Urteil des BAG vom 24.01.2013

Vertragsauslegung - Zahlung des Krankenversicherungsbeitrags durch den Arbeitgeber

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 24.1.2013, 8 AZR 965/11
Vertragsauslegung - Zahlung des Krankenversicherungsbeitrags durch den Arbeitgeber
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts
Düsseldorf vom 19. Oktober 2011 - 7 Sa 452/11 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten über die Höhe eines von der Beklagten zu zahlenden Zuschusses
zum Krankenversicherungsbeitrag des Klägers.
2 Der Kläger und die Rechtsvorgängerin der Beklagten schlossen am
22. September/25. September 2003 einen Aufhebungsvertrag. In diesem heißt es ua.:
„Aufhebungsvertrag
1 …
Das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis wird daher auf Veranlassung der
B AG zum 31. Oktober 2004 aufgehoben.
3 …
Unter Anrechnung von Leistungen Dritter, z. B. Arbeitslosengeld,
Arbeitslosenhilfe, Krankengeld, Leistungen aus der betrieblichen
Altersversorgung, gesetzlichen Rentenversicherung sowie Bezügen aus
anderweitiger beruflicher Tätigkeit, garantieren wir Ihnen eine
Gesamtleistung von insgesamt 138.672,87 EUR brutto.
Diese Gesamtleistung setzt sich zusammen aus:
einer Einmalzahlung im November 2004 von
5.532,87 EUR brutto,
sowie vom 1. November 2004 bis 31. Oktober 2009 Leistungen von
monatlich 2.219,00 EUR brutto.
Abweichungen von den monatlichen Beträgen können sich auf Grund der
Anrechnung von Leistungen Dritter ergeben.
5 Zusätzlich übernimmt die B AG - sofern hierzu nicht ein anderer Träger
verpflichtet ist - die während des Ausgleichszeitraumes zu entrichtenden
Krankenversicherungsbeiträge als Bruttobetrag, soweit sie sich aus den in
diesem Vertrag zugesagten Leistungen ergeben, maximal bis zu der Höhe
des Beitrages der zuständigen Betriebskrankenkasse der B AG.
…“
3 Die Krankenkassenbeiträge wurden zunächst von der Rechtsvorgängerin der Beklagten
unmittelbar an deren Betriebskrankenkasse, die B BKK, überwiesen. Ab November 2006
wurde das Einzugsverfahren durch die Rechtsnachfolgerin der B BKK, die p BKK,
umgestellt. Dies hatte zur Folge, dass der Kläger seine Krankenversicherungsbeiträge
selbst an die Krankenkasse abführen musste und der Krankenversicherungszuschuss
unmittelbar an ihn ausbezahlt wurde. Da der Kläger in keinem Arbeitsverhältnis mehr
stand, war er bei der p BKK als freiwilliges Mitglied versichert. Diese stellte sich auf den
Standpunkt, dass für den von der Beklagten an den Kläger gezahlten Zuschuss ebenfalls
Beiträge zur Krankenversicherung zu zahlen seien, er also ebenfalls der Verbeitragung
unterliege. Mit Schreiben vom 22. Februar 2008 teilte sie dem Kläger ua. mit:
„…
wie mit Ihnen besprochen, sind wir damit einverstanden, dass Sie für die Zeit ab
dem 01.11.2006 die Beiträge nur in Höhe an uns entrichten, wie diese ohne
Berücksichtigung des Zuschusses zur Krankenversicherung zu entrichten wären.
Den Beitrag, der aus dem Zuschuss anfällt, werden wir solange stunden, bis geklärt
ist, wie die endgültige Beitragsberechnung zu erfolgen hat.
…“
4 Am 25. Mai 2010 schrieb die p BKK an den Kläger:
„…
Sie erhielten von der B GmbH eine monatliche Abfindung und einen
Krankenkassenzuschuss. Mit Schreiben vom 21.02.2008 [richtig wohl: 22.02.2008]
erklärten wir uns damit einverstanden, Ihnen den Beitrag insoweit zu stunden, als er
auf den Krankenkassenzuschuss entfällt. Grund hierfür war, dass die Frage der
Beitragspflicht aus in monatlichen Raten gezahlten Abfindungen bislang nicht
höchstrichterlich geklärt ist.
