Urteil des BAG vom 21.02.2013

Stufenzuordnung bei Wiedereinstellung nach Befristung - Auslegung von § 16 Abs 3 S 1 TV-L

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 21.2.2013, 6 AZR 524/11
Stufenzuordnung bei Wiedereinstellung nach Befristung
Leitsätze
Bei gesetzeskonformer Auslegung des § 16 Abs. 3 Satz 1 TV-L beginnt die Stufenlaufzeit mit der
Zuordnung des Beschäftigten zu einer Stufe seiner Entgeltgruppe nach seiner Einstellung nicht
neu zu laufen, wenn er zuvor bereits befristet bei demselben Arbeitgeber beschäftigt war und
keine schädliche Unterbrechung iSd. Protokollerklärung Nr. 3 zu § 16 Abs. 2 TV-L vorliegt. Ein
anderes Verständnis wäre mit § 4 Abs. 2 Satz 3 TzBfG nicht vereinbar.
Tenor
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sächsischen
Landesarbeitsgerichts vom 31. Mai 2011 - 7 Sa 71/10 - aufgehoben,
soweit es auf die Berufung des Beklagten unter Abänderung des Urteils
des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 15. Dezember 2009 - 10 Ca 3014/09 -
die Klage für die Zeit vom 1. Mai 2009 bis zum 31. März 2010 abgewiesen
hat.
2. Insoweit wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.
3. Die Kosten des arbeitsgerichtlichen Verfahrens hat der Kläger zu 76 %
und der Beklagte zu 24 % zu tragen. Die Kosten der Berufung hat der
Kläger zu 83 % und der Beklagte zu 17 % zu tragen. Die Kosten der
Revision werden dem Kläger zu 87 % und dem Beklagten zu 13 %
auferlegt.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten über die Stufenzuordnung des Klägers im Rahmen eines befristeten
Arbeitsverhältnisses.
2 Der Kläger war als wissenschaftlicher Mitarbeiter aufgrund mehrerer befristeter
Arbeitsverhältnisse seit dem 1. Mai 2008 für den Beklagten tätig. Noch während des Laufs
der letzten Befristung schlossen die Parteien am 18./19. März 2009 einen weiteren
befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 1. April 2009 bis 31. März 2011, in dessen § 6 sie
den vorherigen Arbeitsvertrag ausdrücklich aufhoben. Im Unterschied zu dem vorherigen
Arbeitsverhältnis erfolgte diese Befristung nach dem WissZeitVG. In den Arbeitsverträgen
war jeweils die Geltung ua. des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L)
sowie eine Vergütung nach der EG 13 vereinbart. Der Kläger war als wissenschaftlicher
Mitarbeiter durchgehend mit der gleichen Tätigkeit beschäftigt. Der Beklagte zahlte dem
Kläger noch bis zum 31. März 2010 ein Entgelt aus der Stufe 1 seiner Entgeltgruppe.
3 Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte müsse ihm aufgrund seiner
einschlägigen Berufserfahrung bereits ab dem 1. Mai 2009 eine Vergütung aus der Stufe 2
der EG 13 zahlen. Der Begriff „Einstellung“ in § 16 Abs. 2 TV-L impliziere zumindest eine
Unterbrechung bzw. eine Einstellung für eine andere Tätigkeit, an der es in seinem Fall
fehle. Jedes andere Verständnis der tariflichen Normen führe zu einer Verletzung des
Benachteiligungsverbots des § 4 Abs. 2 Satz 3 TzBfG.
4 Der Kläger hat unter teilweiser Rücknahme der Revision zuletzt beantragt
festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 1. Mai 2009 bis
zum 31. März 2010 entsprechend der Entgeltgruppe 13 Stufe 2 zu vergüten.
5 Der Beklagte hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags vorgetragen, bei einem
Neuvertrag, wie er hier vorliege, sei eine Einstellung iSv. § 16 Abs. 2 TV-L zu bejahen. Die
Berücksichtigung der Berufserfahrung bei der Einstellung und der Stufenaufstieg nach der
Einstellung seien scharf zu trennen. Die Berufserfahrungszeiten aus früheren befristeten
Arbeitsverhältnissen, die bei der Stufenzuordnung nicht wirksam geworden seien, seien
nicht zu berücksichtigen.
6 Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die
Berufung des Beklagten abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen
Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.
Entscheidungsgründe
7 Die Revision des Klägers ist, soweit sie zur Entscheidung angefallen ist, begründet. Der
Kläger hatte bereits für die Zeit vom 1. Mai 2009 bis zum 31. März 2010 Anspruch auf ein
Entgelt aus der Stufe 2 der EG 13. Bei gesetzeskonformer Auslegung des § 16 Abs. 3
Satz 1 TV-L war die in den früheren befristeten Arbeitsverhältnissen erworbene
Berufserfahrung bei der Stufenlaufzeit zu berücksichtigen. Der Kläger war deshalb bereits
seit dem 1. Mai 2009 der Stufe 2 der EG 13 zugeordnet.
