Urteil des BAG vom 21.01.2014

Entgeltumwandlung - Aufklärungspflicht des Arbeitgebers

Siehe auch:
Pressemitteilung Nr. 3/14 vom 21.1.2014
BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 21.1.2014, 3 AZR 807/11
Entgeltumwandlung - Aufklärungspflicht des Arbeitgebers
Leitsätze
Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer von sich aus auf den Anspruch auf
Entgeltumwandlung nach § 1a BetrAVG hinzuweisen.
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen
Landesarbeitsgerichts vom 27. Juli 2011 - 6 Sa 566/11 - wird
zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte dem Kläger zum Schadensersatz verpflichtet
ist, weil er ihn nicht auf seinen gesetzlichen Anspruch auf Entgeltumwandlung nach § 1a
BetrAVG hingewiesen hat.
2 Der 1964 geborene Kläger war vom 2. Mai 2000 bis zum 30. Juni 2010 beim Beklagten
beschäftigt. Eine Entgeltumwandlung erfolgte nicht.
3 Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der Beklagte schulde ihm Schadensersatz, da er ihn
nicht auf seinen gesetzlichen Anspruch auf Entgeltumwandlung nach § 1a BetrAVG
hingewiesen habe. Der Beklagte sei nach § 1a BetrAVG, jedenfalls aus der ihm
obliegenden Fürsorgepflicht zu einem entsprechenden Hinweis verpflichtet gewesen. Der
Beklagte habe gewusst, dass er an einer betrieblichen Altersversorgung interessiert
gewesen sei. Seine inzwischen vom ihm geschiedene Ehefrau habe anlässlich seiner
Arbeitsaufnahme nicht nur mehrfach nachgefragt, ob der Beklagte vermögenswirksame
Leistungen gewähre, sondern auch, ob die Möglichkeit einer betrieblichen Altersversorgung
bestünde. Die Zahlung von vermögenswirksamen Leistungen habe der Beklagte
ausdrücklich abgelehnt; auf die Möglichkeit einer betrieblichen Altersversorgung sei der
Beklagte nicht eingegangen. Bei entsprechender Kenntnis seines Anspruchs nach § 1a
BetrAVG hätte er 215,00 Euro seiner monatlichen Arbeitsvergütung in eine Anwartschaft auf
Leistungen der betrieblichen Altersversorgung umgewandelt. Als Durchführungsweg hätte
er die Direktversicherung gewählt. Ausweislich des von der C Lebensversicherungs-AG
unter dem 27. Oktober 2010 erstellten Versorgungsvorschlags, der einen
Versicherungsbeginn zum 1. Januar 2010 ausweist, hätte er bei Abschluss einer
Direktversicherung zum vertragsmäßigen Ablauf der Versicherung Anspruch auf eine
Kapitalabfindung einschließlich einer Überschussbeteiligung iHv. 47.801,00 Euro gehabt.
Bezogen auf die Laufzeit des Arbeitsverhältnisses beim Beklagten errechne sich ein
garantierter Zahlungsanspruch einschließlich der Überschussbeteiligung iHv.
28.680,00 Euro. Unter Berücksichtigung der ersparten Steuern und
Sozialversicherungsbeiträge hätte der Aufwand für den Versicherungsbeitrag tatsächlich
nur 117,21 Euro monatlich betragen. Ihm sei daher ein Schaden iHv. insgesamt
14.380,38 Euro entstanden.
4 Der Kläger hat zuletzt beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 14.380,38 Euro
nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
5 Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hat die Auffassung vertreten, zum
Schadensersatz nicht verpflichtet zu sein, da er den Kläger nicht auf seinen gesetzlichen
Anspruch auf Entgeltumwandlung habe hinweisen müssen. Der Kläger habe anlässlich der
Gespräche über Vermögensbildung/Altersvorsorge bekundet, ausschließlich Interesse an
arbeitgeberfinanzierten Leistungen zu haben. Im Übrigen sei der Kläger aufgrund seiner
wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage gewesen, von seiner monatlichen Vergütung
einen Betrag iHv. 215,00 Euro in eine Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen
Altersversorgung umzuwandeln.
6 Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung
des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter. Der
Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
7 Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zahlung von Schadensersatz
aus positiver Forderungsverletzung und aus § 241 Abs. 2 BGB iVm. § 280 Abs. 1 BGB.
