Urteil des BAG vom 14.03.2017

BAG (Unternehmen, Sitz im Ausland, Bag, Konzern, Unwiderlegbare Vermutung, Ausland, Antrag, Inland, Gemeinschaftsunternehmen, Leitung)

Siehe auch:
BUNDESARBEITSGERICHT Beschluß vom 14.2.2007, 7 ABR 26/06
Konzernbetriebsrat - Konzernspitze im Ausland
Leitsätze
Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 BetrVG kann ein Konzernbetriebsrat nur errichtet werden, wenn das
herrschende Unternehmen seinen Sitz im Inland hat oder über eine im Inland ansässige
Teilkonzernspitze verfügt.
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Konzernbetriebsrats, der Gesamtbetriebsräte der G
D I GmbH und der G D D GmbH sowie der Betriebsräte der G S I GmbH, der G
W GmbH, der G Ge K GmbH, der G D T GmbH, der G W G GmbH und der E
gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln vom 10. November 2005
- 10 TaBV 15/05 - werden hinsichtlich der Anträge zu 1 bis 4 und 6 als
unzulässig verworfen und hinsichtlich des Antrags zu 5 zurückgewiesen.
Die Industriegewerkschaft Metall war nicht als Beteiligter i.S. des § 83 Abs. 3
ArbGG am Verfahren beteiligt.
Gründe
1 A. Die Beteiligten streiten im Wesentlichen über die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats für die
inländischen Gesellschaften einer im Ausland ansässigen Unternehmensgruppe.
2 Die zu 11) bis 17) beteiligten inländischen Unternehmen gehören zum internationalen
Unternehmensverbund G, deren Konzernspitze, die G plc, ihren Sitz in Großbritannien hat. Sie hält
über andere im Ausland ansässige Gesellschaften 71,72 % der Geschäftsanteile der in
Deutschland ansässigen Beteiligten zu 11), die selbst 28,28 % ihrer eigenen Anteile besitzt. Die
Beteiligte zu 11) ist Alleingesellschafterin der Beteiligten zu 12) bis 17) und mit der S AG zu jeweils
50 % am Stammkapital der Beteiligten zu 18) (im Weiteren: Gemeinschaftsunternehmen) beteiligt,
in dem der zu 10) beteiligte Betriebsrat gebildet ist.
3 Der zu 1) beteiligte Antragsteller ist der bei der Beteiligten zu 11) errichtete Konzernbetriebsrat, in
den die zu 3) und 4) beteiligten Gesamtbetriebsräte sowie die zu 5) bis 10) beteiligten Betriebsräte
in der Vergangenheit Mitglieder entsandt haben.
4 Die deutschen Tochterunternehmen der Beteiligten zu 11) sind innerhalb der G-Gruppe zwei
Geschäftsfeldern zugeordnet, einerseits dem G-D-Bereich, der sich im Wesentlichen mit
Entwicklung, Produktion und Vertrieb von Antriebstechnik für Kraftfahrzeuge aller Art befasst, und
andererseits dem so genannten Off-Highway-Geschäft, das sich mit der Entwicklung, Produktion
und dem Vertrieb verschiedenster Bauteile und Systemkomponenten befasst. Die Steuerung der
inländischen Tochtergesellschaften erfolgt bereits seit mehreren Jahren durch die in
Großbritannien ansässigen G D H Ltd. für das D-Geschäft und die G S Ltd. für das Off-Highway-
Geschäft. Die beiden britischen Gesellschaften halten an den deutschen Unternehmen keine
Gesellschaftsanteile.
5 Die G D H Ltd. schloss am 9. August 2004 mit den von ihr geleiteten Mitgliedern der D-Sparte, den
Beteiligten zu 12), 13) und 16) Beherrschungsverträge ab, in denen diese die Leitung ihrer
Gesellschaften der G D H Ltd. unterstellten. Diese verpflichtete sich, während der Vertragsdauer
einen eventuellen Jahresfehlbetrag der deutschen Gesellschaften auszugleichen. In den
Beherrschungsverträgen ist jeweils die Anwendbarkeit des deutschen Rechts, die Unterwerfung
unter die Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen deutscher Gerichte und ein inländischer
Gerichtsstand vereinbart worden. Entsprechende Beherrschungsverträge schloss die G S Ltd. mit
den zu ihrer Sparte gehörenden Beteiligten zu 14) und 17) ab.
6 Die G D H Ltd. und die G S Ltd. schlossen unter dem 11./15. November 2004 mit der Beteiligten
zu 11) einen Koordinations- und Ausgleichsvertrag ab. Danach sollten die Geschäftsführungen der
deutschen Tochtergesellschaften der Beteiligten zu 11) auf Grund der Beherrschungsverträge der
ausschließlichen Weisungsbefugnis der britischen Gesellschaft unterliegen, soweit keine
zwingende Zuständigkeit des Aufsichtsrats oder der Gesellschafterversammlung besteht. Darüber
hinaus verpflichtete sich die Beteiligte zu 11), ihre Gesellschafterrechte im Sinne der Absicherung
umfassender Leitungsrechte auf Grund der Beherrschungsverträge auszuüben.
7 Der Konzernbetriebsrat und die am Verfahren beteiligten Gesamtbetriebsräte und Betriebsräte (im
Weiteren einheitlich als “Betriebsräte” bezeichnet) haben gemeint, der Konzernbetriebsrat, in den
der zu 3) beteiligte Gesamtbetriebsrat und der zu 7) beteiligte Betriebsrat weiterhin Mitglieder
entsenden, sei auch nach dem Abschluss der Beherrschungsverträge mit den britischen
Gesellschaften für die deutschen Tochterunternehmen der Beteiligten zu 11) zuständig. Daher
seien der zu 4) beteiligte Gesamtbetriebsrat sowie die zu 5), 6), 8) bis 10) beteiligten Betriebsräte
weiterhin berechtigt, Mitglieder in den Konzernbetriebsrat zu entsenden.
8 Nachdem der Konzernbetriebsrat in erster Instanz zwei Leistungsanträge und einen Hilfsantrag
gestellt hatte und das Arbeitsgericht die beiden Leistungsanträge als zu unbestimmt und den
Hilfsantrag als unbegründet zurückgewiesen hatte, hat der Konzernbetriebsrat - soweit für die
Rechtsbeschwerdeinstanz noch von Bedeutung - beantragt,
1. die Beteiligten zu 11) bis 18) zu verpflichten, die Entsendung folgender Mitglieder der
Beteiligten zu 4) bis 6) und 8) bis 10);
-
Herr S und Herr E von der G D D GmbH,
-
Herr K und Herr J von der G W GmbH,
-
Herr D und Herr W von der G D T GmbH,
-
Herr F und Frau J von der G S I GmbH,
-
Frau W und Herr L von der G W G GmbH,
-
Herr Wi und Herr M von der E mbH
zur Teilnahme an den zukünftigen, noch zu terminierenden Sitzungen des
Antragstellers und Beteiligten zu 1) zu dulden, insbesondere die entsandten Mitglieder
für die erforderliche Zeitdauer der Konzernbetriebsratssitzungen von der Arbeitsleistung
bei Fortzahlung des Entgelts freizustellen, ihre Kosten für die Teilnahme an den
Sitzungen des Konzernbetriebsrats (Übernachtungskosten, Fahrtkosten und Spesen)
zu ersetzen und sie wegen ihrer Teilnahme an den Sitzungen des Antragstellers und
Beteiligten zu 1) nicht zu benachteiligen;
2. die Beteiligten zu 11) bis 18) zu verpflichten, die geltenden
Konzernbetriebsvereinbarungen
-
Betriebliches Verbesserungsvorschlagswesen vom 20. September 1995,
-
E-Mail / Internet / Intranet vom September 2000 bzw. August 2004,
-
Integrationsrahmenvereinbarung vom 24. Januar 2003
sowie die konzerneinheitlichen Betriebsvereinbarungen
-
Versorgungswerk I und II vom 1. Dezember 1986 bzw. 1. Januar 1995 bzw.
1. Januar 1999,
-
Einführung einer betrieblichen Altersversorgung durch rückgedeckte
Unterstützungskasse vom 24. November 1999,
-
Betriebsordnung vom 1. Januar 1980,
-
UC-Vereinbarung AT-Angestellte (Gehaltsordnung bzw. Grundsätze) vom 1. Mai
1993,
-
UC-Vereinbarung (Durchführung von Organisationsprojekten) vom 19. November
1981,
-
UC-Vereinbarung (Verwendung von Personaldaten) vom 19. November 1981,
-
Abfindung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Rationalisierung) vom
30. Mai 1984,
-
Altersteilzeit I bis III vom 22. Januar 1998 bzw. 8. August 2000 bzw. 1. Januar
2005
durchzuführen, soweit die Beteiligten zu 11) bis 18) ihren Geltungsbereich unterfallen;
jeweils hilfsweise
3. die Beteiligten zu 11) bis 18) zu verpflichten, die Entsendung von Mitgliedern der
Beteiligten zu 4) bis 6) und 8) bis 10) bei dem Antragsteller und Beteiligten zu 1) zu
dulden, insbesondere die entsandten Mitglieder von der Arbeitsleistung bei Fortzahlung
des Entgelts freizustellen, ihre Kosten zu ersetzen und sie nicht zu benachteiligen;
4. die Beteiligten zu 11) bis 18) zu verpflichten, die geltenden
Konzernbetriebsvereinbarungen durchzuführen, soweit die Beteiligten zu 11) bis 18) in
den Geltungsbereich der jeweiligen Konzernbetriebsvereinbarung fallen,
höchsthilfsweise
5. festzustellen, dass die Beteiligten zu 4) bis 6) und 8) bis 10) Mitglieder in den Beteiligten
zu 1) entsenden können.