Zwischenzeitlich steht fest, dass es zu der ursprünglich angestrebten gerichtlichen
Klärung nicht kommen wird, da sich kein Mitglied gefunden hat, welches bereit war,
einen Musterrechtsstreit zu führen. Unsere zu dieser Rechtsfrage vertretene
Auffassung wird vom Spitzenverband Bund der gesetzlichen Krankenkassen
geteilt. Auch das Bundesversicherungsamt beanstandet diese Beitragsberechnung
nicht.
Wir heben daher die Stundung auf und berechnen für die Zeit vom 01.11.2006 bis
31.10.2009 die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung neu.
Damit sind für die Zeit vom 01.11.2006 bis 31.10.2009 Beiträge in Höhe von
1.717,32 EUR nachzuzahlen.
…“
5 Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf. Dieser
Rechtsstreit ist noch anhängig.
6 Der Kläger verlangt von der Beklagten die Erstattung des von der p BKK geforderten
Nachzahlungsbetrages in Höhe von insgesamt 1.717,32 Euro.
7 Er meint, die Beklagte habe sich im Aufhebungsvertrag dazu verpflichtet, die
Krankenkassenbeiträge in voller Höhe zu übernehmen. Wenn die Beklagte nunmehr
einen Zuschuss zu den Krankenversicherungsbeiträgen zahle und dies dazu führe, dass
sich der von ihm zu zahlende Krankenversicherungsbeitrag erhöhe, so habe die Beklagte
dafür zu sorgen, dass ihm keine zusätzlichen Kosten entstünden.
8 Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.717,32 Euro nebst 5 Prozentpunkten Zinsen
über dem Basiszinssatz seit dem 4. August 2010 zu zahlen.
9 Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
10 Sie vertritt die Ansicht, dass sie, wie sich aus Ziff. 5 des Aufhebungsvertrages ergebe, die
Übernahme der Krankenversicherungsbeiträge als Bruttobetrag schulde und nicht
zusätzlich die Zahlung der auf diese Zuschüsse entfallenden
Krankenversicherungsbeiträge. Die zugesagte Übernahme der
Krankenversicherungsbeiträge beziehe sich nur auf die monatliche Abfindungszahlung
von 2.219,00 Euro, nicht aber auf die zusätzlich gezahlten Krankenversicherungsbeiträge.
Außerdem wäre ein etwaiger Anspruch des Klägers aufgrund der einmonatigen
Ausschlussfrist des auf das Arbeitsverhältnis vereinbarungsgemäß anzuwendenden § 17
MTV verfallen. Die Fälligkeit des geltend gemachten Zahlungsanspruchs wäre mit dem
Bescheid der p BKK vom 25. Mai 2010 eingetreten, so dass die erstmalige
Geltendmachung des Anspruchs mit Schreiben der klägerischen Prozessbevollmächtigten
vom 21. Juli 2010 verspätet gewesen wäre.
11 Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das
Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen
Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, während die Beklagte die
Zurückweisung der Revision beantragt.
Entscheidungsgründe
12 Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Ihm steht der geltend gemachte
Erstattungsanspruch gegen die Beklagte nicht zu.
