Urteil des BAG vom 24.04.2013

Wiedereinstellungsanspruch - Auslegung einer Betriebsvereinbarung

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 24.4.2013, 7 AZR 523/11
Wiedereinstellungsanspruch - Auslegung einer Betriebsvereinbarung
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts
Rheinland-Pfalz vom 19. April 2011 - 1 Sa 507/10 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten über eine Verpflichtung der Beklagten, mit dem Kläger (wieder) ein
Arbeitsverhältnis zu begründen.
2 Der Kläger war bei der Beklagten vom 1. September 1980 bis zum 31. Dezember 1986 als
technischer Angestellter, zuletzt im EDV-Bereich beschäftigt. Zum 1. Januar 1987 ging
sein Arbeitsverhältnis im Zuge eines Betriebsübergangs auf die neu gegründete C I GmbH
über. Die Beklagte hatte ihr Geschäftsfeld der kompatiblen Großcomputer und
Peripheriesysteme ausgegliedert und in die C I GmbH überführt, einem von der Beklagten
und der S AG neu gegründeten Joint Venture. Die Firmenbezeichnung dieser Gesellschaft
stand Ende 1986 noch nicht fest; die Beklagte hielt nach ihrer Darstellung zunächst 66,5 %
und die S AG 33,5 % der Gesellschaftsanteile. In der C Gruppe war der Kläger zuletzt bei
der C S GmbH beschäftigt. Anschließend schloss er einen Arbeitsvertrag mit der A GmbH,
die das Servicegeschäft von der C S GmbH übernommen hatte. Während der Probezeit
kündigte der Kläger dieses Arbeitsverhältnis und wechselte zu einem anderen
Arbeitgeber.
3 Die Beklagte und der bei ihr bestehende Betriebsrat führten vor der Ausgliederung auf die
C I GmbH Verhandlungen über deren Folgen. Am 4. Dezember 1986 schlossen sie eine
mit „Rahmenbedingungen für in das Joint-Venture B/S übertretende B AG-Mitarbeiter“ (im
Folgenden: JVR 1986) überschriebene Vereinbarung, die auszugsweise folgenden
Wortlaut hat:
„Aus Anlaß der Ausgliederung des Geschäfts mit kompatiblen Großcomputern und
Peripheriesystemen aus der B AG zum 01.01.87 wird zwischen
Unternehmensleitung und Betriebsrat folgendes vereinbart:
1. …
15. Die B AG garantiert den am 01.01.87 in die neue Gesellschaft
überwechselnden Mitarbeitern ein Rückkehrrecht auf einen adäquaten
Arbeitsplatz in der B AG, sofern eine Weiterbeschäftigung innerhalb der
Arbeitsplatz in der B AG, sofern eine Weiterbeschäftigung innerhalb der
neuen Gesellschaft aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist.
…“
4 In der Zeit nach dem 1. Januar 1987 erwarb die Beklagte von der S AG sukzessive deren
Geschäftsanteile an diesem Unternehmen. In drei Tranchen - am 1. Mai 1996, am 16. Juli
1998 sowie am 25. Oktober 1999 - veräußerte sie die Anteile an die P D H GmbH, die
später in C D H GmbH umfirmierte. Mit Schreiben vom 14. August 2003 teilte die Beklagte
ihren ehemaligen Mitarbeitern - darunter auch dem Kläger - Folgendes mit:
„…
Sofern Sie von dem geplanten Ausgliederungsvorhaben erfasst sind und für Sie die
Joint-Venture-Regelung vom 04.12.1986 anwendbar ist, bleibt bei Vorliegen der
entsprechenden Voraussetzungen eine nach Maßgabe von Ziffer 15 der Joint-
Venture-Regelung etwa begründete Rechtsposition von dem
Ausgliederungsvorhaben unberührt.“
5 Mit Beschluss vom 1. Oktober 2009 wurde über das Vermögen der C S GmbH das
Insolvenzverfahren eröffnet. Zuvor hatte der vorläufige Insolvenzverwalter das Wartungs-
und Servicegeschäft („IT-Service“) der C S GmbH auf die A GmbH und den Bereich
Druckerwartung auf ein drittes Unternehmen veräußert.
6 Der Insolvenzverwalter kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger am 1. Oktober 2009
betriebsbedingt zum 31. Januar 2010 und stellte ihn von der Arbeit frei. Gegen diese
Kündigung erhob der Kläger keine Kündigungsschutzklage. Die bei der A GmbH
weiterbeschäftigten Arbeitnehmer führten ihre Tätigkeit nach dem Übergang ihres
Betriebes am 5. Oktober 2009 an ihren alten Arbeitsplätzen unter Nutzung der
bestehenden Infrastruktur fort. Dieses Unternehmen hatte einschließlich des
Führungspersonals mindestens 51 von 81 Mitarbeitern der C GmbH übernommen. Bis zu
seiner Eigenkündigung während der Probezeit wurde der Kläger auf der Grundlage eines
am 1. Oktober 2009 geschlossenen Arbeitsvertrags von der A GmbH weiterbeschäftigt. Mit
Schreiben vom 4. November 2009 machte er sein „Rückkehrrecht“ gegenüber der
Beklagten spätestens zum 1. Februar 2010 geltend. Dies lehnte die Beklagte mit
Schreiben vom 19. November 2009 ab.