9 Die Beteiligte zu 11) hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
10 Das Landesarbeitsgericht hat die Anträge zu 1. bis 4. als unzulässig und den Antrag zu 5. als
unbegründet zurückgewiesen. Es hat die Rechtsbeschwerde in dem verkündeten Tenor seiner
Entscheidung ohne Einschränkung zugelassen, während nach der Rechtsmittelbelehrung der den
Betriebsräten zwischen dem 21. und 23. Januar 2006 zugestellten Entscheidung nur der
Konzernbetriebsrat zur Einlegung der Rechtsbeschwerde berechtigt sein sollte. Beide
Vorinstanzen haben die IG Metall als Beteiligte zu 2) am Verfahren beteiligt.
11 Mit der zunächst nur von dem Konzernbetriebsrat eingelegten Rechtsbeschwerde verfolgt dieser
seine zweitinstanzlichen Anträge in geänderter Form weiter. Der Antrag zu 2. wird um eine
Konzernbetriebsvereinbarung über Telearbeit ergänzt, darüber hinaus hat der Konzernbetriebsrat
seine Antragstellung um einen höchst hilfsweise gestellten Feststellungsantrag zu 6. erweitert,
wonach die geltenden Konzernbetriebsvereinbarungen und konzerneinheitlichen
Betriebsvereinbarungen als Konzernbetriebsvereinbarungen und konzerneinheitliche
Betriebsvereinbarungen fortgelten. Die Betriebsräte haben am 15. Januar 2007
Rechtsbeschwerde eingelegt und sich den Anträgen des Konzernbetriebsrats in der
Rechtsbeschwerdeinstanz angeschlossen. Die Beteiligte zu 11) beantragt, die
Rechtsbeschwerden zurückzuweisen.
12 B. Die rechtzeitig eingelegten Rechtsbeschwerden des Konzernbetriebsrats und der Betriebsräte
sind unzulässig, soweit sie die Zurückweisung der Beschwerde durch das Landesarbeitsgericht
gegenüber den Anträgen zu 1. bis 4. betreffen. Die Rechtsbeschwerdebegründungen vom
22. März 2006 und vom 15. Januar 2007 genügen insoweit nicht den gesetzlichen Anforderungen.
Die Rechtsbeschwerden sind gleichfalls unzulässig, soweit sie mit dem Antrag zu 6. einen neuen
Antrag erstmals in der Rechtsbeschwerdeinstanz zu Entscheidung stellen. Im Übrigen sind die
Rechtsbeschwerden unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend entschieden, dass die
Beteiligten zu 4) bis 6) sowie zu 8) bis 10) nicht mehr zur Entsendung von Mitgliedern in den
Konzernbetriebsrat berechtigt sind.
13 I. Der Siebte Senat ist entgegen der von dem Konzernbetriebsrat ausdrücklich erhobenen Rüge
zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits zuständig.
14 Nach dem maßgeblichen Geschäftsverteilungsplan des Bundesarbeitsgerichts für das Jahr 2007
(GVP 2007) ist der Siebte Senat ua. zur Entscheidung für Beschlussverfahren betreffend die
“Bildung und Auflösung des Betriebsrats und anderer Organe sowie deren Organisation und
Geschäftsführung” zuständig (Nr. 7.2.1 GVP 2007). Demgegenüber ist der Erste Senat ua.
zuständig für Beschlussverfahren, “soweit sie das Betriebsverfassungs- und
Personalvertretungsrecht betreffen und nicht andere Senate zuständig sind” (Nr. 1.1 GVP 2007).
Nach Nr. 1 der Vorbem. zum GVP 2007 richtet sich die Zuständigkeit eines Senats nach der zu
entscheidenden Rechtsfrage und nicht nach dem Streitgegenstand. Fallen mehrere Rechtsfragen
zur Entscheidung an, ist derjenige Senat zuständig, bei dem der Schwerpunkt liegt. Prozessuale
Fragen bleiben für die Beurteilung der Senatszuständigkeit außer Betracht.
15 Der Schwerpunkt des vorliegenden Rechtsstreits betrifft die Zusammensetzung des
Konzernbetriebsrats, für den der Siebte Senat nach Nr. 7.2.1 GVP 2007 zuständig ist. Die
Beteiligten streiten dabei über die Rechtsfrage, ob die Betriebsräte der durch die
Beherrschungsverträge gegenüber den britischen Gesellschaften gebundenen Unternehmen die
Berechtigung verloren haben, Mitglieder in den Konzernbetriebsrat zu entsenden. Über die weiter
von den Rechtsbeschwerdeführern im Wege der Antragshäufung gestellten Anträge zur Geltung
und Durchführung von Konzernbetriebsvereinbarungen und konzerneinheitlichen
Betriebsvereinbarungen besteht losgelöst von der Zusammensetzung und der Zuständigkeit des
gebildeten Konzernbetriebsrats kein Streit.
16 Der Senat hat ungeachtet der vorstehenden Würdigung die berufsrichterlichen Mitglieder des
Ersten Senats um eine Mitbeurteilung der Senatszuständigkeit gebeten. Nach ihrer Auffassung ist
eine Zuständigkeit des Ersten Senats im vorliegenden Verfahren nicht gegeben.
17 II. Die rechtzeitig eingelegten Rechtsbeschwerden des Konzernbetriebsrats und der Betriebsräte
sind nur bezüglich des auf die Feststellung eines Entsendungsrechts in den Konzernbetriebsrat
gerichteten Antrags (Antrag zu 5.) zulässig. Hinsichtlich der Anträge zu 1. bis 4. sind die
Rechtsbeschwerden unzulässig, da die Rechtsbeschwerdebegründung insoweit nicht den
Anforderungen des § 94 Abs. 2 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Nr. 2a ZPO genügt. Der Antrag zu 6.
stellt eine in der Rechtsbeschwerdeinstanz unzulässige Antragsänderung dar.
18 1. Die Rechtsbeschwerden des Konzernbetriebsrats und der Betriebsräte sind rechtzeitig
eingelegt worden.
19 a) Die Rechtsbeschwerde des Konzernbetriebsrats ist innerhalb der Monatsfrist des § 92 Abs. 2,
§ 74 Abs. 1 Satz 1 ArbGG eingelegt worden.
20 b) Diese Frist haben die Rechtsbeschwerden der Betriebsräte zwar nicht gewahrt. Die
Betriebsräte konnten die im Tenor des Landesarbeitsgerichts zugelassene Rechtsbeschwerde
aber noch innerhalb einer Frist von einem Jahr nach Zustellung der in vollständiger Form
abgefassten Entscheidung des Landesarbeitsgerichts einlegen (§ 9 Abs. 5 Satz 4 ArbGG). Die
Rechtsmittelbelehrung der angefochten Entscheidung war fehlerhaft. Das Landesarbeitsgericht hat
in seinem verkündeten Tenor die Rechtsbeschwerde uneingeschränkt zugelassen, seine
Entscheidung aber nur mit einer Rechtmittelbelehrung über die von dem Konzernbetriebsrat
einzulegende Rechtsbeschwerde versehen. Es kann dahinstehen, ob das Landesarbeitsgericht
irrtümlich eine unzutreffende Rechtsmittelbelehrung gegeben hat oder die Zulassung der
Rechtsbeschwerde in der Rechtsmittelbelehrung nachträglich beschränken wollte. Die im Tenor
ausgesprochene uneingeschränkte Zulassung der Rechtsbeschwerde konnte in der
Rechtsmittelbelehrung nicht mehr wirksam beschränkt werden.
21 aa) Nach § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG iVm. § 72 Abs. 1 Satz 2, § 87 Abs. 2 Satz 1, § 64 Abs. 3a
ArbGG ist die Entscheidung, ob die Rechtsbeschwerde zugelassen oder nicht zugelassen wird, in
den Tenor des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts aufzunehmen. Die Regelung soll
gewährleisten, dass im Zeitpunkt der Verkündung der Entscheidung feststeht, inwieweit die
unterlegenen Beteiligten den Beschluss mit der Rechtsbeschwerde angreifen können und die
anderen Beteiligten noch mit der Durchführung eines Rechtsbeschwerdeverfahrens rechnen
müssen. Will das Landesarbeitsgericht die Rechtsbeschwerde nur für einen Beteiligten zulassen,
hat es dies im Tenor auszusprechen. Eine nachträgliche Beschränkung der im Tenor verkündeten
unbeschränkten Zulassung der Rechtsbeschwerde in den Entscheidungsgründen oder in der
Rechtsmittelbelehrung ist nicht mehr wirksam möglich (vgl. für das Revisionsverfahren BAG
5. November 2003 - 4 AZR 643/02 - BAGE 108, 239 = AP ArbGG 1979 § 72 Nr. 49 = EzA ArbGG
1979 § 72 Nr. 31, zu I der Gründe; 19. März 2003 - 5 AZN 751/02 - BAGE 105, 308 = AP ArbGG
1979 § 72 Nr. 47 = EzA ArbGG 1979 § 72 Nr. 30, zu II 2 der Gründe) .
22 bb) Eine ggf. vom Landesarbeitsgericht in der Rechtsmittelbelehrung vorgenommene
Beschränkung der Rechtsbeschwerdezulassung auf den Konzernbetriebsrat war danach
unwirksam. Die Betriebsräte konnten die Rechtsbeschwerde noch binnen eines Jahres nach der
zwischen dem 21. und 23. Januar 2006 erfolgten Zustellung der zweitinstanzlichen Entscheidung
einlegen, da ihnen gegenüber die nach § 9 Abs. 5 Satz 3 ArbGG gebotene Belehrung über das
statthafte Rechtmittel und die für seine Einlegung geltenden Anforderungen unterblieben ist. Diese
Frist haben sie mit den am 15. Januar 2007 eingelegten Rechtsbeschwerden gewahrt.
