Urteil des BAG vom 14.03.2017

BAG (aufgaben, land, bag, kreis, wirkung, arbeitsleistung, verfügung, in angemessener weise, gesetz, arbeitnehmer)

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 14.7.2010, 10 AZR 182/09
Zuordnung eines Tarifbeschäftigten im Wege der Personalgestellung nach dem VersÄmtEinglG NW
2007 - kein Mitbestimmungsrecht des abgebenden Personalrats
Leitsätze
Durch das VersÄmtEinglG sind die bei den aufgelösten Versorgungsämtern in Nordrhein-Westfalen
Beschäftigten kraft Gesetzes zu anderen Landesbehörden versetzt oder im Wege der
Personalgestellung kommunalen Körperschaften unter Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zum Land
zur Aufgabenwahrnehmung zur Verfügung gestellt worden. Diese Regelungen sind mit höherrangigem
Recht vereinbar. Eines Rückgriffs auf eine vertragliche oder tarifliche Rechtsgrundlage bedurfte es auch
im Fall der Personalgestellung nicht.
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm
vom 18. Dezember 2008 - 11 Sa 1356/08 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten über die Berechtigung des beklagten Landes, die Klägerin im Wege der
Personalgestellung dem Kreis Olpe zur Erbringung der Arbeitsleistung zur Verfügung zu stellen.
2 Die 1957 geborene Klägerin war seit 1981 beim beklagten Land beim Versorgungsamt Soest
beschäftigt. Sie arbeitete zuletzt in der Registratur der Elterngeldkasse I (Assistenzbereich
BEEG). Gemäß den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien bestimmt sich das
Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden
oder ändernden Tarifverträgen. Die Klägerin war zuletzt in die Entgeltgruppe 5, Stufe 6 TV-L
eingruppiert.
3 Am 21. November 2007 trat das Gesetz zur Eingliederung der Versorgungsämter in die
allgemeine Verwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen (VersÄmtEinglG) als Artikel 1 des
Zweiten Gesetzes zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen vom 30. Oktober
2007 (Straffungsgesetz) in Kraft (GV NRW 2007, 482, ausgegeben am 20. November 2007).
4 Dort ist auszugsweise geregelt:
㤠1
Auflösung der Versorgungsämter
(1)
Die den Versorgungsämtern übertragenen Aufgaben werden nach
Maßgabe dieses Gesetzes den Kreisen und kreisfreien Städten, den
Landschaftsverbänden und den Bezirksregierungen übertragen.
(2)
Die Beamten und die tariflich Beschäftigten der Versorgungsämter
gehen nach Maßgabe dieses Gesetzes auf die Kreise und kreisfreien
Städte, auf die Landschaftsverbände, auf die Bezirksregierungen und
auf das Landesamt für Personaleinsatzmanagement über bzw. werden
im Wege der Personalgestellung zur Aufgabenwahrnehmung zur
Verfügung gestellt.
(3)
Die Versorgungsämter Aachen, Bielefeld, Dortmund, Düsseldorf,
Duisburg, Essen, Gelsenkirchen, Köln, Münster, Soest und Wuppertal
werden mit Ablauf des 31. Dezember 2007 aufgelöst.
§ 5
Aufgaben nach dem Bundeselterngeld-
und Elternzeitgesetz
(1)
Die den Versorgungsämtern übertragenen Aufgaben nach dem
Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz werden mit Wirkung vom
1. Januar 2008 auf die Kreise und kreisfreien Städte übertragen.
(2)
§ 10
Tarifbeschäftigte
(1) Die mit Aufgaben nach §§ 2 bis 5 und nach
§ 8 Abs. 2 betrauten tariflich Beschäftigten
der Versorgungsämter werden kraft
Gesetzes mit Wirkung vom 31. Dezember
2007 in das Ministerium für Arbeit,
Gesundheit und Soziales übergeleitet und
nach Maßgabe der Absätze 5 bis 7 und der
§§ 11 bis 21 den dort genannten
kommunalen Körperschaften kraft Gesetzes
mit Wirkung vom 1. Januar 2008 im Wege
der Personalgestellung zur
Aufgabenwahrnehmung zur Verfügung
gestellt.
(2) Die mit Aufgaben nach §§ 6 und 8 Abs. 1
betrauten tariflich Beschäftigten der
Versorgungsämter gehen kraft Gesetzes mit
Wirkung vom 1. Januar 2008 nach Maßgabe
des Absatzes 5 und des § 13 Abs. 4 und 5
auf die Bezirksregierung Münster über. Die
mit Aufgaben nach § 7 betrauten tariflich
Beschäftigten der Versorgungsämter gehen
kraft Gesetzes mit Wirkung vom 1. Januar
2008 nach Maßgabe des Absatzes 5 und der
§§ 11 bis 21 auf die Bezirksregierungen über.
(3) Tariflich Beschäftigte der Versorgungsämter,
die nicht unmittelbar mit Aufgaben nach §§ 2
bis 8 betraut sind, gehen nach Maßgabe des
Absatzes 5 kraft Gesetzes mit Wirkung vom
1. Januar 2008 auf die Bezirksregierungen
über oder werden kraft Gesetzes
entsprechend Absatz 1 mit Wirkung vom
31. Dezember 2007 in das Ministerium für
Arbeit, Gesundheit und Soziales übergeleitet
und kraft Gesetzes nach Maßgabe der
Absätze 5 bis 7 mit Wirkung vom 1. Januar
2008 den in §§ 11 bis 21 genannten
kommunalen Körperschaften im Wege der
Personalgestellung zur
Aufgabenwahrnehmung zur Verfügung
gestellt, sofern sie nicht nach Absatz 4 in das
Landesamt für Personaleinsatzmanagement
übergehen.
(4) Die tariflich Beschäftigten der
Versorgungsämter, die nicht von den
Personalgestellungsverträgen nach Absatz 6
erfasst sind und nicht nach Absatz 2 oder 3
auf die Bezirksregierungen übergehen, gehen
kraft Gesetzes mit Wirkung vom 1. Januar
2008 in das Landesamt für
Personaleinsatzmanagement über.
Betriebsbedingte Kün-digungen und
entsprechende Änderungskündigungen mit
dem Ziel der Herabstufung sind
ausgeschlossen.
(5) Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und
Soziales bereitet den Personalübergang nach
den Absätzen 1 bis 4 vor der Übertragung
der Aufgaben auf der Grundlage eines von
ihm erstellten Zuordnungsplans vor. Der
Zuordnungsplan ist unter Berücksichtigung
sozialer Kriterien und dienstlicher Belange zu
erstellen; eine angemessene Mitwirkung der
neuen Aufgabenträger ist zu gewährleisten.
(6) Soweit die tariflich Beschäftigten
kommunalen Körperschaften zur
Aufgabenwahrnehmung zur Verfügung
gestellt werden, werden die Einzelheiten der
Personalgestellung in den zwischen dem
Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch
das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und
Soziales, und den in §§ 11 bis 21 genannten
Körperschaften für jedes Versorgungsamt
geschlossenen
Personalgestellungsverträgen geregelt.
(7)
Soweit tariflich Beschäftigte den kommunalen Körperschaften im
Wege der Personalgestellung zur Aufgabenwahrnehmung zur
Verfügung gestellt werden, bleiben die
Beschäftigungsverhältnisse zum Land Nordrhein-Westfalen auf
der Grundlage der für das Land geltenden Tarifverträge und
Vereinbarungen über die zusätzliche Alters- und
Hinterbliebenenversorgung bestehen.
§ 20
Versorgungsamt Soest
(1)
Die mit Aufgaben nach §§ 2 und 5 betrauten Beamten gehen,
soweit es für die Aufgabenerfüllung erforderlich ist, entsprechend
den von ihnen wahrgenommenen Aufgaben anteilig auf die
kreisfreie Stadt Hamm, den Hochsauerlandkreis, den Märkischen
Kreis sowie die Kreise Olpe, Siegen-Wittgenstein und Soest über.
(4)
Die Regelungen der Absätze 1 und 2 gelten für tariflich
Beschäftigte im Wege der Personalgestellung nach § 10
entsprechend.“
5 Begleitend zum Gesetzgebungsverfahren wurde im Ministerium für Arbeit, Gesundheit und
Soziales (MAGS) ein Zuordnungsplan erarbeitet. Die endgültige Fassung war am 14. November
2007 erstellt. Das Zuordnungsverfahren wurde zunächst ohne die Beteiligung von Personalräten
durchgeführt.
6 Für die Berücksichtigung sozialer Kriterien bei der Zuordnung der Beamten und Tarifbeschäftigten
zu den verschiedenen zukünftigen Einsatzorten wurde folgendes Punkteschema zugrunde gelegt:
Personalzuordnung: Punkteverteilung
Lebensalter:
pro Jahr (Stichtag: 1.8.07)
0,2 Punkte
Beschäftigungszeit:
pro Jahr (Stichtag: 1.8.07)
0,2 Punkte
Familienstand:
verh./zusammenlebend
2 Punkte
Kinder, pro Kind bis zum
18. Lebensjahr:
5 Punkte
Alleinerziehend:
5 Punkte
Pflege von Angehörigen:
insg.
2 Punkte
Teilzeit:
Reduzierung um 20 % und mehr
5 Punkte
+ Reduzierung um 50 % und mehr
5 Punkte
Schwerbehinderung:
5 Punkte
+ je 10 Grad
1 Punkt
Entfernungskilometer:
je km zum nächstmöglichen
Einsatzort
0,1 Punkte
Die Beschäftigten mit der höchsten Punktzahl werden dem nächstmöglichen
Einsatzort zugeordnet.