13 I. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen
wie folgt begründet:
14 Die Beklagte sei nur verpflichtet, dem Kläger die auf die in Ziff. 3 des Aufhebungsvertrages
zugesagte monatliche Leistung in Höhe von 2.219,99 Euro [richtig wohl: 2.219,00 Euro]
entfallenden Krankenkassenbeiträge zu erstatten. Dies ergebe die Auslegung der Ziff. 5
des Aufhebungsvertrages. Ausweislich dieser Bestimmung sei unmissverständlich
geregelt, dass die Beklagte die zu entrichtenden Krankenversicherungsbeiträge „als
Bruttobetrag“ übernehme. Sollte diese Leistung ihrerseits der Krankenversicherungspflicht
unterliegen, so handele es sich dabei um eine gesetzliche Folge, die nicht die Beklagte,
sondern den Kläger als Arbeitnehmer treffe. Dies sei für diesen auch erkennbar gewesen,
weil bei der Zusage einer Bruttoleistung feststehe, dass hiervon Steuern und Beiträge zur
Sozialversicherung abgingen. Zu Recht weise die Beklagte in diesem Zusammenhang
darauf hin, dass sich die gesetzlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen ändern
könnten, welche auf die Voraussetzungen etwaiger Abzüge und deren etwaige Höhe
Einfluss haben. Gerade durch eine Bruttovereinbarung werde deutlich, dass der
vertragschließende Arbeitgeber das Risiko derartiger Veränderungen nicht tragen wolle.
Soweit der Kläger behaupte, das Zustandekommen der Aufhebungsvereinbarung sei „von
dem Wunsch beider Parteien“ geprägt gewesen, ihm eine feste monatliche
Abfindungsleistung zur Verfügung zu stellen, welche ihm ein festes monatliches
Einkommen habe ermöglichen sollen, sei diese von der Beklagten bestrittene Behauptung
unsubstantiiert. Die Annahme eines derartigen „Wunsches“ finde in der
Aufhebungsvereinbarung auch keinerlei Stütze, weil dort alle an den Kläger zu zahlenden
Beträge als Bruttobeträge bezeichnet seien, wodurch hinreichend und auch für den Kläger
erkennbar klargestellt sei, dass die hierauf entfallenden Steuern, Abgaben und
zusätzlichen Krankenversicherungsbeiträge von ihm selbst zu tragen sein sollten.
15 Es könne auch nicht von einer Nettolohnvereinbarung der Parteien ausgegangen werden.
So könne kein „klar erkennbarer Wille“ der Parteien zum Abschluss einer
Nettolohnvereinbarung festgestellt werden. Vielmehr befänden sich in der Vereinbarung
ausschließlich Anhaltspunkte für den „Normalfall“, nämlich eine Bruttolohnvereinbarung.
Vom Kläger seien auch keine Umstände vorgetragen worden, warum die Beklagte von
diesem „Normalfall“ abgewichen sei. Entgegen der Auffassung des Klägers sei die
Beklagte auch nicht verpflichtet, die von ihr an den Kläger ausgezahlten
Krankenkassenbeiträge so zu gestalten, dass für ihn ein Einkommen nach Maßgabe eines
Bruttomonatsentgelts in Höhe von 2.219,00 Euro gewährleistet sei. Aus dem
Aufhebungsvertrag selbst ergebe sich, dass der von der Beklagten übernommene
Krankenversicherungsbeitrag höhenmäßig auf die Leistungen aus dem
Aufhebungsvertrag begrenzt sein sollte. Dies ergebe sich hinreichend deutlich aus der
Formulierung, dass die Beklagte die Krankenkassenbeiträge als Bruttobeträge
übernehme, „soweit sie sich aus den in diesem Vertrag zugesagten Leistungen ergäben“.
Damit hätten die Parteien in Ziff. 5 des Aufhebungsvertrages ersichtlich nicht auf die
tatsächlich vom Kläger zu entrichtenden Krankenversicherungsbeiträge abstellen wollen,
sondern nur auf die Krankenversicherungsbeiträge, die sich aufgrund der Leistungen aus
Ziff. 3 der Vereinbarung ergeben.
16 Die streitgegenständlichen Regelungen seien auch unter dem Gesichtspunkt, dass es sich
um Allgemeine Geschäftsbedingungen handele, wirksam. Die Unklarheitenregelung des
§ 305c Abs. 2 BGB komme nicht zur Anwendung. Dafür genüge es nicht, dass Streit über
die Auslegung bestehe. Voraussetzung sei vielmehr, dass nach Ausschöpfung der in
Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel bleibe und
mindestens zwei Auslegungen rechtlich vertretbar seien. Weise die Klausel bei objektiver
Auslegung einen einheitlichen Inhalt auf oder hätten die Parteien sie übereinstimmend in
einem bestimmten Sinne verstanden, sei für eine Anwendung von § 305c Abs. 2 BGB kein
Raum. Dies sei vorliegend der Fall.
