Urteil des BAG vom 07.07.2010

Arbeitsvertragliche Bezugnahme auf den BAT - Anwendbarkeit eines von einer Konzernmutter im eigenen Namen abgeschlossenen "Konzerntarifvertrags" in einem Tochterunternehmen

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 7.7.2010, 4 AZR 120/09
Arbeitsvertragliche Bezugnahme auf den BAT - Anwendbarkeit eines von einer Konzernmutter im
eigenen Namen abgeschlossenen "Konzerntarifvertrags" in einem Tochterunternehmen
Tenor
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts
Schleswig-Holstein vom 14. Januar 2009 - 3 Sa 259/08 - wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin für das Jahr 2007 eine Jahressonderzahlung nach
Maßgabe des § 20 Abs. 2 TVöD in der rechnerisch unstreitigen Höhe von 2.326,13 Euro oder nur
in Höhe von 737,99 Euro zusteht, welche die Beklagte auf der Grundlage eines Tarifvertrages über
die Gewährung einer jährlichen Sonderzahlung zwischen der D AG und der ver.di - Vereinte
Dienstleistungsgewerkschaft sowie der NGG - Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten
gezahlt hat. Der Differenzbetrag von 1.588,14 Euro ist zuletzt noch Gegenstand der Klage,
nachdem die Beklagte zunächst 651,32 Euro und dann zwischen den Instanzen weitere
86,67 Euro gezahlt hat.
2 Die nicht gewerkschaftlich organisierte Klägerin ist seit dem 1. Januar 1995 bei der Beklagten und
deren Rechtsvorgängerin, der Klinik W Gesellschaft bürgerlichen Rechts, beschäftigt. In dem
Formulararbeitsvertrag, den sie am 24. Dezember 1994 mit der ursprünglichen Arbeitgeberin
abgeschlossen hatte, die keinem Arbeitgeberverband angehörte, hieß es in § 2 ua.:
„Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT)
vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden und ändernden Tarifverträgen.“
3 Die Beklagte als Betreiberin der Klinik W entstand nach verschiedenen gesellschaftsrechtlichen
Zwischenschritten und gehört seit dem Jahre 2000 als Konzernunternehmen zum Konzern der D
AG.
4 Am 27. März 2007 schlossen die Gewerkschaften ver.di und NGG einerseits und die D AG
andererseits den „Tarifvertrag über die Gewährung einer jährlichen Sonderzahlung“ (TV-S). Darin
heißt es ua.:
㤠1 Geltungsbereich
1. Der Geltungsbereich dieses Tarifvertrages umfasst alle Arbeitnehmer der
O GmbH,
§ 6 Ersatz von Tarifverträgen
Diese Vereinbarung ersetzt folgende Tarifverträge und tarifliche Regelungen:
§ 20 TVöD/TVöD-Ost
…“
5 Nach dem TV-S erhalten die Arbeitnehmer für jedes Wirtschaftsjahr eine Sonderzahlung, deren
Höhe sich nach der Entwicklung des Betriebsergebnisses des Konzerns der D AG (EBITDA)
bestimmt. Die Berechnungsweise ist in § 5 TV-S geregelt. § 5 Nr. 4 bis 11 TV-S bestimmt für die
Jahre von 2007 bis 2010 einen Sonderzahlungsfaktor auf Grundlage des jeweiligen EBITDA. Für
die Mitglieder der Gewerkschaft ver.di und der NGG ergeben sich für die Jahre 2007 bis
einschließlich 2010 gegenüber den übrigen Arbeitnehmern jeweils höhere Faktoren. Weiter heißt
es in § 5 TV-S:
„12. Unabhängig von einer möglichen höheren Zahlung nach den Regelungen der Ziffern 4
bis 9 erhalten Mitglieder der Gewerkschaften ver.di sowie NGG in den Jahren 2007 bis
2009 mindestens eine garantierte Jahressonderzahlung in Abhängigkeit zu der am
31. Dezember 2006 jeweils gültigen tariflichen Regelung nach folgender Tabelle:
Am 31.12.2006 gültige Regelung
Garantierter Faktor
Sonderzahlung nach Haustarif
0,80
13. Als Gewerkschaftsmitglied gilt, wer spätestens am 6. März 2007 in die Gewerkschaft
eingetreten ist und dessen Mitgliedschaft am 30. November des jeweiligen
Wirtschaftsjahres noch besteht und im Anspruchsjahr die Gewerkschaftsmitgliedschaft
nicht gekündigt wurde. Für die Jahre 2008 und folgende gilt jeweils der 1. Januar des
Jahres als spätestes Eintrittsdatum.“
6 Mit Schreiben vom 17. Dezember 2007 machte die Klägerin bei der Beklagten die Zahlung von
1.674,81 Euro als restliche Jahressonderzahlung für 2007 erfolglos schriftlich geltend, nachdem
sie in Anwendung des TV-S zunächst nur 651,32 Euro erhalten hatte. Weitere 86,67 Euro wurden
zwischen den Instanzen gezahlt.
