Urteil des BAG vom 25.09.2008

BAG: Vertragsstrafenabrede, AGB-Kontrolle, Lehrkraft, treu und glauben, allgemeine geschäftsbedingungen, kündigungsfrist, ordentliche kündigung, kündigungstermin, widerklage, öffentliche schule

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 25.9.2008, 8 AZR 717/07
Vertragsstrafenabrede - AGB-Kontrolle - Kündigungsfrist - Lehrkraft
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-
Brandenburg vom 14. Juni 2007 - 18 Sa 506/07 - wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf restliches Gehalt für Juli 2006 gegen
den der Beklagte mit einem Gegenanspruch wegen einer Vertragsstrafe, den er im Übrigen mit
einer Widerklage verfolgt, aufgerechnet hat.
2 Der Beklagte betreibt als Schulträger eine private Grundschule, die S. Die Klägerin war seit dem
1. Juli 2003 bis zum 31. Juli 2006 bei dem Beklagten als Lehrkraft beschäftigt. Ihr
Bruttomonatsentgelt betrug zuletzt 2.958,86 Euro.
3 In dem von dem Beklagten vorformulierten Arbeitsvertrag vom 30. Juni 2003 heißt es ua.:
„§ 4
Dieser Dienstvertrag ist unbefristet und kann mit einer Schutzfrist von zwei Monaten zum
31. Juli gekündigt werden.
Die Vertragsschließenden sind sich einig, dass die ordentliche Kündigung wegen der
besonderen pädagogischen Bedeutung eines kontinuierlichen Unterrichts nur zum 31. Juli
möglich ist. Wird der Kündigungstermin nicht eingehalten und kommt die Lehrkraft ihrer
Verpflichtung zur Dienstleistung bis zum Ablauf des Dienstvertrages nicht nach, wird die
Zahlung einer Vertragsstrafe von drei Bruttomonatsgehältern mit sofortiger Wirkung fällig.
Dieser Betrag wird dem Förderverein der S zugunsten der Schüler zur Verfügung gestellt.
§ 7
Die Ferien sind die gleichen wie an öffentlichen Schulen des Bezirks Charlottenburg. Der
Urlaubsanspruch der Lehrkraft ist durch die Schulferien abgegolten. Die Gehaltszahlung
wird durch die Ferien nicht unterbrochen.“
4 Der Beklagte hat Arbeitsverträge mit diesen Formulierungen in einer Vielzahl von Fällen
verwendet.
5 Im Frühjahr 2006 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, sie beabsichtige nach Hamburg an eine
öffentliche Schule zu wechseln, da ihr Verlobter dort einen Arbeitsplatz habe, sie bald heiraten und
deshalb nach Hamburg ziehen wolle. In der ersten Juniwoche erklärte die Klägerin gegenüber der
Schulleitung, weiter beschäftigt werden zu wollen, weil sie bislang noch keine Zusage aus
Hamburg erhalten habe. Das Schulamt in Hamburg bot der Klägerin Ende Juni 2006 eine Stelle an
einer Grundschule an. Da in der S wegen des Beginns der Fußballweltmeisterschaft die Ferien
vorgezogen worden waren, konnte die Klägerin in der Schule niemand erreichen, um diese
Information weiterzugeben. Sie kündigte mit Schreiben vom 5. Juli 2006 ihr Arbeitsverhältnis zum
31. Juli 2006. Die Sommerferien 2006 an den öffentlichen Schulen im Land Berlin hatten am 5. Juli
2006 begonnen. In der S begann am 31. Juli 2006 der Unterricht. An diesem Tage erschien die
Klägerin zur Unterrichtserteilung. Mit Schreiben vom 8. Juli 2006 erklärte sie gegenüber dem
Beklagten, sie werde in der Zeit vom 31. Juli 2006 bis 13. August 2006 unterrichten und wäre
dankbar für eine Bestätigung, dass ihr Dienstverhältnis mit der S in dem Zeitraum vom 31. Juli
2006 bis zum 13. August 2006 fortbestehe und erst danach aufgrund ihrer Kündigung beendet
werde. Dies lehnte der Beklagte ab. Er teilte der Klägerin mit Schreiben vom 31. Juli 2006 mit,
dass er zur Kenntnis nehme, dass sie den Dienstvertrag beenden wolle, ohne die darin vereinbarte
Kündigungsfrist einzuhalten; für diesen Fall sehe der Dienstvertrag eine an den Förderkreis der S
zu zahlende Vertragsstrafe vor. Deshalb werde er das Juligehalt direkt an den Förderkreis
überweisen. Weiter forderte er die Klägerin auf, den Differenzbetrag dem Förderkreis zukommen
zu lassen. In der Folgezeit zahlte der Beklagte das abgerechnete Gehalt für Juli 2006 in Höhe von
1.695,59 Euro netto nicht an die Klägerin aus.
6 Der Beklagte stellte für die Klägerin keine Ersatzkraft im neuen Schuljahr ein.
7 Die Klägerin hat mit ihrer Klage die Zahlung des Juligehaltes in Höhe von 1.695,59 Euro netto
geltend gemacht. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2006 im Wege der Widerklage
beantragt, die Klägerin zur Zahlung von 8.876,58 Euro brutto abzüglich 765,59 Euro netto an den
Förderverein der S e.V. zu verurteilen. Mit Schriftsatz vom 16. November 2006 hat er den
Widerklageantrag auf einen Betrag in Höhe von 8.166,14 Euro geändert.
8 In der mündlichen Verhandlung am 8. Februar 2007 vor dem Arbeitsgericht hat der Beklagte die
Klageforderung in Höhe von 985,15 Euro anerkannt.
9 Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe das Gehalt für Juli 2006 in voller Höhe zu. Der Beklagte habe
keinen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe, denn die vertragliche Vertragsstrafenabrede sei
wegen unangemessener Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Die Vertragsstrafe
stelle auch eine Übersicherung des Beklagten dar.
10 Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 710,44 Euro netto nebst 5 % Zinsen über dem
Basiszinssatz seit dem 1. August 2006 zu zahlen.
11 Der Beklagte hat zuletzt beantragt,
die Klage abzuweisen und im Wege der Widerklage die Klägerin zu verurteilen, an den
Förderverein der S e.V. 8.166,14 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz seit Zustellung des Schriftsatzes vom 6. Oktober 2006 zu zahlen.
12 Die Klägerin hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
13 Der Beklagte meint, ihm stehe nach § 4 des Arbeitsvertrages vom 30. Juni 2003 gegen die
Klägerin ein Vertragsstrafenanspruch in Höhe von drei Monatsgehältern, dh. iHv. 8.876,58 Euro (=
3 x 2.958,86 Euro) zu. Er hält die Vertragsstrafenregelung des Arbeitsvertrages für wirksam. Den
über die Pfändungsfreigrenze in Höhe von 985,15 Euro hinausgehenden einbehaltenen Betrag aus
der Lohnabrechnung für Juli 2006 (= 710,44 Euro) verrechne er mit seinem
Vertragsstrafenanspruch, der im Übrigen im Wege der Widerklage geltend gemacht werde. Aus
pädagogischen Gründen lege er größten Wert darauf, dass die Schüler der Grundschule während
des Schuljahres von denselben Lehrern betreut würden. Dies stelle er dadurch sicher, dass die
Arbeitsverträge nur jeweils zum Ende des Schuljahres und mit einer Frist von zwei Monaten zum
Schuljahresende gekündigt werden können. Die Kündigung müsse spätestens bis zum 31. Mai
erfolgen. Auf diese Frist sei er angewiesen, um einen neuen Lehrer finden zu können. Die im
Arbeitsvertrag vereinbarte Kündigungsregelung sei zulässig und bedürfe auch keiner
Rechtfertigung, weil sie sich aus den tragenden Grundgedanken der § 15 Abs. 3, Abs. 4 TzBfG,
§ 622 Abs. 5, Abs. 6 BGB ergebe. Sein berechtigtes Interesse an der Einschränkung der
Kündigungsmöglichkeit müsse auch bei der Höhe der Vertragsstrafe berücksichtigt werden. Bei
einer Schule führten Kündigungen zur Unzeit zu pädagogischen Nachteilen, die finanziell nicht
messbar seien. Die Vertragsstrafe komme außerdem nicht ihm, sondern dem Förderverein der
Schule zugute.
14 Das Arbeitsgericht hat der Klage durch Anerkenntnisteilurteil und Schlussurteil stattgegeben,
wobei sich das Anerkenntnisteilurteil auf den anerkannten Betrag in Höhe von 985,15 Euro bezieht.
Die Widerklage hat das Arbeitsgericht abgewiesen. Die gegen das Schlussurteil gerichtete
Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der vom
Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag
und die Widerklage weiter, während die Klägerin die Zurückweisung der Revision beantragt.
