Urteil des BAG vom 23.06.2010
Mitbestimmung bei Einstellung - Vereinsmitglied - DRK-Schwesternschaft - Personalgestellung
BUNDESARBEITSGERICHT Beschluss vom 23.6.2010, 7 ABR 1/09
Mitbestimmung bei Einstellung - Vereinsmitglied - DRK-Schwesternschaft - Personalgestellung
Leitsätze
Die Aufnahme eines zur Erbringung von Pflegediensten verpflichteten Mitglieds in eine DRK-
Schwesternschaft ist eine Einstellung und unterliegt der Mitbestimmung des bei der Schwesternschaft
gebildeten Betriebsrats nach § 99 BetrVG. Dies gilt auch dann, wenn das Mitglied im Wege der
Personalgestellung als Pflegekraft in einer Einrichtung eines Dritten eingesetzt werden soll.
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des
Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 30. Oktober 2008 - 15 TaBV 245/08 -
aufgehoben.
Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts
Essen vom 4. Juni 2008 - 4 BV 18/08 - abgeändert:
Dem Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, die Einstellung des Krankenpflegers R
aufzuheben.
Gründe
1 I. Die Beteiligten streiten über das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach
§ 99 BetrVG bei der Aufnahme eines Mitglieds durch die Beteiligte zu 2).
2 Die Beteiligte zu 2) ist eine als eingetragener Verein verfasste DRK-Schwesternschaft (im
Folgenden: Arbeitgeberin). Deren Zweck besteht nach § 3 der Satzung in der Förderung der
öffentlichen Gesundheitspflege und der Hilfe für Menschen in Not. Nach § 2 der Satzung verfolgt
die Schwesternschaft ausschließlich gemeinnützige Zwecke. Sie ist in der Kranken-,
Kinderkranken- und Altenpflege sowie in der Geburtshilfe tätig. Nach § 1 Abs. 2 der Satzung
ermöglicht die Schwesternschaft ihren Mitgliedern die Ausübung ihres Berufs im karitativen Geist.
Ihre Mitglieder sind nach § 7 Abs. 1 der Satzung verpflichtet, der Schwesternschaft ihre volle
Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Sie werden bei der Schwesternschaft selbst, ihren
Einrichtungen oder - im Rahmen von Gestellungsverträgen und im Auftrag der Schwesternschaft -
bei anderen Einrichtungen der Pflege kranker oder hilfsbedürftiger Menschen eingesetzt. Mit den
Mitgliedern werden nach § 7 Abs. 2 Satz 2 der Satzung keine Arbeitsverhältnisse begründet. Die
Rechte und Pflichten zwischen der Schwesternschaft und den Mitgliedern richten sich nach der
Satzung und der Mitgliederordnung.
3 Die Arbeitgeberin beschäftigt außer ihren Mitgliedern 375 Arbeitnehmer im Pflegebereich. Diese
werden von dem antragstellenden Betriebsrat repräsentiert. Auf der Grundlage eines
Gestellungsvertrags sind derzeit 1053 Mitglieder und 372 Arbeitnehmer der Arbeitgeberin bei dem
Universitätsklinikum E (im Folgenden: UKE) tätig. Dieses Pflegepersonal unterliegt nach dem
Gestellungsvertrag den fachlichen und organisatorischen Weisungen der zuständigen Stellen des
UKE. Es gelten die gleichen Arbeitszeitregelungen wie für vergleichbare Beschäftigte des
UKE. Es gelten die gleichen Arbeitszeitregelungen wie für vergleichbare Beschäftigte des
Klinikums. Die Dienstplangestaltung für das gestellte Personal obliegt den leitenden Pflegekräften
der medizinischen Zentren des UKE. Das gestellte Personal ist verpflichtet, im Rahmen der
dienstplanmäßigen Anordnungen Bereitschafts- und Rufbereitschaftsdienste sowie Überstunden
zu leisten. Nach Art. 2 Nrn. 3, 4 und 7 der Mitgliederordnung haben die im Auftrag der
Schwesternschaft eingesetzten Mitglieder Anspruch auf eine monatliche Vergütung, auf einen
jährlichen Erholungsurlaub sowie auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
4 Am 2. Mai 2007 wurde der Krankenpfleger R auf seinen Antrag als Mitglied in die
Schwesternschaft aufgenommen. Er wird auf der Grundlage des Gestellungsvertrags im UKE
eingesetzt. Mit Schreiben vom 24. Oktober 2007 machte der Betriebsrat gegenüber der
Arbeitgeberin ein Mitbestimmungsrecht bei der Einstellung von Herrn R geltend. Die Arbeitgeberin
stellte das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts unter Hinweis darauf, dass Herr R Mitglied und
nicht Arbeitnehmer sei, in Abrede.
