Urteil des BAG vom 18.01.2012

Erforderlichkeit einer Betriebsratsschulung zur aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts

BUNDESARBEITSGERICHT Beschluss vom 18.1.2012, 7 ABR
73/10
Schulung für Betriebsratsmitglieder
Leitsätze
Es kann im Einzelfall erforderlich iSv. § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG sein, dass sich
Betriebsratsmitglieder über die aktuelle Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts durch den
Besuch einer entsprechenden Schulungsveranstaltung informieren.
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des
Landesarbeitsgerichts Hamm vom 17. September 2010 - 10 TaBV 26/10 -
wird zurückgewiesen.
Gründe
1 A. Die Beteiligten streiten darüber, ob zwei Betriebsratsmitglieder für eine in Erfurt
stattfindende Schulung „Aktuelle Rechtsprechung am Bundesarbeitsgericht“ unter
Fortzahlung des Entgelts von der Arbeit freizustellen sind und die Arbeitgeberin
verpflichtet ist, die Seminar-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten zu tragen.
2 Die zu 5. beteiligte Arbeitgeberin betreibt Möbel- und Einrichtungshäuser. Sie beschäftigt
etwa 1.500 Arbeitnehmer an verschiedenen Standorten. Am Standort P, an dem sich die
Zentralverwaltung des Unternehmens befindet, sind für die Arbeitgeberin ca.
300 Arbeitnehmer tätig. Für diesen Betrieb ist ein neunköpfiger Betriebsrat, der
Antragsteller zu 1., errichtet. Die Antragsteller zu 2. und 3. sind Mitglieder des am 20. Mai
2010 gewählten Gremiums. Sie gehörten schon dem in der vergangenen Wahlperiode
gebildeten Betriebsrat an.
3 Dem Betriebsrat stehen Kommentare des Betriebsverfassungsgesetzes,
Gesamtdarstellungen des Arbeitsrechts, die Zeitschrift „Arbeitsrecht im Betrieb“ und eine
aktuelle Auflage des Werks „Rechtsprechung zum Arbeitsrecht von A bis Z“ zur Verfügung.
Die Arbeitgeberin überlässt ihm einen Computer mit Internetanschluss, um seine
Aufgaben zu erledigen.
4 Die Antragsteller zu 2. und 3. besuchten in der Vergangenheit die Seminare
„Arbeitsrecht I“, „Arbeitsrecht II“ und „Arbeitsrecht III“, „BR I“, „BR II“ und „BR III“,
„Lohn/Gehalt“ und „Wirtschaftsausschuss“.
5 Zwischen den Beteiligten besteht seit längerer Zeit Streit darüber, ob die Arbeitgeberin
verpflichtet ist, mehrere Mitglieder des Betriebsrats für das in Erfurt stattfindende Seminar
des P-Instituts „Aktuelle Rechtsprechung am Bundesarbeitsgericht“ unter Fortzahlung der
Vergütung freizustellen sowie die Seminar-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten zu
tragen. Es handelt sich um ein Wochenseminar, das vom Veranstalter mehrfach im Jahr in
Erfurt angeboten wird. Die Seminarthemen beziehen sich jeweils auf aktuelle
Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts. Die Entscheidungen, die in den einzelnen
Seminaren besprochen werden, benennt der Veranstalter nach eigenen Angaben erst
etwa acht Wochen vor dem jeweiligen Seminarbeginn. Gegenstand des Seminars ist auch
ein Besuch der Sitzung eines Senats des Bundesarbeitsgerichts.
6 Die allgemeine Beschreibung des Seminars „Aktuelle Rechtsprechung am
Bundesarbeitsgericht“, die jedes Seminar begleitet, lautet:
„Seminarinhalt
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) ist die höchste Instanz der Arbeitsgerichtsbarkeit.
Seine Entscheidungen sind richtungsweisend für die Arbeitsgerichte und werden
vielfach für die Argumentation zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat in
betrieblichen Fragen herangezogen.
Das Seminar vermittelt Ihnen einen Überblick über die aktuellen und für die
Betriebsratsarbeit relevanten Entscheidungen des BAG. Es werden die Tendenzen
der BAG-Rechtsprechung und deren konkrete Auswirkungen auf Ihre
Betriebsratstätigkeit erläutert. Der Besuch einer Gerichtsverhandlung und ein
anschließender Austausch über die dort getroffenen Entscheidungen ermöglicht
Ihnen einen vertieften Einblick in die Grundsätze der Rechtsprechung und die
möglichen Auswirkungen auf die Unternehmen.
Wichtige aktuelle Entscheidungen im Individualarbeitsrecht
Wichtige aktuelle Entscheidungen im Betriebsverfassungsrecht
Bedeutung der Entscheidungen für die Betriebsratsarbeit
-
Hilfestellung für die Lösung eigener betrieblicher Fragen
-
Argumentationshilfen bei der Verhandlungsführung
Aktuelle richtungsweisende Tendenzen der Rechtsprechung des BAG
-
Tendenzen der Rechtsprechung als Hilfsmittel für die Lösung eigener
betrieblicher Fragen
-
Rechtliche Konsequenzen der Rechtsprechung des BAG für die Praxis,
Teilnahme an einer Gerichtsverhandlung des BAG
-
Erörterung der Entscheidungen
-
Rechtliche Hintergründe der Entscheidungsfindung
Aus Gründen der Aktualität können zum jetzigen Zeitpunkt die zu behandelnden
Urteile nicht benannt werden. Ab ca. acht Wochen vor Seminarbeginn können Sie
bei uns die geplanten Seminarinhalte anfordern.