Ergeben sich nach den Ergebnissen der Interessenabfrage bei der
Gesamtwürdigung aller Kriterien besondere Fälle, kann von der nach dem
Punktesystem vorgenommenen Zuordnung abgewichen werden.“
7 Die Beschäftigten wurden innerhalb des Zuständigkeitsbereichs des ehemaligen
Versorgungsamts grundsätzlich dem jeweiligen Aufgabenbereich zugeordnet
(Schwerbehindertenrecht, Soziales Entschädigungsrecht, Bundeselterngeld/Elternzeitgesetz
usw.). Anschließend fand eine Zuordnung innerhalb der Dienstgruppen Höherer Dienst -
Gehobener Dienst - Mittlerer Dienst - Assistenzdienst statt. Die örtliche Zuordnung wurde jeweils
innerhalb dieser Gruppen anhand der individuell berechneten Sozialpunkte nach dem
Punkteschema vorgenommen. Zu den fixen Sozialpunkten wurden für die einzelnen
Zuordnungsziele die jeweiligen Entfernungskilometer als sog. Entfernungspunkte addiert.
8 Die Zuordnung wurde sodann auf das Vorliegen eines Härtefalls überprüft. Das beklagte Land
unterschied dabei zwischen sog. persönlichen Härtefällen und Entfernungshärtefällen. Es
berücksichtigte sowohl Stellungnahmen der betroffenen Beschäftigten als auch des
Hauptpersonalrats, der Hauptschwerbehindertenvertretung und der Amtsleitungen. Hinsichtlich der
persönlichen Härtefälle wurden fünf Härtefallstufen gebildet. Berücksichtigung als persönliche
Härtefälle fanden Beschäftigte der Stufen 3 bis 5. Die Berücksichtigung als Entfernungshärtefall
setzte bei Vollzeitbeschäftigten im Mittleren Dienst und im Assistenzdienstbereich ein Erreichen
von mehr als 20 Sozialpunkten (ohne Entfernungspunkte) und eine Entfernung von mehr als
85 km voraus. Bei Teilzeitbeschäftigten im Mittleren Dienst, im Assistenzdienstbereich und im
Gehobenen Dienst galten die entsprechenden Kriterien mit der Besonderheit, dass mehr als 50 -
85 Entfernungskilometer erreicht werden mussten und je nach Stellenanteil differenziert wurde.
Insgesamt wurden 74 Beschäftigte als Härtefälle eingestuft, davon etwa 50 Beschäftigte als
Entfernungshärtefälle.
9 Die zur Erstellung des Zuordnungsplans erforderlichen Daten wurden im Rahmen eines
Interessenbekundungsverfahrens erhoben. Die Klägerin gab folgende Ortswünsche an: 1. Soest,
2. Märkischer Kreis, 3. Hochsauerlandkreis, 4. Olpe, 5. Hamm, 6. Siegen. Mit Schreiben vom
21. September 2007 teilte sie ergänzend mit, ihr Ehemann sei 57 Jahre alt und herzkrank mit
einem GdB von 60 zzgl. des Merkzeichens „G“. Die drei Kinder der Klägerin waren im Juli 2007
20, 22 und 28 Jahre alt. Zwei Kinder befanden sich zu diesem Zeitpunkt in der Ausbildung. Für die
Klägerin ergaben sich - ohne Entfernungskilometer - 17,39 Sozialpunkte. Die Klägerin wurde im
Zuordnungsplan dem Kreis Olpe zugeordnet. Die einfache Entfernung nach Olpe beträgt für die
Klägerin 113 km.
10 Der Zuordnungsplan vom 14. November 2007 wurde an die Amtsleitungen der Versorgungsämter
mit der Bitte übersandt, „die geplante Zuordnung“ den Beschäftigten in geeigneter Form zu
übermitteln. Die Klägerin ist seit 1. Januar 2008 für den Kreis Olpe tätig. Das beklagte Land hat
Fahrdienste eingerichtet; daneben gelten die Regelungen der TrennungsgeldVO NW (TEVO NW).
11 Nachdem das Verwaltungsgericht Düsseldorf in einem Verfahren des einstweiligen
Rechtsschutzes durch Beschlüsse vom 16. November 2007 und vom 13. Dezember 2007 (-
34 L 1750/07.PVL -) festgestellt hatte, dass der Zuordnungsplan als Sozialplan in Folge einer
Rationalisierungsmaßnahme der Mitbestimmung des Hauptpersonalrats gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 5
LPVG NW unterliege, leitete das beklagte Land ein Mitbestimmungsverfahren ein. Zudem ist der
Zuordnungsplan am 13. Dezember 2007 als vorläufige Regelung im Sinne des § 66 Abs. 8
LPVG NW bis zur endgültigen Entscheidung im laufenden Mitbestimmungsverfahren bis zum
31. Mai 2008 in Kraft gesetzt worden. Das Mitbestimmungsverfahren wurde in der Sitzung einer
Einigungsstelle vom 18. April 2008 mit einem einstimmig angenommenen Beschluss
abgeschlossen. In einer Anlage 1 sind 74 Mitarbeiter namentlich aufgeführt, die als Härtefälle in
das Landesamt für Personaleinsatzmanagement (PEM) übergeleitet werden bzw. einen
ortsnäheren Einsatz erfahren. Als Anlage 2 ist das unverändert gebliebene Punkteschema
„Personalzuordnung: Punkteverteilung“ aufgenommen. In der Anlage 3 sind 90 Mitarbeiter
ausgewiesen, die eine Entfernung von 80 km oder mehr zurückzulegen haben und denen
zusätzlich zu evtl. bereits gegebenen Ansprüchen auf Trennungsentschädigung oder
Auslagenersatz ein weiterer einmaliger Betrag in Höhe von 1.000,00 Euro brutto zur pauschalen
Entschädigung der durch die Arbeitsverlagerung entstehenden Aufwendungen zuerkannt wird.
Unter Nr. 17 ist dort die Klägerin aufgeführt.
12 Eine darüber hinausgehende Beteiligung der Personalräte ist bei den jeweiligen Einzelmaßnahmen
nicht erfolgt.
13 Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Regelungen des VersÄmtEinglG stünden nicht mit
der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen im Einklang. Ein gesetzlicher Personalübergang
scheide bei Arbeitnehmern von vornherein aus. Insoweit bedürfe es einer Versetzung, die nicht
erfolgt sei. Das VersÄmtEinglG stelle keine taugliche Grundlage für einen gesetzlichen
Personalübergang dar, weil der Zuordnungsplan nicht wirksam in das Gesetz einbezogen sei. Das
Verfahren des Zustandekommens des Zuordnungsplans bleibe ungeklärt. Eine Zuordnung über
die Grenzen der bisherigen Versorgungsämterbezirke hinaus sei ermessensfehlerhaft nicht
geprüft worden.
14 Es werde nicht hinreichend deutlich, dass soziale Belange genügend berücksichtigt worden seien.
Das Lebensalter sei zu gering bewertet worden. Der Umstand, dass der Ehepartner der Klägerin
schwerbehindert sei, finde bei der Punkteverteilung keine Berücksichtigung. Des Weiteren sei
nicht nachvollziehbar, warum im Rahmen der Härtefallregelung Entfernungskilometer erst bei
Vorliegen von 20 Sozialpunkten berücksichtigt würden. Im Übrigen seien bei der Härtefallprüfung
die Angaben der Beschäftigten keiner weiteren Überprüfung unterzogen worden, so dass die
gesamte Zuordnung fehlerhaft sein dürfte. Zuordnungsplan und Personalgestellung seien im Sinne
des LPVG NW mitbestimmungspflichtig gewesen; eine Beteiligung der
Schwerbehindertenvertretung sei erforderlich gewesen.
15 Die Klägerin hat zuletzt beantragt
festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, ihre Arbeitsleistung im Kreis Olpe zu erbringen.
16 Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt. Es hat die Auffassung vertreten, der
Personalübergang habe sich kraft Gesetzes vollzogen. Dies gelte sowohl für die Versetzung in
das MAGS wie auch für die Personalgestellung an die Kommunen. Der Zuordnungsplan sei durch
Verweisung in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise in das Eingliederungsgesetz integriert
worden. Er entfalte selbst keine unmittelbare Außenwirkung und diene lediglich der Bestimmtheit
des Gesetzes. Der Klägerin werde kein neuer Arbeitgeber aufgezwungen, sondern es werde
lediglich gesetzlich umgesetzt, was der Arbeitsvertrag und der TV-L ohnehin hergäben. Eine
Änderungskündigung sei nicht erforderlich gewesen. Die persönliche und dienstliche Situation der
Klägerin sei angemessen berücksichtigt worden. Personalräte seien nicht zu beteiligen gewesen.
17 Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit
der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung
der erstinstanzlichen Entscheidung.
Entscheidungsgründe
18 Die zulässige Revision ist unbegründet. Die Klägerin ist verpflichtet, ihre Arbeitsleistung im und
für den Kreis Olpe zu erbringen.
19 I. Die Klage ist zulässig.
20 Die Klägerin begehrt die Feststellung des Umfangs ihrer Leistungspflicht. Dies kann nach
ständiger Rechtsprechung Gegenstand einer Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO sein
(vgl. zB BAG 13. März 2007 - 9 AZR 417/06 - Rn. 24, NZA-RR 2007, 549). Ihr Antrag ist
hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Klagegegenstand ist - wie sich aus der
Klagebegründung ergibt - die Zuordnung im Wege der Personalgestellung zum 1. Januar 2008
nach Auflösung der Versorgungsämter. Das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO notwendige
Feststellungsinteresse besteht.
21 II. Die Klage ist unbegründet.
22 1. Die Klägerin ist weiterhin Arbeitnehmerin des beklagten Landes, das Arbeitsverhältnis ist nicht
kraft Gesetzes auf den Kreis Olpe übergegangen.
23 a) Das Arbeitsverhältnis ist nicht gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf den Kreis Olpe
übergegangen.
