Urteil des BAG vom 26.01.2017

Höhe der persönlichen Zulage gemäß § 23 Abs. 5 TV-N Hessen bei Rückkehr zur Vollzeitbeschäftigung nach einer zum Zeitpunkt der Überleitung geltenden befristeten Arbeitszeitreduzierung

Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 26. Januar 2017
Sechster Senat
- 6 AZR 450/15 -
ECLI:DE:BAG:2017:260117.U.6AZR450.15.0
I. Arbeitsgericht Wiesbaden
Urteil vom 12. Februar 2014
- 3 Ca 1593/13 -
II. Hessisches Landesarbeitsgericht
Urteil vom 17. Juli 2015
- 14 Sa 769/14 -
Entscheidungsstichwort:
Höhe der persönlichen Zulage gemäß § 23 Abs. 5 TV-N Hessen bei
Rückkehr zur Vollzeitbeschäftigung nach einer zum Zeitpunkt der Überlei-
tung geltenden befristeten Arbeitszeitreduzierung
ECLI:DE:BAG:2017:260117.U.6AZR450.15.0
- 2 -
BUNDESARBEITSGERICHT
6 AZR 450/15
14 Sa 769/14
Hessisches
Landesarbeitsgericht
Im Namen des Volkes!
Verkündet am
26. Januar 2017
URTEIL
Gaßmann, Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
In Sachen
Kläger, Berufungskläger und Revisionskläger,
pp.
Beklagte, Berufungsbeklagte und Revisionsbeklagte,
hat der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen
Verhandlung vom 26. Januar 2017 durch den Vorsitzenden Richter am
Bundesarbeitsgericht Dr. Fischermeier, die Richterin am Bundesarbeitsgericht
Spelge, den Richter am Bundesarbeitsgericht Krumbiegel sowie die ehrenamt-
lichen Richter Dr. Augat und Jostes für Recht erkannt:
- 2 -
6 AZR 450/15
ECLI:DE:BAG:2017:260117.U.6AZR450.15.0
- 3 -
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des
Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 17. Juli 2015
- 14 Sa 769/14 - aufgehoben.
2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des
Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 12. Februar 2014
- 3 Ca 1593/13 - abgeändert und wie folgt gefasst:
Die
Beklagte
wird
verurteilt,
an
den
Kläger
3.581,52 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozent-
punkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. Juni 2013
zu zahlen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tra-
gen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe einer tariflichen Einkommenssiche-
rungszulage.
Der Kläger ist seit dem 1. April 1988 bei der Beklagten als Busfahrer
beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis richtete sich zunächst nach dem Bundesman-
teltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G) in
Verbindung mit dem hessischen Lohntarifvertrag. Seit dem 1. Juli 2010 gilt der
Tarifvertrag Nahverkehrsbetriebe vom 30. Juni 2010 (TV-N Hessen). Die Über-
leitung in das neue Tarifsystem erfolgte gemäß § 23 TV-N Hessen. Dieser lau-
tet auszugsweise wie folgt:
§ 23
Überleitungsregelungen
Für die Arbeitnehmer, die am 30. Juni 2010 in einem Ar-
beitsverhältnis stehen, das am 1. Juli 2010 zu demselben
Arbeitgeber fortbesteht, gilt Folgendes:
(1) Die Arbeitnehmer werden am 1. Juli 2010 in diesen
Tarifvertrag übergeleitet.
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(4) Durch die Überleitung entstehende finanzielle Nach-
teile werden nach Maßgabe der folgenden Absätze
ausgeglichen.
