarifgebieten Ost und West stammenden Angestellten der Beklagten hinsichtlich ihrer
Vergütung, und zwar auf dem Niveau der Vergütungstarifverträge für das Tarifgebiet West.
29 (2) Ein weiterer Hinweis auf die entsprechende Absicht der Tarifvertragsparteien findet sich in der
Protokollnotiz zu § 3 Fortgeltungs-TV. Dieser enthält die schuldrechtliche Verpflichtung der
Beklagten, bei Wegfall der normativen dynamischen Bindung an das TdL-Tarifrecht ausdrücklich
dessen Geltung und nicht etwa die Geltung des für Berliner Angestellte maßgeblichen Tarifrechts
bei neu eingestellten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern arbeitsvertraglich zu vereinbaren.
30 (3) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ergibt sich auch aus der Präambel zum
Fortgeltungs-TV kein Argument für eine Auslegung, die dem hier zu Grunde gelegten Wortlaut von
§ 2 Fortgeltungs-TV entgegenstünde. Das Landesarbeitsgericht hat es für „ausschlaggebend“
gehalten, dass ausweislich der Präambel eine Besitzstandswahrung der von der Privatisierung
betroffenen Arbeitnehmer beabsichtigt gewesen sei, und hierfür auch den Wortlaut der dort
zitierten Regelungen des KUG und des PÜV herangezogen. Eine Gesamtschau der beiden
„Normenwerke“ und der Wortlaut der Präambel sprechen zwar für eine Besitzstandswahrung. Das
Landesarbeitsgericht hat jedoch die Bestimmung des zu wahrenden Besitzstandes verkannt.
Dieser wird in der Präambel und in § 2 Abs. 1 Nr. 11 KUG als „die beim Land Berlin erworbenen
Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“ beschrieben. Dabei ist der materielle Bestand
der zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsbedingungen gemeint, der in den bisher mit
dem Land Berlin bestehenden Arbeitsverhältnissen erreicht worden ist. Im Hinblick auf die
Tariflage wird dieser Bestand in § 3 Abs. 1 PÜV dahingehend konkretisiert, dass auf die
Arbeitsverhältnisse der von der Privatisierung betroffenen Arbeitnehmer „die Tarifverträge, die
bisher für die Arbeitsverhältnisse maßgebend waren, in ihrer jeweiligen Fassung Anwendung“
finden. Dieser so beschriebene Besitzstand bestand zum Zeitpunkt der Übernahme der Kliniken
jedoch in der dynamischen Geltung der TdL-Tarifverträge. Ferner spricht für diese Auffassung die
Mitteilung der Beklagten im Aufnahmeantrag an die AV Berlin, man beabsichtige, nicht das VKA-
Tarifrecht, sondern das TdL-Tarifrecht anzuwenden, der anschließende Abschluss des
Fortgeltungs-TV für die Beklagte durch die AV Berlin mit der ausdrücklichen Anordnung der
Fortgeltung des TdL-Tarifrechts, sowie die Tatsache, dass die Beklagte selbst den später
abgeschlossenen Anwendungs-TV Berlin in ihrem Unternehmen nicht umsetzte.
31 bb) Es bedarf jedoch keiner abschließenden Entscheidung des Senats über die hier streitige
Auslegung des Fortgeltungs-TV und die Identität des dort in Bezug genommenen Tarifwerkes.
Denn selbst wenn man zugunsten der Beklagten unterstellt, dass die Tarifvertragsparteien des
Fortgeltungs-TV auf das jeweils für die Angestellten des Landes Berlin geltende Tarifrecht
verweisen wollten, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Ein solcher, die zum Zeitpunkt des
Abschlusses des Fortgeltungs-TV geltende dynamische Verweisung auf die TdL-Tarifverträge
verdrängender oder ablösender Tarifvertrag besteht nicht. Der hierfür allein in Betracht kommende
Anwendungs-TV Berlin ist - ungeachtet auch insoweit bestehender weiterer Zweifel - im
Streitzeitraum durch den spezielleren TV Sicherung Vivantes verdrängt worden. Dieser enthält
keine Regelung, die die Dynamik der bestehenden Verweisung beseitigt oder unterbricht.
