Urteil des BAG vom 21.08.2013

Tarifliche Sonderzahlung - Stichtagsregelung bezüglich der Gewerkschaftszugehörigkeit

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 21.8.2013, 4 AZR 861/11
Tarifliche Sonderzahlung - Stichtagsregelung bezüglich der Gewerkschaftszugehörigkeit
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des
Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 4. Oktober
2011 - 1 Sa 507 e/10 - wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten über die Höhe von Sonderzahlungen für die Jahre 2007 bis 2009.
2 Die Klägerin, die nicht Mitglied einer Gewerkschaft ist, ist seit 1994 bei der Beklagten als
Krankenschwester gegen ein monatliches Bruttogehalt von zuletzt durchschnittlich
2.930,00 Euro beschäftigt.
3 In § 2 des schriftlichen Arbeitsvertrags der Parteien vom 28. September 1993 heißt es ua.:
„Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem zwischen der Gewerkschaft
Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr und dem Arbeitgeber abgeschlossenen
Tarifvertrag vom 1.7.1976 in der jeweils gültigen Fassung in Verbindung mit dem
Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23.02.1961 und den diesen
ergänzenden und ändernden Tarifverträgen. …“
4 Die im August 1998 gegründete Konzernobergesellschaft der Beklagten, die Damp
Holding AG, schloss am 15. Dezember 1998 mit Wirkung vom 1. Januar 1999 mit der
damaligen Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) einen
Manteltarifvertrag sowie in den folgenden Jahren mehrere Tarifverträge, in denen
Sonderzahlungen geregelt waren. Bis zum Jahre 2006 erhielt die Klägerin
Jahressonderzahlungen, zuletzt iHv. 100 % ihres Bruttomonatsgehalts.
5 Die Damp Holding AG schloss am 27. März 2007 mit den Gewerkschaften ver.di und NGG
den Tarifvertrag über die Gewährung einer jährlichen Sonderzahlung (TV-Sonderzahlung
Damp 2007), der am 1. Januar 2007 in Kraft trat und eine Sonderzahlung vorsah, deren
Höhe zum einen von der Entwicklung des Konzernergebnisses im betreffenden
Kalenderjahr und der Dauer der Betriebszugehörigkeit sowie zum anderen von der
Zugehörigkeit zu einer der Gewerkschaften ver.di oder NGG zu einem bestimmten
Stichtag abhängig war. Die Beklagte zahlte der Klägerin hiernach für das Jahr 2007 eine
Sonderzahlung iHv. 795,40 Euro.
6 Am 31. Oktober 2008 schlossen die Parteien einen neuen Arbeitsvertrag, in dem ua.
geregelt ist:
5. Vergütung
(1) Gilt für die Arbeitgeberin ein Tarifvertrag, der das Entgelt regelt, richtet sich die
Vergütung nach dem für die Arbeitgeberin jeweils gültigen Tarifvertrag in seiner
jeweils gültigen Fassung. …
8. Tarifverträge, Betriebsvereinbarung, allgemeine Arbeitsbedingungen
(1) Ist die Mitarbeiterin an bei der Arbeitgeberin geltende Tarifverträge normativ
gebunden (§ 3 Abs. 1 TVG), finden auf das Arbeitsverhältnis ausschließlich diese
Tarifverträge Anwendung.
(2) Ist keine Tarifbindung der Mitarbeiterin an einen bei der Arbeitgeberin geltenden
Tarifvertrag gegeben, finden auf das Arbeitsverhältnis die jeweils für eine relative
Mehrheit der im jeweiligen Beschäftigungsbetrieb tätigen tarifgebundenen
Arbeitnehmer geltenden Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung
Anwendung. Das sind nach Kenntnis der Arbeitgeberin zum Zeitpunkt des
Vertragsschlusses:
- der Manteltarifvertrag Damp Holding AG,
- der Tarifvertrag über die Gewährung einer jährlichen Sonderzahlung,
die die Damp Holding AG und die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di
geschlossen haben.“
7 Für das Jahr 2008 erhielt die Klägerin eine Sonderzahlung iHv. 466,41 Euro und für das
Jahr 2009 keine Sonderzahlung. Gegen die aus ihrer Sicht unzulässige Differenzierung
der Sonderzahlung nach Gewerkschaftszugehörigkeit zu einem bestimmten Stichtag
erhob die Klägerin Klage auf Nachzahlung von Differenzbeträgen für die Jahre 2007 und
2008, die vom Senat mit Urteil vom 18. November 2009 (- 4 AZR 491/08 - BAGE 132, 268)
abgewiesen wurde, da der TV-Sonderzahlung Damp 2007 mangels wirksamer Vertretung
der abhängigen Konzernunternehmen - wie der Beklagten - durch die
Konzernobergesellschaft nicht für jene galt.