8 A. Das Landesarbeitsgericht ist rechtlich zutreffend davon ausgegangen, dass für die
Stufenzuordnung des Klägers in dem seit dem 1. April 2009 bestehenden
Arbeitsverhältnis § 16 Abs. 2 Satz 2 idF des § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L maßgeblich war.
9 I. Die Parteien haben in § 6 des Arbeitsvertrags vom 18./19. März 2009 vereinbart, dass
der davor geschlossene, längstens bis zum 16. September 2009 bestehende befristete
Arbeitsvertrag mit dem 1. April 2009 außer Kraft trat. Sie haben das zwischen ihnen
bestehende befristete Arbeitsverhältnis vor Beginn des neuen Arbeitsverhältnisses
aufgehoben und ein neues befristetes Arbeitsverhältnis mit einem anderen
Befristungsgrund geschlossen. Damit lag eine Einstellung iSv. § 16 Abs. 2 TV-L vor. Eine
solche Einstellung erfolgt auch, wenn wie hier ein neues Arbeitsverhältnis im
(unmittelbaren) Anschluss an ein beendetes Arbeitsverhältnis beim selben Arbeitgeber
begründet wird. Für § 16 Abs. 2 TV-L gilt insoweit nichts anderes als für § 16 Abs. 2 TVöD-
AT (VKA) (vgl. zu dieser Bestimmung BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 382/09 - Rn. 17 - 19,
AP TVöD § 16 Nr. 1 = EzTöD 100 TVöD-AT VKA § 16 Nr. 3). Entgegen der Auffassung
des Klägers beinhaltet der Begriff „Einstellung“ kein erstmaliges Moment. Mit „Einstellung“
bzw. dem Verb „einstellen“ wird lediglich zum Ausdruck gebracht, dass ein Arbeitnehmer
angestellt oder in ein Arbeitsverhältnis genommen wird (Duden Das Große Wörterbuch
der Deutschen Sprache 3. Aufl. Stichwort: „einstellen“ Ziff. 2). Auch die wiederholte
Begründung eines Arbeitsverhältnisses wird von diesem Bedeutungsgehalt umfasst
(ebenso Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand August 2011 E § 16 Rn. 16, der sich
allerdings dafür ausspricht, bei der Stufenzuordnung von der Fortsetzung eines
einheitlichen Arbeitsverhältnisses auszugehen). Maßgeblich ist, welche Bedeutung die
Tarifvertragsparteien diesem Begriff im jeweiligen Regelungszusammenhang geben
wollen.
10 1. So ist unter dem Begriff der „letzten Einstellung“ in einer Versorgungsordnung, die
zwischen ununterbrochen beschäftigten und zeitweilig ausgeschiedenen Arbeitnehmern
differenziert und dabei auf den Beginn der Beschäftigungszeit, in der sich die
Betriebstreue des Arbeitnehmers niederschlägt, abstellt, der Beginn des zeitlich
ununterbrochenen Arbeitsverhältnisses zu verstehen (BAG 20. Februar 2001 - 3 AZR
25/00 - zu I 1 und 4 der Gründe, EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 28).
11 2. Dagegen erfasst der Begriff der „Einstellung“ in § 16 Abs. 2 TV-L auch die
Wiederbegründung eines Arbeitsverhältnisses nach einer rechtlichen Unterbrechung (aA
Kahl ZTR 2012, 611, 613). Die Tarifvertragsparteien haben nicht zwischen
Neueinstellungen und Wiedereinstellungen differenziert. Dass sie im Gegenteil davon
ausgehen, eine „Einstellung“ iSv. § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L liege bei jeder, auch einer
wiederholten, Begründung des Arbeitsverhältnisses vor, folgt aus der durch
Änderungstarifvertrag Nr. 3 vom 10. März 2011 eingefügten Bestimmung des § 44 Nr. 2a
Ziff. 1 TV-L. Danach werden bei Arbeitsverhältnissen von Lehrkräften, die nach dem
1. April 2011 neu begründet werden, im Rahmen des § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L Zeiten
einschlägiger Berufserfahrung aus mehreren Arbeitsverhältnissen zum selben Arbeitgeber
zusammengerechnet. Dieser Regelung hätte es nicht bedurft, wenn nach Auffassung der
Tarifvertragsparteien ohnehin nur die erste Begründung des Arbeitsverhältnisses als
Einstellung iSv. § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L für die Stufenzuordnung maßgeblich sein sollte,
wie es der Kläger annimmt.