7 Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei zu einer Neubegründung des
Arbeitsverhältnisses verpflichtet. Nr. 15 JVR 1986 beinhalte ein zeitlich nicht befristetes
Rückkehrrecht allein unter der Bedingung, dass eine Weiterbeschäftigung in der „neuen
Gesellschaft“ aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich sei. Die Bedingungen für das
Rückkehrrecht seien am 1. Oktober 2009 durch die Kündigung des Insolvenzverwalters
der C S GmbH eingetreten. Aufgrund der betriebsbedingten Kündigung und Stilllegung bei
der C S GmbH sei eine Weiterbeschäftigung nicht mehr möglich. Selbst ein etwaiger
Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die A GmbH ändere nichts an dem Eintritt der
Bedingung.
8 Der Kläger hat zuletzt beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, sein Angebot auf Einstellung mit Wirkung zum
1. Februar 2010 als technischen Mitarbeiter zu den betriebsüblichen
Bedingungen der Beklagten unter Anrechnung der bisherigen
Betriebszugehörigkeit seit dem 16. März 1985 zu einer Jahresvergütung iHv.
70.000,00 Euro brutto anzunehmen,
hilfsweise,
2. die Beklagte zu verurteilen, sein Angebot auf Wiedereinstellung mit Wirkung
zum 1. Februar 2010 als technischen Angestellten oder auf einer seinen
heutigen Tätigkeiten und Fähigkeiten entsprechenden Stelle zu den
betriebsüblichen Bedingungen der Beklagten unter Anrechnung der
bisherigen Betriebszugehörigkeit seit dem 16. März 1985 zu einer
Jahresvergütung iHv. 70.000,00 Euro brutto anzunehmen,
hilfsweise,
3. die Beklagte zu verurteilen, ihn ab dem 1. Februar 2010 als technischen
Angestellten oder auf einer seiner Tätigkeit und Fähigkeit entsprechenden
Stelle zu den betriebsüblichen Bedingungen der Beklagten unter Anrechnung
der bisherigen Betriebszugehörigkeit seit dem 16. März 1985 zu einer
Jahresvergütung iHv. 70.000,00 Euro brutto entsprechend seiner letzten
Gehaltsbezüge bei der C S GmbH zu beschäftigen,
hilfsweise,
4. die Beklagte zu verurteilen, ihn mit sofortiger Wirkung als technischen
Angestellten oder auf einer seiner heutigen Tätigkeit und Fähigkeit
entsprechenden Stelle zu den betriebsüblichen Bedingungen der Beklagten
unter Anrechnung der bisherigen Betriebszugehörigkeit seit dem 16. März
1985 zu einer Jahresvergütung iHv. 70.000,00 Euro brutto entsprechend
seiner letzten Gehaltsbezüge bei der C S GmbH zu beschäftigen.
9 Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat zuletzt insbesondere noch die
Auffassung vertreten, einem Rückkehrrecht stünde jedenfalls entgegen, dass das
Arbeitsverhältnis des Klägers im Wege des Betriebsübergangs nach § 613a BGB auf die
A GmbH übergegangen sei. Dort habe für den Kläger weiterhin eine
Beschäftigungsmöglichkeit iSd. Nr. 15 JVR 1986 bestanden.
10 Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb beim
Landesarbeitsgericht ohne Erfolg. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein
Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
11 Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zutreffend
abgewiesen.
12 A. Der vom Kläger zuletzt als Hauptantrag gestellte Antrag zu 1. ist zulässig.
13 I. Dieser Antrag ist nach seinem Wortlaut unzweifelhaft auf die Verurteilung der Beklagten
zur Abgabe einer Annahmeerklärung gerichtet. Ihm geht es mit der erstrebten Fiktion der
Abgabe der Annahmeerklärung nach § 894 Satz 1 ZPO um das endgültige
Zustandekommen eines Arbeitsvertrags mit der Beklagten, das er mit übereinstimmenden
Willenserklärungen - Antrag und Annahme (§§ 145 bis 147 BGB) - erwirken möchte. Die
Abgabe eines Angebots ist in dem Anwaltsschreiben vom 4. November 2009 zu sehen.
Die auf Abgabe der Annahmeerklärung gerichtete Klage entspricht dem Regelfall des mit
einer sog. Wiedereinstellungsklage bekundeten Willens des Arbeitnehmers (vgl. zB BAG
19. Oktober 2011 - 7 AZR 743/10 - Rn. 16; 21. August 2008 - 8 AZR 201/07 - Rn. 54;
25. Oktober 2007 - 8 AZR 989/06 - Rn. 14; 14. August 2007 - 9 AZR 943/06 - Rn. 11,
BAGE 123, 358; 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 23).
14 II. Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Inhalt des
anzunehmenden Arbeitsvertrags ist ausreichend konkretisiert. Der Kläger hat den Inhalt
des mit der erstrebten Annahmeerklärung zustande kommenden Arbeitsvertrags näher
beschrieben. Der Zeitpunkt der Wirkung der Abgabe der Annahmeerklärung - der
1. Februar 2010 - ist genannt. Die wesentlichen Vertragsbestandteile, insbesondere Art
der Tätigkeit als technischen Mitarbeiter, sind bezeichnet. Die im Klageantrag angeführten
„betriebsüblichen Bedingungen bei der Beklagten“ sind für die Bestimmtheit nicht
unerlässlich.
