Urteil des BAG vom 14.02.2012

Betriebsrentenanpassung - (ergänzende) Auslegung einer vertraglichen Anpassungsregelung

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 14.2.2012, 3 AZR 109/10
Betriebsrentenanpassung - (ergänzende) Auslegung einer vertraglichen Anpassungsregelung
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird - unter Zurückweisung der Revision
der Beklagten im Übrigen - das Urteil des Landesarbeitsgerichts
Niedersachsen vom 1. Dezember 2009 - 3 Sa 640/09 B - teilweise
aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lüneburg
vom 6. April 2009 - 4 Ca 552/08 B - auf die Berufung der Beklagten - unter
Zurückweisung der Berufung der Beklagten im Übrigen sowie unter
Zurückweisung der Berufung des Klägers - teilweise abgeändert und zur
Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger rückständige Betriebsrente für
die Zeit von Januar bis Dezember 2008 iHv. 804,96 Euro brutto nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus
jeweils 67,08 Euro seit dem jeweiligen Ersten des jeweiligen
Folgemonats, beginnend mit dem 1. Februar 2008 und endend mit dem
2. Januar 2009 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auch über den
31. Dezember 2008 hinaus das Ruhegeld des Klägers nach § 3 Abs. 5
der Ruhegeldsatzung entsprechend den zwischen den
Tarifvertragsparteien des TV-L vereinbarten Erhöhungen der
Tabellenentgelte prozentual anzupassen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten der 1. Instanz haben der Kläger zu 58 % und die Beklagte zu
42 % zu tragen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens haben
der Kläger zu 42 % und die Beklagte zu 58 % zu tragen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten über die Berechnung der Betriebsrente des Klägers.
2 Der 1942 geborene Kläger war vom 20. Januar 1975 bis zum 31. August 2006 bei der
Beklagten beschäftigt. Im Dienstvertrag vom 6. Juli 1976 hatten die Parteien ua. vereinbart:
㤠2
Die Vergütung und der Erholungsurlaub werden in Anlehnung an den Bundes-
Angestellten-Tarifvertrag (BAT) gewährt. Herr D ist in die Vergütungsgruppe II b des
BAT eingruppiert.“
3 Die Betriebsrente des Klägers berechnet sich nach der „Ruhegeldsatzung der Industrie-
und Handelskammer für den Regierungsbezirk L vom 2. Dezember 1976“ (im Folgenden:
Ruhegeldsatzung), die auszugsweise lautet:
㤠3
Höhe der Ruhegeldleistungen
1) Als Ruhegeld wird monatlich der Betrag gewährt, um den die Summe der in
Absatz 2 genannten Bezüge hinter der errechneten Gesamtversorgung
zurückbleibt.
2) Bezüge im Sinne des Absatzes 1 sind:
Renten wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit oder das Altersruhegeld aus
der gesetzlichen Rentenversicherung.
...
3) Die Gesamtversorgung wird auf der Grundlage der
gesamtversorgungsfähigen Zeit und des monatlichen Bruttogehaltes, das dem
Versorgungsberechtigten bei Eintritt des Versorgungsfalles gewährt wurde,
errechnet. Wenn ein Anspruch auf höheren Ortszuschlag für
versorgungsberechtigte Kinder besteht, wird der höhere Ortszuschlag
ungekürzt dem Ruhegehalt zugerechnet.
Die Gesamtversorgung beginnt nach Ablauf der Wartezeit mit 35 % vom
Entgelt. Sie steigt in den folgenden 15 Dienstjahren der
gesamtversorgungsfähigen Zeit um jährlich 2 % und in den folgenden
weiteren Dienstjahren um jährlich 1 % bis zu höchstens 75 %.
Tritt der Versorgungsfall nach 25jähriger Dienstzeit bei der Kammer ein, so ist
in jedem Fall der Höchstsatz von 75 % der Gesamtversorgungsbezüge
erreicht.
4) Die gesamtversorgungsfähige Zeit ist die Dienstzeit bei der Industrie- und
Handelskammer für den Regierungsbezirk L. ...
5) Das bei Eintritt des Versorgungsfalles errechnete Ruhegeld wird in der
Versorgungszeit den tariflichen Änderungen der Bezüge nach dem
Bundesangestelltentarif, unter Berücksichtigung der Bezüge nach § 3 Abs. 2,
angepaßt.“
4 Der Kläger war zuletzt in die VergGr. Ia der Anlage zum BAT eingruppiert und bezog eine
monatliche Vergütung iSd. § 3 Abs. 3 der Ruhegeldsatzung iHv. insgesamt 5.162,00 Euro
brutto, die sich aus einem Grundgehalt iHv. 4.293,34 Euro brutto, einem Ortszuschlag iHv.
