Urteil des BAG vom 08.12.2009

Parallelentscheidung zum Beschluss des Gerichts vom 08.12.2009, 1 ABR 37/09.

Siehe auch:
BUNDESARBEITSGERICHT Beschluss vom 22.6.2010, 1 ABR 44/09
Parallelentscheidung zum Beschluss des Gerichts vom 08.12.2009, 1 ABR 37/09.
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des
Landesarbeitsgerichts Saarland vom 19. November 2008 - 2 TaBV 11/08 - wird
hinsichtlich seines Widerantrags zurückgewiesen.
Gründe
1 A. Die Beteiligten streiten über das Beteiligungsrecht des Betriebsrats bei personellen Maßnahmen
nach Betriebsstilllegung.
2 Die Arbeitgeberin erbringt Postdienstleistungen. Im Zuge unternehmensweiter Umstrukturierungen
löste sie ihre Service Niederlassung Immobilien in S(SNL S) zum Jahresende 2001 auf. Die von
der Arbeitgeberin zuvor beantragte Zustimmung zu Versetzungen der Arbeitnehmer in andere
Betriebe des Unternehmens verweigerte der Betriebsrat unter Hinweis darauf, dass nach den
geltenden Tarifverträgen Nr. 444 bzw. 445 zunächst für diese Arbeitnehmer ein Sozialplan zu
erstellen sei.
3 Im August 2004 vereinbarte die Arbeitgeberin mit dem Gesamtbetriebsrat einen Sozialplan. In
einer Anlage hierzu war die Zuordnung der Beschäftigten zu den Personalposten und
Niederlassungen geregelt. Der Gesamtbetriebsrat stimmte mit Schreiben vom 2. Februar 2005
den von der Arbeitgeberin aufgestellten Feststellungsvermerken über die Zumutbarkeit der
Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten zu. Daraufhin ersuchte die Arbeitgeberin den Betriebsrat der
stillgelegten SNL S mit Schreiben vom 22. März 2005 vorsorglich erneut um seine Zustimmung zu
Versetzungen von insgesamt 150 Beschäftigten. Der am 30. April 2005 beim Betriebsrat
eingegangene Antrag enthielt einen Hinweis darauf, dass die Versetzungen aus sachlichen
Gründen dringend erforderlich seien. Der Betriebsrat bestritt am 10. Mai 2005 die Dringlichkeit der
Versetzungen und verweigerte anschließend im Schreiben vom 21. Mai 2005, bei der
Arbeitgeberin am gleichen Tag eingegangen, für 74 Arbeitnehmer seine Zustimmung zu den
beantragten Versetzungen unter Hinweis auf einen Verstoß gegen die Bestimmungen der
Tarifverträge Nr. 444/445 und des Sozialplans.
4 Mit einem am 13. Mai 2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Arbeitgeberin
die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats und die Feststellung der Dringlichkeit
der vorläufig vorgenommenen Versetzungen beantragt. Das Arbeitsgericht hat die in einem
Verfahren verhandelten Anträge abgewiesen und in den Gründen ausgeführt, die Zustimmung des
Betriebsrats gelte wegen Versäumung der Äußerungsfrist als erteilt. Gegen den Beschluss des
Arbeitsgerichts haben sowohl die Arbeitgeberin als auch der Betriebsrat Beschwerde eingelegt.
Das Landesarbeitsgericht hat das Verfahren getrennt und die Anträge der Arbeitgeberin für jeden
von der Versetzung betroffenen Arbeitnehmer gesondert verhandelt. Das vorliegende Verfahren
betrifft den Antrag auf Versetzung des Arbeitnehmers E zu der Niederlassung BRIEF E. Nach
dem ihn betreffenden Feststellungsvermerk sollte Herr E dort auf einem „Vertreterposten“ als
„Service-Disponent“ in E eingesetzt werden. In der Zeit vom 1. November 2005 bis zum
3. Dezember 2006 übertrug die Arbeitgeberin Herrn E Projektaufgaben in der Abteilung
Personal/Service.