12 II. Aus § 16 Abs. 2 Satz 4 idF des § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L folgt entgegen der Auffassung des
Klägers nichts anderes. § 16 Abs. 2 Satz 4 und Satz 5 TV-L idF des § 40 Nr. 5 Ziff. 1 TV-L
legen für Beschäftigte an Hochschulen und Forschungseinrichtungen lediglich fest, dass
im Fall einer Vorbeschäftigung bei den dort genannten anderen Arbeitgebern
grundsätzlich eine einschlägige Berufserfahrung iSv. § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L
anzunehmen ist. Eine Zusammenrechnung der Berufserfahrungszeiten bei der
Stufenzuordnung, wie sie § 44 Nr. 2a Ziff. 1 TV-L für Lehrkräfte ausdrücklich anordnet, ist
in dieser Vorschrift dagegen nicht vorgesehen.
13 B. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L lasse
nur die Berücksichtigung der Berufserfahrung aus einem einzigen Arbeitsverhältnis zu.
Dies ist jedoch nicht entscheidungserheblich.
14 I. Allerdings ordnet § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L nur die Berücksichtigung der einschlägigen
Berufserfahrung aus „einem“ Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitgeber an. Ungeachtet
dieser missverständlichen Formulierung ist nach dieser Bestimmung auch die
einschlägige Berufserfahrung aus mehreren vorhergehenden Arbeitsverhältnissen zu
berücksichtigen (Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand Oktober 2008 E § 16 Rn. 44 für die
inhaltsgleiche Vorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 2 TVöD (Bund); aA
Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand Mai 2012 Teil II § 16 Rn. 25;
Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen TV-L Stand Oktober 2009 Teil B 1 § 16 Rn. 34). Für die
Beurteilung, ob eine einschlägige Berufserfahrung vorliegt, die dem Arbeitgeber auch im
aktuellen Arbeitsverhältnis zugute kommt, spielt es keine Rolle, ob die Erfahrung in einem
oder mehreren vorherigen, sei es auch befristeten, Arbeitsverhältnissen erworben worden
ist. Darüber hinaus ist nur mit einer Berücksichtigung auch mehrerer vorheriger
Arbeitsverhältnisse, bei denen jeweils keine schädliche Unterbrechung im Sinne der
Protokollerklärung Nr. 3 zu § 16 Abs. 2 TV-L vorliegt, sichergestellt, dass bei wiederholten
Befristungen, wie sie im öffentlichen Dienst verbreitet üblich sind, dieser Personenkreis
überhaupt die Chance zur Berücksichtigung der in diesen Arbeitsverhältnissen
gewonnenen Berufserfahrung und damit zum Stufenaufstieg erhält (vgl. BAG
23. September 2010 - 6 AZR 180/09 - Rn. 16, BAGE 135, 313).
15 II. Auch unter Zusammenrechnung sämtlicher vorheriger Arbeitsverhältnisse seit dem
1. Mai 2008 wies der Kläger im Zeitpunkt seiner Einstellung am 1. April 2009 jedoch erst
elf Monate einschlägige Berufserfahrung auf. Mangels einer Berufserfahrung von
mindestens einem Jahr war der Kläger deshalb bei seiner letzten Einstellung nicht der
Stufe 2 seiner Entgeltgruppe, sondern zunächst noch der Stufe 1 zuzuordnen.
16 C. Das Landesarbeitsgericht hat nicht gesehen, dass § 16 Abs. 3 TV-L gegen § 4 Abs. 2
Satz 3 TzBfG verstieße, wenn, wie von ihm angenommen, Zeiten der Beschäftigung in
früheren (befristeten) Arbeitsverhältnissen bei der Stufenlaufzeit im neuen
Arbeitsverhältnis nicht berücksichtigt würden. Anhaltspunkte dafür, dass die
Tarifvertragsparteien einen derartigen, höherrangigem Recht widersprechenden
Regelungswillen hatten, lassen sich § 16 Abs. 3 TV-L nicht entnehmen.
17 I. § 16 Abs. 3 Satz 1 TV-L sieht allerdings im Unterschied zu § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L, der
für die Stufenzuordnung nach der Einstellung die Anrechnung einschlägiger
Berufserfahrung, die in befristeten Arbeitsverhältnissen erworben worden ist, ausdrücklich
anordnet, für den Stufenaufstieg nicht ebenso die Anrechnung der bei der
Stufenzuordnung nicht verbrauchten Zeit einschlägiger Berufserfahrung aus früheren
Arbeitsverhältnissen (Restlaufzeit) auf die Stufenlaufzeit vor.