Wichtige Informationen
Diese Seminare können erforderliche Kenntnisse im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG
vermitteln, soweit dieses Wissen noch nicht durch entsprechenden Seminarbesuch
oder anderweitig erworben wurde.
Diese Seminare können für die Schwerbehindertenvertretung erforderliche
Kenntnisse nach § 96 Abs. 4 SGB IX vermitteln.
Hinweise: Da dieses Seminar die Möglichkeit bietet, sich über wichtige Tendenzen,
aktuelle Rechtsprechung und deren Einordnung in die bekannte Rechtsprechung
zu informieren, kann der Besuch dieses Seminars einmal im Jahr erforderlich sein.
Die Erläuterung der aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu
betriebsverfassungsrechtlichen Fragen und deren Umsetzung in die betriebliche
Praxis kann ein im Sinne von § 37 Abs. 6 BetrVG erforderlicher Schulungsinhalt
sein. Hierfür muss sich der Betriebsrat nicht auf ein Selbststudium anhand der ihm
zur Verfügung stehenden Fachzeitschriften verweisen lassen (BAG vom
20.12.1995 - 7 ABR 14/95).“
7 Die Kosten für die Seminare belaufen sich je Teilnehmer auf 1.078,10 Euro einschließlich
Mehrwertsteuer. Hinzu kommen Übernachtungs- und Verpflegungskosten von
133,00 Euro pro Tag.
8 Ein erster Beschluss, Betriebsratsmitglieder zu einem solchen Seminar zu entsenden,
wurde vom Betriebsrat bereits im März 2009 gefasst. Danach sollten drei
Betriebsratsmitglieder an einem entsprechenden Seminar im Mai 2009 teilnehmen. Die
Arbeitgeberin hielt die Teilnahme nicht für erforderlich. Die Betriebsratsmitglieder
besuchten die Schulung deshalb nicht.
9 Der Betriebsrat beschloss am 5. Mai 2009, zwei damalige Betriebsratsmitglieder - ua. den
früheren Antragsteller zu 4. - zu einem Seminar in der Zeit vom 19. Oktober 2009 bis
23. Oktober 2009 zu entsenden, ersatzweise zu einem Seminar in der Zeit vom
23. November 2009 bis 27. November 2009. Der Betriebsrat fasste am 5. Mai 2009
zugleich den Beschluss, die Antragsteller zu 2. und 3. sowie ein weiteres
Betriebsratsmitglied zu einem Seminar zu entsenden, das in der Zeit vom 23. November
2009 bis 27. November 2009 stattfinden sollte. Ersatzweise wurden die
Betriebsratsmitglieder zu einem Seminar in der Zeit vom 19. Oktober 2009 bis 23. Oktober
2009 entsandt. Die Arbeitgeberin lehnte es im Juni 2009 ab, die Kosten für die Teilnahme
an den Schulungen zu übernehmen. Die entsandten Betriebsratsmitglieder nahmen aus
diesem Grund nicht an den Seminaren teil.
10 Der Betriebsrat und - ua. - die beiden Antragsteller zu 2. und 3. haben daraufhin am
24. Juli 2009 die Beschlussverfahren - 4 BV 1/10 - und - 4 BV 2/10 - beim Arbeitsgericht
eingeleitet.
11 Während der beiden Verfahren beschloss der Betriebsrat am 12. Januar 2010,
Betriebsratsmitglieder zu dem Seminar „Aktuelle Rechtsprechung am
Bundesarbeitsgericht“ in der Zeit vom 8. März 2010 bis 12. März 2010 zu entsenden.
Ersatzweise sollten sie an einem Seminar in der Zeit vom 3. Mai 2010 bis 7. Mai 2010
teilnehmen. Zum Zeitpunkt der Anhörung der Beteiligten vor dem Arbeitsgericht am
26. Januar 2010 waren die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts, die in den
Seminaren im März und Mai 2010 behandelt werden sollten, noch nicht bekannt. Die
entsandten Betriebsratsmitglieder nahmen auch an diesen Seminaren nicht teil.
12 Der Betriebsrat fasste in der Folge noch (alternative) Entsendungsbeschlüsse für
Seminare vom 28. Juni 2010 bis 2. Juli 2010, vom 6. September 2010 bis 10. September
2010, vom 27. September 2010 bis 1. Oktober 2010, vom 18. Oktober 2010 bis 22. Oktober
2010 und vom 29. November 2010 bis 3. Dezember 2010. Entsandt wurden ua. die
Antragsteller zu 2. und 3. Im Rahmen des Seminars „Rechtsprechung aktuell am
Bundesarbeitsgericht“ in der Zeit vom 27. September 2010 bis 1. Oktober 2010
beispielsweise wurden anhand von 51 Entscheidungen die Themenkomplexe
„Arbeitsvertrag“, „Urlaub“, „Befristung“, „Diskriminierungsverbot“, „Betriebsübergang“,
„Kündigungsrecht allgemein“, „Verhaltens- und personenbedingte Kündigungsgründe -
Kündigung aus wichtigem Grund“, „Sonderkündigungsschutz“, „Mitbestimmung in
sozialen Angelegenheiten“, „Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen“,
„Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten“ und „Geschäftsführung des
Betriebsrats“ behandelt. Die entsandten Betriebsratsmitglieder nahmen auch an diesen
Seminaren nicht teil, weil die Arbeitgeberin es ablehnte, die Kosten zu übernehmen.
