Urteil des BAG vom 28.08.2008

BAG: während der Wartezeit, kein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen zwei Arbeitsverhältnissen, treu und glauben, schutz des arbeitnehmers, unterbrechung, lehrer, gymnasium

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 28.8.2008, 2 AZR 101/07
Kündigung während der Wartezeit - kein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen zwei
Arbeitsverhältnissen
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm
vom 30. November 2006 - 11 Sa 1039/06 - wird auf Kosten des Klägers
zurückgewiesen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer Kündigung vom 12. Januar 2006.
2 Der am 15. Juli 1965 geborene Kläger hat eine Ausbildung für das Lehramt der Sekundarstufe II in
den Fächern Mathematik, Physik und Musik absolviert und das zweite Staatsexamen abgelegt. Er
war in der Zeit vom 15. September 2003 bis zum 15. Februar 2004 mit einer
Unterrichtsverpflichtung von 22 Stunden und in der Zeit vom 16. Februar 2004 bis zum 21. Juli
2004 sowie vom 9. August 2004 bis zum 31. Januar 2005 mit einer Unterrichtsverpflichtung von
11 Wochenstunden gegen eine Vergütung nach der VergGr. IIa BAT befristet beim beklagten Land
beschäftigt und im R-Berufskolleg in L tätig. Auf der Basis eines weiteren schriftlichen Vertrags mit
dem beklagten Land vom 11. Mai 2005, in dem die Geltung der Sonderregelung SR 2y BAT
vereinbart worden war, arbeitete er vom 12. Februar 2005 bis zum 6. Juli 2005 weiterhin am R-
Berufskolleg in L mit 25,5 Wochenstunden in Vollzeit.
3 Am 18. August 2005 schlossen die Parteien einen unbefristeten Arbeitsvertrag, nach dem der
Kläger ab dem 22. August 2005 (Montag) mit einer Unterrichtsverpflichtung von
25,5 Wochenstunden bei einer Vergütung nach der VergGr. IIa BAT als Lehrer am S-Gymnasium
in L tätig wurde. Nach § 4 des schriftlichen Arbeitsvertrags galten die ersten sechs Monate der
Beschäftigungszeit als Probezeit. Der Kläger unterrichtete die Fächer Mathematik, Physik und
Musik in den Klassen 5, 8 und 9 und in den Jahrgangsstufen 11 und 12.
4 Die Sommerferien in Nordrhein-Westfalen währten vom 7. Juli 2005 (Donnerstag) bis zum
20. August 2005 (Samstag).
5 Nachdem der Kläger am 10. Januar 2005 vom Schulleiter dienstlich mit dem Gesamturteil, er
habe sich nicht bewährt, beurteilt worden war, hörte das beklagte Land den Personalrat für
Lehrerinnen und Lehrer an Gymnasien bei der Bezirksregierung Münster zu einer beabsichtigten
„Kündigung in der Probezeit“ zum 31. Januar 2006 an. Der Personalrat nahm mit Schreiben vom
12. Januar 2006 zum Kündigungsverlangen Stellung.
6 Mit Schreiben vom 12. Januar 2006, dem Kläger am 16. Januar 2006 zugegangen, kündigte das
beklagte Land das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31. Januar 2006.
7 Mit seiner Klage hat sich der Kläger gegen diese Kündigung gewandt und im Wesentlichen geltend
gemacht: Es liege kein Kündigungsgrund iSd. § 1 Abs. 2 KSchG vor. Das
Kündigungsschutzgesetz finde auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung. Es bestehe trotz der
lediglich durch die Sommerferien bedingten Unterbrechung ein durchgängiges, seit September
2003 bestehendes Arbeitsverhältnis als Lehrer zum beklagten Land, da ein enger sachlicher
Zusammenhang vorliege. Auf Grund der früheren befristeten Arbeitsverhältnisse habe das
beklagte Land hinreichend Gelegenheit gehabt, seine Eignung und Leistung zu beurteilen. Allein
der Schultypenwechsel könne nicht zu einer anderen Beurteilung führen. Die Kündigung sei im
Übrigen nach § 242 BGB unwirksam. Das beklagte Land habe eine Monopolstellung bei der
Beschäftigung von Lehrern. Deshalb sei bei der Prüfung einer Kündigung ein strenger Maßstab
anzulegen. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses widerspreche Treu und Glauben, da bis zum
Ausspruch der Kündigung es keine Kritik an seiner Eignung und Leistung gegeben habe. Die
behaupteten Leistungsmängel bestreite er. Im Übrigen sei der Personalrat nicht ordnungsgemäß
beteiligt worden.