18 II. Gleichwohl verbietet das Gebot der gesetzeskonformen Auslegung von Tarifnormen ein
Verständnis des § 16 Abs. 3 Satz 1 TV-L dahin, dass Restlaufzeiten aus früheren
befristeten Arbeitsverhältnissen generell unberücksichtigt bleiben. Ein solches
Verständnis wäre mit § 4 Abs. 2 Satz 3 TzBfG nicht vereinbar. Bei gesetzeskonformer
Auslegung des § 16 Abs. 3 Satz 1 TV-L beginnt die Stufenlaufzeit mit der Zuordnung des
Beschäftigten zu einer Stufe seiner Entgeltgruppe nach seiner Einstellung nicht neu zu
laufen, wenn er zuvor bereits befristet bei demselben Arbeitgeber beschäftigt war und
keine schädliche Unterbrechung iSd. Protokollerklärung Nr. 3 zu § 16 Abs. 2 TV-L vorliegt.
Vielmehr ist die Restlaufzeit auf die Stufenlaufzeit anzurechnen. Das gilt unabhängig
davon, ob die Einstellung abermals befristet erfolgt oder ein unbefristetes Arbeitsverhältnis
vereinbart wird (Polzer in Dörring/Kutzki TVöD-Kommentar § 16 (Bund) AT Rn. 28 für den
TVöD; Wurm ZfPR 2010, 47, 49; aA Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand Januar 2013
E § 16 Rn. 46 für die mit § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L inhaltsgleiche Vorschrift des § 16 Abs. 2
Satz 2 TVöD (Bund); Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand Mai 2012 Teil II
§ 16 Rn. 51; Breier/Dassau/Kiefer/Thivessen TV-L Stand August 2012 Teil B 1 § 16
Rn. 46).
19 1. Tarifnormen sind grundsätzlich so auszulegen, dass sie nicht in Widerspruch zu
höherrangigem Recht geraten. Tarifvertragsparteien wollen im Zweifel Regelungen treffen,
die mit zwingendem höherrangigem Recht in Einklang stehen und damit auch Bestand
haben. Lässt eine Tarifnorm eine Auslegung zu, die zu einem mit höherrangigem Recht
vereinbaren Ergebnis führt, ist sie in diesem Sinne anzuwenden (BAG 21. Juli 1993 -
4 AZR 468/92 - zu B II 1 a bb der Gründe, BAGE 73, 364; vgl. auch BAG 26. April 2005 -
1 ABR 1/04 - BAGE 114, 272; 16. Dezember 2004 - 6 AZR 658/03 - ZTR 2005, 424).
20 2. Eine Nichtberücksichtigung der in früheren befristeten Arbeitsverhältnissen erworbenen
Berufserfahrung verstieße gegen § 4 Abs. 2 Satz 3 TzBfG.
21 a) Die tariflichen Regelungen zur Stufenzuordnung im TV-L hätten dann zur Folge, dass in
einer Vielzahl von Fällen Beschäftigte, die vergleichbare Tätigkeiten über einen
gleichlangen Zeitraum hinweg erbringen und dabei dieselbe, im tariflichen Sinne
„einschlägige“ Berufserfahrung erwerben, abhängig von ihrem Status als befristet oder
unbefristet Beschäftigte ein unterschiedlich hohes Entgelt erhielten. Die in unbefristeten
Arbeitsverhältnissen erworbene Berufserfahrung würde dann tariflich stärker honoriert als
die in mehreren aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverhältnissen erlangte (zutreffend
Kahl ZTR 2012, 611, 612, 614). Würden die bei der Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2
TV-L verbliebenen Restlaufzeiten nicht berücksichtigt, hätte dies typischerweise
erhebliche Verzögerungen beim Stufenaufstieg zur Folge. So stiege zB ein am 2. Januar
2007 unbefristet eingestellter Beschäftigter am 2. Januar 2017 in die Stufe 5 seiner
Entgeltgruppe auf. Demgegenüber erreichte ein ebenfalls am 2. Januar 2007 befristet
Eingestellter, bei dem sich am 2. Januar 2009, 2. Januar 2012 und 2. Januar 2016 ohne
Unterbrechung weitere Befristungen anschließen, diese Stufe erst am 2. Januar 2020, also
drei Jahre später als der unbefristet Beschäftigte. Im Fall des Klägers führte die tarifliche
Regelung bei der vom Landesarbeitsgericht vorgenommenen Auslegung dazu, dass der
Kläger erst am 1. April 2010 und damit elf Monate später als ein am 1. Mai 2008 unbefristet
Eingestellter in die Stufe 2 seiner Entgeltgruppe aufstiege. Diese Nachteile beruhten
darauf, dass die Stufenlaufzeit bei einem derartigen Normverständnis nach der erneuten
befristeten Einstellung jeweils wieder voll durchlaufen werden müsste, weil die bei der
Stufenzuordnung nicht verbrauchten Restlaufzeiten gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 TV-L nicht
berücksichtigt würden.
