Urteil des BAG vom 28.05.2014
Rechtsweg - unzulässig beschränkte Zulassung der Rechtsbeschwerde
BUNDESARBEITSGERICHT Beschluss vom 28.5.2014, 10 AZB
20/14
Rechtsweg - unzulässig beschränkte Zulassung der Rechtsbeschwerde
Tenor
1. Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss
des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 9. Januar 2014 - 2 Ta
373/13 - wird als unzulässig verworfen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des
Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 2.242,00 Euro festgesetzt.
Gründe
1 I. Die Parteien streiten über von der Klägerin erhobene Vergütungsansprüche und vorab
über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen.
2 Mit der Klage hat die anwaltlich vertretene Klägerin die Zahlung von 2.242,00 Euro sowie
Freistellung von außergerichtlichen Anwaltskosten verlangt. Sie hat die Ansicht vertreten,
der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten sei nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG eröffnet,
weil sie zum Beklagten in einem Arbeitsverhältnis gestanden habe.
3 Der Beklagte hat die Unzulässigkeit des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten gerügt und
die Ansicht vertreten, das Rechtsverhältnis sei nicht als Arbeitsverhältnis anzusehen.
4 Durch Beschluss vom 18. Juni 2013 - 5 Ca 299/13 - hat die 5. Kammer des Arbeitsgerichts
Gelsenkirchen den Rechtsstreit an das Amtsgericht Gelsenkirchen-Buer verwiesen. Auf
die sofortige Beschwerde der Klägerin hat die Vorsitzende der 5. Kammer ohne
Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter mit Beschluss vom 11. Juli 2013 entschieden,
der Beschwerde werde nicht abgeholfen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde
zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen, die Zulassung jedoch
beschränkt auf die Frage, „ob bei einer fehlerhaften Abhilfeentscheidung durch den
Vorsitzenden allein die Beschwerdekammer über den Rechtsweg entscheiden kann oder
der Rechtsstreit an das Arbeitsgericht zurückzuverweisen ist“. Mit der Rechtsbeschwerde
erstrebt die Klägerin die Aufhebung des Verweisungsbeschlusses.
5 II. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft. Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene
Beschränkung der Zulassung ist wirkungslos.
6 1. Die Statthaftigkeit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde
ergibt sich aus § 78 Satz 2 iVm. § 72 Abs. 2 ArbGG.
7 2. Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Beschränkung der Zulassung ist
wirkungslos.
8 a) Das Berufungsgericht kann die Zulassung der Revision auf einen tatsächlich oder
rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränken, der Gegenstand eines
Teilurteils sein kann. Zulässig ist auch die Beschränkung auf einen Teil des Streitstoffs,
über den durch ein Zwischenurteil gemäß § 280 ZPO bzw. § 304 ZPO oder durch einen
Beschluss gemäß § 17a Abs. 3 GVG entschieden werden könnte. Diese für das
Urteilsverfahren entwickelten Grundsätze gelten entsprechend für das Verfahren der
Rechtsbeschwerde (st. Rspr., BGH 12. April 2011 - II ZB 14/10 - Rn. 5; 11. Januar 2011 -
VIII ZB 92/09 - Rn. 4 ff.).
9 b) Die danach maßgeblichen Voraussetzungen für eine Beschränkung der Zulassung sind
hier nicht gegeben. Die betroffene Frage ist weder rechtlich noch tatsächlich ein
abtrennbarer Teil des Gesamtstreitstoffs. Das Gesetz sieht eine eigenständige
Entscheidung über die Frage, ob das Landesarbeitsgericht bei einer fälschlich durch die
Vorsitzende statt durch die Kammer getroffenen Abhilfeentscheidung die Sache stets an
das Arbeitsgericht zurückzuverweisen hat, nicht vor. Nach § 78 ArbGG, § 572 Abs. 2 und
Abs. 3 ZPO ist über die Zulässigkeit und ggf. über die Begründetheit der Beschwerde
insgesamt zu entscheiden. Die Abtrennung einzelner Fragen zur gesonderten
Entscheidung ist nicht möglich.
10 c) Die Unzulässigkeit der vom Beschwerdegericht vorgenommenen Beschränkung der
Zulassung einer Rechtsbeschwerde führt nicht zur Unzulässigkeit der Rechtsbeschwerde,
sondern zur Unwirksamkeit ihrer Beschränkung. Das ist für den vergleichbaren Fall einer
unzulässigen Beschränkung der Revisionszulassung durch das Berufungsgericht
anerkannt (BAG 18. Dezember 1984 - 3 AZR 125/84 - zu A 1 der Gründe mwN, BAGE 47,
355; 9. März 1995 - 2 AZR 497/94 - zu II 1 der Gründe; BeckOK ArbR/Klose Stand 1. März
2014 ArbGG § 72 Rn. 20 - 23; GK-ArbGG/Mikosch Stand April 2010 § 72 Rn. 50;
GMP/Müller-Glöge 8. Aufl. § 72 Rn. 5). Gründe, die im hier gegebenen Fall der
Rechtsbeschwerde eine andere Beurteilung rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich.
Nicht die Zulassung der Rechtsbeschwerde widerspricht dem Gesetz, sondern ihre
Einschränkung auf einen nicht abtrennbaren Teil. Dementsprechend kann nicht die
Zulassung wirkungslos bleiben, sondern ihrer unzulässigen Einschränkung müssen die
Rechtswirkungen versagt bleiben.
11 III. Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den
Anforderungen des § 575 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. a und Buchst. b ZPO.
12 1. Nach dieser Bestimmung muss die Rechtsbeschwerdebegründung die Umstände
bestimmt bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung des Beschwerdegerichts
ergibt, und soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug
auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
Die Rechtsbeschwerdebegründung muss sich sachlich mit den Gründen der
angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen (BAG 30. September 2008 - 3 AZB
47/08 - Rn. 15).
13 2. Diesen Maßgaben genügt die Rechtsbeschwerdebegründung nicht. Die Klägerin
wiederholt darin lediglich wortgleich ihr Vorbringen aus der Beschwerdebegründung vom
29. August 2013, ohne inhaltlich auf die Erwägungen des Landesarbeitsgerichts zu den
aus dessen Sicht unzureichenden Darlegungen zum Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses
einzugehen. Die Rechtsbeschwerdebegründung setzt sich auch nicht mit den
Ausführungen des Landesarbeitsgericht zu der Frage auseinander, ob der
verfahrensfehlerhafte Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichts eine Zurückverweisung
der Sache an das Arbeitsgericht verlangt oder eine solche nicht geboten ist, weil
Gegenstand der Prüfung durch das Beschwerdegericht die angefochtene erstinstanzliche
Entscheidung und nicht der Abhilfebeschluss ist. Die Klägerin beschränkt sich insoweit
ohne jede inhaltliche Diskussion mit dem angefochtenen Beschluss auf die Aussage, die
Abhilfeentscheidung sei fehlerhaft gewesen, so dass der Rechtsstreit an das
Arbeitsgericht zurückzuverweisen sei. Dies ist offensichtlich unzureichend.
14 IV. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens fallen der Klägerin nach § 97 Abs. 1
ZPO zur Last.
Linck W. Reinfelder Schmitz-Scholemann