8 Der Kläger hat - soweit für die Revision noch von Bedeutung - zuletzt beantragt
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 12. Januar
2006 nicht aufgelöst worden ist.
9 Das beklagte Land hat zur Begründung seines klageabweisenden Antrags ausgeführt: Das
Kündigungsschutzgesetz finde mangels erfüllter Wartezeit keine Anwendung. Die Kündigung sei
noch während der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses erfolgt. Das letzte
Arbeitsverhältnis sei mit den vorangegangenen nicht zusammenzurechnen. Es fehle an einem
engen sachlichen Zusammenhang zwischen den früheren befristeten Tätigkeiten des Klägers an
dem Berufskolleg und der letzten unbefristeten Beschäftigung als Lehrer an einem Gymnasium.
Die zeitliche Unterbrechung im Sommer 2005 sei deshalb erheblich. Der Personalrat sei
ordnungsgemäß beteiligt worden.
10 Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des
Klägers - nach Durchführung einer Beweisaufnahme zur Personalratsbeteiligung -
zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger
sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
11 Die Revision des Klägers ist unbegründet.
12 A. Das Landesarbeitsgericht hat seine die Klage abweisende Entscheidung im Wesentlichen wie
folgt begründet: Die Kündigung vom 12. Januar 2006 sei während der Probezeit nach § 53 Abs. 1
BAT rechtswirksam zum 31. Januar 2006 beendet worden. Sie sei nicht am Maßstab des § 1
Abs. 2 KSchG zu messen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien habe bei Zugang der
Kündigungserklärung keine sechs Monate ununterbrochen bestanden. Die früheren
Beschäftigungszeiten des Klägers seien bei der Berechnung der Wartezeit nicht zu
berücksichtigen. Die zeitliche Unterbrechung von gut sechs Wochen sei erheblich. Es fehle an
einem engen sachlichen Zusammenhang zwischen den beiden Arbeitsverhältnissen. Bei der
möglichen Zusammenrechnung eines unterbrochenen Arbeitsverhältnisses handele es sich um
einen eng auszulegenden Ausnahmetatbestand, bei dem der zeitlichen Lücke eine wichtige, aber
nicht die allein maßgebliche Bedeutung zukomme. Daneben seien ua. der Anlass der
Unterbrechung sowie die Art der Weiterbeschäftigung zu berücksichtigen. Je länger der
Zwischenraum sei desto gewichtiger müssten die für einen sachlichen Zusammenhang
sprechenden Umstände sein. Unter Berücksichtigung der besonderen Einzelfallumstände könne
im Entscheidungsfall nicht davon ausgegangen werden, die nicht geringfügige zeitliche
Unterbrechung sei durch andere erhebliche Umstände kompensiert worden. Insbesondere habe
der Kläger vor und nach den Sommerferien in unterschiedlichen Schultypen gearbeitet und in
unterschiedlichen Klassenstufen unterrichtet. Auch habe der letzte befristete Arbeitsvertrag keine
ausdrückliche vertragliche Verlängerungsoption enthalten.
13 Die Kündigung verstoße auch nicht gegen § 242 BGB. Es sei nicht treuwidrig, wenn das beklagte
Land nach einer Beurteilung der pädagogischen Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung des
Klägers zu dem Ergebnis gelangt sei, er habe sich im Gymnasium nicht bewährt. Mit dem Hinweis
auf die dienstliche Beurteilung vom 10. Januar 2006 habe das beklagte Land hinreichend die nicht
ausreichende Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Klägers dargelegt. Schließlich sei
der Personalrat zur Kündigung nach § 72a PersVG NRW ordnungsgemäß beteiligt worden. Dies
stehe auf Grund der durchgeführten Beweisaufnahme fest.
14 B. Dem folgt der Senat im Ergebnis und in wesentlichen Teilen der Begründung. Die Revision zeigt
keinen revisionsrechtlich relevanten Fehler auf. Die Kündigung vom 12. Januar 2006 hat das
Arbeitsverhältnis des Klägers fristgemäß während der Probezeit (§ 53 Abs. 1 BAT) zum
31. Januar 2006 beendet.
15 I. Die Kündigung vom 12. Januar 2006 war nicht am Maßstab des Kündigungsschutzgesetzes zu
messen. Sie bedurfte keines verhaltens- oder personenbedingten Kündigungsgrundes iSd. § 1
Abs. 2 KSchG. Das letzte Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien hat zum Zeitpunkt des
Zugangs der Kündigung noch keine sechs Monate bestanden. Es steht nach den Feststellungen
des Landesarbeitsgerichts auch nicht mit den vorausgegangenen Arbeitsverhältnissen in einem
derart engen Zusammenhang, dass von einem ununterbrochenen, einheitlichen Arbeitsverhältnis
auszugehen ist.