15 B. Der Hauptantrag ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die vom Kläger
begehrte Willenserklärung abzugeben. Zwar regelt Nr. 15 JVR 1986 in zulässiger Weise
für die zum 1. Januar 1987 in die C I GmbH wechselnden Arbeitnehmer das Recht einer
Rückkehr zur Beklagten, sofern eine Weiterbeschäftigung innerhalb der neuen
Gesellschaft aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist. Das Ausscheiden der C I
GmbH aus dem Konzernverbund der Beklagten beendete das aufschiebend bedingte
Rückkehrrecht nicht. Das Rückkehrrecht ist auch weder mit einem Betriebsübergang auf
die C S GmbH, in die die Servicefunktionen der C I GmbH zum 1. September 2003
ausgegliedert wurden, noch mit dem Übergang des Betriebsteils IT-Service auf die A
GmbH erloschen. Ein aufschiebend bedingter Rückkehranspruch nach Nr. 15 JVR 1986
besteht auch für den Fall fort, dass das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers auf einen
Betriebserwerber nach § 613a Abs. 1 BGB übergeht. Die aufschiebende Bedingung, unter
der das Rückkehrrecht steht, ist vorliegend nicht eingetreten. Die Beschäftigung des
Klägers bei der A GmbH ist nicht aus betrieblichen Gründen unmöglich geworden.
Vielmehr hat der Kläger während der Probezeit selbst ohne betriebliche Veranlassung
gekündigt, um ein Arbeitsverhältnis mit einem anderen Arbeitgeber zu begründen.
16 I. Der Antrag ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht schon deswegen unbegründet,
weil die Verurteilung der Beklagten zur Abgabe der Annahmeerklärung zum 1. Februar
2010 (rück-)wirken soll.
17 1. Mit der Abgabe der Annahmeerklärung kommt das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten
zustande, denn mit Rechtskraft eines obsiegenden Urteils gilt die Erklärung nach § 894
Satz 1 ZPO als abgegeben. Zu welchem Zeitpunkt die fingierte Annahmeerklärung wirkt,
beurteilt sich nach materiellem Recht. Seit Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB idF des
Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138)
kommt auch die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung in Betracht, die auf eine
Vertragsänderung oder einen Vertragsschluss zu einem in der Vergangenheit liegenden
Zeitpunkt gerichtet ist. Nach § 275 Abs. 1 BGB ist der Anspruch auf die Leistung zwar
ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder jedermann unmöglich ist. Im
Unterschied zum alten Recht ist in § 311a Abs. 1 BGB aber klargestellt, dass ein Vertrag
selbst dann nicht nichtig ist, wenn er in der Vergangenheit tatsächlich nicht durchgeführt
werden kann (vgl. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 26 mwN). Die rückwirkende
Begründung eines Arbeitsverhältnisses durch Urteil, die mit der Fiktion der
Annahmeerklärung greift, ist daher zulässig. Ausgeschlossen ist lediglich eine gerichtliche
Entscheidung, mit der ein Arbeitsverhältnis mit Rückwirkung zu einem Zeitpunkt vor
Abgabe des Angebots begründet werden soll (vgl. BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 155/09 -
Rn. 17 und 35, BAGE 134, 223; 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 28).
18 2. Hiernach steht der Umstand, dass der Kläger die Begründung eines
Arbeitsverhältnisses rückwirkend zum 1. Februar 2010 begehrt, der Begründetheit des
Anspruchs nicht entgegen. Das Anwaltsschreiben vom 4. November 2009, mit dem der
Beklagten mitgeteilt wurde, der Kläger mache sein „Rückkehrrecht in die B SE (vormals B
AG) spätestens zum 01.02.2010 geltend“, enthält bei der nach § 133 BGB gebotenen
Auslegung ein hinreichend konkretes Angebot zum Abschluss eines Arbeitsvertrags und
nicht nur die Ankündigung eines solchen. Die Beklagte konnte dieses Schreiben, mit dem
die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der C S GmbH zum 31. Januar 2010 mitgeteilt
wird, dahin verstehen, dass der Kläger ihr im Anschluss daran die ihm von der Beklagten
zugesagte Rückkehr anträgt. Spätestens mit der Klageschrift vom 15. Dezember 2009
musste der Beklagten klar sein, dass sich das in der Geltendmachung des Rückkehrrechts
liegende Angebot auf den 1. Februar 2010 bezieht. Die Annahme dieses Angebots würde
mit einer gerichtlichen Entscheidung nach § 894 Satz 1 ZPO fingiert.
19 II. Der Kläger hat jedoch, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, keinen
Anspruch auf Abgabe der begehrten Willenserklärung. Ein solcher folgt insbesondere
nicht aus Nr. 15 JVR 1986. Zwar haben die Betriebsparteien darin für die unter den
Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung fallenden Arbeitnehmer das Recht zu einer
Rückkehr zu der Beklagten unter der aufschiebenden Bedingung geregelt, dass eine
Weiterbeschäftigung innerhalb der „neuen Gesellschaft“ aus betrieblichen Gründen nicht
mehr möglich ist. Diesem kollektiv-rechtlichen Wiedereinstellungsversprechen begegnen
auch keine grundsätzlichen Wirksamkeitsbedenken. Das aufschiebend bedingte
Rückkehrrecht steht nicht unter dem - ungeschriebenen - Vorbehalt der Zugehörigkeit der
C I GmbH zum Konzernverbund der Beklagten. Es endet nicht mit der Ausgliederung der
Servicefunktionen zunächst auf die C S GmbH und anschließend auf die A GmbH. Die
Voraussetzungen des Rückkehrrechts sind im vorliegenden Fall jedoch nicht eingetreten,
nachdem der Kläger, der nach Ausspruch der Kündigung des Insolvenzverwalters auf der
Grundlage eines vor dem Betriebsübergang geschlossenen Arbeitsvertrags
weiterbeschäftigt worden ist, der A GmbH selbst gekündigt hat.