7 Mit der am 4. März 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Zahlung
von zunächst 1.674,81 Euro, zuletzt 1.588,14 Euro verlangt. Sie hat die Auffassung vertreten, ihr
Anspruch auf restliche Jahressonderzahlung ergebe sich aus § 20 Abs. 2 TVöD; auch auf diese
Bestimmung beziehe sich die arbeitsvertragliche Verweisungsklausel. Die Regelung im TV-S
differenziere im Übrigen unzulässig zwischen Gewerkschafts- und
Nichtgewerkschaftsmitgliedern.
8 Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.674,81 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. Januar 2008 zu zahlen.
9 Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die im Arbeitsvertrag vorgesehene
Gleichstellungsklausel führe zur Anwendung auch des TV-S. Die dort vorgenommene
Differenzierung sei wirksam. Der Tarifvertrag verpflichte die Beklagte nicht, nicht organisierten
Arbeitnehmern Sonderzahlung vorzuenthalten.
10 Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Danach hat die Beklagte die weiteren 86,67 Euro
gezahlt und die Klägerin insoweit die Hauptsache für erledigt erklärt. Die Berufung der Beklagten,
die sich der Erledigterklärung nicht angeschlossen hat, hat das Landesarbeitsgericht
zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte
die Klageabweisung. Die Klägerin beantragt die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
11 Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Zahlungsklage ist begründet. Die
Klägerin kann den geltend gemachten und ihr von den Vorinstanzen zuerkannten Betrag
verlangen. Sie hat Anspruch auf eine Jahressonderzahlung für das Jahr 2007 aus § 20 Abs. 2
TVöD. Der geltend gemachte Betrag ist rechnerisch unstreitig die Differenz zwischen der
tatsächlich für 2007 von der Beklagten erbrachten Sonderzahlung und der Sonderzahlung, die der
Klägerin nach § 20 Abs. 2 TVöD zusteht. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen,
dass sich die arbeitsvertragliche Verweisung im Ergebnis auch auf den TVöD erstreckt. Ob die
Verweisungsklausel in § 2 des Arbeitsvertrages an sich geeignet wäre, einen Haustarifvertrag
über eine Jahressonderzahlung zum die Anwendbarkeit des § 20 TVöD verdrängenden
Vertragsgegenstand zu machen, kann dahinstehen. Selbst wenn man dies entgegen der
Auffassung des Landesarbeitsgerichts bejahen wollte, erstreckte sich die Verweisung doch nur auf
einen Tarifvertrag im Rechtssinne, der im Betrieb der Beklagten gilt oder zumindest gelten könnte.
Daran fehlt es beim TV-S. Auf die Wirksamkeit dieses Tarifvertrages und der dort enthaltenen
Differenzierungsklausel kommt es daher auch im vorliegenden Fall nicht an(vgl. hierzu insgesamt
auch BAG 18. November 2009 - 4 AZR 491/08 - NJW 2010, 888).
12 I. Die Verweisung in § 2 des Arbeitsvertrages vom 24. Dezember 1994 nimmt seit der Ablösung
des BAT durch den TVöD auch diesen in seiner jeweiligen Fassung in Bezug und macht ihn zum
Gegenstand des Arbeitsvertrages der Parteien.
13 1. § 2 des Arbeitsvertrages legt an sich nur fest, dass sich das Arbeitsverhältnis nach „dem
Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden und
ändernden Tarifverträgen“ bestimmt. Damit ist zwar der BAT dynamisch, in seiner jeweiligen
durch die ändernden Tarifverträge bestimmten Fassung, in Bezug genommen. Die Bezugnahme
erstreckt sich ihrem Wortlaut nach zunächst aber nicht auf den TVöD, aus dem die Klägerin ihren
Anspruch herleitet.