8 Am 2. März 2010 schlossen die Damp Holding AG und die Konzerngesellschaften -
darunter die Beklagte - einerseits und die Gewerkschaften ver.di und NGG andererseits
einen neuen Tarifvertrag über die Gewährung einer jährlichen Sonderzahlung (TV-
Sonderzahlung Damp 2010) mit Wirkung ab dem Jahre 2007, dessen Regelungen
weitgehend denen im TV-Sonderzahlung Damp 2007 entsprachen.
9 Mit ihrer erneuten Klage hat die Klägerin die Auffassung vertreten, ihr stünden für die
Jahre 2007 bis 2009 weitere Sonderzahlungen nach dem TV-Sonderzahlung Damp 2010
zu. Sie hätte für das Jahr 2007 2.274,58 Euro, für das Jahr 2008 2.332,03 Euro und für das
Jahr 2009 2.240,40 Euro, in dem gar keine Sonderzahlung geleistet worden sei, erhalten
müssen. Sie habe einen Anspruch auf dieselben Sonderzahlungsbeträge wie
vergleichbare Gewerkschaftsmitglieder, da die Differenzierungsklausel und die
Stichtagsregelungen unwirksam seien.
10 Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, Jahressonderzahlungen für 2007, 2008, 2009 iHv.
insgesamt 5.583,25 Euro brutto nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz
aus 1.028,03 Euro seit dem 1. Dezember 2007, aus 449,15 Euro seit dem 1. Mai
2008, aus 1.579,86 Euro seit dem 1. Dezember 2008 und aus 285,76 Euro ab dem
1. Mai 2009 und aus weiteren 2.240,45 Euro ab dem 1. Dezember 2009 an sie zu
zahlen.
11 Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Klägerin habe für die Jahre 2007
bis 2009 die ihr zustehenden Sonderzahlungen nach dem TV-Sonderzahlung Damp 2010
erhalten.
12 Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit in der Revisionsinstanz noch von Bedeutung -
stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten
abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die
Klägerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Entscheidungsgründe
13 Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht
abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die geltend gemachten
Differenzbeträge.
14 I. Die von der Klägerin erhobene Klage ist insgesamt - soweit in der Revisionsinstanz
noch von Bedeutung - zulässig. Einem Anspruch auf Leistung der Sonderzahlungen für
die Jahre 2007 und 2008 steht nicht die Rechtskraft des Urteils vom 18. November 2009 -
4 AZR 491/08 - nach § 322 ZPO entgegen. Der TV-Sonderzahlung Damp 2010 ist erst
nach dem Urteil des Senats vom 18. November 2009 und damit nach Schluss der letzten
mündlichen Verhandlung im Vorprozess der Parteien abgeschlossen worden (zur
Rechtskraft bei veränderten Rechtsgrundlagen: BAG 14. Juni 1995 - 4 AZR 250/94 - zu
II 2 b der Gründe; vgl. auch 17. April 2002 - 5 AZR 400/00 - zu II 1 der Gründe; näher zur
Rechtskraftwirkung etwa BGH 23. Februar 2006 - I ZR 272/02 - Rn. 23, BGHZ 166, 253;
2. März 2000 - IX ZR 285/99 - Rn. 9 f. mwN).
15 II. Die Klage ist unbegründet. Es kann dahingestellt bleiben, ob sich eine Anwendung des
TV-Sonderzahlung Damp 2010 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der
Bezugnahmeklausel in Nr. 5 Abs. 1 und Nr. 8 des Arbeitsvertrags vom 31. Oktober 2008
für den Zeitraum ab dem 1. November 2009 und aufgrund von § 2 des schriftlichen
Arbeitsvertrags vom 28. September 1993 für den vorangegangenen Zeitraum ergibt. Selbst
wenn man zugunsten der Klägerin hiervon ausginge, ist die Klage schon deshalb
insgesamt unbegründet, weil die Klägerin nicht die Voraussetzungen für die Zahlung einer
höheren Sonderzahlung in den Jahren 2007 bis 2009 nach § 5 Ziffern 5, 8 und 12 jeweils
iVm. § 5 Ziff. 13 des in Bezug genommenen TV-Sonderzahlung Damp 2010 erfüllt. Sie war
zum Zeitpunkt der tariflich geregelten Stichtage nicht Mitglied einer der Gewerkschaften
ver.di oder NGG.
