Urteil des BAG vom 17.03.2010

Befristung - vorübergehender Bedarf - Daueraufgabe - Haushalt

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 17.3.2010, 7 AZR 640/08
Befristung - vorübergehender Bedarf - Daueraufgabe - Haushalt
Leitsätze
Ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags wegen eines nur vorübergehenden Bedarfs
an der Arbeitsleistung gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG liegt nicht vor, wenn dem Arbeitnehmer
Daueraufgaben übertragen werden, die von dem in der Dienststelle beschäftigten Stammpersonal wegen
einer von vornherein unzureichenden Personalausstattung nicht erledigt werden können.
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sächsischen
Landesarbeitsgerichts vom 24. Juni 2008 - 7 Sa 710/07 - aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das
Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am 30. September 2006
geendet hat.
2 Die Klägerin war vom 1. Juli 2001 bis zum 31. Dezember 2002 als Sachbearbeiterin bei der
Beklagten im Arbeitsamt D beschäftigt. Mit Arbeitsvertrag vom 12. August 2005 wurde sie für die
Zeit vom 15. August 2005 bis zum 31. Dezember 2005 nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG
befristet als Sachbearbeiterin in der Bearbeitungsstelle SGG der Beklagten in D eingestellt. Am
30. Dezember 2005 schlossen die Parteien eine Änderungsvereinbarung. Danach wurde die
Klägerin nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG befristet bis zum 30. September 2006
weiterbeschäftigt. In einem von der Klägerin und einem Vertreter der Beklagten unterzeichneten
Vermerk vom 30. Dezember 2005 heißt es ua.:
„…
Frau Z wurde für die Zeit vom 15.08.2005 bis zum 31.12.2005 neben sechs weiteren
zusätzlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen befristet eingestellt mit dem Ziel, die zum
Stand 31. Juli 2005 bestehenden Bearbeitungsrückstände (5.387 unerledigte Widersprüche
bzw. 14,6 Monate Bearbeitungsrückstand) in der Bearbeitungsstelle für Angelegenheiten
nach dem Sozialgerichtsgesetz auf die Hälfte zu reduzieren. Im Befristungszeitraum
konnten 4.857 Widersprüche (durchschnittlich 670 Widersprüche pro Sachbearbeiter/-in
zum Stand 30. November 2005) erledigt werden. Die ursprüngliche Zielstellung wurde
jedoch nicht erreicht. Zum Stand 30.11.2005 lag der Bearbeitungsrückstand in der
Bearbeitungsstelle für Angelegenheiten nach dem Sozialgerichtsgesetz bei 10,2 Monaten
(4.524 unerledigte Widersprüche). Geschäftspolitische Zielstellung ist es, die
Bearbeitungsrückstände in der Widerspruchsstelle bis 30.09.2006 deutlich unter drei Monate
zu reduzieren. Ausgehend von der erhobenen Zahl der Rückstände ist dieses Ziel mit der
vorhandenen Personalkapazität von 7,25 Sachbearbeiter/-innen nicht zu erreichen. Vielmehr
ergibt sich ein zusätzlicher vorübergehender Personalbedarf von 75,4 Monatskräften. Dafür
werden der Agentur für Arbeit D im Personalhaushalt zusätzliche Mittel bereitgestellt unter
der Voraussetzung, dass die Bearbeitungsrückstände bei Unterstellung gleichbleibender
Belastungsverhältnisse in der Widerspruchsstelle und unter der Prämisse, dass die
Zusatzkräfte durchschnittlich drei Widersprüche pro Tag bearbeiten, bis zum Ende der
Befristungsdauer nahezu aufgearbeitet sind.
