Urteil des BAG vom 30.01.2013

Eingruppierung einer Laborspülkraft - Unterhaltsreinigung

Siehe auch:
Pressemitteilung Nr. 7/13 vom 30.1.2013
BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 30.1.2013, 4 AZR 272/11
Eingruppierung einer Laborspülkraft
Tenor
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts
Rheinland-Pfalz vom 4. Februar 2011 - 9 Sa 501/10 - wird
zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten über Entgeltansprüche der Klägerin.
2 Die Klägerin ist Mitglied der Gewerkschaft IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) und seit dem
1. Februar 2008 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden bei der Beklagten,
einem Mitglied des Bundesinnungsverbandes des Gebäudereiniger-Handwerks,
beschäftigt. Deren Betrieb erbringt überwiegend Gebäudereinigungsleistungen. In dem
letzten zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag vom 1. Februar 2009 heißt es
ua.:
1.
Der/die Arbeitnehmer/in wird ab dem 01.02.2009 als Laborspülkraft
eingestellt. …
2.
brutto
pro Stunde.“
3 Die Beklagte setzt die Klägerin in dem Forschungslabor eines Chemieunternehmens ein.
Ihre überwiegende Tätigkeit besteht darin, die von den Beschäftigten des Labors benutzten
Gläser, Reagenzgläser sowie Zylinder und Kolben aus Glas viermal pro Arbeitstag
einzusammeln, in einer von ihr zu bedienenden Industriespülmaschine zu reinigen und die
gesäuberten Gegenstände wieder auszuräumen. Einige der Glasgegenstände werden von
der Klägerin auch mit Ethanol gereinigt. Am nächsten Tag werden die Gläser von ihr wieder
in die Labore zurückgebracht. Die Klägerin reinigt im zweiwöchigen Turnus auch den
Boden des Raumes, in dem sie tätig ist, den darin befindlichen Arbeitstisch sowie die zwei
dort vorhandenen Trockenregale.
4 Nach erfolgloser Geltendmachung verlangt die Klägerin mit ihrer Klage für die Monate
November 2009 bis einschließlich Februar 2010 die Differenz zwischen dem
arbeitsvertraglich vereinbarten und dem im Lohntarifvertrag für die gewerblich Beschäftigten
in der Gebäudereinigung (vom 29. Oktober 2009 - LTV) festgelegten Stundenlohn iHv.
8,15 Euro brutto für das Jahr 2009 und iHv. 8,40 Euro für die Zeit ab dem 1. Januar 2010.
Weiterhin beansprucht sie für sechs Urlaubstage im genannten Zeitraum Urlaubsgeld nach
dem Tarifvertrag über ein zusätzliches Urlaubsgeld für die gewerblichen Beschäftigten in
der Gebäudereinigung (vom 7. September 2007 - TV Urlaubsgeld). Sie ist der Auffassung,
ihre Tätigkeit sei nach § 7 Nr. 3.2 Lohngruppe 1 des Rahmentarifvertrages für die
gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung (vom 4. Oktober 2003 - RTV,
nachfolgend Lohngruppe 1 RTV) zu vergüten.
5 Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 751,34 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe
von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 142,80 Euro seit dem
15. Dezember 2009, aus weiteren 231,80 Euro brutto seit dem 15. Januar 2010, aus
191,94 Euro brutto seit dem 15. Februar 2010 und aus weiteren 184,80 Euro brutto
seit 15. März 2010 zu zahlen.
6 Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Klägerin verrichte
„reinigungsfremde“ Tätigkeiten, die von den Lohngruppen des RTV nicht erfasst würden.
7 Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das
Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht
zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen
Urteils. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
8 Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht
stattgegeben. Die von der Klägerin überwiegend ausgeübte Tätigkeit erfüllt das
Tätigkeitsmerkmal „Unterhaltsreinigungsarbeiten“ der Lohngruppe 1 RTV. In der Folge
kann sie auch ein zusätzliches Urlaubsgeld nach § 2 Abs. 1 Satz 1 TV Urlaubsgeld
beanspruchen.
9 I. Die von der Klägerin erbrachten Arbeitsstunden in den Monaten November 2009 bis
einschließlich Februar 2010 sind nach den Stundenlohnsätzen der Lohngruppe 1 RTV zu
vergüten.
10 1. Für das Arbeitsverhältnis der Parteien gelten aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit
nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG die Tarifverträge des Gebäudereiniger-Handwerks,
darunter der RTV und der LTV.
11 2. Die für die Eingruppierung maßgebenden tariflichen Bestimmungen des RTV lauten:
㤠1
Geltungsbereich
I.