16 1. Nach § 1 Abs. 1 KSchG ist eine Kündigung nur dann rechtsunwirksam, wenn sie sozial
ungerechtfertigt ist und das Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen zum
Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden
hat.
17 a) Die Regelung der Wartezeit in § 1 Abs. 1 KSchG hat den Sinn und Zweck, den Parteien des
Arbeitsverhältnisses die Möglichkeit einer gewissen Zeit der Prüfung zu eröffnen, ob sie sich auf
Dauer binden wollen (vgl. zuletzt bspw. Senat 24. November 2005 - 2 AZR 614/04 - BAGE 116,
254) . Dieser Zweck gilt ungeachtet der Tatsache, dass für die Berechnung der Wartezeit der
rechtliche Bestand des Arbeitsverhältnisses und nicht die Dauer der tatsächlichen Beschäftigung
ausschlaggebend ist.
18 b) Wenn das Gesetz die sechsmonatige Wartezeit an einen ununterbrochenen rechtlichen
Bestand des Arbeitsverhältnisses anknüpft, so schadet nach dem Wortlaut der Vorschrift schon
jede rechtliche Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses, sei sie auch nur von kurzer Dauer. Eine
solch enge Sichtweise würde aber dem Sinn und Zweck des Gesetzes nicht gerecht werden. Wird
das Arbeitsverhältnis allein auf Veranlassung des Arbeitgebers für einen verhältnismäßig kurzen
Zeitraum unterbrochen, so kann sich je nach den Umständen der Arbeitgeber auf die von ihm
selbst gesetzte Ursache der Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses nicht berufen (vgl. § 162
BGB zu diesem Ansatz, st. Rspr. des Senats, vgl. zuletzt 19. Juni 2007 - 2 AZR 94/06 - AP
KSchG 1969 § 1 Wartezeit Nr. 23 = EzA SGB IX § 90 Nr. 2) .
19 c) Das Landesarbeitsgericht ist deshalb zu Recht mit der bisherigen Rechtsprechung des Senats
davon ausgegangen, dass auf die Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG Zeiten eines früheren
Arbeitsverhältnisses mit demselben Arbeitgeber anzurechnen sind, wenn das neue
Arbeitsverhältnis in einem engen sachlichen Zusammenhang mit dem früheren Arbeitsverhältnis
steht. Dabei kommt es insbesondere auf den Anlass und die Dauer der Unterbrechung sowie auf
die Art der Weiterbeschäftigung an (vgl. Senat 20. August 1998 - 2 AZR 76/98 - AP KSchG 1969
§ 1 Wartezeit Nr. 9 = EzA KSchG § 1 Nr. 49 und - 2 AZR 83/98 - BAGE 89, 307; 19. Juni 2007 -
2 AZR 94/06 - AP KSchG 1969 § 1 Wartezeit Nr. 23 = EzA SGB IX § 90 Nr. 2) .
20 Bei der Prüfung, wann von einem ununterbrochenen Arbeitsverhältnis iSv. § 1 Abs. 1 KSchG
ausgegangen werden kann, können keine festen zeitlichen Grenzen zugrunde gelegt werden, wie
sie beispielsweise in anderen Gesetzen (vgl. etwa § 1 Abs. 1 Satz 3 BeschFG 1985 oder § 14
Abs. 3 TzBfG) geregelt sind (vgl. zum Ganzen Senat 19. Juni 2007 - 2 AZR 94/06 - aaO) .
21 2. Es hält sich im Beurteilungsspielraum der Tatsacheninstanz, wenn das Landesarbeitsgericht
unter Anwendung dieser Grundsätze im Entscheidungsfall das Vorliegen eines engen sachlichen
Zusammenhangs zwischen dem letzten unbefristeten Arbeitsverhältnis und dem
vorangegangenen befristeten Arbeitsverhältnis der Parteien verneint und damit das
Tatbestandsmerkmal des „ununterbrochenen Arbeitsverhältnisses“ in § 1 Abs. 1 KSchG als nicht
erfüllt angesehen hat.