Entscheidungsgründe
15 Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Der Klägerin steht die geltend gemachte
Restvergütung für Juli 2006 zu, dem Beklagten aber nicht die geforderte Vertragsstrafe.
16 A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Der
Gehaltsanspruch der Klägerin für Juli 2006 in Höhe von 710,44 Euro netto sei nicht durch
Aufrechnung erloschen, weil der Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe gegen
die Klägerin habe. Aus diesem Grunde sei auch die Widerklage unbegründet. Die Regelung in § 4
des Arbeitsvertrages sei zwar nicht nach § 309 Nr. 6 BGB unwirksam, denn eine angemessene
Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten im Sinne des § 310 Abs. 4 Satz 2
BGB führten zu dem Ergebnis, dass Vertragsstrafen grundsätzlich weiterhin im Wege Allgemeiner
Geschäftsbedingungen in Arbeitsverträge einbezogen werden könnten. Die Vertragsstrafenabrede
sei auch nicht deshalb unwirksam, weil die vereinbarte einmalige Kündigungsmöglichkeit im Jahr
oder die Festlegung einer Kündigungsfrist von mindestens zwei Monaten zu diesem Termin eine
unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB darstelle. Das Interesse des
Beklagten an der Gewährleistung eines kontinuierlichen Unterrichts sowie die Notwendigkeit der
rechtzeitigen Beschaffung einer Ersatzkraft ohne Störung des kontinuierlichen Unterrichts seien
geeignet, die Kündigungsregelung sachlich zu rechtfertigen. In § 15 Abs. 4 TzBfG komme die
gesetzliche Wertung zum Ausdruck, dass eine Bindung von einem Jahr nicht grundsätzlich vom
Gesetz missbilligt werde. Auch § 622 Abs. 5 Satz 3 iVm. Abs. 6 BGB zeige, dass längere als in
§ 622 Abs. 1 BGB genannte Kündigungsfristen vereinbart werden dürften, sofern dies für beide
Vertragsteile gelte. Die Unwirksamkeit des § 4 des Arbeitsvertrages gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1
BGB folge allerdings daraus, dass die vereinbarte Vertragsstrafe von drei Bruttomonatsentgelten
unangemessen hoch sei. Bei formularmäßigen Strafabreden sei als absolute Obergrenze im
Interesse der Rechtssicherheit und bei notwendiger Berücksichtigung der finanziellen
Leistungsfähigkeit von Arbeitnehmern die Höhe eines Monatsgehaltes festzulegen. Ein Abweichen
nach oben sei auch in Fällen einer von der Norm abweichenden Interessenlage des Arbeitgebers
nicht möglich. Vorliegend würden auch die von dem Beklagten angeführten Interessen eine höhere
Vertragsstrafe als ein Monatsentgelt nicht rechtfertigen können, denn diese seien bereits bei der
Bewertung der Regelungen eingeflossen, die den Vertragsstrafe auslösenden Vertragsbruch
begründen würden. Eine Doppelberücksichtigung scheide ebenso aus wie das Argument der
„Abschreckungswirkung“, weil dieses - jedenfalls mittelbar - bei der Frage der Zulässigkeit der
Vertragsstrafen im Arbeitsrecht eingeflossen sei. Eine geltungserhaltende Reduktion komme nicht
in Betracht. § 343 BGB sei nur bei einer verwirkten, also wirksam vereinbarten Vertragsstrafe
anwendbar.
17 B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält nicht in allen Punkten seiner Begründung,
aber im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
18 I.Die Klage ist, soweit sie dem Revisionsgericht zur Entscheidung vorliegt, nämlich in Höhe von
710,44 Euro netto nebst den geltend gemachten Zinsen, begründet.
19 1. Der Anspruch auf Zahlung des der Höhe nach unstreitigen Arbeitsentgelts für den Monat Juli
2006 folgt aus § 611 Abs. 1 2. Halbsatz BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag, weil das
Arbeitsverhältnis der Parteien bis zum 31. Juli 2006 bestanden hat und gemäß § 7 Satz 3 des
Arbeitsvertrages die Gehaltszahlung nicht durch die Ferien unterbrochen wird.
20 2. Der Anspruch auf Arbeitsentgelt für Juli 2006 ist nicht durch Aufrechnung des Beklagten mit
einer Vertragsstrafenforderung erloschen, § 389 BGB.
21 a) Bei den Bestimmungen in § 4 des Arbeitsvertrages handelt es sich um Allgemeine
Geschäftsbedingungen iSd. §§ 305 ff. BGB.
22 Der Arbeitsvertrag der Parteien wurde im Jahre 2003 geschlossen, so dass auf ihn die
Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung
des Schuldrechts vom 26. November 2001 anzuwenden sind. Hierzu gehört auch die in den
§§ 305 bis 310 BGB geregelte Gestaltung des Schuldverhältnisses durch Allgemeine
Geschäftsbedingungen. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts handelt es sich bei
der arbeitsvertraglichen Regelung in § 4 des Arbeitsvertrages um eine von dem Beklagten
vorformulierte und in einer Vielzahl von Fällen verwendete Vertragsbestimmung. Nach der
Legaldefinition des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB stellt diese Vertragsbedingung daher eine Allgemeine
Geschäftsbedingung dar.
23 b) Sowohl die unter § 4 Satz 1 und 2 des Arbeitsvertrages vereinbarten Kündigungsbestimmungen
als auch die in § 4 Satz 3 des Arbeitsvertrages vereinbarte Vertragsstrafe sind
Vertragsbestandteile geworden. Der Inhalt des § 4 des Arbeitsvertrages stellt keine überraschende
Klausel iSd. § 305c Abs. 1 BGB dar.
24 Nach § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann
nicht Vertragsbestandteil, wenn sie nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren
Erscheinungsbild des Vertrages, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders
mit ihnen nicht zu rechnen braucht. Überraschenden Klauseln muss ein „Überrumpelungs- oder
Übertölpelungseffekt” innewohnen. Zwischen den durch die Umstände bei Vertragsschluss
begründeten Erwartungen und dem tatsächlichen Vertragsinhalt muss ein deutlicher Widerspruch
bestehen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, insbesondere das äußere
Erscheinungsbild des Vertrages. So kann der ungewöhnliche äußere Zuschnitt einer Klausel oder
ihre Unterbringung an unerwarteter Stelle die Bestimmung zu einer ungewöhnlichen und damit
überraschenden Klausel machen. Das Überraschungsmoment ist desto eher zu bejahen, je
belastender die Bestimmung ist. Im Einzelfalle muss der Verwender ggf. auf die Klausel
besonders hinweisen oder diese drucktechnisch hervorheben (Senat 14. August 2007 - 8 AZR
973/06 - AP BGB § 307 Nr. 28 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 28 mwN) .
25 Weder die Verlängerung der in § 622 Abs. 1 BGB geregelten Kündigungsfrist noch die Festlegung
eines bestimmten jährlichen Kündigungstermins in § 4 Satz 1 des Arbeitsvertrages sind bei
Arbeitsverträgen mit Lehrkräften an allgemeinbildenden Schulen ungewöhnliche oder
überraschende Regelungen. Ebenso sind Vertragsstrafen zur Sanktion bei vorzeitiger
tatsächlicher Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer, nämlich weil dieser
die maßgebliche Kündigungsfrist bzw. den Kündigungstermin nicht einhält und entsprechend seine
Arbeitsleistungen nicht mehr bis zum rechtlichen Vertragsende erbringt, weder ungewöhnlich noch
überraschend. Mit einer solchen Bestimmung muss der Arbeitnehmer rechnen (vgl. BAG 27. April
2000 - 8 AZR 301/99 -; Boemke/Ulrici in Däubler/Hjort/Hummel/Wolmerath Arbeitsrecht § 305c
BGB Rn. 11) . Die Vertragsstrafenabrede ist auch nicht an einer überraschenden Stelle im
Vertragstext untergebracht. Denn sie schließt sich in § 4 Satz 3 des Arbeitsvertrages unmittelbar
an die Bestimmungen in § 4 Satz 1 und 2 des Arbeitsvertrages an, welche die Kündigungsfrist und
den Kündigungstermin regeln. Zwar fehlt es sowohl an einer drucktechnischen Hervorhebung der
Vertragsstrafe als auch an einem entsprechenden besonderen Hinweis auf die Vertragsstrafe (zB
durch eine besondere Überschrift). Dies ist aber unschädlich, weil der gesamte Vertragstext ein
gleiches fließendes Schriftbild hat, das keinerlei drucktechnische optische Besonderheiten oder
Hervorhebungen enthält. Kein Paragraph ist mit einer Überschrift oder einem Stichwort versehen.