32 (1) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der zwischen dem Land
Berlin und der Gewerkschaft ver.di für die Angestellten des Landes Berlin abgeschlossene
Anwendungs-TV Berlin die bis dahin auch für diese Arbeitnehmer geltende Dynamik der
Verweisung auf die TdL-Tarifverträge in eine statische Verweisung geändert hat. § 2 Anwendungs-
TV Berlin bestimmt insoweit die Weitergeltung des BAT/BAT-O mit Stand vom 1. Januar 2003.
33 (2) Das Landesarbeitsgericht hat jedoch übersehen, dass der Anwendungs-TV Berlin aus einem
anderen Grunde die Arbeitsverhältnisse der bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer nicht
erfassen konnte. Der Anwendungs-TV Berlin ist ein Sanierungstarifvertrag für die Arbeitnehmer
des Unternehmens „Land Berlin“. Für das Unternehmen der Beklagten ist mit dem TV Sicherung
Vivantes ein eigener Sanierungstarifvertrag geschlossen worden, dessen Regelungen denjenigen
des Anwendungs-TV Berlin jedenfalls vorgehen. Der TV Sicherung Vivantes sieht anders als der
Anwendungs-TV Berlin eine Ablösung oder Unterbrechung der Dynamik in der Verweisung auf die
TdL-Tarifverträge jedoch nicht vor.
34 (a) Der Anwendungs-TV Berlin ist ein typischer Sanierungstarifvertrag. Er sieht ua. eine nach
Vergütungsgruppen gestaffelte Reduzierung der regelmäßigen Arbeitszeit um acht bis zwölf
Prozent und eine dem entsprechende proportionale Vergütungsreduzierung vor, vor allem aber
den Wegfall der Dynamik der Verweisung auf das TdL-Tarifrecht, die auf dem Übernahme-TV
1994 beruhte. Im Gegenzug verzichtet das Land bis zum 31. Dezember 2009 auf den Ausspruch
betriebsbedingter Kündigungen.
35 (b) Es ist bereits fraglich, ob eine Blankett-Verweisung auf ein fremdes Tarifwerk auch die in
dessen Geltungsbereich abgeschlossenen Sanierungstarifverträge umfassen kann. Das
Landesarbeitsgericht hat - allerdings zum Beleg seiner entgegengesetzten Auffassung - zutreffend
darauf hingewiesen, dass es sich bei Sanierungstarifverträgen um Sonderregelungen handelt, die
auf eine atypische, insbesondere wirtschaftlich schwierige Situation im unmittelbaren
Geltungsbereich des Tarifvertrags reagieren. So verhält es sich auch beim Anwendungs-TV
Berlin, der der besonderen Situation im öffentlichen Dienst des Landes Berlin Rechnung tragen
soll. Ob eine Verweisung auf allgemein geltende Tarifverträge des öffentlichen Dienstes in einem
Tarifvertrag, an den ein nicht dem öffentlichen Dienst angehörender Dritter gebunden ist, bei dem
die diesen Tarifabschluss veranlassende Situation nicht oder jedenfalls nicht in gleicher Weise
vorliegt, auch solche Sonderregelungen einbeziehen will, ist fraglich (vgl. auch Senat 5. April 2006
- 4 AZR 390/05 - AP AVR Diakonisches Werk § 1 Nr. 3). Insbesondere kann nicht ohne Weiteres
angenommen werden, dass der erhebliche Sanierungsbedarf eines Bundeslandes demjenigen
eines Privatunternehmens gleichkommt und dass ihm mit denselben Sanierungsregelungen
abgeholfen werden kann und soll.