13 Der Betriebsrat und die Antragsteller zu 2. und 3. haben die Auffassung vertreten, das
Seminar „Aktuelle Rechtsprechung am Bundesarbeitsgericht“ vermittle
betriebsverfassungsrechtliche Grundkenntnisse. Ein konkreter Schulungsbedarf jedes
einzelnen Betriebsratsmitglieds müsse daher nicht dargelegt werden. Das ergebe sich
bereits aus der Seminarbeschreibung des Veranstalters. Die Schulungsteilnahme sei
auch erforderlich, weil im Rahmen des Seminars Hilfestellungen für die Lösung eigener
betrieblicher Fragen und Argumentationshilfen für Verhandlungen über innerbetriebliche
Themen gegeben würden. Durch den Wechsel der Arbeitgeberin in eine sog. OT-
Mitgliedschaft des Arbeitgeberverbands müsse der Betriebsrat verstärkt seine
Informations- und Mitbestimmungsrechte in den Konfliktfeldern der personellen
Einzelmaßnahmen - Einstellungen, Versetzungen und Kündigungen - sowie in den
Bereichen der Lohngestaltung und der Verteilung von Provisionen und Prämien
einfordern. 16 der in dem Seminar vom 19. Oktober 2009 bis 23. Oktober 2009
behandelten Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts hätten zB konkreten Bezug zu
der Betriebsratsarbeit gehabt. Dem Betriebsrat und seinen Mitgliedern könne nicht
zugemutet werden, die Seminar-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten vorzustrecken.
14 Der Betriebsrat und die Antragsteller zu 2. und 3. haben - soweit für das
Rechtsbeschwerdeverfahren von Bedeutung - vor dem Landesarbeitsgericht zuletzt
beantragt
1. festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet war, die Beteiligten zu 2.
und 3. zur Teilnahme am Seminar „Aktuelle Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts“ des Seminarveranstalters P in Erfurt vom 19. Oktober
2009 bis 23. Oktober 2009, alternativ in der Zeit vom 3. Mai 2010 bis 7. Mai
2010, alternativ in der Zeit vom 28. Juni 2010 bis 2. Juli 2010, alternativ in der
Zeit vom 6. September 2010 bis 10. September 2010 unter Fortzahlung des
Entgelts von der Arbeit freizustellen;
2. der Arbeitgeberin aufzugeben, die Beteiligten zu 2. und 3. zur Teilnahme an
dem in Erfurt stattfindenden Seminar „Aktuelle Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts“ des Seminarveranstalters P in der Zeit vom
27. September 2010 bis 1. Oktober 2010, alternativ in der Zeit vom 18. Oktober
2010 bis 22. Oktober 2010, alternativ in der Zeit vom 29. November 2010 bis
3. Dezember 2010 unter Fortzahlung des Entgelts von der Arbeit freizustellen;
3. festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, die Seminarkosten des
Seminarveranstalters P-Institut in Höhe von 1.078,10 Euro pro Teilnehmer
sowie die Hotelkosten in Höhe von jeweils 133,00 Euro pro Teilnehmer und
pro Übernachtung für die Teilnahme der Beteiligten zu 2. und 3. an dem in
Erfurt stattfindenden Seminar „Aktuelle Rechtsprechung des BAG“ in der Zeit
vom 6. September 2010 bis 10. September 2010, hilfsweise in der Zeit vom
27. September 2010 bis 1. Oktober 2010, weiter hilfsweise in der Zeit vom
18. Oktober 2010 bis 22. Oktober 2010, äußerst hilfsweise in der Zeit vom
29. November 2010 bis 3. Dezember 2010 zu bezahlen;
4. festzustellen, dass die Teilnahme der Beteiligten zu 2. und 3. am Seminar
„Aktuelle Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts“ des
Seminarveranstalters P in Erfurt in der Zeit vom 19. Oktober 2009 bis
23. Oktober 2009, alternativ in der Zeit vom 3. Mai 2010 bis 7. Mai 2010,
alternativ in der Zeit vom 28. Juni 2010 bis 2. Juli 2010, alternativ in der Zeit
vom 6. September 2010 bis 10. September 2010, alternativ in der Zeit vom
27. September 2010 bis 1. Oktober 2010, alternativ in der Zeit vom 18. Oktober
2010 bis 22. Oktober 2010, alternativ in der Zeit vom 29. November 2010 bis
3. Dezember 2010 „erforderlich“ iSv. § 37 Abs. 6 BetrVG ist;
5. festzustellen, dass der Betriebsrat berechtigt ist, bei Kostenübernahme durch
die Arbeitgeberin die Beteiligten zu 2. und 3. zur Teilnahme an einem in Erfurt
stattfindenden Seminar „Aktuelle Rechtsprechung des BAG“, veranstaltet vom
P-Institut, zu entsenden.
15 Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie hat gemeint, die Teilnahme
an den Seminaren sei im Zeitpunkt der Entsendung schon deswegen nicht erforderlich,
weil die konkret besprochenen Entscheidungen erst kurz vor Seminarbeginn bekannt
gegeben würden. Die Betriebsratsmitglieder könnten sich im Übrigen durch die zur
Verfügung gestellte Fachpresse über die aktuelle Rechtsprechung informieren.
16 Das Arbeitsgericht hat die erstinstanzlich gestellten Anträge durch zwei Beschlüsse in den
Sachen - 4 BV 1/10 - und - 4 BV 2/10 - abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die
beiden Verfahren zur gemeinsamen Anhörung und Entscheidung verbunden und die
Beschwerde des Betriebsrats, der Antragsteller zu 2. und 3. sowie des früheren
Antragstellers zu 4. zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen
Rechtsbeschwerde verfolgen der Betriebsrat und die Antragsteller zu 2. und 3. ihre zuletzt
gestellten Anträge weiter.