16 1. Der TV-Sonderzahlung Damp 2010 regelt in § 5 für die Wirtschaftsjahre 2007 bis 2009
ua. Folgendes:
„1. Basis zur Berechnung der Sonderzahlung für das Wirtschaftsjahr 2007 und
folgende ist das Konzernergebnis vor Zinsen, Abschreibung, Steuern
(EBITDA).
4.
In der folgenden Tabelle ist dem EBITDA der jeweilige Faktor für die
Sonderzahlung 2007 zugeordnet:
5.
In der folgenden Tabelle ist dem EBITDA der jeweilige Faktor für die
Sonderzahlung 2007 für Mitglieder der Gewerkschaft ver.di bzw. NGG
zugeordnet.
7.
In der folgenden Tabelle ist dem EBITDA der jeweilige Faktor für die
Sonderzahlung 2008 zugeordnet:
8.
In der folgenden Tabelle ist dem EBITDA der jeweilige Faktor für die
Sonderzahlung 2008 für Mitglieder der Gewerkschaft ver.di bzw. NGG
zugeordnet.
9.
In der folgenden Tabelle ist dem EBITDA der jeweilige Faktor für die
Sonderzahlung 2009 zugeordnet.
12. Unabhängig von einer möglichen höheren Zahlung nach den Regelungen
der Ziffern 4 bis 9 erhalten Mitglieder der Gewerkschaften ver.di sowie NGG
in den Jahren 2007 bis 2009 mindestens eine garantierte
Jahressonderzahlung in Abhängigkeit zu der am 31.12.2006 jeweils
gültigen tariflichen Regelung nach folgender Tabelle:
13. Als Gewerkschaftsmitglied gilt, wer spätestens am 06.03.2007 in die
Gewerkschaft eingetreten ist und dessen Mitgliedschaft am 30.11. des
jeweiligen Wirtschaftsjahres noch besteht und im Anspruchsjahr die
Gewerkschaftsmitgliedschaft nicht gekündigt wurde. Für die Jahre 2008 und
folgende gilt jeweils der 01.01. des Jahres als spätestes Eintrittsdatum.“
17 2. Der am 2. März 2010 geschlossene TV-Sonderzahlung Damp 2010 konnte von den
Tarifvertragsparteien rückwirkend für das Jahr 2007 in Kraft gesetzt werden. Dieser
Neuabschluss diente der Korrektur von Fehlern beim Abschluss des TV-Sonderzahlung
Damp 2007 für die abhängigen Unternehmen des Konzerns (zu den Fehlern beim
Abschluss dieses Tarifvertrags vgl. BAG 18. November 2009 - 4 AZR 491/08 - BAGE 132,
268), sollte aber am Inhalt der Regelungen grundsätzlich nichts ändern, insbesondere
nichts an der Möglichkeit der Erfüllung der Voraussetzungen bezogen auf das jeweilige
Bezugsjahr der Zahlung (vgl. auch bereits BAG 5. September 2012 - 4 AZR 696/10 -
Rn. 33).
18 3. Die Klägerin erfüllt nicht die Voraussetzungen für die Zahlung einer jeweils höheren
Sonderzahlung für die Jahre 2007 bis 2009. Sie war nicht an den tariflich geregelten
Stichtagen nach § 5 Ziff. 13 TV-Sonderzahlung Damp 2010 Mitglied einer der genannten
Gewerkschaften ver.di oder NGG.
19 a) Mit den Regelungen in § 5 Ziffern 5, 8 und 12 TV-Sonderzahlung Damp 2010, nach
denen Mitglieder der Gewerkschaften ver.di und NGG, die über eine durch Stichtage
bestimmte Dauer der Mitgliedschaft verfügen, eine höhere Sonderzahlung erhalten,
wiederholen die Tarifnormen nicht nur deklaratorisch die Voraussetzungen der normativen
Wirkung des Tarifvertrags nach § 4 Abs. 1 TVG, sondern legen eine zusätzliche
Anspruchsvoraussetzung fest (so schon BAG 5. September 2012 - 4 AZR 696/10 -
Rn. 28 ff.). Für Gewerkschaftsmitglieder, die zu den geregelten Stichtagen noch nicht einer
der genannten Gewerkschaften beigetreten waren, besteht lediglich ein geringerer
Sonderzahlungsanspruch für die Jahre 2007 und 2008. Für die Sonderzahlung 2009
ergibt sich zwar durch § 5 Ziff. 9 ein nach EBITDA gleichmäßiger Anspruch unabhängig
von einem Stichtag der Gewerkschaftszugehörigkeit. Jedoch bezieht sich auch für dieses
Jahr der „Garantiebetrag“ nach § 5 Ziff. 12 ausdrücklich nur auf die Mitglieder der
Gewerkschaften ver.di und NGG iSv. Ziff. 13 des § 5 TV-Sonderzahlung Damp 2010.