Das äußere Erscheinungsbild des Vertrages führt demnach nicht dazu, dass bei dem
Arbeitnehmer bestimmte Erwartungen hinsichtlich des Vertragsinhalts geweckt werden, vielmehr
muss sich dieser von vornherein den gesamten Vertragstext durchlesen, um den Vertragsinhalt
vollständig zu erfassen (vgl. LAG Schleswig-Holstein 2. Februar 2005 - 3 Sa 515/04 - NZA-RR
2005, 351).
26 c) Der Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil
das Vertragsstrafeversprechen in § 4 Satz 3 des Arbeitsvertrages die Einhaltung der
Kündigungsbestimmungen in § 4 Satz 1 des Arbeitsvertrages sichern soll.
27 Ein Vertragsstrafeversprechen ist nach § 134 BGB unwirksam, wenn damit eine unwirksame
Hauptverbindlichkeit gesichert werden soll bzw. der Arbeitnehmer zur Einhaltung von nicht
wirksam vereinbarten Kündigungsfristen angehalten werden soll.
28 Längere als in § 622 Abs. 1 BGB vorgesehene, für beide Vertragsparteien gleiche
Kündigungsfristen können durch Strafversprechen gesichert werden (BAG 27. Mai 1992 - 5 AZR
324/91 - Rn. 22, EzA BGB § 339 Nr. 8) . Die zwischen den Parteien vertraglich festgelegten
Kündigungsbestimmungen sind weder ganz noch teilweise unwirksam.
29 Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht von einer Wirksamkeit der Regelungen über
Kündigungstermin und -frist in § 4 Satz 1 und 2 des Arbeitsvertrages ausgegangen. Die
Vereinbarung einer Kündigungsfrist von zwei Monaten jeweils zum 31. Juli eines Jahres steht in
Einklang mit § 622 BGB und ist weder nach § 309 Nr. 9 BGB noch nach § 307 Abs. 1 BGB
unwirksam.
30 aa) Aus § 622 Abs. 6 BGB folgt, dass die Arbeitsvertragsparteien eine längere als die in § 622
Abs. 1 BGB vorgesehene Kündigungsfrist vereinbaren dürfen. Voraussetzung dafür ist, dass für
die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer keine längere Frist vereinbart
werden darf als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.
31 bb) Danach ist die zwischen den Parteien vereinbarte Kündigungsfrist einschließlich des
festgelegten Kündigungstermins nicht unwirksam. Die Regelung in § 4 Satz 1 des
Arbeitsvertrages gilt sowohl für die Klägerin als auch für den Beklagten. Die Klägerin wird allein
dadurch, dass sie nur einmal im Jahr zum 31. Juli das Arbeitsverhältnis kündigen darf und dabei
die Kündigung spätestens bis zum 31. Mai gegenüber dem Beklagten erklären muss, nicht in
ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt. So hat auch das Bundesarbeitsgericht die
Vereinbarung einer einjährigen Kündigungsfrist für wirksam angesehen (BAG 17. Oktober 1969 -
3 AZR 442/68 - AP BGB § 611 Treuepflicht Nr. 7 = EzA HGB § 60 Nr. 2) . Im Streitfalle ist zu
berücksichtigen, dass auch der Beklagte sich auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen darf. Die Klägerin ist
als Lehrkraft an der von dem Beklagten betriebenen Grundschule tätig. Ein Lehrkraftwechsel
während des Schuljahres kann erhebliche Beeinträchtigungen für die Organisation des Unterrichts
und für die Durchführung des Unterrichts einschließlich der Betreuung der Kinder mit sich bringen.
Genauso bedarf die Einstellung einer Ersatzkraft eines zeitlichen Vorlaufs. Dies rechtfertigt die für
beide Vertragsparteien von § 622 Abs. 1 BGB abweichenden Kündigungsbestimmungen. Art. 12
Abs. 1 GG gebietet nicht, dass dem Arbeitnehmer ein jederzeitiger Berufs- bzw.
Arbeitsplatzwechsel ermöglicht werden muss. Zu berücksichtigen ist des Weiteren, dass die
Kündigungsfrist für beide Parteien nicht nur Nachteile, sondern auch Vorteile bringt, für die Klägerin
nämlich einen erhöhten Bestandsschutz ihres Arbeitsverhältnisses. Der Gesetzgeber hat im
Übrigen durch § 15 Abs. 4 TzBfG zum Ausdruck gebracht, dass auch eine für den Arbeitnehmer
vertragliche Bindung von bis zu fünf Jahren ohne die Möglichkeit, eine ordentliche Kündigung
auszusprechen, zulässig ist. Auch im Falle des § 15 Abs. 4 TzBfG ist es für den Arbeitnehmer
ausgeschlossen, bei einem besseren Vertragsangebot den bestehenden Arbeitsvertrag vorzeitig
zu kündigen. Dieser Arbeitnehmer hat ebenfalls das Risiko, dass er nach Ablauf des befristeten
Vertrages keine unmittelbare Anschlussbeschäftigung finden kann. Verfassungsrechtliche
Bedenken gegen die Regelung in § 15 Abs. 4 TzBfG bestehen nicht (zu § 624 BGB: vgl. BAG
19. Dezember 1991 - 2 AZR 363/91 - BAGE 69, 171 = AP BGB § 624 Nr. 2 = EzA BGB § 624
Nr. 1) .
32 d) Allein die Vertragsbestimmungen in § 4 Satz 1 und 2 des Arbeitsvertrages über die
Kündigungsmöglichkeit benachteiligen die Klägerin nicht unangemessen iSd. § 307 Abs. 1 BGB.
Die Vertragsstrafenabrede in § 4 Satz 3 des Arbeitsvertrages hingegen führt zu einer
unangemessenen Benachteiligung. § 307 Abs. 1 BGB findet auf die arbeitsvertraglichen
Kündigungsregelungen und die Vertragsstrafenabrede Anwendung. Nach § 307 Abs. 3 Satz 1
BGB gelten die Absätze 1 und 2 des § 307 BGB nur für Bestimmungen in Allgemeinen
Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende
Regelungen vereinbart werden. Dies ist vorliegend der Fall.
33 Mit der Vereinbarung von nur einer Kündigungsmöglichkeit im Jahr zu einem bestimmten
Kündigungstermin sind die Parteien von den Kündigungsregelungen in § 622 BGB abgewichen.
Damit stellt auch die Vereinbarung, dass die Klägerin für den Fall, dass sie diesen vom Gesetz
abweichenden Kündigungstermin nicht einhält, eine Vertragsstrafe schuldet, eine Abweichung von
gesetzlichen Regelungen dar.
34 aa) Die Bestimmungen in § 4 Satz 1 und 2 des Arbeitsvertrages entsprechen zwar nicht § 622
Abs. 1 BGB. Dennoch liegen die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Zweifelsregelung in
§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht vor. Nach dieser ist eine unangemessene Benachteiligung im
Zweifel anzunehmen, wenn eine Vertragsbestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der
gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Die Verlängerung der
Kündigungsfrist, verbunden mit der Festlegung eines bestimmten Kündigungstermins weicht nicht
von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab. Vielmehr zeigt gerade § 622
Abs. 6 BGB, dass der Gesetzgeber den Arbeitsvertragsparteien die Möglichkeit lassen wollte, für
beide Vertragsparteien geltende längere Kündigungsfristen zu vereinbaren. § 15 Abs. 4 TzBfG
macht deutlich, dass sogar eine Bindung auf bis zu fünf Jahren ohne ordentliche
Kündigungsmöglichkeit zulässig ist.
35 bb) Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist ebenfalls nicht
gegeben. Die Klägerin wird durch die Kündigungsbeschränkung nicht entgegen den Geboten von
Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Vorliegend wird die Beeinträchtigung sowohl
durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen als auch durch begründete und billigenswerte Interessen
des Arbeitgebers gerechtfertigt.
36 Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Klauselverwenders entgegen Treu und Glauben
unangemessen benachteiligen. Unangemessen ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich
anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte
Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird
(Senat 21. April 2005 - 8 AZR 425/04 - AP BGB § 307 Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 309 Nr. 3) . Die
Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung
und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem
Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Es bedarf einer
umfassenden Würdigung der beiden Positionen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu
und Glauben (Senat 21. April 2005 - 8 AZR 425/04 - aaO) . Dabei ist auch die Stellung der Klausel
im Gesamtvertrag zu berücksichtigen, ebenso wie kompensierende oder summierende Effekte
(Senat 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - BAGE 110, 8 = AP BGB § 309 Nr. 3 = EzA BGB 2002
§ 309 Nr. 1) . Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom
Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und
Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu
prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter
Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene
Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Werden Allgemeine Geschäftsbedingungen für
verschiedene Arten von Geschäften oder gegenüber verschiedenen Verkehrskreisen verwendet,
deren Interessen, Verhältnisse und Schutzbedürfnisse generell unterschiedlich gelagert sind, so
kann die Abwägung zu gruppentypisch unterschiedlichen Ergebnissen führen. Sie ist in den
Vertrags- oder Fallgruppen vorzunehmen, wie sie durch die an dem Sachgegenstand orientierte
typische Interessenlage gebildet werden (BAG 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - aaO) .
