Urteil des BAG vom 22.06.2010

Parallelentscheidung zum Beschluss des Gerichts vom 08.12.2009, 1 ABR 41/09.

Siehe auch:
BUNDESARBEITSGERICHT Beschluß vom 22.6.2010, 1 ABR 61/09
Parallelentscheidung zum Beschluss des Gerichts vom 08.12.2009, 1 ABR 41/09.
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des
Landesarbeitsgerichts Saarland vom 19. November 2008 - 2 TaBV 47/08 -
aufgehoben.
Die Beschwerden der Arbeitgeberin und des Betriebsrats gegen den Beschluss
des Arbeitsgerichts Saarbrücken vom 6. Juli 2005 - 65 BV 9/05 - werden
zurückgewiesen, soweit das Arbeitsgericht über die Ersetzung der Zustimmung
des Betriebsrats zur Versetzung des Arbeitnehmers R entschieden hat. In
diesem Umfang wird das Verfahren hinsichtlich des Antrags zu 2. eingestellt.
Gründe
1 A. Die Beteiligten streiten über das Beteiligungsrecht des Betriebsrats bei personellen Maßnahmen
nach Betriebsstilllegung.
2 Die Arbeitgeberin erbringt Postdienstleistungen. Im Zuge unternehmensweiter Umstrukturierungen
löste sie ihre Service Niederlassung Immobilien in S(SNL S) zum Jahresende 2001 auf. Die von
der Arbeitgeberin zuvor beantragte Zustimmung zu Versetzungen der Arbeitnehmer in andere
Betriebe des Unternehmens verweigerte der Betriebsrat unter Hinweis darauf, dass nach den
geltenden Tarifverträgen Nr. 444 bzw. 445 zunächst für diese Arbeitnehmer ein Sozialplan zu
erstellen sei.
3 Im August 2004 vereinbarte die Arbeitgeberin mit dem Gesamtbetriebsrat einen Sozialplan. In
einer Anlage hierzu war die Zuordnung der Beschäftigten zu den Personalposten und
Niederlassungen geregelt. Der Gesamtbetriebsrat stimmte mit Schreiben vom 2. Februar 2005
den von der Arbeitgeberin aufgestellten Feststellungsvermerken über die Zumutbarkeit der
Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten zu. Daraufhin ersuchte die Arbeitgeberin den Betriebsrat der
stillgelegten SNL S mit Schreiben vom 22. März 2005 vorsorglich erneut um seine Zustimmung zu
Versetzungen von insgesamt 150 Beschäftigten. Der am 30. April 2005 beim Betriebsrat
eingegangene Antrag enthielt einen Hinweis darauf, dass die Versetzungen aus sachlichen
Gründen dringend erforderlich seien. Der Betriebsrat bestritt am 10. Mai 2005 die Dringlichkeit der
Versetzungen und verweigerte anschließend im Schreiben vom 21. Mai 2005, bei der
Arbeitgeberin am gleichen Tag eingegangen, für 74 Arbeitnehmer seine Zustimmung zu den
beantragten Versetzungen unter Hinweis auf einen Verstoß gegen die Bestimmungen der
Tarifverträge Nr. 444/445 und des Sozialplans.
4 Mit einem am 13. Mai 2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Arbeitgeberin
die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats und die Feststellung der Dringlichkeit
der vorläufig vorgenommenen Versetzungen beantragt. Das Arbeitsgericht hat die in einem
Verfahren verhandelten Anträge abgewiesen und in den Gründen ausgeführt, die Zustimmung des
Betriebsrats gelte wegen Versäumung der Äußerungsfrist als erteilt. Gegen den Beschluss des
Arbeitsgerichts haben sowohl die Arbeitgeberin als auch der Betriebsrat Beschwerde eingelegt.
Das Landesarbeitsgericht hat das Verfahren getrennt und die Anträge der Arbeitgeberin für jeden
von der Versetzung betroffenen Arbeitnehmer gesondert verhandelt.
5 Die Arbeitgeberin hat zuletzt beantragt,
1. die von dem Betriebsrat verweigerte Zustimmung zu der Versetzung von Herrn R von
der ehemaligen Service Niederlassung Immobilien zu der Niederlassung BRIEF R zu
ersetzen,
hilfsweise festzustellen,
dass die von dem Betriebsrat verweigerte Zustimmung zu der Versetzung von Herrn R
von der ehemaligen Service Niederlassung Immobilien zu der Niederlassung BRIEF R
als erteilt gilt,
2. festzustellen, dass die Versetzung von Herrn R von der ehemaligen Service
Niederlassung Immobilien zu der Niederlassung BRIEF R aus sachlichen Gründen
dringend erforderlich gewesen ist.
6 Der Betriebsrat hat, soweit für die Rechtsbeschwerde noch von Bedeutung, beantragt, die Anträge
abzuweisen.
7 Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Auf die
Beschwerde der Arbeitgeberin hat es festgestellt, dass die Zustimmung des Betriebsrats zu der
Versetzung von Herrn R als erteilt gilt und diese aus sachlichen Gründen dringend erforderlich
war. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat im vorliegenden Verfahren seinen Antrag
auf Abweisung der Anträge weiter.
8 B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist teilweise begründet.
9 I. Das Landesarbeitsgericht durfte den Zustimmungsersetzungsantrag der Arbeitgeberin nicht mit
der Begründung abweisen, die Zustimmung des Betriebsrats gelte als erteilt. Der Antrag ist
vielmehr schon deswegen unbegründet, weil die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer R Tätigkeiten in
der Niederlassung BRIEF R zuweisen konnte, ohne den Betriebsrat der stillgelegten SNL S im
Rahmen eines Restmandats nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG beteiligen zu müssen. Die SNL S
war zum Zeitpunkt der Einleitung des Zustimmungsverfahrens am 22. März 2005 bereits mehr als
drei Jahre stillgelegt. Der Betriebsrat eines stillgelegten Betriebs ist nicht im Rahmen seines
Restmandats nach § 99 Abs. 1 Satz 1, § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG zu beteiligen, wenn der
Arbeitgeber einem Arbeitnehmer nach der vollständigen Stilllegung des Betriebs eine Tätigkeit in
einem anderen Betrieb des Unternehmens zuweist(dazu ausführlich BAG 8. Dezember 2009 -
1 ABR 41/09 - Rn. 17 ff.). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Die Zustimmung des
Betriebsrats zu der am 22. März 2005 von der Arbeitgeberin beantragten personellen Maßnahme
gilt daher nicht als erteilt. Die angefochtene Entscheidung war danach hinsichtlich des Antrags zu
1. aufzuheben und die erstinstanzliche Entscheidung insoweit wiederherzustellen (§ 562 Abs. 1,
§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht erkannt, dass der
Zustimmungsersetzungsantrag unbegründet ist.
10 II. Der auf die Feststellung der dringenden Erforderlichkeit der vorläufigen personellen Maßnahme
gerichtete Antrag zu 2. fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an. Seine Rechtshängigkeit ist
auflösend bedingt durch die rechtskräftige Entscheidung über den Zustimmungsersetzungsantrag.
Das Verfahren ist insoweit einzustellen.
Schmidt
Linck
Koch
Manfred Gentz
Hayen