24 Es kann dahinstehen, ob über die Wahrnehmung bestimmter, vorher durch die
Versorgungsämter durchgeführter Teilaufgaben hinaus (Funktionsnachfolge) der Übergang eines
abgrenzbaren Betriebs oder Betriebsteils in Betracht kommt (vgl. dazu zuletzt BAG 25. Juni 2009
- 8 AZR 258/08 - Rn. 26 f., AP BGB § 613a Nr. 373 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 111) und ob die
Personalgestellung als Übernahme von Personal angesehen werden kann (vgl. dazu
Preis/Greiner ZTR 2006, 290, 294).
25 Jedenfalls scheitert die Annahme eines Betriebsübergangs am fehlenden Übergang durch
Rechtsgeschäft (vgl. BAG 2. März 2006 - 8 AZR 124/05 - Rn. 24, BAGE 117, 184 und
18. Dezember 2008 - 8 AZR 660/07 - Rn. 35, AP BGB § 613a Nr. 366 jeweils zu
Betriebsübergängen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge kraft Gesetzes einerseits und BAG
25. Januar 2001 - 8 AZR 336/00 - zu III 3 der Gründe, AP BGB § 613a Nr. 215 = EzA BGB
§ 613a Nr. 194 zum gesetzlich geregelten rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang andererseits;
für eine analoge Anwendung des § 613a BGB auf den Fall einer Privatisierung kraft Gesetzes, bei
der der Übergang der Arbeitsverhältnisse nicht besonders gesetzlich geregelt ist ErfK/Preis
10. Aufl. § 613a BGB Rn. 62). Durch das VersÄmtEinglG werden die bisher von den
Versorgungsämtern wahrgenommenen Aufgaben kraft Gesetzes auf andere Institutionen
übertragen (§ 1 Abs. 1 VersÄmtEinglG) und eine gesetzliche Gestellung der dort beschäftigten
Arbeitnehmer wird angeordnet (§ 1 Abs. 2, § 10 VersÄmtEinglG). Lediglich die Einzelheiten der
Durchführung der Personalgestellung an kommunale Körperschaften sind durch
Personalgestellungsverträge zu regeln (§ 10 Abs. 6 VersÄmtEinglG), ohne dass diese die
Grundlage für den Übergang von Aufgaben und Personal sind.
26 b) Zwischen der Klägerin und dem Kreis Olpe ist kein Arbeitsverhältnis gemäß § 9 Nr. 1, § 10
Abs. 1 Satz 1 AÜG zustande gekommen.
27 Es kann dahinstehen, ob der Anwendungsbereich des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes im
Fall der gesetzlichen Personalgestellung nach den Regelungen des VersÄmtEinglG überhaupt
eröffnet ist (abl. hinsichtlich einer Regelung des AsylVfG BAG 5. März 1997 - 7 AZR 357/96 - zu
II 1 der Gründe, BAGE 85, 234). Auch wenn man dies unterstellt, fehlt es jedenfalls an der
Gewerbsmäßigkeit der Arbeitnehmerüberlassung iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG. Entscheidendes
Kriterium für die Gewerbsmäßigkeit ist die Gewinnerzielungsabsicht (vgl. zuletzt BAG 20. April
2005 - 7 ABR 20/04 - Rn. 26, EzA AÜG § 14 Nr. 5). Von einer Gewinnerzielungsabsicht kann
nach den Regelungen des VersÄmtEinglG nicht ausgegangen werden (Trümner/Sparchholz
Drittbezogener Personaleinsatz von Arbeitnehmern und Personalvertretungsrecht PersR 2008,
317, 319 zur Personalgestellung nach § 4 Abs. 3 TV-L/TVöD; ähnlich Hamann in
Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 1 Rn. 281 zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben in privat-
rechtlicher Organisationsform). Typischerweise vergütet der Entleiher dem Verleiher bei der
Arbeitnehmerüberlassung die überlassene Arbeitsleistung einschließlich eines
Gewinnaufschlags. Demgegenüber erbringt das beklagte Land gemäß § 23 Abs. 2 Satz 3
VersÄmtEinglG selbst die Personalausgaben für die im Wege der Personalgestellung zur
Verfügung gestellten Tarifbeschäftigten und erstattet den Kommunen zusätzlich einen an den
fiktiven Personalkosten orientierten Zuschlag als Ausgleich für allgemeinen Sachaufwand.
28 2. Die Klägerin ist gemäß § 1 Abs. 2, § 10 Abs. 1, § 20 Abs. 1 iVm. Abs. 4 VersÄmtEinglG
rechtswirksam dem Kreis Olpe im Wege der Personalgestellung zur Aufgabenwahrnehmung zur
Verfügung gestellt worden. Sie ist damit im Rahmen ihres mit dem beklagten Land
fortbestehenden Arbeitsverhältnisses verpflichtet, ihre Arbeitsleistung dort zu erbringen.
29 a) § 1 Abs. 2 VersÄmtEinglG bestimmt, dass die tariflich Beschäftigten (und die Beamten) der
Versorgungsämter nach Maßgabe des Gesetzes auf die kommunalen Körperschaften, die
Bezirksregierungen oder das Landesamt für Personaleinsatzmanagement übergehen bzw. im
Wege der Personalgestellung zur Verfügung gestellt werden. Die Grundsätze hierfür bestimmen
sich nach § 10 VersÄmtEinglG. Hinsichtlich der Art und Weise des Übergangs und der
aufnehmenden Institution wird - im Wesentlichen in Abhängigkeit von der bisher ausgeübten
Tätigkeit - nach vier Kategorien unterschieden:
30 Tarifbeschäftigte, die Aufgaben des Schwerbehindertenrechts, der Kriegsopferfürsorge, des
sozialen Entschädigungsrechts (einschl. der Kriegsopferversorgung), des Bundeselterngeld- und
Elternzeitgesetzes (BEEG) und des Gesetzes über den Bergmannsversorgungsschein
wahrgenommen haben, wurden gemäß § 10 Abs. 1 iVm. §§ 2 bis 5, § 8 Abs. 2 VersÄmtEinglG
zunächst mit Wirkung zum 31. Dezember 2007 in das MAGS übergeleitet und sodann nach
weiteren Maßgaben mit Wirkung vom 1. Januar 2008 im Wege der Personalgestellung den für die
zukünftige Aufgabenwahrnehmung jeweils zuständigen kommunalen Körperschaften
zugewiesen.
31 Die mit Aufgaben nach dem (früheren) Gesetz zum Erziehungsgeld und zur Elternzeit sowie mit
bestimmten sonstigen Aufgaben betrauten tariflich Beschäftigten gingen - ohne vorherige
Überleitung zum Ministerium - auf die Bezirksregierung Münster über (§§ 6, 8 Abs. 1, § 10 Abs. 2
VersÄmtEinglG). Ebenso gingen die mit Aufgaben aus dem Bereich der Arbeitsmarkt- und
sozialpolitischen Förderprogramme betrauten Beschäftigten direkt auf die verschiedenen
Bezirksregierungen über (§§ 7, 10 Abs. 2 VersÄmtEinglG).
32 Tariflich Beschäftigte, die nicht unmittelbar mit einer der genannten Aufgaben betraut waren, also
insbesondere Querschnittsaufgaben oder allgemeine Verwaltungsaufgaben erfüllten, gingen nach
Maßgabe des vom Ministerium gemäß § 10 Abs. 5 VersÄmtEinglG zu erstellenden
Zuordnungsplans entweder auf die Bezirksregierungen oder - nach einer Überleitung in das
Ministerium - auf eine der genannten kommunalen Körperschaften über, sofern sie nicht gemäß
§ 10 Abs. 4 VersÄmtEinglG in das Landesamt für Personaleinsatzmanagement übergegangen
waren (§ 10 Abs. 3 VersÄmtEinglG).
33 Schließlich bestimmt § 10 Abs. 4 VersÄmtEinglG als Auffangregelung, dass diejenigen tariflichen
Beschäftigten, die nicht direkt auf die Bezirksregierungen übergehen und nicht von
Personalgestellungsverträgen erfasst werden, auf das Landesamt für
Personaleinsatzmanagement übergehen.
34 b) Die Klägerin hat gemäß § 5 VersÄmtEinglG Aufgaben nach dem BEEG erfüllt. Damit unterfällt
sie dem Anwendungsbereich des § 10 Abs. 1 VersÄmt-EinglG. Darüber herrscht zwischen den
Parteien kein Streit; insbesondere macht die Klägerin nicht geltend, dass sie fehlerhaft
zugeordnet worden oder kraft Gesetzes auf eine andere Behörde oder Körperschaft
übergegangen sei.
35 c) Das Weisungsrecht des Arbeitgebers gemäß § 106 GewO umfasst grundsätzlich nicht das
Recht zur Anordnung der Erbringung der Arbeitsleistung bei einem anderen Arbeitgeber. Hierfür
bedarf es einer besonderen vertraglichen, tariflichen oder gesetzlichen Grundlage. Allein der
Übergang von Aufgaben auf einen anderen Rechtsträger kann ohne Zustimmung des
Arbeitnehmers nicht zu einer Verpflichtung zur Tätigkeit bei dem anderen Rechtsträger führen
(vgl. BAG 18. Februar 1976 - 5 AZR 616/74 - zu I 1 der Gründe, AP UniversitätsG Saarland § 1
Nr. 5).
36 § 1 Abs. 2, § 10 Abs. 1, § 20 Abs. 1 iVm. Abs. 4 VersÄmtEinglG bilden die gesetzliche Grundlage
für die Personalgestellung der Klägerin. Dies ergibt eine Auslegung der gesetzlichen
Bestimmungen. Ein Rückgriff auf andere Rechtsgrundlagen (wie zB § 4 Abs. 3 TV-L) ist nicht
erforderlich (ebenso Welkoborsky Gestellung und Personalvertretung in Sozialer Dialog in der
Krise 2009 S. 107, 108). Die Zuordnung zum Kreis Olpe ist aufgrund des gesetzlich
vorgeschriebenen Zuordnungsplans gemäß § 10 Abs. 5 Satz 2 VersÄmtEinglG unter
Berücksichtigung sozialer Kriterien und dienstlicher Belange erfolgt.