22 a) Zu Recht hebt das Berufungsgericht zunächst hervor, dass eine Unterbrechung des
Arbeitsverhältnisses vom 7. Juli 2005 bis zum 17. August 2005, also ein Unterbrechungszeitraum
von sechs Wochen, grundsätzlich erheblich ist und man deshalb im Prinzip nicht von einem
„ununterbrochenen“ Arbeitsverhältnis ausgehen kann. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der
Unterbrechungszeitraum mit den Sommerferien in den Schulen Nordrhein-Westfalens
deckungsgleich ist.
23 b) Weiter hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, ein enger sachlicher
Zusammenhang zwischen den Arbeitsverhältnissen scheitere daran, dass der Kläger vor und
nach den Sommerferien in unterschiedlichen Schultypen und Klassenstufen an Schulen in
Nordrhein-Westfalen als Lehrer eingesetzt worden ist.
24 Zwar umfasst seine Ausbildung als Lehrer für das Lehramt der Sekundarstufe II einen Einsatz in
beiden Schultypen, das „klassische“ Gymnasium und das Berufskolleg. Auch umfasst die
„Sekundarstufe II“ nach § 10 Abs. 4 des Schulgesetzes Nordrhein-Westfalen (Schulgesetz NRW -
SchulG) vom 15. Februar 2005 ua. „das Berufskolleg … und die gymnasiale Oberstufe des
Gymnasiums und der Gesamtschule“. Anders als in der Entscheidung des Senats vom 19. Juni
2007 (- 2 AZR 94/06 - AP KSchG 1969 § 1 Wartezeit Nr. 23 = EzA SGB IX § 90 Nr. 2) bestehen
aber im Entscheidungsfall gleichwohl erhebliche Unterschiede bei einer Tätigkeit eines Lehrers an
einem Gymnasium und an einem Berufskolleg. Dies gilt schon deshalb, weil bei einer Tätigkeit an
einem Gymnasium der Lehrer auch in der „Sekundarstufe I“ eingesetzt werden kann und wird und
diese im Gymnasium auch die Klassenstufen 7 bis 10 umfasst (vgl. § 10 Abs. 3 und § 16 Abs. 2
SchulG). Aus dem Schulgesetz Nordrhein-Westfalen folgt, dass ein Lehrer an einem Gymnasium
auch Schüler anderer Klassenstufen und anderer Jahrgänge zu unterrichten hat, als an einem
Berufskolleg. Hinzu kommt, dass das Berufskolleg die Bildungsgänge der Berufsschule, der
Berufsfachschule, der Fachoberschule und der Fachschule umfasst (§ 22 Abs. 1 SchulG). Damit
wird an solchen Bildungseinrichtungen ein durchaus differenziertes und anderes Lernangebot
unterbreitet (vgl. auch § 22 Abs. 3 und 4 SchulG).
25 Obwohl die Ausbildungsqualifikation des Klägers es ihm ermöglicht, an beiden
Bildungseinrichtungen tätig zu werden, ist im Entscheidungsfall kein Beurteilungsfehler des
Landesarbeitsgerichts erkennbar, weil unterschiedliche Anforderungen an einen Lehrer bei der
Erteilung des Unterrichts in den verschiedenen Schultypen und unterschiedlichen Klassenstufen
gestellt werden.
26 c) Demgegenüber zeigt der Kläger keinen revisionsrechtlich relevanten Fehler auf.
27 aa) Soweit er darauf verweist, das beklagte Land habe bereits ausreichend Gelegenheit gehabt,
seine Eignung und Leistung in den früheren Arbeitsverhältnissen zu erproben und zu beurteilen, so
gilt dieser Umstand lediglich für seine frühere Tätigkeit an einem Berufskolleg mit einer durchaus
anderen Schülerschaft. Auf Grund der unterschiedlichen Schulstrukturen und der
unterschiedlichen Schülerschaft einerseits und den daraus resultierenden unterschiedlichen
Unterrichtsanforderungen und -vermittlungen andererseits, kann durchaus ein erneutes
Beurteilungsbedürfnis bei einem Einsatz eines Lehrers in einem anderen Schultyp bestehen und
anerkannt werden.
28 bb) Der weitere Hinweis des Klägers auf die gleiche Vergütung (BAT IIa) rechtfertigt nicht
notwendig eine andere Beurteilung. Die Tätigkeiten eines Lehrers an einem Gymnasium und
einem Berufskolleg werden vergütungsmäßig als gleich angesehen. Angesichts der Tatsache,
dass beide Schultypen auch die Sekundarstufe II umfassen, erscheint eine solche
vergütungsmäßige Gleichbehandlung durchaus nachvollziehbar. Sie rechtfertigt jedoch noch nicht
zwingend von einem engen sachlichen Zusammenhang unterschiedlicher Tätigkeiten an
unterschiedlichen Bildungseinrichtungen auszugehen.