17 B. Die Rechtsbeschwerde der Antragsteller ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die
Anträge jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Anträge zu 1., 3., 4. und 5. sind
unzulässig, der Antrag zu 2. ist unbegründet.
18 I. An dem Verfahren sind neben dem Betriebsrat, den Antragstellern zu 2. und 3. sowie der
Arbeitgeberin keine weiteren Personen oder Stellen beteiligt. Hinsichtlich des früheren
Antragstellers zu 4. ist das Verfahren nach dessen Ausscheiden aus dem Betriebsrat
übereinstimmend für erledigt erklärt und daraufhin eingestellt worden.
19 II. Die Anträge zu 1., 3., 4. und 5. sind unzulässig. Es kann offenbleiben, ob mit diesen
Anträgen im Beschwerdeverfahren zumindest teilweise in den Hilfsverhältnissen - für
spätere Seminare - die Verfahrensgegenstände ausgewechselt wurden oder lediglich
einer der Fälle des § 264 Nr. 2 oder Nr. 3 ZPO anzunehmen ist. Die vier Anträge lassen
jedenfalls keine Auslegung zu, die den Erfordernissen des § 256 Abs. 1 und des § 253
Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügt. Für die Anträge zu 1. und 3. fehlt das erforderliche
Feststellungsinteresse. Das gilt auch für den Antrag zu 4. Ihm liegt außerdem kein
Rechtsverhältnis zugrunde. Der Antrag zu 5. ist nicht hinreichend bestimmt.
20 1. Für die Anträge zu 1. und 3. fehlt das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche
Feststellungsinteresse.
21 a) Wie die gebotene Auslegung ergibt, wollen die Antragsteller mit den Anträgen zu 1.
und 3. festgestellt wissen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet war, die Antragsteller zu 2.
und 3. für bestimmte in der Vergangenheit liegende, in Haupt- und Hilfsverhältnisse
gestellte Seminare unter Fortzahlung des Entgelts von der Arbeit freizustellen sowie die
Antragsteller von den Ansprüchen des Veranstalters und Dritter auf Zahlung der Seminar-,
Unterbringungs- und Verpflegungskosten freizustellen.
22 b) Das Feststellungsinteresse ist für den Antrag zu 1. bereits im Beschwerdeverfahren
entfallen. Das gilt auch für den Antrag zu 3. im Hinblick auf das Seminar in der Zeit vom
6. September 2010 bis 10. September 2010, das vom Hauptantragsteil umfasst ist.
Hinsichtlich der drei späteren, in die Hilfsverhältnisse aufgenommenen
Seminarveranstaltungen ist das Feststellungsinteresse nach Schluss der mündlichen
Verhandlung zweiter Instanz weggefallen.
23 aa) Das besondere Feststellungsinteresse des § 256 Abs. 1 ZPO ist eine in jedem
Stadium des Verfahrens - auch im Beschlussverfahren - von Amts wegen zu prüfende
Sachentscheidungsvoraussetzung. Maßgebender Zeitpunkt für das Bestehen des
Feststellungsinteresses ist der Schluss der mündlichen Verhandlung oder Anhörung vor
dem Revisions- oder Rechtsbeschwerdegericht. Wird ein zunächst gegenwärtiges
Rechtsverhältnis während des Rechtsstreits oder Verfahrens beendet, bleibt der
Feststellungsantrag nur zulässig, wenn sich aus der beantragten Feststellung noch
Rechtswirkungen für die Zukunft ergeben können. Die erstrebte Feststellung muss
geeignet sein, die zwischen den Parteien oder Beteiligten weiterhin bestehenden
Streitfragen abschließend zu klären. Fehlen solche künftigen Rechtswirkungen und trägt
der Kläger oder Antragsteller der geänderten Verfahrenssituation nicht durch eine
Erledigungserklärung und eine entsprechende Änderung seines Antrags Rechnung, ist
der Feststellungsantrag als unzulässig abzuweisen (vgl. für das Urteilsverfahren zB BAG
18. Mai 2010 - 1 AZR 864/08 - Rn. 15 mwN, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 102; siehe auch
4. Mai 2010 - 9 AZR 184/09 - Rn. 22, BAGE 134, 202).
24 bb) Der Sonderfall, dass sich aus einem vergangenen Rechtsverhältnis noch
Rechtswirkungen für die Zukunft ergeben können, ist hier nicht gegeben. Aus den
Themenplänen der in der Vergangenheit liegenden Seminare lässt sich nicht ableiten,
dass die Teilnahme der Antragsteller zu 2. und 3. an künftigen Seminaren dieser Art
erforderlich sein wird iSv. § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG. Das Landesarbeitsgericht hat
entgegen der Auffassung der Antragsteller zu Recht angenommen, dass in den
Schulungen nach der allgemeinen Konzeption der Seminarreihe kein Grundwissen
vermittelt wird, für das bei erstmals gewählten Betriebsratsmitgliedern kein
betriebsbezogener Anlass dargelegt werden muss. Ohne Konkretisierung der
Seminarinhalte kann nicht abschließend beurteilt werden, ob der Betriebsrat die Schulung
aufgrund seiner Aufgabenstellung im Betrieb nach § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG für
erforderlich halten darf.