37 aa) Die tariflich Beschäftigten wurden im Falle des § 10 Abs. 1 VersÄmtEinglG zunächst „kraft
Gesetzes mit Wirkung vom 31. Dezember 2007“ auf das MAGS übergeleitet.
38 Damit war unmittelbar weder eine Veränderung des Orts oder der Art der zu erbringenden
Arbeitsleistung verbunden noch ein Wechsel des Arbeitgebers. Vielmehr trägt das Gesetz dem
Umstand Rechnung, dass die Versorgungsämter als bisherige Beschäftigungsdienststelle zu
diesem Zeitpunkt aufgelöst wurden (§ 1 Abs. 3 VersÄmtEinglG) und - anders als in den Fällen
des § 10 Abs. 2 VersÄmtEinglG - keine andere Landesbehörde als zukünftige Dienststelle
gesetzlich bestimmt war.
39 bb) Sodann wurden diese zum MAGS übergeleiteten Beschäftigten nach § 10 Abs. 1
VersÄmtEinglG wiederum „kraft Gesetzes“ nach bestimmten Maßgaben mit Wirkung vom
1. Januar 2008 im Wege der Personalgestellung bestimmten kommunalen Körperschaften zur
Aufgabenwahrnehmung zur Verfügung gestellt.
40 Nach dem eindeutigen Wortlaut ist damit von der Anordnung einer gesetzlichen
Personalgestellung auszugehen. Auch die Systematik und der Gesamtzusammenhang der
verschiedenen Regelungen machen deutlich, dass der Gesetzgeber durch das Gesetz selbst
sicherstellen wollte, dass alle Beschäftigten, die vorher bei den Versorgungsämtern tätig waren,
zukünftig bei einer Bezirksregierung, einer kommunalen Körperschaft oder dem
Personaleinsatzmanagement tätig werden, um die Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben bei
den zukünftigen Aufgabenträgern möglichst reibungslos fortzuführen.
41 Dies bestätigt die Entstehungsgeschichte: Im ursprünglichen Gesetzentwurf der Landesregierung
war die Formulierung „kraft Gesetzes“ nicht enthalten, sondern der Entwurf des § 10 Abs. 5
VersÄmtEinglG sah eine „Entscheidung über die personalrechtlichen Einzelmaßnahmen … auf
der Grundlage eines Zuordnungsplans“ vor (Landtag Nordrhein-Westfalen Drucks. 14/4342 dort
S. 7 f.). In der damaligen Begründung wurde § 10 Abs. 1 VersÄmtEinglG als „gesetzliche
Regelung zur Personalgestellung auf der Grundlage des § 4 Abs. 3 des Tarifvertrages für den
öffentlichen Dienst der Länder (TV-L)“ bezeichnet (Landtag Nordrhein-Westfalen aaO S. 27). Im
Folgenden ist es aufgrund des Berichts des Ausschusses für Kommunalpolitik und
Verwaltungsstrukturreform zu der letztlich verabschiedeten Fassung gekommen. In der
Begründung der Beschlussempfehlung (Landtag Nordrhein-Westfalen Drucks. 14/5208 S. 35 f.)
heißt es dazu unter anderem:
„zu Ziffer 3 a und 3 b: [Änderungen zu § 10 Abs. 1 und 2] Die Änderungen sind
erforderlich, um keinen Zweifel aufkommen zu lassen, dass es sich um eine gesetzliche
Personalüberleitung handelt. Personalrechtlicher Einzelmaßnahmen bedarf es daher nicht
mehr.“
42 cc) Allerdings legt das Gesetz für die betroffenen tariflichen Beschäftigten nicht selbst nach
abstrakt-generellen Kriterien fest, wo sie zukünftig ihre Arbeitsleistung zu erbringen haben.
Vielmehr bestimmt es lediglich Rahmenregelungen für das Verfahren und die Kriterien der
Personalauswahl zur Umsetzung des gesetzlichen Übergangs (vgl. Landtag Nordrhein-
Westfalen Drucks. 14/5208 S. 36 zu Ziffer 3 f.). Darüber hinaus gibt es vor, wie viel Personal bei
den entsprechenden Behörden und Körperschaften jeweils zur Erfüllung der Aufgaben benötigt
wird (§ 23 Abs. 6 iVm. Anlage 2 VersÄmtEinglG).
43 Gemäß § 10 Abs. 5 VersÄmtEinglG hat die Bestimmung der konkreten Zuordnung und damit der
zukünftigen Beschäftigungsdienststelle durch den vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und
Soziales zu erstellenden Zuordnungsplan zu erfolgen. Dieser stellt damit das erforderliche
Bindeglied zwischen dem angeordneten Übergang der tariflich Beschäftigten in ihrer Gesamtheit
und dem des einzelnen Beschäftigten her. Erst mit Erstellung des Zuordnungsplans und der
Bekanntgabe des den jeweiligen Beschäftigten betreffenden Inhalts kann das beklagte Land als
Arbeitgeber den vom Gesetz vorgegebenen Erfolg, nämlich die Erbringung der Arbeitsleistung
beim neuen Aufgabenträger, erreichen. Die Erstellung des Zuordnungsplans ist damit gesetzlich
vorgeschriebener Bestandteil der Überleitungsentscheidung, ohne dass damit der
Zuordnungsplan selbst Bestandteil des Gesetzes wäre. Einer solchen Annahme steht schon der
Wortlaut des § 10 Abs. 5 VersÄmtEinglG entgegen. Die Norm spricht lediglich von einer
Vorbereitung durch das Ministerium, enthält aber keine hinreichend konkrete Verweisung, aus
der sich eine Inkorporierung in das Gesetz entnehmen ließe. Vielmehr überlässt das Gesetz dem
Ministerium gerade die notwendigen Schritte zur tatsächlichen Durchführung des gesetzlichen
Übergangs, insbesondere die Auswahlentscheidung nach vorgegebenen Kriterien.
44 Diese Zweiteilung führt nicht dazu, dass das Gesetz selbst zu unbestimmt wäre. Es legt sowohl
den Übergang der Aufgaben als auch die Aufnahmedienststellen fest und bestimmt den Weg und
die Methode, auf dem die konkrete Auswahlentscheidung zu treffen ist. Für die einzelnen tariflich
Beschäftigten sind damit die jeweiligen Rechtsfolgen hinreichend deutlich erkennbar.
45 d) Die Regelungen des VersÄmtEinglG verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht.
46 aa) Ein Verstoß gegen landesverfassungsrechtliche Vorschriften ist nicht gegeben. Der
Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen hat die Verfassungsbeschwerden
verschiedener kommunaler Körperschaften gegen das VersÄmtEinglG zurückgewiesen
(23. März 2010 - 19/08 -).
47 bb) Es kann dahinstehen, ob den verfassungsrechtlichen Bedenken zu folgen ist, die das
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen zu einem Vorlagebeschluss an das
Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 GG bewogen haben (3. September 2008 - L 10 VG
20/03 -; Az. beim BVerfG - 2 BvL 20/08 -). Das Gericht hat jedenfalls nur insoweit
verfassungsrechtliche Bedenken gegen das VersÄmtEinglG geltend gemacht, als Aufgaben im
Bereich des sozialen Entschädigungsrechts und der Kriegsopferversorgung von der
Versorgungsverwaltung auf die Landschaftsverbände übertragen wurden. Mit solchen Aufgaben
war und ist die Klägerin nicht befasst. Im Übrigen sind dieser Entscheidung mehrere Senate des
Bundessozialgerichts entgegengetreten (11. Dezember 2008 - B 9 VS 1/08 R - BSGE 102, 149
betreffend Kriegsopferversorgung; 23. April 2009 - B 9 VG 1/08 R - betreffend
Opferentschädigung; 23. April 2009 - B 9 SB 3/08 R - SozialVerw 2009, 59 betreffend
Schwerbehindertenrecht; 25. Juni 2009 - B 10 EG 8/08 R - BSGE 103, 291 betreffend Aufgaben
des BEEG).
48 cc) Das beklagte Land war gesetzgebungsbefugt.
49 Nach Art. 70 Abs. 1 GG haben die Länder das Recht zur Gesetzgebung, soweit nicht dem Bund
Gesetzgebungsbefugnisse verliehen worden sind. Von der dem Bund gemäß Art. 75 Abs. 1 Nr. 1
GG bis zum 1. September 2006 zustehenden Kompetenz, Rahmenvorschriften für die
Gesetzgebung der Länder über die Rechtsverhältnisse der im öffentlichen Dienst der Länder
stehenden Personen zu erlassen, hat dieser - soweit hier von Bedeutung - keinen Gebrauch
gemacht. Auf die in Art. 125b Abs. 1 GG geschaffene Übergangsregelung kommt es daher nicht
an.
50 Dem Bund steht außerdem nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG das Recht zur konkurrierenden
Gesetzgebung im Arbeitsrecht zu. Von dieser Kompetenz hat der Bund, soweit es die
gesetzliche Überleitung von Arbeitsverhältnissen betrifft, ebenfalls keinen Gebrauch gemacht,
sondern nur rechtsgeschäftliche Übergänge nach § 613a BGB geregelt (vgl. BAG 2. März 2006 -
8 AZR 124/05 - Rn. 27, BAGE 117, 184 und 18. Dezember 2008 - 8 AZR 660/07 - Rn. 44, AP
BGB § 613a Nr. 366). Gleiches gilt hinsichtlich einer gesetzlichen Regelung über die
Personalgestellung. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz trifft keine Regelungen zu der Frage,
wann ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes verpflichtet ist, seine Arbeitsleistung bei einem
anderen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes zu erbringen. Ebenso wenig steht der gesetzlichen
Regelung die Vorschrift des § 613 Satz 2 BGB entgegen. Diese enthält lediglich eine abdingbare
Auslegungsregelung, die nicht ausschließt, dass der Landesgesetzgeber eine eigenständige
Regelung für das bei ihm beschäftigte Personal trifft (zum gesetzlich angeordneten Übergang der
Arbeitsverhältnisse BAG 18. Dezember 2008 - 8 AZR 660/07 - Rn. 42, aaO).
