Urteil des BAG vom 19.03.2009

BAG (gesellschaft mit beschränkter haftung, freie wahl, land, arbeitnehmer, anstalt, arbeitgeber, arbeitsverhältnis, gesellschaft, kläger, bag)

Siehe auch:
BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 19.3.2009, 8 AZR 693/07
Parallelentscheidung zum Urteil des Gerichts vom 18.12.2008, 8 AZR 660/07.
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen
Landesarbeitsgerichts vom 25. Juli 2007 - 2 Sa 640/07 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten darüber, ob über den 1. Juli 2005 hinaus zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis
besteht oder ob das Arbeitsverhältnis des Klägers kraft Gesetzes mit Wirkung zum 1. Juli 2005
auf die Anstalt des öffentlichen Rechts „Universitätsklinikum Gießen und Marburg“ übergegangen
ist, die mit Wirkung zum 2. Januar 2006 aufgrund Formwechsels in die Universitätsklinikum
Gießen und Marburg GmbH umgewandelt wurde.
2 Der Kläger, Mitglied der Gewerkschaft ver.di, stand seit dem 1. April 1992 in einem
Arbeitsverhältnis zu dem beklagten Land und war zuletzt als nicht wissenschaftlich tätiger Arbeiter
am Klinikum der Philipp-Universität Marburg beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der
Manteltarifvertrag für die Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder (MTArb)
Anwendung. Das beklagte Land war zum 31. März 2004 aus der Tarifgemeinschaft deutscher
Länder ausgetreten.
3 Mit Wirkung zum 1. Januar 2001 waren gemäß § 1 des Gesetzes für die hessischen
Universitätskliniken vom 26. Juni 2000 (UniKlinG) das Universitätsklinikum Gießen, das
Universitätsklinikum Marburg und das Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität in
Frankfurt am Main als rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts errichtet worden. § 4 Abs. 1
UniKlinG (in der bis zum 31. Dezember 2005 geltenden Fassung) bestimmte, dass für
Verbindlichkeiten eines Universitätsklinikums neben diesem auch das Land unbeschränkt haftet,
wenn und soweit die Befriedigung aus dem Vermögen des Universitätsklinikums nicht erlangt
werden konnte (Gewährträgerschaft). Diese Bestimmung gilt für ein Universitätsklinikum in
privater Rechtsform seit dem 1. Januar 2006 nicht mehr. Nach § 22 Abs. 1 UniKlinG (in der bis
8. Oktober 2007 gültigen Fassung) verblieben die Beschäftigten, soweit ihr
Beschäftigungsverhältnis - wie bei dem Kläger - vor dem 1. Januar 2001 begründet worden war,
im Dienst des beklagten Landes und die Beschäftigten galten als zur Universität versetzt. Das
wissenschaftliche Personal sowie die ausschließlich für Forschung und Lehre tätigen Mitarbeiter
blieben Beschäftigte der Universität selbst (§ 22 Abs. 3 UniKlinG) . In § 22 Abs. 7 UniKlinG (in der
bis 8. Oktober 2007 geltenden Fassung) war die Möglichkeit vorgesehen, die bei den
Universitätskliniken beschäftigten Landesbediensteten in den Dienst des Universitätsklinikums
überzuleiten. § 22 Abs. 7 Satz 2 und 3 UniKlinG (in der bis 8. Oktober 2007 gültigen Fassung) sah
ein Widerspruchsrecht der Beschäftigten gegen ihre Überleitung vor.
4 Der Wissenschaftsrat prognostizierte in seinen Empfehlungen zu forschungs- und lehrförderlichen
Strukturen in der Universitätsmedizin vom 30. Januar 2004 für die Einnahmen der
Universitätskliniken im stationären Bereich Umsatzrückgänge von mindestens 15 %. Das
Krankenversorgungsbudget des Universitätsklinikums Gießen wies seit 2001 deutliche
Ergebnisverschlechterungen aus, zuletzt für das Jahr 2004 einen Bilanzverlust von
9,8 Millionen Euro. Das beklagte Land hatte aufgrund der Gewährträgerschaft gemäß § 4 UniKlinG
für diese Fehlbeträge einzustehen. Hätte das Universitätsklinikum Gießen mangels Liquidität seine
Zahlungsfähigkeit verloren, hätte das beklagte Land kurzfristig erhebliche Finanzmittel zuschießen
müssen. Aufgrund fehlender freier Haushaltsmittel hätten in einem solchen Fall andere öffentliche
Aufgaben nicht erfüllt werden können. Berechnungen des Klinikumsvorstandes im Rahmen eines
Entwicklungskonzeptes Universitätskliniken Mittelhessen vom 3. Februar 2004 ließen nach
Einschätzungen des ärztlichen und des kaufmännischen Direktors gegenüber dem Jahr 2005 bis
zum Jahr 2007 unter Einbeziehung von Preis- und Gehaltssteigerungen eine Mehrbelastung von
25 % erwarten. Weiterhin wurde für das Universitätsklinikum Gießen aus der Perspektive des
Jahres 2004 ein Investitionsbedarf in Höhe von etwa 200 Millionen Euro geschätzt, um sowohl
baulich als auch klinisch den aktuell gebotenen Stand zu erreichen. Bereits im Jahr 2004 konnten
aufgrund fehlender Instandhaltung nicht mehr alle Auflagen von Behörden im Bereich Brandschutz
und Hygiene erfüllt werden, Operationssäle mussten wegen baulich bedingter hygienischer
Mängel geschlossen werden. Zum damaligen Zeitpunkt wurde der Aus- und Neubau von
Hochschulen einschließlich der Hochschulklinken von Bund und Ländern als
Gemeinschaftsaufgabe nach Maßgabe des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgaben Ausbau
und Neubau von Hochschulen (Hochschulbauförderungsgesetz-HBFG) durchgeführt. Unter
zeitlichen Gesichtspunkten konnte nach Anmeldung eines Vorhabens frühestens nach zwei
Jahren mit einer Mittelzuweisung gerechnet werden, wobei der Landesanteil zur Finanzierung
gemäß § 12 Abs. 1 HBFG bei 50 % lag. Das Volumen der baulichen Neustrukturierung machte es
erforderlich, im Fall der Realisierung der Maßnahmen durch die öffentliche Hand jedenfalls die
Planung europaweit auszuschreiben und die Realisierung der Bauplanungen setzte eine
entsprechende Mittelzuweisung im Rahmen des Haushaltsplans voraus.
5 Am 14. Dezember 2004 gab der Ministerpräsident des Landes Hessen eine Regierungserklärung
zur Zukunftssicherung der Universitätskliniken Gießen und Marburg ab. Im Mai 2005 inserierte
das beklagte Land in der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ die Aufforderung zur Abgabe einer
Interessenbekundung im Rahmen der Privatisierung der Universitätskliniken Gießen und Marburg.
Durch die Fusionierung und Privatisierung beider Kliniken sollte deren wirtschaftliche Situation
nachhaltig verbessert werden. Bei Privatisierung allein des Universitätsklinikums Gießen
befürchtete das beklagte Land einen Verdrängungswettbewerb zwischen den nur 30 km
voneinander entfernten Kliniken.
6 Der Hessische Landtag beschloss am 16. Juni 2005 das Gesetz über die Errichtung des
Universitätsklinikums Gießen und Marburg (UKG). Dieses trat am 1. Juli 2005 in Kraft und mit
Ablauf des 31. Dezember 2006 außer Kraft (§ 6 Abs. 2 UKG).
7 Dieses Gesetz lautet auszugsweise:
㤠1
Errichtung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg
(1) Das Klinikum der Justus-Liebig-Universität mit Sitz in Gießen (Universitätsklinikum
Gießen) und das Klinikum der Philipps-Universität mit Sitz in Marburg (Universitätsklinikum
Marburg) werden zusammengelegt und als eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts
mit Standorten und Sitz in Gießen und Marburg errichtet.
(2) Die Anstalt führt den Namen ‚Universitätsklinikum Gießen und Marburg’. Sie führt ein
eigenes Siegel und gibt sich eine Satzung.
(3) Rechte, Pflichten und Zuständigkeiten der Universitätskliniken Gießen und Marburg
gehen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf das Universitätsklinikum Gießen und
Marburg über. Das jeweilige Betriebsvermögen wird insoweit mit den Buchwerten der von
einem Abschlussprüfer mit einem Bestätigungsvermerk versehenen Schlussbilanzen zum
31. Dezember 2004 des Universitätsklinikums Gießen und des Universitätsklinikums
Marburg bilanziell mit Wirkung ab dem 1. Januar 2005/31. Dezember 2004 übernommen.
§ 3
Beschäftigte
(1) Die bisher in der Krankenversorgung und Verwaltung der Universitätskliniken Gießen und
Marburg tätigen nicht wissenschaftlichen Beschäftigten im Arbeits- oder
Auszubildendenverhältnis zum Land Hessen werden mit In-Kraft-Treten dieses Gesetzes
von der Justus-Liebig-Universität Gießen und der Philipps-Universität Marburg zum
Universitätsklinikum Gießen und Marburg versetzt und in den Anstaltsdienst übergeleitet. Die
Beschäftigten im Anstaltsdienst der Universitätskliniken Gießen und Marburg werden mit In-
Kraft-Treten dieses Gesetzes Beschäftigte des Universitätsklinikums Gießen und Marburg.
Das Universitätsklinikum Gießen und Marburg tritt in die Rechte und Pflichten der Arbeits-
und Ausbildungsverhältnisse der in Satz 1 und 2 genannten Arbeitnehmer ein. Soweit bisher
nicht wissenschaftliche Beschäftigte im Beamtenverhältnis den Universitätskliniken Gießen
und Marburg zur Dienstleistung zugewiesen sind, werden sie mit In-Kraft-Treten dieses
Gesetzes dem Universitätsklinikum Gießen und Marburg zur Dienstleistung zugewiesen.
(2) Für das wissenschaftliche Personal gilt § 22 Abs. 3 des Gesetzes für die hessischen
Universitätskliniken vom 26. Juni 2000 (GVBl. I S. 344), geändert durch Gesetz vom
31. Oktober 2001 (GVBl. I S. 434), mit der Maßgabe, dass die Dienstleistungen beim
Universitätsklinikum Gießen und Marburg zu erbringen sind.