Räumlich
Das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.
II.
Alle Betriebe, die folgende, der Gebäudereinigung zuzurechnenden Tätigkeiten
ausüben:
1.
Reinigung, pflegende und schützende Nachbehandlung von
Außenbauteilen an Bauwerken aller Art,
2.
Reinigung, pflegende und schützende Behandlung von Innenbauteilen an
Bauwerken aller Art, Gebäudeeinrichtungen, haustechnischen Anlagen
sowie von Raumausstattungen und Verglasungen,
3.
Reinigung und Pflege von maschinellen Einrichtungen sowie Beseitigung
von Produktionsrückständen,
4.
Reinigung und Pflege von Verkehrsmitteln, von Verkehrsanlagen und -
einrichtungen sowie von Beleuchtungsanlagen,
5.
Reinigung von Verkehrs- und Freiflächen einschließlich der Durchführung
des Winterdienstes,
6.
Durchführung von Dekontaminationsmaßnahmen,
7.
Durchführung von Desinfektions- und Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen
sowie von Arbeiten der Raumhygiene.
Die Betriebe fallen, soweit von ihnen oder in ihnen Gebäudereinigungsleistungen
überwiegend erbracht werden, als Ganzes unter diesen Tarifvertrag.
...
§ 7
Lohn und Eingruppierung
1.
Lohngrundlagen
1.1 Der Lohn wird auf der Grundlage dieses Rahmentarifvertrages und des
Lohntarifvertrages geregelt.
2.
Beschäftigungsarten (Tätigkeitsbereiche)
2.1 Die Tätigkeitsbereiche der Gebäudereinigung sind die Arbeitsbereiche, in
denen Beschäftigte mit Tätigkeiten gemäß § 1 Abschnitt II beschäftigt
werden.
3.
Lohngruppen
3.1
3.1.1 Der/die Beschäftigte werden aufgrund ihrer überwiegenden Tätigkeit in
eine Lohngruppe dieses Tarifvertrages eingruppiert. Für die Eingruppierung
ist ausschließlich die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit maßgebend.
3.2
Lohngruppe 1
Innen- und Unterhaltsreinigungsarbeiten
Lohngruppe 2
OP-, Isolier-, Intensiv-Räume, sowie TBC-Krankenstationen, Isotopenlabors
(Qualifizierte Innen- und Unterhaltsreinigungsarbeiten)
Lohngruppe 3
Innen- und Unterhaltsreinigungsarbeiten, die eine zusätzliche, anerkannte
Qualifizierung erfordern (…)
…“
12 3. Danach kann die Klägerin eine Vergütung nach der Lohngruppe 1 RTV in der zwischen
den Parteien in der Höhe unstreitigen Vergütungsdifferenz von 660,40 Euro brutto
beanspruchen. Die überwiegend von ihr ausgeübte Tätigkeit als Laborspülkraft erfüllt die
Voraussetzungen des tariflichen Tätigkeitsmerkmales der Unterhaltsreinigungsarbeiten.
13 a) Das Landesarbeitsgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass das
Einsammeln der benutzten Gläser, Reagenzgläser, Zylinder und Kolben aus Glas, deren
Reinigung in einer Industriespülmaschine und teilweise mit Ethanol sowie das
anschließende Zurückbringen in die einzelnen Labore eine tariflich einheitlich zu
bewertende Teiltätigkeit sind (zu den Maßstäben etwa BAG 27. August 2008 - 4 AZR
484/07 - Rn. 17 mwN, BAGE 127, 305; 23. August 2006 - 4 AZR 410/05 - Rn. 11 mwN, AP
TVAL II § 51 Nr. 12).
14 Eine Aufteilung der von der Klägerin ausgeübten Tätigkeit in weitere Teiltätigkeiten ließe
unberücksichtigt, dass diese insgesamt auf die Reinigung und weitere Verwendbarkeit der
genannten Gegenstände am betreffenden Arbeitsort gerichtet ist. Das sieht auch die
Beklagte nicht anders.
15 b) Ob es sich bei den von der Klägerin weiterhin verrichteten Tätigkeiten um
Zusammenhangstätigkeiten mit der vorgenannten Tätigkeit oder um tariflich eigenständig
zu bewertende Teiltätigkeiten handelt, kann dahinstehen. Selbst wenn dies der Fall wäre,
würde die erstgenannte Teiltätigkeit der Klägerin die zeitlich überwiegende Tätigkeit nach
§ 7 Nr. 3.1.1 RTV darstellen und für die Eingruppierung maßgebend sein.