5 Der Betriebsrat hat in dem von ihm eingeleiteten Beschlussverfahren von der Arbeitgeberin die
Aufhebung der Einstellung von Herrn R verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin
habe bei der Einstellung von Herrn R sein Mitbestimmungsrecht nach § 99 Abs. 1 Sätze 1 und 2
BetrVG verletzt. Herr R sei als Arbeitnehmer anzusehen. Die Arbeitgeberin umgehe durch die
Begründung vereinsrechtlicher Arbeitspflichten in unzulässiger Weise zwingende arbeitsrechtliche
Schutzbestimmungen. Deshalb seien auf die Mitglieder die für Arbeitsverhältnisse maßgeblichen
Vorschriften anzuwenden. Dazu gehöre § 99 BetrVG. Dem stehe nicht entgegen, dass Herr R
nicht in einem Betrieb der Arbeitgeberin arbeite, sondern dem UKE zur Arbeitsleistung überlassen
sei. Nach § 14 Abs. 1 AÜG, der auch auf die nicht gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung
anzuwenden sei, bleibe ein zur Arbeitsleistung überlassener Arbeitnehmer auch während der
Dauer der Überlassung Angehöriger des entsendenden Betriebs.
6 Der Betriebsrat hat beantragt,
der Arbeitgeberin aufzugeben, die Einstellung des Krankenpflegers R aufzuheben.
7 Die Arbeitgeberin hat die Abweisung des Antrags beantragt und gemeint, dem Betriebsrat stehe
das geltend gemachte Mitbestimmungsrecht nicht zu. Bei der Aufnahme von Herrn R als Mitglied
habe es sich nicht um eine Einstellung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG gehandelt. Herr R sei nicht
in ihren Betrieb eingegliedert worden. Seine Aufnahme in die Schwesternschaft sei zum
ausschließlichen Einsatz im UKE erfolgt. Die arbeitsrechtlichen Weisungsbefugnisse lägen beim
UKE. Dieses setze das Pflegepersonal wie eigenes Personal ein. Der im UKE bestehende
Personalrat werde beim Ersteinsatz von Gestellungspersonal beteiligt. § 14 Abs. 1 AÜG sei weder
unmittelbar noch entsprechend anwendbar. Die Einstellung einer Person durch einen Verleiher
unterliege nur dann dem Mitbestimmungsrecht des bei dem Verleiher bestehenden Betriebsrats,
wenn die Einstellung zur späteren Überlassung an einen Dritten erfolge. Herr R sei jedoch zur
sofortigen Gestellung an das UKE als Mitglied aufgenommen worden. Außerdem gelte § 14 Abs. 1
AÜG nur für die Überlassung von Arbeitnehmern, nicht jedoch für die Gestellung von
Vereinsmitgliedern. Herr R sei kein Arbeitnehmer, sondern habe seine Arbeitsleistung allein
aufgrund seiner Mitgliedschaft erbracht. Dadurch würden Arbeitnehmerschutzrechte nicht
umgangen.
8 Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des
Betriebsrats zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seinen Antrag
weiter. Die Arbeitgeberin beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.