§ 5
Formwechsel
Die Landesregierung ist ermächtigt, durch Rechtsverordnung die nach Maßgabe dieses
Gesetzes errichtete Anstalt des öffentlichen Rechts mit dem Namen ‚Universitätsklinikum
Gießen und Marburg’ nach ihrer rechtswirksamen Errichtung nach Maßgabe der §§ 301 bis
304 des Umwandlungsgesetzes vom 28. Oktober 1994 (BGBl. I S. 3210, 1995 I S. 428),
zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Juni 2003 (BGBl. I S. 838, 842), in der jeweils
geltenden Fassung, durch Formwechsel in eine Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer
Gesellschaft mit beschränkter Haftung, einer Aktiengesellschaft oder einer
Kommanditgesellschaft auf Aktien, deren persönlich haftende Gesellschafterin eine
Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist, umzuwandeln. Der erste Teil des fünften Buches
des Umwandlungsgesetzes findet auf diesen Formwechsel keine Anwendung. Die nach
Satz 1 zu erlassende Rechtsverordnung regelt die nähere Ausgestaltung des Formwechsels
im Hinblick auf die Firma, das Stamm- bzw. Grundkapital sowie den Gesellschaftsvertrag
bzw. die Satzung der Kapitalgesellschaft.“
8 Das Universitätsklinikum Gießen und Marburg informierte den Kläger mit Schreiben vom 6. Juli
2005 darüber, dass sein Arbeitsverhältnis auf das Universitätsklinikum Gießen und Marburg
übergeleitet worden sei.
9 Mit Schriftsätzen von 12. August 2005 erhoben 138 Beschäftigte der Universitätskliniken Gießen
bzw. Marburg Verfassungsbeschwerde und beantragten den Erlass einer einstweiligen
Anordnung, durch die das UKG einstweilen außer Kraft gesetzt werden sollte. Das
Bundesverfassungsgericht wies durch Beschluss vom 27. Dezember 2005 - 1 BvR 1725/05 - die
Verfassungsbeschwerde und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurück.
10 Die Hessische Landesregierung erließ am 1. Dezember 2005 aufgrund des § 5 UKG die
Verordnung zur Umwandlung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg in eine Gesellschaft
mit beschränkter Haftung (UK-UmwVO). § 1 UK-UmwVO bestimmt, dass die nach § 1 des UKG
errichtete Anstalt des öffentlichen Rechts „Universitätsklinikum Gießen und Marburg“ in eine
Gesellschaft mit beschränkter Haftung formwechselnd umgewandelt wird und der Formwechsel
mit der Eintragung in das Handelsregister wirksam wird. Gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 UK-UmwVO
führt die Gesellschaft die Firma „Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH“ (im Folgenden:
U-G-M GmbH) und gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 2 und 3 UK-UmwVO beträgt das Stammkapital der
Gesellschaft 500.000,00 Euro, welches das beklagte Land als alleiniger Gesellschafter und
Gründer der Gesellschaft übernimmt. § 2 Abs. 1 UK-UmwVO legt fest, dass die Rechte und
Pflichten der Beschäftigten der Anstalt des öffentlichen Rechts „Universitätsklinikum Gießen und
Marburg“ aus den bestehenden Anstellungs-, Arbeits- und Ausbildungsverträgen durch den
Formwechsel unberührt bleiben und ein Betriebsübergang im Sinne von § 613a Abs. 1 BGB nicht
stattfindet. Der Formwechsel von der Anstalt des öffentlichen Rechts in eine Gesellschaft mit
beschränkter Haftung wurde am 2. Januar 2006 in das Handelsregister eingetragen.
11 In dem Gesellschaftsvertrag der U-G-M GmbH vom 13. Dezember 2005 behielt sich das beklagte
Land verschiedene Zustimmungs- und Informationsrechte vor. Nach § 13 Abs. 1 des
Gesellschaftsvertrages können mehrere Regelungen des Gesellschaftsvertrages nur mit
Einwilligung des beklagten Landes geändert oder ergänzt werden, ua. die Rechtsform und die
Firma (§ 1 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages), der Sitz (§ 1 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages),
der Gegenstand, Zweck und Aufgabe des Unternehmens (§ 2 des Gesellschaftsvertrages), das
Stammkapital (§ 3 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages), Verfügungen über Geschäftsanteile und
Teilgeschäftsanteile (§ 4 des Gesellschaftsvertrages), Rechte des Landes Hessen (§ 13 des
Gesellschaftsvertrages) und Einziehung von Geschäftsanteilen (§ 14 des
Gesellschaftsvertrages). In § 14 des Gesellschaftsvertrages ist geregelt unter welchen
Voraussetzungen das beklagte Land Gesellschaftsanteile an der Gesellschaft einziehen kann.
§ 14 lautet auszugsweise:
㤠14
Einziehung von Geschäftsanteilen
(1) Die Einziehung von Geschäftsanteilen ist zulässig.
(2) Die Einziehung der Geschäftsanteile an der Gesellschaft, die nicht unmittelbar oder
mittelbar vom Land Hessen gehalten werden, ist ohne Zustimmung des betroffenen
Gesellschafters aufgrund eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung, bei dem allein
das Land Hessen stimmberechtigt ist, zulässig, wenn
1. über das Vermögen eines Gesellschafters, seines unmittelbaren oder mittelbaren
Mehrheitsgesellschafters oder der Gesellschaft ein Insolvenzverfahren eröffnet und nicht
innerhalb von zwei Monaten, spätestens aber bis zur Verwertung des Geschäftsanteils,
eingestellt wird,
2. die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters,
seines unmittelbaren oder mittelbaren Mehrheitsgesellschafters oder der Gesellschaft
mangels Masse abgelehnt wird,
3. ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines
Gesellschafters durch diesen Gesellschafter, seines unmittelbaren oder mittelbaren
Mehrheitsgesellschafters durch diesen Gesellschafter oder der Gesellschaft durch die
Gesellschaft gestellt wurde,
4. ein Gesellschafter oder dessen unmittelbarer oder mittelbarer Mehrheitsgesellschafter
oder die Gesellschaft überschuldet oder zahlungsunfähig im Sinne der Insolvenzordnung
sind und sämtliche Insolvenzgründe bis zur Beschlussfassung über die Einziehung nicht
beseitigt sind,
5. ein Geschäftsanteil oder Teilgeschäftsanteil eines Gesellschafters an der Gesellschaft
gepfändet oder auf sonstige Weise in diesen vollstreckt wird und die Pfändung oder
sonstige Vollstreckungsmaßnahme nicht innerhalb von zwei Monaten, spätestens aber
bis zur Verwertung des Geschäftsanteils oder Teilgeschäftsanteils aufgehoben wird oder
nicht innerhalb von zwei Monaten andere Maßnahmen ergriffen werden, die eine
Verwertung des Geschäftsanteils oder Teilgeschäftsanteils abwenden,
6. wesentliche Bestandteile des Vermögens der Gesellschaft gepfändet oder auf sonstige
Weise in diese vollstreckt wird und die Pfändung oder sonstige
Vollstreckungsmaßnahme nicht innerhalb von zwei Monaten, spätestens aber bis zur
Verwertung der Vermögensgegenstände aufgehoben wird oder nicht innerhalb von zwei
Monaten andere Maßnahmen ergriffen werden, die eine Verwertung der
Vermögensgegenstände abwenden.“
12 Mit dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes für die hessischen Universitätskliniken und anderer
Vorschriften vom 15. Dezember 2005 (GVBl. I S. 843) wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2006
§ 25a in das UniKlinG eingefügt. Dieser trifft Regelungen für ein Universitätsklinikum in privater
Rechtsform. Danach muss ein in privater Rechtsform betriebenes Universitätsklinikum mit den
wahrzunehmenden Aufgaben beliehen werden und untersteht insoweit der Rechtsaufsicht des
Ministeriums für Wissenschaft und Kunst. Die Vorschriften des UniKlinG gelten nach seinem
§ 25a nur eingeschränkt für ein in privater Rechtsform betriebenes Universitätsklinikum, ua. gilt
nicht die in § 4 UniKlinG geregelte Gewährträgerschaft.
13 Das beklagte Land erklärte in einer schriftlichen Erklärung vom 22. Dezember 2005 gegenüber der
Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL), es werde im Fall der Eröffnung des
Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH
und der Nichtbeseitigung von Gründen, die zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens führten, von
seinem Recht zur Einziehung der Geschäftsanteile Gebrauch machen. Unter dem 26./31. Januar
2006 schlossen die U-G-M GmbH und die VBL eine Beteiligungsvereinbarung.
14 Der Kläger widersprach mit Schreiben vom 11. Januar 2006 - gerichtet an das
Universitätsklinikum Gießen und Marburg - dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses. Er
arbeitete nach wie vor auf seinem bisherigen Arbeitsplatz im Universitätsklinikum Marburg. Mit
Wirkung zum 1. Februar 2006 verkaufte das beklagte Land 95 % der Geschäftsanteile der U-G-M
GmbH an die Rhön-Klinikum AG. Die Rhön-Klinikum AG verpflichtete sich, bis zum 31. Dezember
2010 an den Standorten Marburg und Gießen zusammen 367 Millionen Euro zu investieren;
betriebsbedingte Kündigungen sind bis zum 31. Dezember 2010 an beiden Standorten
ausgeschlossen. Das beklagte Land verpflichtete sich, 100 Millionen Euro (in etwa der Betrag, den
die Rhön-Klinikum AG als Kaufpreis zahlte), in eine Stiftung einzubringen, die die
Hochschulmedizin der Universitäten Gießen und Marburg unterstützt.
15 Der Kläger hat mit seiner Klage, die dem beklagten Land im September 2006 zugestellt worden ist,
die Auffassung vertreten, sein Arbeitsverhältnis sei nicht wirksam auf die U-G-M GmbH
übergeleitet worden. Der Übergang seines Arbeitsverhältnisses hätte seiner Zustimmung bedurft.
