Urteil des BAG vom 15.11.2011
Antrag des Arbeitnehmers auf Verringerung und Umverteilung der Arbeitszeit
BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 15.11.2011, 9 AZR 729/07
Antrag des Arbeitnehmers auf Verringerung und Umverteilung der Arbeitszeit
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts
Berlin-Brandenburg vom 19. Juli 2007 - 18 Sa 1721/06 - wird
zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Verringerung und andere
Verteilung seiner Arbeitszeit.
2 Der Kläger wurde zuletzt im Projekt „IAS-Einführung“ unter Zuordnung zur Abteilung BG-
IT 31 als Mitglied des Testteams beschäftigt. Dessen Aufgabe war es,
Anwendungsprogramme für die Einführung der Handelsbilanz nach internationalen
Maßstäben zu testen. Seine arbeitsvertragliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit
beträgt 37,5 Wochenstunden, bei einer Verteilung auf die Wochentage Montag bis Freitag.
3 Der Kläger war zunächst seit 1983 bei der Sparkasse der Stadt B beschäftigt. Ab 1992 war
er bei deren Rechtsnachfolgerin, der ehemaligen Landesbank B, tätig. Die Landesbank B
übertrug rechtsgeschäftlich mit Wirkung vom 1. Juli 1999 den Betrieb, in dem der Kläger
tätig war, auf die Beklagte,die sich damals noch B AG nannte.
4 Bei der Beklagten bestand eine „Rahmenvereinbarung zur Realisierung
personalwirtschaftlicher Anpassungsmaßnahmen (SEV-Maßnahmen)“ (im Folgenden:
RBV), die auszugsweise lautete:
„1.4. Die sich durch das EU-Sanierungskonzept ergebenden
personalwirtschaftlichen Überkapazitäten müssen durch die in der
Sanierungsvereinbarung geregelten Instrumente bereinigt werden. Die
nachfolgenden Regelungen beinhalten Maßnahmen und sollen auch
Anreize schaffen für ein Ausscheiden von Beschäftigten des Konzerns
(gemäß Ziffer 2.2. der Sanierungsvereinbarung), für eine Reduzierung der
Arbeitszeit sowie für eine Verlängerung des Erziehungsurlaubes/der
Elternzeit. … Sofern sich hierdurch eine Reduzierung personeller
Überkapazitäten ergibt oder erforderliche Versetzungs- und
Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für andere Beschäftigte
(Versetzungspotenziale) geschaffen wer-den, sollte den Wünschen der
Beschäftigten entsprochen werden, sofern dem keine zwingenden
betrieblichen Belange entgegenstehen. …
…
8.4.
8.4.1. Eine Verkürzung der Arbeitszeiten ist ebenfalls ein geeignetes Instrument,
personelle Überkapazitäten zu vermindern. Der Arbeitgeber wird deshalb
verstärkt Möglichkeiten zur Teilzeitarbeit schaffen und anbieten.
8.4.2. Sofern Beschäftigte durch ihren Wunsch nach einer Teilzeitarbeit zum
Abbau von personellen Kapazitäten beitragen, wird diesen Vorstellungen
im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten entsprochen.
8.4.3. Die Nachteile, die sich aus einer Arbeitszeitreduzierung ergeben, werden
wie folgt gemindert:
Zur Verminderung des wirtschaftlichen Nachteils für die Beschäftigten bei
einer erheblichen Reduzierung des bisherigen Arbeitszeitvolumens werden
zeitlich begrenzte finanzielle Ausgleiche bei einer Kapazitätsreduzierung
um mind. 20 % gewährt.
...
8.4.4. Bei der Umwandlung von Vollzeit auf Teilzeit bleibt der bestehende
Arbeitsvertrag erhalten, es erfolgt lediglich eine Anpassung bezüglich der
einzelvertraglichen Arbeitszeit.