…“
3 In dem vom Vorstand der Beklagten am 26. Oktober 2005 und vom Verwaltungsrat am
11. November 2005 aufgestellten Haushaltsplan für das Jahr 2006 sind in Kapitel 5/Titel 425 02
„Vergütungen der Kräfte mit befristetem Arbeitsvertrag“ Mittel in Höhe von 14,9 Mio. Euro
ausgewiesen. In der Anlage 2 zum Haushaltsplan ist unter der Überschrift „Ermächtigungen für
Kräfte mit befristetem Arbeitsvertrag und Arbeiter“ für die Dienststellen „RD, AA, bes. DSt.“ zu Titel
425 02 für das Jahr 2006 die Zahl 538 angegeben.
4 Mit der am 13. Oktober 2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich die Klägerin gegen
die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund der Befristung zum 30. September 2006
gewandt und ihre Weiterbeschäftigung für die Dauer des Rechtsstreits verlangt. Sie hat die
Auffassung vertreten, die Befristung sei nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG gerechtfertigt.
Der Bedarf an ihrer Arbeitsleistung habe nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft bestanden.
Das üblicherweise in der Bearbeitungsstelle anfallende Arbeitspensum könne mit den planmäßig
Beschäftigten nicht bewältigt werden. Deshalb seien immer wieder Arbeitnehmer befristet eingestellt
worden. Außerdem habe die Beklagte ihre Prognose zum Abbau der unbearbeiteten Widersprüche
fehlerhaft erstellt. Auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG könne sich die Beklagte zur Rechtfertigung
der Befristung nicht berufen. Die Voraussetzungen für eine Befristung nach dieser Vorschrift lägen
nicht vor.
5 Die Klägerin hat beantragt,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Befristung zum
30. September 2006 beendet wurde,
2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin über den Ablauf des 30. September 2006
hinaus zu ungeänderten Bedingungen als Sachbearbeiterin SGG entsprechend der
maßgeblichen Entwicklungsstufe der Tätigkeitsebene IV des Tarifvertrages-BA mit
einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden bis zum rechtskräftigen
Abschluss des Verfahrens weiter zu beschäftigen.
6 Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, die Befristung sei sowohl wegen eines nur
vorübergehenden Bedarfs an der Arbeitsleistung der Klägerin als auch aus haushaltsrechtlichen
Gründen gerechtfertigt.
7 Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das
Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der Revision begehrt die Klägerin die
Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung
der Revision.
Entscheidungsgründe
8 Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur
Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1
ZPO). Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage nicht abgewiesen
werden. Dem Senat ist eine abschließende Sachentscheidung darüber, ob die in der
Änderungsvereinbarung vom 30. Dezember 2005 vereinbarte Befristung zum 30. September 2006
wegen eines vorübergehenden Bedarfs an der Arbeitsleistung der Klägerin nach § 14 Abs. 1
Satz 2 Nr. 1 TzBfG gerechtfertigt ist, nicht möglich. Dazu bedarf es weiterer
Tatsachenfeststellungen seitens des Landesarbeitsgerichts. Die angefochtene Entscheidung
erweist sich nicht aus anderen Gründen als zutreffend. Der Weiterbeschäftigungsantrag ist dem
Senat nicht zur Entscheidung angefallen.
9 A. Der Senat vermag nicht abschließend zu entscheiden, ob die Befristungskontrollklage
begründet ist. Die bisherigen Feststellungen tragen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts,
die in der Änderungsvereinbarung vom 30. Dezember 2005 vereinbarte Befristung sei wegen
eines nur vorübergehenden Bedarfs an der Arbeitsleistung der Klägerin nach § 14 Abs. 1 Satz 2
Nr. 1 TzBfG gerechtfertigt, nicht. Die Befristung ist auch nicht aus haushaltsrechtlichen Gründen
nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG gerechtfertigt.
10 I. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrags zulässig, wenn sie durch
einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1
TzBfG vor, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht.