(5) Auf der Basis der im Juni 2010 tatsächlich erhaltenen
Bezüge ist ein Vergleichsentgelt zu ermitteln. [Unter-
abs. 1]
Bei Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis sich nach
dem BAT richtet, sind die Grundvergütung, die all-
gemeine Zulage und der Ortszuschlag der Stufe 1
bzw. das HGTAV-Monatsgehalt und eine eventuelle
Gehaltsgruppenzulage, bei Arbeitnehmern, deren
Arbeitsverhältnis sich nach dem BMT-G richtet, der
Monatstabellenlohn zugrunde zu legen. [Unterabs. 2]
Die Arbeitnehmer, bei denen das für den Monat Juli
2010 zustehende
Tabellenentgelt … das Vergleichs-
entgelt nach den Unterabsätzen 1 und 2 unterschrei-
tet, erhalten neben ihrem Entgelt eine persönliche
Zulage in Höhe des Differenzbetrages. [Unterabs. 3]
Bei Arbeitnehmern, die am 30. Juni 2010 in einer
Vergütungs-, Gehalts- bzw. Lohngruppe eingruppiert
sind, aus der ein Bewährungs-, Zeit- oder Tätigkeits-
aufstieg stattfindet, und denen - im Falle der Anwen-
dung des HGTAV - eine Gehaltsgruppenzulage ge-
währt wird, erhöht sich die persönliche Zulage - wenn
keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie die
Voraussetzungen für den Aufstieg nicht erfüllt hät-
ten -
um einen zusätzlichen Betrag. … [Unterabs. 4]
Steht im Juni 2010 und/oder im Monat Juli 2010 kein
Entgelt zu (z.B. wegen der Gewährung einer Rente
auf Zeit, wegen Elternzeit, unbezahltem Urlaub,
Grundwehrdienst, Zivildienst, wegen Ablaufs der
Krankenbezugsfristen), ist für die Berechnung der
persönlichen Zulage das Entgelt zugrunde zu legen,
das ohne die zu dessen Wegfall führenden Tatbe-
stände zugestanden hätte. [Unterabs. 7]
Wird mit einem Arbeitnehmer nach dem 1. Juli 2010
eine geringere individuelle wöchentliche Arbeitszeit
als die Arbeitszeit vereinbart, die der Arbeitnehmer
vor dem 1. Juli 2010 zu leisten hatte, ist die persönli-
che Zulage in demselben Verhältnis zu kürzen, wie
die Arbeitszeit herabgesetzt worden ist. [Unterabs. 8]
…“
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Der Kläger war ursprünglich in Vollzeit beschäftigt. Vom 1. September
2006 bis zum 23. Februar 2008 befand er sich in Elternzeit. Für die Folgezeit
vereinbarten die Parteien zunächst bis zum 31. Dezember 2008 eine Reduzie-
rung seiner wöchentlichen Arbeitszeit. Ab dem 1. Juli 2008 belief sich sein Ar-
beitszeitvolumen auf 19,5 Stunden. Die Parteien vereinbarten die Aufrechterhal-
tung dieser Teilzeitbeschäftigung zunächst befristet bis zum 31. Dezember
2009 und mit Änderungsvertrag vom 24. November 2009 weiterhin für die Zeit
vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2010. Dementsprechend war der
Kläger zum Zeitpunkt der Überleitung in den TV-N Hessen am 1. Juli 2010 be-
fristet bis zum Ende dieses Jahres mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von
19,5 Stunden beschäftigt. Seine Einkommenssicherungszulage berechnete sich
gemäß § 23 Abs. 5 Unterabs. 3 TV-N Hessen bezogen auf das Entgelt für diese
Teilzeitbeschäftigung. Unter dem 15. November 2010 vereinbarten die Parteien
befristet für das Jahr 2011 die Fortsetzung der Teilzeitbeschäftigung in unver-
ändertem Umfang. Seit dem 1. Januar 2012 ist der Kläger mit einer Wochen-
leistung von 39 Stunden wieder in Vollzeit tätig. Er erhält dementsprechend das
volle Tabellenentgelt. Die Beklagte leistet die persönliche Zulage jedoch weiter-
hin bezogen auf eine Teilzeitbeschäftigung von 19,5 Wochenstunden.
Nachdem die Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom
30. Juli 2012 erfolglos die Zahlung der persönlichen Zulage entsprechend der
seit dem 1. Januar 2012 ausgeübten Vollzeittätigkeit und die Begleichung der
sich hieraus ergebenden Differenzbeträge gefordert hatten, hat der Kläger mit
seiner am 13. Juni 2013 zugestellten Klage bezogen auf den Zeitraum vom
1. Januar 2012 bis zum 31. Mai 2013 die Zahlung eines zu verzinsenden Diffe-
renzbetrags iHv. insgesamt 3.581,52 Euro brutto verlangt. Diese Summe ergibt
sich aus einer Verdopplung der gezahlten persönlichen Zulage entsprechend
der Erhöhung der Arbeitsleistung von 19,5 auf 39 Wochenstunden seit dem
1. Januar 2012 und der daraus folgenden Entgeltsteigerung. Zwischen den Par-
teien ist unstreitig, dass ab Januar 2012 eine Zulage von 205,71 Euro, ab März
2012 von 210,75 Euro und ab Januar 2013 von 212,52 Euro gezahlt wurde.