…“
5 Mit Schreiben vom 8. Juli 2004 begehrte der Kläger von der Beklagten Auskunft darüber,
wie sich verschiedene Arbeitszeitmodelle mit einer Reduzierung der Arbeitszeit auf
mindestens 35 Stunden in der Woche und einer Arbeitszeitfestsetzung auf die
Wochentage Montag bis Donnerstag auf das Gehalt, den Urlaub und die täglichen
Anwesenheitszeiten auswirken würden. Dabei schlug er drei Varianten vor:
1. Die Verteilung der wöchentlichen Sollarbeitszeit auf vier Tage (zB Montag bis
Donnerstag) ohne Reduzierung der Arbeitszeit,
2. die Verteilung der wöchentlichen Sollarbeitszeit auf vier Tage (zB Montag bis
Donnerstag) mit Reduzierung der Arbeitszeit auf wöchentlich 36 Stunden und
3. die Verteilung der wöchentlichen Sollarbeitszeit auf vier Tage (zB Montag bis
Donnerstag) mit Reduzierung der Arbeitszeit auf wöchentlich 35 Stunden.
6 Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 26. Juli 2004 die begehrte Verteilung aus
betrieblichen Gründen ab. Hierauf reagierte der Kläger nicht. Mit Schreiben vom
11. August 2004 stellte er gegenüber der Beklagten folgenden Antrag:
„...
ich beantrage hiermit, aus persönlichen Gründen ab 01.10.2004 meine
wöchentliche Arbeitszeit und Anwesenheitstage wie folgt zu reduzieren bzw.
abzuändern:
1. Die wöchentliche Arbeitszeit von derzeit 37,5 Stunden ist auf
36 Stunden zu reduzieren.
2. Die reduzierte Arbeitszeit von 36 Wochenstunden ist auf ausschließlich
4 Arbeitstage die Woche zu verteilen. Als künftige Arbeitstage sind
ausschließlich die Werktage Montag, Dienstag, Mittwoch und
Donnerstag verbindlich zu vereinbaren.
3. Freitag ist somit künftig kein Arbeitstag mehr. Für den Fall des
eventuellen betrieblichen Erfordernisses schlage ich vor, eine
Vereinbarung über einen Arbeitseinsatz an bis zu maximal 20 Freitagen
- nach betrieblichem Bedarf und ausdrücklicher Freiwilligkeit
meinerseits - gegen ausschließlich Freizeitausgleich zu vereinbaren.
Zu diesem Antrag wird auf die bestehende Dienstvereinbarung zur
Arbeitszeitregelung und der Sanierungsvereinbarung (8.4 Teilzeitarbeit) verwiesen.
Durch die nur geringfügig verringerte wöchentliche Arbeitszeit sind zudem keine
speziellen Absprachemodelle/Vertretungsregelungen erforderlich.
In Anbetracht meiner derzeitigen Beschäftigung dürften daher auch keine
betrieblichen Belange dem entgegenstehen.
zum 25.08.2004
Arbeitszeitvereinbarung zur Prüfung durch meinen Anwalt vorzulegen.
…“
7 Mit Schreiben vom 16. August 2004 änderte der Kläger den Termin für den Beginn der
Verringerung der Arbeitszeit auf den 1. Januar 2005 ab, weil ihm „der zunächst gewählte
Termin 01.10.2004 … zu kurzfristig und unpraktisch“ erschien. Unter dem 3. September
2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie könne seinem Antrag auf Verringerung der
wöchentlichen Sollarbeitszeit auf 36 Stunden aus betrieblicher Sicht nicht entsprechen.
Dem Kläger sei bereits mit Schreiben vom 26. Juli 2004 mitgeteilt worden, dass die
Verteilung der wöchentlichen Sollarbeitszeit auf vier Tage ausschließlich bei in Filialen
eingesetzten Mitarbeitern, die darüber hinaus samstags eingesetzt würden, Anwendung
finden könne.
8 Seit dem 1. Januar 2006 firmiert die B AG als L Holding AG. Die Beklagte gliederte
sodann das bisherige Bankgeschäft aus und übertrug es Ende September 2006 auf die L
AG. Mit Schreiben vom 25. August 2006 unterrichtete die L AG den Kläger über den
„sämtliche ehemalige Beschäftigte der L Holding AG“ betreffenden Betriebsübergang, dem
der Kläger in der Folgezeit nicht widersprach. Mit seiner Klage vom 30. Dezember 2005
begehrt der Kläger die Verringerung und andere Verteilung seiner Arbeitszeit.