672,18 Euro brutto, einer Stellenzulage iHv. 42,98 Euro brutto sowie einer
Leistungszulage iHv. 153,50 Euro brutto zusammensetzte.
5 Ausweislich des Rentenbescheides der Deutschen Rentenversicherung Bund bezog er in
der Zeit von Januar bis Juni 2008 eine Altersrente aus der gesetzlichen
Rentenversicherung iHv. monatlich 1.558,54 Euro. Seit dem 1. Juli 2008 beläuft sich diese
Rente auf 1.575,75 Euro. Die Beklagte zahlte an den Kläger in der Zeit von Januar 2008
bis Juni 2008 eine monatliche Betriebsrente iHv. 2.403,53 Euro brutto und in der Zeit von
Juli 2008 bis Dezember 2008 eine solche iHv. 2.386,32 Euro brutto. In beiden Beträgen ist
jeweils der höhere Ortszuschlag für versorgungsberechtigte Kinder nach § 3 Abs. 3 der
Ruhegeldsatzung iHv. 90,57 Euro enthalten.
6 Bis zum 1. Oktober 2005 bzw. 1. November 2006 richteten sich die Rechtsverhältnisse der
Angestellten im öffentlichen Dienst - sofern beide Parteien tarifgebunden waren oder die
Geltung der Tarifverträge durch arbeitsvertragliche Bezugnahme- oder
Verweisungsklausel vereinbart war - nach dem BAT. Am 1. Oktober 2005 traten für den
Bereich des Bundes und der kommunalen Arbeitgeberverbände der TVöD vom
13. September 2005 und die Tarifverträge zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes
in den TVöD sowie der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur
Regelung des Übergangsrechts in Kraft, wonach die bisherigen Tarifverträge durch den
TVöD ersetzt (§ 2 TVÜ-Bund) bzw. abgelöst (§ 2 TVÜ-VKA) wurden. Für den Bereich der
Tarifgemeinschaft deutscher Länder traten zum 1. November 2006 der TV-L vom
12. Oktober 2006 sowie der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in
den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts in Kraft, wonach der TV-L iVm. dem
TVÜ-Länder für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder die bisherigen
Tarifverträge ersetzt, § 2 Abs. 1 TVÜ-Länder.
7 Am 8. Juni 2006 schlossen die Tarifgemeinschaft deutscher Länder und die ver.di -
Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft den „Tarifvertrag über Einmalzahlungen für die
Jahre 2006 und 2007“ (im Folgenden: TV Einmalzahlungen). Dieser Tarifvertrag enthält
unter § 3 die folgende Regelung:
„Erhöhung der Tabellenentgelte im Jahr 2008
Die Beträge der ab 1. November 2006 maßgebenden Entgelttabelle werden im
Tarifgebiet West ab 1. Januar 2008 um 2,9 v.H. erhöht. ... Die Beträge der
Entgelttabelle werden dabei auf volle 5 Euro aufgerundet.“
8 Der Kläger hat mit seiner Klage - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - für die
Zeit ab dem 1. Januar 2008 eine Anpassung seiner Betriebsrente nach § 3 Abs. 5 der
Ruhegeldsatzung unter Berücksichtigung der in § 3 des TV Einmalzahlungen
vorgesehenen prozentualen Erhöhung der Tabellenentgelte um 2,9 % geltend gemacht. Er
hat die Auffassung vertreten, für die Anpassung seiner Betriebsrente nach dieser
Bestimmung seien nunmehr die tariflichen Änderungen der Entgelte nach dem TV-L
maßgeblich. Der TV-L habe für den Bereich des Landes Niedersachsen die Regelungen
des BAT ersetzt. Die im TV Einmalzahlungen vorgesehenen Tariferhöhungen seien bei
der Anpassung seines Ruhegeldes in der Weise zu berücksichtigen, dass das monatliche
Bruttogehalt iSd. § 3 Abs. 3 der Ruhegeldsatzung um 2,9 % angehoben und auf dieser
Basis die Gesamtversorgung neu ermittelt werde. Nicht ausreichend sei es, lediglich den
von der Beklagten gezahlten Differenzbetrag zwischen der Gesamtversorgung und den
Bezügen nach § 3 Abs. 2 der Ruhegeldsatzung anzupassen.