37 Bei Verbraucherverträgen sind im Individualprozess gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB bei der
Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB auch die den
Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen. Dies gilt auch für Arbeitsverträge,
weil der Arbeitnehmer Verbraucher iSv. § 310 Abs. 3 iVm. § 13 BGB ist (Senat 14. August 2007 -
8 AZR 973/06 - AP BGB § 307 Nr. 28 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 28) . Zu den konkret-
individuellen Begleitumständen gehören bei richtlinienkonformer Auslegung des Gesetzes unter
Berücksichtigung des 16. Erwägungsgrundes zur Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April
1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. EG Nr. L 95 vom 21. April
1993 S. 29) insbesondere (1) persönliche Eigenschaften des individuellen Vertragspartners, die
sich auf die Verhandlungsstärke auswirken, (2) Besonderheiten der konkreten
Vertragsabschlusssituation, wie zB Überrumpelung, Belehrung sowie (3) untypische
Sonderinteressen des Vertragspartners (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - BAGE 115, 372 =
AP ArbZG § 8 Nr. 6 = EzA ArbZG § 6 Nr. 6) . Die Berücksichtigung dieser Umstände kann sowohl
zur Unwirksamkeit einer nach generell-abstrakter Betrachtung wirksamen Klausel als auch zur
Wirksamkeit einer nach typisierter Inhaltskontrolle unwirksamen Klausel führen (Senat 14. August
2007 - 8 AZR 973/06 - aaO) .
38 Der Nachteil der Kündigungsbeschränkung für die Klägerin wird bereits durch den Vorteil
ausgeglichen, dass sie sich ebenfalls langfristig auf das Weiterbestehen ihres Arbeitsvertrages
einrichten kann, weil dieselbe Kündigungsfrist auch für den Arbeitgeber gilt. Die Klägerin wird bei
einer Kündigung durch den Beklagten in die Lage versetzt, sich rechtzeitig um einen neuen
Arbeitsplatz zu bemühen. Sie weiß des Weiteren, dass dann, wenn ihr bis zum 31. Mai keine
Kündigung ausgesprochen wurde, ihr Vertragsverhältnis noch über ein Jahr andauern wird.
39 Im Übrigen hat auch der Beklagte aufgrund der Organisation des Schulbetriebs und des
Bedürfnisses der Schüler nach einer gewissen Kontinuität des Unterrichts ein berechtigtes
Interesse an der vereinbarten Kündigungsregelung. Ein Lehrerwechsel während des laufenden
Schuljahres ist für die Durchführung eines geordneten Unterrichts hinderlich und kann auch für die
Schulkinder zu Belastungen führen, weil diese sich auf eine neue Lehrkraft einstellen müssen. Der
Beklagte benötigt eine ausreichende Vorlaufzeit vor Ende des Schuljahres, um eine Neueinstellung
vornehmen zu können. Ihm ist es nicht zumutbar, Lehrkräfte bereits zu einem Zeitpunkt zu
suchen und zu erproben, in dem noch nicht feststeht, dass er überhaupt einen Bedarf an deren
Beschäftigung hat. Die Interessen des Beklagten werden auch erheblich beeinträchtigt, wenn er
eine Erprobung erst im neuen Schuljahr durchführen kann. Denn Folge einer negativen Erprobung
wäre dann gerade ein Lehrerwechsel. Die Interessen der Klägerin werden durch die
Kündigungsregelung auch nicht dadurch unangemessen beeinträchtigt, dass der öffentliche Dienst
als größter Arbeitgeber aufgrund des unterschiedlichen Beginns der Schuljahre in den
Bundesländern für Lehrkräfte zu unterschiedlichen Zeiten, in der Regel im Zeitraum von Juni bis
August, Einstellungen vornimmt. Diese Praxis bedeutet nicht, dass der öffentliche Dienst nicht
auch außerhalb dieser Zeiträume Lehrer einstellt. So hatte sich auch die Klägerin bereits vor dem
31. Mai um eine Stelle in Hamburg bemüht. Der Arbeitgeber muss insbesondere einen
vorformulierten Vertrag nicht in der Weise gestalten, dass dieser für den Arbeitnehmer einen
kurzfristigen Wechsel des Arbeitgebers ermöglicht.
40 Weitere Umstände iSd. § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB, die zu einer anderen Bewertung führen, sind von
den Parteien weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
41 e) Die Vertragsstrafenabrede ist nicht nach § 309 Nr. 6 BGB unwirksam. Zwar bestimmt § 4
Satz 3 des Arbeitsvertrages die Verwirkung der Vertragsstrafe gerade für den Fall, dass sich der
Arbeitnehmer von dem Vertrag löst. § 309 Nr. 6 BGB ist aber vorliegend gemäß § 310 Abs. 4
Satz 2 BGB nicht anwendbar, weil die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten dem
entgegenstehen.
42 Zwar sind Vertragsstrafenabreden in Formularverträgen nach § 309 Nr. 6 BGB unzulässig. Nach
der Rechtsprechung des Senats folgt aber aus der angemessenen Berücksichtigung der im
Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten nach § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB die grundsätzliche
Zulässigkeit von Vertragsstrafenabreden in Arbeitsverträgen. Der Ausschluss der
Vollstreckbarkeit der Arbeitsleistung nach § 888 Abs. 3 ZPO ist dabei eine im Arbeitsrecht
geltende Besonderheit in diesem Sinne. Bei der Erbringung der Arbeitsleistung handelt es sich
grundsätzlich um eine nicht vertretbare Handlung, da der Arbeitnehmer verpflichtet ist, die
Arbeitsleistung höchstpersönlich zu erbringen, wenn die Parteien nicht etwas anderes vereinbart
haben (§ 613 BGB). Vertragsstrafenvereinbarungen in Formulararbeitsverträgen sind daher nicht
nach § 309 Nr. 6 BGB generell unzulässig. Ihre Unwirksamkeit kann sich jedoch aus § 307 BGB
ergeben (Senat 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - BAGE 110, 8 = AP BGB § 309 Nr. 3 = EzA BGB
2002 § 309 Nr. 1). Dabei ist zum Schutze des Arbeitnehmers ein strenger Maßstab anzulegen
(Senat 14. August 2007 - 8 AZR 973/06 - AP BGB § 307 Nr. 28 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 28).
43 f) Die Vertragsstrafenabrede in § 4 Satz 3 des Arbeitsvertrages ist gemäß § 307 Abs. 1 BGB
unwirksam, weil sie eine unangemessene Benachteiligung der Klägerin darstellt.
44 aa) Der grundsätzlichen Anwendbarkeit von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stehen im Arbeitsrecht
geltende Besonderheiten gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB für Vertragsstrafenregelungen nicht
entgegen (Senat 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - BAGE 110, 8 = AP BGB § 309 Nr. 3 = EzA BGB
2002 § 309 Nr. 1).
45 Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und
Glauben unangemessen benachteiligen.
46 bb) Die Vertragsstrafenabrede stellt nicht bereits deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB eine
unangemessene Benachteiligung der Klägerin dar, weil sie etwa nicht klar und verständlich wäre.
Ein Verstoß gegen das dort normierte Transparenzgebot liegt hier nicht vor.
47 Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB sind Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen
entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten ihrer
Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dazu gehört auch, dass
Allgemeine Geschäftsbedingungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen soweit erkennen
lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (BAG 3. April 2007 - 9 AZR 867/06 -
BAGE 122, 64 = AP TVG § 4 Nachwirkung Nr. 46 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 22) . Die
tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen müssen so genau beschrieben werden, dass
für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Eine Klausel
genügt dem Bestimmtheitsgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn sie im Rahmen des rechtlich
und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des
Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich beschreibt. Sie verletzt das
Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält (Senat
14. August 2007 - 8 AZR 973/06 - AP BGB § 307 Nr. 28 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 28) .
48 Bei der Beurteilung, ob eine Regelung dem Transparenzgebot genügt, ist nicht auf den flüchtigen
Betrachter, sondern auf den aufmerksamen und sorgfältigen Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr
abzustellen (Palandt/Grüneberg 67. Aufl. 2008 § 307 BGB Rn. 19) .
