Urteil des BAG vom 15.03.2017

BAG (abfindung, kläger, kündigung, venire contra factum proprium, arbeitnehmer, treu und glauben, ablauf der frist, vereinbarung, angebot, arbeitgeber)

Siehe auch:
BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 13.12.2007, 2 AZR 807/06
Abfindung nach § 1a KSchG
Tenor
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts
Nürnberg vom 4. April 2006 - 6 Sa 785/05 - aufgehoben.
2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Weiden -
Kammer Schwandorf - vom 21. Juli 2005 - 5 Ca 510/05 S - abgeändert.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.076,16 Euro brutto zuzüglich
Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 25. März 2005 zu
zahlen.
4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten über einen Abfindungsanspruch nach § 1a KSchG.
2 Der Kläger war seit 1988 bei der Beklagten beschäftigt. Mit Schreiben vom 28. Oktober 2004
kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 28. Februar 2005. In dem Kündigungsschreiben
heißt es ua.:
“Es handelt sich um eine Kündigung aufgrund von dringenden betrieblichen Erfordernissen
nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG. Wir weisen Sie darauf hin, dass Sie eine Abfindung
beanspruchen können, wenn Sie innerhalb der dreiwöchigen Frist für die Erhebung einer
Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 KSchG keine Klage erheben.
Der Betriebsrat wurde zur Kündigung ordnungsgemäß angehört. Die Stellungnahme des
Betriebsrats ist diesem Schreiben in Kopie als Anlage beigefügt.”
3 Dem Kündigungsschreiben beigefügt war die zustimmende nicht unterschriebene Stellungnahme
des zuvor angehörten Betriebsrats. Sie enthält einen ebenfalls nicht unterschriebenen
handschriftlichen Vermerk des Betriebsratsvorsitzenden:
“Es wurde eine Abfindung von 8.000,00 Euro vereinbart.”
4 Der Kläger hat keine Kündigungsschutzklage erhoben. Er macht über die ihm von der Beklagten
ausgezahlte Abfindung iHv. 8.000,00 Euro hinaus einen Betrag von 4.076,16 Euro geltend. Dabei
handelt es sich um die rechnerisch unstreitige Differenz zu dem sich gem. § 1a Abs. 2 KSchG
errechnenden Abfindungsbetrag.
5 Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe eine Abfindung nach § 1a KSchG zu. Die
Beklagte habe im Kündigungsschreiben ausdrücklich auf die gesetzliche Regelung hingewiesen.
Eine abweichende Vereinbarung über einen Betrag von 8.000,00 Euro sei nicht zustande
gekommen.
6 Der Kläger hat beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.076,16 Euro nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über
dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
7 Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat behauptet, der Kläger habe der Vereinbarung
einer Abfindung iHv. 8.000,00 Euro ausdrücklich gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden
zugestimmt. Die Voraussetzungen des § 1a KSchG lägen angesichts abweichender Vereinbarung
über die Höhe der Abfindung nicht vor.
8 Das Arbeitsgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat
die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen
Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter.
Entscheidungsgründe
9 Die Revision hat Erfolg. Die Klage ist begründet.
10 A. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, auf Grund der durchgeführten Beweisaufnahme stehe
fest, dass der Kläger mit dem ihm vom Betriebsratsvorsitzenden vor Ausspruch der Kündigung
übermittelten Abfindungsangebot der Beklagten iHv. 8.000,00 Euro ausdrücklich einverstanden
gewesen sei. Diese Vereinbarung sei nicht formbedürftig. Auch wenn im Kündigungsschreiben
dem Wortlaut nach auf die Regelung des § 1a KSchG verwiesen werde, könne sich der Kläger
jedenfalls angesichts der zuvor getroffenen abweichenden Vereinbarung über die Höhe der
Abfindung nicht auf § 1a KSchG berufen. Das Verhalten des Klägers sei vor diesem Hintergrund
treuwidrig.
11 B. Dem stimmt der Senat nicht zu.
12 I. Dem Kläger steht der erhobene Zahlungsanspruch iHv. 4.076,16 Euro brutto zzgl.
Prozesszinsen seit 25. März 2005 zu. Der Anspruch des Klägers ergibt sich aus § 1a KSchG.
13 1. Nach § 1a Abs. 1 Satz 1 KSchG hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Abfindung, wenn der
Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs. 2
Satz 1 KSchG kündigt und der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 KSchG keine
Klage auf Feststellung erhebt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist.
Nach § 1a Abs. 1 Satz 2 KSchG setzt der Anspruch den Hinweis des Arbeitgebers in der
Kündigungserklärung voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Gründe gestützt ist
und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann.