23 2. Die vom Konzernbetriebsrat und den Betriebsräten eingelegten Rechtsbeschwerden sind
unzulässig, soweit sie sich gegen Abweisung der in der Beschwerdeinstanz geänderten Anträge
zu 1. bis 4. richten. Die Begründung der Rechtsbeschwerden genügt insoweit nicht den
Anforderungen des § 94 Abs. 2 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Nr. 2a ZPO. Die
Rechtsbeschwerdebegründungen vom 22. März 2006 bzw. 15. Januar 2007 enthalten keine
inhaltliche Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung. Die
Rechtsbeschwerdeführer haben insoweit weder eine zulässige Verfahrensrüge noch eine
ordnungsgemäße Sachrüge erhoben.
24 a) Die von den Rechtsbeschwerden erhobene Rüge, das Landesarbeitsgericht habe angesichts
der in diesem Verfahren zu behandelnden schwierigen und komplexen Materie zu Unrecht von der
Durchführung eines Gütetermins abgesehen, der zur Sachverhaltsaufklärung hätte beitragen
können, stellt keine zulässige Verfahrensrüge dar.
25 Eine Verfahrensrüge ist zulässig erhoben, wenn der Rechtsbeschwerdeführer die Tatsachen
bezeichnet, die den Mangel ergeben, auf den sich die Rechtsbeschwerde stützen will (§ 551
Abs. 3 Satz 1 Nr. 2b ZPO). Dabei ist darzulegen, dass der im Beschwerdeverfahren ergangene
Beschluss auf dem Verfahrensmangel beruht, also bei richtigem Verhalten das
Landesarbeitsgericht zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre (BAG 9. März 1972 -
1 AZR 261/71 - AP ZPO § 561 Nr. 2, zu 4 d der Gründe) . Diesen Anforderungen genügt der
Hinweis auf die fehlende Durchführung einer Güteverhandlung nicht, zumal sich die Statthaftigkeit
einer Güteverhandlung im Beschwerdeverfahren weder aus den in § 87 Abs. 2 ArbGG in Bezug
genommenen Vorschriften über das Berufungsverfahren noch aus einem Verweis in den §§ 86 ff.
ArbGG auf § 80 Abs. 2 Satz 2 ArbGG ergibt.
26 b) Die Rechtsbeschwerdeführer haben hinsichtlich der Anträge zu 1. bis 4. auch keine
ordnungsgemäße Sachrüge erhoben.
27 aa) Gem. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a ZPO sind bei einer Sachrüge die Umstände zu bezeichnen,
aus denen sich die Rechtsverletzung ergeben soll. Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur
Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) ist zwar die Bezeichnung der
verletzten Rechtsnorm nicht mehr vorgeschrieben. Die Rechtsbeschwerdebegründung hat jedoch
den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzuzeigen, dass Gegenstand und Richtung des
rechtsbeschwerderechtlichen Angriffs erkennbar sind. Dies erfordert eine Auseinandersetzung mit
den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Der Rechtsbeschwerdeführer muss
darlegen, warum er die Begründung des Beschwerdegerichts für unrichtig hält. Er darf sich nicht
darauf beschränken, seine Rechtsausführungen aus den Vorinstanzen zu wiederholen (BAG
10. April 1984 - 1 ABR 62/82 - AP ArbGG 1979 § 94 Nr. 1 = EzA ArbGG 1979 § 94 Nr. 2;
27. Oktober 1987 - 1 ABR 9/86 - BAGE 56, 270 = AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 41 = EzA BetrVG
1972 § 112 Nr. 41) . Es ist darzulegen, weshalb der angefochtene Beschluss rechtsfehlerhaft sein
soll (BAG 29. Oktober 1997 - 5 AZR 624/96 - BAGE 87, 41 = AP ZPO § 554 Nr. 30 = EzA ZPO
§ 554 Nr. 7, zu 1 der Gründe) . Hierdurch soll ua. sichergestellt werden, dass der
Verfahrensbevollmächtigte des Rechtsbeschwerdeführers den angefochtenen Beschluss im
Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit Blickrichtung auf die Rechtslage genau
durchdenkt. Außerdem soll die Rechtsbeschwerdebegründung durch ihre Kritik der angefochtenen
Entscheidung zur richtigen Rechtsfindung durch das Rechtsbeschwerdegericht beitragen (BAG
6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - BAGE 109, 145 = AP ArbGG 1979 § 74 Nr. 11 = EzA ZPO 2002
§ 551 Nr. 1, zu II 2 a der Gründe) .
28 bb) Daran gemessen ist die Auseinandersetzung der Rechtsbeschwerdeführer mit der
Entscheidung des Beschwerdegerichts nur unzureichend erfolgt.
29 Das Landesarbeitsgericht hat die Anträge zu 1. bis 4. als unzulässig, weil zu unbestimmt
angesehen und sich im Wesentlichen die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung zu Eigen
gemacht. Die Rechtsbeschwerdebegründung verweist demgegenüber nur auf die Änderung der
Anträge zu 1. und 2. im Beschwerdeverfahren und meint, die bloße Bezugnahme des
Beschwerdegerichts auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung könne die Zurückweisung
der Beschwerde insoweit nicht tragen. Der alleinige Hinweis auf die geänderte Antragstellung stellt
die vom Landesarbeitsgericht gegebene Begründung nicht in Frage. Die erstinstanzlich für die
Abweisung der Anträge zu 1. und 2. gegebene Begründung wird nicht allein durch eine Änderung
des Antragswortlauts in der Beschwerdeinstanz obsolet. Die Rechtsbeschwerdeführer hätten
vielmehr unter Darlegung der ursprünglichen und der geänderten Antragsfassung darlegen
müssen, welche vom Arbeitsgericht als konkretisierungsbedürftig angesehenen Gesichtspunkte
bei der zweitinstanzlichen Antragstellung berücksichtigt worden sind und aus welchen Gründen die
Bezugnahme auf die erstinstanzliche Begründung gegenüber den geänderten Anträgen die
zweitinstanzliche Entscheidung nicht trägt. Gegenüber der Abweisung der Hilfsanträge zu 3. und
4., die das Landesarbeitsgericht gleichfalls unter Bezugnahme auf die arbeitsgerichtliche
Entscheidung für unzulässig gehalten hat, fehlt es an jeglicher rechtsbeschwerderechtlichen
Auseinandersetzung.
30 3. Die Rechtsbeschwerden des Konzernbetriebsrats und der Betriebsräte sind ebenfalls
unzulässig, soweit sie den erstmals in der Rechtsbeschwerdeinstanz gestellten Antrag zu 6.
betreffen, mit dem die Rechtsbeschwerdeführer festgestellt wissen wollen, dass die geltenden
Konzernbetriebsvereinbarungen und konzerneinheitlichen Betriebsvereinbarungen als
Konzernbetriebsvereinbarungen und konzerneinheitliche Betriebsvereinbarungen fortgelten. Die
gegenüber den Vorinstanzen erweiterte Antragstellung ist als Antragsänderung in der
Rechtsbeschwerdeinstanz unzulässig.
31 Antragsänderungen sind in der Rechtsbeschwerdeinstanz grundsätzlich nicht mehr zulässig (vgl.
BAG 26. Oktober 2004 - 1 ABR 37/03 - BAGE 112, 238 = AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung
Nr. 29 = EzA BetrVG 2001 § 99 Umgruppierung Nr. 2, zu B I 1 a der Gründe) . Der Schluss der
Anhörung vor dem Beschwerdegericht bildet nicht nur bezüglich des tatsächlichen Vorbringens,
sondern auch bezüglich der Anträge der Beteiligten die Entscheidungsgrundlage für das
Rechtsbeschwerdegericht (zum Revisionsverfahren BAG 27. Januar 2004 - 1 AZR 105/03 - AP
ArbGG 1979 § 64 Nr. 35 = EzA ArbGG 1979 § 64 Nr. 39, zu III der Gründe mwN) . Ausnahmen
können aus prozessökonomischen Gründen allenfalls dann zugelassen werden, wenn der
geänderte Sachantrag sich auf den in der Beschwerdeinstanz festgestellten Sachverhalt stützen
kann (BAG 26. Oktober 2004 - 1 ABR 37/03 - aaO mwN) .
32 Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor. Der erstmals in der Rechtsbeschwerdeinstanz erhobene
Antrag kann auf Grundlage der zweitinstanzlichen Feststellungen nicht beurteilt werden. Das
Landesarbeitsgericht hat zu dem Bestehen und dem Geltungsbereich etwaiger
Konzernbetriebsvereinbarungen und konzerneinheitlicher Betriebsvereinbarungen keinerlei
Feststellungen getroffen.
33 III. Die nur hinsichtlich des Antrags zu 5. zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
34 1. Der von den Rechtsbeschwerdeführern zu 5. gestellte Antrag, mit dem sie das von den
beteiligten Arbeitgeberinnen in Abrede gestellte Entsendungsrecht der Betriebsräte zum
Konzernbetriebsrat festgestellt wissen wollen, ist zulässig. Der Konzernbetriebsrat und die
Betriebsräte sind antragsbefugt, da sie insoweit eine eigene betriebsverfassungsrechtliche
Rechtsposition verfolgen. Hinsichtlich dieses Antrags ist die von den Vorinstanzen in das
Verfahren einbezogene Gewerkschaft nicht Beteiligte iSd. § 83 Abs. 3 ArbGG, da sie durch eine
Entscheidung über das Entsendungsrecht der Betriebsräte in den Konzernbetriebsrat nicht in ihrer
Rechtstellung betroffen wird.
35 a) Der Konzernbetriebsrat und die Betriebsräte sind antragsbefugt.
36 Im Beschlussverfahren ist ein Beteiligter nur insoweit antragsbefugt, als er eigene Rechte geltend
macht. Antragsbefugnis und Beteiligtenstatus fallen nicht notwendig zusammen; § 83 Abs. 3
ArbGG besagt nichts darüber, ob ein Beteiligter im Beschlussverfahren einen Antrag stellen kann.