20 b) § 5 TV-Sonderzahlung Damp 2010 differenziert bei den Faktoren für die
Sonderzahlungen der Wirtschaftsjahre 2007 bis 2009 in den Ziffern 4, 5, 7 und 8 sowie für
eine garantierte Sonderzahlung in der Ziff. 12 jeweils iVm. Ziff. 13 zulässigerweise
zwischen zwei Gruppen von Gewerkschaftsmitgliedern, je nachdem, ob sie vor dem
jeweiligen Stichtag - 6. März 2007 für die Sonderzahlung 2007, 1. Januar 2008 bzw. 2009
für die Sonderzahlungen 2008 und 2009 - oder erst danach in einer der beiden
Gewerkschaften Mitglied waren oder geworden sind.
21 aa) Die tariflichen Regelungen unterscheiden entgegen der Auffassung der Klägerin nicht
zwischen Mitgliedern einer Gewerkschaft einerseits und „Unorganisierten“ oder „anders
Organisierten“ andererseits, sondern zwischen verschiedenen Gruppen von Mitgliedern
der Gewerkschaften ver.di und NGG (vgl. dazu auch BAG 5. September 2012 - 4 AZR
696/10 - Rn. 27, 30) und damit allein zwischen tarifgebundenen Arbeitnehmern, also
denen, denen ein Tarifvertrag ohnehin nur einen Anspruch verschaffen kann (BAG
5. September 2012 - 4 AZR 696/10 - Rn. 28; 22. September 2010 - 4 AZR 117/09 - Rn. 23;
18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 25, BAGE 130, 43).
22 bb) Diese Differenzierung zwischen verschiedenen Gewerkschaftsmitgliedern ist wirksam.
Die Tarifvertragsparteien sind innerhalb der Grenzen ihrer Regelungsmacht bei der
Bestimmung der Voraussetzungen und der Festlegung der Höhe einer jährlichen
Sonderzahlung weitgehend frei (BAG 5. September 2012 - 4 AZR 696/10 - Rn. 31; vgl. zur
Entgelthöhe ua. 16. Mai 2013 - 6 AZR 619/11 - Rn. 34 mwN; 24. Juni 2010 - 6 AZR 18/09 -
Rn. 25). Sie können deshalb ohne weiteres eine bestimmte vorherige Dauer der
Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft als Anspruchsvoraussetzung formulieren und als
zulässiges Differenzierungskriterium vereinbaren (BAG 5. September 2012 - 4 AZR
696/10 - Rn. 31; 18. März 2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 46 ff., BAGE 130, 43; zur zulässigen
Berücksichtigung koalitionsspezifischer Interessen 30. August 2000 - 4 AZR 563/99 -
BAGE 95, 277; 27. Mai 2004 - 6 AZR 129/03 - BAGE 111, 8). Tarifvertragliche Ansprüche
differenzierend zu regeln, entspricht ihrer Regelungsmacht. Dies gilt umso mehr, wenn ein
vereinbarter Stichtag nicht willkürlich gewählt wurde, sondern für ihn - wie im
Entscheidungsfall - ein sachlicher Grund besteht, nämlich das Datum des ursprünglich
abgeschlossenen TV-Sonderzahlung Damp 2007 für das Jahr 2007 und für die folgenden
beiden Jahre jeweils den Jahresbeginn (s. bereits BAG 5. September 2012 - 4 AZR
696/10 - Rn. 31). Ob etwas anderes für die Zulässigkeit der weiter gehenden
Stichtagsregelung in § 5 Ziff. 13 TV-Sonderzahlung Damp 2010 (Beendigung und/oder
Kündigung der Gewerkschaftsmitgliedschaft) gilt, kann hier dahingestellt bleiben. Selbst
wenn eine solche tarifliche Regelung unzulässig wäre, wäre der Eintrittsstichtag hiervon
nicht betroffen und würde sich daraus auch kein Rechtsanspruch der Klägerin für die von
ihr geltend gemachten Forderungen ergeben.