29 cc) Der Hinweis des Klägers auf die Sonderregelung des SR 2y BAT lässt einen engen sachlichen
Zusammenhang nicht erkennen. Die Protokollnotiz Nr. 4 zur Nr. 1 der Sonderregelung für
Zeitangestellte, Angestellte für Aufgaben von begrenzter Dauer und für Aushilfsangestellte (SR 2y
BAT), nach der Angestellte, die unter Nr. 1 dieser Sonderregelung fallen, bei der Besetzung von
Dauerarbeitsplätzen bevorzugt zu berücksichtigen sind, wenn die sachlichen und persönlichen
Voraussetzungen erfüllt sind, enthält keine Verpflichtung für die Zusammenrechnung von
unterbrochenen Arbeitsverhältnissen. Die Protokollnotiz zur Sonderregelung sieht lediglich eine
bevorzugte Berücksichtigung bei der Einstellung auf Dauerarbeitsplätzen vor, was im Übrigen im
vorliegenden Fall geschehen ist. Der Kläger ist auf einem freien Dauerarbeitsplatz erneut im
August 2005 eingestellt worden.
30 dd) Schließlich stellt es auch kein weiteres erhebliches Indiz für einen besonders engen
sachlichen Zusammenhang zwischen den unterbrochenen Arbeitsverhältnissen dar, dass
sämtliche Arbeitsverträge des Klägers mit dem Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch die
Bezirksregierung Münster, abgeschlossen worden sind und dass der letzte befristete
Arbeitsvertrag einerseits und der unbefristete Arbeitsvertrag andererseits identische
Unterrichtsverpflichtungen enthalten. Insoweit handelt es sich um die normale Vertragsgestaltung
eines Lehrerarbeitsverhältnisses (vertretungsberechtigt für das Land Nordrhein-Westfalen ist in
diesem Bereich die Bezirksregierung Münster, Normalfall ist auch ein Vollzeitarbeitsverhältnis)
ohne Aussagekraft für die Beurteilung der kündigungsrechtlich relevanten Unterbrechung.
31 II. Die Kündigung vom 12. Januar 2006 ist auch nicht treuwidrig iSv. § 242 BGB.
32 1. Bei der Prüfung der Treuwidrigkeit einer Kündigung ist § 242 BGB im Lichte des Art. 12 Abs. 1
GG auszulegen und anzuwenden.
33 a) Für die Bestimmung des Inhalts und der Grenzen eines Kündigungsschutzes außerhalb des
Kündigungsschutzgesetzes sind die grundrechtlichen Schutzpflichten und ihre Bedeutung zu
berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss der
Arbeitnehmer auch außerhalb des Geltungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes über die
zivilrechtlichen Generalklauseln vor einer sitten- oder treuwidrigen Ausübung des
Kündigungsrechts des Arbeitgebers geschützt werden (§§ 242, 138 BGB). Im Rahmen dieser
Generalklauseln ist der objektive Gehalt der Grundrechte, hier vor allem Art. 12 Abs. 1 GG, zu
beachten. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Der durch die Generalklauseln
vermittelte Schutz darf allerdings auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
nicht dazu führen, dass außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes dem Arbeitgeber praktisch die
dem Kündigungsschutzgesetz vorgegebenen Maßstäbe der Sozialwidrigkeit auferlegt werden. In
sachlicher Hinsicht geht es darum, Arbeitnehmer vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven
beruhenden Kündigungen zu schützen (vgl. BVerfG 27. Januar 1998 - 1 BvL 15/87 - BVerfGE 97,
169; zum Ganzen zuletzt BAG 28. Juni 2007 - 6 AZR 750/06 - AP BGB § 307 Nr. 27 = EzA BGB
2002 § 310 Nr. 5) .