16 Der Kläger meint, die Übertragung des Arbeitsverhältnisses vom beklagten Land auf eine Anstalt
des öffentlichen Rechts zu einem privaten Arbeitgeber ohne Einräumung eines
Widerspruchsrechts verstoße gegen Verfassungsrecht, insbesondere gegen Art. 1 Abs. 1, Art. 2
Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG. Ihm stehe ein Widerspruchsrecht zu, das er ordnungsgemäß
ausgeübt habe. Es gebe eine Ungleichbehandlung zwischen den wissenschaftlich und den nicht
wissenschaftlich Beschäftigten. Das beklagte Land hätte die nicht wissenschaftlichen Mitarbeiter
ebenso wie schon zuvor an die Klinikanstalt ausleihen können. Der gesetzlich angeordnete
Übergang benachteilige ihn, weil er sich nunmehr nicht mehr am internen Stellenmarkt beteiligen
könne, im Fall von betriebsbedingten Kündigungen sei keine standortübergreifende Sozialauswahl
mehr vorzunehmen und es gebe künftig keinen besonderen Kündigungsschutz mehr für langjährig
Beschäftigte. Die Rhön-Klinikum AG werde, um die wirtschaftliche Lage des erworbenen
Unternehmens zu verbessern, Reserven bei den Beschäftigten mobilisieren, wie sich aus der
Erklärung der Anpassung des Personals an den Bedarf zeige.
17 Der Kläger hat zuletzt beantragt,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 1. Juli 2005 hinaus
fortbesteht.
18 Das beklagte Land hat die Klageabweisung beantragt.
19 Es ist der Ansicht, der gesetzlich angeordnete Übergang des Arbeitsverhältnisses von ihm auf die
Anstalt des öffentlichen Rechts verstoße nicht gegen übergeordnetes Recht. Ein
Widerspruchsrecht habe dem Kläger nicht zugestanden.
20 Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das
Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt der
Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
21 Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend
angenommen, gegen die an sich zulässige Überleitung des Arbeitsverhältnisses des Klägers vom
beklagten Land auf die Anstalt des öffentlichen Rechts „Universitätsklinikum Gießen und Marburg“
gebe es kein Widerspruchsrecht für den Kläger.
22 A. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt
begründet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers unterfalle § 3 Abs. 1 Satz 1 UKG. Er sei als nicht
wissenschaftlich tätiger Arbeiter im Bereich des Universitätsklinikums Marburg tätig.
23 Ein vom Kläger möglicherweise mit Schreiben vom 11. Januar 2006 erklärter Widerspruch entfalte
keine Rechtsfolgen. Daher komme es nicht darauf an, ob dieses Schreiben den Anforderungen an
einen Widerspruch genüge. Ein Widerspruchsrecht sehe das UKG nicht vor. Aufgrund der
Ausgestaltung des UKG verbiete sich auch eine analoge Anwendung des § 613a Abs. 6 BGB. Der
hessische Landesgesetzgeber habe bewusst von der Möglichkeit der Einräumung eines
Widerspruchsrechts abgesehen. Es gebe kein Bundesrecht, das die gesetzliche Überleitung eines
Arbeitsverhältnisses durch den Landesgesetzgeber verbiete. Ein Verstoß gegen § 613a Abs. 6
BGB liege nicht vor, da vom sachlichen Anwendungsbereich des § 613a BGB solche
Betriebsübergänge ausgenommen seien, die im Wege der Gesamtrechtsnachfolge kraft Gesetzes
vollzogen würden, was hier aufgrund der Bestimmung in § 1 Abs. 3 UKG der Fall sei. Ein
Verfassungsverstoß liege nicht in der gesetzlichen Überleitung des Arbeitsverhältnisses ohne
Einräumung des Widerspruchsrechts. Dem Hessischen Landtag habe gemäß Art. 70 Abs. 1 GG
die Gesetzgebungskompetenz zugestanden. Art. 1 Abs. 1 GG sei nicht verletzt. Den
Arbeitnehmern stehe anerkanntermaßen ein außerordentliches Kündigungsrecht zu, so dass sie
nicht gegen ihren Willen gezwungen seien, bei einem anderen Arbeitgeber zu arbeiten. Art. 12
Abs. 1 GG sei ebenfalls nicht verletzt. Zwar liege in der durch das UKG angeordneten Überleitung
des Arbeitsverhältnisses auf die Anstalt des öffentlichen Rechts ein Eingriff in das Grundrecht des
Klägers auf freie Wahl des Arbeitsplatzes. Die gesetzliche Regelung stelle aber lediglich eine
Berufsausübungsregelung dar. Die Rechte, die sich das beklagte Land gegenüber der Rhön-
Klinikum AG im Rahmen der gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung vorbehalten habe und die
Verpflichtungen - insbesondere im Bereich der Einziehung gemäß § 14 des
Gesellschaftsvertrages der U-G-M GmbH - bewirkten eine Absicherung der klägerischen
Arbeitnehmerrechte im Fall der Insolvenz der U-G-M GmbH, die die rechtlichen und tatsächlichen
Auswirkungen des UKG auf die Rechtsstellung des Klägers auf den bloßen Wechsel des
Arbeitgebers unter Fortführung des Arbeitsverhältnisses im Übrigen beschränken würden. Die
Überleitung des Arbeitsverhältnisses ohne Einräumung eines Widerspruchsrechts sei durch
vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt. Die von dem beklagten Land gewählte
Vorgehensweise, die beiden Klinikbetriebe zunächst in die Anstalt des öffentlichen Rechts
„Universitätsklinikum Gießen und Marburg“ einzubringen und sodann in eine Gesellschaft mit
beschränkter Haftung durch Formwechsel umzugestalten, deren wesentliche Geschäftsanteile an
einen privaten Erwerber hätten veräußert werden sollen mit der Verpflichtung, in einem
festgelegten Zeitrahmen von rund 5 Jahren Investitionen im Volumen von 270 Millionen Euro an
den Klinikstandorten Gießen und Marburg durchzuführen, sei geeignet, die Fortführung beider
Kliniken im bisherigen Umfang zu sichern. Die Aufrechterhaltung des Betriebs beider
Universitätskliniken sei sowohl im Hinblick auf die Patientenversorgung als auch auf die regionale
und überregionale Bedeutung der Universitätsstädte Gießen und Marburg im öffentlichen
Interesse, denn sie ermögliche eine ortsnahe medizinische Versorgung auf höchstem Niveau
sowie Forschung und Lehre in beiden Fakultäten. Die Fortführung beider Kliniken in neuer
Rechtsform habe allerdings nur unter Aufrechterhaltung des Klinikbetriebs gewährleistet werden
können, was wiederum die Überleitung der Arbeitsverhältnisse des in der Krankenversorgung und
Verwaltung der Kliniken tätigen Personals bedingt habe. Insoweit sei auch die unterschiedliche
Behandlung der wissenschaftlich zu den nicht wissenschaftlich tätigen Beschäftigten
gerechtfertigt. Ohne gesetzliche Überleitung der Arbeitsverhältnisse der in den Bereichen
Krankenversorgung und Verwaltung eingesetzten Beschäftigten hätte die Gefahr bestanden, wie
die Vielzahl der „Widersprüche“ der Arbeitnehmer und das Vorgehen gegen das UKG gezeigt
habe, dass das für den Betrieb eines Krankenhauses notwendige Personal nicht mehr zur
Verfügung gestanden hätte. Das beklagte Land könne nicht auf den Abschluss von
Personalgestellungsverträgen verwiesen werden. Personalgestellungsverträge stellten einen
Systemwechsel dar. Durch die Überleitung des Arbeitsverhältnisses auf die Anstalt des
öffentlichen Rechts sei der Kläger weiterhin Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes geblieben. Mit
dem Formwechsel sei aus Sicht des Klägers zwar das Arbeitsverhältnis aus dem öffentlichen
Dienst herausgelöst worden, allerdings unter Einbeziehung eines umfangreichen
Sicherungskonzeptes. Der Kläger habe damit einen vergleichbar solventen Schuldner. Im Übrigen
hätten sich seine Arbeitsbedingungen nicht verschlechtert. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG sei
ebenfalls nicht gegeben. Die Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG sei unanwendbar, da der
Betriebsübergang nicht auf vertraglicher Grundlage erfolgt sei und ein europäisches Grundrecht
auf Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses nicht bestehe.
24 B. Dem folgt der Senat. Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde kraft Gesetzes auf die Anstalt
des öffentlichen Rechts „Universitätsklinikum Gießen und Marburg“ übergeleitet. Ein
Widerspruchsrecht gegen die Überleitung stand dem Kläger nicht zu.
25 I. Grundsätzlich erfasst die Überleitungsvorschrift des § 3 Abs. 1 UKG auch das Arbeitsverhältnis
des Klägers.
26 1. Als nicht wissenschaftlich Beschäftigter in der Universitätsklinik Marburg fällt der Kläger unter
das UKG (§ 3 Abs. 1 Satz 1 UKG) und wurde daher mit Inkrafttreten des Gesetzes Beschäftigter
der neuen Anstalt des öffentlichen Rechts „Universitätsklinikum Gießen und Marburg“. Diese trat
in die Rechte und Pflichten der Arbeits- und Ausbildungsverhältnisse ein (§ 3 Abs. 1 Satz 3 UKG).
Aufgrund dieses gesetzlich ausgestalteten Übergangs des Arbeitsverhältnisses wurden die
Arbeitnehmer mit Inkrafttreten des UKG am 1. Juli 2005 Beschäftigte des Universitätsklinikums
Gießen und Marburg. Ein Recht der Arbeitnehmer, dieser Überleitung ihrer Arbeitsverhältnisse zu
widersprechen, ergibt sich weder aus dem UKG selbst noch aus anderen gesetzlichen
Bestimmungen.
27 2. Das UKG erwähnt ein Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer nicht. Nach seinem Wortlaut wird
es ausdrücklich weder eingeräumt noch ausgeschlossen. Die Auslegung des Gesetzes ergibt
jedoch, dass ein Widerspruchsrecht für die vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer nicht
vorgesehen war.