9 Der Kläger hat zuletzt - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - sinngemäß
beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn rückständige Betriebsrente für die Zeit von
Januar bis Dezember 2008 iHv. insgesamt 1.375,38 Euro brutto zzgl. Zinsen
iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 114,48 Euro seit
dem 1. Februar 2008, 1. März 2008, 1. April 2008, 1. Mai 2008, 1. Juni 2008
sowie 1. Juli 2008 und aus jeweils 114,75 Euro seit dem 1. August 2008,
1. September 2008, 1. Oktober 2008, 1. November 2008, 1. Dezember 2008
und 2. Januar 2009 zu zahlen,
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, das bei Eintritt des
Versorgungsfalles errechnete Ruhegeld zu Gunsten des Klägers in der
Versorgungszeit den tariflichen Änderungen der Bezüge nach dem TV-L unter
Berücksichtigung der Bezüge nach § 3 Abs. 2 der Ruhegeldsatzung vom
2. Dezember 1976 jeweils zum Zeitpunkt der tariflichen Veränderung und
zwar in gleicher prozentualer Höhe wie die Tarifgehälter anzupassen.
10 Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
11 Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Anpassung der Betriebsrente des Klägers
richte sich, nachdem der TV-L für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder
den BAT ersetzt habe, nach § 16 BetrAVG. Die Ruhegeldsatzung nehme nicht auf den
BAT in seiner jeweiligen Fassung und auf die den BAT ergänzenden oder ersetzenden
Tarifverträge Bezug. Eine etwaige Regelungslücke könne durch Rückgriff auf § 16
BetrAVG gefüllt werden. Diese Bestimmung verfolge - ebenso wie § 3 Abs. 5 der
Ruhegeldsatzung - den Zweck, das Ruhegeld der Entwicklung der Lebenshaltungskosten
anzupassen. Soweit dennoch die Tarifänderungen nach dem TV-L zu berücksichtigen
seien, habe keine Neuberechnung der Gesamtversorgung zu erfolgen; vielmehr sei die
von der Beklagten gezahlte Betriebsrente entsprechend zu erhöhen.
12 Das Arbeitsgericht hat der Klage mit dem Antrag zu 1. iHv. 870,90 Euro nebst Zinsen und
mit dem Antrag zu 2. vollständig entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage mit
beiden Anträgen in vollem Umfang stattgegeben. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte
ihr Ziel der vollständigen Klageabweisung weiter. Der Kläger beantragt die
Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
13 A. Die Revision der Beklagten ist teilweise begründet. Das Landesarbeitsgericht hat dem
Klageantrag zu 1. zu Unrecht in vollem Umfang stattgegeben. Der Klageantrag zu 1. ist
lediglich iHv. 804,96 Euro begründet. Die weitergehende Zahlungsklage ist unter
teilweiser Aufhebung des Berufungsurteils und teilweiser Abänderung der
erstinstanzlichen Entscheidung abzuweisen. Dem Klageantrag zu 2. hat das
Landesarbeitsgericht zu Recht stattgegeben. Der Klageantrag zu 2. ist in der gebotenen
Auslegung zulässig und begründet.
14 I. Der Klageantrag zu 1. ist iHv. 804,96 Euro begründet. Der Kläger kann von der
Beklagten verlangen, dass diese an ihn für die Zeit von Januar 2008 bis Dezember 2008
über die monatlich gezahlte Betriebsrente hinaus monatlich weitere 67,08 Euro brutto
zahlt. Der Anspruch des Klägers folgt aus § 3 Abs. 5 der Ruhegeldsatzung, wonach das
bei Eintritt des Versorgungsfalles errechnete Ruhegeld in der Versorgungszeit den
tariflichen Änderungen der Bezüge nach dem Bundesangestelltentarif, unter
Berücksichtigung der Bezüge nach § 3 Abs. 2 angepasst wird.
15 1. Die Beklagte ist nach § 3 Abs. 5 der Ruhegeldsatzung verpflichtet, das Ruhegeld des
Klägers ab dem 1. Januar 2008 entsprechend der zwischen den Tarifvertragsparteien des
TV-L in § 3 des TV Einmalzahlungen vereinbarten prozentualen Steigerung der
Tabellenentgelte anzupassen. Dies ergibt die Auslegung des § 3 Abs. 5 der
Ruhegeldsatzung, die als Teil einer Gesamtzusage eine Allgemeine Geschäftsbedingung
iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB ist.
16 a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen
Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern
unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden
werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des
Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner
Geschäftsbedingungen ist zunächst der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das
Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck
sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG
27. Juli 2010 - 3 AZR 777/08 - Rn. 21, AP BGB § 307 Nr. 46 = EzA BGB 2002 § 307
Nr. 48; 18. Mai 2010 - 3 AZR 373/08 - Rn. 49 f., BAGE 134, 269; 10. Juni 2009 - 4 AZR
194/08 - Rn. 28, AP BGB § 157 Nr. 38).