Die Antragsbefugnis ist vielmehr nach den Regeln über die Einleitung eines gerichtlichen
Verfahrens zu bestimmen (§ 81 Abs. 1 ArbGG). Regelmäßig kann nur derjenige ein gerichtliches
Verfahren einleiten, der vorträgt, Träger des streitbefangenen Rechts zu sein. Ausnahmen gelten
im Fall zulässiger Prozessstandschaft. Prozessführungsbefugnis im Urteilsverfahren und
Antragsbefugnis im Beschlussverfahren dienen dazu, Popularklagen auszuschließen. Im
Beschlussverfahren ist die Antragsbefugnis deshalb nur gegeben, wenn der Antragsteller durch
die begehrte Entscheidung in seiner betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsposition betroffen
werden kann. Das ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn er eigene Rechte geltend macht (BAG
18. Februar 2003 - 1 ABR 17/02 - BAGE 105, 19 = AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung
Nr. 11 = EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 4, zu B III 2 a der Gründe) .
37 Danach ist der Konzernbetriebsrat für den Antrag zu 5., mit dem er das Entsendungsrecht der am
Verfahren beteiligten Betriebsräte festgestellt wissen will, antragsbefugt. Er will seine
Zusammensetzung gerichtlich überprüfen lassen und verfolgt damit eine ihm nach dem
Betriebsverfassungsgesetz zustehende eigene Rechtsposition. Dies gilt im Ergebnis auch für die
Anträge der Betriebsräte, wobei der Senat ihre Antragstellung dahingehend verstanden hat, dass
Antragsgegenstand nicht ein wechselseitiges, sondern jeweils nur ihr eigenes Entsendungsrecht
zum Konzernbetriebsrat ist.
38 b) Die von den Vorinstanzen am Verfahren beteiligte Gewerkschaft ist nicht Verfahrensbeteiligte
iSd. § 83 Abs. 3 ArbGG.
39 Nach § 83 Abs. 3 ArbGG haben in einem Beschlussverfahren neben dem Antragsteller diejenigen
Stellen ein Recht auf Anhörung, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz im einzelnen Fall
beteiligt sind. Beteiligte in Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes ist jede Stelle, die
durch die begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung
unmittelbar betroffen ist (BAG 28. März 2006 - 1 ABR 59/04 - AP BetrVG 1972 § 87
Lohngestaltung Nr. 128 = EzA ArbGG 1979 § 83 Nr. 10, zu B I 1 der Gründe mwN) . Dies hat das
Gericht von Amts wegen auch noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz zu beachten. Durch die
Entscheidung über das Entsendungsrecht der beteiligten Betriebsräte wird die IG-Metall nicht in
ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung betroffen. Ein möglicherweise nach § 56
BetrVG bestehendes Antragsrecht für den Ausschluss von Mitgliedern des Konzernbetriebsrats
ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Der Senat hat die fehlende Beteiligtenstellung der
Gewerkschaft zur Klarstellung im Tenor ausgesprochen, da sie von den Vorinstanzen in das
Verfahren einbezogen worden ist.
40 2. Der auf Feststellung eines Entsendungsrechts zum Konzernbetriebsrat gerichtete Antrag der
Rechtsbeschwerdeführer ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass
die beteiligten Betriebsräte des Gemeinschaftsunternehmens und der mit der G D H Ltd. sowie der
G S Ltd. durch die Beherrschungs-, Koordinations- und Ausgleichsverträge verbundenen
Beteiligten zu 12) bis 14), 16) und 17) zum Zeitpunkt der mündlichen Anhörung in der
Beschwerdeinstanz nicht berechtigt waren, Mitglieder in den Konzernbetriebsrat zu entsenden.
Den Betriebsräten der durch die Beherrschungsverträge mit den britischen Gesellschaften
verbundenen Unternehmen fehlt diese Befugnis, weil die Beteiligte zu 11) nach dem Abschluss der
Beherrschungs-, Koordinations- und Ausgleichsverträge gegenüber ihren Gesellschaften nicht
mehr als herrschendes Unternehmen iSd. § 18 Abs. 1 AktG gilt. Der im
Gemeinschaftsunternehmen gebildete Beteiligte zu 10) ist nicht berechtigt, Mitglieder in den
Konzernbetriebsrat zu entsenden, weil das Gemeinschaftsunternehmen kein konzernangehöriges
Unternehmen iSd. § 54 Abs. 1 BetrVG iVm. § 18 Abs. 1 AktG ist.
41 a) Die Beteiligte zu 11) ist nach dem Wirksamwerden der Beherrschungs-, Koordinations- und
Ausgleichsverträge nicht mehr Konzernobergesellschaft in einem Unterordnungskonzern, dem die
zu 12) bis 14), 16) und 17) beteiligten Gesellschaften als abhängige Unternehmen angehören.
Deshalb ist ab diesem Zeitpunkt das Entsendungsrecht von Mitgliedern der in diesen
Gesellschaften gebildeten Betriebsräte in den Konzernbetriebsrat entfallen. Ein Entsendungsrecht
von Mitgliedern der zu 4) bis 6), 8) und 9) beteiligten Betriebsräte in den Konzernbetriebsrat nach
den Grundsätzen des Konzerns im Konzern besteht nicht, da die Beteiligte zu 11) gegenüber den
zu 12) bis 14), 16) und 17) beteiligten Gesellschaften über keine mitbestimmungsrechtlich
relevante Leitungsmacht verfügt. Die Voraussetzungen für die Errichtung eines
Konzernbetriebsrats für eine im Ausland ansässige Konzernobergesellschaft im Wege einer
Rechtsfortbildung liegen nicht vor.
42 aa) Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 54 Abs. 2 BetrVG kann für einen Konzern (§ 18 Abs. 1 AktG)
durch Beschlüsse der Gesamtbetriebsräte bzw. Betriebsräte ein Konzernbetriebsrat errichtet
werden. Das Betriebsverfassungsgesetz bestimmt dabei nicht selbst, wann ein Konzern vorliegt
und welche Unternehmen dem Konzern angehören. § 54 Abs. 1 BetrVG verweist insoweit auf § 18
Abs. 1 AktG. Es gilt deshalb kein eigenständiger betriebsverfassungsrechtlicher Konzernbegriff.
Maßgeblich sind vielmehr die Regelungen des Aktiengesetzes. Auf Grund der Verweisung auf
§ 18 Abs. 1 AktG kann ein Konzernbetriebsrat nur in einem sog. Unterordnungskonzern errichtet
werden (BAG 22. November 1995 - 7 ABR 9/95 - AP BetrVG 1972 § 54 Nr. 7 = EzA BetrVG 1972
§ 54 Nr. 5, zu B II 1 der Gründe) . Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 AktG bilden ein herrschendes und ein
oder mehrere abhängige Unternehmen einen Konzern, wenn sie unter der einheitlichen Leitung
des herrschenden Unternehmens zusammengefasst sind (sog. Unterordnungskonzern). Von
einem abhängigen Unternehmen wird nach § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG vermutet, dass es mit dem
herrschenden Unternehmen einen Konzern bildet. Nach § 17 Abs. 1 AktG sind abhängige
Unternehmen rechtlich selbständige Unternehmen, auf die ein anderes Unternehmen
(herrschendes Unternehmen) unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss hat. Nach
§ 17 Abs. 2 AktG wird von einem in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen vermutet, dass es
von dem an ihm mit Mehrheit beteiligten Unternehmen abhängig ist. Gehört die Mehrheit der
Anteile eines rechtlich selbständigen Unternehmens einem anderen Unternehmen, ist das
Unternehmen nach § 16 Abs. 1 AktG ein in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen. Für das
Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen von § 17 Abs. 1, § 18 Abs. 1 AktG ist es unerheblich,
in welcher Rechtsform das herrschende und die abhängigen Unternehmen geführt werden. Der
Unternehmensbegriff wird in den §§ 15 ff. AktG rechtsformneutral verwendet (BAG 5. Mai 1988 -
2 AZR 795/87 - AP AÜG § 1 Nr. 8 = EzA AÜG § 1 Nr. 1, zu III 2 d cc der Gründe; BGH
23. September 1991 - II ZR 135/90 - BGHZ 115, 187 = AP AktG § 303 Nr. 1, zu 1 a der Gründe) .
43 bb) Die Betriebsräte der mit der G D H Ltd. und der G S Ltd. durch die Beherrschungs-,
Koordinations- und Ausgleichsverträge verbundenen Unternehmen sind nicht mehr zur
Entsendung von Mitgliedern in den Konzernbetriebsrat berechtigt. Die veränderte
gesellschaftsrechtliche Struktur hat dazu geführt, dass die Beteiligten zu 12) bis 14), 16) und 17)
mit der Beteiligten zu 11) keinen Konzern iSv. § 54 Abs. 1 Satz 1 BetrVG iVm. § 18 Abs. 1 AktG
mehr bilden. Zwar ist die Beteiligte zu 11) nach wie vor deren alleinige Anteilseignerin. Die
Beherrschungsverträge vom 9. August 2004 und die Koordinations- und Ausgleichsverträge vom
11./15. November 2004 haben jedoch die durch § 16 Abs. 1, § 17 Abs. 2, § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG
vermittelte Konzernvermutung beseitigt. Der Konzernbetriebsrat ist für die Unternehmen der zu
12) bis 14), 16) und 17) beteiligten Arbeitgeberinnen nicht mehr zuständig. Hierdurch ist das
Entsendungsrecht der zu 4) bis 6) sowie zu 8) und 9) beteiligten Betriebsräte entfallen.