14 2. Das Landesarbeitsgericht hat unter A 1. der Entscheidungsgründe im Einzelnen begründet,
warum eine Auslegung der vertraglichen Verweisungsbestimmung letztlich auch zur Geltung des
TVöD im Arbeitsverhältnis der Parteien führt. Es kann dahinstehen, ob dies bereits das Ergebnis
einer einfachen Vertragsauslegung ist, oder ob es insoweit - wegen des Fehlens einer
Bezugnahme auch auf die den BAT ersetzenden Tarifverträge - einer ergänzenden
Vertragsauslegung bedarf(so BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - im Anschluss an BAG
16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 12, NZA 2010, 401). Denn dass an die Stelle des
dynamisch in Bezug genommenen BAT als dessen dynamische Nachfolgeregelung für einen
Betrieb wie den der Beklagten, für die ein Bezug zu einer Tarifregelung für die Beschäftigten im
Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder nicht erkennbar ist, der TVöD getreten ist, kann
nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht mehr zweifelhaft sein. Die Beklagte,
deren Rechtsvorgängerin das Arbeitsverhältnis zusammen mit der Klägerin der Regelungsmacht
der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes anvertraut hat, hat die entsprechende
Rechtsauffassung der Klägerin und des Arbeitsgerichts auch ebenso wenig angegriffen wie die
Ausführungen im Urteil des Landesarbeitsgerichts hierzu. Sie zitiert insoweit stets „BAT/TVöD“
und widerspricht, wie auch in den Vorinstanzen, stets nur deren Annahme, es gebe keine
Anhaltspunkte für eine Inbezugnahme auch des TV-S. Wenn sich die Arbeitsvertragsparteien mit
der Bezugnahmeklausel schon der Verbandstarifvertragsentwicklung unterworfen hätten, auf die
der Arbeitgeber als Partei des Arbeitsvertrags nur mittelbar Einfluss nehmen könne, dann
unterwürfen sie sich erst recht der tarifvertraglichen Entwicklung, die der Arbeitgeber unmittelbar
mit der für den Betrieb zuständigen Gewerkschaft vereinbart habe.
15 II. Bei Geltung des TVöD und dessen § 20 Abs. 2 hat die Klägerin einen Anspruch auf eine
Jahressonderzahlung in Höhe von 2.326,13 Euro brutto, von der nach den Zahlungen der
Beklagten nach Maßgabe des TV-S in Höhe von 651,32 Euro und 86,67 Euro noch 1.588,14 Euro
offenstehen. Dieser Differenzbetrag steht zwischen den Parteien rechnerisch außer Streit.
16 III. Dem darauf bezogenen Zahlungsanspruch der Klägerin stehen die Spezialregelungen des TV-
S nicht nach dessen § 6 entgegen.
17 1. Dabei kann dahinstehen, ob dieser nicht kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit geltende
Tarifvertrag bereits deshalb keine Anwendung findet, weil er als Firmentarifvertrag von der
Verweisung im Arbeitsvertrag nicht mit umfasst ist. Gegenüber der dahingehenden Auffassung
des Landesarbeitsgerichts hat die Beklagte zumindest nachvollziehbare Einwände erhoben, denen
der Senat indes nicht nachgehen muss. Denn ein den BAT und den an dessen Stelle getretenen
TVöD ändernder Tarifvertrag kann jedenfalls nur ein Tarifvertrag sein, der diesen Tarifvertrag
entweder als Flächentarifvertrag ganz oder in einem Regelungsausschnitt abändert, oder ein
Haustarifvertrag mit entsprechendem Regelungsinhalt, der in der Lage ist, diesen Tarifvertrag mit
Wirkung für die Klägerin und die Beklagte abzuändern. Ein Tarifvertrag, der wenn überhaupt dann
nur in einem oder mehreren anderen Unternehmen als Haustarifvertrag gilt, also auch bei
Tarifgebundenheit der Klägerin nicht im Arbeitsverhältnis der Parteien gelten würde, kann bei
verständiger Würdigung der vertraglichen Inbezugnahme von der Verweisungsklausel nicht mit
umfasst sein.
18 2. Hiernach gilt der TV-S im Arbeitsverhältnis der Parteien jedenfalls deshalb nicht, weil er nicht mit
Wirkung für die Beklagte vereinbart worden ist. Die Beklagte ist nicht Vertragspartei des TV-S und
daher nicht an diesen nach § 4 Abs. 1 TVG gebunden, so dass dieser auch über die
Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag der Klägerin nicht im Arbeitsverhältnis der Parteien zur
Anwendung kommt. Damit kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits auch nicht darauf an,
ob die Differenzierungsklausel im TV-S wirksam ist und ob - bei deren Unwirksamkeit - der sich
dann aus dem TV-S für die Klägerin ergebende andere Differenzbetrag vom Klageantrag mit
umfasster Streitgegenstand wäre.