17 II. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts
hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
18 Die zulässige Klage ist unbegründet.
19 1. Ein Anspruch des Klägers ergibt sich nicht unmittelbar aus den getroffenen
vertraglichen Vereinbarungen.
20 a) Dem Kläger steht aufgrund der mit der Beklagten getroffenen Vereinbarungen im
Aufhebungsvertrag kein Anspruch auf Erstattung der Krankenversicherungsbeiträge zu,
welche die p BKK als Beiträge auf den von der Beklagten gemäß Ziff. 5 des Vertrages
geleisteten Krankenversicherungszuschuss verlangt hat. Die insoweit vom
Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der Vertragsvereinbarungen ist
revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
21 b) Das Berufungsgericht ist ohne nähere Begründung davon ausgegangen, dass es sich
bei den einschlägigen Regelungen im Aufhebungsvertrag um Allgemeine
Geschäftsbedingungen handelt. Nach der Legaldefinition in § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind
Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten
Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss
eines Vertrages stellt. Vertragsbedingungen sind für eine Vielzahl von Verträgen bereits
dann vorformuliert, wenn ihre dreimalige Verwendung beabsichtigt ist (BAG
23. September 2010 - 8 AZR 897/08 - Rn. 14 mwN, AP BGB § 307 Nr. 48 = EzA
BGB 2002 § 309 Nr. 6).
22 Davon, dass diese Voraussetzungen vorliegen, ist trotz fehlender ausdrücklicher
Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht auszugehen. Zunächst tragen beide
Parteien vor, dass der Ziff. 5 des Aufhebungsvertrages entsprechende Vereinbarungen
auch in anderen Fällen von „Frühverrentungen“ verwendet worden sind, und zum anderen
liegen auch den im Rechtsstreit vorgelegten Urteilen des Landesarbeitsgerichts
Schleswig-Holstein vom 21. September 2010 (- 5 Sa 193/10 -) und des Arbeitsgerichts
Mönchengladbach vom 18. Februar 2009 (- 7 Ca 3698/08 -) mit anderen Arbeitnehmern
vereinbarte gleichlautende Vertragsklauseln zugrunde.
23 c) Die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung der einschlägigen als
Allgemeine Geschäftsbedingungen zu wertenden Bestimmungen des
Aufhebungsvertrages unterliegen der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung durch das
Bundesarbeitsgericht (st. Rspr., vgl. BAG 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 23 mwN, AP
BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 88 Nr. 3).
24 d) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen
Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern
unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden
werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des
durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Maßgebend
sind die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu
erwartenden nicht rechtskundigen Vertragspartners. Anhaltspunkt für die Auslegung
Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut (BAG 7. Juni
2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 24 mwN, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 55 =
EzA BetrVG 2001 § 88 Nr. 3).
25 e) Bereits der Wortlaut der im Aufhebungsvertrag getroffenen Vereinbarung spricht für das
vom Landesarbeitsgericht gefundene Ergebnis. So heißt es in Ziff. 5 des
Aufhebungsvertrages, dass die Beklagte die „Krankenversicherungsbeiträge als
Bruttobetrag, soweit sie sich aus den in diesem Vertrag zugesagten Leistungen ergeben“,
übernimmt. Aus der Verwendung des Begriffes „Bruttobetrag“ ergibt sich, dass der Kläger
als Arbeitnehmer alle Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung, welche auf diesen
Krankenversicherungszuschuss entfallen, tragen sollte. Der Begriff „Brutto“(-Entgelt) stellt
nämlich rechtsterminologisch das Gegenteil von „Netto“(-Entgelt) dar. Unter einer
Nettolohnvereinbarung ist eine Abrede zwischen den Parteien eines Dienst- oder
Arbeitsverhältnisses des Inhalts zu verstehen, dass der Arbeitgeber - gegebenenfalls
neben der Übernahme von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung - dem
Arbeitnehmer dadurch zusätzlichen Lohn zuwendet, dass er auch die Lohnsteuer trägt
(vgl. BFH 28. Februar 1992 - VI R 146/87 - zu 1 a der Gründe, BFHE 167, 507 = AP BGB
§ 611 Nettolohn Nr. 5). Im Ergebnis bedeutet der Begriff „netto“ nach allgemeinem
Sprachgebrauch im Zusammenhang mit einer Vergütungsvereinbarung, dass der
Arbeitnehmer den genannten Betrag in der angegebenen Höhe vom Arbeitgeber
ausbezahlt erhält und keine Abgaben auf diesen ausbezahlten Betrag mehr zu leisten hat.