Dies entspricht der Erhöhung der persönlichen Zulage bei allgemeinen linearen
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Entgelterhöhungen nach § 23 Abs. 5 Unterabs. 9 und Unterabs. 10 TV-N Hes-
sen.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die tarifliche Einkommenssi-
cherungszulage sei bei einer zum Zeitpunkt der Überleitung befristet ausgeüb-
ten Teilzeitbeschäftigung nur bis zum Ende der Befristungsdauer auf der
Grundlage des Teilzeitentgelts zu bemessen. Mit Rückkehr zur Vollzeitbeschäf-
tigung sei das hierfür bezogene Entgelt maßgeblich. Dies komme in § 23 Abs. 5
Unterabs. 7 TV-N Hessen zum Ausdruck, auch wenn diese Vorschrift ihrem
Wortlaut nach nur gelte, wenn einem Arbeitnehmer im Juni 2010 und/oder im
Juli 2010 kein Entgelt zustehe. Die Regelung beziehe sich auf Fälle einer vo-
rübergehenden Änderung des Arbeitsvertragsinhalts (zB wegen Elternzeit) und
müsse auch dann zur Anwendung kommen, wenn eine befristete Änderung des
Arbeitsvertrags nicht zu einem vollständigen Wegfall des Entgeltanspruchs,
sondern nur zu dessen Verringerung führe. Dies entspreche ihrem Sinn und
Zweck, wonach eine zum Zeitpunkt der Überleitung nur vorübergehende Ände-
rung des Entgelts unbeachtlich sein soll, wenn nach der Überleitung wieder der
Arbeitsvertragsinhalt maßgeblich ist, welcher vor der befristeten Änderung die
Vergütungshöhe bestimmt hat.
Anderenfalls käme es zu einer ungerechtfertigten Schlechterstellung
von Beschäftigten, welche am Überleitungsstichtag während der Elternzeit in
Teilzeit arbeiteten. Nach § 23 Abs. 5 Unterabs. 7 TV-N Hessen würden Be-
schäftigte in Elternzeit ohne Verrichtung einer Teilzeittätigkeit nach dem Ende
der Elternzeit in Bezug auf die Einkommenssicherung so gestellt, als hätten sie
im Juni/Juli 2010 wie vor Beginn der Elternzeit gearbeitet. Demgegenüber er-
hielten Beschäftigte in Elternzeit mit Teilzeittätigkeit die persönliche Zulage
nach Beendigung der Elternzeit bei einer Rückkehr zur Vollzeitbeschäftigung
weiterhin nur auf Basis des Teilzeitentgelts. In beiden Konstellationen handle es
sich aber um eine bezogen auf den Überleitungsstichtag nur vorübergehende
Änderung des Vertragsinhalts. § 23 Abs. 5 Unterabs. 7 TV-N Hessen sei daher
verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass er auch auf Beschäftigte
anzuwenden sei, die während der Elternzeit eine Teilzeittätigkeit ausübten.
Gleiches müsse gelten, wenn Arbeitnehmer außerhalb einer Elternzeit zum
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Zeitpunkt der Überleitung befristet in Teilzeit tätig waren. Dies sei häufig im An-
schluss an die Elternzeit der Fall, um die Betreuung des Kindes sicherstellen zu
können.
Der Kläger hat daher beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.581,52 Euro
brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass
nach den tariflichen Vorgaben nur das zum Zeitpunkt der Überleitung für eine
Arbeitsleistung von 19,5 Wochenstunden bezogene Entgelt für die Bemessung
der persönlichen Zulage des Klägers maßgeblich sei. Dies ergebe sich aus § 23
Abs. 5 Unterabs. 3 TV-N Hessen. Eine Sonderregelung für Beschäftigte, die am
Überleitungsstichtag befristet eine Teilzeitbeschäftigung ausübten, sehe § 23
Abs. 5 TV-N Hessen nicht vor, obwohl den Tarifvertragsparteien diese Fallge-
staltung bekannt gewesen sei. Sie seien berechtigt gewesen, auch für diese
Beschäftigtengruppe eine Entgeltsicherung nach § 23 Abs. 5 Unterabs. 1 bis 3
TV-N Hessen bezogen auf das am Überleitungsstichtag zustehende Einkom-
men vorzunehmen. Mit ihrer am Zeitpunkt des Inkrafttretens des TV-N Hessen
orientierten Ausgestaltung der Besitzstandsregelung hätten die Tarifvertrags-
parteien ihren im Rahmen der Tarifautonomie bestehenden Gestaltungsspiel-
raum nicht überschritten. Die persönliche Zulage solle keinen über den indivi-
duellen Entgeltstatus am Überleitungsstichtag hinausgehenden Besitzstand
sichern. Spätere Arbeitszeiterhöhungen mit entsprechenden Entgeltsteigerun-
gen seien demnach unbeachtlich.