28 a) Die Formulierung in § 3 Abs. 1 Satz 3 UKG, die Anstalt des öffentlichen Rechts trete in die
Rechte und Pflichten der Arbeitsverhältnisse ein, entspricht im Wesentlichen § 613a Abs. 1 Satz 1
2. Halbs. BGB. Eine dem § 613a Abs. 6 BGB entsprechende Formulierung hat dagegen der
Landesgesetzgeber nicht aufgenommen, obwohl es nach der Gesetzessystematik der positiven
Regelung eines Gestaltungsrechts bedurft hätte. Wenn ein (Landes-) Gesetzgeber bei seinen
Regelungen nur auf Teilbereiche einer anderen Norm zurückgreift, andere Regelungen dieser
Norm aber nicht verwendet, ist davon auszugehen, dass dies bewusst erfolgte (vgl. BAG 2. März
2006 - 8 AZR 124/05 - Rn. 16, BAGE 117, 184 = AP BGB § 419 Funktionsnachfolge Nr. 25 = EzA
BGB 2002 § 613a Nr. 48) .
29 b) Dieses systematische Argument wird gestützt durch die Vorgeschichte des UKG. Bereits noch
fünf Jahre zuvor hatte der hessische Landesgesetzgeber in § 22 Abs. 7 UniKlinG eine - damals
fakultative - Übernahme der Landesbediensteten in den Dienst der drei Universitätskliniken,
allesamt Anstalten des öffentlichen Rechts, unter bestimmten Bedingungen vorgesehen. Aus § 22
Abs. 7 Satz 2 und Satz 3 UniKlinG ergibt sich, dass für diesen Fall den Beschäftigten ein
Widerspruchsrecht gegen die Überleitung ihrer Arbeitsverhältnisse zustehen sollte. Wenn derselbe
Landesgesetzgeber bei der gleichen Regelungsmaterie, der Überleitung von
Beschäftigungsverhältnissen aus dem Landesdienst auf Anstalten des öffentlichen Rechts -
Universitätskliniken - den Übergang einmal mit Widerspruchsrecht ausstattet, das andere Mal
nicht, muss angenommen werden, dass er im letzteren Fall ein Widerspruchsrecht bewusst nicht
einräumen wollte.
30 c) Dafür sprechen weiter Sinn und Zweck des UKG. Nach § 1 Abs. 1 und Abs. 3 UKG und § 3
Abs. 1 UKG ist es Gesetzesziel, die beiden Universitätskliniken Gießen und Marburg als Ganzes
und im unveränderten Bestand sowohl hinsichtlich der personellen als auch der sonstigen
Ausstattung auf die neu errichtete Anstalt des öffentlichen Rechts zu übertragen. Dem stünde ein
Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer gegen die Überleitung ihrer Arbeitsverhältnisse entgegen.
31 3. Eine analoge Anwendung des § 613a Abs. 6 BGB scheidet aus.
32 a) Die entsprechende Anwendung einer Gesetzesnorm kommt regelmäßig nur in Betracht, wenn
die gesetzliche Regelung planwidrig lückenhaft erscheint und zur Ausfüllung der Lücke die
Übertragung der Rechtsfolge eines gesetzlichen Tatbestands auf einen vergleichbaren, aber im
Gesetz nicht geregelten Tatbestand erforderlich ist. Dabei muss eine dem Plan des Gesetzgebers
widersprechende Lücke bestehen oder sich jedenfalls später durch eine Veränderung der
Lebensverhältnisse ergeben haben. Der dem Gesetz zugrunde liegende Regelungsplan ist aus
ihm selbst im Wege der historischen und teleologischen Auslegung zu schließen und es ist zu
fragen, ob das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht, unvollständig ist (BAG
13. Februar 2003 - 8 AZR 654/01 - mwN, BAGE 104, 358 = AP BGB § 611 Organvertreter Nr. 24
= EzA BGB 2002 § 613a Nr. 2; 13. Mai 2004 - 8 AZR 92/03 - zu II 2 b bb der Gründe, ZTR 2004,
633) .
33 b) Daran fehlt es vorliegend. Wie dargelegt hat der Landesgesetzgeber den vom Übergang ihrer
Arbeitsverhältnisse auf die Anstalt des öffentlichen Rechts „Universitätsklinikum Gießen und
Marburg“ betroffenen Arbeitnehmern bewusst kein Widerspruchsrecht eingeräumt. Über diese
gesetzgeberische Entscheidung kann sich die Rechtsprechung nicht im Wege der Gesetzes- oder
Rechtsanalogie hinwegsetzen. Auf die Streitfrage, inwieweit einzelne Bestimmungen des § 613a
BGB auf einen durch öffentlich-rechtliche Normen, insbesondere Gesetze, geregelten
Betriebsübergang entsprechend angewandt werden können, kommt es vorliegend nicht an (vgl.
BAG 2. März 2006 - 8 AZR 124/05 - Rn. 17, BAGE 117, 184 = AP BGB § 419 Funktionsnachfolge
Nr. 25 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 48) .
34 II. Das UKG verstößt nicht gegen einfaches Bundesrecht (Art. 31 GG). Einfaches Bundesrecht,
welches die Überleitung von Arbeitsverhältnissen durch einen Landesgesetzgeber verbietet oder
welches in einem solchen Fall die Einräumung eines Widerspruchsrechts gebietet, existiert nicht.
35 1. Die Nichteinräumung eines Widerspruchsrechts verstößt nicht gegen § 613a Abs. 6 BGB. Dies
gilt schon deshalb, weil die in § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB enthaltenen tatbestandlichen
Voraussetzungen nicht gegeben sind. Danach gehen Arbeitsverhältnisse über, wenn der Betrieb
„durch Rechtsgeschäft“ übergeht. Vom sachlichen Anwendungsbereich des § 613a BGB sind
Betriebsübergänge ausgenommen, die im Wege der Gesamtrechtsnachfolge kraft Gesetzes
vollzogen werden (BAG 13. November 2002 - 4 AZR 73/01 - zu I 1 b der Gründe mwN,
BAGE 103, 353 = AP AVR Caritasverband § 1 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 4) . Auch vor der
Kodifizierung des Widerspruchsrechts in § 613a Abs. 6 BGB wurde durch die Rechtsprechung
des Bundesarbeitsgerichts den Arbeitnehmern nur ein Widerspruchsrecht eingeräumt, wenn die
Voraussetzungen des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB vorlagen (BAG 8. Mai 2001 - 9 AZR 95/00 - zu
I 1 b cc der Gründe, BAGE 97, 361 = AP BGB § 613a Nr. 219 = EzA BGB § 613a Nr. 198;
2. Oktober 1974 - 5 AZR 504/73 - BAGE 26, 301) .
36 Die bislang selbständigen Anstalten des öffentlichen Rechts Universitätsklinikum Gießen und
Universitätsklinikum Marburg sind auf die neue Anstalt des öffentlichen Rechts
„Universitätsklinikum Gießen und Marburg“ weder durch Vertrag noch überhaupt
rechtsgeschäftlich veranlasst übertragen worden. Der Übertragung lag keinerlei Rechtsgeschäft
zugrunde, einziger Übertragungsakt ist die gesetzliche Bestimmung des § 1 Abs. 3 Satz 1 UKG,
nach der Rechte, Pflichten und Zuständigkeiten der Universitätskliniken im Wege der
Gesamtrechtsnachfolge auf die neue, nach § 1 Abs. 1 UKG errichtete Anstalt des öffentlichen
Rechts übergehen. Der Übergang der Arbeitsverhältnisse beruhte nicht auf einer Absprache,
sondern auf der gesetzlichen Bestimmung des § 3 Abs. 1 Satz 3 UKG. Das Landesarbeitsgericht
hat festgestellt, dass anderweitige rechtsgeschäftliche Übertragungsakte nicht zu erkennen sind.
37 2. Das UKG bezweckt, insbesondere durch seine §§ 3 und 5, auch nicht in unzulässiger Weise die
Umgehung von § 613a Abs. 6 BGB. § 613a Abs. 6 BGB enthält keinen über den
Anwendungsbereich dieser Norm hinausweisenden allgemeinen Rechtssatz, ebenso wenig, wie
§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB ausdrückt, die Übertragung eines Betriebes oder der von dem Betrieb
wahrgenommenen Funktionen dürfe nur im Wege des rechtsgeschäftlichen Betriebsübergangs
vorgenommen werden (BAG 27. September 2007 - 8 AZR 941/06 - Rn. 41, AP BGB § 613a
Nr. 332 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 86) . Richtig ist, dass der Bundesgesetzgeber im Falle des
rechtsgeschäftlichen Betriebsübergangs mit dem Widerspruchsrecht Arbeitnehmergrundrechte
schützen wollte. An diesem verfassungsrechtlichen Maßstab müssen sich auch Gesetze messen
lassen, die wie das UKG die Überleitung von Arbeitsverhältnissen auf einen anderen Arbeitgeber
vorsehen, jedoch ein Widerspruchsrecht nicht einräumen. Nichts anderes ergibt sich aus Art. 70
GG, der die Kompetenzverteilung zur Gesetzgebung zwischen Bund und Ländern regelt und aus
dem europäischen Gemeinschaftsrecht, das eine Widerspruchsmöglichkeit zwar zulässt, aber
nicht vorschreibt.
38 3. Das UKG verstößt auch nicht gegen das Umwandlungsgesetz als einfaches Bundesrecht,
insbesondere nicht gegen § 168 UmwG.
39 a) Durch § 1 Abs. 1 UKG wurden die bisher selbständige Anstalt des öffentlichen Rechts (vgl. § 1
Abs. 1 UniKlinG) Universitätsklinikum Gießen und die weitere selbständige Anstalt des öffentlichen
Rechts Universitätsklinikum Marburg zusammengelegt und als eine rechtsfähige Anstalt des
öffentlichen Rechts mit Standorten und Sitz in Gießen und Marburg errichtet. Damit ist § 168
UmwG schon vom Wortlaut her nicht einschlägig. Weder das Universitätsklinikum Gießen noch
das Universitätsklinikum Marburg waren „von einer Gebietskörperschaft … betriebene
Unternehmen“, die in den Bereich der Privatwirtschaft ausgegliedert werden sollten. Vielmehr
wurden durch das UKG zwei bisher selbständige, rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts
zu einer zusammengelegt. Diesen Fall regelt § 168 UmwG nicht.