23 c) Die Bezugnahmeklauseln in den Arbeitsverträgen der Klägerin können zwar die
Anwendbarkeit des TV-Sonderzahlung Damp 2010 bewirken, sie substituieren aber nicht
die für eine höhere Sonderzahlung formulierte weitere Anspruchsvoraussetzung einer
Mitgliedschaft einer Arbeitnehmerin in einer der genannten Gewerkschaften zu einem
bestimmten Stichtag.
24 Rechtsfolge solcher Verweisungsklauseln ist allein, die Anwendbarkeit der Tarifnormen im
Arbeitsverhältnis herbeizuführen und nicht etwa, dem Arbeitnehmer einen bestimmten
Status zu verschaffen oder diesen zu fingieren. Die Beklagte wird, da arbeitsvertraglich
nichts anderes festgelegt wird, nicht verpflichtet, die Klägerin so zu behandeln, als wäre
sie bereits zu einem bestimmten Stichtag einer Gewerkschaft beigetreten (BAG 18. März
2009 - 4 AZR 64/08 - Rn. 27, BAGE 130, 43). Es verbleibt bei der Anwendung der
tariflichen Bestimmungen, die auch für diejenigen Mitglieder der tarifschließenden
Gewerkschaften gelten, die die besonderen Voraussetzungen nach § 5 Ziff. 13 TV-
Sonderzahlung Damp 2010 nicht erfüllen.
25 Denn ebenso wie die Klägerin haben nicht alle Mitglieder der Gewerkschaften ver.di und
NGG, sondern nur die Mitglieder iSv. Ziff. 13 des § 5 TV-Sonderzahlung Damp 2010, die
eine bestimmte Dauer der Mitgliedschaft als zusätzliche Voraussetzung erfüllen, Anspruch
auf die jeweils erhöhte Sonderzahlung oder den Garantiebetrag. Den „einfachen“
Gewerkschaftsmitgliedern wird die Klägerin aber „gleichgestellt“. Sie hat aufgrund ihrer
arbeitsvertraglichen Verweisungsklausel Anspruch auf die Höhe der Sonderzahlung, die
auch Mitglieder der Gewerkschaften ver.di und NGG erhalten, die nicht die weiteren
Voraussetzungen der Ziff. 13 des § 5 TV-Sonderzahlung Damp 2010 erfüllen. Diese sind -
mit den Worten der Klägerin - die „vergleichbaren Gewerkschaftsmitglieder“. Über diesen
Sonderzahlungsbetrag streiten die Parteien auch nicht, die Klägerin hat ihn erhalten.
Weshalb darüber hinaus - mit der zwischen den gewerkschaftlich organisierten
Mitarbeitern zulässigen tariflichen Unterscheidung (siehe oben) - eine unzulässige
Differenzierung gegenüber „Unorganisierten“ vorliegen soll, erschließt sich aus dem
Vortrag der Klägerin nicht. Mit der differenzierenden Höhe der Sonderzahlung wird
entgegen ihrer Auffassung kein „unerträglicher Druck“ zum Gewerkschaftseintritt erzeugt.
Ein von solchen tariflichen Regelungen ausgehender bloßer Anreiz zum Beitritt einer
Koalition ist unerheblich (BVerfG 11. Juli 2006 - 1 BvL 4/00 - Rn. 66, BVerfGE 116, 202)
und lässt sich auch ohne weiteres durch die Gestaltung der Verweisungsklausel gänzlich
minimieren.
26 4. Die weitere, von der Klägerin im Revisionsverfahren erhobene Rüge, das
Landesarbeitsgericht habe seine Hinweispflicht nach § 139 ZPO verletzt, weil es
überraschend die begehrte Sonderzahlungsdifferenz mit der Höhe des
Gewerkschaftsbeitrags gegenübergestellt habe, um festzustellen, ob ein „unzulässiger
Druck“ ausgeübt werde, der ihre negative Koalitionsfreiheit verletze, ist unbeachtlich. Für
die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es weder auf die Höhe der Differenz der
Sonderzahlungen noch auf eine Gegenüberstellung mit der Höhe von
Gewerkschaftsbeiträgen an.
27 III. Die Klägerin hat als unterlegene Partei die Kosten der Revision gemäß § 97 Abs. 1
ZPO zu tragen.
Eylert
Treber
Winter
J. Ratayczak
Kriegelsteiner