Der Beklagte hat keine Hinweispflichten verletzt. Er war weder nach § 1a BetrAVG noch
aufgrund einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht verpflichtet, den Kläger von sich aus auf
seinen gesetzlichen Anspruch auf Entgeltumwandlung nach § 1a BetrAVG hinzuweisen.
Er hat dem Kläger auch keine unvollständigen oder fehlerhaften Auskünfte erteilt.
8 I. Soweit der Kläger Schadensersatz wegen einer unterbliebenen Entgeltumwandlung in
der Zeit vor dem Inkrafttreten von § 1a BetrAVG am 1. Januar 2002 verlangt, ist die Klage
bereits deshalb unbegründet, weil bis zum 1. Januar 2002 kein Anspruch auf
Entgeltumwandlung bestand. Zwar war bereits in § 1 Abs. 5 BetrAVG idF des Gesetzes
zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1999 - RRG 1999)
vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2998, 3025; Art. 8), das am 1. Januar 1999 in Kraft
getreten ist, bestimmt, dass betriebliche Altersversorgung auch vorliegt, wenn künftige
Entgeltansprüche in eine wertgleiche Anwartschaft auf Versorgungsleistungen
umgewandelt werden. Ein gesetzlicher Anspruch auf Entgeltumwandlung besteht jedoch
erst seit dem 1. Januar 2002 nach dem mit dem Gesetz zur Reform der gesetzlichen
Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens
(Altersvermögensgesetz - AVmG) vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1310, 1327; Art. 9)
eingeführten § 1a BetrAVG. In der Zeit vor dem Inkrafttreten von § 1a BetrAVG konnte
deshalb auch keine Verpflichtung des Beklagten bestehen, den Kläger auf einen
Anspruch auf Entgeltumwandlung hinzuweisen.
9 II. Soweit der Kläger Schadensersatz wegen der nach dem Inkrafttreten von § 1a BetrAVG
am 1. Januar 2002 unterbliebenen Entgeltumwandlung verlangt, ist die Klage
unbegründet, da den Beklagten keine Pflicht traf, den Kläger von sich aus auf dessen
gesetzlichen Anspruch auf Entgeltumwandlung hinzuweisen und der Beklagte dem Kläger
auch keine unzutreffenden oder fehlerhaften Auskünfte erteilt hat. Es kommt daher nicht
darauf an, ob der Kläger einen Schaden schlüssig dargelegt hat und ob er aufgrund seiner
wirtschaftlichen Verhältnisse in der Lage gewesen wäre, von seiner monatlichen
Vergütung 215,00 Euro in eine Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen
Altersversorgung umzuwandeln.
10 1. Eine Verpflichtung des Beklagten, den Kläger auf seinen Anspruch auf
Entgeltumwandlung nach § 1a BetrAVG hinzuweisen, ergibt sich nicht aus den
Bestimmungen des BetrAVG.
11 a) § 1a BetrAVG sieht eine derartige Hinweispflicht des Arbeitgebers nach seinem
Wortlaut nicht vor. Auch an anderer Stelle des Gesetzes findet sich keine ausdrückliche
Regelung über eine Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer auf seinen
Anspruch auf Entgeltumwandlung hinzuweisen, obwohl das Gesetz in anderem
Zusammenhang Hinweis- und Informationspflichten vorsieht. Nach § 2 Abs. 6 BetrAVG in
der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung hatte der Arbeitgeber oder der
sonstige Versorgungsträger dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer Auskunft darüber zu
erteilen, ob für ihn die Voraussetzungen einer unverfallbaren betrieblichen
Altersversorgung erfüllt waren und in welcher Höhe er Versorgungsleistungen bei
Erreichen der in der Versorgungsregelung vorgesehenen Altersgrenze beanspruchen
konnte. Durch Art. 8 des Gesetzes zur Neuordnung der einkommensteuerrechtlichen
Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen (Alterseinkünftegesetz -
AltEinkG) vom 5. Juli 2004 (BGBl. I S. 1427, 1444 f.) wurde § 2 Abs. 6 BetrAVG mit
Wirkung vom 1. Januar 2005 aufgehoben; stattdessen wurde § 4a BetrAVG eingefügt.