9 II. Die Beschwerde ist begründet. Die Vorinstanzen haben den Antrag des Betriebsrats zu Unrecht
abgewiesen. Der Antrag ist begründet. Die Arbeitgeberin ist nach § 101 Satz 1 BetrVG verpflichtet,
die Einstellung des Krankenpflegers R aufzuheben, da sie die Maßnahme ohne vorherige
Zustimmung des Betriebsrats durchgeführt hat. Bei der Aufnahme von Herrn R als Mitglied
handelte es sich um eine nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG mitbestimmungspflichtige Einstellung
bei der Arbeitgeberin. Herr R wurde trotz seines von Anfang an beabsichtigten Einsatzes im UKE
in die betriebliche Organisation der Arbeitgeberin eingegliedert. Es kommt deshalb entgegen der
Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht darauf an, ob Herr R als Arbeitnehmer anzusehen ist
und er deshalb auch während der Dauer seiner Arbeitsleistung im UKE nach § 14 Abs. 1 AÜG
Betriebsangehöriger der Arbeitgeberin blieb.
10 1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt eine Einstellung iSv. § 99
Abs. 1 Satz 1 BetrVG vor, wenn Personen in den Betrieb eingegliedert werden, um zusammen mit
den dort beschäftigten Arbeitnehmern dessen arbeitstechnischen Zweck durch
weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen. Auf das Rechtsverhältnis, in dem die Personen
zum Betriebsinhaber stehen, kommt es nicht an. Maßgebend ist, ob die zu verrichtenden
Tätigkeiten ihrer Art nach weisungsgebunden und dazu bestimmt sind, der Verwirklichung des
arbeitstechnischen Zwecks des Betriebs zu dienen. Die Personen müssen derart in den Betrieb
eingegliedert werden, dass der Betriebsinhaber die für eine weisungsabhängige Tätigkeit typischen
Entscheidungen auch über Zeit und Ort der Tätigkeit zu treffen hat. Der Betriebsinhaber muss in
diesem Sinne Personalhoheit besitzen und damit gegenüber den betreffenden Personen
wenigstens einen Teil der Arbeitgeberstellung wahrnehmen (BAG 23. Juni 2009 - 1 ABR 30/08 -
Rn. 19 mwN, AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 59).
11 2. Hiernach liegt in der Aufnahme des Krankenpflegers R als Mitglied der Schwesternschaft eine
nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG mitbestimmungspflichtige Einstellung.
12 a) Der Annahme eines Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG
steht nicht entgegen, dass die Arbeitgeberin mit Herrn R keinen Arbeitsvertrag abgeschlossen,
sondern ihn als Mitglied in die Schwesternschaft aufgenommen hat und dadurch jedenfalls laut § 7
Abs. 2 Satz 2 der Satzung kein Arbeitsverhältnis begründet wurde.
13 aa) Eine Einstellung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG setzt nicht notwendig die Begründung eines
Arbeitsverhältnisses voraus (BAG 2. Oktober 2007 - 1 ABR 60/06 - Rn. 15, BAGE 124, 182). Das
Rechtsverhältnis zum Betriebsinhaber kann auch ein Dienst- oder Werkvertrag sein, es kann
vereinsrechtlicher Art sein und es kann - wie § 14 Abs. 3 AÜG für Leiharbeitnehmer zeigt - sogar
ganz fehlen. Für die Annahme einer Einstellung reicht es damit aus, wenn ein Vereinsmitglied auf
vereinsrechtlicher Grundlage eine ihrer Art nach weisungsgebundene Tätigkeit verrichtet, die der
Arbeitgeber organisiert (BAG 12. November 2002 - 1 ABR 60/01 - zu B II 2 a bb der Gründe,
BAGE 103, 329 zum Einsatz ehrenamtlicher Mitglieder des DRK auf Krankenwagen).