22 b) Ein Normverständnis, das solche Benachteiligungen befristet Beschäftigter bei der
Berücksichtigung der erworbenen, einschlägigen Berufserfahrung zur Folge hätte, wäre
mit § 4 Abs. 2 Satz 3 TzBfG nicht zu vereinbaren (ebenso Kahl ZTR 2012, 611, 614 f.).
23 aa) Tarifliche Regelungen müssen mit § 4 TzBfG vereinbar sein. Die in dieser Vorschrift
geregelten Diskriminierungsverbote stehen gemäß § 22 TzBfG nicht zur Disposition der
Tarifvertragsparteien.
24 bb) Nach § 4 Abs. 2 Satz 3 TzBfG müssen für befristet beschäftigte Arbeitnehmer
dieselben Zeiten wie für unbefristet beschäftigte Arbeitnehmer berücksichtigt werden,
wenn bestimmte Beschäftigungsbedingungen von der Dauer des Bestands des
Arbeitsverhältnisses im selben Betrieb oder Unternehmen abhängen, es sei denn, dass
eine unterschiedliche Berücksichtigung aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist. Diese
Bestimmung konkretisiert den Grundsatz der Nichtdiskriminierung in § 4 Abs. 2 Satz 1
TzBfG und stellt klar, dass ua. bei Entgeltansprüchen, die von zurückzulegenden
Beschäftigungszeiten abhängen, für befristet Beschäftigte dieselben Zeiten wie für
unbefristet Beschäftigte zu berücksichtigen sind (BT-Drucks. 14/4374 S. 16). Mit ihr wird
Paragraf 4 Nr. 4 der am 18. März 1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über
befristete Arbeitsverträge, die im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom
28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete
Arbeitsverträge enthalten ist (künftig: Rahmenvereinbarung), umgesetzt.
25 cc) Der Senat hat in seiner Rechtsprechung zur Eingruppierung und Stufenzuordnung von
Beschäftigten, die nach Ablauf einer Befristung neu eingestellt worden sind (zuletzt
18. Januar 2012 - 6 AZR 496/10 - Rn. 24 ff., AP TVÜ § 1 Nr. 3 = EzTöD 310 TVÜ-Länder
§ 1 Abs. 1 Nr. 1), stets angenommen, § 4 Abs. 2 TzBfG verbiete nur eine
Ungleichbehandlung während der Dauer der Befristung und schütze Arbeitnehmer, die im
Anschluss an ein befristetes Arbeitsverhältnis ein neues Arbeitsverhältnis mit dem
Arbeitgeber eingehen, nicht vor einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen. Diese
Rechtsprechung geht letztlich auf die Entscheidung des Senats vom 11. Dezember 2003 (-
6 AZR 64/03 - BAGE 109, 110) zurück. Darin hat der Senat ausgeführt, dass es ab der
Begründung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses an einem Verstoß gegen das
Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 2 Satz 2 TzBfG fehle. § 4 Abs. 2 TzBfG schütze nicht
Arbeitnehmer, die im Anschluss an ein befristetes Arbeitsverhältnis ein unbefristetes
Arbeitsverhältnis zu geänderten Arbeitsbedingungen eingingen. Nach Ablauf der
Befristung könne der Arbeitgeber frei darüber entscheiden, ob und zu welchen
Bedingungen er dem Arbeitnehmer ein Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrags
unterbreite. Im Anschluss an eine als wirksam geltende Befristung könne die Begründung
eines Dauerarbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen erfolgen (BAG
11. Dezember 2003 - 6 AZR 64/03 - Rn. 49 ff., aaO).
26 dd) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seiner neueren Rechtsprechung einen
anderen Ansatz als der Senat gewählt und auf diese Weise den Anwendungsbereich der
Rahmenvereinbarung erheblich ausgedehnt. Er hat angenommen, dass sich auch solche
Arbeitnehmer grundsätzlich auf die Rahmenvereinbarung berufen können, die
zwischenzeitlich unbefristet beschäftigt sind (EuGH 18. Oktober 2012 - C-302/11 -
[Valenza] Rn. 34 f., NZA 2013, 261; vgl. dazu Benecke EuZA 2012, 236, 240).
27 ee) Durch diese Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist der
bisherigen Argumentation des Senats, die auf der Annahme beruhte, die Parteien seien
nach dem Ende einer wirksamen Befristung bei der Neubegründung eines
Arbeitsverhältnisses in der Gestaltung der Arbeitsbedingungen frei und an frühere
Abmachungen nicht gebunden (BAG 18. Januar 2012 - 6 AZR 496/10 - Rn. 27, AP TVÜ
§ 1 Nr. 3 = EzTöD 310 TVÜ-Länder § 1 Abs. 1 Nr. 1), die Grundlage entzogen. Bei der
Auslegung des § 4 Abs. 2 TzBfG, der ausdrücklich der Umsetzung von Paragraf 4 der
Rahmenvereinbarung dient, ist diese Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen
Union zu berücksichtigen. Der Senat hält deshalb an seiner bisherigen Rechtsprechung
nicht fest.