17 Weist eine vertragliche Vereinbarung eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen
Unvollständigkeit auf, kommt eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht, wenn die
Parteien einen Punkt übersehen oder zwar nicht übersehen, aber doch bewusst deshalb
offengelassen haben, weil sie ihn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht für
regelungsbedürftig gehalten haben, und sich diese Annahme nachträglich als unzutreffend
herausstellt. Planwidrig ist eine Regelungslücke dann, wenn der Vertrag eine Bestimmung
vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde liegenden Regelungsplan der
Parteien zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrages eine
angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen wäre (BAG 21. April 2009 -
3 AZR 640/07 - Rn. 33, BAGE 130, 202).
18 b) Danach ergibt die Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen, dass die
Versorgungsregelung aufgrund der Ersetzung des BAT durch den TVöD und den TV-L
lückenhaft geworden ist. Die entstandene Regelungslücke ist im Wege einer ergänzenden
Auslegung dahin zu schließen, dass die Betriebsrente entsprechend den Tariferhöhungen
im Bereich des TV-L anzupassen ist.
19 aa) § 3 Abs. 5 der Ruhegeldsatzung ist infolge der Ablösung bzw. Ersetzung des BAT
durch den TVöD und den TV-L lückenhaft geworden.
20 (1) § 3 Abs. 5 der Ruhegeldsatzung nimmt für die Anpassung des Ruhegeldes die
tariflichen Änderungen der Bezüge nach dem Bundesangestelltentarif und damit die
jeweiligen Vergütungstarifverträge zum BAT in Bezug.
21 Unter Geltung des BAT setzte sich die Vergütung der Angestellten aus einer
Grundvergütung und dem Ortszuschlag zusammen; die Beträge der Grundvergütung und
des Ortszuschlags waren in einem besonderen Tarifvertrag (Vergütungstarifvertrag)
vereinbart, § 26 Abs. 1 und Abs. 3 BAT. Zuzüglich der Zulagen und Zuschläge ergaben
sich die Bezüge, § 36 BAT. Damit beziehen sich die „tariflichen Änderungen der Bezüge“
iSd. § 3 Abs. 5 der Ruhegeldsatzung auf die Änderungen, die sich aus den jeweiligen
Vergütungstarifverträgen zum BAT ergeben. § 3 Abs. 5 der Ruhegeldsatzung ist damit
zeitdynamisch ausgestaltet.
22 Dieser Auslegung steht nicht entgegen, dass nach § 2 des zwischen den Parteien
geschlossenen Dienstvertrages die Vergütung und der Erholungsurlaub nur „in Anlehnung
an den Bundes-Angestellten-Tarifvertrag (BAT)“ gewährt wurden. In § 3 Abs. 5 der
Ruhegeldsatzung wurden die Vergütungstarifverträge zum BAT nicht nur „in Anlehnung“ in
Bezug genommen, sondern unmittelbar. Im Übrigen stellt die Formulierung „in Anlehnung“
- jedenfalls soweit die Vergütung betroffen ist - keine Einschränkung dar, sondern ist als
Hinweis der Beklagten auf ein von ihr praktiziertes Vergütungssystem zu verstehen.
Danach hat der Angestellte Anspruch auf Vergütung nach der vertraglich vereinbarten
Vergütungsgruppe, und zwar ebenfalls dynamisch (vgl. BAG 10. November 2010 - 5 AZR
633/09 - Rn. 13, ZTR 2011, 150).
23 (2) § 3 Abs. 5 der Ruhegeldsatzung ist jedoch nicht inhaltsdynamisch ausgestaltet.
24 Der Wortlaut der Bestimmung trägt weder eine Erstreckung auf den TV-L und die zwischen
den Tarifvertragsparteien des TV-L vereinbarten Erhöhungen der Tabellenentgelte noch
eine Erstreckung auf den TVöD und die zwischen den Tarifvertragsparteien dieses
Tarifvertrages vereinbarten Erhöhungen der Tabellenentgelte. Beide Tarifverträge werden
nicht von der vertraglichen Verweisung auf den BAT erfasst. Ein Zusatz, dass auch die
den BAT ersetzenden Tarifverträge Anwendung finden sollen, findet sich in § 3 Abs. 5 der
Ruhegeldsatzung nicht.
25 (3) Hierdurch ist nachträglich eine Regelungslücke entstanden.