14 bb) Diese Voraussetzungen sind bei der Aufnahme von Herrn R als Mitglied in die
Schwesternschaft erfüllt. Herr R übt Pflegetätigkeiten aus, die ihrer Art nach weisungsgebunden
sind. Sein Einsatz wird - zumindest teilweise - von der Arbeitgeberin organisiert.
15 (1) Die Weisungsabhängigkeit von Herrn R als Mitglied der Schwesternschaft ergibt sich bereits
aus der Satzung und der nach § 7 Abs. 2 Satz 3 der Satzung geltenden Mitgliederordnung. Nach
§ 7 Abs. 1 Satz 1 der Satzung ist das Mitglied verpflichtet, der Schwesternschaft seine volle
Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Die Tätigkeit wird nach § 7 Abs. 2 Satz 1 der Satzung bei der
Schwesternschaft selbst, ihren Einrichtungen oder im Wege der Personalgestellung bei anderen
Einrichtungen der Pflege kranker oder hilfsbedürftiger Menschen ausgeübt. Nach Art. 2 Nr. 1 der
Mitgliederordnung setzt die Schwesternschaft das Mitglied entsprechend seinen Fähigkeiten und
Wünschen sowie unter Berücksichtigung der Belange der Schwesternschaft ein. Das Mitglied ist
daher - ebenso wie ein Arbeitnehmer - gegenüber der Schwesternschaft zur Arbeitsleistung
verpflichtet und unterliegt deren Weisungsrecht.
16 (2) Die Weisungsabhängigkeit eines Mitglieds gegenüber der Arbeitgeberin entfällt nicht dadurch,
dass es seine Arbeitsleistung nicht bei der Schwesternschaft selbst erbringt, sondern auf der
Grundlage eines Gestellungsvertrags bei einer Einrichtung außerhalb der Trägerschaft der
Schwesternschaft eingesetzt wird. In diesem Fall wird zwar das Weisungsrecht hinsichtlich der
konkret zu erbringenden Pflegedienste nach der erfolgten Gestellung nicht mehr von der
Schwesternschaft, sondern von dem Inhaber des Einsatzbetriebs oder dessen Vertretern
ausgeübt. Das setzt aber zunächst eine entsprechende Übertragung des Weisungsrechts von der
Arbeitgeberin auf den Einsatzbetrieb voraus. Es ist von der Schwesternschaft zu entscheiden, ob
überhaupt und ggf. welchem Dritten das Mitglied im Wege der Gestellung zur Erbringung von
Pflegediensten überlassen wird. Die Schwesternschaft befindet daher anlässlich der Aufnahme
des Mitglieds über die Zuweisung eines Arbeitsbereichs. Außerdem hat die Schwesternschaft die
Möglichkeit, eine Gestellung zu beenden und das Mitglied in einer anderen Einrichtung
einzusetzen. Insoweit verbleibt die Personalhoheit bei der Schwesternschaft. In diesem Umfang
wird der Einsatz der gestellten Mitglieder auch von der Schwesternschaft organisiert. Auch in
Bezug auf die Zahlung der Vergütung und in disziplinarischer Hinsicht liegt die Personalhoheit bei
der Schwesternschaft. Es spielt deshalb keine Rolle, dass die dem UKE gestellten Mitglieder und
Arbeitnehmer aufgrund des Gestellungsvertrags den fachlichen und organisatorischen Weisungen
der zuständigen Stellen des UKE unterliegen, dass für sie die gleichen Arbeitszeitregelungen
gelten wie für vergleichbares Klinikpersonal, dass die Dienstplangestaltung den leitenden
Pflegekräften des UKE obliegt und dass das von der Arbeitgeberin gestellte Pflegepersonal
verpflichtet ist, im Rahmen der dienstplanmäßigen Anordnungen Bereitschafts- und
Rufbereitschaftsdienste sowie Überstunden zu leisten. Damit wird das Weisungsrecht gegenüber
dem gestellten Personal zwar in wesentlichen Teilen nicht von der Arbeitgeberin, sondern von der
Klinikleitung ausgeübt. Das ändert aber nichts daran, dass die Personalhoheit zunächst in vollem
Umfang bei der Arbeitgeberin liegt und auch nach der Gestellung ein maßgeblicher Teil dort
verbleibt.