16 c) Diese Teiltätigkeit der Klägerin erfüllt, wie die Auslegung der tariflichen Regelungen
ergibt (zu den Maßstäben etwa BAG 28. Januar 2009 - 4 ABR 92/07 - Rn. 26 mwN, BAGE
129, 238), das Tätigkeitsmerkmal der Unterhaltsreinigung iSd. Lohngruppe 1 RTV. Sie
umfasst die Reinigung von Gegenständen der Raumausstattung, die als notwendige
Unterhaltsmaßnahme für die bestimmungsgemäße Nutzung der Räume als Arbeitsstätte
(Labor) erforderlich sind.
17 aa) Die Tarifvertragsparteien haben davon abgesehen, den Begriff der Unterhaltsreinigung
innerhalb des RTV näher zu bestimmen. Es handelt sich auch um keinen in der
Rechtsterminologie feststehenden Begriff. Deshalb ist die branchenspezifische
Auffassung für die Auslegung des Tätigkeitsmerkmales von Bedeutung (vgl. BAG
5. September 2012 - 4 AZR 584/10 - Rn. 13 f. mwN; 8. Februar 1984 - 4 AZR 158/83 -
BAGE 45, 121).
18 bb) Das Bundesarbeitsgericht ist bisher schon davon ausgegangen, dass die
„Unterhaltsreinigung … begrifflich schlechthin das Reinigen und Pflegen eines Objektes
zu dessen Unterhaltung zum Inhalt“ hat (BAG 28. Januar 1987 - 4 AZR 102/86 - AP TVG
§ 1 Tarifverträge: Gebäudereinigung Nr. 1). Unterhaltsreinigungsarbeiten sind
„fortlaufende und kontinuierl. auszuführende Reinigungsarbeiten, die dem Erhalt, dem
Schutz und der Pflege von Gegenständen dienen, wobei hierunter nicht nur Gebäude zu
verstehen sind“ (BAG 28. Januar 1987 - 4 AZR 224/86 - AP TVG § 1 Tarifverträge:
Gebäudereinigung Nr. 2; 4. Juni 1980 - 4 AZR 379/78 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau
Nr. 32).
19 cc) Der Begriff der Gebäudereinigung erfasst ua. die Ausstattung von Räumen als
Gegenstand einer Unterhaltsreinigung. Nach § 1 Abschnitt II Nr. 2 RTV, der ua. den
betrieblichen Geltungsbereich beschreibt, sind der Gebäudereinigung die „Reinigung,
pflegende und schützende Behandlung von Innenbauteilen an Bauwerken aller Art,
Gebäudeeinrichtungen, haustechnischen Anlagen sowie von Raumausstattungen und
Verglasungen“ zuzurechnen. Dem entspricht die Berufsbildbeschreibung des
Gebäudereiniger-Handwerks in § 1 Abs. 1 Nr. 2 Gebäudereinigermeisterverordnung (vom
12. Februar 1988 - GebrMstrV, BGBl. I S. 151). Ebenso gehen die Blätter zur Berufskunde
„Gebäudereiniger/Gebäudereinigerin“ der Bundesanstalt für Arbeit (1 - XI B 201 4. Aufl.
S. 6) davon aus, dass sich die Tätigkeit der Unterhaltsreinigung als Bestandteil der
Gebäudereinigung auf „Einrichtungsgegenstände“ erstreckt.
20 Das vorstehende Verständnis wird durch die Umschreibung des Tätigkeitsmerkmales
„Innen- und Unterhaltsreinigungsarbeiten“ durch dieselben Tarifvertragsparteien in § 2
Nr. 2 des Tarifvertrages zur Regelung der Mindestlöhne für gewerbliche Arbeitnehmer in
der Gebäudereinigung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (vom 9. Oktober 2007,
TV Mindestlohn, als staatliches Recht durch Verordnung über zwingende
Arbeitsbedingungen im Gebäudereinigerhandwerk vom 27. Februar 2008, BAnz. Nr. 34
vom 29. Februar 2008 S. 762, am 1. März 2008 in Kraft getreten) bestätigt:
„Lohngruppe 1
Innen- und Unterhaltsreinigungsarbeiten, insbesondere Reinigung, pflegende und
schützende Behandlung von Innenbauteilen an Bauwerken und Verkehrsmitteln
aller Art, Gebäudeeinrichtungen, haustechnischen Anlagen und
Raumausstattungen;
…“
21 dd) Die von der Klägerin überwiegend verrichtete Tätigkeit wird deshalb vom tariflichen
Begriff der Unterhaltsreinigungsarbeiten erfasst.