26 Aus der zeitdynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf die jeweils geltenden
Vergütungstarifverträge ergibt sich der Wille der Parteien, die Entwicklung der
Betriebsrenten an der Tarifentwicklung im öffentlichen Dienst auszurichten. Das Ruhegeld
soll diejenigen Steigerungen erfahren, die für das Entgelt der von dem in Bezug
genommenen Tarifwerk erfassten aktiven Mitarbeiter gelten. Dieses Ziel kann aufgrund
der Ersetzung des BAT durch den TVöD und den TV-L nicht mehr erreicht werden, denn
die Vergütungstarifverträge zum BAT werden nicht mehr weiterentwickelt; an ihre Stelle
sind die zwischen den jeweiligen Tarifvertragsparteien vereinbarten Erhöhungen der
Tabellenentgelte nach dem TVöD und TV-L getreten. Diese Tarifentwicklung im
öffentlichen Dienst wurde bei Schaffung der Ruhegeldsatzung nicht bedacht. Hierdurch ist
§ 3 Abs. 5 der Ruhegeldsatzung lückenhaft geworden. Infolge der Tarifsukzession kann
die in der Ruhegeldsatzung zeitdynamisch ausgestaltete Bezugnahme auf die
Steigerungen der Vergütung nach den Vergütungstarifverträgen zum BAT keine
Rechtswirkungen mehr entfalten; sie wirkt, da die Vergütungstarifverträge zum BAT nicht
mehr weiterentwickelt werden, lediglich als statische fort. Sie dennoch weiterhin als
Grundlage der Anpassungsentscheidung nach § 3 Abs. 5 der Ruhegeldsatzung
anzusehen, widerspräche dem Zweck der Bestimmung. Es träte eine Festschreibung der
überholten tariflichen Rechtslage ein. Dies entspricht nicht dem mit § 3 Abs. 5 der
Ruhegeldsatzung angestrebten Willen, das Ruhegeld während der Bezugsdauer zu
dynamisieren.
27 (4) Der Entstehung einer Regelungslücke steht entgegen der Rechtsauffassung der
Beklagten nicht entgegen, dass § 16 BetrAVG den Versorgungsempfängern einen
Anspruch auf Anpassungsprüfung und -entscheidung einräumt.
28 Mit der in § 3 Abs. 5 der Ruhegeldsatzung getroffenen Anpassungsregelung wurde die
Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 BetrAVG nicht beseitigt; § 3 Abs. 5 der
Ruhegeldsatzung enthält vielmehr eine zusätzliche Regelung über die Anpassung der
Betriebsrente, die neben den Anpassungsmechanismus nach § 16 BetrAVG tritt und den
Versorgungsberechtigten die dort vorgesehene Anpassung der Betriebsrenten
unabhängig von der wirtschaftlichen Lage der Beklagten garantiert. Diese
Anpassungsregelung wirkte sich in der Vergangenheit auch regelmäßig zu Gunsten der
Betriebsrentner aus, da die tariflichen Steigerungen der Vergütung regelmäßig über dem
Anpassungsbedarf nach § 16 BetrAVG lagen. Damit sollte § 3 Abs. 5 der
Ruhegeldsatzung erkennbar eine für die Betriebsrentner günstigere Regelung schaffen.
29 bb) Die Regelungslücke ist durch ergänzende Auslegung dahin zu schließen, dass § 3
Abs. 5 der Ruhegeldsatzung nunmehr den TV-L und die zu diesem geschlossenen
Entgelttarifverträge in Bezug nimmt.
30 (1) Die Vertragsergänzung muss für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung
eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Es ist zu fragen,
was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und
Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unvollständigkeit
ihrer Regelung bekannt gewesen wäre (BAG 18. Mai 2011 - 5 AZR 213/09 - Rn. 18 mwN,
AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 89).
31 Da die ergänzende Vertragsauslegung eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend
schließt, ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen
typisierten Parteiwillens und der Interessenlage der Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Das
gilt auch dann, wenn eine Lücke sich erst nachträglich als Folge des weiteren Verlaufs der
Dinge ergeben hat. Zur Lückenschließung ist deshalb an den Vertrag selbst anzuknüpfen,
denn die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind
Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit irgend möglich, sind danach Lücken im
Wege der ergänzenden Vertragsauslegung in der Weise auszufüllen, dass die Grundzüge
des konkreten Vertrages „zu Ende gedacht“ werden (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 -
Rn. 31 mwN, BAGE 134, 283).
32 (2) Danach hätten die Parteien redlicherweise für den Fall der hier vorliegenden
Tarifsukzession an Stelle des in § 3 Abs. 5 der Ruhegeldsatzung genannten tariflichen
Regelungswerks das nachfolgende tarifliche Regelungswerk des öffentlichen Dienstes in
Bezug genommen. Eine statische Weitergeltung des BAT hätte ihren Interessen nicht
entsprochen. Die nähere Ausgestaltung der Anpassung des Ruhegeldes wurde mit der
dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf die Vergütungstarifverträge des BAT für
die Zukunft der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes
anvertraut. Die mit der Tarifsukzession verbundene Änderung der Tarifwerke wirkt nicht
anders auf die Ruhegeldsatzung ein als eine tiefgreifende inhaltliche Änderung des in der
Ruhegeldsatzung benannten Tarifwerks. Mit dem Nachvollziehen der Tarifsukzession auf
der Ebene der Ruhegeldsatzung werden die Parteien nicht anders gestellt, als sie
stünden, wenn die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes den BAT reformiert und
ihm einen neuen Inhalt gegeben hätten (vgl. BAG 25. August 2010 - 4 AZR 14/09 - Rn. 28,
AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 21).