19 a) Die Beklagte ist nicht Partei des TV-S. Sie ist bei Abschluss des Tarifvertrages durch die D AG
von dieser nicht wirksam vertreten worden(entsprechend für ein anderes Unternehmen der
Unternehmensgruppe BAG 18. November 2009 - 4 AZR 491/08 - NJW 2010, 888).
20 aa) Auf das Zustandekommen eines Tarifvertrages finden die Vorschriften des Bürgerlichen
Gesetzbuchs über den Abschluss von Verträgen Anwendung. Eine wirksame Vertretung setzt
nach § 164 Abs. 1 BGB voraus, dass der Vertreter - neben der Bevollmächtigung zur Abgabe der
Willenserklärung - erkennbar im Namen des Vertretenen gehandelt hat(s. nur BAG 29. Juni 2004 -
1 AZR 143/03 - zu III 2 a der Gründe mwN, AP TVG § 1 Nr. 36 = EzA TVG § 1 Nr. 46).
21 (1) Dabei kann sich der Wille, auch im Namen bestimmter anderer Unternehmen zu handeln - der
Vertreter kann sowohl im eigenen als auch zusätzlich im Namen eines oder mehrerer Vertretener
handeln (BAG 29. Juni 2004 - 1 AZR 143/03 - zu III 2 b a der Gründe mwN, AP TVG § 1 Nr. 36 =
EzA TVG § 1 Nr. 46) -, nach § 164 Abs. 1 Satz 2 BGB aus den Umständen ergeben, wenn sie
einen einer ausdrücklichen Nennung als Tarifvertragspartei gleichwertigen Grad an Klarheit und
Eindeutigkeit erreichen (zu § 2 Abs. 2 TVG s. BAG 12. Februar 1997 - 4 AZR 419/95 - zu I 1.4.1
der Gründe, AP TVG § 2 Nr. 46 = EzA TVG § 2 Nr. 21: „zweifelsfrei aus dem Inhalt der Urkunde
ergibt“) und in einer § 1 Abs. 2 TVG genügenden Form niedergelegt sind. Denn die Nennung der
Vertragsparteien bedarf ebenso wie der gesamte Tarifvertrag der Schriftform (Wiedemann/Thüsing
TVG 7. Aufl. § 1 Rn. 191; s. auch BAG 26. April 2000 - 4 AZR 170/99 - zu II 2 a aa der Gründe,
BAGE 94, 266, 272; so schon RAG 7. Oktober 1931 - RAG 713/30 - ARS 13, 229, 231). Die
Schriftform nach § 1 Abs. 2 TVG dient der Klarstellung des Inhalts von Tarifverträgen (BAG
10. November 1982 - 4 AZR 1203/79 - BAGE 40, 327, 333). Neben dem Umstand, dass die
Normunterworfenen sich über den Tarifvertragsinhalt unterrichten können sollen (BAG 19. Oktober
1976 - 1 AZR 611/75 - zu 3 der Gründe, BAGE 28, 225, 230), muss für sie auch ersichtlich sein,
ob der Tarifvertrag überhaupt für sie gelten soll. Daher muss anhand der Vertragsurkunde auch
hinreichend erkennbar sein, wer im Einzelnen den Tarifvertrag abgeschlossen hat.
22 (2) Diese Grundsätze gelten auch im Falle einer rechtsgeschäftlichen Vertretung eines abhängigen
Unternehmens durch das herrschende innerhalb eines Konzerns beim Abschluss eines
Tarifvertrages. Es bedarf - neben der konkreten Bestimmung oder Bestimmbarkeit der abhängigen
Unternehmen für die der Tarifvertrag geschlossen werden soll - über die bloße
Konzernzugehörigkeit hinaus weiterer Anhaltspunkte, aus denen mit für einen Tarifvertrag
hinreichender Bestimmtheit der Wille erkennbar hervorgeht, für eine oder mehrere abhängige
Unternehmen zu handeln(BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 26 mwN, BAGE 124, 240,
246; 12. Dezember 2007 - 4 AZR 1058/06 - Rn. 15; weiterhin BAG 26. April 2000 - 4 AZR 170/99 -
zu II 2 a aa der Gründe, BAGE 94, 266, 272).
23 bb) Nach diesen Maßstäben sind vorliegend keine ausreichenden Anhaltspunkte ersichtlich, dass
der TV-S von der D AG auch im Namen der Beklagten geschlossen wurde.