Gegenteiliges lasse sich auch § 23 Abs. 5 Unterabs. 7 TV-N Hessen
nicht entnehmen. Die Vorschrift beziehe sich nach ihrem eindeutigen Wortlaut
nur auf Fälle, in denen im Juni 2010 und/oder Juli 2010 kein Entgeltanspruch
bestanden habe. § 23 Abs. 5 Unterabs. 7 TV-N Hessen trage dem Umstand
Rechnung, dass bei ruhenden Arbeitsverhältnissen nicht auf eine tatsächliche
Entgeltzahlung abgestellt werden könne. Die unterschiedliche Behandlung von
Beschäftigten mit Teilzeittätigkeit am Überleitungsstichtag und Arbeitnehmern,
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deren Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt ruhte, sei gerechtfertigt. Es handle
sich um unterschiedliche Sachverhalte. Dabei sei ohne Belang, ob die Teilzeit-
tätigkeit nach einer Elternzeit zur Kinderbetreuung oder aus anderen Gründen
vereinbart wurde. Auf eine Ungleichbehandlung von Beschäftigten in Elternzeit
mit oder ohne Teilzeittätigkeit könne sich der Kläger nicht berufen, da er sich
zum Überleitungszeitpunkt nicht mehr in Elternzeit befunden habe.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht
hat die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Re-
vision zugelassen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel unver-
ändert fort.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision ist begründet. Der Kläger hat gemäß § 612
Abs. 2 BGB ab dem 1. Januar 2012 einen Anspruch auf Bemessung der streit-
gegenständlichen Einkommenssicherungszulage auf Grundlage seines Vollzeit-
entgelts und folglich auf Erfüllung der Klageforderung in unstreitiger Höhe. § 23
Abs. 5 TV-N Hessen sieht zwar eine Einkommenssicherung nur bezogen auf
das Tabellenentgelt für die Teilzeittätigkeit des Klägers im Juni 2010 vor. Dies
verstößt jedoch gegen das Verbot der Benachteiligung wegen Teilzeitarbeit
gemäß § 4 Abs. 1 TzBfG, da sich der Kläger bei der Überleitung am 1. Juli 2010
in einer zeitlich befristeten Teilzeitbeschäftigung befand. Die strikt an den Ein-
kommensverhältnissen am Überleitungsstichtag orientierte Bemessung der
Einkommenssicherungszulage benachteiligt den Kläger bei Rückkehr zur Voll-
zeittätigkeit im Verhältnis zu Vollzeitbeschäftigten ohne befristete Teilzeittätig-
keit am Überleitungsstichtag. Dies ist nur auf die befristete Teilzeitbeschäfti-
gung des Klägers zurückzuführen und nicht zu rechtfertigen.
I.
Die Revision ist entgegen der Auffassung der Beklagten zulässig. Sie
ist hinreichend begründet.
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1.
Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision müssen gemäß
iVm.die Revisionsgründe ange-
geben werden. Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeich-
nen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt
. Die Revisionsbegründung muss die Rechtsfehler des Landes-
arbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsan-
griffs erkennbar sind. Daher muss die Revisionsbegründung eine Auseinander-
setzung mit den tragenden Gründen des angefochtenen Urteils enthalten
.
2.
Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Revision. Sie rügt in aus-
reichender Weise eine fehlerhafte Auslegung von § 23 Abs. 5 Unterabs. 7 TV-N
Hessen.
a)
Das Landesarbeitsgericht hat diese Sonderregelung für hier nicht an-
wendbar gehalten, weil sie Konstellationen betreffe, bei denen es zum Überlei-
tungszeitpunkt kein Einkommen als Anknüpfungspunkt für die Berechnung der
persönlichen Zulage gebe. Bei Verrichtung einer Teilzeittätigkeit zum Überlei-
tungsstichtag könne demgegenüber auf das zum fraglichen Zeitpunkt erzielte
Einkommen abgestellt werden. Dies gelte auch für den Kläger. Da sich dieser
am Überleitungsstichtag nicht mehr in Elternzeit befunden habe, könne offen-
bleiben, ob § 23 Abs. 5 Unterabs. 7 TV-N Hessen zu einer ungerechtfertigten
Ungleichbehandlung von Beschäftigten in Elternzeit mit oder ohne Teilzeittätig-
keit führe.
b)
Die Revision setzt sich mit dem Tarifverständnis des Landesarbeitsge-
richts auseinander. Dieses führe zu einer unterschiedlichen Bemessung der
Einkommenssicherung bei Beschäftigten in Elternzeit ohne Teilzeittätigkeit am
Überleitungsstichtag im Vergleich zu Beschäftigten in Elternzeit mit Teilzeittä-
tigkeit. Letztere würden bei Rückkehr zur Vollzeit ungerechtfertigt schlechter-
gestellt, da sie die persönliche Zulage weiterhin nur auf Basis des Teilzeitent-
gelts erhielten. Damit greift die Revision die Rechtsauffassung des Landesar-
beitsgerichts, wonach bei Teilzeittätigkeit stets die Einkünfte am Überleitungs-
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stichtag maßgeblich seien, gleichsam am Beispiel von Teilzeittätigkeit während
der Elternzeit an. Letztlich rügt die Revision, das Landesarbeitsgericht habe
nicht berücksichtigt, welche Nachteile nur vorübergehend in Teilzeit Beschäftig-
te hinnehmen müssten, wenn ihr Teilzeitentgelt trotz - am Überleitungsstichtag
bereits absehbarer - Rückkehr zur Vollzeit die Grundlage für die Höhe der per-
sönlichen Zulage bliebe. Dies gelte auch bei der typischen Konstellation einer
befristeten Teilzeittätigkeit nach einer Elternzeit zur Betreuung des Kindes, wel-
che das Landesarbeitsgericht nicht gewürdigt habe.