11 1. Der vorübergehende betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung kann auf unterschiedlichen
Sachverhalten beruhen. Er kann sich zB aus dem Umstand ergeben, dass für einen begrenzten
Zeitraum in dem Betrieb oder der Dienststelle zusätzliche Arbeiten anfallen, die mit dem
Stammpersonal allein nicht erledigt werden können, oder daraus, dass sich der
Arbeitskräftebedarf künftig verringern wird - etwa wegen der Inbetriebnahme einer neuen
technischen Anlage (vgl. hierzu BT-Drucks. 14/4374 S. 19). Der vorübergehende Bedarf an der
Arbeitsleistung kann auf einer zeitweise übernommenen Sonderaufgabe beruhen oder auf einer im
Bereich der Daueraufgaben des Arbeitgebers vorübergehend angestiegenen Arbeitsmenge, für
deren Erledigung das vorhandene Stammpersonal nicht ausreicht (BAG 20. Februar 2008 - 7 AZR
950/06 - Rn. 13, AP TzBfG § 14 Nr. 45). Die Befristung eines Arbeitsvertrags kann dagegen nicht
auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG gestützt werden, wenn der vom Arbeitgeber zur Begründung
angeführte Bedarf an der Arbeitsleistung tatsächlich nicht nur vorübergehend, sondern objektiv
dauerhaft besteht. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut der Vorschrift, sondern auch aus
den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999
und der inkorporierten EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge
vom 18. März 1999, deren Umsetzung die befristungsrechtlichen Vorschriften des TzBfG dienen.
§ 5 Nr. 1 Buchst. a der Rahmenvereinbarung steht der Anwendung einer Regelung nationalen
Rechts, die den Abschluss aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge zur Deckung eines
zeitweiligen Bedarfs gestattet, entgegen, wenn der Bedarf nicht nur zeitweilig, sondern ständig und
auf Dauer besteht (EuGH 23. April 2009 - C-378/07 bis C-380/07 - [Angelidaki] Rn. 103).
12 2. Eine Befristung wegen eines nur vorübergehenden betrieblichen Bedarfs an der Arbeitsleistung
setzt voraus, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten
ist, dass nach dem vorgesehenen Vertragsende für die Beschäftigung des befristet eingestellten
Arbeitnehmers in dem Betrieb kein dauerhafter Bedarf mehr besteht (st. Rspr., vgl. etwa BAG
20. Februar 2008 - 7 AZR 950/06 - Rn. 12 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 45). Hierüber hat der
Arbeitgeber bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags eine Prognose zu erstellen, der
konkrete Anhaltspunkte zugrunde liegen müssen. Die Prognose ist Teil des Sachgrunds für die
Befristung (BAG 3. November 1999 - 7 AZR 846/98 - zu 3 a der Gründe, AP BAT § 2 SR 2y Nr. 19
= EzA BGB § 620 Nr. 166).
13 Die tatsächlichen Grundlagen für die Prognose über den nur vorübergehend bestehenden
Arbeitskräftebedarf hat der Arbeitgeber im Prozess darzulegen (BAG 5. Juni 2002 - 7 AZR
241/01 - zu I 3 a der Gründe, BAGE 101, 262). Wird die Befristung auf einen zusätzlichen
Arbeitskräftebedarf im Bereich der Daueraufgaben gestützt, hat der Arbeitgeber darzutun,
aufgrund welcher Umstände bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags davon auszugehen
war, dass künftig nach Ablauf der mit dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer vereinbarten
Vertragslaufzeit das zu erwartende Arbeitspensum mit dem vorhandenen Stammpersonal würde
erledigt werden können.