44 (1) Vor Wirksamwerden der Beherrschungs-, Koordinations- und Ausgleichsverträge bildeten ua.
die Beteiligten zu 12) bis 14), 16) und 17) kraft gesetzlicher Vermutung nach § 16 Abs. 1, § 17
Abs. 2, § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG einen Unterordnungskonzern mit der Beteiligten zu 11) als
Konzernspitze. Mit Wirksamwerden der Beherrschungsverträge vom 9. August 2004 sowie der
Koordinations- und Ausgleichsverträge vom 11./15. November 2004 fehlt es hinsichtlich der
betroffenen inländischen Gesellschaften an der Zusammenfassung unter einheitlicher Leitung der
Beteiligten zu 11) iSv. § 18 Abs. 1 Satz 1 AktG. Nach § 18 Abs. 1 Satz 2 AktG sind Unternehmen,
zwischen denen ein Beherrschungsvertrag (§ 291 Abs. 1 AktG) besteht, als unter einheitlicher
Leitung zusammengefasst anzusehen. Die durch den Mehrheitsbesitz und die sich daraus
ergebende Abhängigkeit begründete Konzernvermutung aus § 18 Abs. 1 Satz 3, § 17 Abs. 2 AktG
wird durch die unwiderlegbare Vermutung aus § 18 Abs. 1 Satz 2 AktG beseitigt. Danach sind die
Beteiligten zu 12), 13) und 16) sowie 14) und 17) nach dem Abschluss der Beherrschungsverträge
nunmehr als unter der einheitlichen Leitung der jeweiligen britischen Gesellschaft
zusammengefasst anzusehen.
45 (2) Die Beherrschungsverträge vom 9. August 2004 sind rechtswirksam und begründen eine
unwiderlegbare Vermutung für die Zusammenfassung der Beteiligten zu 12) bis 14), 16) und 17)
unter der Leitung der jeweiligen britischen Gesellschaft. Die sich aus § 18 Abs. 1 Satz 2, § 291
Abs. 1 AktG ergebende Vermutung wird entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeführer
weder durch den Abschluss des Beherrschungsvertrags mit einer in der Rechtsform einer
“Company Limited” verfassten britischen Gesellschaft noch durch die im Beherrschungsvertrag
vereinbarten außerordentlichen Kündigungsgründe in Frage gestellt.
46 (a) Der Abschluss eines Unternehmensvertrags iSd. § 291 Abs. 1 AktG durch eine inländische
GmbH, mit der diese die Leitung der Gesellschaft einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen
Union ansässigen Unternehmen unterstellt, unterliegt keinen gesellschaftsrechtlichen
Besonderheiten. Die §§ 291 ff. AktG enthalten keine Beschränkungen auf inländische
Muttergesellschaften ( vgl. BGH 4. März 1998 - II ZB 5/97 - BGHZ 138, 136; 15. Juni 1992 -
II ZR 18/91 - BGHZ 119, 1; unter Hinweis auf § 305 Abs. 2 AktG in der bis zum 27. September
2005 geltenden Fassung: Altmeppen in: MünchKommAktG 2. Aufl. Einl. §§ 291 ff. Rn. 47 ff. mwN;
Kindler in: MünchKommBGB 4. Aufl. IntGesR Rn. 759; Henssler ZfA 2005, 289, 297 f.; aA Däubler
RabelsZ 39 (1975), 444, 472 ff.) . Der Wirksamkeit der mit den britischen Gesellschaften
abgeschlossenen Beherrschungsverträge steht ebenso nicht entgegen, dass die Obergesellschaft
in der Rechtsform einer “Company Limited” nach englischem Recht betrieben wird. § 291 Abs. 1
AktG ist hinsichtlich des herrschenden Unternehmens rechtsformneutral ausgestaltet und verlangt
kein besonderes Haftungskapital der Muttergesellschaft. Herrschendes Unternehmen im
konzernrechtlichen Sinn kann zB auch eine natürliche Person sein (BAG 22. November 1995 -
7 ABR 9/95 - AP BetrVG 1972 § 54 Nr. 7 = EzA BetrVG 1972 § 54 Nr. 5, zu B II 1 a der Gründe;
13. Oktober 2004 - 7 ABR 56/03 - BAGE 112, 166 = AP BetrVG 1972 § 54 Nr. 9 = EzA BetrVG
2001 § 54 Nr. 1, zu B IV 1 b der Gründe; BGH 13. Dezember 1993 - II ZR 89/93 - AP AktG § 303
Nr. 5, zu 1 a der Gründe) . Das Vorliegen der weiteren gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen
für die Wirksamkeit der Beherrschungsverträge (§ 293 Abs. 1 und 3, § 294 AktG analog) wird von
den Rechtsbeschwerdeführern nicht in Abrede gestellt. Für den Streitfall kann ebenso
dahinstehen, ob in einem Beherrschungsvertrag mit einer im Ausland ansässigen
Muttergesellschaft zur Durchsetzung der Schutzvorschriften des AktG die Geltung des deutschen
Rechts und ein inländischer Gerichtsstand sowie die Unterwerfung unter die Vollstreckung von
Entscheidungen der deutschen Gerichte vereinbart werden muss (so etwa Staudinger/Großfeld
[Bearbeitung 1998] IntGesR Rn. 572, 575) , da die mit den britischen Gesellschaften
abgeschlossenen Beherrschungsverträge entsprechende Vereinbarungen enthalten.
47 (b) Den Beherrschungsverträgen vom 9. August 2004 fehlt ihre grundsätzliche Eignung, die
Vermutungswirkung nach § 18 Abs. 1 Satz 2 AktG auszulösen, nicht deshalb, weil sie nach
Nr. 3.3 eine “vorzeitige fristlose” Kündigung des Beherrschungsvertrags aus wichtigem Grund
vorsehen und die Vertragsparteien vereinbart haben, dass als solche die grundlegende
Veränderung der Beteiligungsstrukturen der Alleingesellschafterin oder des beherrschten
Unternehmens sowie die Umwandlung, Verschmelzung, Spaltung oder Liquidation der beteiligten
Unternehmen anzusehen sind. Die außerordentliche Lösungsmöglichkeit entspricht der Regelung
in § 297 Abs. 1 Satz 1 AktG, wonach ein Unternehmensvertrag aus wichtigem Grund ohne
Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden kann. Die Vereinbarung von außerordentlichen
Kündigungsgründen wird vom Bundesgerichtshof als zulässig angesehen, da die Parteien den
Inhalt des Unternehmensvertrags im Einzelfall durch weitere vertragliche Regelungen
ausgestalten können, soweit nicht zwingende aktienrechtliche Normen entgegenstehen (BGH
5. April 1993 - II ZR 238/91 - BGHZ 122, 211, 228) . Die Vereinbarung eines Kündigungsrechts
steht einer auf Grund der Vertragsfreiheit zulässigen Festlegung eines von § 296 Abs. 1 Satz 1
AktG abweichenden Beendigungszeitpunkts gleich. Jedoch bedarf der Kündigungsausspruch
eines Sonderbeschlusses der Aktionäre der beherrschten Gesellschaft, wenn die vereinbarten
außerordentlichen Kündigungsgründe tatsächlich nicht das Gewicht eines wichtigen Grundes
erreichen (BGH 5. April 1993 - II ZR 238/91 - BGHZ 122, 211, 228 ff.; Altmeppen in:
MünchKommAktG 2. Aufl. § 297 Rn. 49 mwN; Hüffer AktG 7. Aufl. § 297 Rn. 8; aA Koppensteiner
in Kölner Kommentar zum AktG 3. Aufl. § 297 Rn. 20 mwN) .
48 cc) Ein Entsendungsrecht von Mitgliedern der zu 4) bis 6), 8) und 9) beteiligten Betriebsräte in den
Konzernbetriebsrat kommt auch nicht nach den Grundsätzen des Konzerns im Konzern in
Betracht. Die Beteiligte zu 11) verfügt nach dem Wirksamwerden der Beherrschungsverträge mit
den britischen Gesellschaften gegenüber den zu 12) bis 14), 16) und 17) beteiligten
Arbeitgeberinnen über keinen Entscheidungsspielraum in personellen, sozialen und
wirtschaftlichen Angelegenheiten.