9 Er hat die Auffassung vertreten, er könne den Rechtsstreit entsprechend § 265 Abs. 2 ZPO
nach Betriebsübergang während der Rechtshängigkeit des Anspruchs gegen die Beklagte
als Betriebsveräußererin auch dann fortsetzen, wenn der Anspruch nur durch die neue
Arbeitgeberin erfüllt werden könne. Er habe einen Anspruch auf Verringerung der
Arbeitszeit und Verteilung auf die Wochentage Montag bis Donnerstag gemäß § 8 TzBfG
iVm. Ziff. 8.4 der Sanierungsvereinbarung (RBV). Betriebliche Gründe stünden dem nicht
entgegen.
10 Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, der Herabsetzung seiner wöchentlichen Arbeitszeit auf
36 Stunden und der Verteilung seiner wöchentlichen Arbeitszeit auf die Tage
Montag bis Donnerstag einer Woche zuzustimmen.
11 Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie geht davon aus, sie sei nicht
passivlegitimiert, da das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB
auf die L AG übergegangen sei. Die §§ 265, 325 ZPO könnten nicht analog angewendet
werden.
12 Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben.
13 In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 29. März 2007 hat der
Kläger die Klage auf die L AG erweitert. Hilfsweise hat er Rubrumsberichtigung, weiter
hilfsweise Titelumschreibung beantragt. Der Beklagtenvertreter hat erklärt, von der L AG
für dieses Verfahren nicht mandatiert zu sein. Nachdem der Klägervertreter erklärt hat,
hinsichtlich der Beklagten keinen Antrag zu stellen, hat das Landesarbeitsgericht auf
Antrag des Beklagtenvertreters ein Versäumnisurteil gegen den Kläger erlassen und die
Klage abgewiesen.
14 Das Landesarbeitsgericht hat auf den Einspruch des Klägers sein klageabweisendes
Versäumnisurteil aufrechterhalten. Der Kläger verfolgt mit seiner Revision sein
Verringerungs- und Verteilungsverlangen weiter.
Entscheidungsgründe
15 A. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat sein
klageabweisendes Versäumnisurteil zu Recht aufrechterhalten.
16 I. Die auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtete Klage ist zulässig.
17 Sie ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger musste kein
bestimmtes Datum angeben, zu dem die Vertragsänderung wirksam werden sollte. Mit
Rechtskraft eines obsiegenden Urteils würde die Zustimmung der Beklagten nach § 894
Satz 1 ZPO als erteilt gelten (vgl. BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 910/08 - Rn. 12, AP
TzBfG § 8 Nr. 29 = EzA TzBfG § 8 Nr. 25; 16. De-zember 2008 - 9 AZR 893/07 - Rn. 20,
BAGE 129, 56).
18 II. Die Klage ist unbegründet. Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte, wie das
Landesarbeitsgericht meint, nach dem Betriebsübergang auf die L AG nicht mehr
passivlegitimiert ist. Selbst wenn die Beklagte analog §§ 265, 325 ZPO weiter
passivlegitimiert wäre, wäre die Klage abzuweisen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf
die begehrte Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit.
19 1. Der Verringerungs- und Verteilungsanspruch des Klägers folgt nicht aus § 8 TzBfG. Der
Kläger bot der Beklagten nicht an, seine Arbeitszeit nach § 8 TzBfG zu verringern und zu
verteilen. Er verlangte vielmehr, eine entsprechende Vertragsänderung auf der Grundlage
der RBV herbeizuführen. Der Kläger kann seinen Anspruch deshalb nicht auf § 8 TzBfG
stützen.
20 a) Es liegt schon kein Angebot des Klägers nach § 8 TzBfG vor.