II.
Die Revision ist begründet.
1.
Dies folgt jedoch nicht aus § 23 Abs. 5 TV-N Hessen. Die tariflichen
Regelungen sehen den geltend gemachten Anspruch nicht vor.
a)
§ 23 Abs. 5 Unterabs. 3 TV-N Hessen gewährt den von der Überleitung
in den TV-N Hessen betroffenen Arbeitnehmern grundsätzlich unbefristet die
Differenz zwischen dem Vergleichsentgelt und der Vergütung nach dem TV-N
Hessen als persönliche Zulage und sichert damit bezogen auf die Bezüge
des Monats Juni 2010 das erreichte Einkommensniveau
. Der Kläger hat demgemäß seit seiner Überleitung
eine persönliche Zulage erhalten, welche sich nach dem Entgelt für seine Teil-
zeittätigkeit am Überleitungsstichtag bemisst.
b)
§ 23 Abs. 5 TV-N Hessen sieht keine Erhöhung der persönlichen Zula-
ge bei Erhöhung der Arbeitszeit nach der Überleitung vor. Mit der persönlichen
Zulage sollen nur die Einkünfte am Überleitungsstichtag gesichert werden.
Folglich bewirkt die Erhöhung der Arbeitszeit eines vor der Überleitung in Teil-
zeit beschäftigten Arbeitnehmers nach dem 1. Juli 2010 keine Steigerung der
persönlichen Zulage
. § 23 Abs. 5 Unterabs. 7 TV-N
Hessen kann entgegen der Auffassung der Revision nicht dahingehend ausge-
legt werden, dass er Fälle der Rückkehr zur Vollzeitbeschäftigung nach einer
zum Zeitpunkt der Überleitung befristet ausgeübten Teilzeitbeschäftigung er-
fasst.
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aa)
Der Wortlaut von § 23 Abs. 5 Unterabs. 7 TV-N Hessen ist eindeutig.
Demnach findet die Regelung nur Anwendung, wenn dem Arbeitnehmer im
Monat Juni 2010 und/oder im Monat Juli 2010 kein Entgelt zusteht.
bb)
Dies entspricht dem Regelungszweck der Vorschrift. Sie bezieht sich
auf alle Fälle, in denen Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Überleitung von ihrer
Arbeitspflicht befreit sind und entsprechend dem Grundsatz „Ohne Arbeit kein
Lohn“ keine Vergütungspflicht der Beklagten besteht. Der in § 23 Abs. 5 Unter-
abs. 7 TV-N Hessen enthaltene Klammerzusatz enthält eine nicht abschließen-
de („z.B.“) Aufzählung solcher Konstellationen. Die Tarifvertragsparteien haben
bestimmt, dass in diesen Fällen für die Berechnung der persönlichen Zulage
das Entgelt zugrunde zu legen ist, das dem betroffenen Arbeitnehmer ohne die
zu dessen Wegfall führenden Tatbestände zugestanden hätte. Es ist folglich ein
fiktives Entgelt zu bestimmen. Diese Abweichung von § 23 Abs. 5 Unterabs. 3
TV-N Hessen ist sachlich gerechtfertigt, da anderenfalls mangels Entgeltbezugs
kein Vergleichsentgelt ermittelt werden könnte. Bei einer Entgeltleistung für
Teilzeittätigkeit ist demgegenüber eine Berechnungsgrundlage gegeben.
cc)
§ 23 Abs. 5 Unterabs. 7 TV-N Hessen kann nicht ergänzend dahinge-
hend ausgelegt werden, dass er in Abweichung von § 23 Abs. 5 Unterabs. 3
TV-N Hessen eine Erhöhung der persönlichen Zulage bei Rückkehr zur Voll-
zeitbeschäftigung nach einer bei der Überleitung befristeten Teilzeittätigkeit an-
ordnet.