49 (1) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann in einem mehrstufigen Konzern ein
sog. “Konzern im Konzern” bestehen, wenn das herrschende Unternehmen (“Mutter”) von seiner
Leitungsmacht zwar in wesentlichem Umfang, aber doch nur teilweise (etwa als
Richtlinienkompetenz) Gebrauch macht und einem abhängigen Unternehmen (“Tochter”) noch
wesentliche Leitungsaufgaben zur eigenständigen Ausübung gegenüber den diesem
nachgeordneten Unternehmen (“Enkel”) verbleiben. Der Wortlaut von § 54 Abs. 1 BetrVG umfasst
mehrstufige Konzernvertretungen, wenn die Zusammenfassung von einheitlicher arbeitsrechtlicher
Leitungsmacht auf unteren Ebenen eines dezentralisierten, vertikal gegliederten Konzerns über
weitere abhängige Unternehmen gegeben ist. Diese Zusammenfassung erfüllt ebenfalls die
Merkmale eines Konzerns iSv. § 18 Abs. 1 AktG, auf den § 54 Abs. 1 BetrVG Bezug nimmt, so
dass auch hier die Errichtung eines Konzernbetriebsrats in Betracht kommt (BAG 21. Oktober
1980 - 6 ABR 41/78 - BAGE 34, 230 = AP BetrVG 1972 § 54 Nr. 1 = EzA BetrVG 1972 § 54 Nr. 1,
zu III 2 a der Gründe) . Das entspricht dem Sinn und Zweck der Vorschriften über die Errichtung
eines Konzernbetriebsrats, mit dem die Beteiligung der Arbeitnehmer des Konzerns an den
Entscheidungen der Konzernleitung sichergestellt werden soll. Dieser gesetzgeberische Zweck
würde nicht erreicht, wenn in einem mehrstufigen Konzern die Tochtergesellschaft über einen
wesentlichen eigenständigen Entscheidungsspielraum verfügt, bei ihr aber kein Konzernbetriebsrat
errichtet werden könnte, weil bereits bei der Muttergesellschaft ein solcher besteht. Verfügt die
Tochtergesellschaft gegenüber den Arbeitnehmern der Enkelgesellschaften über wesentliche
Entscheidungsbefugnisse in personellen, sozialen und wirtschaftlichen Angelegenheiten, würde ein
lediglich bei der Muttergesellschaft errichteter Konzernbetriebsrat den Belangen der Arbeitnehmer
der Enkelgesellschaften nicht gerecht. Der bei der Muttergesellschaft errichtete
Konzernbetriebsrat wäre damit an einer Stelle angesiedelt, an der die für die Arbeitnehmer der
Enkelgesellschaften maßgeblichen Entscheidungen in personellen, sozialen und wirtschaftlichen
Angelegenheiten nicht getroffen werden. Dies wäre aber mit Sinn und Zweck der
Betriebsverfassung, die betriebsverfassungsrechtlichen Beteiligungsrechte dort anzusiedeln, wo
unternehmerische Leitungsmacht konkret entfaltet und ausgeübt wird, nicht zu vereinbaren. Aus
diesem Grund ist die Bildung eines Konzernbetriebsrats auch bei der Tochtergesellschaft eines
Konzerns als Konzernspitze eines Unterkonzerns zulässig, wenn ihr hinsichtlich
mitbestimmungspflichtiger (personeller, sozialer und wirtschaftlicher) Angelegenheiten ein
Entscheidungsspielraum zusteht, sie also nicht durch konkrete Weisungen der Muttergesellschaft
gebunden ist (BAG 21. Oktober 1980 - 6 ABR 41/78 - aaO, zu III 2 c bb der Gründe) .
50 (2) Die Beteiligte zu 11) verfügt über keinen Entscheidungsspielraum, der ihr eine Einflussnahme
auf Angelegenheiten ermöglicht, die Beteiligungsrechte in den von den britischen Gesellschaften
beherrschten Unternehmen der zu 12) bis 14), 16) und 17) beteiligten Arbeitgeberinnen auslösen
können.
51 In den zwischen den britischen Gesellschaften und der Beteiligten zu 11) abgeschlossenen
Koordinations- und Ausgleichsverträgen sind die Vertragschließenden übereingekommen, dass
die jeweils herrschende Gesellschaft auf Grund des Beherrschungsvertrags möglichst
umfassende Leitungsrechte erhalten soll, wobei auch die Gesellschafterrechte der Beteiligten zu
11) im Sinn einer umfassenden Unterstützung der beherrschten Unternehmen auszuüben sind
(Nr. 2.1). Die Beteiligte zu 11) hat dazu in Nr. 2.2 der Koordinations- und Ausgleichsverträge auf ihr
Recht verzichtet, den Geschäftsführungen der beherrschten Gesellschaften Weisungen zu
erteilen und das Weisungsrecht der jeweils herrschenden Unternehmen anerkannt, soweit nicht
von diesem Verzicht die zwingenden Zuständigkeiten der Gesellschafterversammlung berührt
werden (Nr. 2.3). Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des
Landesarbeitsgerichts leitet die Beteiligte zu 11) für die ausländische Konzernspitze die weltweiten
Forschungs- und Entwicklungsarbeiten. Das Beschwerdegericht hat diese Aufgaben in
tatsächlicher Hinsicht als Hilfs- und Servicefunktionen gewürdigt, die keinen Schluss auf die
Ausübung von Leitungsmacht gegenüber den von den britischen Gesellschaften beherrschten
Unternehmen zulassen. Der Hinweis der Rechtsbeschwerdeführer auf die bei der Beteiligten zu
11) verbliebenen zwingenden Zuständigkeiten der Gesellschafterversammlung vermag die
tatrichterliche Würdigung des Landesarbeitsgerichts nicht in Zweifel zu ziehen. Es ist nicht
erkennbar und von den Rechtsbeschwerdeführern auch nicht dargelegt, dass die Beteiligte zu 11)
bereits auf Grund der Möglichkeit einer Beschlussfassung über die der
Gesellschafterversammlung vorbehaltenden Gegenstände eine Einflussnahme in
beteiligungspflichtigen Angelegenheiten gegenüber den beherrschten Unternehmen verfügt, zumal
die Beschlussfassung durch die in Nr. 2.1 vereinbarte Wohlverhaltensklausel weitgehenden
Beschränkungen unterliegt. Vielmehr hätten die Rechtsbeschwerdeführer darlegen müssen, dass
entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts und der in den Koordinations- und
Ausgleichsverträgen ausgeschlossenen Weisungsbefugnis ein mitbestimmungsrelevanter
Entscheidungsspielraum der Beteiligten zu 11) gegenüber den beherrschten Unternehmen besteht
oder dass die Beteiligte zu 11) nach dem Wirksamwerden der Koordinations- und
Ausgleichsverträge den Geschäftsführungen der beherrschten Unternehmen Weisungen in
personellen, sozialen oder wirtschaftlichen Angelegenheiten erteilt hat, was gleichfalls für das
Bestehen eines solchen Entscheidungsspielraums sprechen könnte. Hierfür genügt der Hinweis
auf die in der Vergangenheit abgeschlossenen Konzernbetriebsvereinbarungen und
konzerneinheitlichen Betriebsvereinbarungen nicht. Die im Antrag zu 2) aufgeführten
Vereinbarungen sind - mit Ausnahme eines auf einer Gesetzesänderung beruhenden Nachtrags -
vor dem Wirksamwerden der Koordinations-, Ausgleichs- und Beherrschungsverträge
abgeschlossen worden und daher zu einer Zeit, zu der die Vermutung des § 18 Abs. 1 Satz 3
AktG durch den Abschluss der Beherrschungsverträge noch nicht widerlegt war. Für die Zeit nach
Wirksamwerden der Verträge kann hieraus ein Entscheidungsspielraum der Beteiligten zu 11)
gegenüber den zu 12) bis 14), 16) und 17) beteiligten Arbeitgeberinnen in mitbestimmungsrechtlich
relevanten Angelegenheiten nicht abgeleitet werden.
52 dd) Die Abhängigkeit der zu 12) bis 14), 16) und 17) beteiligten Gesellschaften von den G D H Ltd.
und der G S Ltd. führt nicht dazu, dass die zu 4) bis 6), 8) und 9) beteiligten Betriebsräte weiterhin
zur Entsendung von Mitgliedern in den Konzernbetriebsrat berechtigt sind. Nach § 54 Abs. 1
Satz 1 BetrVG kann ein Konzernbetriebsrat nur errichtet werden, wenn das herrschende
Unternehmen seinen Sitz im Inland hat oder über eine im Inland ansässige Teilkonzernspitze
verfügt. Das ist bei der G D H Ltd. und der G S Ltd. nicht der Fall. Der Senat hat geprüft, ob über
den Wortlaut des § 54 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hinaus ein Konzernbetriebsrat auch errichtet werden
kann, wenn die Konzernobergesellschaft ihren Sitz im Ausland hat und im Inland keine weitere
(Teil-)Konzernspitze angesiedelt ist. Die Voraussetzungen für eine derartige Rechtsfortbildung
liegen jedoch nicht vor. § 54 Abs. 1 BetrVG enthält weder eine unbewusste Regelungslücke, die
eine analoge Anwendung des § 5 Abs. 3 MitbestG oder die Heranziehung des in dieser Vorschrift
und in § 11 Abs. 3 PublG enthaltenen Rechtsgedankens im Wege der Rechtsanalogie zulässt (
dafür Fitting BetrVG 23. Aufl. § 54 Rn. 34; MünchArbR/Joost 3. Aufl. § 315 Rn. 31 ff.;
Gaumann/Liebermann DB 2006, 1157, 1159 ), noch sind die in diesen Vorschriften geregelten
Sachverhalte nach Maßgabe des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) vergleichbar.
Daneben ist selbst bei Bestehen einer unbewussten Regelungslücke eine richterliche
Rechtsfortbildung unzulässig, weil dem Gesetzgeber für die Regelung des Sachverhalts
verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen und nicht feststeht, für welche er
sich entschieden hätte.
53 (1) § 54 Abs. 1 Satz 1 BetrVG knüpft seinem Wortlaut nach an den Konzerntatbestand des § 18
Abs. 1 AktG an. Danach kommt die Errichtung eines Konzernbetriebsrats nur in Betracht, wenn
nicht nur die unter einer einheitlichen Leitung zusammengefassten Unternehmen, sondern auch
eine Konzerobergesellschaft ihren Sitz im Inland hat. In anderen Fällen ist die Möglichkeit der
Errichtung eines Konzernbetriebsrats durch die Auslegung von § 54 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nicht zu
erreichen.
54 (2) Die Bildung eines Konzernbetriebsrats nach § 54 Abs. 1 Satz 1 BetrVG kann nicht mit einer
analogen Anwendung von § 5 Abs. 3 MitbestG oder der Heranziehung eines sich aus dieser
Vorschrift und aus § 11 Abs. 3 PublG ergebenden Rechtsgedankens begründet werden.