17 b) Die Tätigkeiten der im Wege der Gestellung überlassenen Mitglieder dienen auch der
Verwirklichung des Betriebszwecks der Arbeitgeberin. Dieser ist nicht nur darauf gerichtet, selbst
in eigenen Einrichtungen Pflegedienste zu erbringen. Er besteht vielmehr auch darin, Dritten
Pflegekräfte im Wege der Personalgestellung zu überlassen. Diesem Betriebszweck dienen nicht
nur die zur Arbeitsleistung überlassenen Arbeitnehmer, sondern auch die zur Erbringung von
Pflegediensten gestellten Mitglieder.
18 c) Die Mitbestimmung des bei der Arbeitgeberin gebildeten Betriebsrats bei der Aufnahme von
Mitgliedern zur Leistung von Pflegediensten entspricht Sinn und Zweck des § 99 BetrVG. Dies gilt
auch dann, wenn das aufzunehmende Mitglied im Wege der Personalgestellung in einer
Einrichtung eines Dritten tätig werden soll. Zwar besteht in diesem Fall auch ein
Mitbestimmungsrecht des bei dem Dritten gebildeten Betriebs- oder Personalrats nach § 99 Abs. 1
BetrVG bzw. § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG oder den entsprechenden Bestimmungen der
Landespersonalvertretungsgesetze, zB § 72 Abs. 1 Nr. 1 LPVG NW (BAG 22. April 1997 - 1 ABR
74/96 - AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 18 = EzA § 99 BetrVG 1972 Einstellung Nr. 3 zum
Einsatz von Mitgliedern einer DRK-Schwesternschaft in einem von einem Dritten betriebenen
Krankenhaus; BVerwG 18. Juni 2002 - 6 P 12.01 - AP LPVG NW § 72 Nr. 24 zur Mitbestimmung
des Personalrats bei der Übernahme von Pflegekräften der Arbeitgeberin im Wege der
Personalgestellung durch das UKE). Dies steht jedoch einem Mitbestimmungsrecht des bei der
Arbeitgeberin gebildeten Betriebsrats nicht entgegen.
19 aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dient das Mitbestimmungsrecht
bei Einstellungen gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vorrangig der Wahrung der Interessen der
vom Betriebsrat vertretenen Belegschaft (BAG 12. November 2002 - 1 ABR 60/01 - zu B II 2 a aa
der Gründe, BAGE 103, 329; 19. Juni 2001 - 1 ABR 25/00 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 98, 70).
Dies zeigen die Zustimmungsverweigerungsgründe des § 99 Abs. 2 Nr. 3, 5 und 6 BetrVG. Die
Interessen der im Betrieb bereits Beschäftigten können auch durch die betriebliche Eingliederung
von Personen berührt werden, die zwar nicht Arbeitnehmer sind, aber auf Weisung des
Arbeitgebers gemeinsam mit den Arbeitnehmern zur Verwirklichung der Betriebszwecke tätig
werden. Für die das Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG auslösende tatsächliche
Betroffenheit der Belegschaft ist es in einem solchen Fall unerheblich, welchen rechtlichen Status
die aufzunehmende Person hat (BAG 2. Oktober 2007 - 1 ABR 60/06 - Rn. 19, BAGE 124, 182).