33 (3) Aufgrund der Aufspaltung der bis zum 30. September 2005 weitgehend gleich
lautenden Regelungen für die Angestellten des öffentlichen Dienstes in die tariflichen
Regelungen des TVöD (Bund und Kommunen) einerseits und des TV-L (Länder)
andererseits ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zudem zu bestimmen,
welche Nachfolgeregelung nach § 3 Abs. 5 der Ruhegeldsatzung maßgebend sein soll,
welches Tarifwerk die Parteien also in Bezug genommen hätten, wenn sie die
eingetretene aufgespaltene Tarifsukzession bedacht hätten. Das sind vorliegend die
Tarifwerke für den öffentlichen Dienst der Länder.
34 Ausgehend von Sinn und Zweck der Bezugnahme des § 3 Abs. 5 der Ruhegeldsatzung,
die Betriebsrente in dem Umfang anzupassen, in dem die Vergütungen der aktiven
Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst steigen, weist § 3 Abs. 5 der Ruhegeldsatzung auf ein
Interesse der Beklagten hin, aus Wettbewerbs- und Arbeitsmarktgründen dasjenige
Tarifsystem zur Geltung zu bringen, das typischerweise gelten würde, wenn die
ausgeübten Tätigkeiten innerhalb des öffentlichen Dienstes erbracht würden (vgl. BAG
25. August 2010 - 4 AZR 14/09 - Rn. 30, AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 21). Das ist
das Tarifwerk der Länder.
35 Bei der Beklagten handelt es sich um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die der
Rechtsaufsicht des Landes Niedersachsen unterliegt. Damit sind ihre Mitarbeiter mit den
im Land Niedersachsen beschäftigten Mitarbeitern bzw. den Pensionären des Landes
Niedersachsen eher vergleichbar als mit den Mitarbeitern auf kommunaler Ebene oder auf
Bundesebene. Davon gehen inzwischen auch die Parteien aus.
36 c) Die Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien ergibt zudem, dass
lediglich die von der Beklagten zu zahlenden laufenden Leistungen anzupassen sind,
nicht jedoch die bei Eintritt des Versorgungsfalles ermittelte Gesamtversorgung. Es hat
auch keine vollständige Neuberechnung des Ruhegeldes stattzufinden, wie der Kläger
meint.
37 aa) Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers bedeutet „Anpassung des Ruhegeldes“
in § 3 Abs. 5 der Ruhegeldsatzung nicht, dass das monatliche Bruttogehalt iSd. § 3 Abs. 3
der Ruhegeldsatzung anzuheben und auf dieser Basis die Gesamtversorgung neu zu
ermitteln ist. Nach § 3 Abs. 5 der Ruhegeldsatzung ist lediglich das Ruhegeld
anzupassen. Das ist der Betrag, um den die Sozialversicherungsrente des Klägers hinter
der für ihn bei Eintritt des Versorgungsfalles errechneten Gesamtversorgung zurückbleibt.
38 (1) Nach § 3 Abs. 5 der Ruhegeldsatzung wird „das bei Eintritt des Versorgungsfalles
errechnete Ruhegeld ... in der Versorgungszeit“ angepasst. Damit wird klargestellt, dass
das Ruhegeld nur einmal, nämlich bei Eintritt des Versorgungsfalles, berechnet wird und
dass das so ermittelte Ruhegeld im weiteren Verlauf der Versorgungszeit angepasst wird,
also gerade keine Neuermittlung der Gesamtversorgung stattfindet.
39 (2) Mit der Formulierung „das … errechnete Ruhegeld“ nimmt § 3 Abs. 5 der
Ruhegeldsatzung zudem § 3 Abs. 1 der Ruhegeldsatzung in Bezug, wonach als Ruhegeld
monatlich der Betrag gewährt wird, um den die Summe der in Abs. 2 genannten Bezüge
hinter der errechneten Gesamtversorgung zurückbleibt. Danach ist die Gesamtversorgung
nur ein Berechnungsfaktor zur Ermittlung des Ruhegeldes.