40 b) Die in § 168 UmwG behandelte Ausgliederung aus dem Vermögen von Gebietskörperschaften
ist nach der Systematik des UmwG ein Unterfall der Spaltung als Form der Umwandlung
(9. Abschn. des Dritten Buches des UmwG). Zwar gilt nach § 324 UmwG bei Umwandlungen in
Form der Spaltung § 613a Abs. 1, 4 bis 6 BGB. Unzutreffend ist jedoch die Annahme, „nur“ nach
§ 168 UmwG könnten nach Bundesrecht Arbeitsverhältnisse aus dem Bereich des öffentlichen
Dienstes in den Bereich der Privatwirtschaft überführt werden. Selbst wenn man davon ausgeht,
dass mit dem UKG nur der erste Rechtsakt eines mehrfach gestaffelt durchgeführten
Privatisierungsvorhabens des Landes gesetzt wurde, können sich die Arbeitnehmer nicht auf
§ 168 UmwG und daher auch nicht auf § 324 UmwG in Verbindung mit § 613a Abs. 6 BGB
berufen. Denn schon das Umwandlungsgesetz selbst sieht für Körperschaften und Anstalten des
öffentlichen Rechts die Möglichkeit des Formwechsels vor (6. Abschn. des Fünften Buches des
UmwG, vgl. §§ 301 ff. UmwG). Für solche Formwechsel gilt § 324 UmwG bereits seinem Wortlaut
nach nicht. Dies ist systematisch richtig, da bei der Umwandlung durch Formwechsel kein neuer
Arbeitgeber in das Arbeitsverhältnis eintritt, nur der bisherige Arbeitgeber „das Kleid wechselt“
(Kallmeyer/Willemsen UmwG 3. Aufl. § 324 Rn. 3).
41 c) Als Bundesrecht will das Umwandlungsgesetz nicht alle Fälle der Umwandlung regeln. Es
ordnet die zivilrechtlichen Instrumente der Umwandlung und bestimmt die umwandlungsfähigen
Rechtsträger, äußert sich aber zu Umstrukturierungen im Bereich des öffentlichen Rechts
grundsätzlich nicht (vgl. BAG 2. März 2006 - 8 AZR 124/05 - Rn. 23, BAGE 117, 184 = AP BGB
§ 419 Funktionsnachfolge Nr. 25 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 48 mit Verweis auf BAG 8. Mai
2001 - 9 AZR 95/00 - zu I 1 b bb der Gründe, BAGE 97, 361 = AP BGB § 613a Nr. 219 = EzA
BGB § 613a Nr. 198). Die öffentlich-rechtliche Zulässigkeit von Ausgliederungen ist nicht im
UmwG geregelt, sondern richtet sich nach dem maßgeblichen Bundes- oder Landesgesetz, was
in § 168 UmwG dadurch klargestellt wird, dass einer Ausgliederung das für den
Zusammenschluss „maßgebende Bundes- oder Landesrecht … nicht entgegenstehen“ dürfe (vgl.
H. Schmidt in Lutter UmwG 3. Aufl. Vor § 168 Rn. 3f., § 168 Rn. 17). Im Gegensatz zu den §§ 57,
58 UmwG 1969 ist es nach geltendem Recht nicht mehr erforderlich, dass eine Umwandlung
durch Bundes- oder Landesrecht „vorgesehen ist“ oder „zugelassen wird“.
42 4. Einem gesetzlich angeordneten Übergang der Arbeitsverhältnisse nach § 3 Abs. 1 UKG stehen
weder die Vorschriften des § 415 Abs. 1 Satz 1 BGB noch § 613 Satz 2 BGB entgegen. Die auch
hierauf gestützte Begründung des Widerspruchsrechts im Rahmen des § 613a BGB vor dessen
positiver Regelung lässt sich auf die öffentlich-rechtliche Regelung in § 3 UKG nicht übertragen
(BAG 2. März 2006 - 8 AZR 124/05 - Rn. 22 mwN, BAGE 117, 184 = AP BGB § 419
Funktionsnachfolge Nr. 25 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 48) .
43 III. Weder die Überleitung der Arbeitsverhältnisse an sich noch die Nichtgewährung eines
Widerspruchsrechts verstoßen gegen Verfassungsrecht.
44 1. Das UKG ist formell wirksam, da der hessische Landesgesetzgeber gesetzgebungsbefugt war.
Die Länder haben das Recht zur Gesetzgebung, soweit nicht dem Bund
Gesetzgebungsbefugnisse verliehen sind (Art. 70 Abs. 1 GG). Nach Art. 75 Abs. 1 Nr. 1 GG in der
bis zum 1. September 2006 geltenden Fassung hatte zwar der Bund das Recht,
Rahmenvorschriften für die Gesetzgebung der Länder über die Rechtsverhältnisse der im
öffentlichen Dienst der Länder stehenden Beschäftigten zu erlassen. Außerdem steht dem Bund
nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG die konkurrierende Gesetzgebung im Arbeitsrecht zu. Für die
gesetzliche Überleitung von Arbeitsverhältnissen auf eine Anstalt des öffentlichen Dienstes oder in
den Bereich der Privatwirtschaft hat der Bund von diesen Kompetenzen jedoch keinen Gebrauch
gemacht. Durch § 613a BGB hat er nur rechtsgeschäftliche Betriebsübergänge geregelt (vgl. auch
BAG 2. März 2006 - 8 AZR 124/05 - Rn. 27 mwN, BAGE 117, 184 = AP BGB § 419
Funktionsnachfolge Nr. 25 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 48).
45 2. Das Grundrecht der Berufsfreiheit des Klägers (Art. 12 Abs. 1 GG) ist nicht verletzt.
46 a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts garantiert Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG
nicht nur die freie Wahl des Berufs, sondern auch die freie Wahl des Arbeitsplatzes, also die
Entscheidung, an welcher Stelle dem gewählten Beruf nachgegangen werden soll. Zur
Entscheidung für eine konkrete Betätigungsmöglichkeit oder ein bestimmtes Arbeitsverhältnis
gehört namentlich bei abhängig Beschäftigten auch die Wahl des Vertragspartners samt den dazu
notwendigen Voraussetzungen, insbesondere dem Zugang zum Arbeitsmarkt. Ebenso wie die
freie Berufswahl auch die Fortsetzung und Beendigung eines Berufs umfasst, gehört zur freien
Arbeitsplatzwahl neben der Entscheidung für eine konkrete Beschäftigung auch der Wille des
Einzelnen, diese beizubehalten oder aufzugeben. Staatliche Maßnahmen, die den Einzelnen am
Erwerb eines zur Verfügung stehenden Arbeitsplatzes hindern, ihn zur Annahme eines
bestimmten Arbeitsplatzes zwingen oder die Aufgabe eines Arbeitsplatzes verlangen, stellen einen
Eingriff in das Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes dar. Regelungen zum Übergang eines
Arbeitsverhältnisses auf einen anderen Arbeitgeber betreffen daher den Schutzbereich der durch
Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Arbeitsplatzfreiheit (BAG 2. März 2006 - 8 AZR 124/05 - Rn. 30, 31
mwN, BAGE 117, 184 = AP BGB § 419 Funktionsnachfolge Nr. 25 = EzA BGB 2002 § 613a
Nr. 48).
47 Der durch § 613a BGB geregelte rechtsgeschäftliche Betriebsübergang und, in dessen Folge, der
Übergang der Arbeitsverhältnisse geschieht unabhängig von dem Willen der Arbeitnehmer. Auch
ohne ausdrückliche Regelung hat die Rechtsprechung § 613a BGB bis zum 31. März 2002 dahin
ausgelegt, dass die Arbeitnehmer das Recht haben, dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses bei
Betriebsübergang auf den Erwerber zu widersprechen (BAG 30. Oktober 2003 - 8 AZR 491/02 -
mwN, BAGE 108, 199 = AP BGB § 613a Nr. 262 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 16). Dadurch wurde
auch das in Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes davor
geschützt, einen anderen als den gewählten Arbeitgeber aufgezwungen zu bekommen (BAG
30. September 2004 - 8 AZR 462/03 - zu II 1 b aa der Gründe mwN, BAGE 112, 124 = AP BGB
§ 613a Nr. 275 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 28). Auch zur Begründung des Gesetzes vom
23. März 2002 (BGBl. I S. 1163), das mit der Einfügung von § 613a Abs. 6 BGB das
Widerspruchsrecht kodifizierte, wurde angeführt, das Widerspruchsrecht ergebe sich vor allem
daraus, dass es mit der Würde des Menschen, dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit
und dem Recht auf freie Arbeitsplatzwahl unvereinbar wäre, wenn ein Arbeitnehmer verpflichtet
würde, für einen Arbeitgeber zu arbeiten, den er nicht frei gewählt habe (BT-Drucks. 14/7760 S.
20).