Danach hat der Arbeitgeber oder der Versorgungsträger dem Arbeitnehmer bei einem
berechtigten Interesse auf dessen Verlangen schriftlich mitzuteilen, in welcher Höhe aus
der bisher erworbenen unverfallbaren Anwartschaft bei Erreichen der in der
Versorgungsregelung vorgesehenen Altersgrenze ein Anspruch auf Altersversorgung
besteht und wie hoch bei einer Übertragung der Anwartschaft nach § 4 Abs. 3 der
Übertragungswert ist. Nach § 4a Abs. 2 BetrAVG hat der neue Arbeitgeber oder der
Versorgungsträger dem Arbeitnehmer auf dessen Verlangen schriftlich mitzuteilen, in
welcher Höhe aus dem Übertragungswert ein Anspruch auf Altersversorgung und ob eine
Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung bestehen würde. Weitere Auskunftspflichten
enthält das Gesetz nicht. Hätte der Gesetzgeber eine generelle Hinweispflicht des
Arbeitgebers auf den Anspruch auf Entgeltumwandlung gewollt, hätte es nahegelegen,
auch diese Verpflichtung ausdrücklich im Gesetz zu regeln.
12 b) Aus Sinn und Zweck der in § 1a BetrAVG geregelten Entgeltumwandlung kann keine
Verpflichtung des Arbeitgebers hergeleitet werden, den Arbeitnehmer von sich aus auf die
Möglichkeit der Entgeltumwandlung hinzuweisen.
13 Der in § 1a BetrAVG normierte Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung dient der
Förderung der betrieblichen Altersversorgung. Der Anspruch auf Entgeltumwandlung ist
Teil der Maßnahmen, die der Gesetzgeber mit dem Altersvermögensgesetz zur Förderung
eines eigenverantwortlichen Aufbaus einer staatlich geförderten zusätzlichen
kapitalgedeckten Altersvorsorge getroffen hat, wobei diese Altersvorsorge nicht nur in der
privaten, sondern auch in der betrieblichen Vorsorge geleistet werden kann (vgl. BT-
Drucks. 14/4595 S. 40). Der Anspruch ist dem Grunde nach darauf gerichtet, betriebliche
Altersversorgung in Betrieben einzurichten, in denen eine solche noch nicht angeboten
wird (BT-Drucks. 14/4595 S. 40). Eine Aufklärung des Arbeitnehmers über seinen
Anspruch auf Entgeltumwandlung durch den Arbeitgeber könnte zwar dazu beitragen, die
Verbreitung der Entgeltumwandlung zu fördern. Der Gesetzgeber hat in § 1a BetrAVG die
Verantwortungsbereiche zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer jedoch dahin
abgegrenzt, dass er die Entscheidung, künftige Entgeltansprüche in eine Anwartschaft auf
Leistungen der betrieblichen Altersversorgung umzuwandeln, ausschließlich dem
Arbeitnehmer zugewiesen und den Arbeitgeber erst dann zur Mitwirkung verpflichtet hat,
wenn der Arbeitnehmer die Entscheidung zur Entgeltumwandlung getroffen und bekundet
hat. Dies ergibt sich daraus, dass der Arbeitnehmer nach § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG vom
Arbeitgeber „verlangen“ kann, dass Teile seiner künftigen Entgeltansprüche durch
Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersversorgung verwendet werden, und nach
§ 1a Abs. 1 Satz 2 BetrAVG die Durchführung des Anspruchs des Arbeitnehmers durch
Vereinbarung geregelt wird. Ein „Verlangen“ nach Umwandlung eines bestimmten Teils
künftiger Entgeltansprüche kann erst dann bekundet werden, wenn die Entscheidung, ob
und in welcher Höhe eine Entgeltumwandlung durchgeführt werden soll, von dem
Arbeitnehmer bereits getroffen wurde. Erst wenn dies geschehen ist, ist der Arbeitgeber
zur Mitwirkung durch Abschluss der Entgeltumwandlungsvereinbarung zur Durchführung
der Entgeltumwandlung verpflichtet. Damit hat der Gesetzgeber zugleich zum Ausdruck
gebracht, dass Schutz- und Rücksichtnahmepflichten des Arbeitgebers erst bestehen,