20 1. Nr. 15 JVR 1986 regelt in zulässiger Weise für die zum 1. Januar 1987 in die C I GmbH
wechselnden Arbeitnehmer das Recht einer Rückkehr zur Beklagten, sofern eine
Weiterbeschäftigung innerhalb der neuen Gesellschaft aus betrieblichen Gründen nicht
mehr möglich ist (vgl. BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 32 ff.).
21 a) Die JVR 1986 gilt für die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse zum 1. Januar 1987
von der Beklagten auf die C I GmbH übergegangen sind. Der Kläger gehört zu diesem
Personenkreis.
22 b) Das in Nr. 15 JVR 1986 „garantierte“ Rückkehrrecht ist wirksam. Die Betriebsparteien
sind nicht grundsätzlich gehindert, einen Wiedereinstellungsanspruch für Arbeitnehmer,
deren Arbeitsverhältnisse aufgrund eines bevorstehenden Betriebsteilübergangs nach
§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf einen anderen Arbeitgeber übergehen, zu regeln. Nr. 15
JVR 1986 verstößt nicht gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG.
23 aa) Mit der Regelung in Nr. 15 JVR 1986 in ihrem Verständnis als
Wiedereinstellungsanspruch haben die Betriebsparteien ihre Regelungskompetenz nicht
überschritten.
24 (1) Bei der JVR 1986 handelt es sich um eine Betriebsvereinbarung im Sinne eines
kollektiv-rechtlichen Normenvertrags zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber. Eine
Betriebsvereinbarung kann über alle Fragen und Angelegenheiten abgeschlossen
werden, die nach dem Gesetz der Zuständigkeit des Betriebsrats unterliegen. Dies ist in
erster Linie bei mitbestimmungspflichtigen Tatbeständen der Fall. Nach der ständigen
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt den Betriebsparteien aber auch eine
umfassende Kompetenz zu, durch freiwillige Betriebsvereinbarungen Regelungen über
den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen zu treffen (BAG
14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 36 mwN).
25 (2) Hiernach betrifft Nr. 15 JVR 1986 im Verständnis eines - aufschiebend bedingten -
Rückkehrrechts für die von einem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse zur „neuen
Gesellschaft“ mit Wirkung ab dem 1. Januar 1987 betroffenen Arbeitnehmer einen
zulässigen Regelungsgegenstand. Ein Wiedereinstellungsversprechen kann als
Abschlussnorm grundsätzlich zulässiger Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein
(BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 37 mwN).
26 (a) Freiwillige Betriebsvereinbarungen nach § 88 BetrVG sind nicht auf die dort
ausdrücklich genannten Gegenstände beschränkt, sondern können - wie sich aus dem
Wort „insbesondere“ ergibt - auch andere Gegenstände erfassen. Die Regelung in § 77
Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 BetrVG zeigt, dass der Gesetzgeber dort, wo die
Tarifvertragsparteien ihre Befugnis zur Regelung von Arbeitsbedingungen nicht
wahrnehmen, von einer Regelungskompetenz der Betriebsparteien ausgeht (BAG
14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 38 mwN). Auch steht einer auf den Abschluss eines
Arbeitsvertrags gerichteten Normsetzungsbefugnis nicht entgegen, dass Regelungen zum
Arbeitsverhältnis ein solches begriffsnotwendig voraussetzten. Bei
Wiedereinstellungsbestimmungen, die - wie im vorliegenden Streitfall - Arbeitnehmer
betreffen, die (noch) in einem Arbeitsverhältnis stehen, können die Betriebsparteien
Regelungen zu diesen Arbeitsverhältnissen treffen (BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 -
Rn. 39).
27 (b) Der Regelungsgegenstand unterliegt der sachlich-funktionellen Zuständigkeit des
Betriebsrats. Es ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass er sich auf den Betrieb und
auf die Interessen der vom Betriebsrat vertretenen Arbeitnehmer bezieht. Dies ist
vorliegend der Fall. Bei Abschluss der JVR 1986 waren die von ihrer Nr. 15 erfassten
Arbeitnehmer (noch) vom Betriebsrat repräsentiert. Die Vorschrift richtet sich nicht an eine
„betriebsfremde Belegschaft“. Die Bestimmung in der Betriebsvereinbarung regelt damit
nicht in unzulässiger Weise eine Arbeitsbedingung in einem Betrieb eines anderen
Arbeitgebers, für deren Gestaltung der Betriebsrat nicht sachlich legitimiert wäre. Sie
knüpft zwar - hinsichtlich der aufschiebenden Bedingung des Wegfalls einer
Weiterbeschäftigungsmöglichkeit innerhalb der „neuen Gesellschaft“ aus betrieblichen
Gründen - an einen Sachverhalt an, der sich bei einer anderen Gesellschaft stellt. Die
Rechtsfolge der Verpflichtung zur (Wieder-)Begründung des Arbeitsverhältnisses betrifft
aber allein die Beklagte. Dies unterfällt der Regelungskompetenz des bei ihr bestehenden
Betriebsrats. Die Rückkehrklausel regelt keinen Erwerbertatbestand, sondern einen den
Betriebsteilveräußerer - die Beklagte - anbelangenden Sachverhalt (BAG 14. März 2012 -
7 AZR 147/11 - Rn. 40).
28 bb) Nr. 15 JVR 1986 ist nicht wegen des Vorrangs einer tariflichen Bestimmung nach § 77
Abs. 3 Satz 1 BetrVG unwirksam. Sie betrifft keinen Sachverhalt, der (mittlerweile) durch
Tarifvertrag geregelt ist.