14 Der Befristung eines Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG steht es nicht entgegen,
wenn der prognostizierte vorübergehende Bedarf an der Arbeitsleistung noch über das
Vertragsende des mit dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer abgeschlossenen Arbeitsvertrags
hinaus andauert. Die vom Arbeitgeber zu erstellende Prognose muss sich lediglich darauf
erstrecken, dass der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung des befristet beschäftigten
Arbeitnehmers nur zeitweise und nicht dauerhaft eröffnet ist (BAG 20. Februar 2008 - 7 AZR
950/06 - Rn. 16, AP TzBfG § 14 Nr. 45). Bei der Befristungskontrolle geht es nicht um die
Zulässigkeit der vereinbarten Vertragsdauer, sondern um das Vorliegen eines sachlichen Grundes
dafür, dass statt eines unbefristeten nur ein befristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde (BAG
20. Februar 2008 - 7 AZR 950/06 - Rn. 18, aaO). Die vereinbarte Vertragsdauer erlangt nur
Bedeutung im Rahmen der Prüfung, ob ein sachlicher Grund für die Befristung iSd. § 14 Abs. 1
TzBfG vorliegt. Die Vertragsdauer muss sich am Sachgrund der Befristung orientieren und so mit
ihm im Einklang stehen, dass sie den behaupteten Sachgrund nicht in Frage stellt. Aus der
Vertragslaufzeit darf sich nicht ergeben, dass der Sachgrund tatsächlich nicht besteht oder nur
vorgeschoben ist. Das bloße Zurückbleiben der vereinbarten Vertragsdauer hinter der bei
Vertragsschluss voraussehbaren Dauer des vorübergehenden Bedarfs ist daher nicht stets und
ohne weiteres geeignet, den Sachgrund für die Befristung in Frage zu stellen. Der Arbeitgeber
kann bei Befristungen, die auf die in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 3 und 7 TzBfG normierten
Sachgründe gestützt sind, frei darüber entscheiden, ob er den Zeitraum des von ihm
prognostizierten zusätzlichen Arbeitskräftebedarfs ganz oder nur teilweise durch den Abschluss
von befristeten Arbeitsverträgen abdeckt. Ein Zurückbleiben der Vertragslaufzeit hinter der
voraussichtlichen Dauer des Bedarfs kann das Vorliegen des Sachgrunds für die Befristung nur in
Frage stellen, wenn eine sinnvolle, dem Sachgrund entsprechende Mitarbeit des Arbeitnehmers
nicht mehr möglich erscheint (BAG 20. Februar 2008 - 7 AZR 950/06 - Rn. 19, aaO; 26. August
1988 - 7 AZR 101/88 - zu III der Gründe, BAGE 59, 265).
15 3. Die Wirksamkeit einer Befristung wegen eines vorübergehenden Bedarfs an der Arbeitsleistung
iSd. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG setzt des Weiteren voraus, dass der Arbeitnehmer gerade zur
Deckung dieses Mehrbedarfs eingestellt wird. Dies erfordert jedoch nicht, dass der befristete
beschäftigte Arbeitnehmer in dem Bereich eingesetzt wird, in dem der Mehrbedarf entstanden ist.
Es genügt vielmehr, wenn zwischen dem zeitweilig erhöhten Arbeitsanfall und der befristeten
Einstellung ein vom Arbeitgeber darzulegender ursächlicher Zusammenhang besteht. Der
Arbeitgeber ist nicht gehindert, die vorhandene Arbeitsmenge zu verteilen, seine
Arbeitsorganisation zu ändern oder die zusätzlichen Arbeiten anderen Arbeitnehmern zuzuweisen
(BAG 8. Juli 1998 - 7 AZR 388/97 - zu 2 a der Gründe mwN, RzK I 9 a Nr. 132). Er darf einen
zeitweiligen Mehrbedarf an Arbeitskräften nur nicht zum Anlass nehmen, beliebig viele
Arbeitnehmer einzustellen. Vielmehr muss sich die Zahl der befristet eingestellten Arbeitnehmer im
Rahmen des prognostizierten Mehrbedarfs halten und darf diesen nicht überschreiten (BAG
