Urteil des BAG vom 12.09.2012

BAG: wiederaufnahme des verfahrens, rechtliches gehör, veruntreuung, straftat, unterschlagung, vergütung, überprüfung, arbeitsgericht, niedersachsen, devolutiveffekt

BUNDESARBEITSGERICHT Beschluss vom 12.9.2012, 5 AZN
1743/12 (F)
Wiederaufnahme - Nichtzulassungsbeschwerde
Tenor
1. Der Restitutionsantrag gegen den Beschluss des
Bundesarbeitsgerichts vom 1. Juni 2012 - 5 AZN 681/12 - wird als
unzulässig verworfen.
2. Der Restitutionskläger hat die Kosten des Wiederaufnahmeverfahrens
zu tragen.
3. Der Wert des Wiederaufnahmeverfahrens wird auf 1.970,45 Euro
festgesetzt.
Gründe
1 I. Im Vorprozess der Parteien wurde der Restitutionskläger als Beklagter vom
Arbeitsgericht Braunschweig verurteilt, an die damalige Klägerin 1.970,45 Euro brutto
nebst Zinsen zu zahlen. Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen wies die hiergegen
gerichtete Berufung des damaligen Beklagten zurück. Das Bundesarbeitsgericht verwarf
die Nichtzulassungsbeschwerde des damaligen Beklagten mit Beschluss vom 1. Juni
2012 als unzulässig. Gegen diesen Beschluss hat der Beklagte des Vorprozesses
Restitutionsklage zum Bundesarbeitsgericht erhoben.
2 II. Die Restitutionsklage ist unzulässig. Der Beklagte des Vorprozesses hat keinen
Restitutionsgrund aufgezeigt.
3 1. Die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen einen Beschluss des
Bundesarbeitsgerichts, durch den eine Nichtzulassungsbeschwerde verworfen oder
zurückgewiesen wurde, ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Über einen solchen
Antrag ist durch Beschluss zu entscheiden, der entsprechend § 72a Abs. 5 ArbGG
aufgrund freigestellter mündlicher Verhandlung ergeht (BAG 18. Oktober 1990 - 8 AS
1/90 - BAGE 66, 140; 11. Januar 1995 - 4 AS 24/94 - AP ZPO § 579 Nr. 5 = EzA
ArbGG 1979 § 72a Nr. 70; Hauck in Hauck/ Helml/Biebl ArbGG 4. Aufl. § 79 Rn. 2).
4 2. Richtet sich ein Nichtigkeits- oder Restitutionsantrag gegen einen Beschluss des
Bundesarbeitsgerichts, mit dem eine Nichtzulassungsbeschwerde des Antragstellers
verworfen oder zurückgewiesen worden ist, muss der Antragsteller darlegen, dass gerade
dieser Beschluss auf einem Nichtigkeits- (§ 579 Abs. 1 Nr. 1 - Nr. 4 ZPO) oder
Restitutionsgrund (§ 580 Nr. 1 - Nr. 8 ZPO) beruht.
5 a) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist kein Rechtsmittel, sondern ein Rechtsbehelf (BAG
1. April 1980 - 4 AZN 77/80 - BAGE 33, 79). Ihr fehlt es an dem ein Rechtsmittel
kennzeichnenden Devolutiveffekt. Der Rechtsstreit fällt nicht als solcher beim
Bundesarbeitsgericht an. Es geht nicht um die Überprüfung der Sachentscheidung des
Landesarbeitsgerichts, sondern um die Frage, ob das Rechtsmittel gegen diese
Sachentscheidung überhaupt erst zugelassen werden kann (BAG 8. Juni 2010 - 6 AZN
163/10 - EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 123; 9. Juli 2003 - 5 AZN 316/03 - AP ArbGG 1979
§ 72a Nr. 49 = EzA ArbGG 1979 § 72a Nr. 96). Dabei ist das Revisionsgericht auf die
Tatbestände des § 72a ArbGG beschränkt.
6 b) Eine Wiederaufnahme des Zulassungsverfahrens ist deshalb nur möglich, wenn die
Wiederaufnahmegründe entweder die Tatbestände des § 72a ArbGG oder das
Zulassungsverfahren selbst betreffen (vgl. das Beispiel in BAG 18. Oktober 1990 - 8 AS
1/90 - BAGE 66, 140 zur nicht ordnungsgemäßen Vertretung im
Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren). Wiederaufnahmegründe, die den Rechtsstreit im
Übrigen betreffen, sind bei dem Gericht anzubringen, das den Rechtsstreit in der Sache
entschieden hat.
7 c) Die Tatsachen, aus denen der Antragsteller einen Wiederaufnahmegrund ableitet,
müssen schlüssig vorgetragen werden. Schlüssiges Behaupten erfordert, dass bei
Unterstellung, die tatsächlichen Behauptungen träfen zu, ein Wiederaufnahmegrund
gegeben wäre.
8 3. Diesen Anforderungen entspricht der Restitutionsantrag nicht. Der Restitutionskläger
legt nicht dar, dass die Klägerin des Vorprozesses den Beschluss des
Bundesarbeitsgerichts vom 1. Juni 2012 durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit
verübte Straftat erwirkt hat.
9 a) Das Bundesarbeitsgericht hat die Nichtzulassungsbeschwerde verworfen, weil der
Beklagte des Vorprozesses keine Divergenz des Urteils des Landesarbeitsgerichts zu
Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts, sondern lediglich eine seiner Ansicht nach
fehlerhafte Rechtsanwendung des Landesarbeitsgerichts gerügt hatte. Hiermit befasst sich
der auf § 580 Nr. 4 ZPO gestützte Restitutionsantrag nicht.
10 b) Entsprechendes gilt hinsichtlich der mit der Nichtzulassungsbeschwerde behaupteten
Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch das Landesarbeitsgericht. Der
Beklagte des Vorprozesses hatte insoweit konkret allein Rügen im Zusammenhang mit
dem behaupteten Aushandeln des Vertrags und der Wirksamkeit der Ausschlussfrist
erhoben. Auch hiermit befasst sich der Restitutionsantrag nicht.
11 c) Der Restitutionsantrag beschränkt sich auf die Frage, ob die Klägerin des Vorprozesses
überführt wurde, einen Arbeitszeitbetrug, eine Veruntreuung oder eine Unterschlagung
begangen zu haben, und ob der Klägerin im Vorprozess zu Recht die vereinbarte
Vergütung zugesprochen wurde. Diese Fragen wurden im
Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren vom Bundesarbeitsgericht nicht geprüft.
12 III. Der Restitutionskläger hat die Kosten des Wiederaufnahmeverfahrens zu tragen.
13 IV. Die Wertfestsetzung beruht auf § 63 GKG.
Müller-Glöge Laux Biebl