29 (1) Nach § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige
Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt
werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Die Vorschrift gewährleistet
die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie. Dazu räumt sie den Tarifvertragsparteien den
Vorrang zur Regelung von Arbeitsbedingungen ein. Diese Befugnis soll nicht durch
ergänzende oder abweichende Regelungen der Betriebsparteien ausgehöhlt werden
können. Eine gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verstoßende
Betriebsvereinbarung ist unwirksam. Etwas anderes gilt nach § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG
dann, wenn der Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen
ausdrücklich zulässt (BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 45 mwN).
30 (2) Hiernach verstößt Nr. 15 JVR 1986 nicht gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3
Satz 1 BetrVG. Gegenstand der Betriebsvereinbarungsbestimmung ist keine durch den
Manteltarifvertrag Bergbau, Chemie, Energie vom 24. Juni 1992 - zuletzt in der Fassung
vom 16. März 2009 - (MTV) geregelte Arbeitsbedingung. Die einzig in Betracht kommende
Bestimmung nach § 13 Abschn. VI Ziff. 1 des MTV lautet:
„Wiedereinstellung und betriebsbedingte Umsetzungen
Aus betriebsbedingten Gründen entlassene Arbeitnehmer, die länger als 12 Monate
dem Betrieb angehört haben und deren Entlassung nicht mehr als 12 Monate
zurückliegt, werden im Falle der Neubesetzung von für sie geeigneten
Arbeitsplätzen bevorzugt wieder eingestellt.
Kommen mehr entlassene Arbeitnehmer in Betracht, als Arbeitsplätze wieder zur
Verfügung stehen, hat der Arbeitgeber unter Beachtung des
Mitbestimmungsrechtes des Betriebsrates gemäß § 99 BetrVG eine sachgerechte
Auswahl zu treffen.“
31 Damit regelt § 13 Abschn. VI Ziff. 1 MTV nach seinem unmissverständlichen Wortlaut
sowie seinem Sinn und Zweck zwar auch einen Wiedereinstellungsanspruch. Dieser ist
aber von vornherein auf eine andere Sachmaterie bezogen als die von Nr. 15 JVR 1986
geregelte. Während § 13 Abschn. VI Ziff. 1 MTV eine Wiedereinstellung im
Zusammenhang mit betriebsbedingten Kündigungen vorsieht, legt die
Betriebsvereinbarungsbestimmung einen solchen im Zusammenhang mit einem
bevorstehenden Übergang von Arbeitsverhältnissen auf eine „andere Gesellschaft“ fest.
Tarifnorm und Betriebsvereinbarungsregel ordnen damit zwar die gleiche Rechtsfolge an,
regeln aber nicht die gleichen Sachverhalte (BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 47).
32 2. Das Ausscheiden der C I GmbH aus dem Konzernverbund der Beklagten beendete das
aufschiebend bedingte Rückkehrrecht nicht. Wie die gebotene Auslegung ergibt, ist die
„Garantie eines Rückkehrrechts“ nach Nr. 15 JVR 1986 nicht für die Zeit der Zugehörigkeit
der C I GmbH zum Konzernverbund der Beklagten befristet.
33 a) Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge und
Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmung und dem
durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn sind der
wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu
berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben.
Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der
Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem
sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen
Verständnis der Bestimmung führt (BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 49 mwN).
34 b) Hiernach steht die Geltung der Rückkehrzusage nicht unter dem Vorbehalt einer
Zugehörigkeit der „neuen Gesellschaft“ zum Konzernverbund der Beklagten. Dies hat das
Landesarbeitsgericht richtig erkannt.
35 aa) Der Wortlaut von Nr. 15 JVR 1986 gibt keine Anhaltspunkte für eine solche Annahme.
Das Rückkehrrecht bezieht sich auf die in die „neue Gesellschaft“ überwechselnden
Mitarbeiter. Andere Voraussetzungen oder Bedingungen als der Wegfall einer
Weiterbeschäftigungsmöglichkeit aus betrieblichen Gründen in dieser „neuen
Gesellschaft“ sind nicht explizit ausgedrückt (BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 51).
36 bb) Der Gesamtzusammenhang und die Regelungssystematik deuten nicht zwingend
darauf, das Rückkehrrecht zur Beklagten auf die Zeit der Zugehörigkeit der „neuen
Gesellschaft“ zum B-Konzern zu beschränken. Die JVR 1986 enthält zahlreiche
Bestimmungen, die - ungeachtet ihrer jeweiligen kollektiv-rechtlichen Wirksamkeit - die
Beibehaltung der bisher bei der Beklagten geltenden Arbeitsbedingungen einschließlich
deren Verschlechterungen und Vergünstigungen zeitlich nicht begrenzen. Damit
unterscheidet sich die JVR 1986 von der gleichfalls ein Rückkehrrecht beinhaltenden
Betriebsvereinbarung, die von der Beklagten mit den zuständigen Betriebsräten am
4. Dezember 1990 anlässlich der Ausgliederung ihrer Magnetproduktaktivitäten in ein
Tochterunternehmen geschlossen worden ist und die der Entscheidung des Senats vom
19. Oktober 2005 zugrunde lag (- 7 AZR 32/05 - [Magnetic]). Die Betriebspartner haben in
dem Wissen darum, dass es sich bei der Gesellschaft, in die das Geschäftsfeld der
kompatiblen Großcomputer und Peripheriesysteme zum 1. Januar 1987 ausgegliedert
worden ist, um ein Joint Venture mit der S AG handelte, den wechselnden Arbeitnehmern
das bei der Beklagten bestehende Niveau der Arbeitsbedingungen sichern wollen. Ein
alleiniger Einfluss der Beklagten auf die C I GmbH war bereits bei Abschluss der JVR
1986 ausgeschlossen. Dies kann dafür sprechen, dass die in der JVR 1986 geregelten
Leistungen für die wechselnden Arbeitnehmer - ungeachtet ihrer Wirksamkeit und
Durchsetzbarkeit - nach der Vorstellung der Betriebspartner nur so lange gelten sollten,
wie die Beklagte überhaupt eine Einflussmöglichkeit auf die C I GmbH als
konzernzugehöriges Unternehmen hat (BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 52).