nachdem sich der Arbeitnehmer dazu entschlossen hat, künftiges Arbeitsentgelt zur
Bildung von Anwartschaften auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu
verwenden und diesen Entschluss dem Arbeitgeber gegenüber verlautbart hat. Erst dann
können den Arbeitgeber Informationspflichten, zB über die von ihm beeinflussbaren
Faktoren der Entgeltumwandlung (zB über den im Unternehmen bislang gewählten
Durchführungsweg, seine Bereitschaft, die Entgeltumwandlung über eine Pensionskasse
oder einen Pensionsfonds durchzuführen, über die Identität des konkreten
Versorgungsträgers, über die Zusageart und die Versorgungs- oder
Versicherungsbedingungen des externen Versorgungsträgers), treffen. Deshalb ergibt sich
entgegen der Rechtsauffassung des Klägers aus dem Umstand, dass nicht der
Arbeitnehmer, sondern der Arbeitgeber den konkreten Versorgungsträger auswählen darf
(vgl. hierzu BAG 12. Juni 2007 - 3 AZR 14/06 - Rn. 25 mwN, BAGE 123, 72; 19. Juli 2005 -
3 AZR 502/04 (A) - zu II 1 der Gründe), nicht, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer von
sich aus auf die Möglichkeit der Entgeltumwandlung hinweisen muss. Die Auswahl des
konkreten Versorgungsträgers ist erst bei der Durchführung der Entgeltumwandlung
erforderlich. Dies setzt einen entsprechenden Entschluss des Arbeitnehmers zur
Entgeltumwandlung voraus.
14 2. Der Beklagte war auch nicht aufgrund einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht
(Fürsorgepflicht) nach dem gemäß Artikel 229 § 5 Satz 2 EGBGB bis zum 31. Dezember
2002 anzuwendenden § 242 BGB und nach dem gemäß Artikel 229 § 5 Satz 2 EGBGB ab
dem 1. Januar 2003 geltenden § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet, den Kläger auf seinen
gesetzlichen Anspruch auf Entgeltumwandlung hinzuweisen.
15 a) Der Arbeitgeber ist aufgrund einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht gehalten, die im
Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitnehmers so zu
wahren, wie dies unter Berücksichtigung der Interessen und Belange beider
Vertragsparteien nach Treu und Glauben verlangt werden kann. Die Schutz- und
Rücksichtnahmepflicht des Arbeitgebers gilt auch für die Vermögensinteressen der
Arbeitnehmer. Daraus können sich Hinweis- und Informationspflichten des Arbeitgebers
ergeben (vgl. BAG 15. Oktober 2013 - 3 AZR 10/12 - Rn. 48 mwN).
16 Die arbeitsvertraglichen Nebenpflichten des Arbeitgebers beschränken sich zwar nicht
darauf, den Arbeitnehmern keine falschen und unvollständigen Auskünfte zu erteilen. Der
Arbeitgeber kann zur Vermeidung von Rechtsnachteilen auch verpflichtet sein, von sich
aus geeignete Hinweise zu geben. Grundsätzlich hat allerdings jede Partei für die
Wahrnehmung ihrer Interessen selbst zu sorgen und sich Klarheit über die Folgen ihres
Handelns zu verschaffen. Hinweis- und Aufklärungspflichten beruhen auf den besonderen
Umständen des Einzelfalls und sind das Ergebnis einer umfassenden
Interessenabwägung (vgl. BAG 15. Oktober 2013 - 3 AZR 10/12 - Rn. 49 mwN). Die
erkennbaren Informationsbedürfnisse des Arbeitnehmers einerseits und die
Beratungsmöglichkeiten des Arbeitgebers andererseits sind stets zu beachten. Wie groß
das Informationsbedürfnis des Arbeitnehmers ist, hängt insbesondere von der
Schwierigkeit der Rechtsmaterie sowie dem Ausmaß der drohenden Nachteile und deren
Vorhersehbarkeit ab (vgl. BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 71/07 - Rn. 29 und 30 mwN).
17 b) Danach ergibt sich aus der Fürsorgepflicht grundsätzlich keine Verpflichtung des
Arbeitgebers, den Arbeitnehmer auf seinen gesetzlichen Anspruch auf
Entgeltumwandlung hinzuweisen.