14 a) Diese Voraussetzungen erfüllt das Kündigungsschreiben vom 28. Oktober 2004. Die
ausgesprochene Kündigung wird auf dringende betriebliche Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 Satz 1
KSchG gestützt und enthält auch den Hinweis, dass der Arbeitnehmer eine Abfindung
beanspruchen kann, wenn er innerhalb der dreiwöchigen Frist für die Erhebung einer
Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 KSchG keine Klage erhebt.
15 b) Die Abfindungshöhe von 12.076,16 Euro ergibt sich aus § 1a Abs. 2 KSchG. Eines gesonderten
Hinweises auf die Höhe der Abfindung bedurfte es nicht (vgl. APS-Ascheid/Hesse 3. Aufl. § 1a
KSchG Rn. 6; Bader NZA 2004, 65, 71; ErfK/Ascheid/Oetker 7. Aufl. § 1a KSchG Rn. 5;
Giesen/Besgen NJW 2004, 185, 186; HaKo-Nägele KSchR 3. Aufl. § 1a KSchG Rn. 5;
v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 14. Aufl. § 1a Rn. 7; HWK/Quecke 2. Aufl. § 1a KSchG Rn. 12;
KR-Spilger 8. Aufl. § 1a KSchG Rn. 33; Maschmann AuA 10/2003, 6, 10;
Stahlhacke/Preis/Vossen-Preis Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis 9. Aufl.
Rn. 1167f) . Voraussetzung für den Anspruch auf Zahlung einer Abfindung, deren Höhe sich dann
nach § 1a Abs. 2 KSchG errechnet, sind lediglich die Hinweise auf die zur Rechtfertigung der
Kündigung angezogenen dringenden betrieblichen Erfordernisse und auf das Verstreichenlassen
der Klagefrist nach § 4 Satz 1 KSchG. Die für die Berechnung des Anspruchs maßgebliche
Vorschrift des § 1a Abs. 2 KSchG muss nicht ausdrücklich erwähnt werden.
16 2. Das Kündigungsschreiben enthält kein von § 1a Abs. 2 KSchG abweichendes
Abfindungsangebot.
17 a) § 1a KSchG steht einer Auslegung des Kündigungsschreibens als eigenständiges, von den
Voraussetzungen des § 1a KSchG unabhängiges Abfindungsangebot nicht grundsätzlich
entgegen. Die Regelung des § 1a KSchG setzt keinen generell unabdingbaren
Mindestabfindungsanspruch bei Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen fest (vgl. Preis DB
2004, 70, 73) . Die Arbeitsvertragsparteien bleiben auch bei betriebsbedingten Kündigungen frei,
eine geringere oder höhere als die vom Gesetz vorgesehene Abfindung zu vereinbaren (BAG
19. Juni 2007 - 1 AZR 340/06 - DB 2007, 2600) .
18 aa) Dies schließt die Möglichkeit ein, dass der Arbeitgeber die Zahlung einer Abfindung von dem
ungenutzten Verstreichenlassen der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig
macht. Es hätte einer Anordnung des Gesetzgebers bedurft, um die mit einem Ausschluss einer
von § 1a KSchG abweichenden Vereinbarung verbundene Beschränkung der Vertragsfreiheit zu
rechtfertigen (vgl. auch Preis DB 2004, 70, 73) .
19 bb) Die Frage, ob der Arbeitgeber einen Hinweis nach § 1a KSchG oder ein davon abweichendes
Angebot unterbreitet hat, ist durch Auslegung des Kündigungsschreibens zu ermitteln (BAG
19. Juni 2007 - 1 AZR 340/06 - DB 2007, 2600; vgl. KR-Spilger 8. Aufl. § 1a KSchG Rn. 60) .
Dabei darf allerdings nicht vorschnell auf ein solches Angebot geschlossen werden. Aus dem
Kündigungsschreiben muss sich der Wille des Arbeitgebers, ein von der gesetzlichen Vorgabe
abweichendes Angebot unterbreiten zu wollen, eindeutig und unmissverständlich ergeben (s. auch
Preis aaO) . Enthält das Kündigungsschreiben einen vollständigen Hinweis nach § 1a KSchG, so
spricht dies für einen Anspruch des Arbeitnehmers nach § 1a Abs. 2 KSchG.
20 (1) Ausweislich der Gesetzesbegründung sollte durch § 1a KSchG eine einfach zu handhabende,
moderne und unbürokratische Alternative zum Kündigungsschutzprozess geschaffen werden: Der
Arbeitgeber “muss in der schriftlichen Kündigungserklärung (§ 623 BGB) als Kündigungsgrund
dringende betriebliche Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 Satz 1 angeben. … Außerdem muss der
Arbeitgeber … darauf hinweisen, dass der Arbeitnehmer die gesetzliche Abfindung nach
Beendigung des Arbeitsverhältnisses beanspruchen kann, wenn er die dreiwöchige Frist für die
Erhebung einer Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 verstreichen lässt. Dadurch, dass der
Arbeitgeber beide Angaben schriftlich mitteilen muss, werden irrtümliche Erklärungen vermieden.