49 Die Regelung in § 4 Satz 3 des Arbeitsvertrages ist hinreichend bestimmt und lässt den
Arbeitnehmer erkennen, in welchen Fällen die Vertragsstrafe verwirkt ist. Aus § 4 des
Arbeitsvertrages ergibt sich, dass die Vertragsstrafe in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern zu
zahlen ist, wenn die Lehrkraft ihr Arbeitsverhältnis ohne Beachtung der in § 4 Satz 1 des
Arbeitsvertrages festgelegten Kündigungsfrist von zwei Monaten zum 31. Juli kündigt und ferner
ihrer Dienstverpflichtung bis zum Ablauf des Arbeitsvertrages nicht nachkommt. Zwar wird in § 4
Satz 3 des Arbeitsvertrages lediglich die Nichteinhaltung des Kündigungstermins und nicht
ausdrücklich auch die Nichteinhaltung der „Schutzfrist von zwei Monaten“ erwähnt. Da die
Verwirkung der Vertragsstrafe nach dem eindeutigen Wortlaut des § 4 Satz 3 des Arbeitsvertrages
aber voraussetzt, dass die Lehrkraft ihrer Verpflichtung zur Dienstleistung bis zum Ablauf des
Dienstvertrages nicht nachkommt und in § 4 Satz 1 des Arbeitsvertrages klar bestimmt ist, dass
der Dienstvertrag zum 31. Juli nur mit einer „Schutzfrist von zwei Monaten“ gekündigt werden
kann, ist für einen aufmerksamen und sorgfältigen Vertragspartner ohne weiteres erkennbar, dass
die Vertragsstrafe auch dann nach dem Vertragsinhalt zu zahlen ist, wenn er zwar zum 31. Juli
kündigt, dabei aber nicht die Frist von zwei Monaten wahrt und seine Arbeitsleistung nicht bis zum
31. Juli des Folgejahres erbringt. Den Bestimmungen in § 4 Satz 1 und 2 des Arbeitsvertrages ist
eindeutig zu entnehmen, dass eine Kündigung ohne Einhaltung der zweimonatigen Schutzfrist
zum 31. Juli das Arbeitsverhältnis erst wirksam zum 31. Juli des Folgejahres beenden kann.
50 cc) Das Vertragsstrafeversprechen benachteiligt die Klägerin aber gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1
BGB deshalb unangemessen, weil es in jedem Fall, in dem die Lehrkraft das Arbeitsverhältnis
ohne Einhaltung des in § 4 Satz 1 festgelegten Kündigungstermins kündigt und sie ihre
Arbeitsleistung nicht mehr bis zum rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses erbringt, eine
Vertragsstrafe in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern vorsieht. Die Höhe der vertraglich
festgelegten Vertragsstrafe von drei Bruttomonatsgehältern stellt insoweit eine Übersicherung des
Beklagten und damit eine ungemessene Benachteiligung der Klägerin dar.
51 Vertragsstrafenabreden benachteiligen den Arbeitnehmer nicht schon generell unangemessen. Die
Vertragsstrafe sichert das berechtigte Bedürfnis des Arbeitgebers, eine arbeitsvertragswidrige und
schuldhafte Nichtaufnahme oder Beendigung der Arbeitstätigkeit seitens des Arbeitnehmers zu
vermeiden. Ebenso soll die fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses verhindert werden. Es
geht darum, dem Arbeitgeber seinerseits die nahtlose Erbringung der Dienstleistungen gegenüber
seinem Kunden und ggf. die entsprechende Einarbeitung eines Nachfolgers zu ermöglichen. Stellt
der Arbeitnehmer die Arbeit vertragswidrig ein oder muss ihm fristlos gekündigt werden, sind die
Darlegung und der Beweis eines konkreten Schadens erfahrungsgemäß regelmäßig mit
besonderen Schwierigkeiten verbunden. Die schadensersatzrechtlichen und zivilprozessualen
Erleichterungen nach § 252 Satz 2 BGB und § 287 ZPO erleichtern nur in geringfügigem Umfang
die Darlegung und den Nachweis des Schadens; der Nachweis des Schadens und des
Kausalzusammenhangs zwischen der Pflichtverletzung und dem Schaden ist in der Praxis kaum
zu führen (Senat 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - BAGE 110, 8 = AP BGB § 309 Nr. 3 = EzA BGB
2002 § 309 Nr. 1) . Deshalb ist ein Interesse des Arbeitgebers an einer Vertragsstrafenregelung
anzuerkennen. Der Arbeitnehmer wird auch nicht unangemessen benachteiligt, weil es an ihm
liegt, seine Hauptpflichten zu erbringen (Senat 27. April 2000 - 8 AZR 301/99 -) . Der Arbeitgeber
hat ein berechtigtes Interesse an der Einhaltung der arbeitsvertraglichen Hauptpflicht, während der
Arbeitnehmer in der Regel weder ein Recht noch ein schützenswertes Interesse daran hat, den
Arbeitsvertrag zu brechen (Senat 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - aaO mwN) . Dabei ist es zu eng,
die Vertragsstrafe allein mit einem vermögensrechtlichen Interesse des Arbeitgebers zu
begründen. Die schadensausgleichende Funktion ist nur eine der beiden Funktionen der
Vertragsstrafe. Die Vertragsstrafe dient auch der Sicherung der Arbeitsaufnahme und muss nicht
zwingend beide Zwecke verfolgen. Ist erkennbar, dass die Vertragsstrafe in erster Linie zur bloßen
Schöpfung neuer, vom Sachinteresse des Verwenders losgelöster Geldforderungen eingesetzt
wird, fehlt es am berechtigten Interesse des Arbeitgebers (Senat 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 -
aaO mwN).
52 g) Die im Streitfalle vereinbarte Vertragsstrafe ist unangemessen hoch.
53 Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB kann auch aus der Höhe
einer Vertragsstrafe folgen (Senat 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - BAGE 110, 8 = AP BGB § 309
Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 309 Nr. 1) .
54 aa) Die Unangemessenheit der Vertragsstrafenhöhe folgt entgegen der Ansicht des
Landesarbeitsgerichts allerdings nicht daraus, dass es eine absolute Höchstgrenze für eine
Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsentgeltes gibt und darüber hinausgehende
Vertragsstrafen stets unwirksam sind. Die Festlegung einer Höchstgrenze für eine Vertragsstrafe
widerspricht § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB und § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB.
55 Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 4. März 2004 (- 8 AZR 196/03 - BAGE 110, 8 = AP
BGB § 309 Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 309 Nr. 1 ) zwar ausgeführt, bei einer Inhaltskontrolle einer
Formularabrede nach § 307 BGB könnten in Bezug auf die Angemessenheit der Höhe der
Vertragsstrafe in der Regel nur einer generalisierenden Betrachtungsweise zugängliche Maßstäbe
herangezogen werden, wie zum Beispiel die Bruttomonatsvergütung. Das Bundesarbeitsgericht
hatte schon unter der Geltung des früheren Rechts eine Vertragsstrafe in Höhe eines
Monatsgehalts generell als geeigneten Maßstab angesehen und bei formularmäßigen
Strafabreden ein gesteigertes Bedürfnis nach einer generellen Obergrenze gesehen, deren
Überschreitung im Regelfalle die Unwirksamkeit der Klausel zur Folge hat. Das Abstellen auf die
Monatsvergütung berücksichtige im Normalfall auch die finanzielle Leistungsfähigkeit des
Arbeitnehmers. Daraus folgt aber nicht, dass eine allgemeine Obergrenze in Höhe eines
Bruttomonatsentgelts für eine wirksame Vertragsstrafe gilt. Der Senat hat in seiner Entscheidung
vom 4. März 2004 (- 8 AZR 196/03 - aaO) darauf abgestellt, dass es - bei einer typisierenden
Betrachtungsweise im Zeitpunkt des Vertragsschlusses - darum gehe, die wechselseitigen
Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers zu berücksichtigen und zu bewerten und
dass diese Interessenbewertung und Interessenberücksichtigung auch im Rahmen der Prüfung,
ob eine Vertragsstrafe unangemessen hoch sei, zu erfolgen habe.
56 Auch in der Entscheidung des Senats vom 18. August 2005 (- 8 AZR 65/05 - AP BGB § 336 Nr. 1
= EzA BGB 2002 § 307 Nr. 6) ist eine Vertragsstrafe nicht mit der Begründung für unwirksam
erachtet worden, die streitgegenständliche Vertragsstrafenhöhe von bis zu einem dreifachen
Monatsverdienst, habe eine allgemeine Höchstgrenze überschritten. Vielmehr hat der Senat eine
Vertragsstrafe für jeden Einzelfall eines Wettbewerbsverstoßes in Höhe von ein bis drei
Monatsentgelten als nicht angemessen angesehen.