36 (c) Dies kann jedoch dahinstehen, da der KAV Berlin und die Gewerkschaft ver.di speziell für das
Unternehmen der Beklagten mit dem TV Sicherung Vivantes gleichfalls einen
Sanierungstarifvertrag abgeschlossen haben. Dieser enthält eigene und vom Anwendungs-TV
Berlin abweichende Regelungen zur Absenkung bisheriger tariflicher Ansprüche, etwa auf
Urlaubsgeld und Zuwendung, und zur Zustimmung zu zahlreichen
Umstrukturierungsmaßnahmen, ua. zur Minderung des Personalüberhangs. Im Gegenzug werden
betriebsbedingte Kündigungen bis zum 31. Dezember 2010 ausgeschlossen. Eine ausdrückliche
Änderung des Fortgeltungs-TV oder eine anders formulierte Änderung oder Beendigung der darin
geregelten Dynamik des in Bezug genommenen Tarifrechts ist nicht vereinbart worden.
37 (d) Demgemäß fehlt eine auf der tariflichen Bezugnahme beruhende Geltung des Anwendungs-TV
Berlin für die Arbeitsverhältnisse bei der Beklagten. Denn selbst wenn eine Angleichung an die
Tariflage beim Land Berlin grundsätzlich beabsichtigt war, findet diese dort ihre Grenze, wo
konkret für das Unternehmen der Beklagten eigene Tarifregelungen getroffen werden. Dieselben
Tarifvertragsparteien, die auch den Fortgeltungs-TV vereinbart haben, haben speziell für die
Beklagte im Hinblick auf deren konkrete wirtschaftliche Notlage verschiedene
Sanierungsmaßnahmen vereinbart. Das schließt die Geltung eines für ein anderes Unternehmen
im Hinblick auf dessen konkrete wirtschaftliche Schwierigkeiten abgeschlossenen
Sanierungstarifvertrages aus. Auch das Landesarbeitsgericht geht davon aus, dass die
Sanierungstarifverträge der Beklagten und des Landes Berlin ähnliche Sachverhalte
unterschiedlich regeln; weil der Beklagten die Sanierungsregelungen des Landes Berlin „nicht als
sinnvollerweise anwendbar erschienen“, habe sie einen „anders konzipierten
Sanierungstarifvertrag“ mit derselben Gewerkschaft abgeschlossen, woraus sich ergebe, dass
diese die Differenzierung teile (S. 8 f. des LAG-Urteils). Abgesehen davon, dass der TV Sicherung
Vivantes durch den KAV Berlin abgeschlossen wurde, ist dies zutreffend.
38 Auch die einander widersprechenden Regelungen in den Sanierungstarifverträgen zeigen deutlich,
dass der Anwendungs-TV Berlin und der TV Sicherung Vivantes nicht gleichzeitig oder sich
ergänzend zur Anwendung kommen können, sondern dass nur eines dieser Regelungswerke
gelten kann. Dies kann für die Beklagte nur der TV Sicherung Vivantes sein. Selbst wenn man § 2
Fortgeltungs-TV dahingehend auslegen würde, dass hier unmittelbar und zwingend das jeweils für
die Angestellten des Landes Berlin geltende Tarifrecht und damit an sich auch der Anwendungs-
TV Berlin in Bezug genommen sei, entstünde doch dann eine Tarifkonkurrenz, da gleichzeitig der
TV Sicherung Vivantes normativ gilt. Da es sich um identische Normgeber handelt, ist zur Lösung
der Kollision auf das Posterioritätsprinzip zurückgreifen, wonach die spätere Regelung die frühere
ablöst (vgl. dazu Jacobs Tarifeinheit und Tarifkonkurrenz S. 263), soweit es sich um identische
Regelungsbereiche handelt. Dies hat zur Folge, dass mit Abschluss des eigenständigen
Sanierungstarifvertrages für die Beklagte der Anwendungs-TV Berlin ohnehin nicht gölte.
39 (e) Der TV Sicherung Vivantes enthält keine Regelung zur Unterbrechung der Dynamik
hinsichtlich der Verweisung auf das TdL-Tarifrecht. Insbesondere ist eine dem § 2 Anwendungs-
TV Berlin vergleichbare Regelung über das Festschreiben eines bestimmten Standes der Tariflage
und den Ausschluss einer weiteren Dynamik nicht vereinbart worden. Sie lässt sich auch nicht in
einer dem Schriftformerfordernis von § 1 Abs. 2 TVG genügenden Form aus den vereinbarten
Regelungen des TV Sicherung Vivantes auslegen. Damit kommt während seiner Geltungsdauer
die dynamische Verweisung auf TdL-Tarifrecht in § 2 Satz 1 Fortgeltungs-TV und damit der TV-
Einmalzahlung zur Anwendung.