37 cc) Sinn und Zweck des in Nr. 15 JVR 1986 geregelten Rückkehrrechts sprechen deutlich
dafür, dieses nicht unter dem ungeschriebenen Vorbehalt eines Verbleibs der „neuen
Gesellschaft“ in der B-Gruppe zu verstehen. Die Betriebspartner haben die Konditionen
eines Wechsels von Arbeitnehmern zu einer anderen Vertragsarbeitgeberin festgelegt, vor
allem aber den Ausgleich der Nachteile geregelt, die den überwechselnden
Arbeitnehmern durch die Ausgliederung des Geschäftsfelds der kompatiblen
Großcomputer und Peripheriesysteme ggf. entstehen können. Die
Ausgleichsnotwendigkeit ist durch den Wegfall des Arbeitsplatzes der betroffenen
Arbeitnehmer bei der Beklagten veranlasst. Entscheidend ist weniger die Kompensation
von Nachteilen wegen eines Wechsels zu einer ganz bestimmten (konzernzugehörigen)
Arbeitgeberin, sondern wegen der Nichtfortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der
Beklagten. Hierfür haben die Betriebspartner ein Äquivalent in der Form einer
Wiedereinstellungszusicherung geschaffen und die Bedingung hierfür folgerichtig allein
an das Fehlen einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit aus betrieblichen Gründen
innerhalb der „neuen Gesellschaft“ geknüpft. Gegen den ungeschriebenen Vorbehalt
eines Verbleibs der „neuen Gesellschaft“ in der B-Gruppe spricht auch, dass es
anderenfalls die Beklagte als beherrschendes Unternehmen weitgehend in der Hand
hätte, allein durch die Veräußerung ihrer Gesellschaftsanteile die Rückkehransprüche der
begünstigten Arbeitnehmer kompensationslos zu beseitigen. Deren Rechtspositionen
könnten von der Konzernmutter der Beklagten durch einseitige Maßnahmen ersatzlos
entwertet werden. Anderes würde nur dann gelten, wenn in einem solchen Fall des
Ausscheidens aus der B-Gruppe der Eintritt einer aufschiebenden Bedingung des
Rückkehrrechts gelegen und dieses somit - bereits - zu diesem Zeitpunkt entstanden wäre.
So kann Nr. 15 JVR 1986 aber nicht verstanden werden. Auch die Beklagte beruft sich
nicht auf eine derartige Deutung. Bei einem ungeschriebenen Vorbehalt des Verbleibs der
„neuen Gesellschaft“ in der B-Gruppe bliebe schließlich völlig unklar, ob ein solcher
Verbleib bereits mit dem Verlust der Mehrheitsanteile und der Beendigung des
Konzernverhältnisses oder erst mit der Aufgabe jeglicher Beteiligung an der „neuen
Gesellschaft“ endete. Auch dies spricht gegen einen derartigen ungeschriebenen
Vorbehalt (BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 53).
38 3. Das für den Kläger bestehende, aufschiebend bedingte Rückkehrrecht ist auch nicht mit
dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses zur C S GmbH, in die die Servicefunktionen
der C I GmbH zum 1. September 2003 ausgegliedert wurden, erloschen. Abgesehen
davon, dass die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 14. August 2003 für einen
Wechsel zur C S GmbH die Fortgeltung des Rückkehrrechts entsprechend der Nr. 15 JVR
1986 zugesagt hat (vgl. auch BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 56 ff.), wird dieser
Anspruch durch einen Betriebsübergang nach § 613a BGB nicht berührt.
39 a) Bisher hat der Senat die Frage offengelassen, ob sich die Wiedereinstellungszusage
nach Nr. 15 JVR 1986 sachlich auf den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit bei der C I
GmbH beschränkt oder auch auf einen solchen bei deren Rechtsnachfolgern erstreckt
(BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 31, 55). Eine Auslegung der Regelung in Nr. 15
JVR 1986 ergibt, dass das Rückkehrrecht durch den Übergang eines Betriebes bzw.
Betriebsteils weder ausgelöst wird noch verloren geht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der
Arbeitnehmer der Überleitung seines Arbeitsverhältnisses nicht widerspricht.
40 aa) Der Wortlaut der Regelung in Nr. 15 JVR 1986 verhält sich nicht ausdrücklich zur
Frage der Rechtsnachfolge. Die Wortwahl „neue Gesellschaft“ spricht zwar eher dafür,
dass die Betriebsparteien allein die C I GmbH und nicht auch etwaige Rechtsnachfolger
oder Betriebsübernehmer gemeint haben. Der Ausdruck ist gewählt worden, weil die
Firmenbezeichnung des Joint Venture im Zeitpunkt des Abschlusses der JVR 1986 noch
nicht festgestanden hat. Der das Rückkehrrecht auslösende Wegfall der
Weiterbeschäftigung aus betrieblichen Gründen „innerhalb der neuen Gesellschaft“ könnte
daher allein auf einen solchen bei der C I GmbH - und nicht bei rechtsnachfolgenden
Gesellschaften - verstanden werden (BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 31, 55).