5 Die Arbeitgeberin hat zuletzt beantragt,
1. die von dem Betriebsrat verweigerte Zustimmung zu der Versetzung von Herrn E von
der ehemaligen Service Niederlassung Immobilien zu der Niederlassung BRIEF E zu
ersetzen,
hilfsweise festzustellen,
dass die von dem Betriebsrat verweigerte Zustimmung zu der Versetzung von Herrn E
von der ehemaligen Service Niederlassung Immobilien zu der Niederlassung BRIEF E
als erteilt gilt,
2. festzustellen, dass die Versetzung von Herrn E von der ehemaligen Service
Niederlassung Immobilien zu der Niederlassung BRIEF E aus sachlichen Gründen
dringend erforderlich gewesen ist.
6 Der Betriebsrat hat, soweit für die Rechtsbeschwerde noch von Bedeutung, beantragt, die Anträge
zurückzuweisen. Im Wege eines im Beschwerdeverfahren erhobenen Widerantrags hat er
beantragt,
der Arbeitgeberin für den Fall, dass diese nach den Feststellungen des
Landesarbeitsgerichts an der konkreten Versetzungsmaßnahme, für die sie mit dem
Schreiben vom 22. März 2005 die Zustimmung nach § 99 Abs. 2 BetrVG beantragt habe,
nicht mehr festhalte, gemäß § 101 BetrVG aufzugeben, die inzwischen mit der Zuweisung
von Mitarbeitertätigkeiten im Hausservice und Innendienst sowie mit der Zuweisung von
Springereinsätzen in Projekten erfolgte erneute Versetzung von Herrn J E aufzuheben.
7 Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Widerantrag zurückzuweisen.
8 Das Landesarbeitsgericht hat im Tenor seiner Entscheidung die Beschwerde der Arbeitgeberin mit
der Maßgabe zurückgewiesen, dass ihre Anträge „als unzulässig zurückgewiesen“ werden. Den
Widerantrag des Betriebsrats hat es als „unbegründet zurückgewiesen“. Mit der nur für den
Betriebsrat zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt dieser die Abweisung der Anträge der
Arbeitgeberin als unbegründet und verfolgt seinen Aufhebungsantrag weiter. Die Beteiligten haben
im Verlauf des Rechtsbeschwerdeverfahrens die Sachanträge der Arbeitgeberin im Hinblick auf
die geänderte Tätigkeit von Herrn E übereinstimmend für erledigt erklärt.
9 B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist unbegründet. Nachdem die Beteiligten das
Verfahren hinsichtlich der von der Arbeitgeberin gestellten Sachanträge übereinstimmend für
erledigt erklärt haben, hat der Senat nur noch über den Widerantrag des Betriebsrats zu befinden.
10 Das Landesarbeitsgericht hat dem Widerantrag zu Recht nicht entsprochen. Der Betriebsrat kann
die Aufhebung der Beschäftigung des Arbeitnehmers E in der Niederlassung BRIEF E nicht
verlangen, weil die Arbeitgeberin das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 99 Abs. 1
Satz 1, § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG nicht verletzt hat. Die Arbeitgeberin konnte dem Arbeitnehmer
E eine Tätigkeit in der Niederlassung BRIEF E zuweisen, ohne den Betriebsrat der stillgelegten
SNL S im Rahmen eines Restmandats nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG beteiligen zu müssen. Die
SNL S war zum Zeitpunkt der Einleitung des Zustimmungsverfahrens am 22. März 2005 bereits
mehr als drei Jahre stillgelegt. Der Betriebsrat eines stillgelegten Betriebs ist nicht im Rahmen
seines Restmandats nach § 99 Abs. 1 Satz 1, § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG zu beteiligen, wenn der
Arbeitgeber einem Arbeitnehmer nach der vollständigen Stilllegung des Betriebs eine Tätigkeit in
einem anderen Betrieb des Unternehmens zuweist (dazu ausführlich BAG 8. Dezember 2009 -
1 ABR 41/09 - Rn. 17 ff.). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Danach hat das
Landesarbeitsgericht im Ergebnis zu Recht erkannt, dass der Aufhebungsantrag des Betriebsrats
unbegründet ist.
Schmidt
Linck
Koch
Manfred Gentz
Hayen