22 (1) Es werden Gegenstände gepflegt und gereinigt. Diese gehören zum
bestimmungsgemäßen Gebrauch und damit zur Raumausstattung eines Labors eines
Chemieunternehmens. Das pro Arbeitstag viermalige Einsammeln und Reinigen der
benutzten Gläser, Reagenzgläser, Zylinder und Kolben aus Glas sowie deren
Zurückbringen in die Laborräume ermöglicht deren ordnungsgemäße weitere
Verwendung. Diese tägliche Reinigung dient somit dem Erhalt, dem Schutz und der
Pflege von Gegenständen (so schon BAG 28. Januar 1987 - 4 AZR 224/86 - AP TVG § 1
Tarifverträge: Gebäudereinigung Nr. 2) und bezweckt die Unterhaltung der für ein Labor
notwendigen Arbeitsmittel (s. auch BAG 28. Januar 1987 - 4 AZR 102/86 - AP TVG § 1
Tarifverträge: Gebäudereinigung Nr. 1). Sie ermöglicht die weitere bestimmungsgemäße
Verwendung der zu reinigenden Gegenstände und ist für das Labor eine notwendige
Unterhaltsmaßnahme.
23 (2) Dieses Ergebnis wird durch die Systematik des RTV bestätigt. Nach § 1 Abschnitt II
Nr. 3 RTV - Reinigung und Pflege von maschinellen Einrichtungen - sind auch
Unterhaltsreinigungsmaßnahmen an einzelnen Gegenständen möglich (s. auch BAG
28. Januar 1987 - 4 AZR 102/86 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Gebäudereinigung Nr. 1:
„Reinigung … von Maschinen, … Aufräumungsarbeiten … sind … der Unterhaltsreinigung
zuzuordnen“).
24 ee) Dieser tariflichen Zuordnung steht - anders als die Revision meint - nicht entgegen,
dass es sich um eine Tätigkeit handeln kann, die bisher von den Unternehmen des
Gebäuderreiniger-Handwerks nicht oder nur untergeordnet ausgeführt und deshalb nicht
in den Muster-Ausschreibungsunterlagen des Bundesinnungsverbandes des
Gebäudereiniger-Handwerks gesondert aufgeführt wird.
25 (1) Der breite betriebliche Anwendungsbereich des RTV und die Vielzahl der erfassten
Reinigungsleistungen sowie die einschränkungslose Nennung von Raumausstattungen
als Gegenstand von Unterhaltsreinigungsarbeiten spricht dafür, dass vom Begriff der
Unterhaltsreinigungsarbeiten auch die unmittelbar mit betroffenen Arbeitsgegenständen in
Zusammenhang stehenden Reinigungstätigkeiten erfasst werden. Damit wird zugleich
berücksichtigt, dass sich das Gebäudereiniger-Handwerk, wie es der Senat bereits im
Jahre 1980 ausgeführt hat, in „den letzten Jahrzehnten zum modernen handwerklichen
Dienstleistungsberuf entwickelt“ und dessen Reinigungsleistungen sich weiter
ausgedehnt haben (BAG 4. Juni 1980 - 4 AZR 379/78 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau
Nr. 32).
26 (2) Die Revision kann sich nicht auf die von ihr angeführten Muster-
Ausschreibungsunterlagen berufen. Diese beziehen sich allein auf die dort genannten
Reinigungsgruppen (Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks,
Ausschreibungsunterlagen Unterhalts- und Glasreinigung, Stand August 2012 S. 35, ua.
Büro- und Verwaltungsräume, Sanitärräume, Flure, Verkehrswege), nicht aber auf
Betriebsstätten wie die vorliegende. Bereits deshalb können aus den dort und zudem nur
beispielhaft genannten Reinigungsgegenständen keine weitergehenden Schlüsse
gezogen werden. Insbesondere kann aus den Unterlagen nicht gefolgert werden, andere
Tätigkeiten in anderen Reinigungsgruppen könnten nicht dem tariflichen Merkmal
zugeordnet werden.