57 Der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat - allerdings vor Inkrafttreten des Gesetzes zur
Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 - in der Entscheidung vom
25. Oktober 1994 (- 9 AZR 265/93 -) ausgeführt, es gebe keinen Rechtssatz, dass eine
Vertragsstrafe die Höhe des für die Kündigungsfrist zu zahlenden Gehalts nicht übersteigen dürfe,
die angemessene Höhe einer Vertragsstrafe könne nicht allgemein, sondern nur unter
Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles bestimmt werden.
58 Auch in der Literatur gibt es keine herrschende Meinung für eine absolute Obergrenze von einem
Monatsgehalt für Vertragsstrafen. Zwar wird zum Teil ausgeführt, dass bei formularmäßigen
Strafabreden ein gesteigertes Bedürfnis nach einer generellen Obergrenze bestehe, es wird auch
vorgeschlagen, den Betrag von einem Monatsgehalt als generelle Höchstgrenze zu akzeptieren.
Doch wird gleichzeitig die Ansicht vertreten, dass im Einzelfalle aufgrund besonderer Umstände
höhere Vertragsstrafen zulässig seien, insbesondere wenn es um die Sicherung einer langfristigen
Bindung gehe (so Preis/Stoffels Der Arbeitsvertrag 3. Aufl. II V 30 Rn. 30 und Boemke/Ulrici in
Däubler/Hjort/Hummel/Wolmerath Arbeitsrecht § 307 BGB Rn. 17) . Andere Stimmen in der
Literatur sprechen davon, dass grundsätzlich Vertragsstrafen in Höhe einer
Bruttomonatsvergütung zu billigen seien (ErfK/Müller-Glöge 8. Aufl. 2008 §§ 339 - 345 BGB
Rn. 17) , dass die Rechtsprechung bisher von einem Bruttomonatsverdienst als Obergrenze
ausgehe, wobei das Bundesarbeitsgericht dies nur als „Faustregel“ bezeichnet habe und im
Einzelfalle sich Abweichungen nach oben und unten ergeben könnten (HWK/Gotthardt 3. Aufl.
2008 Anh. §§ 305 - 310 BGB Rn. 50) und dass angemessen idR eine Vertragsstrafe sei, die den
Betrag eines Bruttomonatsgehaltes nicht übersteige (Küttner/Reinecke Personalhandbuch 2008
Vertragsstrafe Rn. 12) . Bei Vertragsstrafen wegen Verletzung des Wettbewerbsverbotes wird die
Auffassung vertreten, bei der Festsetzung der Höchstgrenze müsse man sich daran orientieren,
ob und gegebenenfalls in welcher Höhe im Fall eines Wettbewerbsverstoßes ein finanzieller
Schaden auf Seiten des Arbeitgebers zu erwarten sei (Schramm NJW 2008, 1494, 1496) .
59 § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB und § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB lassen es nicht zu, eine generelle
Höchstgrenze in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes für eine wirksame Vertragsstrafe im Rahmen
eines formularmäßigen Arbeitsvertrages festzuschreiben. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB spricht von
einer unangemessenen Benachteiligung. Ob eine solche vorliegt, ist nur anhand einer
Interessenabwägung zu beurteilen. Zwar ist dabei von einer typisierenden Betrachtungsweise im
Zeitpunkt des Vertragsschlusses auszugehen. Dies bedeutet aber nicht, dass auf den
Arbeitnehmer im Allgemeinen abzustellen ist. Vielmehr bezieht sich die typisierende
Betrachtungsweise zum einen auf den jeweiligen Gegenstand, der dem
Vertragsstrafeversprechen zugrunde liegt, und zum anderen auf die jeweilige Arbeitnehmergruppe,
die von der Verwendung gerade dieser Allgemeinen Geschäftsbedingungen betroffen ist (vgl. BAG
4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - BAGE 110, 8 = AP BGB § 309 Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 309 Nr. 1)
. Bereits diese Umstände zeigen, dass unterschiedliche berechtigte Interessen berührt werden. So
ergeben sich bei Verletzung des Wettbewerbsverbotes andere Folgen als bei vorzeitiger
Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer. Auch die finanzielle
Leistungsfähigkeit von Arbeitnehmern rechtfertigt nicht die Annahme einer absoluten
Höchstgrenze für eine zulässige Vertragsstrafe in Formulararbeitsverträgen in Höhe von nur
einem Bruttomonatsgehalt. Denn da unterschiedliche Arbeitnehmergruppen existieren, ist auch
deren finanzielle Leistungsfähigkeit unterschiedlich. Arbeitnehmer, die über hohe Einkommen
verfügen, sind in der Lage, Vermögen zu bilden und werden von Vertragsstrafen, die über ein
Bruttomonatsgehalt hinausgehen, nicht immer in ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit erheblich
beeinträchtigt. Je nach dem Grund der Vertragsstrafe und den typischerweise für den Arbeitgeber
eintretenden Folgen bei Nichtbeachtung der durch die Vertragsstrafe gesicherten Verpflichtung
kann es daher angemessen sein, auch eine höhere Vertragsstrafe als ein Bruttomonatsgehalt in
einem formularmäßigen Arbeitsvertrag zu vereinbaren. So kann zB der Arbeitgeber, der
Spezialisten für ein bestimmtes kostenintensives Forschungsprojekt benötigt, welches über einen
längeren Zeitraum läuft, berechtigte Interessen haben, dass ein Arbeitnehmer nicht vorzeitig und
ohne Beachtung der vereinbarten Kündigungsfristen das Arbeitsverhältnis beendet. In solchen
Fällen kann, je nach konkreter Festlegung, welche Vertragsstrafe für welche Verletzung der
Einhaltung der Kündigungsfrist zu zahlen ist, auch eine Vertragsstrafe von über einem
Bruttomonatsentgelt gerechtfertigt sein.
60 Im Übrigen steht auch § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB der Festlegung einer absoluten Höchstgrenze für
eine Vertragsstrafe in einem Formulararbeitsvertrag entgegen. Denn nach dieser Vorschrift sind
auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände bei der Beurteilung der unangemessenen
Benachteiligung zu berücksichtigen. Die persönlichen Eigenschaften des Verhandlungspartners,
dessen Verhandlungsstärke sowie atypische Sonderinteressen des Vertragspartners können
auch von Bedeutung für die Höhe der Vertragsstrafe sein und lassen damit keine starren
Höchstgrenzen für Vertragsstrafen zu.
61 bb) Die Regelung in § 4 Satz 3 des Arbeitsvertrages benachteiligt die bei dem Beklagten
angestellten Lehrkräfte deswegen unangemessen, weil in jedem Fall, in dem der
Kündigungstermin nicht eingehalten wird und die Lehrkraft ihrer Dienstverpflichtung bis zum Ablauf
des Dienstvertrages nicht nachkommt, die Vertragsstrafe von drei Monatsgehältern verwirkt ist.
Die insoweit nicht teilbare Klausel führt damit zu einer Übersicherung des Beklagten.
62 Da der Vertragsstrafe einerseits eine schadensausgleichende Funktion zukommt, sie andererseits
aber auch bezwecken soll, auf den Schuldner einen wirkungsvollen Druck zur Einhaltung seiner
Verpflichtungen auszuüben, kommen für die Prüfung der Angemessenheit der Vertragsstrafe bei
Nichteinhaltung der Kündigungsfrist insbesondere folgende Kriterien in Betracht: Typischerweise
entstehende Schäden bzw. Nachteile für den Arbeitgeber bei Nichteinhaltung der Kündigungsfrist
und das Interesse an der tatsächlichen Erbringung der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer.
Dabei wird der maßgeblichen Kündigungsfrist für die Feststellung der Angemessenheit einer
Vertragsstrafe erhebliche Bedeutung zugemessen, weil hierin zum Ausdruck kommt, in welchem
zeitlichen Umfange der Arbeitgeber Arbeitsleistungen vom Arbeitnehmer verlangen kann und
welches Interesse er an der Arbeitsleistung hat. Da es bei der Vereinbarung einer Vertragsstrafe
jedenfalls auch um einen vermögensmäßigen Ausgleich nicht erbrachter Vertragsleistungen geht,
sind die Kündigungsfristen, die durch den Vertragsbruch vom Arbeitnehmer nicht beachtet wurden,
ein relevanter Abwägungsgesichtspunkt bei der Feststellung der Angemessenheit der
Vertragsstrafenhöhe (Senat 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - BAGE 110, 8 = AP BGB § 309 Nr. 3 =
EzA BGB 2002 § 309 Nr. 1) .