55 (a) Auch wenn der Wortsinn die Grenze der Auslegung markiert, ist er für die Rechtsanwendung
durch die Gerichte keine unübersteigbare Grenze. Der Richter hat nicht zwingend am Wortsinn
des Gesetzes halt zu machen (BVerfG 14. Februar 1973 - 1 BvR 112/65 - BVerfGE 34, 269, 287,
zu C IV 1 der Gründe; 19. Juni 1973 - 1 BvL 39/69 und 14/72 - BVerfGE 35, 263, 278 f., zu C III 2
der Gründe) . Sowohl seitens der Methodenlehre als auch von Verfassungs wegen kann es für ihn
wegen der Bindung an Gesetz “und Recht” nach Art. 20 Abs. 3 GG geboten sein, das vom Gesetz
Gewollte gegen das im Gesetz Gesagte zur Geltung zu bringen. Zur wortsinnübersteigenden
Gesetzesanwendung durch Analogie bedarf es aber einer besonderen Legitimation. Anders als die
vom Gesetzestext sprachlich gedeckte Auslegung hat die Analogie an der demokratisch
legitimierten Geltungskraft des Gesetzes nicht gleichsam automatisch teil, da sie sich außerhalb
des vom Gesetzgeber sprachlich gezogenen Anwendungsfeldes des Gesetzes bewegt und
deshalb einer besonderen Begründung bedarf (BAG 29. September 2004 - 1 ABR 39/03 - BAGE
112, 100 = AP BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 40 = EzA BetrVG 2001 § 99 Nr. 4, zu B III 2 b
der Gründe) .
56 Die wortsinnübersteigende Gesetzesanwendung durch Analogie erfordert, dass der
gesetzessprachlich nicht erfasste, dh. gesetzlich ungeregelte Fall nach Maßgabe des
Gleichheitssatzes und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen nach der gleichen
Rechtsfolge verlangt, wie die gesetzessprachlich erfassten Fälle (BAG 29. September 2004 -
1 ABR 39/03 - BAGE 112, 100 = AP BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 40 = EzA BetrVG 2001
§ 99 Nr. 4, zu B III 2 b der Gründe) . Allerdings setzt die Analogie das Bestehen einer
unbewussten Regelungslücke voraus. Hat sich der Gesetzgeber bewusst für die Regelung oder
Nichtregelung eines bestimmten Sachverhalts entschieden, sind die Gerichte nicht befugt, sich
über diese gesetzgeberische Entscheidung durch eine Auslegung der Vorschrift gegen ihren
Wortlaut hinwegzusetzen (BAG 13. Mai 2004 - 8 AZR 92/03 - ZTR 2004, 633, zu II 2 b bb der
Gründe) .
57 (b) Nach diesen Grundsätzen ist die analoge Anwendung von § 5 Abs. 3 MitbestG ebenso wie die
Heranziehung des in dieser Vorschrift und in § 11 Abs. 3 PublG enthaltenen Rechtsgedankens bei
der Anwendung des § 54 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nicht zulässig. Die Entstehungsgeschichte und die
Regelungssystematik des MitbestG zeigen, dass der Gesetzgeber von der fehlenden Anwendung
der §§ 54 ff. BetrVG bei einer im Ausland ansässigen Konzernobergesellschaft ausgeht. Dies
schließt das Vorliegen einer unbewussten Regelungslücke aus, die für eine über den Wortsinn des
§ 54 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hinausgehende Anwendung notwendig ist.
58 § 5 Abs. 3 MitbestG bestimmt, dass bei Konzernunternehmen, die unter der einheitlichen Leitung
eines anderen als der in § 5 Abs. 1 und 2 MitbestG genannten Unternehmen stehen, jedoch
ihrerseits der Beherrschung durch die Konzernleitung unterliegen, die in Absatz 1 und 2
genannten, der Konzernleitung am nächsten stehenden Unternehmen als herrschende
Unternehmen gelten. Der Gesetzgeber des MitbestG hat für den in § 5 Abs. 1 MitbestG
verwandten Konzernbegriff ausdrücklich auf § 18 Abs. 1 AktG abgestellt und darauf hingewiesen,
dass er damit den Konzernbegriff zugrunde legt, wie er für das Aktienrecht in § 18 Abs. 1 AktG
enthalten sei und damit der im Betriebsverfassungsrecht gewählten Lösung folge (BT-Drucks.
7/2172 S. 21). Dabei ging der Gesetzgeber davon aus, dass sich der Geltungsbereich des
MitbestG nur auf Unternehmen und Konzernobergesellschaften erstreckt, die ihren Sitz im
Geltungsbereich des Grundgesetzes haben (BT-Drucks. 7/4845 S. 4). Mit der
Teilkonzernregelung des § 5 Abs. 3 MitbestG wollte er die mit dem territorial beschränkten
Geltungsbereich des MitbestG verbundenen Regelungslücken bei der Konzernmitbestimmung
begrenzen. Insoweit kommt der Regelung in § 5 Abs. 3 MitbestG eine Hilfsfunktion bei der
Ausgestaltung der in § 5 Abs. 1 und 2 MitbestG enthaltenen Konzernmitbestimmung zu (Raiser
Mitbestimmungsgesetz 4. Aufl. § 5 Rn. 35 ff.; Ulmer/Habersack in: Ulmer/Habersack/Henssler
Mitbestimmungsrecht 2. Aufl. § 5 MitbestG Rn. 65) . Die Regelung in § 5 Abs. 3 MitbestG kann
dazu führen, dass ua. ein in der Rechtsform des § 1 Abs. 1 Nr. 1 MitbestG geführtes inländisches
Mutterunternehmen als inländische Teilkonzernspitze für die im Inland gelegenen
Enkelunternehmen einer ausländischen Konzernspitze anzusehen ist. Eine § 5 Abs. 3 MitbestG
vergleichbare Regelung hat der Gesetzgeber aber für das BetrVG nicht geschaffen.
59 (c) Die Übertragung der in § 5 Abs. 3 MitbestG enthaltenen Rechtsfolge auf den Bereich der
betrieblichen Mitbestimmung ist ferner nicht zulässig, weil die Errichtung eines
Konzernbetriebsrats für im Inland gelegene Unternehmen eines im Ausland ansässigen
herrschenden Unternehmens einerseits und die Sicherung der inländischen
Unternehmensmitbestimmung bzw. der Rechnungslegung von inländischen Unternehmen mit
einer ausländischen Konzernspitze andererseits unterschiedliche Sachverhalte betreffen.
60 (aa) Die in § 54 Abs. 1 Satz 1 BetrVG einerseits sowie in § 5 Abs. 3 MitbestG und § 11 Abs. 3
PublG andererseits geregelten Sachverhalte sind nicht vergleichbar.
61 Das mit der Teilkonzernregelung in § 5 Abs. 3 MitbestG verfolgte gesetzgeberische Anliegen ist
auf die Errichtung eines Konzernbetriebsrats nach dem BetrVG nicht übertragbar. § 5 Abs. 3
MitbestG sichert die Unternehmensmitbestimmung im Konzern, wenn das herrschende
Konzernunternehmen, wie bei einer im Ausland ansässigen Konzernobergesellschaft, selbst nicht
der Mitbestimmung unterliegt (§ 5 Abs. 1 und 2 MitbestG). Auf Grund der in § 5 Abs. 3 MitbestG
enthaltenen Fiktion gilt bei Fehlen einer mitbestimmungspflichtigen Konzernobergesellschaft das
abhängige Unternehmen, das dem herrschenden Unternehmen am nächsten steht und in einer in
§ 5 Abs. 1 oder 2 MitbestG vorgesehenen Rechtsform verfasst ist, als herrschendes
Unternehmen iSd. § 5 Abs. 1 oder 2 MitbestG, sofern die Konzernobergesellschaft die
Konzernleitung über weitere abhängige Unternehmen ausübt (ErfK/Oetker 7. Aufl. § 5 MitbestG
Rn. 18) . Die Unternehmensmitbestimmung wird durch die Regelung in § 5 Abs. 3 MitbestG auf
eine inländische Teilkonzernspitze verlagert, bei der ein Aufsichtsrat nach dem MitbestG zu bilden
ist. Eine ähnliche Regelung wie § 5 Abs. 3 MitbestG enthält § 11 Abs. 3 PublG für die
Rechnungslegung der inländischen Unternehmen einer im Ausland ansässigen Konzernspitze.
Nach dieser Vorschrift ist eine im Inland gelegene Teilkonzernspitze für ihren Konzernbereich zur
Rechnungslegung nach den §§ 11 ff. PublG verpflichtet, wenn ua. in einem Konzern die
Unternehmen unter der einheitlichen Leitung eines Unternehmens mit Sitz im Ausland stehen und
dieses Unternehmen über ein oder mehrere zum Konzern gehörende Unternehmen mit Sitz im
Inland andere Unternehmen beherrscht.
62 An der Vergleichbarkeit der Regelung in § 5 Abs. 3 MitbestG, § 11 Abs. 3 PublG mit dem in § 54
Abs. 1 Satz 1 BetrVG geregelten Sachverhalt fehlt es, weil im Bereich des BetrVG der Sitz einer
Konzernobergesellschaft im Ausland nicht mit dem Verlust des mit den nationalen Vorschriften
verfolgten Schutzes verbunden ist. Kann ein Konzernbetriebsrat wegen einer im Ausland
ansässigen Konzernspitze nicht errichtet werden, führt dies nicht zum Fortfall der betrieblichen
Mitbestimmung, sondern nur zu ihrer Verlagerung auf eine andere Ebene in den verbundenen
Unternehmen. Die Beteiligungsrechte nach dem BetrVG werden in diesem Fall von den
Gesamtbetriebsräten und Betriebsräten der konzernangehörigen Unternehmen wahrgenommen.
Auch die hiermit ggf. verbundene Erschwerung konzerneinheitlicher Regelungen rechtfertigt die
Bildung eines Konzernbetriebsrats nicht, zumal es eine im Ausland ansässige
Konzernobergesellschaft jederzeit in der Hand hat, durch Verlagerung von Leitungsmacht in das
Inland oder den Abschluss von Entherrschungsverträgen die arbeitgeberseitigen Voraussetzungen
für die Errichtung eines Konzernbetriebsrats (wieder) herbeizuführen.