48 b) Danach stellt sowohl die durch § 3 Abs. 1 UKG gesetzlich angeordnete Überleitung der
Arbeitsverhältnisse der bisher beim beklagten Land beschäftigten Arbeitnehmer auf die neu
errichtete rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts „Universitätsklinikum Gießen und Marburg“
als auch die fehlende gesetzliche Einräumung eines Widerspruchsrechts einen Eingriff in das
Grundrecht der Arbeitnehmer auf freie Wahl des Arbeitsplatzes dar. Die zwingend ausgestaltete
gesetzliche Regelung lässt zwar die Rechte und Pflichten der Arbeitsverhältnisse ansonsten
bestehen, wechselt aber das beklagte Land als Arbeitgeber gegen die neu errichtete Anstalt des
öffentlichen Rechts aus. Damit wird in die Berufsausübungsfreiheit, nicht in die Freiheit der
Berufswahl eingegriffen (BVerfG 11. Juni 1958 - 1 BvR 596/56 - BVerfGE 7, 377, 405 ff.). Ziel und
Inhalt des UKG ist es, die Arbeitsverhältnisse der in Gießen und Marburg nicht wissenschaftlich
Beschäftigten in jedem Fall und unverändert, wenn auch mit einem anderen Arbeitgeber,
aufrechtzuerhalten und zu sichern. Das UKG wirkt daher nicht wie eine objektive
Zulassungsschranke, sondern stellt eine Berufsausübungsregelung dar. Der Kläger arbeitet auch
nach dem 1. Juli 2005 unverändert an seinem Arbeitsplatz mit den gleichen Arbeitsbedingungen,
nur nicht mehr mit dem beklagten Land als Arbeitgeber. Auch der bereits durch § 5 UKG
ermöglichte, geplante und später durchgeführte Formwechsel nach §§ 301 ff. UmwG sowie die
beabsichtigte und später ebenfalls durchgeführte Veräußerung von Gesellschaftsanteilen führen
zu keiner inhaltlichen Änderung des Arbeitsplatzes des Klägers. Weder Formwechsel noch
Gesellschafterwechsel haben auf den Inhalt des Arbeitsvertrags Auswirkungen.
49 c) Sowohl die Überleitung der Arbeitsverhältnisse als auch die Nichteinräumung eines
Widerspruchsrechts sind aber durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt.
50 aa) Eingriffe, die einer Regelung der Berufsausübungsfreiheit unter Aufrechterhaltung der
Arbeitsverhältnisse gleichkommen, sind dann verfassungsgemäß, wenn sie durch vernünftige
Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt und verhältnismäßig sind. Die Eingriffe dürfen dabei nicht
weitergehen, als es die sie rechtfertigenden Gemeinwohlbelange erfordern (BVerfG 9. Juni 2004 -
1 BvR 636/02 - zu B I 1 b der Gründe mwN, BVerfGE 111, 10). Es gilt der Grundsatz, je stärker
der Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Rechte ist, desto gewichtiger müssen die
Gründe des Gemeinwohls sein, die diesen Eingriff rechtfertigen, wobei der Eingriff geeignet,
erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne sein muss (BVerfG 14. Dezember 1965 -
1 BvL 14/60 - BVerfGE 19, 330, 336 f.; 18. Juni 1980 - 1 BvR 697/77 - BVerfGE 54, 301, 313;
16. Januar 2002 - 1 BvR 1236/99 - BVerfGE 104, 357, 364). Die Eingriffsmittel dürfen zudem nicht
übermäßig belastend sein, so dass bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des
Eingriffs und dem Gewicht der rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch
gewahrt ist (vgl. BVerfG 14. Dezember 1965 - 1 BvL 14/60 - BVerfGE 19, 330, 337; 13. Dezember
2000 - 1 BvR 335/97 - BVerfGE 103, 1, 10; 29. Oktober 2002 - 1 BvR 525/99 - BVerfGE 106, 181,
192). Nach diesem Prüfungsmaßstab ist die gesetzliche Überleitung der Arbeitsverhältnisse von
dem beklagten Land auf die Anstalt des öffentlichen Rechts „Universitätsklinikum Gießen und
Marburg“ auch ohne Gewährung eines Widerspruchsrechts verhältnismäßig. Dies gilt auch unter
Berücksichtigung des Umstandes, dass der Hessische Gesetzgeber in § 5 UKG die Hessische
Landesregierung ermächtigt hat, durch Rechtsverordnung die Anstalt des öffentlichen Rechts
durch Formwechsel in eine GmbH umzuwandeln und unter Berücksichtigung des weiteren
Umstandes, dass dieser Formwechsel nach dem Willen des Hessischen Gesetzgebers
(Hessischer Landtag Drucks. 16/3758) dazu dienen sollte, die Gesellschaftsanteile oder deren
überwiegenden Teil in der Folgezeit an einen privat organisierten Krankenhausbetreiber zu
veräußern.
51 bb) Die Privatisierungsentscheidung der Hessischen Landesregierung wie das ihr dienende, vom
Landesgesetzgeber verabschiedete UKG hatten das Ziel, wichtige Gemeinschaftsgüter zu
schützen.
52 Grundsätzlich hat der Gesetzgeber auf dem Gebiet der Arbeitsmarkt-, Sozial- und
Wirtschaftsordnung weite Gestaltungsfreiheit. Es ist vornehmlich seine Sache, auf der Grundlage
seiner wirtschafts-, arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Vorstellungen und Ziele sowie unter
Beachtung der Sachgesetzlichkeiten des betreffenden Gebiets zu entscheiden, welche
Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will. Bei der Prognose und Einschätzung
drohender Gefahren, zu deren Verhütung er tätig wird, ist ihm ein Beurteilungsspielraum
zuzubilligen. Diesen überschreitet der Gesetzgeber nur dann, wenn seine Erwägungen so
offensichtlich fehlerhaft sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für gesetzgeberische
Maßnahmen abgeben können (BVerfG 6. Oktober 1987 - 1 BvR 1086/82 - zu C III 2 der Gründe
mwN, BVerfGE 77, 84) .
53 Die Fusion der beiden Universitätskliniken auf eine Anstalt des öffentlichen Rechts und die
beabsichtigte spätere Überführung der Trägerschaft auf einen privaten Krankenhausbetreiber
diente dem Erhalt beider Kliniken, um so eine ortsnahe medizinische Versorgung der Bevölkerung
und zugleich Forschung und Lehre im Bereich der Hochschulmedizin beider Universitäten zu
sichern. Dabei handelt es sich um wichtige Gemeinschaftsgüter.
54 Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bestand insbesondere an dem Klinikstandort
Gießen ein hoher Investitionsbedarf, der aufgrund der Haushaltssituation des beklagten Landes
und unter Berücksichtigung der notwendigen Verfahrensabläufe nicht, jedenfalls nicht rechtzeitig
hätte realisiert werden können. Der Wissenschaftsrat hatte für die Universitätskliniken einen
Umsatzrückgang im stationären Bereich in Höhe von mindestens 15 % prognostiziert. Hinzu kam
ein Investitionsstau beim Klinikum Gießen, der schon in der Vergangenheit dazu geführt hatte,
dass nicht mehr alle Auflagen von Behörden erfüllt werden konnten und Teile des Klinikums
stillgelegt werden mussten. Für die Auflösung des Investitionsstaus durch öffentliche Investitionen
hätten gesetzliche Vorgaben, ua. nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz, beachtet werden
müssen. Angesichts dieser Situation ist die Einschätzung des Hessischen Gesetzgebers
naheliegend, dass die Aufrechterhaltung des Klinikbetriebs Gießen in der bisherigen Form nicht
mehr gesichert sei. Eine Schließung oder weitere Einschränkung des Betriebs hätte sowohl eine
Verschlechterung der Krankenversorgung im Gießener Raum bedeutet als auch eine
Einschränkung der Hochschulmedizin mit ihren nachteiligen Auswirkungen auf Forschung und
Lehre. Zudem hätte eine Schließung des Universitätsklinikums Gießen nicht nur die dortigen
Arbeitsplätze, sondern die Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten überhaupt gefährdet, da ein
anderweitiger Bedarf beim beklagten Land nicht erkennbar war. Nach den Erkenntnissen des
Wissenschaftsrats durfte der Hessische Gesetzgeber im Rahmen seiner
Einschätzungsprärogative auch von einer gefährdeten wirtschaftlichen Situation des
Universitätsklinikums Marburg ausgehen und davon, dass durch eine Fusion der räumlich nah
beieinander liegenden Universitätskliniken die wissenschaftliche Exzellenz in der klinischen
Medizin und die Leistungsfähigkeit in der Krankenversorgung gestärkt würden. Im Rahmen seines
Beurteilungsspielraums konnte der Hessische Landtag weiter annehmen, infolge fehlender und in
absehbarer Zeit auch nicht beschaffbarer Landes- oder Bundesmittel könnten die erforderlichen
Investitionen nur realisiert werden, wenn die fusionierten Kliniken auf einen privaten
Krankenhausträger überführt werden, der sich im Gegenzug verpflichtet, die erforderlichen
Investitionen durchzuführen.
55 cc) Durch § 3 Abs. 1 und Abs. 2 UKG und das fehlende Widerspruchsrecht für das nicht
wissenschaftliche, auf die Anstalt des öffentlichen Rechts übergeleitete Personal wurde erreicht,
dass die personelle Ausstattung der Kliniken sich nicht veränderte. Daher war die Regelung
geeignet, die personellen Voraussetzungen für den Bestand und die Funktionsfähigkeit der beiden
auf die Anstalt des öffentlichen Rechts überführten Universitätskliniken zu erhalten.
56 dd) Dies war auch erforderlich. Für die Funktionsfähigkeit beider Kliniken musste das vorhandene
Personal dort weiter tätig bleiben. Dieses Ziel hätte nicht durch andere Mittel erreicht werden
können, die die nicht wissenschaftlich tätigen Mitarbeiter weniger belastet hätten.
57 Bei Einräumung eines Widerspruchsrechts wäre damit zu rechnen gewesen, dass dieses im
Hinblick auf das offengelegte Privatisierungsziel in großem Umfang von den betroffenen
Arbeitnehmern ausgeübt worden wäre. Ohne eingearbeitetes Personal wäre aber sowohl die
kontinuierliche Krankenversorgung gefährdet als auch eine Beeinträchtigung von Forschung und
Lehre an den Universitätskliniken zu befürchten gewesen. Zudem hätten beim beklagten Land für
widersprechende Arbeitnehmer keine oder, im Hinblick auf das Universitätsklinikum Frankfurt, nur
wenige entsprechende Arbeitsplätze zur Verfügung gestanden, was notwendig zu einer
Bestandsgefährdung dieser Arbeitsplätze geführt hätte.