63 Bei der Vertragsstrafenabrede in § 4 Satz 3 des Arbeitsvertrages handelt es sich um eine
einheitliche, inhaltlich nicht trennbare Bestimmung. Gegenstand der Inhaltskontrolle sind einzelne,
nur formal verbundene Allgemeine Geschäftsbedingungen, wenn sie sprachlich und inhaltlich
teilbar sind (BAG 15. März 2005 - 9 AZR 502/03 - BAGE 114, 97 = AP BGB § 781 Nr. 7 = EzA
BGB 2002 § 307 Nr. 2) . Wenn eine Bestimmung aber nicht sprachlich und inhaltlich teilbar ist, ist
zu prüfen, ob die Bestimmung in ihrer Gesamtheit zu einer unangemessenen Benachteiligung iSd.
§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unter Berücksichtigung des § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB führt.
64 Unter Berücksichtigung der typisierenden Betrachtungsweise bezogen auf den Zeitpunkt des
Vertragsschlusses und der vorgenannten Kriterien stellt die Regelung in § 4 Satz 3 des
Arbeitsvertrages eine unangemessene Benachteiligung für die Lehrkraft dar, weil sie generell und
von vornherein auch Fallkonstellationen umfasst, in denen die Verwirkung einer Vertragsstrafe von
drei Bruttomonatsgehältern eine unangemessene „Übersicherung“ des Beklagten darstellt und
insoweit nur zur bloßen Schöpfung neuer, vom Sachinteresse des Verwenders losgelöster
Geldforderungen dient. Aufgrund der Verbindung einer zweimonatigen Kündigungsfrist mit einem
einmaligen Kündigungstermin pro Jahr kann die Nichteinhaltung dieser Kündigungsbestimmungen
völlig unterschiedliche Auswirkungen auf den Umfang haben, in welchem der Arbeitgeber
Arbeitsleistungen von dem Arbeitnehmer noch verlangen könnte. So ist die Vertragsstrafe
beispielsweise nach der Bestimmung auch verwirkt, wenn die Lehrkraft am 30. April zum 30. Juni
desselben Jahres kündigt und bis zum Kündigungstermin ihre Arbeitsleistungen erbringt oder
wenn sie am 15. Mai zum 15. Juli desselben Jahres kündigt und bis dahin arbeitet. In diesen
Fällen ist zwar die „Schutzfrist“ von zwei Monaten eingehalten, nicht aber der Kündigungstermin
31. Juli. In diesen Beispielsfällen bestehen auch nach einer generalisierenden Betrachtungsweise
keine berechtigten Interessen des Arbeitgebers, die Nichtbeachtung der
Kündigungsbestimmungen durch die Lehrkraft mit einer Vertragsstrafe von drei
Bruttomonatsgehältern zu sanktionieren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Schuljahr
aufgrund der jährlich zeitversetzten Sommerferien in Berlin zu unterschiedlichen Zeiten endet und
beginnt. Der Beklagte richtet sich grundsätzlich nach den Schulferien der öffentlichen Schulen (§ 7
des Arbeitsvertrages). Auch in den genannten Beispielsfällen wird der Beklagte durch die jeweilige
Einhaltung der zweimonatigen Kündigungsfrist (im Arbeitsvertrag als „Schutzfrist“ bezeichnet) im
zeitlichen Zusammenhang mit dem Ende des Schuljahres in die Lage versetzt, sich rechtzeitig um
eine Neueinstellung zu kümmern. Er wird damit nicht gehindert, sein pädagogisches Konzept
umzusetzen. Aufgrund der zeitversetzten Sommerferien hat die vertragliche Kündigungsregelung
nicht zwangsläufig zur Folge, dass der Beklagte stets zwei Monate vor Beginn der Sommerferien
Kenntnis von einer Kündigung seitens einer Lehrkraft hat. Die Nichterbringung der Arbeitsleistung
ab einem Zeitpunkt vor dem 31. Juli eines Jahres aufgrund einer vertragswidrigen Kündigung
durch die Lehrkraft zu einem früheren Termin führt nicht typischerweise zu einer erheblichen
Beeinträchtigung des Schulbetriebes und zu Nachteilen für den Beklagten, weil die Sommerferien
auch vor dem 31. Juli eines Jahres beginnen können. Bedeutsam ist ferner, dass die
Vergütungspflicht des Beklagten für die von der Lehrkraft bis zum 31. Juli (dem zulässigen
Kündigungstermin) nicht erbrachte Arbeitsleistung entfällt. Damit ist jedenfalls der Wert der
Arbeitsleistung im Wesentlichen durch den Wegfall der Vergütungspflicht ausgeglichen. Auch
insoweit führt die Nichteinhaltung der Kündigungsbestimmungen in den genannten Beispielfällen
nicht zu einer erheblichen Interessenbeeinträchtigung des Beklagten. Der Gesichtspunkt der
Druckausübung rechtfertigt in den genannten Fällen ebenfalls nicht die Höhe der Vertragsstrafe.
Es geht hier nicht allein darum, den Arbeitnehmer zur Einhaltung seiner Vertragspflichten
anzuhalten, sondern es ist stets auch zu berücksichtigen, welches Interesse der Beklagte an der
Erbringung der Arbeitsleistung bis zum vertraglich zulässigen Beendigungstermin des
Arbeitsverhältnisses hat. In den genannten Fällen ist auch nicht erkennbar, dass der Ruf der
Schule gerade durch die Nichteinhaltung der Bestimmung in § 4 Satz 1 des Arbeitsvertrages durch
die Lehrkraft gefährdet werden könnte.
65 Es liegen im Streitfalle keine gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB zu berücksichtigenden Umstände
vor, die zu einer anderen Bewertung führen. Eine „Übersicherung“ des Beklagten in den genannten
Fällen wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Vertragsstrafe nach der Vertragsklausel nicht
ihm persönlich zugute kommen soll, sondern dem Förderverein der S e.V. zugunsten der Schüler
zur Verfügung gestellt wird. Es macht keinen Unterschied für den Schuldner, ob die Vertragsstrafe
direkt an den Klauselverwender oder an eine von diesem einseitig bestimmte andere Person zu
zahlen ist. Hinzukommt, dass die Vertragsstrafe dem Beklagten durchaus mittelbar zugute
kommt. Denn der Ruf der Schule, deren Schulträger der Beklagte ist, kann durchaus durch das
Engagement des Fördervereins verbessert und damit die Schüleranzahl beeinflusst werden.
66 Andere, das Ergebnis der typisierenden Inhaltskontrolle ändernden Umstände bei Vertragsschluss
sind im Streitfalle von den Parteien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
67 Es kann dahinstehen, ob die Höhe einer Vertragsstrafe von drei Bruttomonatsgehältern in einer
konkreten Fallkonstellation wie der vorliegenden angemessen wäre, da die Kündigung durch die
Klägerin mit Schreiben vom 5. Juli 2006 zum 31. Juli 2006, das Arbeitsverhältnis aufgrund der
vertraglichen Kündigungsregelungen wirksam erst zum 31. Juli 2007 hätte beenden können.
Aufgrund der einheitlichen, nicht teilbaren Regelung in § 4 Satz 3 des Arbeitsvertrages kommt es
bei der Prüfung der Angemessenheit der Vertragsstrafe nicht darauf an, ob unter § 4 Satz 3 des
Arbeitsvertrages auch Konstellationen fallen können, die eine dreifache Bruttomonatsvergütung als
Vertragsstrafe rechtfertigen würden.
68 Eine Teilung von Vertragsklauseln in einen zulässigen und einen unzulässigen Teil kommt nur in
Betracht, wenn der unzulässige Teil sprachlich eindeutig trennbar ist. Enthält die Klausel neben der
unwirksamen auch unbedenkliche, sprachlich und inhaltlich abtrennbare Bestandteile, bleiben
diese wirksam, auch wenn sie den gleichen Sachkomplex betreffen. Voraussetzung dafür ist aber,
dass nach dem Wegstreichen der unwirksamen Teilregelung ein aus sich heraus verständlicher
Klauselrest verbleibt (Senat 21. April 2005 - 8 AZR 425/04 - AP BGB § 307 Nr. 3 = EzA BGB 2002
§ 309 Nr. 3) .
69 In diesem Sinne ist die Bestimmung in § 4 Satz 3 des Arbeitsvertrages nicht teilbar. Sie sieht
generell bei Nichteinhaltung des Kündigungstermins und bei Nichterfüllung der Dienstverpflichtung
bis zum Ablauf des Dienstvertrages die Verwirkung einer Vertragsstrafe von drei
Bruttomonatsgehältern vor. Bei der Beurteilung, ob die Vertragsstrafenhöhe angemessen ist, kann
bei einer Vertragsklausel, die bei der Vertragsstrafenhöhe nicht nach verschiedenen
Fallgestaltungen differenziert, eine Wirksamkeit der Bestimmung nicht deshalb bejaht werden, weil
unter diese auch Sachverhalte fallen können, bei denen die Höhe der Vertragsstrafe angemessen
wäre.