18 aa) Zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer besteht im Hinblick auf den
Anspruch auf Entgeltumwandlung nach § 1a BetrAVG kein Kompetenz- und/oder
Informationsgefälle, welches nach Treu und Glauben eine Aufklärung erwarten lassen
könnte. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Entgeltumwandlung ergibt sich aus der
jedermann zugänglichen und insoweit ohne weiteres verständlichen gesetzlichen
Bestimmung des § 1a BetrAVG. Es kann deshalb vom Arbeitnehmer erwartet werden,
dass er sich die Kenntnis dieser Rechtsvorschrift selbst verschafft.
19 bb) Aus der Rechtsprechung des Senats zu Hinweis- und Informationspflichten der
Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes folgt nichts anderes. Den Arbeitgeber des
öffentlichen Dienstes treffen zwar gesteigerte Hinweis- und Informationspflichten
hinsichtlich bestehender Zusatzversorgungsmöglichkeiten (vgl. etwa BAG 24. Mai 1974 -
3 AZR 422/73 - zu II 2 a der Gründe). Dies beruht jedoch darauf, dass der Arbeitnehmer
des öffentlichen Dienstes im Allgemeinen über die bestehenden Versorgungssysteme
nicht hinreichend unterrichtet ist, während der Arbeitgeber über die notwendigen
Kenntnisse verfügt (BAG 17. Dezember 1991 - 3 AZR 44/91 -) und dass auch nicht
erwartet werden kann, dass der Arbeitnehmer mit der Ausgestaltung der komplexen
Versorgungssysteme des öffentlichen Dienstes vertraut ist (BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR
71/07 -). Derartiges trifft auf den Anspruch auf Entgeltumwandlung nicht zu. Dieser ergibt
sich nicht aus einer komplexen, schwer durchschaubaren tariflichen
Versorgungsregelung, sondern aus der jedermann - Arbeitgeber wie Arbeitnehmer -
gleichermaßen zugänglichen und ohne weiteres verständlichen gesetzlichen Bestimmung
des § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG.
20 cc) Einer aus der Fürsorgepflicht abgeleiteten Hinweispflicht des Arbeitgebers auf den
Anspruch auf Entgeltumwandlung steht zudem entgegen, dass die Initiative zu einer
Entgeltumwandlung nach der Konzeption des Gesetzes vom Arbeitnehmer auszugehen
hat. Nach § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verlangen,
dass Teile seiner künftigen Entgeltansprüche durch Entgeltumwandlung für seine
betriebliche Altersversorgung verwendet werden. Die Entscheidung zur Vornahme einer
Entgeltumwandlung obliegt daher allein dem Arbeitnehmer; er kann über die Verwendung
seines künftigen Arbeitsentgelts frei disponieren. Mitwirkungspflichten des Arbeitgebers
entstehen erst, nachdem der Arbeitnehmer sein Verlangen nach Entgeltumwandlung
geäußert hat. Dieser Konzeption liefe es zuwider, wenn der Arbeitgeber aufgrund der
arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht gehalten wäre, den Arbeitnehmer von sich aus auf die
Möglichkeit der Entgeltumwandlung hinzuweisen.
21 3. Der Beklagte ist dem Kläger auch nicht wegen unvollständiger oder fehlerhafter
Auskünfte über die Entgeltumwandlung zum Schadensersatz verpflichtet. Der Kläger hat
selbst nicht behauptet, von dem Beklagten unvollständig oder fehlerhaft über die
Möglichkeit der Entgeltumwandlung informiert worden zu sein. Nach seiner Darstellung
hat sich der Beklagte zur Entgeltumwandlung überhaupt nicht geäußert. Der Kläger hatte
sich nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zu keinem Zeitpunkt nach der
Möglichkeit einer betrieblichen Altersversorgung im Wege der Entgeltumwandlung
erkundigt. Diese Feststellungen, die der Kläger nicht angegriffen hat, sind für den Senat
bindend, § 559 Abs. 2 ZPO. Danach haben die Parteien über Entgeltumwandlung nicht
gesprochen, was die Erteilung unvollständiger oder fehlerhafter Auskünfte durch den
Beklagten ausschließt. Auf die vom Kläger in diesem Zusammenhang erhobenen
Verfahrensrügen kommt es daher nicht an.
22 III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Gräfl
Schlewing
Ahrendt
Schmalz
Schultz