41 bb) Entstehungsgeschichte und Regelungszweck lassen demgegenüber darauf
schließen, dass der betroffene Arbeitnehmer eine Rückkehr zur Beklagten nach Maßgabe
der Nr. 15 JVR 1986 auch - oder nur dann - beanspruchen kann, wenn er bei einem
Rechtsnachfolger der „neuen Gesellschaft“ nicht mehr weiterbeschäftigt werden kann.
Dies gilt in den Fällen des Betriebsübergangs jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer
von der Möglichkeit, dem Übergang des Arbeitsverhältnisses nach § 613a Abs. 6 BGB zu
widersprechen, keinen Gebrauch macht, sondern mit seinem Einverständnis bei einer
Rechtsnachfolgerin der „neuen Gesellschaft“ weiterbeschäftigt wird. Das Rückkehrrecht
soll dem Umstand Rechnung tragen, dass der betroffene Arbeitnehmer mit der Beklagten
im Verhältnis zu einem neu gegründeten Unternehmen, das wirtschaftlich schwächer ist,
eine „sichere“ Arbeitgeberin verliert. Der damit von den Betriebsparteien verfolgte Zweck,
das Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers an einer arbeitsvertraglichen
Beschäftigungsmöglichkeit zu sichern, besteht auch, wenn an die Stelle der „neuen
Gesellschaft“ nach § 613a Abs. 1 BGB ein weiterer neuer Arbeitgeber tritt. Dem entspricht
es, dass das Rückkehrrecht nur dann ausgelöst wird, wenn bei dem - letzten - Arbeitgeber
eine Weiterbeschäftigung aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist. Diese
Voraussetzung tritt aber allein durch einen Betriebsteilübergang bzw. Betriebsübergang
nicht ein. Geht das Arbeitsverhältnis auf den Erwerber über, bleibt der Arbeitnehmer vor
dem Verlust einer Weiterbeschäftigung aus betrieblichen Gründen durch Nr. 15 JVR 1986
weiter umfassend geschützt.
42 b) Die Servicefunktionen der C I GmbH sind zum 1. September 2003 auf die C S GmbH
ausgegliedert worden. Bei dieser Ausgliederung handelt es sich nach den unstreitigen
Feststellungen des Landesarbeitsgerichts um einen Betriebsübergang iSd. § 613a Abs. 1
BGB. Damit bestand das aufschiebend bedingte Rückkehrrecht über den 1. September
2003 hinaus fort.
43 4. Das Landesarbeitsgericht hat weiter zutreffend erkannt, dass die aufschiebende
Bedingung nicht eingetreten ist, nachdem das Arbeitsverhältnis des Klägers nach § 613a
Abs. 1 BGB von der C S GmbH im Anschluss an die betriebsbedingte Insolvenzkündigung
auf die A GmbH übergegangen ist und der Kläger dort während der Probezeit ohne
betriebliche Veranlassung selbst gekündigt hat, um ein Arbeitsverhältnis mit einem
anderen Arbeitgeber zu begründen.
44 a) Der für den Kläger maßgebliche Betriebsteil „IT-Service“ der C S GmbH, der sich mit
Tätigkeiten im Wartungs- und Installationsbereich befasst, ist auf die A GmbH nach § 613a
Abs. 1 BGB übergegangen.
45 aa) Ein Betriebs- oder Betriebsteilübergang nach § 613a Abs. 1 BGB setzt die Wahrung
der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit voraus. Eine solche besteht aus
einer organisatorischen Gesamtheit von Personen und/oder Sachen zur auf Dauer
angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Ob ein im
Wesentlichen unveränderter Fortbestand der organisierten Gesamtheit „Betrieb“ bei einem
neuen Inhaber anzunehmen ist, richtet sich nach den Umständen des konkreten Falls. Als
Teilaspekte der Gesamtwürdigung zählen insbesondere die Art des betreffenden
Betriebes, der Übergang materieller Betriebsmittel wie beweglicher Güter und Gebäude,
der Wert immaterieller Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die Übernahme der
Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der Übergang von Kundschaft und
Lieferantenbeziehungen, der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem
Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer Unterbrechung dieser Tätigkeit.
Die Identität der Einheit kann sich auch aus anderen Merkmalen ergeben, wie ihrem
Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und
ggf. den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln. Den für das Vorliegen eines
Übergangs maßgeblichen Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach
den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (BAG 21. Juni
2012 - 8 AZR 181/11 - Rn. 30 ff. mwN).
46 Dem Übergang eines gesamten Betriebes steht der Übergang eines Betriebsteils gleich.
Auch beim Erwerb eines Betriebsteils ist es erforderlich, dass die wirtschaftliche Einheit
ihre Identität wahrt. Daher muss eine Teileinheit des Betriebes bereits beim früheren
Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebsteils gehabt haben. Beim bisherigen
Betriebsinhaber musste also eine selbständig abtrennbare organisatorische Einheit
vorhanden sein, mit der innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt
wurde. Das Merkmal des Teilzwecks dient zur Abgrenzung der organisatorischen Einheit.
Im Teilbetrieb müssen keine andersartigen Zwecke als im übrigen Betrieb verfolgt werden.