28 ff) Auch im vorliegenden Fall wäre ungeachtet des Umstands, dass der Kläger
ausschließlich befristet beschäftigt war, § 16 Abs. 3 TV-L nicht mit § 4 Abs. 2 Satz 3 TzBfG
zu vereinbaren, wenn die vom Kläger in den früheren befristeten Arbeitsverhältnissen mit
dem Beklagten erworbene Berufserfahrung nicht berücksichtigt würde. Der Gerichtshof der
Europäischen Union hat in seiner neueren Rechtsprechung betont, dass die
Rahmenvereinbarung, insbesondere ihr Paragraf 4, verhindern soll, dass befristete
Arbeitsverhältnisse von einem Arbeitgeber benutzt werden, diesen Arbeitnehmern Rechte
vorzuenthalten, die Dauerbeschäftigten zuerkannt werden. Deshalb muss Paragraf 4 der
Rahmenvereinbarung als Ausdruck eines Grundsatzes des Sozialrechts der Union
verstanden werden, der nicht restriktiv ausgelegt werden darf (st. Rspr. seit EuGH
13. September 2007 - C-307/05 - [Del Cerro Alonso] Rn. 37 f., Slg. 2007, I-7109). Der
Grundsatz der Nichtdiskriminierung verlangt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht
unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, sofern
eine solche Behandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist (EuGH 8. September 2011 - C-
177/10 - [Rosado Santana] Rn. 65, NZA 2011, 1219). Legte man § 16 Abs. 3 TV-L wie das
Landesarbeitsgericht aus, wären befristet Beschäftigte mit einschlägiger, bei der
Stufenzuordnung nicht voll berücksichtigter Berufserfahrung ungerechtfertigt benachteiligt.
Eine derartige Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte untersagt § 4 Abs. 2
Satz 3 TzBfG als Umsetzung von Paragraf 4 Nr. 4 der Rahmenvereinbarung.
29 (1) Allerdings hat der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung die Beschäftigten, die
nach einer Befristung (erneut) eingestellt worden sind, nicht mit Dauerbeschäftigten,
sondern mit anderen Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis etwa durch Kündigungen
oder Aufhebungsverträge unterbrochen waren, verglichen. Ausgehend von dieser
Vergleichsgruppenbildung hat er eine Verletzung von § 4 Abs. 2 TzBfG ebenso verneint
wie einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG (seit Urteil vom 27. November 2008 - 6 AZR
632/08 - Rn. 20 ff., BAGE 128, 317). Jedenfalls für den hier vorliegenden Fall des § 4
Abs. 2 Satz 3 TzBfG sind als Vergleichsgruppe die Dauerbeschäftigten heranzuziehen.
Das hat bereits der Gesetzgeber klargestellt, wenn er für befristet Beschäftigte die
Anerkennung derselben Zeiten wie für unbefristet Beschäftigte verlangt (BT-Drucks.
14/4374 S. 16). Auch der Gerichtshof der Europäischen Union zieht zum Vergleich
ausschließlich die Dauerbeschäftigten heran (vgl. EuGH 18. Oktober 2012 - C-302/11 -
[Valenza] Rn. 43, NZA 2013, 261).
30 (2) Befristet und unbefristet beschäftigte Arbeitnehmer, die identische Aufgaben verrichten,
sind vergleichbar, § 3 Abs. 2 TzBfG. Das gilt auch hinsichtlich ihrer Berufserfahrung. Der
einzige Unterschied zwischen diesen Arbeitnehmern besteht darin, dass in einem Fall die
Rechtsbeziehung mit dem Arbeitgeber befristet, im anderen Fall auf Dauer angelegt ist
(vgl. EuGH 8. September 2011 - C-177/10 - [Rosado Santana] Rn. 69 f., NZA 2011, 1219;
18. Oktober 2012 - C-302/11 - [Valenza] Rn. 44 ff., NZA 2013, 261).
31 (3) Für die uneingeschränkte Berücksichtigung der bei der ununterbrochenen Ausübung
der geschuldeten Tätigkeit erworbenen Berufserfahrung in § 16 Abs. 3 TV-L nur bei den
unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern gibt es keinen sachlichen Grund, der diese
unterschiedliche Behandlung rechtfertigen würde.