63 (bb) An einer Vergleichbarkeit der Tatbestände fehlt es auch, weil die Anwendung von § 5 Abs. 3
MitbestG nicht an das Vorhandensein einer Leitungsmacht, sondern nur an das Bestehen einer
gesellschaftsrechtlichen Abhängigkeit der Enkelunternehmen von der Tochtergesellschaft
anknüpft. Ein Aufsichtsrat in dem nach § 5 Abs. 3 MitbestG mitbestimmten Teilkonzern soll nach
der Rechtsprechung der Zivilgerichte auch dann gebildet werden können, wenn das
Mutterunternehmen gegenüber den Enkelunternehmen über keine Leitungsmacht verfügt (OLG
Düsseldorf 30. Oktober 2006 - 26 W 14/06 - ZIP 2006, 2375; OLG Stuttgart 30. März 1995 - 8 W
355/93 - ZIP 1995, 1004; aA OLG Celle 22. März 1993 - 9 W 130/92 - AP Mitbestimmungs-
ErgänzungsG § 16 Nr. 2) . Der Errichtung eines Konzernbetriebsrats, dem ein Arbeitgeber ohne
eigenen Entscheidungsspielraum gegenüber steht, stünde jedoch der Normzweck der §§ 54 ff.
BetrVG entgegen. Die Mitbestimmung im Konzern soll einen Interessenausgleich zwischen der
Arbeitgeberseite und den Belegschaften der zum Konzern gehörenden Unternehmen und Betriebe
schaffen. Durch die Regelungen über den Konzernbetriebsrat wird eine Beteiligung der
Arbeitnehmer im Konzern an den die Einzelunternehmen bindenden Leitungsentscheidungen der
Konzernspitze im sozialen, personellen und wirtschaftlichen Bereich sichergestellt ( BAG
21. Oktober 1980 - 6 ABR 41/78 - BAGE 34, 230 = AP BetrVG 1972 § 54 Nr. 1 = EzA BetrVG
1972 § 54 Nr. 1, zu III 2 c bb der Gründe). Dies setzt aber wegen des für das BetrVG geltenden
Territorialitätsprinzips die konkrete Ausübung einer unternehmerischen Leitungsmacht im Inland
voraus. Fehlt es an einer inländischen Leitungsmacht, hat der Konzernbetriebsrat keinen
Ansprechpartner auf Arbeitgeberseite und wäre funktionslos. Ein nach den §§ 54 ff. BetrVG
gebildeter Konzernbetriebsrat könnte seine Beteiligungsrechte gegenüber einer im Ausland
ansässigen Konzernobergesellschaft, die dem territorialen Geltungsbereich des BetrVG nicht
unterfällt, nicht durchsetzen (dies konzedieren auch Fitting BetrVG 23. Aufl. § 54 Rn. 34;
MünchArbR/Joost 3. Aufl. § 315 Rn. 35; Gaumann /Liebermann DB 2006, 1157, 1158) . Der vom
Gesetzgeber mit der Errichtung des Konzernbetriebsrats beabsichtigte Ausgleich der durch die
Konzernstellung vermittelten Leitungsmacht und der damit verbundenen Möglichkeit, auf die
Belange der Arbeitnehmer in den konzernangehörigen Unternehmen Einfluss zu nehmen, kann
nicht stattfinden.
64 (d) Die Rechtsfolge des § 5 Abs. 3 MitbestG könnte selbst bei einer unbewussten Regelungslücke
nicht im Wege eines Analogieschlusses auf das Betriebsverfassungsrecht erstreckt werden, weil
dem Gesetzgeber bei der mitbestimmungsrechtlichen Ausgestaltung von Konzernsachverhalten
mit einer im Ausland ansässigen Konzernspitze unterschiedliche Regelungsmöglichkeiten zur
Verfügung stehen. Neben dem vom Gesetzgeber in § 5 Abs. 3 MitbestG gewählten Modell der
Teilkonzernbildung kommt auch die näher am Zweck der betrieblichen Mitbestimmung orientierte
obligatorische Verlagerung von Leitungsmacht in das Inland in Betracht, die der Gesetzgeber in
§ 2 Abs. 2 EBRG gewählt hat.
65 b) Das zu 18) beteiligte Gemeinschaftsunternehmen gehört nicht zu einem
Unterordnungskonzern, in dem die Beteiligte zu 11) das herrschende Unternehmen ist. Das
Gemeinschaftsunternehmen steht nicht im Mehrheitsbesitz der Beteiligten zu 11). Seine
Gesellschaftsanteile werden jeweils zu 50 % von der Beteiligten zu 11) und von der S AG
gehalten. Die Abhängigkeit des Gemeinschaftsunternehmens folgt daher nicht aus der
Vermutungsregelung in § 17 Abs. 2 AktG. Das Landesarbeitsgericht hat darüber hinaus in
rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass die Beteiligte zu 11)
keinen beherrschenden Einfluss iSd. § 17 Abs. 1 AktG auf das Gemeinschaftsunternehmen
ausübt. Der zu 10) beteiligte Betriebsrat kann daher keine Mitglieder in den Konzernbetriebsrat
entsenden.
66 aa) Nach der Senatsrechtsprechung ist die Bildung eines Konzerns nicht deshalb
ausgeschlossen, weil zwei herrschende Unternehmen an einem Gemeinschaftsunternehmen
paritätisch beteiligt sind und deshalb ein Unternehmen allein keinen beherrschenden Einfluss
haben kann. Ein Gemeinschaftsunternehmen kann auch von mehreren gleich geordneten
herrschenden Unternehmen abhängig sein, dh. in einem Abhängigkeitsverhältnis zu jedem der
herrschenden Unternehmen stehen (sog. mehrfache Abhängigkeit von mehreren
Mutterunternehmen). Voraussetzung hierfür ist, dass für die Ausübung gemeinsamer Herrschaft
durch die herrschenden Unternehmen eine ausreichend sichere Grundlage besteht. Die
Einflussmöglichkeiten der verschiedenen Herrschaftsträger müssen koordiniert sein. Diese
können sich aus vertraglichen oder organisatorischen Bindungen, aber auch aus rechtlichen und
tatsächlichen Umständen sonstiger Art ergeben. Eine gesicherte Herrschaftsgewalt ist auch ohne
organisatorisches oder vertragliches Band möglich, wenn sich die herrschenden Unternehmen zu
einer gemeinsamen Willensausübung zusammengefunden haben. Das ist typischerweise dann
anzunehmen, wenn gleich gerichtete Interessen eine gemeinsame Unternehmenspolitik
gewährleisten (BAG 13. Oktober 2004 - 7 ABR 56/03 - BAGE 112, 166 = AP BetrVG 1972 § 54
Nr. 9 = EzA BetrVG 2001 § 54 Nr. 1, zu B IV 1 c, d der Gründe; 30. Oktober 1986 - 6 ABR 19/85 -
BAGE 53, 287 = AP BetrVG 1972 § 55 Nr. 1 = EzA BetrVG 1972 § 54 Nr. 3, zu B II 2 a der
Gründe jeweils mwN) .
67 bb) Die Beteiligte zu 11) übt keinen beherrschenden Einfluss auf die Geschäftsführung des
Gemeinschaftsunternehmens aus. Es fehlt an einer Vereinbarung über eine gemeinsame
Beherrschung des Gemeinschaftsunternehmens durch die Beteiligte zu 11) und die S AG.
68 Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts werden beide Geschäftsführer des
Gemeinschaftsunternehmens von der S AG gestellt. Dem Verwaltungsrat des
Gemeinschaftsunternehmens gehören neben zwei Vertretern der S AG auch zwei Vertreter der
Beteiligten zu 11) an. Das Landesarbeitsgericht hat weiter festgestellt, dass im Aufsichtsrat der
Beteiligten zu 11) über die Aktivitäten des Gemeinschaftsunternehmens berichtet wird, der
Vorsitzende des im Gemeinschaftsunternehmen gebildeten Betriebsrats in der Vergangenheit
Mitglied im Konzernbetriebsrat war und in dem Gemeinschaftsunternehmen seit dem 1. Januar
1995 eine zwischen den Betriebsräten und Geschäftsführungen der deutschen Gesellschaften der
G-Gruppe abgeschlossene Betriebsordnung gilt. Der aus den festgestellten Tatsachen vom
Beschwerdegericht gezogene Schluss, wonach keine Übereinkunft der Anteilseigner zur
gemeinsamen Beherrschung des Gemeinschaftsunternehmens besteht, ist danach
rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden. Die Mitgliedschaft des Betriebsratsvorsitzenden
des Gemeinschaftsunternehmens im Konzernbetriebsrat und die Geltung der konzerneinheitlichen
Betriebsvereinbarung über eine Betriebsordnung aus dem Jahr 1995 sind für das Bestehen einer
Übereinkunft der Anteilseigner über die gemeinsame Leitung des Gemeinschaftsunternehmens
ohne Bedeutung. Die weiter von ihm festgestellten und von den Rechtsbeschwerdeführern nicht
mit Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachen lassen nicht erkennen, dass der Einfluss der
Beteiligten zu 11) auf die Gemeinschaftsunternehmen über die Wahrnehmung der ihr durch ihre
gesellschaftsrechtliche Stellung als Anteilseigner vermittelten Rechtsposition hinausgeht, die für
die Annahme einer konzernrechtlichen Abhängigkeit iSd. § 17 Abs. 1 AktG nicht ausreichend ist.
Die Rechtsbeschwerden haben insoweit auch keine tatsächlichen Umstände aufgezeigt, die vom
Landesarbeitsgericht weiter aufzuklären sein könnten und eine zurückverweisende Entscheidung
rechtfertigen.
Dörner
Gräfl
Koch
Dörner
für den mit Ablauf des 31.5.2007
ausgeschiedenen ehrenamtlichen
Richter Herbst
Becher