(1)
Tarifvertragliche Regelungen sind einer ergänzenden Auslegung
grundsätzlich nur dann zugänglich, wenn damit kein Eingriff in die du
geschützte Tarifautonomie verbunden ist. Eine ergänzende Ausle-
gung eines Tarifvertrags scheidet daher aus, wenn die Tarifvertragsparteien
eine regelungsbedürftige Frage bewusst ungeregelt lassen und diese Entschei-
dung höherrangigem Recht nicht widerspricht. Voraussetzung für eine ergän-
zende Auslegung ist, dass entweder eine unbewusste Regelungslücke vorliegt
oder eine Regelung nachträglich lückenhaft geworden ist
. Eine solche Tariflücke darf jedoch nicht durch
ergänzende Tarifauslegung geschlossen werden, wenn den Tarifvertragspartei-
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en ein Spielraum in der Frage bleibt, wie die Lücke zu schließen ist, und es
ihnen wegen der verfassungsrechtlich geschützten Tarifautonomie überlassen
ist, die von ihnen für angemessen gehaltene Regelung selbst zu finden
. Für die Be-
antwortung der Frage, ob es sich um eine bewusste oder unbewusste Tariflü-
cke handelt, ist auf den Willen der Tarifvertragsparteien abzustellen
.
(2)
Vorliegend ist keine unbewusste oder nachträglich entstandene Tariflü-
cke zu erkennen. Die Tarifvertragsparteien haben mit § 23 Abs. 5 TV-N Hessen
eine aus ihrer Sicht vollständige Regelung der Einkommenssicherung vorge-
nommen. Diese ist konsequent auf die Sicherung der Einkünfte am Überlei-
tungsstichtag ausgerichtet. So hat ein zum Zeitpunkt der Überleitung in Vollzeit
Beschäftigter bei einer späteren befristeten Herabsetzung seiner Arbeitszeit nur
für deren Dauer nach § 23 Abs. 5 Unterabs. 8 TV-N Hessen eine entsprechen-
de Kürzung der persönlichen Zulage hinzunehmen. Mit der Rückkehr zur Voll-
zeittätigkeit entfällt die Kürzung. Damit wird der Zweck der persönlichen Zulage
erreicht. Der nun wieder in Vollzeit Beschäftigte befindet sich in derselben Situ-
ation wie am Überleitungsstichtag
. § 23 Abs. 5 Unterabs. 7 TV-N Hessen stellt in diesem geschlossenen
System nur eine Spezialregelung für den Fall fehlender Entgeltansprüche im
Juni 2010 und/oder Juli 2010 dar.
2.
Der Kläger kann aber gemäß § 612 Abs. 2 BGB seit dem 1. Januar
2012 die Zahlung einer persönlichen Zulage verlangen, welche sich auf Grund-
lage des Entgelts für die seitdem verrichtete Vollzeittätigkeit berechnet. Die
Bemessung anhand des bis zum 30. Dezember 2011 bezogenen Teilzeitent-
gelts verstößt gegen das Verbot der Diskriminierung teilzeitbeschäftigter Arbeit-
nehmer nach § 4 Abs. 1 TzBfG. Dies hat das Landesarbeitsgericht nicht er-
kannt.
a)
enthalten ein einheitliches Verbot
der sachlich nicht gerechtfertigten Benachteiligung wegen der Teilzeitarbeit
. Nach
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darf ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer wegen der Teilzeitarbeit nicht
schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeit-
nehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung
rechtfertigen. Demgemäß ist nach einem teilzeitbe-
schäftigten Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt mindestens in dem Umfang zu ge-
währen, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichba-
ren Vollzeitbeschäftigten entspricht. Das Benachteiligungsverbot de
gilt auch für tarifvertragliche Regelungen. Es steht gemä
nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien
. So können Tarifvertragsparteien im Rahmen
der von geschützten Tarifautonomie zwar grundsätzlich zur
Umstellung von Vergütungssystemen und damit verbundenen Besitzstandssi-
cherungen Stichtagsregelungen vornehmen
. Diese dür-
fen aber zu keiner ungerechtfertigten Schlechterstellung von Teilzeitbeschäftig-
ten führen.
b)
§ 23 Abs. 5 TV-N Hessen bewirkt eine Schlechterstellung von Arbeit-
nehmern, die am Überleitungsstichtag befristet in Teilzeit arbeiteten und danach
ihre Vollzeittätigkeit wieder aufnehmen.
aa)
Eine Ungleichbehandlung wegen Teilzeitarbeit liegt vor, wenn die Dau-
er der Arbeitszeit das Kriterium darstellt, an das die Differenzierung hinsichtlich
der unterschiedlichen Arbeitsbedingungen anknüpft
. Vollzeit- und Teilzeitkräfte werden daher ungleich
vergütet, wenn für jeweils die gleiche Stundenanzahl nicht die gleiche Gesamt-
vergütung gezahlt wird
.
bb)
Die Tarifvertragsparteien haben gemäß § 23 Abs. 5 Unterabs. 3 TV-N
Hessen die Berechnung der persönlichen Zulage bei Arbeitnehmern, denen im
Monat Juni 2010 ein Entgeltanspruch zustand, auch dann auf diesen bezogen,
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wenn die Arbeitnehmer sich am Überleitungsstichtag nur befristet in einem Teil-
zeitarbeitsverhältnis befanden und ihre Rückkehr zur Vollzeitbeschäftigung da-
mit vertraglich vorgesehen war. Damit werden solche Arbeitnehmer gegenüber
Arbeitnehmern benachteiligt, die am Überleitungsstichtag in einem Arbeitsver-
hältnis ohne befristete Herabsetzung der Arbeitszeit standen. Dies zeigt sich bei
einer Rückkehr der vormals befristet Teilzeitbeschäftigten zur Vollzeittätigkeit
und damit im Fall des Klägers.
