Urteil des BAG vom 24.09.2014

Wiedereingliederungsverhältnis - Anspruch auf Vergütung - Annahmeverzug - Kirchliches Selbstbestimmungsrecht - Verbot des Tragens eines islamischen Kopftuchs während der Arbeitszeit

Pressemitteilung Nr. 48/14
Islamisches Kopftuch und Annahmeverzug
Das Tragen eines Kopftuchs als Symbol der Zugehörigkeit zum
islamischen Glauben und damit als Kundgabe einer
abweichenden Religionszugehörigkeit ist regelmäßig mit der
arbeitsvertraglichen Verpflichtung einer in einer Einrichtung der
Evangelischen Kirche tätigen Arbeitnehmerin zu neutralem
Verhalten nicht vereinbar.
Die Parteien streiten über Vergütung wegen Annahmeverzugs.
Die Klägerin, die dem islamischen Glauben angehört, ist seit
1996 bei der beklagten Krankenanstalt - zuletzt als
Krankenschwester - angestellt. Arbeitsvertraglich sind die
Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrags in der für
die Angestellten im Bereich der Evangelischen Kirche von
Westfalen geltenden Fassung (BAT-KF) sowie die sonstigen
für die Dienstverhältnisse der Angestellten im Bereich der
Evangelischen Kirche von Westfalen beschlossenen
arbeitsrechtlichen Bestimmungen in Bezug genommen. Die
Klägerin befand sich in der Zeit vom 27. März 2006 bis zum
28. Januar 2009 in Elternzeit. Danach war sie arbeitsunfähig
krank. Im April 2010 bot die Klägerin schriftlich eine
Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit im Rahmen einer
Wiedereingliederung an. Dabei teilte sie der Beklagten mit,
dass sie das von ihr aus religiösen Gründen getragene
Kopftuch auch während der Arbeitszeit tragen wolle. Die
Beklagte nahm dieses Angebot nicht an und zahlte keine
Arbeitsvergütung. Mit der Zahlungsklage fordert die Klägerin
Arbeitsentgelt wegen Annahmeverzugs für die Zeit vom 23.
August 2010 bis zum 31. Januar 2011.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die
Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage
abgewiesen. Der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat
das Berufungsurteil auf die Revision der Klägerin aufgehoben
und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Zwar kann einer Arbeitnehmerin in einer kirchlichen
Einrichtung regelmäßig das Tragen eines islamischen
Kopftuchs untersagt werden, es ist aber nicht geklärt, ob die
Einrichtung der Beklagten der Evangelischen Kirche
institutionell zugeordnet ist. Zudem ist offen, ob die Klägerin im
Streitzeitraum leistungsfähig war. Das Angebot, die Tätigkeit
auf der Grundlage eines vom behandelnden Arzt erstellten
Wiedereingliederungsplans
aufzunehmen,
indiziert
die
fehlende Leistungsfähigkeit der Klägerin.
Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 24. September 2014 - 5 AZR 611/12 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil vom 17. Februar 2012 - 18 Sa 867/11 -