24 In § 1 TV-S wird die Beklagte lediglich hinsichtlich des räumlichen Geltungsbereichs aufgeführt.
Die Angabe des Geltungsbereichs allein reicht jedoch noch nicht aus. Denn dadurch wird nicht
erkennbar, dass der Tarifvertrag zugleich in rechtsgeschäftlicher Vertretung für die Beklagte
geschlossen werden soll. Ein Unternehmen wird nicht allein dadurch zur Partei eines nicht von ihm
abgeschlossenen Tarifvertrages, dass es in dessen Geltungsbereich einbezogen wird(BAG
17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 28, 30, BAGE 124, 240, 246; 12. Dezember 2007 - 4 AZR
1058/06 - Rn. 17, 19).
25 Dem Tarifvertrag sind keine Anhaltspunkte zu entnehmen, der TV-S solle von der D AG auch im
Namen der Beklagten geschlossen werden. In dem Kopf des TV-S ist auf Arbeitgeberseite
lediglich die D AG genannt. Ebenso ist den Unterschriften - „für die D AG“ - kein die Vertretung der
Beklagten andeutender Hinweis beigefügt(s. auch BAG 26. April 2000 - 4 AZR 170/99 - zu II 2 a aa
der Gründe, BAGE 94, 266, 272).
26 c) Den Tatsachenfeststellungen des Landesarbeitsgerichts ist auch nicht zu entnehmen, dass die
Beklagte Partei des TV-S auf der Arbeitgeberseite ist, wovon das Landesarbeitsgericht offenbar
ohne weitere Begründung ausgeht. Soweit im Tatbestand des Berufungsurteils ausgeführt wird, die
D AG habe den TV-S „mit Geltungsbereich für die Beklagte“ geschlossen, begründet dies nicht die
Stellung der Beklagten als Tarifvertragspartei.
27 d) Die bloße Vorstellung der Beklagten, der Tarifvertrag wirke auch für sie, genügt angesichts der
normativen Wirkung, die dem Tarifvertrag nach § 4 TVG zukommt, nicht(zum Konzerntarifvertrag
BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 28 mwN, BAGE 124, 240, 246 f.; 12. Dezember
2007 - 4 AZR 1058/06 - Rn. 17). Das gilt auch dann, wenn die Gegenpartei im Prozess wie im
vorliegenden Rechtsstreit gleichfalls davon ausgeht, der Tarifvertrag gelte für das Unternehmen
der Beklagten. Die normative Gebundenheit an tarifvertragliche Normen kann nur durch einen
Tarifvertrag selbst bewirkt werden.
28 e) Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch dann nicht, wenn man davon ausgeht, die D AG habe
den TV-S als herrschende Konzerngesellschaft geschlossen und die Beklagte sei abhängiges
Unternehmen iSd. §§ 17, 18 AktG.
29 Das Landesarbeitsgericht hat zwar keine Feststellungen getroffen, bei der Beklagten handele es
sich um ein abhängiges Unternehmen, dass unter der einheitlichen Leitung der D AG als
herrschendem Unternehmen zusammengefasst ist. Aber selbst wenn die Beklagte ein abhängiges
Tochterunternehmen der D AG sein sollte, ergibt sich allein hieraus nicht die Stellung als Partei
eines Tarifvertrages, der nur von der herrschenden Konzerngesellschaft abgeschlossen worden
ist. Das hat der Senat bereits ausführlich begründet(ausf. BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR
1005/06 - Rn. 26 mwN, BAGE 124, 240, 246; 12. Dezember 2007 - 4 AZR 1058/06 - Rn. 15;
2. Dezember 1992 - 4 AZR 277/92 - BAGE 72, 48, 56 f.; 11. September 1991 - 4 AZR 71/91 -
BAGE 68, 261, 269; jew. mwN auch zu den abweichenden Auffassungen). Hieran hält der Senat
ausdrücklich fest.
30 3. Da der TV-S im Arbeitsverhältnis der Parteien nicht gilt, kann er dort auch nicht nach seinem § 6
die in Bezug genommene, den Klageantrag begründende Bestimmung des § 20 TVöD als
Spezialregelung ersetzen. § 20 Abs. 2 TVöD bleibt damit die der Klägerin zur Seite stehende
Anspruchsgrundlage.
31 IV. Den Zinsausspruch der Vorinstanzen hat die Beklagte nicht angegriffen.
32 V. Die Beklagte hat nach § 97 ZPO die Kosten ihres nach alledem erfolglosen Rechtsmittels zu
tragen.
Bepler
Creutzfeldt
Treber
Hardebusch
Vorderwülbecke