51 dd) Das Grundrecht der Berufsfreiheit der Klägerin (Art. 12 Abs. 1 GG) ist nicht verletzt.
52 (1) Mit den Regelungen des VersÄmtEinglG greift der Landesgesetzgeber in die durch Art. 12
Abs. 1 GG garantierte Berufsausübungsfreiheit der bei den Versorgungsämtern Beschäftigten
ein.
53 (a) Die freie Wahl des Arbeitsplatzes der Klägerin wird durch das Gesetz nicht berührt, da es sich
nicht um eine gesetzliche Überleitung des Arbeitsverhältnisses auf einen neuen Arbeitgeber
handelt, sondern das Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Land gemäß § 10 Abs. 7
VersÄmtEinglG unter Beibehaltung der bisherigen tariflichen Regelungen aufrechterhalten bleibt.
Es liegt aber ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Klägerin vor, da sie gegen ihren Willen
und ohne Einräumung eines Widerspruchsrechts durch gesetzliche Regelung verpflichtet wird,
ihre Arbeitsleistung zukünftig einem anderen Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen und sich
dessen Direktionsrecht im Rahmen der Erbringung ihrer Aufgaben zu unterwerfen.
54 (b) Solche die Berufsausübung einschränkenden Regelungen sind verfassungsgemäß, wenn sie
durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt und verhältnismäßig sind. Eingriffe in
die Berufsfreiheit dürfen dabei nicht weitergehen, als es die sie rechtfertigenden
Gemeinwohlbelange erfordern (vgl. BVerfG 9. Juni 2004 - 1 BvR 636/02 - zu B I 1 b der Gründe,
BVerfGE 111, 10).
55 (2) Daran gemessen bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die landesgesetzliche
Regelung.
56 (a) Mit dem VersÄmtEinglG verfolgt der Landesgesetzgeber das Ziel, Sonderbehörden soweit
wie möglich aufzulösen, ihre Aufgaben zu kommunalisieren und in die allgemeine Verwaltung zu
integrieren (Landtag Nordrhein-Westfalen Drucks. 14/4342 S. 1). Er will damit die
Verwaltungsstrukturen veränderten gesellschaftlichen Bedingungen anpassen, durch die
Kommunalisierung der Aufgaben den Ortsbezug stärken und bestehendem Beratungsbedarf
Rechnung tragen (Landtag Nordrhein-Westfalen aaO S. 23). Darüber hinaus sollen langfristig die
Personal- und Sachausgaben deutlich sinken (Landtag Nordrhein-Westfalen aaO S. 2 f.). Durch
die Übertragung bzw. Gestellung des „operativ tätigen Personals“ zum Zeitpunkt der
Aufgabenübertragung soll ein reibungsloser Aufgabenübergang sichergestellt werden (Landtag
Nordrhein-Westfalen aaO S. 30).
57 Dabei handelt es sich um vernünftige Gründe des Gemeinwohls, die im Rahmen des
Einschätzungsspielraums des Gesetzgebers eine Veränderung der Verwaltungsstruktur
einschließlich notwendiger personeller Maßnahmen rechtfertigen können.
58 (b) Die durch das VersÄmtEinglG erfolgenden Eingriffe in die Rechte der Beschäftigten sind nicht
unverhältnismäßig.
59 (aa) Die Maßnahme erscheint geeignet, einen reibungslosen Übergang der Aufgaben und deren
nahtlose Erfüllung nach der Neustrukturierung der Verwaltung sicherzustellen.
60 (bb) Es sind keine deutlichen Umstände erkennbar, die gegen eine Erforderlichkeit der
gesetzlichen Regelung sprächen. Zwar hätte der Gesetzgeber insbesondere im Hinblick auf die
Regelung des § 4 Abs. 3 TV-L auf personelle Einzelmaßnahmen zurückgreifen können.
Abgesehen davon, dass der Eingriff in die Rechte der Beschäftigten nicht geringer gewesen
wäre, wäre der Übergang aller Beschäftigten zum Zeitpunkt der Aufgabenübertragung nicht
sichergestellt gewesen. Es besteht auf Seiten der Beschäftigten keine umfassende Tarifbindung
an den TV-L, so dass in vielen Fällen nur auf vertragliche Bezugnahmeklauseln hätte
zurückgegriffen werden können. Wie auch die im Arbeitsvertrag der Klägerin verwendete Klausel
zeigt, war im Hinblick auf die Umstellung der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes aber noch
im Jahre 2007 nicht unumstritten, ob alle Vertragsklauseln zu einer Anwendung des TV-L führen
(vgl. dazu BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - DB 2010, 1888; 16. Dezember 2009 - 5 AZR
888/08 - EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).
61 (cc) Die Regelung führt auch zu keinem unangemessenen Eingriff in die
Berufsausübungsfreiheit, sie ist verhältnismäßig im engeren Sinn. Zwar kann die gesetzlich
angeordnete Personalgestellung zu einer anderen Körperschaft erhebliche Veränderungen der
Tätigkeit des Arbeitnehmers im Hinblick auf den Ort und die Umstände der Erbringung der
Arbeitsleistung bewirken. Die rechtlichen, insbesondere tariflichen Bedingungen der Erbringung
der Arbeitsleistung bleiben dabei aber unverändert. Dem Arbeitnehmer steht, da er entweder
einer Landesbehörde (Bezirksregierung) oder einer kommunalen Körperschaft oder dem
Personaleinsatzmanagement zugeordnet ist, ein vergleichbarer Dienstherr gegenüber. Darüber
hinaus bestehen Regelungen zum Ausgleich ggf. auftretender Belastungen, zB durch die TEVO
NW oder die Bereitstellung von Fahrdiensten. Schließlich hat der Gesetzgeber ausdrücklich
angeordnet, dass bei der Zuordnungsentscheidung soziale Kriterien neben dienstlichen Belangen
zu berücksichtigen sind. Damit ist sichergestellt, dass bei der konkreten
Zuordnungsentscheidung kein vermindertes Schutzniveau gegenüber den Regelungen des § 106
GewO oder des § 4 Abs. 3 TV-L besteht. Insoweit unterliegt die Zuordnung der Arbeitnehmer zu
den jeweiligen neuen Tätigkeitsfeldern der gerichtlichen Kontrolle. Für die Verhältnismäßigkeit der
gesetzlichen Regelung spricht auch, dass sie sich im Kern an den einschlägigen tariflichen
Regelungen des öffentlichen Dienstes, insbesondere an § 4 Abs. 3 TV-L orientiert hat. Vor
diesem Hintergrund bedurfte es keiner Einräumung eines gesetzlichen Widerspruchsrechts, da
andernfalls die Gefahr bestanden hätte, dass gesetzlich geforderte Aufgaben der Verwaltung
nach der Umstrukturierung zumindest vorübergehend nicht mehr in angemessener Weise
erbracht werden können.
62 (c) Die Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit gehen nicht weiter als sie durch die genannten
Gemeinwohlbelange gerechtfertigt sind. Der Gesetzgeber hat sich hinsichtlich der tariflich
Beschäftigten auf die erforderliche Anordnung des Übergangs innerhalb der Landesbehörden
bzw. der Personalgestellung zu kommunalen Körperschaften beschränkt.
63 ee) Auch wenn in den Regelungen des VersÄmtEinglG ein Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG
gewährleistete Tarifautonomie liegt, ist dieser gerechtfertigt.
64 (1) Art. 9 Abs. 3 GG schützt nicht nur den Einzelnen in seiner Freiheit, eine Vereinigung zur
Wahrung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu gründen, ihr beizutreten oder fernzubleiben
oder sie zu verlassen. Geschützt ist auch die Koalition selbst in ihrem Bestand, ihrer
organisatorischen Ausgestaltung und ihren Betätigungen, sofern diese der Förderung der Arbeits-
und Wirtschaftsbedingungen dienen. Der Schutz ist nicht von vornherein auf einen Kernbereich
koalitionsmäßiger Betätigung beschränkt. Er erstreckt sich vielmehr auf alle
koalitionsspezifischen Verhaltensweisen und umfasst insbesondere auch die Tarifautonomie, die
im Zentrum der den Koalitionen eingeräumten Möglichkeiten zur Verfolgung ihrer Zwecke steht.
Das Aushandeln von Tarifverträgen ist ein wesentlicher Zweck der Koalitionen. Zu den der
Regelungsbefugnis der Koalitionen überlassenen Materien gehören insbesondere das
Arbeitsentgelt und die anderen materiellen Arbeitsbedingungen (vgl. zuletzt BVerfG 27. April 1999
- 1 BvR 2203/93, 1 BvR 897/95 - zu B II 1 a der Gründe, BVerfGE 100, 271; 3. April 2001 - 1 BvL
32/97 - zu B 1 der Gründe, BVerfGE 103, 293).
65 (2) In diesen Schutzbereich könnte die durch § 10 VersÄmtEinglG angeordnete gesetzliche
Personalgestellung eingreifen.
66 Die Regelung zielt zwar nicht auf eine Beschränkung der Koalitionsfreiheit, sondern verfolgt den
Zweck, eine nahtlose Erfüllung der Aufgaben der Verwaltung auch nach deren Umstrukturierung
sicherzustellen. Sie könnte aber die praktische Wirksamkeit tariflicher Regelungen und damit
ausgeübter Tarifautonomie beeinträchtigen, indem sie bestehende tarifliche Regelungen zur
Personalgestellung unangewendet lässt und paralleles Gesetzesrecht schafft. Die Bedeutung der
für das beklagte Land kraft Tarifbindung verbindlichen Regelungen wird damit geschmälert und
damit unter Umständen die Verhandlungsposition der Gewerkschaften bei zukünftigen
Tarifverhandlungen geschwächt.