Durch die gesetzliche Schriftform und den gesetzlich vorgegebenen Inhalt der
Kündigungserklärung wird für den Arbeitnehmer die erforderliche Rechtsklarheit und
Beweissicherung geschaffen. Der Arbeitnehmer kann jetzt frei darüber entscheiden, ob er die
Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung der gesetzlich festgesetzten Abfindung
gegen sich gelten lässt oder ob er Kündigungsschutzklage erhebt, bevor die Kündigung wegen
Ablaufs der Klagefrist als von Anfang an rechtswirksam gilt (§ 7).” (BT-Drucks. 15/1204 S. 12).
21 (2) Will der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mit Ausspruch der Kündigung ein Angebot auf
Abschluss eines Vertrags in Anlehnung an das gesetzliche Modell des § 1a KSchG unterbreiten,
ohne jedoch die gesetzliche Abfindung anbieten zu wollen, so ist aus Gründen der
Rechtssicherheit, Rechtsklarheit und Beweissicherung erforderlich, dass sich aus der schriftlichen
Kündigungserklärung eindeutig und unmissverständlich ergibt, welche Abfindung der Arbeitgeber
anbietet (s. auch Preis DB 2004, 70, 73) . Der Arbeitnehmer muss nach Erhalt des
Kündigungsschreibens innerhalb von drei Wochen entscheiden, ob er gegen Zahlung der
angebotenen Abfindung aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet oder ob er eine
Kündigungsschutzklage erhebt. Zusätzlich muss der Arbeitnehmer in der Situation des Zugangs
der Kündigung klar erkennen können, ob der Arbeitgeber ihm ein Angebot nach § 1a KSchG oder
ein von § 1a KSchG abweichendes Angebot unterbereitet hat. Er muss wissen, worauf er sich
einlässt. Andernfalls könnte sich erst bei Zahlung der Abfindung nach Ablauf der Kündigungsfrist
(vgl. dazu Senat 10. Mai 2007 - 2 AZR 45/06 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 1a Nr. 3 = EzA KSchG
§ 1a Nr. 1) herausstellen, dass der Arbeitgeber ein von § 1a Abs. 2 KSchG abweichendes
Angebot unterbreitet haben wollte. Der Arbeitnehmer hätte dann wegen § 4 KSchG häufig keine
oder eine nur noch sehr eingeschränkte Möglichkeit, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses
gerichtlich prüfen zu lassen. Es wären dann - soweit es den Bestandsschutz angeht - zu Lasten
des Arbeitnehmers unumkehrbare Fakten geschaffen. Der Arbeitnehmer müsste im Übrigen die
Abfindung zur vollständigen Disposition stellen: Mit der Klageerhebung würde er die
Voraussetzung jedweden Abfindungsanspruchs selbst beseitigen.
22 b) Nach diesen Grundsätzen enthält das Kündigungsschreiben kein hinreichend eindeutiges
Angebot der Beklagten, eine von § 1a Abs. 2 KSchG abweichende Vereinbarung mit dem Kläger
treffen zu wollen.
23 aa) Das ergibt bereits die Auslegung des Kündigungsschreibens, wie sie das Landesarbeitsgericht
vorgenommen hat. Das Landesarbeitsgericht versteht die Erklärung der Beklagten im
Kündigungsschreiben zwar vor dem Hintergrund der vorausgegangenen Gespräche des Klägers
mit dem Betriebsrat und der angehängten Mitteilung als ein von § 1a Abs. 2 KSchG abweichendes
Angebot. Indes weist das Landesarbeitsgericht ausdrücklich darauf hin, die Erklärung der
Beklagten sei selbst bei Einbeziehung der Vorgeschichte “missverständlich”. Trifft dies aber zu, so
entbehrte sie der notwendigen Eindeutigkeit. Gerade die Missverständlichkeit muss nach dem
oben beschriebenen Sinn des Gesetzes ausgeschlossen werden.
24 bb) Auch nach Auffassung des Senats ist die Erklärung der Beklagten zumindest
missverständlich. Wie bereits ausgeführt, entsprach der schriftliche Wortlaut der im
Kündigungsschreiben enthaltenen Erklärungen unzweifelhaft § 1a KSchG.