25 (1) Nach § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG ist die Vermittlung von Kenntnissen erforderlich, wenn
sie unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse in Betrieb und Betriebsrat
notwendig sind, damit der Betriebsrat seine gegenwärtigen oder in naher Zukunft
anstehenden Aufgaben sach- und fachgerecht erfüllen kann. Dazu muss ein aktueller oder
absehbarer betrieblicher oder betriebsratsbezogener Anlass dargelegt werden, aus dem
sich der Schulungsbedarf ergibt. Lediglich bei erstmals gewählten Betriebsratsmitgliedern
braucht die Schulungsbedürftigkeit nicht näher dargelegt zu werden, wenn
Grundkenntnisse im Betriebsverfassungsrecht, im allgemeinen Arbeitsrecht oder im
Bereich der Arbeitssicherheit und Unfallverhütung vermittelt werden. Der Senat
unterscheidet zwischen der Vermittlung sog. Grundkenntnisse und anderen
Schulungsveranstaltungen. Durch die Vermittlung von Grundwissen soll das
Betriebsratsmitglied erst in die Lage versetzt werden, seine sich aus der Amtsstellung
ergebenden Rechte und Pflichten ordnungsgemäß wahrzunehmen. Für andere
Schulungsveranstaltungen muss ein aktueller, betriebsbezogener Anlass für die Annahme
bestehen, dass die in der Schulungsveranstaltung zu erwerbenden besonderen
Kenntnisse derzeit oder in naher Zukunft von dem zu schulenden Betriebsratsmitglied
benötigt werden, damit der Betriebsrat seine Beteiligungsrechte sach- und fachgerecht
ausüben kann (vgl. für die st. Rspr. BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 94/09 - Rn. 19 mwN,
EzA BetrVG 2001 § 37 Nr. 11; 17. November 2010 - 7 ABR 113/09 - Rn. 24, EzA
BetrVG 2001 § 37 Nr. 10). Der Schulungsanspruch aus § 37 Abs. 6 BetrVG ist kein
individueller Anspruch des einzelnen Betriebsratsmitglieds, sondern ein kollektiver
Anspruch des Betriebsrats darauf, dass einem bestimmten Betriebsratsmitglied
Kenntnisse vermittelt werden, die für die Arbeit des Gremiums erforderlich sind (vgl. BAG
12. Januar 2011 - 7 ABR 94/09 - aaO mwN).
26 (2) Danach kann es erforderlich iSv. § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG sein, dass einzelne
Betriebsratsmitglieder durch den Besuch entsprechender Schulungsveranstaltungen
Kenntnis von der aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erlangen. Ob das
der Fall ist, hängt jedoch von zahlreichen Umständen ab. Dazu gehören insbesondere die
konkreten Seminarinhalte, eine mögliche Aufgabenverteilung innerhalb des Betriebsrats
und eine thematische Spezialisierung einzelner Betriebsratsmitglieder, die Zahl der
entsandten Betriebsratsmitglieder und deren Verhältnis zur Gesamtgröße des Betriebsrats,
die letzte Aktualisierung des bereits vorhandenen Wissens sowie betriebliche
Entwicklungen, die es besonders dringlich erscheinen lassen, die Kenntnisse der
jüngeren Rechtsprechung in bestimmten Fragen zu aktualisieren. Von diesen Umständen
muss der Betriebsrat Kenntnis haben, um beurteilen zu können, ob die
Schulungsveranstaltung erforderlich iSv. § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG ist, und seinen
Beurteilungsspielraum sachgerecht auszuüben (vgl. zum Beurteilungsspielraum des
Betriebsrats zB BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 94/09 - Rn. 22, EzA BetrVG 2001 § 37
Nr. 11; 17. November 2010 - 7 ABR 113/09 - Rn. 32, EzA BetrVG 2001 § 37 Nr. 10).
27 (a) Sind die Verhältnisse in Betrieb und Betriebsrat so gelagert, dass der Betriebsrat seine
gesetzlichen Aufgaben nur dann sachgerecht erfüllen kann, wenn die Kenntnisse
bestimmter Betriebsratsmitglieder durch Teilnahme an einer der hier umstrittenen
Seminarveranstaltungen verbessert werden, kann die Entsendung dieser
Betriebsratsmitglieder erforderlich iSv. § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG sein. Der Betriebsrat hat
insoweit einen Beurteilungsspielraum. Das entbindet ihn jedoch nicht von der
Obliegenheit, im Streitfall darzulegen, weshalb das zu der Schulung entsandte
Betriebsratsmitglied die dort vermittelten Kenntnisse braucht, damit das Gremium des
Betriebsrats seine gesetzlichen Aufgaben sach- und fachgerecht wahrnehmen kann (vgl.
BAG 24. Mai 1995 - 7 ABR 54/94 - zu B II 1 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 109 =
EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 127). Bei der Prüfung der Erforderlichkeit hat der Betriebsrat die
betriebliche Situation und damit die mit dem Besuch der Schulungsveranstaltung
verbundenen finanziellen Belastungen des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Die
Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung ist nicht erforderlich, wenn sich der
Betriebsrat vergleichbare Kenntnisse zumutbar und kostengünstiger auf andere Weise
verschaffen kann (vgl. BAG 20. Dezember 1995 - 7 ABR 14/95 - zu B 2 b der Gründe, AP
BetrVG 1972 § 37 Nr. 113 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 130).