67 (3) Nimmt man einen solchen Eingriff an, so ist dieser durch verfassungsrechtlich legitimierte,
überwiegende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt.
68 Die in Art. 9 Abs. 3 GG garantierte Koalitionsfreiheit kann, obwohl sie ohne Gesetzesvorbehalt
gewährleistet ist, jedenfalls zum Schutz von Gemeinwohlbelangen eingeschränkt werden, denen
gleichermaßen verfassungsrechtlicher Rang gebührt. Dem Gesetzgeber ist es, wenn solche
Gründe vorliegen, grundsätzlich nicht verwehrt, Fragen zu regeln, die Gegenstand von
Tarifverträgen sein können. Der Grundrechtsschutz ist nicht für alle koalitionsmäßigen
Betätigungen gleich intensiv. Die Wirkkraft des Grundrechts nimmt vielmehr in dem Maße zu, in
dem eine Materie aus Sachgründen am besten von den Tarifvertragsparteien geregelt werden
kann, weil sie nach den Vorstellungen des Verfassungsgebers die gegenseitigen Interessen
angemessener zum Ausgleich bringen als der Staat. Das gilt vor allem für die Festsetzung der
Löhne und anderer materieller Arbeitsbedingungen. Je gewichtiger der Schutz ist, den Art. 9
Abs. 3 GG gewährt, desto schwerwiegender müssen die Gründe sein, die einen Eingriff
rechtfertigen sollen (BVerfG 27. April 1999 - 1 BvR 2203/93, 1 BvR 897/95 - zu B II 1 c aa der
Gründe mwN, BVerfGE 100, 271).
69 (a) § 10 VersÄmtEinglG dient verfassungsrechtlich legitimierten Gemeinwohlbelangen. Durch die
Gestellung des „operativ tätigen Personals“ zum Zeitpunkt der Aufgabenübertragung soll ein
reibungsloser Aufgabenübergang und damit eine zeitnahe und sachgerechte Entscheidung über
die durch das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG geschützten Ansprüche der Bürger
sichergestellt werden.
70 (b) Die Regelung ist - wie oben unter dd) (2) (b) ausgeführt - geeignet und erforderlich, um den
reibungslosen Übergang der Aufgaben zu erreichen.
71 (c) Sie ist verhältnismäßig im engeren Sinn. Ein Eingriff in die Tarifautonomie wäre nicht sehr
weitgehend, da die tariflichen Regelungen selbst nicht beseitigt werden. Er ist auch auf einen
einmaligen Sachverhalt im Zusammenhang mit der Auflösung der Versorgungsämter
beschränkt. Die Weitergeltung der übrigen tarifvertraglichen Regelungen des TV-L wird durch die
gesetzliche Regelung für die betroffenen Beschäftigten ausdrücklich sichergestellt. Hinzu kommt,
dass jedenfalls zum Zeitpunkt des Erlasses der streitgegenständlichen Norm für den
Gesetzgeber nicht klar erkennbar war, ob die Regelung des § 4 Abs. 3 TV-L für alle
Landesbeschäftigten unabhängig von der Vertragsgestaltung Anwendung findet (vgl. dazu oben
unter dd) (2) (b) (bb)). Der Gesetzgeber durfte daher trotz der bestehenden tariflichen Regelung
selbst die Personalgestellung anordnen.
72 e) Bedenken gegen die Zuweisung der Klägerin im Wege der Personalgestellung an den Kreis
Olpe bestehen nicht.
73 aa) Die Klägerin ist in dem vom MAGS erstellten Zuordnungsplan dem Kreis Olpe zugeordnet.
Dies ist ihr auch bekannt gegeben worden. Das beklagte Land hat damit alle Voraussetzungen
für die gesetzliche Personalgestellung zum 1. Januar 2008 geschaffen.
74 bb) Das MAGS hat im Rahmen der Erstellung des Zuordnungsplans die Vorgaben des
VersÄmtEinglG beachtet.
75 (1) Die Zuordnung hat sich an den vorher wahrgenommenen Aufgaben und der festgelegten
Übertragung auf neue Aufgabenträger orientiert und ist im Rahmen des gesetzgeberisch durch
die Anlage 2 zum VersÄmtEinglG vorgegebenen Personalschlüssels geblieben.
76 Die Klägerin war im Assistenzbereich für Aufgaben des BEEG tätig. Solche Aufgaben erfüllt sie
auch weiterhin für den Kreis Olpe. Soweit die Klägerin die Auffassung vertreten hat, eine
Zuordnung über die bisherigen Bezirke der Versorgungsämter hinaus sei nicht geprüft worden,
steht dem § 20 Abs. 1, 4 VersÄmtEinglG entgegen. Dort ist festgelegt, auf welche kommunalen
Körperschaften die durch das Versorgungsamt Soest bisher wahrgenommenen Aufgaben
übergehen.
77 (2) Das beklagte Land hat - wie von § 10 Abs. 5 Satz 2 VersÄmtEinglG gefordert - den
Zuordnungsplan unter Berücksichtigung sozialer Kriterien erstellt.
78 (a) Mit dieser Norm hat der Gesetzgeber sichergestellt, dass bei der Entscheidung über die
konkrete Zuordnung der einzelnen Beschäftigten deren Interessen angemessen berücksichtigt
werden. Damit begrenzt er gleichzeitig unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes
den Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der betroffenen Beschäftigten (Art. 12 Abs. 1 GG) und
stellt einen Gleichklang mit den einschlägigen tariflichen und gesetzlichen Regelungen her (§ 4
Abs. 3 TV-L bzw. § 106 GewO). Sowohl im Rahmen der tariflichen Personalgestellung (vgl. dazu
Preis/Greiner ZTR 2006, 290, 293) als auch bei der Ausübung des arbeitgeberseitigen
Direktionsrechts findet eine Ausübungskontrolle dahingehend statt, ob die Interessen der
Arbeitnehmer bei der konkreten Entscheidung angemessen berücksichtigt wurden. Nichts
anderes gilt im Rahmen des § 10 VersÄmtEinglG.
79 (b) Das beklagte Land bediente sich zur Erstellung des Zuordnungsplans eines Punkteschemas,
wobei es bestimmte Angaben im Rahmen einer Interessenabfrage von den Beschäftigten
ermittelte. Dies ist nicht zu beanstanden. Gerade bei der Umsetzung von personellen
Maßnahmen, die eine größere Anzahl von Beschäftigten betreffen, können Auswahl- oder
Punkteschemata dazu dienen, sich einen Überblick über die soziale Lage der betroffenen
Beschäftigten zu verschaffen und durch eine Reihung eine Vorauswahl nach sozialen Kriterien zu
treffen (vgl. bei Versetzungen BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 29 ff., AP AGG § 7
Nr. 1 = EzA AGG § 10 Nr. 2; zur Zulässigkeit bei der Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG zB
BAG 9. November 2006 - 2 AZR 509/05 - Rn. 63, BAGE 120, 115).
80 (c) Weder gegen die vom beklagten Land berücksichtigten Kriterien noch gegen deren
Gewichtung bestehen durchgreifende Bedenken.
81 (aa) Die Zuordnung zu den neuen Beschäftigungsdienststellen hat nach den Regelungen des
VersÄmtEinglG auch nach sozialen Kriterien zu erfolgen. Damit ist die gesetzgeberische
Zielsetzung verbunden, nur diejenigen Beschäftigten an weiter entfernten Beschäftigungsorten
einzusetzen, denen die (örtliche) Veränderung zuzumuten ist.
82 Bezogen auf diesen Zweck hat das beklagte Land alle wesentlichen Kriterien berücksichtigt, die
typischerweise eine Rolle spielen. Es hat das Lebensalter, die Beschäftigungszeit, den
Familienstand, das Vorhandensein von Kindern, den Umstand, ob ein Beschäftigter
alleinerziehend ist, die Pflege von Angehörigen und die Frage, ob und in welchem Umfang ein
Arbeitnehmer teilzeitbeschäftigt ist, ebenso berücksichtigt wie eine anerkannte
Schwerbehinderung (nebst dem jeweiligen Grad). Darüber hinaus hat es - was bei einem
Ortswechsel von besonderer Bedeutung ist - die Entfernung zu dem jeweils beabsichtigten
Einsatzort einbezogen.
83 (bb) Die Gewichtung der einzelnen Kriterien ist ebenso wenig zu beanstanden. Entgegen der
Auffassung der Revision ist auch kein Verstoß gegen die Regelungen des AGG gegeben.
84 Eine unmittelbare Benachteiligung älterer Arbeitnehmer iSv. §§ 1, 3 Abs. 1 AGG liegt nicht vor;
vielmehr erhalten diese mehr Punkte als jüngere Arbeitnehmer und werden insoweit diesen
gegenüber bevorzugt (vgl. zur dementsprechenden Rüge eines jüngeren Arbeitnehmers zB BAG
6. November 2008 - 2 AZR 523/07 - Rn. 43 f., BAGE 128, 238).
85 Wird unterstellt, die Punkteverteilung wirke sich mittelbar zu Lasten älterer Arbeitnehmer aus,
liegt darin keine mittelbare Benachteiligung iSv. §§ 1, 3 Abs. 2 AGG. Zutreffend ist, dass sowohl
Lebensalter als auch Beschäftigungszeit im Gegensatz zu anderen Kriterien mit dem relativ
niedrigen Punktwert von 0,2 angesetzt sind. Dies hat zur Folge, dass beispielsweise eine
Beschäftigungszeit von 25 Jahren erreicht werden muss, um die für ein Kind bis zum
18. Lebensjahr oder für eine Teilzeitbeschäftigung zu vergebende Punktzahl auszugleichen. Auch
ein höheres Alter wiegt die für die letztgenannten Umstände vergebenen Punkte nur in
Ausnahmefällen auf. Allerdings wird dies dadurch abgemildert, dass für den Familienstand
Punkte vergeben werden und ältere Beschäftigte häufiger schwerbehindert sind oder Angehörige
pflegen als jüngere Beschäftigte in der Kindererziehungsphase.