70 Zwar wurde vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom
26. November 2001 in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung in der Regel ein
Vertragsstrafenversprechen auch dann für wirksam angesehen, wenn die Vertragsstrafe
unangemessen hoch war, weil im Rahmen des § 343 BGB eine zu hohe Vertragsstrafe durch das
Gericht herabgesetzt werden konnte. Aufgrund der Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB seit dem
1. Januar 2002 auch auf Arbeitsverhältnisse bedarf es der Statuierung genereller
Wirksamkeitsschranken, da nur diese von vornherein für beide Parteien eine sichere
Beurteilungsgrundlage - auch hinsichtlich der Erfolgsaussichten im Falle einer gerichtlichen
Auseinandersetzung - abgeben. Die Möglichkeit einer gerichtlichen Herabsetzung der
Vertragsstrafe gemäß § 343 BGB vermag dies nicht zu leisten. Das Ergebnis eines
Herabsetzungsantrages nach § 343 BGB lässt sich ob der Vielfalt der berücksichtigungsfähigen
Umstände des Einzelfalles nur schwer vorhersagen (Preis/Stoffels Der Arbeitsvertrag II V 30
Rn. 25) . Die Höhe der vereinbarten Vertragsstrafe ist - wie ausgeführt - demnach bereits gemäß
§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB einer Wirksamkeitskontrolle zu unterziehen (Senat 4. März 2004 - 8
AZR 196/03 - BAGE 110, 8 = AP BGB § 309 Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 309 Nr. 1) . Bei der
Wirksamkeitskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist ein genereller, typisierender, vom
Einzelfalle losgelöster Prüfungsmaßstab anzulegen, der sich auf den gesamten Klauselinhalt zu
beziehen hat, wenn die Klausel nicht bereits sprachlich und inhaltlich teilbar ist und damit inhaltlich
trennbare Vertragsbedingungen enthält. Wird in einem Vertragsstrafeversprechen generell für die
Nichteinhaltung der Kündigungsbestimmungen eine Vertragsstrafe in Höhe von drei
Bruttomonatsgehältern vereinbart, muss diese Vertragsstrafenhöhe für sämtliche
Fallkonstellationen, die unter die Klausel fallen können, angemessen sein. Andernfalls würde
gerade der Schutzzweck der §§ 305 ff. BGB unterlaufen, der auch darin besteht, Rechtssicherheit
zu schaffen. Durch diese Vorschriften soll auf einen angemessenen Inhalt der in der Praxis
verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen hingewirkt werden. Auch soll dem
Verwendungsgegner die Möglichkeit sachgerechter Information über die ihm aus dem
vorformulierten Vertrag erwachsenden Rechte und Pflichten verschafft werden (Senat 4. März
2004 - 8 AZR 196/03 - aaO) . Es soll, wie sich auch aus § 306 Abs. 2 BGB ergibt, vermieden
werden, dass der Klauselverwender risikolos Klauseln so weit fasst, dass sie sowohl zulässige als
auch unzulässige Fallgestaltungen umfasst und die Korrektur erst im jeweils verwirklichten
Einzelfalle, bei Vertragsstrafen über § 343 BGB, erfolgt.
71 Eine geltungserhaltende Reduktion der nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksamen
Vertragsstrafenabrede auf die Fallkonstellationen, in denen auch eine Vertragsstrafe in Höhe von
drei Bruttomonatsgehältern angemessen sein könnte, scheidet aus.
72 Im Grundsatz ist im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine geltungserhaltende
Reduktion nicht vorgesehen. Dies zeigt bereits § 306 Abs. 2 BGB, der bestimmt, dass dann, wenn
Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden sind, sich der Inhalt des Vertrages nach den
gesetzlichen Vorschriften bestimmt. Es kann dahinstehen, ob es Ausnahmefälle gibt, in denen das
„Alles - Oder - Nichts - Prinzip” dem Charakter des Arbeitsverhältnisses als einem auf lange
Dauer angelegten Dauerschuldverhältnis mit einer für den Verwender der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen nur eingeschränkten Kündigungsmöglichkeit nicht gerecht wird. Die
Unwirksamkeit einer Vertragsstrafenabrede wegen unangemessener Benachteiligung des
Arbeitnehmers stellt einen solchen Ausnahmefall nicht dar (Senat 14. August 2007 - 8 AZR
973/06 - AP BGB § 307 Nr. 28 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 28) .
73 Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt bei einer gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB
unwirksamen Vertragsstrafenabrede ebenfalls nicht in Betracht, weil sie den Regelungszweck
dieser Vorschrift unterlaufen würde, so dass es auch insoweit keiner Entscheidung bedarf, ob das
Verhalten der Klägerin im konkreten Fall eine Vertragsstrafe rechtfertigen würde.
74 Eine ergänzende Vertragsauslegung setzt voraus, dass der Regelungsplan der Parteien infolge
der durch die Unwirksamkeit einer Vertragsklausel entstandenen Lücke einer Vervollständigung
bedarf. Dies ist nur dann anzunehmen, wenn die ersatzlose Streichung der unwirksamen Klausel
keine angemessene, den typischen Interessen des AGB-Verwenders und seines
Vertragspartners Rechnung tragende Lösung bietet. Allerdings rechtfertigt nicht jede Verschiebung
der Gewichte zu Lasten des Verwenders die Annahme einer ergänzungsbedürftigen Lücke. Eine
ergänzende Vertragsauslegung käme nur dann in Frage, wenn sich das Festhalten am Vertrag für
den Verwender als unzumutbare Härte iSd. § 306 Abs. 3 BGB darstellen würde. Im Rahmen der
ergänzenden Vertragsauslegung wäre zu fragen, was die Parteien vereinbart hätten, wenn ihnen
die gesetzlich angeordnete Unwirksamkeit der Klausel bekannt gewesen wäre. Es gölte dann, in
Ausrichtung am hypothetischen Parteiwillen und am Maßstab von Treu und Glauben eine
lückenausfüllende Ersatzregelung zu finden. Während bei der geltungserhaltenden Reduktion nach
der Grenze des am Maßstab der §§ 307 ff. BGB zu beurteilenden „gerade noch Zulässigen”
gesucht wird, erstrebt die ergänzende Vertragsauslegung einen beiden Seiten so weit wie möglich
gerecht werdenden Ausgleich. Grundsätzlich sind die Gerichte jedoch weder zu einer
geltungserhaltenden Reduktion unwirksamer Klauseln berechtigt noch dazu, durch ergänzende
Vertragsauslegung an die Stelle einer unzulässigen Klausel die zulässige Klauselfassung zu
setzen, die der Verwender der Allgemeinen Geschäftsbedingungen voraussichtlich gewählt haben
würde, wenn ihm die Unzulässigkeit der beanstandeten Klausel bekannt gewesen wäre (BAG
23. Januar 2007 - 9 AZR 482/06 - AP BGB Ausbildungsbeihilfe § 611 Nr. 38 = EzA BGB 2002
§ 307 Nr. 10 mwN) . Eine ergänzende Auslegung im Fall einer unwirksamen
Vertragsstrafenabrede würde dem Verwender das Risiko der unzulässig zu weit gefassten Klausel
vollständig nehmen und eine Vertragshilfe allein zu seinen Gunsten darstellen. Eine Störung des
Gleichgewichts liegt nicht vor. Der Verwender hat es im Übrigen in der Hand, die
Vertragsstrafenvereinbarung präzise und auf die unterschiedlichen Fallkonstellationen bezogen zu
formulieren (vgl. zur Rückzahlung von Ausbildungskosten BAG 23. Januar 2007 - 9 AZR 482/06 -
aaO) . Das vertragliche Vertragsstrafeversprechen entfällt damit ersatzlos.
75 Eine Herabsetzung der Vertragsstrafe gemäß § 343 BGB auf das angemessene Maß kommt nur
bei verwirkten, also wirksam vereinbarten Vertragsstrafen in Betracht (BAG 4. März 2004 - 8 AZR
196/03 - BAGE 110, 8 = AP BGB § 309 Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 309 Nr. 1) .
76 3. Der geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich aus § 286 Abs. 1 und 2, § 288 Abs. 1 BGB.
77 II. Die Widerklage ist unbegründet. Der Beklagte hat gegen die Klägerin keinen Anspruch auf
Zahlung der Vertragsstrafe.
78 C. Der Beklagte hat gemäß § 97 ZPO die Kosten der erfolglosen Revision zu tragen.
Hauck
Böck
Breinlinger
Schulz
Schuckmann