27 ff) Weiterhin ist es vorliegend ohne Bedeutung, dass die einschlägige
Ausbildungsverordnung die Tätigkeit des „Spülens“ nicht erwähnt. „Spülen“ als „etwas mit
einer Flüssigkeit, durch Bewegen in einer Flüssigkeit von Schmutz, Rückständen o.Ä.
befreien, reinigen“ oder „mit Wasser [u. einem Reinigungsmittel] säubern, abwaschen“
(Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. Bd. 8 „spülen“) stellt sich
als eine Form der Reinigung von Gegenständen dar. Zudem sind nach der Verordnung
über die Berufsausbildung zum Gebäudereiniger/zur Gebäudereinigerin (vom 21. April
1999, § 3 Nr. 9: „Ausführen von Reinigungs-, …arbeiten“) auch Fähigkeiten und
Kenntnisse über erforderliche „Reinigungs-, Pflege- und Konservierungsarbeiten“ bei
„Ausstattungsgegenständen“ zu vermitteln. Soweit in diesem Zusammenhang der
Entscheidung des Senats vom 19. Februar 2003 (- 4 AZR 118/02 - zu III 2 b aa der
Gründe, AP TVG § 2 Tarifzuständigkeit Nr. 17), die sich mit dem betrieblichen
Geltungsbereich des § 1 Abschnitt II RTV befasst hat, etwas anderes zu entnehmen sein
sollte, wird daran nicht festgehalten.
28 gg) Der Senat muss nicht darüber befinden, ob das tarifliche Merkmal der
Unterhaltsreinigungsarbeiten iSd. Lohngruppe 1 RTV zwingend deren periodische
Durchführung in regelmäßigen Zeitabständen erfordert (vgl. etwa BAG 28. Januar 1987 -
4 AZR 102/86 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Gebäudereinigung Nr. 1; weiterhin 28. Januar
1987 - 4 AZR 224/86 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Gebäudereinigung Nr. 2; 4. Juni 1980 -
4 AZR 379/78 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 32), wie die Revision geltend macht,
oder ob nicht auch gesondert vereinbarte Reinigungsmaßnahmen davon erfasst werden
können. Im Entscheidungsfall werden die Gegenstände „periodisch“ gereinigt. Deren
Einsammeln und Reinigen erfolgt viermal pro Arbeitstag sowie jeweils einmal am
darauffolgenden Tag deren Verteilung im gereinigten Zustand.
29 d) Die Tätigkeit der Klägerin wird zudem von den „Beschäftigungsarten
(Tätigkeitsbereiche)“ iSd. § 7 Nr. 2 RTV erfasst. Nach § 1 Abschnitt II RTV werden der
Gebäudereinigung auch Tätigkeiten der „Reinigung [und die] pflegende und schützende
Behandlung von … Gebäudeeinrichtungen, haustechnischen Anlagen sowie von
Raumausstattungen“ zugerechnet. Von daher kann es dahinstehen, ob - wie es das
Landesarbeitsgericht erwogen hat - § 7 Nr. 2 RTV noch eine eigenständige Bedeutung für
die Eingruppierung zukommt.
30 e) Deshalb muss der Senat nicht darüber befinden, ob angesichts der konkreten
Tätigkeitsmerkmale der Lohngruppe 1 RTV dieser überhaupt die Funktion einer
„Auffanglohngruppe“ für alle Tätigkeiten zukommen könnte, die nicht von anderen
Lohngruppen erfasst werden und ob dem RTV - wie es das Landesarbeitsgericht
angenommen hat - der Wille entnommen werden kann, möglichst „alle“ Tätigkeiten im
Geltungsbereich des RTV seinen Lohngruppen zuzuordnen.
31 II. Die Klägerin kann weiterhin ein zusätzliches Urlaubsentgelt nach § 2 Abs. 1 Satz 1 TV
Urlaubsgeld in Höhe von 90,94 Euro verlangen.
32 1. Die maßgebende Bestimmung des TV Urlaubsgeld lautet:
㤠2
Zusätzliches Urlaubsgeld
1. Nach einer Betriebszugehörigkeit von sechs Monaten erhalten die
Beschäftigten für nach dem 1. Januar 2007 erworbene Urlaubsansprüche
einen Anspruch auf ein zusätzliches Urlaubsgeld in Höhe von 1,85
Tarifstundenlöhnen je Urlaubstag. Bemessungsgrundlage ist der bei
Urlaubsantritt geltende Tarifstundenlohn der jeweiligen Entgeltgruppe.“
33 2. Danach steht der Klägerin für jeden der fünf Urlaubstage, die sie im Zeitraum vom
1. November bis zum 31. Dezember 2009 in Anspruch genommenen hat, ein zusätzliches
Entgelt in Höhe 15,08 Euro und für einen Urlaubstag im Jahre 2010 ein Urlaubsentgelt
iHv. 15,54 Euro brutto zu.
34 III. Der Zinsanspruch für die Klageforderung folgt aus § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 288
Abs. 1 BGB iVm. § 8 Abs. 2 RTV, § 2 Abs. 5 TV Urlaubsgeld.
35 IV. Die Beklagte trägt nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision.
Eylert
Winter
Treber
Pust
Schuldt