40 (3) Dem steht nicht entgegen, dass nach § 3 Abs. 5 der Ruhegeldsatzung die Anpassung
des Ruhegeldes auch „unter Berücksichtigung der Bezüge nach § 3 Abs. 2“ erfolgt. Dies
bedeutet nur, dass auch eine Veränderung bei diesen Bezügen zu einer Veränderung des
Ruhegeldes führt. § 3 Abs. 5 der Ruhegeldsatzung sieht eine Anpassung des Ruhegeldes
damit nicht nur dann vor, wenn es zu tariflichen Änderungen der Vergütung/des Entgelts
der aktiven Beschäftigten kommt, sondern auch dann, wenn sich die Bezüge des
Betriebsrentners nach § 3 Abs. 2 der Ruhegeldsatzung verändern. Steigt die Vergütung
der aktiven Beschäftigten, so führt dies zu einer Erhöhung des Ruhegeldes im Umfang der
tariflichen Steigerungen; erhöhen oder vermindern sich die Bezüge des
Versorgungsberechtigten nach § 3 Abs. 2 der Ruhegeldsatzung, so ist das Ruhegeld um
den konkreten Steigerungs- bzw. um den konkreten Minderungsbetrag durch
entsprechende Berücksichtigung der Änderung bei der Anrechnung zu vermindern oder zu
erhöhen.
41 So verstanden führt die Bestimmung der Ruhegeldsatzung auch nicht zu einem
Abschmelzen des Versorgungsniveaus auf unter 75 % des pensionsfähigen Einkommens,
wie der Kläger meint. Ausweislich § 1 iVm. § 3 der Ruhegeldsatzung hat die Beklagte den
Mitarbeitern versprochen, ihre Sozialversicherungsrente bis zu maximal 75 % des letzten
Bruttomonatsverdienstes aufzustocken. Gerade diesem Anliegen wird § 3 Abs. 5 der
Ruhegeldsatzung gerecht, wonach das Ruhegeld auch dann anzupassen, dh. zu erhöhen
oder zu vermindern ist, wenn sich die Bezüge des Versorgungsberechtigten nach § 3
Abs. 2 der Ruhegeldsatzung verändern. Im Falle einer Erhöhung der Bezüge nach § 3
Abs. 2 der Ruhegeldsatzung sind allerdings stets die Vorgaben des § 5 Abs. 1 BetrAVG zu
beachten, wonach die bei Eintritt des Versorgungsfalles festgesetzten Leistungen der
betrieblichen Altersversorgung nicht mehr dadurch gemindert oder entzogen werden
dürfen, dass Beträge, um die sich andere Versorgungsbezüge nach diesem Zeitpunkt
durch Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung erhöhen, angerechnet oder bei der
Begrenzung der Gesamtversorgung auf einen Höchstbetrag berücksichtigt werden. Von
dieser Bestimmung kann nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden,
§ 17 Abs. 3 BetrAVG.
42 bb) In Anwendung dieser Grundsätze kann der Kläger von der Beklagten für die Zeit von
Januar bis Juni 2008 eine monatliche Betriebsrente iHv. 2.470,61 Euro brutto und für die
Zeit von Juli bis Dezember 2008 eine monatliche Betriebsrente iHv. 2.453,40 Euro brutto
verlangen.
43 (1) Der Kläger hat bei Eintritt des Versorgungsfalles eine monatliche Bruttovergütung iHv.
5.162,00 Euro bezogen. Da er mehr als 25 Jahre bei der Beklagten beschäftigt war, war
der Höchstsatz der Gesamtversorgung von 75 % erreicht. Danach belief sich die
Gesamtversorgung auf 3.871,50 Euro. Für die Zeit von Januar bis Juni 2008 ist von dieser
Gesamtversorgung die vom Kläger bezogene Rente aus der gesetzlichen
Rentenversicherung iHv. 1.558,54 Euro in Abzug zu bringen, was einen Betrag iHv.
2.312,96 Euro ergibt. Dies ist das dem Kläger nach § 3 der Ruhegeldsatzung zustehende
Ruhegeld.
44 (2) Da nach § 3 des TV Einmalzahlungen die Beträge der ab dem 1. November 2006
maßgeblichen Entgelttabelle ab dem 1. Januar 2008 um 2,9 % erhöht wurden und § 3
Abs. 5 der Ruhegeldsatzung in ergänzender Auslegung auf diese Steigerung der
Tabellenentgelte Bezug nimmt, erhöht sich das Ruhegeld des Klägers ab dem 1. Januar
2008 um 67,08 Euro auf 2.380,04 Euro. Die in § 3 des TV Einmalzahlungen vorgesehene
Aufrundung der Beträge der Entgelttabelle auf volle 5,00 Euro kommt dabei nicht zum
Tragen. § 3 Abs. 5 der Ruhegeldsatzung knüpft an die tariflichen Änderungen der Bezüge
an. Diese sollen maßgeblich sein für die Anpassung des Ruhegeldes. Damit stellt die
Ruhegeldsatzung nur auf die prozentuale Steigerung der Vergütung der aktiven
Beschäftigten ab. Demgegenüber betrifft die in § 3 des TV Einmalzahlungen angeordnete
Aufrundung nur die in der Entgelttabelle auszuweisenden Beträge.