25 cc) Ein Hinweis darauf, dass die Beklagte eine geringere Abfindung zahlen wollte, konnte sich
zwar aus dem beigefügten Vermerk und den zuvor vom Kläger mit dem Betriebsrat geführten
Gesprächen ergeben. Eindeutig war dies jedoch aus mehreren Gründen nicht: Zum einen bot sich
auch an, das Kündigungsschreiben im Zusammenhang mit dem Vermerk des Betriebsrats dahin
zu verstehen, eine Abfindung von 8.000,00 Euro werde in jedem Falle, also auch bei
Klageerhebung, gezahlt. Zum anderen war der Vermerk aus Sicht des Klägers eine Erklärung des
Betriebsrats, nicht der Beklagten. Er war auch nicht Teil des Kündigungsschreibens.
26 3. Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien nach Ausspruch der Kündigung eine von § 1a KSchG
abweichende vertragliche Vereinbarung getroffen haben, sind nicht ersichtlich. Die Angabe in der
Betriebsratsanhörung ist hierzu nicht geeignet. Sie erfüllt das Schriftformerfordernis des § 1a
Abs. 1 KSchG nicht (vgl. dazu KR-Spilger 8. Aufl. § 1a KSchG Rn. 29) , denn die
Betriebsratsanhörung ist nicht Bestandteil der Kündigung vom 28. Oktober 2004 und kann auch
nicht als eigenständiges Angebot aufgefasst werden.
27 4. Das Landesarbeitsgericht hat auch nicht festgestellt, dass die unter Vermittlung des
Betriebsratsvorsitzenden zustande gekommene Vereinbarung ein eigenständiger
Aufhebungsvertrag war. Ein solcher hätte jedenfalls auch der Schriftform des § 623 BGB genügen
müssen, die erkennbar fehlt.
28 5. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist dem Kläger die Geltendmachung einer
Abfindungszahlung in der sich aus § 1a Abs. 2 KSchG ergebenden Höhe nicht nach Treu und
Glauben verwehrt.
29 a) Der Kläger hat seine Rechtsposition nicht unredlich erworben. Aus den Feststellungen des
Landesarbeitsgerichts und dem Vortrag der Parteien im gesamten Rechtsstreit lässt sich nicht
entnehmen, dass das Vorgehen der Beklagten nach § 1a KSchG vom Kläger veranlasst wurde.
Insbesondere hat die Beklagte nicht geltend gemacht, dass sie sich erst nach Abschluss der
Vereinbarung über die Zahlung einer Abfindung in Höhe von 8.000,00 Euro mit dem Kläger zu
einem Vorgehen entsprechend § 1a KSchG entschlossen hätte.
30 b) Ein widersprüchliches Verhalten (venire contra factum proprium) liegt nicht vor. Das
Landesarbeitsgericht hat nicht festgesellt, dass der Kläger gegenüber der Beklagten zu erkennen
gegeben hätte, er werde einen sich aus § 1a KSchG ergebenden Abfindungsbetrag nicht
beanspruchen. Außerdem betrifft das Verhalten des Klägers seine Beziehung zum
Betriebsratsvorsitzenden, nicht zur Beklagten. Umstände, aus denen die Geltendmachung des
Abfindungsanspruchs in Höhe des § 1a Abs. 2 KSchG gegenüber der Beklagten widersprüchlich
zum vorangegangenen Verhalten des Klägers erscheinen könnte, hat das Landesarbeitsgericht
nicht festgestellt und sind auch sonst nicht ersichtlich.
31 c) Abgesehen davon könnte die Treuwidrigkeit allenfalls daraus hergeleitet werden, dass der
Kläger sich an die vor der Kündigung etwa getroffene Absprache nicht gehalten hat. Diese
Absprache selbst war jedoch unwirksam, weil sie einen vor Ausspruch der Kündigung erklärten
Verzicht des Klägers auf Erhebung einer Kündigungsschutzklage enthalten hätte. Nach der
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (grundlegend: Senat 3. Mai 1979 - 2 AZR 679/77 -
BAGE 32, 6, zu II 2 a der Gründe) und der überwiegenden Auffassung in der Literatur
(v. Hoyningen-Huene KSchG 14. Aufl. § 1 Rn. 15 ff.; KR-Friedrich 8. Aufl. § 4 KSchG Rn. 297;
Stahlhacke/Preis/Vossen-Preis Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis 9. Aufl.
Rn. 1253) kann ein Arbeitnehmer vor Ausspruch der Kündigung nicht auf die Erhebung oder
Durchführung einer Kündigungsschutzklage verzichten.
32 6. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 292, 288 Abs. 1 BGB.
33 II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits nach § 91 ZPO.
Rost
Eylert
Schmitz-Scholemann
K. Schierle
R. Gans