32 (a) Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union liegt ein
sachlicher Grund iSv. Paragraf 4 Nr. 1 und/oder Nr. 4 der Rahmenvereinbarung und damit
iSv. § 4 Abs. 2 Satz 3 TzBfG nur vor, wenn die Ungleichbehandlung einem echten Bedarf
entspricht und zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet und erforderlich ist. Dafür ist
Voraussetzung, dass konkrete Umstände vorliegen, die die Differenzierung im konkreten
Fall aufgrund objektiver und transparenter Kriterien rechtfertigen. Geeignet sind dabei nur
solche Kriterien, die nicht allgemein und abstrakt auf die Beschäftigungsdauer abstellen
(EuGH 22. Dezember 2010 - C-444/09 ua. - [Gavieiro Gavieiro] Rn. 57, Slg. 2010, I-
14031). Eine Rechtfertigung kann aufgrund der besonderen Art der Aufgaben, zu deren
Erfüllung befristete Verträge geschlossen worden sind, und deren Wesensmerkmal oder
aufgrund der Verfolgung eines legitimen sozialpolitischen Ziels in Betracht kommen
(EuGH st. Rspr. seit 13. September 2007 - C-307/05 - [Del Cerro Alonso] Rn. 53, Slg.
2007, I-7109; zuletzt 18. Oktober 2012 - C-302/11 - [Valenza] Rn. 51, NZA 2013, 261).
33 (b) Dagegen kann die unterschiedliche Behandlung befristet Beschäftigter und
Dauerbeschäftigter nicht allein damit gerechtfertigt werden, dass sie in einer allgemeinen,
abstrakten Regelung des nationalen Rechts, etwa in einem Gesetz oder einem
Tarifvertrag, vorgesehen ist (EuGH st. Rspr. seit 13. September 2007 - C-307/05 - [Del
Cerro Alonso] Rn. 57, Slg. 2007, I-7109). Auch reicht der bloße Umstand, dass ein
befristetes Arbeitsverhältnis vorliegt, als sachlicher Grund nicht aus (EuGH 22. Dezember
2010 - C-444/09 ua. - [Gavieiro Gavieiro] Rn. 56, Slg. 2010, I-14031). Ebenso wenig kann
die bloße Tatsache, dass nach dem nationalen Recht ein neues Arbeitsverhältnis
begründet worden ist, einen sachlichen Grund iSv. Paragraf 4 der Rahmenvereinbarung
darstellen (EuGH 18. Oktober 2012 - C-302/11 - [Valenza] Rn. 65, NZA 2013, 261). In all
diesen Fällen hat der Gerichtshof der Europäischen Union angenommen, dass die Ziele
der Rahmenvereinbarung und der Grundsatz der Nichtdiskriminierung in Paragraf 4 der
Rahmenvereinbarung leerliefen und die für die befristet Beschäftigten bestehende
ungünstige Situation fortgeschrieben würde, wenn letztlich der bloße Rechtscharakter der
früheren Beschäftigungsverhältnisse die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnte (zuletzt
EuGH 18. Oktober 2012 - C-302/11 - [Valenza] Rn. 52, 65, aaO). Danach ist Paragraf 4 der
Rahmenvereinbarung auch auf Folgearbeitsverhältnisse, unabhängig davon, ob sie
befristet oder unbefristet sind, und auf die unterschiedlichsten Formen der in früheren
Beschäftigungsverhältnissen erworbenen Anwartschaften anwendbar (zutreffend Benecke
EuZA 2012, 236, 240).
34 (c) Nach diesen Grundsätzen ist kein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung von
befristet und unbefristet Beschäftigten bei der Stufenlaufzeit nach § 16 Abs. 3 TV-L
ersichtlich. Wie ausgeführt, erlitten befristet Beschäftigte Nachteile hinsichtlich der
Stufenlaufzeit allein deswegen, weil sie ihre Berufserfahrung in einem oder mehreren
befristeten Arbeitsverhältnissen erworben hätten, obwohl diese nach der
Protokollerklärung Nr. 3 zu § 16 Abs. 2 TV-L grundsätzlich bei der Ermittlung dieser
Erfahrung berücksichtigt werden kann. Der Stufenaufstieg im Entgeltsystem des TV-L soll
die gewonnene Berufserfahrung honorieren. Die Tarifvertragsparteien sind davon
ausgegangen, dass die Beschäftigten durch die Ausübung der ihnen übertragenen
Tätigkeit laufend Kenntnisse und Erfahrungen sammeln, die die Arbeitsqualität und -
quantität verbessern (vgl. für den TVöD BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 526/09 - Rn. 35,
BAGE 137, 80). Es spricht nichts dafür, dass die Tarifvertragsparteien die in befristeten
Arbeitsverhältnissen erworbene Berufserfahrung geringer gewichten wollten als die in
unbefristeten Arbeitsverhältnissen erworbene. Dagegen spricht schon die
Berücksichtigung der Berufserfahrung aus befristeten Arbeitsverhältnissen bei der
Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L. Unabhängig davon gibt es keine
Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien entgegen dem ausdrücklichen
gesetzlichen Verbot der Diskriminierung von befristet Beschäftigten in § 4 Abs. 2 TzBfG
diesen Personenkreis gegenüber unbefristet Beschäftigten zurücksetzen wollten.