58 Das beklagte Land war, auch nicht im Hinblick auf die frühere Regelung des § 22 Abs. 7 UniKlinG,
nicht gehalten, als „milderes Mittel“ die Arbeitnehmer im Wege der Personalgestellung in den
Universitätskliniken arbeiten zu lassen. Das Gebot der Erforderlichkeit verlangt nur, innerhalb
desselben Systems ein milderes Mittel zu wählen (vgl. BAG 2. März 2006 - 8 AZR 124/05 -
Rn. 37, BAGE 117, 184 = AP BGB § 419 Funktionsnachfolge Nr. 25 = EzA BGB 2002 § 613a
Nr. 48). Vor dem Hintergrund der beabsichtigten Privatisierung hätte die Personalgestellung an
eine GmbH jedoch einen Systemwechsel bedeutet. Das Modell einer Personalgestellung hätte
weiter das Risiko beinhaltet, mehrere hundert Beschäftigungsverhältnisse beizubehalten, ohne
dass unmittelbarer Einfluss darauf bestanden hätte, wie der künftige private Klinikbetreiber die
entsprechenden Arbeitsleistungen abruft. Zudem wäre die Personalgestellung an einen privaten
Klinikbetreiber umsatzsteuerpflichtig gewesen, dies hätte die Personalkosten für das nicht
vorsteuerabzugsberechtigte beklagte Land erheblich erhöht. Die Alternativen im Rahmen einer
Erforderlichkeitsprüfung dürfen aber nicht mit merklich höheren Aufwendungen der öffentlichen
Hand verbunden sein (BVerfG 6. Oktober 1987 - 1 BvR 1086/82 ua. - BVerfGE 77, 84, 110) . Die
im Rahmen der Gestaltungsfreiheit des Landesgesetzgebers liegende Entscheidung für die
Privatisierung beinhaltete zudem die Vorstellung, dass künftig der private Investor das operative
Geschäft selbst vornimmt. Dafür brauchte er „Personalhoheit“, soweit es nicht den
wissenschaftlichen Bereich anbelangte.
59 ee) Die zwingend angeordnete Überleitung der Arbeitsverhältnisse ist auch verhältnismäßig im
engeren Sinn. Die Abwägung des gesetzgeberischen Ziels, Gemeinschaftsgüter abzusichern
gegen die Schwere des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit der Arbeitnehmer lässt die
Regelung als angemessen erscheinen. Sie belastet die betroffenen Arbeitnehmer unter
Berücksichtigung der damit verbundenen Auswirkungen nicht übermäßig und ist ihnen zumutbar.
60 Bei der geschützten Freiheit der Wahl des Arbeitsplatzes kann es dem Arbeitnehmer um die
einmal getroffene Wahl des konkreten Vertragspartners als Arbeitgeber gehen. Die Bedeutung der
Person des Vertragspartners und die persönliche Verbindung in einem Arbeitsverhältnis prägt
auch die - nicht zwingende - Auslegungsregel des § 613 Satz 2 BGB, wonach der Anspruch auf
Leistung der Dienste im Zweifel nicht übertragbar ist. Dieses Element ist jedoch im öffentlichen
Dienst nur von zweitrangiger Bedeutung. Zum einen blieben die Arbeitnehmer auch nach der
Überleitung ihrer Arbeitsverhältnisse durch das UKG im öffentlichen Dienst, in dem zahlreiche
Arbeitnehmer in hierarchischen Strukturen arbeiten. Mit dem beklagten Land war der frühere
Arbeitgeber eine Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts, mit dem „Universitätsklinikum
Gießen und Marburg“ wurde er eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Die persönliche
Verbindung im Rahmen der Arbeitsverhältnisse wurde dadurch nicht berührt und durch den
späteren Formwechsel und noch späteren Verkauf von Gesellschaftsanteilen nur marginal
betroffen, wobei letztere Schritte einen Arbeitgeberwechsel nicht beinhalten und auch im
rechtsgeschäftlichen Bereich weder einen Betriebsübergang darstellen noch Widerspruchsrechte
auslösen.
61 Zwar muss der Arbeitnehmer in einem zum selben Arbeitgeber fortbestehenden Arbeitsverhältnis
unter Umständen weniger mit einer Veränderung oder Verschlechterung der Arbeitsbedingungen
rechnen. Weiter besteht die Möglichkeit, dass der neue Arbeitgeber als Schuldner weniger solvent
als der frühere Arbeitgeber ist. Vorliegend wurden indes durch das UKG außer dem Wechsel des
Vertragspartners keine weiteren arbeitsvertraglichen Veränderungen gesetzlich angeordnet. Durch
§ 3 Abs. 1 Satz 3 UKG ist sichergestellt, dass sämtliche Rechte und Pflichten aus dem
Arbeitsverhältnis bestehen bleiben. Der neue Arbeitgeber ist demnach auch verpflichtet, kraft
Nachwirkung geltende Tarifverträge weiter auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden. Die nach Art. 9
Abs. 3 GG gegebene Möglichkeit einer inhaltlichen Veränderung der Tarifbestimmungen oder
eines Neuabschlusses von Tarifverträgen bestand sowohl im Rahmen des mit dem beklagten
Land bestehenden Arbeitsverhältnisses als auch im Rahmen eines mit einem anderen Arbeitgeber
bestehenden Beschäftigungsverhältnisses. Zudem ist das beklagte Land bereits zum 31. März
2004 aus der TdL ausgetreten, seine Beschäftigten konnten also schon vor dem UKG nicht mehr
darauf vertrauen, Arbeitsvergütungen und -bedingungen auf dem in der übrigen Bundesrepublik
gültigen Niveau zu erhalten. Auch an der personalvertretungsrechtlichen Situation der
Arbeitnehmer änderte sich nichts, da nach § 4 UKG die Universitätskliniken Gießen und Marburg
selbständige Dienststellen im personalvertretungsrechtlichen Sinn blieben. Durch das UKG selbst
wurde schließlich zunächst die gesetzliche Gewährträgerschaft des beklagten Landes nach § 4
Abs. 1 UniKlinG nicht berührt.
62 Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, es lägen
keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass sich durch die geplante und schließlich
durchgeführte Privatisierung die mittelbaren Arbeitsbedingungen nachteilig ändern. Bei dem
Verkauf der Gesellschaftsanteile durch das beklagte Land an die Rhön-Klinikum AG am
1. Februar 2006 verpflichtete sich diese, keine betriebsbedingten Kündigungen an beiden
Standorten bis zum 31. Dezember 2010 auszusprechen. Für das Universitätsklinikum Marburg
war dies schon zuvor in der Dienstvereinbarung vom 30. Juni 2005 festgelegt worden. Zu Recht
stellt insoweit das Landesarbeitsgericht eine im Zuge der Privatisierung zustande gekommene
Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Form einer zeitlich befristeten Arbeitsplatzsicherung fest.
Diese für alle nicht wissenschaftlichen Beschäftigten geltende Regelung gleicht den möglichen
Wegfall der im öffentlichen Dienst üblichen Kündigungseinschränkungen für langjährig Beschäftigte
aus. Die Möglichkeit betriebsbedingter Kündigungen nach 2010 stellt keine Verschlechterung der
Arbeitnehmerposition dar. Mit dieser Möglichkeit hätten die Arbeitnehmer auch rechnen müssen,
wenn das beklagte Land weiter Arbeitgeber geblieben wäre; bei Schließung eines Klinikstandorts
auch schon vor 2010. Art. 12 Abs. 1 GG gewährt insoweit kein Recht auf den dauerhaften Bestand
des einmal gewählten Arbeitsplatzes. Hinsichtlich der Sozialauswahl ist nicht erkennbar, dass sich
durch die Privatisierung die Rechtsstellung der Arbeitnehmer verschlechtert hätte. Diese erstreckt
sich grundsätzlich im öffentlichen Dienst auf die Dienststelle, in der Privatwirtschaft auf den Betrieb
(vgl. KR/Griebeling 8. Aufl. § 1 KSchG Rn. 609). Die jeweiligen Universitätskliniken blieben nach
der Fusion durch das UKG wie vorher selbständige Dienststellen, nach der Privatisierung handelte
es sich um selbständige Betriebe. Der von einer eventuellen Sozialauswahl umfasste Bereich
veränderte sich daher nicht. Dass sich die Arbeitnehmer gegebenenfalls nicht mehr auf interne
Stellenausschreibungen beim beklagten Land bewerben können, stellt keine erhebliche Änderung
der Arbeitsbedingungen dar. Wie sich aus den §§ 301 ff. UmwG ergibt, hält der
Bundesgesetzgeber Privatisierungen nicht grundsätzlich für unzumutbar. Dies ist
verfassungsrechtlich unbedenklich. Art. 12 GG beinhaltet schon deswegen keinen grundsätzlichen
Schutz vor Privatisierungen, weil es keinen allgemeinen Erfahrungssatz gibt, dass die
Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst in ihrer Summe besser sind - sie sind anders.
63 Auch unter Einbeziehung des gesamten Privatisierungskonzepts ergeben sich vorliegend keine
Bedenken, dass den Arbeitnehmern mit der Rhön-Klinikum AG kein dem beklagten Land
vergleichbarer solventer Schuldner mehr gegenüberstehe. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht
in diesem Zusammenhang auf das umfangreiche Sicherungskonzept hingewiesen, insbesondere
auf das in § 14 des Gesellschaftsvertrages geregelte Einziehungsrecht des beklagten Landes im
Fall der Insolvenz der U-G-M GmbH. Unschädlich ist es, dass im Zeitpunkt des Inkrafttretens des
UKG der Gesellschaftsvertrag noch nicht abgeschlossen war und die Beteiligungsvereinbarung
mit der VBL noch nicht existierte. Diese nachfolgenden Regelungen mussten nicht in das UKG
selbst aufgenommen werden. Bereits in dem Interessenbekundungsverfahren hatte die
Landesregierung darauf hingewiesen, dass Rahmenbedingung für die Privatisierung die
wirtschaftliche Absicherung der Universitätsklinika an beiden Standorten durch ausreichende
Kapitalausstattung und die solide und zügige Umsetzung der notwendigen Investitionen sei. Damit
war der Privatisierungssinn für jeden Investor klargestellt und es war zu erwarten, dass die
Veräußerung der Gesellschaftsanteile an ein finanzkräftiges Unternehmen erfolgen werde. Ebenso
konnte angenommen werden, dass das beklagte Land die später geregelten Maßnahmen treffen
werde, um bei einer drohenden Insolvenz der GmbH oder eines ihrer Gesellschafter die
Klinikfortführung zu sichern. Allein in dem Umstand der Insolvenzfähigkeit des neuen, letztendlich
privaten Arbeitgebers liegt keine unzumutbare Belastung für die Arbeitnehmer.