(1)
Arbeitnehmer, welche am 1. Juli 2010 unbefristet in Teilzeit oder Voll-
zeit beschäftigt waren, werden durch die Stichtagsregelung gemäß § 23 Abs. 5
Unterabs. 3 TV-N Hessen bezogen auf das ihnen für den Monat Juli 2010 zu-
stehende Tabellenentgelt finanziell abgesichert. Dies entspricht ihrem am Über-
leitungsstichtag geltenden Vertragsstatus.
(2)
Demgegenüber werden am Überleitungsstichtag befristet Teilzeitbe-
schäftigte zwar bezogen auf ihr entsprechendes Entgelt für Juni 2010 abgesi-
chert, nicht jedoch bezüglich des Inhalts ihres Arbeitsvertrags, welcher wegen
der Befristungsabrede bereits am Überleitungsstichtag eine Rückkehr zur Voll-
zeittätigkeit mit entsprechender Entgeltsteigerung vorgesehen hat. Dabei macht
es keinen Unterschied, ob die Befristung der Teilzeitbeschäftigung aus einer
ohne besonderen Anlass geschlossenen vertraglichen Vereinbarung folgt oder
ob sich ein Anspruch auf die Teilzeitbeschäftigung und deren Dauer aus einer
gesetzlichen Grundlage wie § 15 Abs. 6 und Abs. 7 BEEG ergibt.
(3)
Folglich wird der am Überleitungsstichtag befristet in Teilzeit Beschäf-
tigte nach seiner Rückkehr zur Vollzeitbeschäftigung im Verhältnis zu einem
vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer, welcher bereits am Überlei-
tungsstichtag in Vollzeit beschäftigt war, wegen der vorangegangenen Teilzeit-
beschäftigung schlechtergestellt. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass der
am Überleitungsstichtag Vollzeitbeschäftigte nach § 23 Abs. 5 Unterabs. 3
TV-N Hessen eine persönliche Zulage bezogen auf das Entgelt für seine Voll-
zeittätigkeit erhält, während der nunmehr ebenfalls in Vollzeit Beschäftigte, wel-
cher am Überleitungsstichtag befristet in Teilzeit tätig war, trotz Rückkehr zur
Vollzeit unverändert die entsprechend der Teilzeittätigkeit berechnete persönli-
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ECLI:DE:BAG:2017:260117.U.6AZR450.15.0
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che Zulage erhält. Die Tarifvertragsparteien haben deshalb teilzeitbeschäftigte
Arbeitnehmer schlechtergestellt, auch wenn diese während der Teilzeitbeschäf-
tigung noch keine Nachteile hinnehmen mussten. Die Benachteiligung bei der
Wiederaufnahme der Vollzeitbeschäftigung war aber in der Teilzeitbeschäfti-
gung angelegt
.
c)
Eine solche Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten ist nicht durch
einen sachlichen Grund iSd. § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG gerechtfertigt.
aa)
setzt Paragraph 4 des Anhangs der
des Rates vom 15. Dezember 1997 zu der von UNICE, CEEP und
EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit
um. Für die Rechtfertigung der unterschiedlichen
Behandlung von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten reicht es danach nicht aus,
dass sie in einer allgemeinen und abstrakten Norm vorgesehen ist. Auch bloße
Haushaltserwägungen genügen nicht. Vielmehr muss die Ungleichbehandlung
einem echten Bedarf entsprechen und zur Erreichung des verfolgten Ziels ge-
eignet und erforderlich sein
. Dementsprechend hat sich die Prüfung, ob die unterschiedliche Behand-
lung gerechtfertigt ist, am Zweck der Leistung zu orientieren
.
bb)
Demnach ist eine Rechtfertigung für die auf eine im Überleitungszeit-
punkt befristete Teilzeittätigkeit zurückgehende Schlechterstellung nicht er-
kennbar. Das tarifliche Ziel der Sicherung der zum 1. Juli 2010 erreichten Ein-
kommensverhältnisse ist nicht allein durch die Maßgeblichkeit des für Juni 2010
zu beanspruchenden Entgelts erreichbar.