40 Die Tariflage bei der Beklagten ist danach nicht anders als sie bei einem Betrieb oder einer
Dienststelle des Landes Berlin wäre, wenn sie vom Geltungsbereich des Anwendungs-TV Berlin
ausgenommen wären. Denn auch insoweit wäre die Festschreibung der BAT/BL-Tariflage vom
1. Januar 2003 nicht wirksam geworden, sondern bliebe die Dynamik der ursprünglichen tariflichen
Verweisung weiter erhalten.
41 3. Gemäß § 2 Abs. 1 Buchst. a bis c TV-Einmalzahlung iVm. § 2 Fortgeltungs-TV hat die Klägerin
einen Anspruch auf Zahlung von insgesamt 610,00 Euro.
42 a) Der Anspruch auf diese Einmalzahlung entfällt nicht deshalb, weil auch der TV Sicherung
Vivantes in § 13 eine Vereinbarung über eine Einmalzahlung enthält und dadurch etwa eine
spezielle Regelung trifft, die einen gleichartigen, in einem Tarifvertrag der TdL enthaltenen
Anspruch ablösen oder ausschließen würde. Denn die Regelungsgegenstände sind
unterschiedlich. Der TV-Einmalzahlung gibt einen Anspruch auf zusätzliches Arbeitsentgelt, das
für einen Zwischenzeitraum zum Ausgleich einer erst zu einem späteren Zeitpunkt vereinbarten
allgemeinen Vergütungserhöhung dient. Das ergibt sich aus dem Regelungszusammenhang,
insbesondere im Verhältnis zu § 3 TV-Einmalzahlung, wonach eine prozentuale Erhöhung der
Tabellenentgelte erst ab dem 1. Januar 2008 vereinbart wird. Für die Jahre 2006 und 2007 sind die
Entgelterhöhungen in den Einmalzahlungen pauschaliert worden. Die in § 13 TV Sicherung
Vivantes vorgesehene Einmalzahlung dagegen soll einen partiellen Ausgleich für die nach § 2 TV
Sicherung Vivantes weggefallenen Zahlungen von Urlaubsgeld und Zuwendung bieten. Diese aber
sind gemäß den Bestimmungen der den BAT bzw. BAT-O ergänzenden Tarifverträge nicht als
kompensatorische Leistung für eine Vergütungserhöhung anzusehen, sondern stellen eine
Belohnung für erwiesene Betriebstreue sowie einen Anreiz für die weitere Vertragserfüllung dar (so
für die Zuwendung BAG 27. Juni 2001 - 10 AZR 564/00 - AP BAT §§ 22, 23 Zuwendungs-TV
Nr. 25) oder bezwecken die Abgeltung von zusätzlichen Aufwendungen, die im Zusammenhang
mit dem Urlaub regelmäßig entstehen (so für das Urlaubsgeld BAG 24. Juni 1980 - 6 AZR
1020/78 - BAGE 33, 229).
43 b) Die Klägerin erfüllt die Tatbestandsvoraussetzungen des TV-Einmalzahlung. Sie fällt unter den
Geltungsbereich des BAT und war im Juli 2006 sowie im Januar und September 2007 bei der
Beklagten beschäftigt. Die Höhe des ihr zustehenden Anspruchs ergibt sich aus ihrer
Eingruppierung in die VergGr. Kr VI BAT iVm. § 2 Abs. 1 Buchst. a bis c TV-Einmalzahlung.
44 c) Die Klägerin hat die Ausschlussfrist gem. § 70 BAT, die iVm. § 2 Satz 1 Fortgeltungs-TV zur
Anwendung kommt, gewahrt. Sie hat ihren Anspruch auf die begehrten Einmalzahlungen jeweils
schriftlich vor Ablauf der Frist von sechs Monaten nach Fälligkeit geltend gemacht.
45 d) Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
46 C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Bepler
Creutzfeldt
Winter
J. Ratayczak
Bepler