20. Februar 2008 - 7 AZR 950/06 - Rn. 20 mwN, AP TzBfG § 14 Nr. 45).
16 II. Diese Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht bei seiner Entscheidung nicht ausreichend
berücksichtigt. Es ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass ein zeitweilig erhöhtes
Arbeitsaufkommen im Bereich der dauerhaft zu bearbeitenden Widersprüche in der
Bearbeitungsstelle SGG in D grundsätzlich geeignet sein kann, einen vorübergehenden Bedarf an
der Arbeitsleistung iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG zu begründen. Der Befristung nach § 14
Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin nicht oder nicht
ausschließlich mit der Bearbeitung der rückständigen Widersprüche, sondern auch mit anderen in
der Bearbeitungsstelle anfallenden Aufgaben befasst war. Die vom Landesarbeitsgericht
getroffenen Feststellungen tragen jedoch nicht seine Würdigung, an der Beschäftigung der Klägerin
habe kein dauerhafter, sondern nur ein vorübergehender Bedarf bestanden.
17 1. Die Rügen, mit denen die Klägerin die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zur Prognose
hinsichtlich des Abbaus der rückständigen Widersprüche angreift, vermögen der Revision
allerdings nicht zum Erfolg verhelfen. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts konnte
die Beklagte bei Abschluss der Änderungsvereinbarung am 30. Dezember 2005 prognostizieren,
die in der Bearbeitungsstelle SGG in D unerledigt gebliebenen 4.524 Widersprüche innerhalb von
neun Monaten mit Hilfe von 75,4 bzw. - mit Personalreserve - 81 zusätzlichen Monatskräften so
weit abbauen zu können, dass sich die Bearbeitungsdauer von 10,2 Monaten auf unter drei
Monate verringerte. Diese Prognose wurde nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts
durch die tatsächliche Entwicklung bestätigt, da die Rückstände zum 30. September 2006 auf 910
Widersprüche und eine Bearbeitungszeit von 1,4 Monaten reduziert wurden. Es kann dahinstehen,
ob das Landesarbeitsgericht hierbei, wie die Klägerin rügt, deren Vorbringen unzureichend
berücksichtigt hat. Denn für die Wirksamkeit der Befristung kommt es nicht entscheidend darauf
an, ob im Dezember 2005 die Prognose gerechtfertigt war, dass die unbearbeiteten Widersprüche
bis zum 30. September 2006 insgesamt oder soweit abgebaut sein würden, dass sich die
Bearbeitungszeit auf weniger als drei Monate verringerte. Die mit der Klägerin vereinbarte
Vertragslaufzeit musste nicht mit der prognostizierten Dauer des vorübergehenden Mehrbedarfs
übereinstimmen. Die Vertragslaufzeit konnte auch kürzer bemessen sein. Deshalb sind die
verschiedenen von den Parteien angestellten und voneinander abweichenden Berechnungen zur
Anzahl der zum Abbau der rückständigen Widersprüche bis September 2006 erforderlichen
Arbeitnehmer nicht von maßgeblicher Bedeutung. Allenfalls wenn festgestellt werden könnte, dass
die Beklagte bereits bei Vertragsschluss mit der Klägerin die Absicht gehabt hätte, die
entstandenen Rückstände dazu zu nutzen, mehr Arbeitnehmer befristet einzustellen als zum
Abbau der Rückstände nach ihrer Berechnung benötigt wurden, könnte dies das Vorliegen des
Sachgrunds für die Befristung in Frage stellen. Hierzu hat jedoch weder das Landesarbeitsgericht
tatsächliche Feststellungen getroffen noch hat dies die Klägerin behauptet. Die Klägerin hat sich
lediglich darauf berufen, in der Zeit bis September 2006 seien tatsächlich mehr Arbeitnehmer
befristet beschäftigt worden (87,55 Monatskräfte) als nach der Darstellung der Beklagten zum
Abbau der Rückstände erforderlich gewesen wären (75,4 bzw. - mit Personalreserve -
81 Monatskräfte). Sie hat aber nicht geltend gemacht, dass dies bereits bei Abschluss der
Änderungsvereinbarung am 30. Dezember 2005 von der Beklagten beabsichtigt war.