21 aa) Der Anspruch auf Verteilung der verringerten Arbeitszeit setzt voraus, dass der
Arbeitnehmer die Verringerung der Arbeitszeit und deren Umfang rechtzeitig beantragt (§ 8
Abs. 2 Satz 1 TzBfG). Er soll dabei die gewünschte Verteilung der verringerten Arbeitszeit
angeben (§ 8 Abs. 2 Satz 2 TzBfG). Dabei kann der Arbeitnehmer wählen, ob er
ausschließlich die Verringerung der Arbeitszeit beantragt und es dem Arbeitgeber
überlässt, die verbleibende Arbeitszeit zu verteilen (§ 106 Satz 1 GewO), oder ob er eine
bestimmte Verteilung der Arbeitszeit wünscht. Der Antrag auf Verringerung und Verteilung
der Arbeitszeit ist auf den Abschluss eines Änderungsvertrags gerichtet und damit
Angebot iSv. § 145 BGB (vgl. BAG 24. Juni 2008 - 9 AZR 514/07 - Rn. 21, BAGE 127, 95).
22 bb) Ob ein Arbeitnehmer die Verringerung und Verteilung seiner Arbeitszeit nach § 8
TzBfG anbietet, ist durch Auslegung zu ermitteln.
23 (1) Grundsätzlich kann der auf Abschluss eines Änderungsvertrags gerichtete Antrag wie
jede empfangsbedürftige Willenserklärung nach §§ 133, 157 BGB ausgelegt werden (vgl.
BAG 20. Juli 2004 - 9 AZR 626/03 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 111, 260). Verträge und
Willenserklärungen sind nach dem Empfängerhorizont auszulegen. Abzustellen ist darauf,
was bei objektiver Betrachtung der Empfänger den Erklärungen entnehmen durfte (BAG
12. September 2006 - 9 AZR 686/05 - Rn. 22, BAGE 119, 254). Das Landesarbeitsgericht
hat das Schreiben vom 11. August 2004 nicht ausgelegt. Die Auslegung von atypischen
Willenserklärungen ist zwar grundsätzlich Sache der Tatsachengerichte. Der Senat kann
aber die gebotene Auslegung selbst vornehmen, weil das Berufungsgericht die
erforderlichen Feststellungen getroffen hat und nach dem Ergebnis der
Revisionsverhandlung weitere Feststellungen nicht mehr in Betracht kommen. Die
Auslegung betrifft damit nur einen der rechtlichen Gesichtspunkte, unter denen das
Revisionsgericht das Berufungsurteil im Rahmen der von den Parteien gestellten Anträge
nachzuprüfen hat (BAG 14. Oktober 2003 - 9 AZR 636/02 - zu B II 2 c aa der Gründe,
BAGE 108, 103).
24 (2) Nach diesen Grundsätzen beinhaltet das Schreiben des Klägers schon kein Angebot
gemäß § 145 BGB.
25 (a) Ein Verringerungsangebot muss so formuliert sein, dass es durch ein schlichtes „Ja“
angenommen werden kann (vgl. zu § 15 Abs. 6 BEEG: BAG 15. Dezember 2009 - 9 AZR
72/09 - Rn. 37, AP BEEG § 15 Nr. 2 = EzA BErzGG § 15 Nr. 18). Dies folgt für § 8 TzBfG
schon aus der Fiktion des § 8 Abs. 5 Satz 2 und Satz 3 TzBfG. Danach gelten die
gewünschte Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit als festgelegt, wenn der
Arbeitgeber diese Angebote nicht spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn
der Vertragsänderung abgelehnt hat. Der Inhalt des Angebots auf Vertragsänderung muss
deshalb so bestimmt sein, dass keine Unklarheiten über den Inhalt des geänderten
Vertrags bestehen.