35 III. Die Tarifvertragsparteien des TV-L haben - im Unterschied zu denen des TVöD in der
für die VKA geltenden Fassung - in der Protokollerklärung Nr. 3 zu § 16 Abs. 2 TV-L
festgelegt, in welchen Fällen ein vorheriges Arbeitsverhältnis iSd. § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L
vorliegt. Sie haben dabei berücksichtigt, dass die einschlägige Berufserfahrung bei kurzen
zeitlichen Unterbrechungen typischerweise vom Beginn eines neuen Arbeitsverhältnisses
zum selben Arbeitgeber an verwertbar ist und in Wahrnehmung ihrer
Einschätzungsprärogative den unschädlichen Zeitraum auf sechs Monate bzw. für den
Personenkreis des Klägers auf ein Jahr festgelegt. Bei allen drei befristeten
Arbeitsverhältnissen, die die Parteien vor dem letzten Vertrag vom 18./19. März 2009
geschlossen haben, handelt es sich danach um berücksichtigungsfähige frühere
Arbeitsverhältnisse. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die Tätigkeit des
Klägers stets unverändert geblieben ist und er einschlägige Berufserfahrung iSv. § 16
Abs. 2 TV-L erworben hat, die damit auch für die Stufenlaufzeit nach § 16 Abs. 3 TV-L zu
berücksichtigen ist. Der Kläger war deshalb bereits seit dem 1. Mai 2009 der Stufe 2 der
EG 13 zugeordnet.
36 D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Dabei war zu
berücksichtigen, dass der anwaltlich vertretene Kläger bis zum Termin der mündlichen
Verhandlung in der Revisionsinstanz ausdrücklich die begehrte Feststellung ohne
zeitliche Begrenzung für die Zukunft verfolgt hat, obwohl der Beklagte bereits im ersten
Rechtszug vorgetragen hatte, er werde dem Kläger ab dem 1. April 2010 ein Entgelt aus
der Stufe 2 seiner Entgeltgruppe zahlen. Eine Auslegung des Antrags dahin, dass
entgegen dessen ausdrücklichem Wortlaut eine Zahlung ursprünglich nur bis zum
31. März 2010 begehrt worden ist, war nicht möglich. Es ist ein Gebot der
Rechtssicherheit, Rechtskundige bei Prozesserklärungen, die derart eindeutig abgegeben
werden, beim Wort zu nehmen (vgl. BAG 31. März 1993 - 2 AZR 467/92 - zu B II 2 a der
Gründe, BAGE 73, 30; vgl. auch BFH st. Rspr. seit 9. Juni 1986 - IX B 90/85 - BFHE 146,
395; vgl. auch BVerwG 30. April 1985 - 3 CB 35.84 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 231).
Deshalb waren dem Kläger die Kosten aufzuerlegen, soweit sie durch die
uneingeschränkte Antragstellung verursacht worden sind. Dabei war zur Ermittlung der
Kostenquote nach ständiger Rechtsprechung des Senats ein fiktiver, den gesamten
Streitgegenstand abbildender Streitwert zu bilden. Bei der Berechnung dieses fiktiven
Streitwerts war gemäß § 42 Abs. 3 Satz 2 GKG das 36-Fache der Differenz zum Entgelt
aus der Stufe 2 der Entgeltgruppe des Klägers anzusetzen, weil dieser bis zum Termin am
21. Februar 2013 die streitige Differenz nicht nur bis zum 31. März 2010 verlangt hat. Für
jede Instanz war bezogen auf den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung
der von der Feststellungsklage umfasste, vergangenheitsbezogene Zeitraum einerseits
und der zukunftsgerichtete Teil der Klage andererseits zu berücksichtigen. Letzterer war
wegen der Ungewissheit der künftigen Entwicklung in Anlehnung an § 42 Abs. 3 Satz 2
GKG mit dem 36-Fachen der begehrten Vergütungsdifferenz zu bewerten. Ausgehend von
dieser Berechnungsweise waren die Kosten zu quotieren (vgl. BAG 18. Januar 2012 -
6 AZR 462/10 - Rn. 22, AP TV UmBw § 6 Nr. 3).
Fischermeier
Gallner
Spelge
Augat
Manfred Jostes