86 Bei der Bewertung dieser Punkteverteilung ist zu beachten, dass es nicht um die Frage der
Auswahl zu kündigender Arbeitnehmer geht, sondern um die Zumutbarkeit eines Ortswechsels.
Deshalb haben das Lebensalter und die Beschäftigungszeit im Hinblick auf die Veränderung des
Tätigkeitsumfelds und die zukünftig zurückzulegende Entfernung nicht dieselbe Bedeutung wie
andere Faktoren. Gerade eine zu starke Berücksichtigung des Lebensalters könnte vielmehr
Bedenken im Hinblick auf die Regelungen des AGG hervorrufen (vgl. dazu BAG 13. Oktober
2009 - 9 AZR 722/08 - Rn. 52 ff., AP AGG § 7 Nr. 1 = EzA AGG § 10 Nr. 2). Andere Faktoren,
wie beispielsweise die Notwendigkeit der Nutzung einer ggf. nur eingeschränkt zur Verfügung
stehenden Kinderbetreuungsmöglichkeit für Alleinerziehende, sind bei der Frage der örtlichen
Versetzung von größerer Bedeutung. Gleiches gilt im Hinblick auf die Bewertung einer
Teilzeitbeschäftigung. Es ist unmittelbar nachvollziehbar, dass einem Arbeitnehmer mit
verkürzter täglicher Arbeitszeit weite Anfahrtsstrecken in geringerem Maße zuzumuten sind, da
sich das Verhältnis von Arbeitszeit und Fahrtzeit erheblich zu Ungunsten des Arbeitnehmers
verändern würde. Ebenso bestehen keine Bedenken gegen eine stärkere und nach dem Grad
der Behinderung ansteigende Berücksichtigung einer Schwerbehinderung. Typischerweise kann
davon ausgegangen werden, dass Schwerbehinderten die durch erhöhte Fahrtzeiten
auftretenden körperlichen Belastungen weniger zuzumuten sind.
87 In seiner Gesamtheit ist das angewandte Punkteschema daher geeignet, aber auch angemessen
und erforderlich, um zu einem Ausgleich der Interessen der verschiedenen Beschäftigten zu
kommen. Hiervon ist auch die im Rahmen des Mitbestimmungsverfahrens gemäß § 72 Abs. 2
Nr. 5 LPVG NW zusammengetretene Einigungsstelle ausgegangen. Bedenken gegen den
erstellten Zuordnungsplan und die verwendeten Auswahlkriterien wurden dort nicht erhoben.
88 (d) Die Ausübung billigen Ermessens erfordert allerdings über die Anwendung eines
Punkteschemas hinaus stets eine Überprüfung des sich im Einzelfall ergebenden Ergebnisses.
Damit wird sichergestellt, dass ggf. bisher unberücksichtigte Umstände Beachtung finden und die
in jedem Punktesystem liegenden Härten und Vereinfachungen einer Überprüfung unterzogen
werden.
89 Das beklagte Land hat in grundsätzlich nicht zu beanstandender Weise eine solche
Härtefallprüfung vorgenommen und dabei zwischen persönlichen Härtefällen und sog.
Entfernungshärtefällen unterschieden. Im Rahmen der persönlichen Härtefälle hat es individuelle
Faktoren berücksichtigt. Im Hinblick auf die Entfernungshärtefälle hat es allerdings wiederum auf
das Punktesystem zurückgegriffen und eine bestimmte Mindestpunktzahl verlangt. Dies ist nicht
unbedenklich, da die Berücksichtigung sozialer Kriterien nicht bloß schematisch erfolgen darf. So
ist es durchaus denkbar, dass aufgrund individueller sozialer Faktoren, die im Punkteschema
keinen Niederschlag gefunden haben und noch nicht zu einer Bewertung als persönlicher
Härtefall führen, eine an sich zumutbare Fahrstrecke in der Gesamtwertung als unzumutbar
angesehen werden muss. Deswegen bedarf es auch ohne das Erreichen dieser Punktzahl einer
individualisierten Schlussprüfung, ob die getroffene Maßnahme dem Beschäftigten unter
Berücksichtigung der dienstlichen Belange und sozialer Kriterien zuzumuten ist. Maßgeblich ist
dabei der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (BAG
15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 29, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4
Altersteilzeit Nr. 31 zur Entscheidung über einen Altersteilzeitantrag).
90 (e) Die Darlegungs- und Beweislast für die Wirksamkeit seiner Zuordnungsentscheidung hat das
beklagte Land zu tragen (vgl. BAG 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 81, AP BGB § 307 Nr. 26
zu § 106 Satz 1 GewO). Dabei genügt zunächst die Darlegung, welche Kriterien bei der
Zuordnungsentscheidung nach welchem System berücksichtigt worden sind und zu welchem
Ergebnis die Härtefallprüfung gekommen ist. Es ist dann Sache des Arbeitnehmers, im Rahmen
des substantiierten Bestreitens vorzubringen, welche Faktoren nicht oder nicht genügend
beachtet wurden. Erst dann hat das beklagte Land abschließend darzulegen und ggf. zu
beweisen, dass sich seine Entscheidung im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben hält.
91 cc) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die getroffene Zuordnungsentscheidung nicht zu
beanstanden.
92 Es kann dahinstehen, ob die Kontrolle der Ausübung des billigen Ermessens wegen der zu
berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das
Revisionsgericht unterliegt (vgl. zB BAG 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 29, AP TVG
§ 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31; aA zB 24. April 1996 - 5 AZR
1031/94 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 48 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 18; zu der
Kontroverse GMP/Müller-Glöge ArbGG 7. Aufl. § 73 Rn. 10). Die landesarbeitsgerichtliche
Entscheidung hält auch einer vollen Überprüfung durch das Revisionsgericht stand.
93 Zwar hat die Klägerin mit einer Entfernung von 113 km eine weite Strecke als täglichen
Arbeitsweg zurückzulegen. Dies ist mit Belastungen durch die Fahrt selbst und mit nicht
unerheblichen Kosten verbunden. Letztere sind im Verhältnis zu einer vergleichsweise niedrigen
Eingruppierung zu sehen (Entgeltgruppe 5, Stufe 6). Diese Belastungen werden jedoch durch die
Einrichtung eines Fahrdienstes bzw. durch die Möglichkeit der Leistungsgewährung nach der
TEVO NW (einschließlich der Erstattung von Umzugskosten) und durch die im Rahmen des
Einigungsstellenverfahrens zusätzlich vereinbarte Einmalzahlung abgemildert. Vor diesem
Hintergrund sind die Belastungen durch die Klägerin noch hinzunehmen. Auch die
Schwerbehinderung des Ehemanns bot ohne weitere besondere Umstände keinen Anlass, von
den bestehenden Härtefallregelungen abzuweichen.
94 Soweit die Klägerin noch gerügt hat, es sei nicht erkennbar, ob bei der angewandten
Härtefallregelung die Angaben der anderen Beschäftigten tatsächlich überprüft worden seien,
führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Es bestehen keine Bedenken, wenn der Arbeitgeber von
den durch seine Beschäftigten gemachten Angaben ausgeht, solange er keine Anhaltspunkte für
deren Unrichtigkeit hat. Erst wenn solche Anhaltspunkte vorliegen oder die Richtigkeit
bestimmter Angaben substantiiert bestritten wird, ist er gehalten, deren Richtigkeit im Vorfeld zu
überprüfen bzw. im Prozess zu beweisen. An einem solchen substantiierten Bestreiten durch die
Klägerin fehlt es.
95 f) Ein Verstoß gegen Regelungen des Landespersonalvertretungsgesetzes Nordrhein-Westfalen
(LPVG NW) ist nicht gegeben.
96 aa) Es kann dahinstehen, ob es sich beim Zuordnungsplan gemäß § 10 Abs. 5 VersÄmtEinglG
um einen Sozialplan iSv. § 72 Abs. 2 Nr. 5 LPVG NW handelt (vgl. dazu VerwG Düsseldorf
16. November 2007 - 34 L 1750/07.PVL - zu C 2.1 der Gründe, SozialVerw 2009, 28) und welche
Auswirkungen eine fehlende Mitbestimmung auf die Personalgestellung selbst hätte.
97 Das beklagte Land hat das Mitbestimmungsverfahren nach vorläufiger Inkraftsetzung des
Zuordnungsplans gemäß § 66 Abs. 8 LPVG NW durchgeführt und dieses im Rahmen eines
Einigungsstellenverfahrens am 18. April 2008 zum Abschluss gebracht. Spätestens seit diesem
Zeitpunkt liegt damit eine mitbestimmte Regelung vor.
98 bb) Es bedarf keiner Entscheidung, ob die zum 31. Dezember 2007 gemäß § 10 Abs. 1 Halbs. 1
VersÄmtEinglG erfolgte Überleitung auf das MAGS der Mitbestimmung nach den Regelungen
des LPVG NW unterlag, da diese Überleitung nicht streitgegenständlich ist.
99 cc) Die Personalgestellung an den Kreis Olpe ist keine Versetzung iSv. § 72 Abs. 1 Nr. 5
LPVG NW und unterlag daher nicht der Mitbestimmung des abgebenden Personalrats.
100 (1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist für den Inhalt der im
Rahmen des Personalvertretungsrechts gewählten Begriffe regelmäßig auf das einschlägige
tradierte Verständnis des Dienstrechts, insbesondere des Beamtenrechts, abzustellen.