34 b) Unter Berücksichtigung dieses verfassungsrechtlichen Rahmens verstößt eine Kündigung nur
gegen § 242 BGB, wenn sie Treu und Glauben aus Gründen verletzt, die von § 1 KSchG nicht
erfasst sind. Dies gilt jedenfalls für eine Kündigung, auf die wegen Nichterfüllung der
sechsmonatigen Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG das Kündigungsschutzgesetz keine
Anwendung findet. Ansonsten würde in diesen Fällen über § 242 BGB der kraft Gesetzes
ausgeschlossene Kündigungsschutz doch gewährt und damit die Möglichkeit des Arbeitgebers
eingeschränkt werden, die Eignung des Arbeitnehmers für die geschuldete Tätigkeit in seinem
Betrieb und Unternehmen während der gesetzlichen Wartezeit zu überprüfen (st. Rspr., vgl. Senat
16. September 2004 - 2 AZR 447/03 - AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 242
Kündigung Nr. 5; BAG 28. Juni 2007 - 6 AZR 750/06 - AP BGB § 307 Nr. 27 = EzA BGB 2002
§ 310 Nr. 5) . Dementsprechend setzt beispielsweise die Wirksamkeit einer Kündigung aus
Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers außerhalb des Anwendungsbereichs des
Kündigungsschutzgesetzes in der Regel nicht voraus, dass dem Arbeitnehmer zuvor eine
vergebliche Abmahnung erteilt worden ist (vgl. Senat 21. Februar 2001 - 2 AZR 579/99 - BAGE 97,
141, 148) . Ausnahmsweise kann aber eine vorherige vergebliche Abmahnung geboten sein, wenn
sich der Arbeitgeber andernfalls mit einer Kündigung in Widerspruch zu seinem bisherigen
Verhalten setzen würde (BAG 21. Februar 2001 - 2 AZR 579/99 - aaO) .
35 Eine willkürliche Kündigung liegt aber nicht vor, wenn ein irgendwie einleuchtender Grund für die
Kündigung besteht (vgl. Senat 28. August 2003 - 2 AZR 333/02 - AP BGB § 242 Kündigung Nr. 17
= EzA BGB 2002 § 242 Kündigung Nr. 4; zuletzt BAG 28. Juni 2007 - 6 AZR 750/06 - AP BGB
§ 307 Nr. 27 = EzA BGB 2002 § 310 Nr. 5) . Für das Vorliegen von solchen Tatsachen, aus denen
sich die Treuwidrigkeit ergeben soll, trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast (Senat
22. Mai 2003 - 2 AZR 426/02 - AP KSchG 1969 § 1 Wartezeit Nr. 18; 21. Februar 2001 - 2 AZR
15/00 - BAGE 97, 92, 103) . Dabei wird dem verfassungsrechtlich gebotenen Schutz des
Arbeitnehmers durch eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast Rechnung getragen. In einem
ersten Schritt muss der Arbeitnehmer, soweit er die Überlegung des Arbeitgebers, die zu seiner
Kündigung geführt hat, nicht kennt, lediglich einen Sachverhalt vortragen, der die Treuwidrigkeit der
Kündigung nach § 242 BGB indiziert. Der Arbeitgeber muss sich sodann nach § 138 Abs. 2 ZPO
im Einzelnen auf diesen Vortrag einlassen, um ihn zu entkräften. Kommt der Arbeitgeber dem
nicht nach, gilt der schlüssige Sachvortrag des Arbeitnehmers gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als
zugestanden (vgl. Senat 16. September 2004 - 2 AZR 447/03 - AP BGB § 611 Kirchendienst
Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 242 Kündigung Nr. 5) .
36 2. Gemessen hieran ist eine Treuwidrigkeit der Kündigung vom 12. Januar 2006 nicht erkennbar.
37 Das beklagte Land hat das Arbeitsverhältnis gekündigt, weil nach der dienstlichen Beurteilung vom
10. Januar 2006 beim Kläger erhebliche Leistungs- und Eignungsmängel aufgetreten sein sollen.
Das beklagte Land hat damit einen einleuchtenden Grund für seine Kündigung vom 12. Januar
2006 vorgetragen. Der Kläger hat diesen nicht hinreichend entkräftet. Sein bloßes Bestreiten
hierzu ist nicht ausreichend. Auch eine mögliche „Monopolstellung“ des beklagten Landes bei der
Beschäftigung von Lehrern ändert an den dargestellten Darlegungslastgrundsätzen nichts.
38 III. Die Kündigung ist auch nicht wegen einer fehlerhaften Beteiligung des Personalrats nach § 72a
PersVG NRW unwirksam. Das Landesarbeitsgericht hat auf Grund der durchgeführten
Beweisaufnahme festgestellt, dass der Personalrat zur Kündigung des Klägers während der
Probezeit ordnungsgemäß beteiligt worden ist. Hiergegen hat der Kläger keine Revisionsrügen
mehr geltend gemacht.
39 IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
Rost
Berger
Eylert
Niebler
Jan Eulen