45 Dem so ermittelten Ruhegeld iHv. 2.380,04 Euro ist, da der Kläger Anspruch auf höheren
Ortszuschlag für versorgungsberechtigte Kinder hat, ein Betrag iHv. 90,57 Euro
hinzuzurechnen, so dass sich insgesamt ein Betriebsrentenanspruch iHv. 2.470,61 Euro
ergibt. Der höhere Ortszuschlag für versorgungsberechtigte Kinder iHv. 90,57 Euro ist
nicht Teil des Ruhegeldes iSd. § 3 Abs. 1 der Ruhegeldsatzung, sondern ausweislich § 3
Abs. 3 der Ruhegeldsatzung Teil der insgesamt zu beanspruchenden Betriebsrente,
nämlich des Ruhegehalts, das sich aus ggf. zwei Komponenten, nämlich dem Ruhegeld
iSv. § 3 Abs. 1 der Ruhegeldsatzung und - sofern Anspruch auf höheren Ortszuschlag für
versorgungsberechtigte Kinder besteht - diesem Zuschlag zusammensetzt. Der Zuschlag
ist deshalb weder bei der Berechnung des pensionsfähigen Einkommens und damit auch
nicht bei der Berechnung der Gesamtversorgung zu berücksichtigen, noch nimmt er an der
Anpassung des Ruhegeldes iSv. § 3 Abs. 1 der Ruhegeldsatzung entsprechend der
prozentualen Steigerung der Tabellenentgelte teil.
46 (3) Die Beklagte hat an den Kläger in der Zeit von Januar bis Juni 2008 eine Betriebsrente
iHv. 2.403,53 Euro monatlich gezahlt, so dass sich für die Zeit von Januar bis Juni 2008
eine monatliche Differenz iHv. jeweils 67,08 Euro ergibt.
47 (4) Auch für die Zeit von Juli bis Dezember 2008 kann der Kläger rückständige
Betriebsrente iHv. monatlich 67,08 Euro beanspruchen. Ab Juli 2008 hatte sich seine
Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung von 1.558,54 Euro auf 1.575,75 Euro,
also um 17,21 Euro erhöht. Dieser Betrag ist von dem dem Kläger zustehenden Ruhegeld
iHv. 2.380,04 Euro in Abzug zu bringen, was einen Betrag iHv. 2.362,83 Euro ergibt. Zu
dem Ruhegeld ist der Ortszuschlag für versorgungsberechtigte Kinder iHv. 90,57 Euro
hinzuzurechnen, so dass sich insgesamt ein Anspruch auf eine monatliche Betriebsrente
iHv. 2.453,40 Euro errechnet. Hierauf hat die Beklagte monatlich einen Betrag iHv.
2.386,32 Euro gezahlt, so dass sich die Differenz auf 67,08 Euro beläuft.
48 2. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.
49 II. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage mit dem Antrag zu 2. zu Recht stattgegeben.
50 1. Die Klage mit dem Antrag zu 2. ist zulässig.
51 Der Kläger begehrt, wie er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich
klargestellt hat, die Feststellung, dass die Beklagte auch über den 31. Dezember 2008
hinaus verpflichtet ist, sein Ruhegeld nach § 3 Abs. 5 der Ruhegeldsatzung entsprechend
den zwischen den Tarifvertragsparteien des TV-L vereinbarten Erhöhungen der
Tabellenentgelte prozentual anzupassen.
52 Mit diesem Inhalt ist der Antrag zu 2. nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Das zur
Entscheidung des Gerichts gestellte Rechtsverhältnis bezieht sich auf eine zwischen den
Parteien bestehende Rechtsbeziehung und beinhaltet einzelne daraus entstandene
Rechte, Pflichten oder Folgen. Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der
begehrten Feststellung, da die Beklagte die Ansprüche des Klägers bestreitet. Der
Vorrang der Leistungsklage steht der Zulässigkeit des Feststellungsantrags nicht
entgegen. Der Kläger war nicht verpflichtet, statt Klage auf Feststellung eine solche auf
künftige Leistungen nach §§ 257 ff. ZPO zu erheben. Ihm stand insoweit vielmehr ein
Wahlrecht zu (vgl. etwa BAG 22. Februar 2000 - 3 AZR 39/99 - zu A der Gründe, AP
BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 13).
53 2. Da § 3 Abs. 5 der Ruhegeldsatzung so auszulegen ist, dass sich die Anpassung des
Ruhegeldes nach den zwischen den Tarifvertragsparteien des TV-L vereinbarten
Erhöhungen der Tabellenentgelte richtet, ist die Klage mit dem Antrag zu 2. auch
begründet.
54 B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
Gräfl
Zwanziger
Schlewing
Kaiser
Lohre