Ergibt die Gesamtbetrachtung eine identifizierbare wirtschaftliche und organisatorische
Teileinheit, so muss diese beim Erwerber im Wesentlichen unverändert fortbestehen,
wobei der übertragene Betriebsteil seine organisatorische Selbständigkeit beim
Betriebserwerber nicht vollständig bewahren muss. Vielmehr genügt es, dass der
Betriebs(teil)erwerber die funktionelle Verknüpfung zwischen den übertragenen
Produktionsfaktoren beibehält und es ihm derart ermöglicht wird, diese Faktoren zu
nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen
(BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 181/11 - Rn. 33).
47 bb) Wie der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts zu vorliegendem Sachverhalt bereits
entschieden hat, hat die A GmbH nicht den gesamten Betrieb der C S GmbH, sondern nur
den Betriebsteil „IT-Service“ durch Rechtsgeschäft nach § 613a Abs. 1 BGB übernommen
(BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 181/11 - Rn. 30 ff.; vgl. auch - 8 AZR 243/11 und 8 AZR
244/11 -); der daneben bestehende Bereich der „Druckerwartung“ der C S GmbH ist ein
eigenständiger Betriebsteil, der nicht übernommen worden ist (BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR
181/11 - Rn. 71). Der Senat schließt sich den Erwägungen des Achten Senats
uneingeschränkt an und sieht von deren erneuter Darstellung ab.
48 b) Die in Nr. 15 JVR 1986 vorgesehene, das Rückkehrrecht auslösende aufschiebende
Bedingung ist nicht eingetreten. Für den Kläger bestand nach dem mit Wirkung ab
5. Oktober 2009 übernommenen Betriebsteil „IT-Service“ trotz der
Insolvenzverwalterkündigung vom 1. Oktober 2009 eine unveränderte
Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bei der A GmbH. Diese ist nicht aus betrieblichen
Gründen entfallen, sondern durch die Eigenkündigung des Klägers.
49 aa) Dem Eintritt der aufschiebenden Bedingung für den Rückkehranspruch steht allerdings
nicht etwa entgegen, dass der Kläger die betriebsbedingte Kündigung des
Insolvenzverwalters über das Vermögen der C S GmbH vom 1. Oktober 2009 nicht
gerichtlich angegriffen hat. Nr. 15 JVR 1986 verlangt nur, dass „eine Weiterbeschäftigung
innerhalb der neuen Gesellschaft aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist“. Eine
rechtswirksame betriebsbedingte Kündigung ist nicht zwingend erforderlich. Der
Wiedereinstellungsanspruch setzt nur die Unmöglichkeit einer Weiterbeschäftigung aus
betrieblichen Gründen voraus. Weder Wortlaut, Systematik noch Sinn und Zweck der
Regelung enthalten Anhaltspunkte dafür, dass die Wirksamkeit der Beendigung des
Arbeitsverhältnisses mit der „neuen Gesellschaft“ den Anforderungen nach § 1 Abs. 2 und
Abs. 3 KSchG entsprechen - und ggf. sogar einer gerichtlichen Prüfung unterzogen sein -
muss. In einem solchen Verständnis hielte das Rückkehrrecht im Übrigen auch der
Binnenschranke einer Verhältnismäßigkeitskontrolle nicht stand. Es handelte sich um eine
dem Arbeitnehmer unzumutbare, mit § 75 Abs. 1 BetrVG unvereinbare Bedingung (BAG
14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 63).
50 bb) Die auflösende Bedingung ist jedoch deshalb nicht eingetreten, weil die
Weiterbeschäftigung des Klägers bei der A GmbH nicht aus betrieblichen Gründen,
sondern wegen der Eigenkündigung des Klägers unmöglich wurde. Die nach dem
Betriebsübergang weiter bestehende Beschäftigungsmöglichkeit iSd. Nr. 15 JVR 1986 ist
auch nicht etwa vor der Eigenkündigung des Klägers durch betriebliche Gründe entfallen.
Das von der Rückkehrregelung in Nr. 15 JVR 1986 erfasste Risiko eines
Arbeitsplatzverlustes aus betrieblichen Gründen hat sich nicht realisiert. Soweit im
Anschluss an die Rechtsprechung zum Anspruch auf eine Sozialplanabfindung (BAG
13. Februar 2007 - 1 AZR 184/06 - Rn. 30, BAGE 121, 168) und zur Anzahl von
Arbeitnehmern bei Massenentlassungsanzeigen nach § 17 KSchG (BAG 28. Juni 2012 -
6 AZR 780/10 - Rn. 48) auch in diesem Zusammenhang erwogen werden könnte, ein
Rückkehrrecht bei einer von der Rechtsnachfolgerin veranlassten Beendigung aufgrund
Aufhebungsvertrags oder Eigenkündigung anzunehmen, bedarf es dazu hier keiner
Entscheidung. Ein solcher Fall liegt nicht vor.
51 C. Die Hilfsanträge sind dem Senat damit nicht zur Entscheidung angefallen. Der
Hilfsantrag zu 2. ist, wie die Klägervertreterin in der mündlichen Verhandlung vor dem
Senat bestätigt hat, nur für den Fall gestellt, dass der Senat einen
Wiedereinstellungsanspruch als technischen Mitarbeiter verneinen sollte. Die Hilfsanträge
zu 3. und zu 4. sind nur für den Fall des Obsiegens des Klägers mit dem Hauptantrag oder
dem Hilfsantrag zu 2. gestellt.
Linsenmaier
Linsenmaier
Kiel
Willms
Busch