28 (b) Auf die Darlegung des betrieblichen Bezugs kann nicht verzichtet werden. Kenntnisse
der aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gehören nicht zum
unverzichtbaren Grundwissen der einzelnen Betriebsratsmitglieder im
Betriebsverfassungsrecht, im allgemeinen Arbeitsrecht oder im Bereich der
Arbeitssicherheit und Unfallverhütung, dessen Erforderlichkeit der Betriebsrat nicht näher
darlegen muss. Sie setzen vielmehr mit Blick auf die Vielfalt der Themen und die vertiefte
Beurteilung von Einzelfällen - zumal unter spezifisch revisions- oder
rechtsbeschwerderechtlichem Blickwinkel - entsprechende Grundkenntnisse voraus, die
sie im Sinn einer Spezialisierung intensivieren. Vielfalt und Breite der Themen
unterscheiden den Streitfall auch von der Fallgestaltung, die dem Senatsbeschluss vom
20. Dezember 1995 zugrunde lag (- 7 ABR 14/95 - zu B 2 a der Gründe, AP BetrVG 1972
§ 37 Nr. 113 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 130). Gegenstand der dortigen
Schulungsveranstaltung waren personelle Einzelmaßnahmen iSv. § 99 BetrVG im Spiegel
der aktuellen BAG-Entscheidungen. Für dieses Kerngebiet der Tätigkeit von Betriebsräten
besteht typischerweise ein betrieblicher Bezug für das einzelne Betriebsratsmitglied.
29 (c) Dennoch kann es erforderlich sein, dass sich Betriebsratsmitglieder über die aktuelle
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts durch den Besuch entsprechender
Schulungsveranstaltungen informieren.
30 (aa) Der Betriebsrat als Gremium muss sich auch über die Entwicklung der
Rechtsprechung in den für seine Arbeit relevanten Bereichen auf dem Laufenden halten,
um seine Aufgaben verantwortlich wahrnehmen zu können. Grundkenntnisse, die in
möglicherweise viele Jahre zurückliegenden Schulungen erworben wurden, genügen
dafür allein nicht immer. Betriebsratsmitglieder haben allerdings die Möglichkeit, das
einmal erworbene Grundwissen durch ihnen zur Verfügung gestellte Informationsquellen
zu ergänzen und zu aktualisieren. Dazu kann zB das laufende Studium von
Fachzeitschriften dienen, bei konkreten Problemen die Lektüre juristischer Kommentare
oder eine Recherche im Internet. Der Betriebsrat muss sich darauf aber nicht generell
verweisen lassen. Die Information im Rahmen einer Schulungsveranstaltung und die
Information durch arbeitsrechtliche Veröffentlichungen schließen sich nicht aus, ergänzen
sich vielmehr (vgl. BAG 25. Januar 1995 - 7 ABR 37/94 - zu B 1, 2 und 4 der Gründe, AP
BetrVG 1972 § 40 Nr. 46 = EzA BetrVG 1972 § 40 Nr. 73). Das gilt vor allem dann, wenn in
der Schulung nicht nur über aktuelle Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts informiert
wird, sondern den Teilnehmern auch betriebsverfassungsrechtliche und für den konkreten
Betriebsrat bedeutsame individualrechtliche Rechtsentwicklungen und Tendenzen
anhand ausgewählter Entscheidungen erläutert und für die praktische Betriebsratsarbeit
nutzbar gemacht werden sollen. Dadurch soll der Betriebsrat in die Lage versetzt werden,
den neuesten Stand der Rechtsprechung zur Grundlage seines betrieblichen Handelns zu
machen. Mithilfe der ihm überlassenen Literatur kann sich der Betriebsrat zwar einen
Überblick über die neueren Entscheidungen der Gerichte für Arbeitssachen verschaffen.
Das umstrittene Schulungsmodell geht aber über die Informationsebene des
Selbststudiums hinaus. Es soll Betriebsratsmitgliedern, die regelmäßig nicht juristisch
vorgebildet sind, Zusammenhänge der Rechtsprechungslinien des Bundesarbeitsgerichts
aufzeigen und die Teilnehmer dazu anleiten, die Rechtsprechung in der betrieblichen
Praxis zu berücksichtigen. Der Besuch einer solchen Schulungsveranstaltung kann
erforderlich sein, wenn der Betriebsrat auf die Kenntnisse angewiesen ist, um seine
Aufgaben für die Belegschaft und den Betrieb sachgerecht wahrnehmen zu können (vgl.
BAG 20. Dezember 1995 - 7 ABR 14/95 - zu B 2 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 37
Nr. 113 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 130).
31 (bb) Ob die besonderen Kenntnisse, die in einer der hier umstrittenen
Schulungsveranstaltungen über die aktuelle Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts
vermittelt werden, erforderlich iSv. § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG sind, kann nur anhand der
Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Entscheidend ist die konkrete Situation in
Betrieb und Betriebsrat. Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Teilnahme an der
Schulungsveranstaltung sind neben dem konkreten Themenplan zB die Größe des
Betriebsrats, die Aufgaben des Betriebsratsmitglieds im Gremium, die Zahl der entsandten
Betriebsratsmitglieder und in jüngerer Vergangenheit besuchte Seminare zu
berücksichtigen. Besteht der nötige betriebliche Bezug, kann es erforderlich sein, ein
Betriebsratsmitglied oder mehrere Betriebsratsmitglieder zu der Schulung zu entsenden,
die als Multiplikatoren des erworbenen Wissens für die übrigen Mitglieder des Gremiums
dienen. Die Fortbildung aller Betriebsratsmitglieder wird in größeren Betriebsräten
dagegen regelmäßig nicht erforderlich sein. Gegen die Erforderlichkeit der
Seminarveranstaltung kann zB sprechen, dass das entsandte Betriebsratsmitglied in
jüngerer Vergangenheit eine Grundschulung oder ein den hier umstrittenen Schulungen
ähnliches Seminar besucht hat, das entsprechende Spezialkenntnisse vermittelt hat.