20 bb) Die Interessen der im Betrieb der Arbeitgeberin bereits beschäftigten Arbeitnehmer können
auch berührt sein, wenn Mitglieder aufgenommen werden, die - in gleicher Weise wie die
Arbeitnehmer der Arbeitgeberin - auf der Grundlage eines Gestellungsvertrags im UKE oder in
einer sonstigen Pflegeeinrichtung eines Dritten eingesetzt werden sollen. In Betracht kommen
insbesondere die Zustimmungsverweigerungsgründe des § 99 Abs. 2 Nr. 1, 3 und 6 BetrVG. Der
bei der Schwesternschaft bestehende Betriebsrat repräsentiert die in deren eigenen Einrichtungen
beschäftigten Arbeitnehmer sowie die dem UKE oder anderen Dritten im Wege der
Personalgestellung überlassenen Arbeitnehmer. Diese bleiben nach § 14 Abs. 1 AÜG auch
während ihres Einsatzes bei dem UKE - oder einem sonstigen Dritten - Angehörige des Betriebs
der Arbeitgeberin. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Überlassung durch die Arbeitgeberin
gewerbsmäßig oder nicht gewerbsmäßig erfolgt. Der unmittelbar nur für die gewerbsmäßige
Arbeitnehmerüberlassung geltende § 14 Abs. 1 AÜG ist wegen der Vergleichbarkeit der
Interessenlage auf die nicht gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung entsprechend anzuwenden
(vgl. etwa BAG 22. März 2000 - 7 ABR 34/98 - zu B II 2 a dd der Gründe, BAGE 94, 144). § 14
Abs. 1 AÜG gilt entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin auch dann, wenn die Einstellung eines
Arbeitnehmers ausschließlich zur sofortigen Überlassung an einen Dritten erfolgt. § 14 Abs. 1
AÜG enthält insoweit keine Einschränkung (so im Ergebnis auch BAG 22. März 2000 - 7 ABR
34/98 - aaO). Es ist ohne weiteres denkbar, dass die Aufnahme von Mitgliedern die Besorgnis
begründen kann, dass betriebsangehörige Arbeitnehmer der Arbeitgeberin hierdurch Nachteile
erleiden oder der Betriebsfrieden gestört wird. Der Schutzzweck des § 99 BetrVG gebietet es
daher, dem bei der Arbeitgeberin bestehenden Betriebsrat anlässlich der Aufnahme von
Mitgliedern ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 Abs. 1 BetrVG auch dann zuzuerkennen, wenn
diese Dritten zur Erbringung von Pflegediensten überlassen werden sollen.
21 cc) Dem Mitbestimmungsrecht des bei der Arbeitgeberin gebildeten Betriebsrats steht nicht
entgegen, dass bei dem Einsatz von Mitgliedern der Arbeitgeberin im UKE der dort gebildete
Personalrat nach § 72 Abs. 1 Nr. 1 LPVG NW mitzubestimmen hat. Der Personalrat nimmt nur
Mitbestimmungsrechte für die Belegschaft des UKE wahr, nicht aber für die außerhalb des UKE
eingesetzten Arbeitnehmer der Arbeitgeberin; für die gestellten Arbeitnehmer der Arbeitgeberin ist
er nur partiell zuständig. Deshalb besteht ein Bedürfnis für die Mitbestimmung auch des
Betriebsrats der Arbeitgeberin nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG anlässlich der Aufnahme von
Mitgliedern, die dem UKE - oder einem sonstigen Dritten - als Pflegekräfte gestellt werden sollen.
Gegenteiliges ergibt sich entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin nicht aus der Entscheidung
des Bundesarbeitsgerichts vom 22. April 1997 (- 1 ABR 74/96 - AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung
Nr. 18 = EzA § 99 BetrVG 1972 Einstellung Nr. 3). Der Erste Senat hat in dieser Entscheidung ein
Mitbestimmungsrecht des im Einsatzbetrieb errichteten Betriebsrats gegenüber der
Schwesternschaft beim Einsatz von gestelltem Pflegepersonal verneint. Im Streitfall geht es
dagegen um das Mitbestimmungsrecht des bei der Schwesternschaft gebildeten Betriebsrats.
Linsenmaier
Gräfl
Kiel
G. Güner
Hansen