(1)
Dies zeigt § 23 Abs. 5 Unterabs. 7 TV-N Hessen, welcher für Fälle ei-
nes fehlenden Entgeltanspruchs im Juni 2010 nicht auf die finanzielle Situation,
sondern durch eine fiktive Entgeltermittlung letztlich auf den Vertragsstatus ab-
stellt. In den von § 23 Abs. 5 Unterabs. 7 TV-N Hessen geregelten Konstellatio-
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nen ist entscheidend, wie der Arbeitsvertrag am Überleitungsstichtag ausgestal-
tet war.
(2)
Gleiches gilt für die Erhöhung der persönlichen Zulage nach § 23
Abs. 5 Unterabs. 4 TV-N Hessen. Damit sollen die Exspektanzverluste der Ar-
beitnehmer bezüglich einer im alten Tarifsystem zu erwartenden Höhergruppie-
rung ausgeglichen werden. Hierfür kann selbstverständlich nicht das im Juni
2010 zu beanspruchende Entgelt herangezogen werden. Maßgeblich ist wiede-
rum ein fiktives Entgelt.
(3)
Folglich ist nicht zu erkennen, weshalb bei befristet Teilzeitbeschäftig-
ten der Vertragsinhalt für die Einkommenssicherung unberücksichtigt bleiben
müsste, obwohl nach diesem bereits zum Zeitpunkt der Überleitung die Wie-
deraufnahme der Vollzeittätigkeit mit entsprechend erhöhtem Entgelt vorgese-
hen war. Die beabsichtigte Sicherung der zum 1. Juli 2010 erreichten Einkom-
mensverhältnisse verlangt im Gegenteil die Berücksichtigung der vertraglich
vorgesehenen Rückkehr zur Vollzeitbeschäftigung. Dieser Vertragsinhalt be-
stimmt das zum Zeitpunkt der Überleitung erreichte Einkommensniveau, auch
wenn nach der Überleitung zunächst noch ein der Teilzeittätigkeit entsprechen-
des Entgelt erzielt wird.
d)
Demzufolge kann der Kläger gemäß § 612 Abs. 2 BGB verlangen, dass
sich seine persönliche Zulage seit Wiederaufnahme der Vollzeittätigkeit am
1. Januar 2012 anhand des seitdem bezogenen Entgelts bemisst.
aa)
Ist die Höhe der Arbeitsvergütung nicht bestimmt, so ist gemäß § 612
Abs. 2 BGB die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen. Der TV-N Hessen
enthält für die Beschäftigten, die am Überleitungsstichtag befristet in Teilzeit
arbeiteten und später zur Vollzeitbeschäftigung zurückkehren, keine dem Dis-
kriminierungsverbot degenügende Vergütungsrege-
lung. Die Vergütungshöhe bestimmt sich deshalb insoweit nach § 612 Abs. 2
BGB, als zur Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben eine Beseitigung der unzu-
lässigen Benachteiligung erfolgen muss
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. Die als
vereinbart anzusehende übliche Vergütung ist diejenige, welche ein vergleich-
barer Vollzeitbeschäftigter, der am Überleitungsstichtag bereits in Vollzeit tätig
war, nach den Regelungen des bei der Beklagten angewandten TV-N Hessen
erhält
. Nur eine Vergütung
in dieser Höhe ist mit dem Diskriminierungsverbot des
vereinbar und kann als üblich angesehen werden. In welcher Höhe die Beklagte
andere Vollzeitbeschäftigte, welche wie der Kläger zum Zeitpunkt der Überlei-
tung befristet in Teilzeit tätig waren, vergütet, ist in diesem Zusammenhang oh-
ne Bedeutung. Eine verbotswidrig niedrige Vergütung kann nur faktisch „üblich“
sein, vermag aber nicht die übliche Vergütung iSv. § 612 Abs. 2 BGB zu be-
stimmen
. Im
Ergebnis erfolgt damit eine sog
. „Anpassung nach oben“
.
bb)
Demnach kann der Kläger seit dem 1. Januar 2012 verlangen, hinsicht-
lich der Höhe der persönlichen Zulage so gestellt zu werden, als ob er bereits
zum Zeitpunkt der Überleitung in Vollzeit und nicht gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1
TzBfG in Teilzeit beschäftigt gewesen wäre. § 23 Abs. 5 Unterabs. 1 bis 3 TV-N
Hessen sind mit dieser Maßgabe anzuwenden. Die Beklagte hat nicht bestrit-
ten, dass sich bezogen auf den Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Mai
2013 hieraus ein Differenzbetrag in Höhe der eingeklagten Forderung von
3.581,52 Euro brutto ergibt.
e)
Der Kläger kann gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB Prozesszinsen
ab dem Folgetag der Rechtshängigkeit verlangen
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. Da die Klage am 13. Juni 2013 zugestellt wurde, be-
gann der Zinslauf am 14. Juni 2013.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Fischermeier
Spelge
Krumbiegel
M. Jostes
Augat
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