26 (b) Danach bot der Kläger der Beklagten mit Schreiben vom 11. August 2004 schon keine
Vertragsänderung iSv. § 145 BGB an. Er forderte sie nicht auf, sein darin enthaltenes
Angebot anzunehmen, sondern lediglich, ihm zur Prüfung durch seinen Rechtsanwalt den
Vertragsentwurf einer Arbeitszeitvereinbarung vorzulegen. Erkennbar sollten damit
lediglich Vertragsverhandlungen unter Beteiligung des klägerischen Rechtsanwalts in
Gang gesetzt werden. Es kann deshalb dahinstehen, ob Ziff. 3 des Antrags vom
11. August 2004 überhaupt ausreichend bestimmt ist. Denn dort relativiert der Kläger die
geplante Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage Montag bis Donnerstag, indem er
sich bereit erklärt, bei „eventuellen betrieblichen Erfordernissen“ und bei „ausdrücklicher
Freiwilligkeit“ an bis zu maximal 20 Freitagen gegen „ausschließlich Freizeitausgleich“ zu
arbeiten. Hier ist schon unklar, auf welchen Zeitraum sich die 20 Freitage beziehen sollen.
27 b) Soweit der Kläger in der Klageschrift seinen Anspruch auf § 8 TzBfG iVm. Ziff. 8.4 RBV
gestützt hat, stellt dies ebenfalls kein Angebot iSv. § 8 TzBfG dar. Es ist schon nicht
unmittelbar an die Arbeitgeberin gerichtet und übermittelt worden. Der Kläger hat damit
gegenüber der Beklagten kein Angebot auf Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit
(diesmal nach § 8 TzBfG) erklärt, sondern allenfalls eine zusätzliche
Anspruchsbegründung einführen wollen. Ein bei Gericht gestellter Sachantrag enthält
regelmäßig kein neuerliches rechtsgeschäftliches Vertragsangebot (BAG 24. Juni 2008 -
9 AZR 514/07 - Rn. 27, BAGE 127, 95; 23. November 2004 - 9 AZR 644/03 - zu B I 2 b der
Gründe, BAGE 113, 11). Schließlich hat sich der Kläger selbst darauf berufen, es handele
sich vorliegend nicht um ein erneutes Begehren auf Verringerung der Arbeitszeit. Er
verfolge lediglich sein 2004 zu Unrecht abgelehntes Begehren weiter.
28 c) Selbst wenn der Kläger der Beklagten ein rechtsgeschäftliches Angebot unterbreitet
hätte, wäre es nicht auf der Grundlage des § 8 TzBfG erfolgt. Es könnte deshalb nicht die
Rechtsfolgen des § 8 TzBfG herbeiführen.
29 aa) Unschädlich ist, dass der Kläger diese Vorschrift in seinem Angebotsschreiben nicht
ausdrücklich erwähnt hat. Es kann auch genügen, dass der Arbeitnehmer die
anspruchsbegründenden Tatsachen nach § 8 Abs. 1 und Abs. 7 TzBfG benennt (vgl. BAG
19. August 2003 - 9 AZR 542/02 - zu I 2 a der Gründe, AP TzBfG § 8 Nr. 4 = EzA TzBfG
§ 8 Nr. 4). Gerade das Gegenteil war hier der Fall. Der Kläger stützte sich ausschließlich
auf die Anspruchsvoraussetzungen der RBV (keine entgegenstehenden „betrieblichen
Belange“) und nicht auf § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG (keine entgegenstehenden „betrieblichen
Gründe“). Dem Umstand, dass die RBV keine Umverteilung der verringerten Arbeitszeit
vorsieht, musste die Beklagte nicht entnehmen, dass der Kläger in Wahrheit einen Antrag
nach § 8 TzBfG stellen wollte. Gegen eine solche Auslegung spricht entscheidend, dass
der Kläger sein Verlangen ausdrücklich auf Ziff. 8.4 RBV stützte. In einem solchen Fall
musste die Beklagte nicht annehmen, der Kläger habe mit seinem Angebot das gesetzlich
vorgeschriebene Verfahren des § 8 TzBfG einleiten wollen (vgl. zur Auslegung bei
ausdrücklich auf andere Grundlagen gestütztem Verlangen: BAG 13. November 2007 -
9 AZR 36/07 - Rn. 23, BAGE 125, 45). Dies gilt umso mehr, als der Kläger mit seinem
Antrag vom 11. August 2004, seine Arbeitszeit zu verringern, nicht die Frist von drei
Monaten gemäß § 8 Abs. 2 TzBfG gewahrt hätte.