64 Insgesamt erweist sich der Eingriff in die Rechtsposition der Arbeitnehmer aus Art. 12 GG als
zumutbar im Verhältnis zu dem Interesse des beklagten Landes an der Erhaltung beider
Universitätsklinika, zur Sicherung der medizinischen Versorgung der Bevölkerung wie zum Erhalt
von Forschung und Lehre an beiden Standorten.
65 3. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor.
66 a) Es verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), dass bei
rechtsgeschäftlichen Betriebsübergängen die Arbeitnehmer dem Übergang ihrer
Arbeitsverhältnisse widersprechen können, dieses Recht aber den Arbeitnehmern, deren
Arbeitsverhältnisse gemäß § 3 Abs. 1 UKG auf die Anstalt des öffentlichen Rechts übergeleitet
wurden, nicht zusteht. Allein aus der Ungleichbehandlung vergleichbarer Fallgruppen folgt noch
keine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG. Ein Verstoß ist erst
dann festzustellen, wenn die Ungleichbehandlung nicht in ausreichendem Maß sachlich
gerechtfertigt werden kann. Die Anforderungen dafür bestimmen sich nach dem jeweiligen
Regelungsgegenstand und den jeweiligen Differenzierungsmerkmalen und reichen vom bloßen
Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse (BAG 27. Mai
2004 - 6 AZR 129/03 - zu B II 3 c cc der Gründe, BAGE 111, 8 = AP TVG § 1 Gleichbehandlung
Nr. 5 = EzA GG Art. 3 Nr. 101). Vorliegend hat der Landesgesetzgeber einen zwingenden
Übergang der Arbeitsverhältnisse geregelt, ohne den Arbeitnehmern ein Widerspruchsrecht
zuzubilligen. Er knüpft damit nicht an personenbezogene Unterschiede, sondern an
unterschiedliche Sachverhalte an. Die sachlich rechtfertigenden Gründe für den zwingenden
Übergang der Arbeitsverhältnisse sind bereits im Zusammenhang mit Art. 12 Abs. 1 GG erörtert
worden. Einen weitergehenden Schutz gewährt der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1
GG nicht (BVerfG 9. Juni 2004 - 1 BvR 636/02 - zu B I 2 a aa der Gründe mwN, BVerfGE 111,
10).
67 b) Anders als die nicht wissenschaftlich tätigen Arbeitnehmer sind die wissenschaftlich
Beschäftigten nicht von der Überleitung der Arbeitsverhältnisse auf die Anstalt des öffentlichen
Rechts erfasst. Auch dies verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die
unterschiedliche Behandlung ist sachlich dadurch gerechtfertigt, dass die wissenschaftlichen
Mitarbeiter Mitglieder der Hochschule gemäß § 8 Hessisches Hochschulgesetz sind und sich
insoweit auch auf Art. 5 Abs. 3 GG als individuelles Grundrecht berufen können (vgl. BVerfG
26. Oktober 2004 - 1 BvR 911/00 ua. - BVerfGE 111, 333). Bereits im UniKlinG wurde diesem
Umstand in den §§ 5 Abs. 1 und 22 Abs. 3 Rechnung getragen. Bei einer Überleitung der
Arbeitsverhältnisse der wissenschaftlich tätigen Beschäftigten letztendlich auf eine GmbH wäre
deren Mitgliedschaft in der Hochschule beendet und ihnen damit auch die Möglichkeit genommen,
an der Selbstverwaltung nach § 9 Abs. 2 Hessisches Hochschulgesetz teilzunehmen. Dies
bedeutete eine Einschränkung in der Wahrnehmung der wissenschaftlichen Aufgaben und stellt
einen sachlich ausreichenden Differenzierungsgrund für die Ungleichbehandlung dar.
68 c) Schließlich verstößt es nicht gegen den Gleichheitssatz, dass private Arbeitgeber oder
Kommunen nicht die Möglichkeit haben, kraft Gesetzes einen Arbeitgeberwechsel im Wege einer
gesetzlich angeordneten Gesamtrechtsnachfolge zu bewirken. Dies findet seine sachliche
Rechtfertigung nicht nur formal in der Zuweisung von Gesetzgebungskompetenzen nach den
Art. 28 und Art. 70 ff. GG. Zum einen wird die Arbeitgeberfunktion des beklagten Landes,
letztendlich durchgeführt und verantwortet von der Landesregierung, in der Sache unzulässig in
eins gesetzt mit der Gesetzgebungskompetenz des Hessischen Landtags, also dem frei
gewählten Souverän. Zum anderen findet ein Gesetzgebungsverfahren, auch das zum UKG, nach
einem genau festgelegten Gang im Parlament statt, also in der Öffentlichkeit und wird von
vielfältiger Erörterung und Einflussnahme begleitet. Das Ergebnis hat das Parlament vor dem
Wahlvolk zu vertreten und bei der nächsten Wahl auch zu verantworten. Dies verbietet Parallelen
zu der Handlungsfreiheit eines privaten Arbeitgebers als Eigentümer eines Betriebes.
69 4. Schließlich verstößt das UKG nicht gegen Art. 1 Abs. 1 GG. Durch einen zwingend
angeordneten Übergang des ansonsten unverändert bestehen bleibenden Arbeitsverhältnisses auf
einen anderen Arbeitgeber wird der Arbeitnehmer weder zum bloßen Objekt staatlichen Handelns
noch wird damit einer Sache Vorrang vor der Persönlichkeit des Einzelnen eingeräumt. Im Falle
einer Verpflichtung des Arbeitnehmers, bei einem nicht selbst gewählten Arbeitgeber zu arbeiten,
wäre das anders. Eine solche Verpflichtung sieht das UKG nicht vor. Sie besteht auch außerhalb
des UKG nicht, denn dem Arbeitnehmer steht in solchem Zusammenhang ein (außer)
ordentliches Kündigungsrecht zu (BAG 2. März 2006 - 8 AZR 124/05 - Rn. 28 mwN, BAGE 117,
184 = AP BGB § 419 Funktionsnachfolge Nr. 25 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 48). Auch ein
Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 GG ist nicht gegeben. Im Zusammenhang mit dem Recht auf freie
Wahl des Arbeitgebers gehen die durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährten Rechte nicht weiter als die
durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährten.
70 IV. Auch europäischem Recht widerspricht die zwingend angeordnete Überleitung der
Arbeitsverhältnisse nicht.
71 1. Art. 1 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2001/23/EG bestimmt, dass die Richtlinie auf den
Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- bzw. Betriebsteilen auf einen
anderen Inhaber durch vertragliche Übertragung oder durch Verschmelzung anwendbar ist. Weder
durch Vertrag noch durch Verschmelzung, auch nicht durch sonstiges Rechtsgeschäft oder eine
hoheitliche Verwaltungsentscheidung, sind die Universitätskliniken Marburg und Gießen auf die
Anstalt des öffentlichen Rechts übertragen worden. Schon von ihrem Geltungsbereich her ist die
Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG nicht anwendbar.
72 2. Es kann dahinstehen, ob über ihren Wortlaut hinaus die Betriebsübergangsrichtlinie auch auf
Sachverhalte anzuwenden ist, bei denen der Betriebs- bzw. Unternehmensübergang durch einen
Rechtssatz (Gesetz, Verordnung, Satzung) bewirkt wird (von Roetteken NZA 2001, 414, 420 [zu
RL 77/187/EWG nF]; LAG Niedersachsen 31. August 2001 - 10 Sa 2899/98 - NZA-RR 2002, 630;
vgl. EuGH 14. September 2000 - C-343/98 - [Collino/Chiappero] Slg. 2000, I-6659). Denn die
Richtlinie 2001/23/EG verlangt nicht die Einräumung eines Widerspruchsrechts iSd. § 613a Abs. 6
BGB. Der deutsche Gesetzgeber war und ist nach dem Gemeinschaftsrecht nicht verpflichtet,
dem Arbeitnehmer ein Widerspruchsrecht einzuräumen, welches dem Arbeitnehmer die
Entscheidungsmöglichkeit eröffnet, ob sein Arbeitsverhältnis auf den Betriebserwerber übergehen
oder ob es beim bisherigen Inhaber verbleiben soll. Die europäischen Betriebsübergangsrichtlinien
ermöglichen es einem Arbeitnehmer zwar, verpflichten ihn aber nicht, sein Arbeitsverhältnis bei
dem Erwerber fortzusetzen (EuGH 16. Dezember 1992 - C-132/91 - verbunden mit Rechtssache -
C-138/91 und C-139/91 - Slg. 1992, I-6577). Nach europäischem Recht muss der Arbeitnehmer
bei der Wahl seines Arbeitgebers frei sein und darf nicht verpflichtet werden, für einen Arbeitgeber
zu arbeiten, den er nicht frei gewählt hat. Dies bedeutet aber nicht, dass die Mitgliedstaaten
verpflichtet wären, in diesem Falle durch die Einräumung eines Widerspruchsrechts für die
Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses mit dem Veräußerer zu sorgen. Es ist vielmehr Sache
der Mitgliedstaaten zu bestimmen, was in einem solchen Fall mit dem Arbeitsverhältnis geschieht.
Auf das nach § 626 Abs. 1 BGB bestehende Recht zur außerordentlichen Kündigung ohne
Einhaltung einer Kündigungsfrist bei Vorliegen eines wichtigen Grundes können sich deutsche
Arbeitnehmer im Falle eines Arbeitgeberwechsels, dem sie nicht widersprechen können, berufen.
Damit werden die europäischen Rechtsanforderungen erfüllt. Das UKG berührt die
Kündigungsmöglichkeit nach § 626 BGB nicht, im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung
hätte der Hessische Landesgesetzgeber dafür auch keine Kompetenz gehabt.
73 C. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
Hauck
Böck
Breinlinger
Dr. Umfug
Wankel