32 (d) Aus den in der Vergangenheit liegenden Seminaren, zu denen die Antragsteller
entsandt wurden und an denen sie nicht teilnahmen, kann der erforderliche betriebliche
Bezug für künftige ähnliche Seminare und damit das Feststellungsinteresse für die
Anträge zu 1. und 3. nicht abgeleitet werden. Besonderheit der Seminarreihe ist ihr ständig
wechselnder Inhalt durch die zu behandelnden aktuellen Entscheidungen. Ohne Wissen
um den jeweiligen Seminarplan kann nicht beurteilt werden, ob das einzelne
Betriebsratsmitglied die zu vermittelnden Kenntnisse für seine Betriebsratsarbeit braucht.
Aus den vergangenen Seminarinhalten lassen sich keine Rückschlüsse für künftige
Veranstaltungen ziehen.
33 (e) Der Senat verkennt nicht, dass es aufgrund des Erfordernisses eines
Betriebsratsbeschlusses, der auf eine konkrete, nach Zeitpunkt und Themenplan
bestimmte Schulung bezogen ist, schwierig oder fast unmöglich werden kann, vor dem
Schulungsbesuch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung über seine Erforderlichkeit
herbeizuführen. Soweit Rechte von konkreten, sich ändernden Umständen abhängen,
kann die Rechts- und Verfahrensordnung aber nicht stets - jedenfalls nicht im
Erkenntnisverfahren - sicherstellen, dass der Streit über das Bestehen des Rechts
rechtskräftig geklärt ist, bevor das wirkliche oder vermeintliche Recht ausgeübt wird. Es
kann vielmehr Sache des tatsächlichen oder vermeintlichen Rechtsinhabers sein, das
Recht wahrzunehmen und erforderlichenfalls danach klären zu lassen, ob dies
berechtigterweise geschah. Das gilt auch für den eigenverantwortlich handelnden
Betriebsrat. Mit seinem Beurteilungsspielraum korrespondiert das Risiko, ihn überschritten
zu haben. Dieses Verfahren verlangt keine abschließende Beurteilung, ob der Betriebsrat
oder das zu schulende Mitglied jedenfalls für die unmittelbar zu leistenden, ihm finanziell
nicht möglichen oder zumutbaren Aufwendungen einen Vorschuss des Arbeitgebers im
Weg einstweiligen Rechtsschutzes verlangen können (vgl. BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR
94/09 - Rn. 22, EzA BetrVG 2001 § 37 Nr. 11).
34 2. Entsprechendes gilt für den Antrag zu 4., mit dem festgestellt werden soll, dass die
Teilnahme der Antragsteller zu 2. und 3. an bestimmten, in Haupt- und gestaffelte
Hilfsverhältnisse gestellten Seminaren in der Vergangenheit erforderlich war. Für ihn fehlt
das besondere Feststellungsinteresse aus den genannten Gründen. Ihm liegt zudem kein
Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO zugrunde.
35 a) Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann die gerichtliche Feststellung des Bestehens eines
Rechtsverhältnisses beantragt werden, wenn der Kläger oder Antragsteller ein rechtliches
Interesse an einer entsprechenden baldigen richterlichen Entscheidung hat.
Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO ist jedes durch die Herrschaft einer Rechtsnorm
über einen konkreten Sachverhalt entstandene rechtliche Verhältnis einer Person zu einer
anderen Person oder zu einer Sache. Dabei sind einzelne Rechte und Pflichten ebenso
Rechtsverhältnisse wie die Gesamtheit eines einheitlichen Schuldverhältnisses. Kein
Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO sind dagegen abstrakte Rechtsfragen, bloße
Elemente eines Rechtsverhältnisses oder rechtliche Vorfragen (vgl. BAG 21. April 2010 -
4 AZR 755/08 - Rn. 21 mwN, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 101 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 9;
24. April 2007 - 1 ABR 27/06 - Rn. 15 mwN, BAGE 122, 121). Die Klärung solcher Fragen
liefe darauf hinaus, ein Rechtsgutachten zu erstellen. Das ist den Gerichten verwehrt (vgl.
nur BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 501/09 - Rn. 76; 20. Mai 2008 - 1 ABR 19/07 - Rn. 19, AP
BetrVG 1972 § 81 Nr. 4 = EzA ArbGG 1979 § 81 Nr. 19).
36 b) Die Frage, ob bestimmte Seminarveranstaltungen in der Vergangenheit erforderlich iSv.
§ 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG waren, ist eine solche abstrakte Rechtsfrage. Die Antragsteller
erstreben der Sache nach die rechtliche Begutachtung einer Vorfrage für die Frage der
Pflicht der Arbeitgeberin zur Freistellung der Antragsteller von den Ansprüchen des
Veranstalters und Dritter auf Zahlung der Seminar-, Unterbringungs- und
Verpflegungskosten oder der Verpflichtung zur Erstattung geleisteter Zahlungen in der
Zukunft. Für ein solches Rechtsgutachten sind die Arbeitsgerichte nicht zuständig.
37 3. Der Antrag zu 5., mit dem die Antragsteller allgemein festgestellt wissen wollen, dass
der Betriebsrat berechtigt ist, die Antragsteller zu 2. und 3. zu einer Veranstaltung der
umstrittenen Seminarreihe zu entsenden, wird den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO nicht gerecht. Er nennt weder den konkretisierten Themenplan noch die zeitliche
Lage der Schulungsveranstaltung.