Verwendet der Gesetzgeber des Personalvertretungsgesetzes Begriffe aus dem Dienstrecht,
liegt es nahe, dass er sich auf den dienstrechtlichen Begriffsinhalt bezieht. Dies ist aber nicht
zwingend. Der Gesetzgeber ist grundsätzlich nicht gehindert, dienstrechtlichen Begriffen im
Personalvertretungsgesetz eine vom Dienstrecht abweichende Bedeutung beizumessen. Davon
kann aber nur dann ausgegangen werden, wenn er hinreichend deutlich zum Ausdruck bringt,
dass er von dem dienstrechtlichen Begriffsinhalt abweichen will. Enthält das
Personalvertretungsrecht keine solchen Anhaltspunkte, ist grundsätzlich auf die dienstrechtliche
Definition abzustellen. Es ist dann nach dem Zweck des Mitbestimmungsrechts zu ermitteln, ob
der personalvertretungsrechtliche Gehalt in jeder Hinsicht dem dienstrechtlichen entspricht. Ein
Auseinanderfallen der Begriffe darf nicht dazu führen, dass diese im Personalvertretungsrecht auf
Sachverhalte angewandt werden, denen wesentliche Elemente des dienstrechtlichen
Begriffsinhalts fehlen (BVerwG 12. September 2002 - 6 P 11/01 - zu II 1 aa der Gründe, AP
LPVG Berlin § 86 Nr. 2; 6. April 1984 - 6 P 12/82 - zu II der Gründe, Buchholz 238.36 PersVG ND
§ 6 Nr. 1).
101 Ob ein Beschäftigter versetzt wird, beurteilt sich damit auf der Grundlage des auf sein
Beschäftigungsverhältnis anzuwendenden Statusrechts und nach Maßgabe des
verwaltungsorganisatorischen Aufbaus der Dienststelle, der er angehört (BAG 6. August 1991 -
1 AZR 573/90 - zu II 2 der Gründe, ZTR 1992, 128). Während bei Beamten unter Versetzung
iSv. § 26 aF BBG (nunmehr § 28 Abs. 1 BBG) die auf Dauer angelegte Übertragung eines
anderen Amtes im funktionellen Sinn bei einer anderen Behörde desselben oder eines anderen
Dienstherrn zu verstehen ist (BVerwG 15. November 2006 - 6 P 1/06 - Rn. 17, BVerwGE 127,
142), ist bei Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes unter Versetzung grundsätzlich ein
dauerhafter Wechsel auf einen Arbeitsplatz in einer anderen Dienststelle desselben Arbeitgebers
zu sehen (BAG 22. Januar 2004 - 1 AZR 495/01 - zu II 2 b aa der Gründe, AP ZPO § 91a Nr. 25).
Hieran hat sich auch nach Inkrafttreten des TV-L nichts geändert. Vielmehr definiert die
Protokollerklärung Nr. 2 zu § 4 Abs. 1 TV-L als Versetzung ausdrücklich die Zuweisung einer auf
Dauer bestimmten Beschäftigung bei einer anderen Dienststelle oder einem anderen Betrieb
desselben Arbeitgebers unter Fortsetzung des bestehenden Arbeitsverhältnisses.
102 (2) Bei Personalgestellungen iSd. § 10 VersÄmtEinglG handelt es sich nicht um Versetzungen
iSd. § 72 Abs. 1 Nr. 5 LPVG NW.
103 Als Personalgestellung im Sinn des TV-L wird gemäß Satz 1 der Protokollerklärung zu § 4 Abs. 3
TV-L die auf Dauer angelegte Beschäftigung bei einem Dritten unter Fortsetzung des
bestehenden Arbeitsverhältnisses bezeichnet. Keinen anderen Inhalt hat die Personalgestellung
nach den Regelungen des VersÄmtEinglG; hinsichtlich deren Ausgestaltung wird ausdrücklich -
wie in Satz 2 der Protokollerklärung zu § 4 Abs. 3 TV-L - auf den Abschluss von
Personalgestellungsverträgen verwiesen. Damit unterscheidet sich die Personalgestellung von
der Versetzung im tarifrechtlichen Sinn gerade dadurch, dass die Beschäftigung bei einem Dritten
erfolgt.
104 Dies schließt nicht grundsätzlich aus, dass bei der Schaffung neuer, zum Zeitpunkt des
Inkrafttretens des entsprechenden Personalvertretungsgesetzes noch nicht existierender
Tarifbegriffe diese nach dem Zweck des Mitbestimmungsrechts unter bestehende Normen
subsumiert werden können oder dass eine analoge oder entsprechende Anwendung in Betracht
kommt (vgl. zur Personalgestellung Altvater/Hamer/Kröll/Lemcke/Peiseler BPersVG 6. Aufl. § 75
Rn. 78; Jordan Personalgestellung nach § 4 Abs. 3 TVöD/TV-L PersR 2007, 378; Welkoborsky
Gestellung und Personalvertretung in Sozialer Dialog in der Krise 2009 S. 107, 112 ff.; wohl auch
Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese Stand Juni 2010 TV-L § 4 Rn. 46 [aus Gründen der
Rechtssicherheit]; aA Sponer/Steinherr Stand Mai 2010 TV-L § 4 Rn. 144).
105 Im Falle des § 72 Abs. 1 Nr. 5 LPVG NW ist dies allerdings im Hinblick auf die mit Wirkung vom
17. Oktober 2007 erfolgte Novellierung des Personalvertretungsrechts in Nordrhein-Westfalen
nicht möglich (ebenso VerwG Köln 28. November 2007 - 34 L 1580/07.PVL -; VerwG Minden
5. Dezember 2007 - 12 L 555/07.PVL -; VerwG Münster 18. Dezember 2007 - 22 L 667/07.PVL -
). Ziel der Gesetzesnovellierung war ua. die Anpassung an die Regelungen des
Bundespersonalvertretungsrechts und an Bestimmungen des neuen Tarifrechts (Landtag
Nordrhein-Westfalen Drucks. 14/4239 S. 2, 85). Dementsprechend ist beispielsweise der
Mitbestimmungstatbestand des § 72 Abs. 1 Nr. 6 LPVG NW („… Zuweisung von Arbeitnehmern
gemäß tarifrechtlicher Vorschriften für eine Dauer von mehr als drei Monaten und ihre
Aufhebung“) verändert worden. Zur Begründung wurde auf eine „Rechtsfolgeänderung infolge …
des neuen Tarifrechts“ verwiesen (Landtag Nordrhein-Westfalen Drucks. 14/4239 S. 98). Die
Aufnahme eines Mitbestimmungstatbestands bei der Personalgestellung ist dagegen - trotz
entsprechender Bestrebungen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens (vgl. Landtag
Nordrhein-Westfalen Drucks. 14/5034 S. 62 und Stellungnahme 14/1211 zum Gesetzentwurf
S. 13 f.) - unterblieben. Gleichzeitig ist ein vorher bestehender Mitbestimmungstatbestand im
Zuge der Novellierung gestrichen worden, der sich auf Personalgestellungsverträge bezog (§ 72
Abs. 4 Nr. 19 LPVG NW aF). Danach muss davon ausgegangen werden, dass es sich bei dem
Fehlen eines Mitbestimmungstatbestands hinsichtlich der Personalgestellung um eine bewusste
gesetzgeberische Entscheidung und nicht um eine unbewusste Lücke handelt. Weder kann
daher die Personalgestellung als Versetzung iSd. § 72 Abs. 1 Nr. 5 LPVG NW angesehen
werden, noch ist eine analoge Anwendung dieser Vorschrift möglich (vgl. dazu BAG 18. März
2010 - 6 AZR 156/09 - Rn. 27, NZA 2010, 824). Soweit dadurch eine Schutzlücke für die
Beschäftigten entstanden ist, die dauerhaft einem Dritten zur Arbeitsleistung überlassen werden,
ist dies durch den Gesetzgeber gewollt.
106 dd) Es kann dahinstehen, ob die Eingliederung der Klägerin in die Dienststelle des Kreises Olpe
als Einstellung iSd. § 72 Abs. 1 Nr. 1 LPVG NW anzusehen ist und deshalb der Beteiligung des
dort bestehenden Personalrats bedurfte.
107 Auch wenn dies der Fall war (vgl. etwa BVerwG 20. Mai 1992 - 6 P 4/90 - BVerwGE 90, 194;
16. September 1994 - 6 P 32/92 - BVerwGE 96, 355), steht die fehlende Beteiligung des
Personalrats einem Einsatz der Klägerin beim Kreis Olpe nicht entgegen. Die Mitbestimmung bei
der Einstellung nach den Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes oder der
Personalvertretungsgesetze dient in erster Linie dem Schutz der bestehenden Belegschaft (vgl.
BVerwG 20. Mai 1992 - 6 P 4/90 - zu II 2 b bb der Gründe, aaO; BAG 5. April 2001 - 2 AZR
580/99 - zu II 2 c cc (2) und (3) der Gründe, BAGE 97, 276). Ein Leistungsverweigerungsrecht
des einzelnen Arbeitnehmers besteht deswegen nur dann, wenn der Betriebsrat oder Personalrat
die Aufhebung der Beschäftigung des ohne seine Zustimmung Eingestellten begehrt (BAG
5. April 2001 - 2 AZR 580/99 - aaO). Dies ist von keiner Seite vorgetragen worden.
108 g) Es kann dahinstehen, ob, in welcher Weise und ggf. mit welchen Rechtsfolgen eine nach
§§ 94 ff. SGB IX gebildete Schwerbehindertenvertretung bei der Erstellung des Zuordnungsplans
zu beteiligen war und ob eine Beteiligung erfolgt ist. Die Klägerin hat zwar eine mangelnde
Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung gerügt, aber nicht dargelegt, dass sie selbst
überhaupt den Regelungen des SGB IX unterliegt.
109 III. Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Mikosch
Richterin am
Bundesarbeitsgericht
Marquardt ist aus dem
aktiven
Richterdienst
ausgeschieden.
Mikosch
W.
Reinfelder
Züfle
Großmann