18 2. Entgegen der Würdigung des Landesarbeitsgerichts rechtfertigt aber allein der prognostizierte
Abbau der rückständigen Widersprüche nicht die Annahme eines nur vorübergehenden Bedarfs an
der Arbeitsleistung der Klägerin. Davon konnte nur ausgegangen werden, wenn bei Abschluss der
Änderungsvereinbarung zu erwarten war, dass nach dem Vertragsende am 30. September 2006
künftig das regelmäßig anfallende Arbeitspensum in der Bearbeitungsstelle SGG mit dem
üblicherweise vorhandenen Stammpersonal würde bewältigt werden können. Auf der Grundlage
der bisherigen tatsächlichen Feststellungen kann dies nicht beurteilt werden. Das
Landesarbeitsgericht hat weder Feststellungen zu dem in der Bearbeitungsstelle SGG in D
regelmäßig anfallenden Arbeitsaufkommen getroffen noch dazu, ob das in dieser Dienststelle
vorhandene Stammpersonal zur Bewältigung dieses Arbeitsaufkommens üblicherweise in der
Lage ist. Es ist auch nicht festgestellt, in welchem Zeitraum und aufgrund welcher konkreten
Gegebenheiten die Bearbeitungsrückstände entstanden sind. Ohne Kenntnis dieser Umstände
lässt sich nicht beurteilen, ob die Bearbeitungsrückstände auf einem vorübergehend
angestiegenen Arbeitsaufkommen in der Bearbeitungsstelle SGG in D beruhen oder auf einer von
vornherein zu geringen Personalausstattung der Dienststelle. Zwar besteht auch bei einer
generellen personellen Unterbesetzung und dadurch verursachten Bearbeitungsrückständen ein
Bedarf an der Beschäftigung zusätzlicher Arbeitskräfte zum Abbau der unerledigt gebliebenen
Arbeiten. Hierbei handelt es sich jedoch um einen ständig auftretenden Bedarf an zusätzlichen
Arbeitskräften, da das regelmäßig anfallende Arbeitspensum mit dem vorhandenen
Stammpersonal dauerhaft nicht bewältigt werden kann und deshalb nach dem Ausscheiden der
zum Abbau von Rückständen befristet beschäftigten Arbeitnehmer jeweils neue
Bearbeitungsrückstände entstehen, zu deren Abbau erneut zusätzliche Arbeitskräfte benötigt
werden. In einem solchen Fall besteht ein Dauerbedarf an der Beschäftigung zusätzlicher
Arbeitnehmer, der die Befristung von Arbeitsverträgen nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG nicht
rechtfertigt. Das Landesarbeitsgericht wird daher bei der neuen Verhandlung Feststellungen zu
dem regelmäßig in der Bearbeitungsstelle SGG in D anfallenden Arbeitsaufkommen sowie dazu
zu treffen haben, ob diese Arbeitsmenge von dem in der Dienststelle beschäftigten
Stammpersonal üblicherweise bewältigt werden kann. Außerdem wird das Landesarbeitsgericht
festzustellen haben, wodurch die Rückstände entstanden sind und weshalb bei Abschluss der
Änderungsvereinbarung am 30. Dezember 2005 die Prognose gerechtfertigt war, dass nach dem
Ende der mit der Klägerin vereinbarten Vertragslaufzeit das Arbeitsaufkommen mit dem in der
Dienststelle beschäftigten Stammpersonal würde bewältigt werden können.
19 III. Die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht erübrigt sich nicht deshalb,
weil die angefochtene Entscheidung aus anderen Gründen zutreffend wäre. Die Befristung zum
30. September 2006 ist weder nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG wegen nur vorübergehend
verfügbarer Haushaltsmittel für die Beschäftigung der Klägerin noch nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7
TzBfG aus haushaltsrechtlichen Gründen gerechtfertigt.
20 1. Die Befristung ist nicht wegen nur vorübergehend zur Verfügung stehender Haushaltsmittel für
die Beschäftigung der Klägerin nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG gerechtfertigt.