38 a) Nach dieser im Beschlussverfahren entsprechend anwendbaren Vorschrift muss die
Antragsschrift die bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen
Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Das ist erforderlich, um zu klären,
worüber das Gericht entscheidet und wie der objektive Umfang der Rechtskraft einer
Sachentscheidung iSv. § 322 Abs. 1 ZPO ist (vgl. etwa BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR
94/09 - Rn. 14 mwN, EzA BetrVG 2001 § 37 Nr. 11).
39 b) Diese Angaben sind für die Bestimmtheit des Verfahrensgegenstands unentbehrlich.
Würde dem Antrag ohne sie stattgegeben, bliebe unklar, zu welcher konkreten Schulung
der Betriebsrat die Antragsteller zu 2. und 3. entsenden darf. Die Entscheidung erginge zu
einer (hypothetischen) Seminarveranstaltung zu irgendeinem Zeitpunkt mit im Einzelnen
ungewissem Themenplan. Dadurch unterscheidet sich diese Fallgestaltung von
denjenigen, in denen das Bundesarbeitsgericht im Rahmen von Feststellungsanträgen
über die Erforderlichkeit von in der Vergangenheit liegenden Schulungen entschieden hat
(vgl. BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 94/09 - Rn. 16, EzA BetrVG 2001 § 37 Nr. 11 in
Abgrenzung zB von 16. März 1976 - 1 ABR 43/74 - zu II 1 der Gründe, AP BetrVG 1972
§ 37 Nr. 22 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 46; 6. Mai 1975 - 1 ABR 135/73 - zu II 3 der
Gründe, AP BetrVG 1972 § 65 Nr. 5 = EzA BetrVG 1972 § 65 Nr. 5; 10. Juni 1974 - 1 ABR
136/73 - zu 2 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 15 = EzA ArbGG § 80 Nr. 3;
6. November 1973 - 1 ABR 15/73 - zu II 2 der Gründe, AP ArbGG 1953 § 89 Nr. 8 = EzA
ArbGG § 89 Nr. 1).
40 c) Ohne Konkretisierung von Gegenstand und Zeitpunkt der Schulung kann nicht
abschließend beurteilt werden, ob der Antrag begründet ist. Themenplan und Zeitpunkt
des Seminars sind - wie schon zu den Anträgen zu 1. und 3. ausgeführt - für die Frage von
Bedeutung, ob der Betriebsrat die Schulung der Spezialkenntnisse nach § 37 Abs. 6
Satz 1 BetrVG für erforderlich halten darf. Die Erforderlichkeitsprüfung, die der Betriebsrat
nach § 40 Abs. 1, § 37 Abs. 6 BetrVG vorzunehmen hat, umfasst neben den Themen ua.
auch die zeitliche Lage der Schulungsveranstaltung. Das wird an § 37 Abs. 6 Satz 3 bis
Satz 6 BetrVG deutlich. Der Betriebsrat hat nach § 37 Abs. 6 Satz 3 BetrVG bei der
Festlegung der zeitlichen Lage der Teilnahme an Schulungs- und
Bildungsveranstaltungen die betrieblichen Notwendigkeiten zu berücksichtigen. § 37
Abs. 6 Satz 4 BetrVG sieht vor, dass der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Teilnahme und
die zeitliche Lage der Schulungs- und Bildungsveranstaltungen rechtzeitig bekannt zu
geben hat. Der Arbeitgeber kann nach § 37 Abs. 6 Satz 5 BetrVG die Einigungsstelle
anrufen, wenn er die betrieblichen Gegebenheiten für nicht ausreichend berücksichtigt
hält. Die berechtigten Belange des Arbeitgebers können nur dann hinreichend bedacht
werden, wenn auch die Zeit der Schulung feststeht. Daran fehlt es. Die notwendige
Einzelfallbetrachtung, die immer wieder eine neue Entscheidung des Betriebsrats
erfordert, lässt die verlangte Feststellung nicht zu (vgl. BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR
94/09 - Rn. 21, EzA BetrVG 2001 § 37 Nr. 11; zu § 40 Abs. 1 BetrVG auch 16. Oktober
1986 - 6 ABR 4/84 - zu IV 2 der Gründe, DB 1987, 1439). Im Übrigen gelten die für das
fehlende Feststellungsinteresse für die Anträge zu 1., 3. und 4. angestellten Erwägungen.
41 III. Der Antrag zu 2., mit dem der Arbeitgeberin aufgegeben werden soll, die Antragsteller
zu 2. und 3. für die Teilnahme an bestimmten Schulungsveranstaltungen unter
Fortzahlung des Entgelts von der Arbeit freizustellen, ist unbegründet. Unabhängig von
der Frage, ob die Arbeitgeberin überhaupt berechtigt oder verpflichtet ist, entsandte
Betriebsratsmitglieder freizustellen, ist der Antrag auf eine unmögliche Leistung gerichtet,
weil die Seminarveranstaltungen in der Vergangenheit liegen. Die von der
Rechtsbeschwerde erstrebte Auslegung oder Umdeutung in das „Minus“ eines
Feststellungsantrags brächte für die Antragsteller keinen Vorteil. Für ihn fehlte mit den
Überlegungen zu der Unzulässigkeit der Anträge zu 1., 3. und 4. das nötige
Feststellungsinteresse. Der Antrag zu 2. deckte sich im Fall der Auslegung oder
Umdeutung außerdem zum Teil mit den Anträgen zu 3. und 4.
Linsenmaier
Kiel
Gallner
R. Gmoser
Gerschermann