30 bb) Als Empfänger des Änderungsverlangens hat der Arbeitgeber ein schützenswertes
Interesse daran, erkennen zu können, dass das Angebot des Arbeitnehmers ein
Änderungsangebot iSd. § 8 Abs. 1 TzBfG ist. Denn bereits das Angebot des
Arbeitnehmers, die Arbeitszeit zu verringern, löst für den Arbeitgeber die in § 8 Abs. 3
Satz 1 TzBfG geregelten Verhandlungsobliegenheiten mit den daran anknüpfenden
Rechtsfolgen des § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG aus. Gemäß § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG gilt die
vom Arbeitnehmer beantragte Arbeitszeitverringerung als vereinbart, wenn der Arbeitgeber
den fristgerecht gestellten Antrag des Arbeitnehmers auf Verringerung der Arbeitszeit nicht
spätestens einen Monat vor dem geplanten Beginn der Vertragsänderung schriftlich
ablehnt. Gleichwohl hat er nach der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung zur
Vermeidung der Zustimmungsfiktion seine Ablehnung nochmals form- und fristgerecht
schriftlich zu formulieren. Das dient auch der Transparenz. Der Arbeitnehmer muss
Gewissheit haben, ob die Zustimmungsfiktion des § 8 Abs. 5 Satz 2 TzBfG eintritt (BAG
18. Mai 2004 - 9 AZR 319/03 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 110, 356). Das Gebot der
Rechtsklarheit und Transparenz streitet auch für den Arbeitgeber. Er muss erkennen
können, ob das Angebot des Arbeitnehmers geeignet ist, die Zustimmungsfiktion eintreten
zu lassen. Das in § 8 TzBfG geregelte Erörterungsverfahren setzt voraus, dass der
Arbeitnehmer einen von § 8 TzBfG erfassten Verringerungsanspruch geltend gemacht hat.
Verlangt der Arbeitnehmer demgegenüber eine Arbeitszeitverringerung, für die § 8 TzBfG
keine Anspruchsgrundlage darstellen kann, ist der Arbeitgeber auch nicht verpflichtet, das
Verfahren des § 8 TzBfG durchzuführen (BAG 12. September 2006 - 9 AZR 686/05 -
zu B II 3 e bb der Gründe, BAGE 119, 254).
31 2. Der Anspruch folgt auch nicht aus Ziff. 8.4 RBV. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der
Kläger nach dieser Regelung Anspruch auf Verringerung seiner Arbeitszeit hat.
32 a) Die Beklagte musste seinen Antrag schon deshalb nicht annehmen, weil der Kläger
nach der RBV keinen Anspruch auf eine bestimmte Verteilung der verringerten Arbeitszeit
hat. Nach Ziff. 8.4.4 RBV bleibt bei der „Umwandlung von Vollzeit auf Teilzeit“ der
bestehende Arbeitsvertrag erhalten. Damit unterliegt die Verteilung der verringerten
Arbeitszeit dem Direktionsrecht der Beklagten gemäß § 106 Satz 1 GewO.
33 b) Der Kläger hat sein Verlangen nach Verringerung der Arbeitszeit gerade von einer
bestimmten Verteilung abhängig gemacht. Nur bei einer regelmäßigen Verteilung auf die
Wochentage Montag bis Donnerstag sollte die Arbeitszeit verringert werden. Das zeigt
schon sein Schreiben vom 8. Juli 2004. Nach der darin von ihm zuerst vorgeschlagenen
Variante sollte die wöchentliche Sollarbeitszeit auf vier Tage (zB Montag bis Donnerstag)
ohne Reduzierung der Arbeitszeit verteilt werden. Es kam ihm deshalb gerade auf die
Verteilung der Arbeitszeit in der Vier-Tage-Woche an. Die Beklagte hätte seinen Antrag
auf Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit vom 11. August 2004 deshalb nur
einheitlich annehmen oder ablehnen können. Der Kläger begehrte nicht allein oder von
der Verteilung isoliert die Verringerung seiner regelmäßigen Arbeitszeit.
34 B. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu
tragen.
Krasshöfer
Suckow
Klose
Jungermann
Leitner