21 a) Nach der bereits vor Inkrafttreten des TzBfG entwickelten Senatsrechtsprechung können im
Bereich des öffentlichen Dienstes haushaltsrechtliche Gründe die Befristung eines Arbeitsvertrags
wegen eines nur vorübergehenden betrieblichen Bedarfs an der Arbeitsleistung rechtfertigen, wenn
der öffentliche Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses aufgrund konkreter Tatsachen
die Prognose erstellen kann, dass für die Beschäftigung des Arbeitnehmers Haushaltsmittel nur
vorübergehend zur Verfügung stehen. Die Ungewissheit über die künftige haushaltsrechtliche
Entwicklung genügt hierfür nicht (24. Januar 2001 - 7 AZR 208/99 - zu B II 3 b aa der Gründe
mwN, EzA BGB § 620 Nr. 173; 27. Januar 1988 - 7 AZR 292/87 - zu I 3 b aa der Gründe, AP BGB
§ 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 116 = EzA BGB § 620 Nr. 97). Es ist aber grundsätzlich
ausreichend für die Prognose des öffentlichen Arbeitgebers zu einem nur vorübergehenden Bedarf
an der Arbeitsleistung, wenn der befristet eingestellte Arbeitnehmer aus einer konkreten
Haushaltsstelle vergütet wird, die von vornherein nur für eine bestimmte Zeitdauer bewilligt worden
ist und anschließend fortfallen soll (BAG 7. Juli 1999 - 7 AZR 609/97 - zu II 1 der Gründe,
BAGE 92, 121). In einem derartigen Fall kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass sich
der Haushaltsgesetzgeber mit den Verhältnissen dieser Stelle befasst und festgestellt hat, dass für
die Beschäftigung eines Arbeitnehmers auf dieser Stelle nur ein vorübergehender Bedarf besteht
(BAG 22. März 2000 - 7 AZR 758/98 - zu II 3 b der Gründe mwN, BAGE 94, 130). Diese
Rechtsprechung beruht auf Parallelwertungen zur privatwirtschaftlichen Unternehmerentscheidung
darüber, welche Arbeitsleistungen in welchem Zeitraum und in welchem Umfang durch die
Beschäftigung von Arbeitnehmern erbracht werden sollen. Diese Entscheidung bestimmt sowohl
beim privatwirtschaftlichen Unternehmen als auch bei der öffentlichen Hand den Bedarf an
Arbeitskräften. Während eine solche Entscheidung in privatwirtschaftlichen Unternehmen in der
Regel unmittelbar aufgrund der Feststellung eines unternehmerischen Bedürfnisses an der
Verrichtung bestimmter Arbeiten getroffen wird, vollzieht sie sich bei der öffentlichen Hand wegen
der Bindung an das Haushaltsrecht im Wege der Bereitstellung der zur Durchführung der
Aufgaben erforderlichen Haushaltsmittel (BAG 16. Januar 1987 - 7 AZR 487/85 - zu II 2 a der
Gründe mwN, BAGE 55, 1).
22 An diesen Grundsätzen hat der Senat auch nach Inkrafttreten des TzBfG zu dem in § 14 Abs. 1
Satz 2 Nr. 1 TzBfG geregelten Sachgrund festgehalten (2. September 2009 - 7 AZR 162/08 -
Rn. 19 u. 20, NZA 2009, 1257; 16. Oktober 2008 - 7 AZR 360/07 - Rn. 19, AP TzBfG § 14 Nr. 56 =
EzA TzBfG § 14 Nr. 53). Dabei handelt es sich nicht, wie die Beklagte meint, um einen sonstigen,
in der Aufzählung in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 8 TzBfG nicht genannten Sachgrund. Vielmehr ist
der Tatbestand dem in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG geregelten Sachgrund zuzuordnen.
23 b) Diese Voraussetzungen erfüllt die in der Änderungsvereinbarung vom 30. Dezember 2005
vereinbarte Befristung nicht. Die Klägerin wurde nicht aus einer konkreten Haushaltsstelle
vergütet, die von vornherein nur für eine bestimmte Zeitdauer bewilligt worden war und
anschließend wegfallen sollte. Die Klägerin erhielt vielmehr nach der Darstellung der Beklagten
lediglich Vergütung aus Mitteln, die für die befristete Beschäftigung bestimmt waren.
24 2. Die Befristung ist nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG gerechtfertigt. Die in der
Änderungsvereinbarung vom 30. Dezember 2005 vereinbarte Befristung erfüllt die
Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG nicht. Daher kommt es nicht darauf an, ob
unter den Begriff „Haushaltsmittel“ in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG nur in einem
Haushaltsgesetz ausgewiesene Haushaltsmittel fallen (zuletzt offengelassen in BAG
2. September 2009 - 7 AZR 162/08 - Rn. 12, NZA 2009, 1257).
25 a) Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines
Arbeitsvertrags vor, wenn der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die
haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend
beschäftigt wird. Der Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG erfordert nach der
Rechtsprechung des Senats - wie bereits die wortgleiche Vorschrift des § 57b Abs. 2 Nr. 2 HRG in
der bis zum 30. Dezember 2004 geltenden Fassung - die Vergütung des Arbeitnehmers aus
Haushaltsmitteln, die mit einer konkreten Sachregelung auf der Grundlage einer nachvollziehbaren
Zwecksetzung versehen sind. Die für die Vergütung des befristet eingestellten Arbeitnehmers
verfügbaren Haushaltsmittel müssen für eine Aufgabe von nur vorübergehender Dauer
vorgesehen sein (29. Juli 2009 - 7 AZR 907/07 - Rn. 37; 18. Oktober 2006 - 7 AZR 419/05 -
Rn. 11, BAGE 120, 42). Dabei müssen die Rechtsvorschriften, mit denen die Haushaltsmittel
ausgebracht werden, selbst die inhaltlichen Anforderungen für die im Rahmen der befristeten
Arbeitsverträge auszuübenden Tätigkeiten oder die Bedingungen, unter denen sie auszuführen
sind, enthalten (29. Juli 2009 - 7 AZR 907/07 - aaO; 18. Oktober 2006 - 7 AZR 419/05 - Rn. 22,
aaO). Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 TzBfG liegen nicht vor, wenn
Haushaltsmittel lediglich allgemein für die Beschäftigung von Arbeitnehmern im Rahmen von
befristeten Arbeitsverhältnissen bereitgestellt werden (vgl. dazu ausführlich BAG 18. Oktober 2006
- 7 AZR 419/05 - Rn. 11 ff., aaO).
26 b) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Haushaltsplan der Beklagten für das Jahr 2006
weist für die Dienststellen „RD, AA, bes. DSt“ lediglich 538 Stellen für „Kräfte mit befristetem
Arbeitsvertrag und Arbeiter“ aus. Es fehlt die erforderliche konkrete Zweckbestimmung für die
Beschäftigung mit einer Aufgabe von vorübergehender Dauer.
27 B. Der auf vorläufige Weiterbeschäftigung für die Dauer des Rechtsstreits gerichtete Klageantrag
zu 2) ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen. Der Antrag steht unter der
innerprozessualen Bedingung des Obsiegens mit dem Klageantrag zu 1). Demzufolge hat das
Landesarbeitsgericht - aus seiner Sicht konsequent - über den Weiterbeschäftigungsantrag nicht
entschieden, da es die Befristungskontrollklage abgewiesen hat. Durch die Aufhebung dieser
Entscheidung wird der Rechtsstreit in die Lage zurückversetzt, in der er sich nach dem
erstinstanzlichen Obsiegen der Klägerin befand.
Linsenmaier
Gräfl
Kiel
Kley
Busch