26 Letztlich verlangt der Kläger von der Beklagten, so gestellt zu werden, als hätte er mit
dieser vereinbart, den Krankenversicherungszuschuss „netto“ auszuzahlen, dh. alle darauf
entfallenden Krankenversicherungsbeiträge zu tragen. Gegen eine solche Auslegung der
getroffenen Vereinbarung spricht auch, dass sich die Höhe des
Krankenversicherungszuschusses ausschließlich an den im „Vertrag zugesagten
Leistungen“ orientieren sollte. Darunter können aber nur die in Ziff. 3 aufgeführten
Leistungen der Beklagten, nicht der in Ziff. 5 genannte Krankenversicherungszuschuss
selbst gemeint sein.
27 Einem solchen Verständnis der Begriffe „brutto“ und „netto“ steht nicht entgegen, dass es
sich im Streitfalle um Krankenversicherungsbeiträge handelt, welche aufgrund einer
freiwilligen Krankenversicherung vom Kläger an die p BKK zu zahlen waren (vgl. BAG
26. August 2009 - 5 AZR 616/08 - Rn. 17, USK 2009-71).
28 Der grundsätzliche Unterschied zwischen den Begriffen „Nettobetrag“ und „Bruttobetrag“
ist den im Arbeitsleben Stehenden regelmäßig bekannt. Besondere Rechtskenntnisse
sind für diese allgemeine Unterscheidung nicht erforderlich.
29 f) Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass für die Anwendbarkeit
der so genannten „Unklarheitenregelung“ des § 305c Abs. 2 BGB kein Raum ist. Bleibt bei
der Auslegung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung nach Ausschöpfung der
Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dieser nach § 305c Abs. 2 BGB
zu Lasten des Verwenders. Dies setzt aber voraus, dass die Auslegung mindestens zwei
Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient. Es
müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte
Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung des
§ 305c Abs. 2 BGB nicht (BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 42, AP BGB § 307
Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2).
30 Das vom Berufungsgericht revisionsrechtlich nicht zu beanstandende
Auslegungsergebnis lässt keine solchen Zweifel entstehen.
31 g) Für die Annahme, dass die Parteien etwas anderes vereinbaren wollten, als sich aus
dem Wortlaut und der Gesamtschau der getroffenen Vereinbarungen ergibt, lässt sich aus
dem Aufhebungsvertrag nichts ableiten. Dies hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis
ebenfalls zutreffend entschieden.
32 h) Eine Inhaltskontrolle der getroffenen Abrede nach § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB
scheidet aus. Eine solche würde voraussetzen, dass durch die Vereinbarung über die
Zahlung des Krankenversicherungszuschusses eine von Rechtsvorschriften abweichende
oder diese ergänzende Regelung vereinbart worden wäre (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB). Dies
ist vorliegend nicht der Fall. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfange Arbeitnehmer
auf ihnen vom Arbeitgeber geleistete Zuschüsse Sozialversicherungsabgaben leisten
müssen, ist gesetzlich geregelt. Durch die Vereinbarung, dass die
Krankenversicherungszuschüsse „brutto“ ausbezahlt werden, wollten die Parteien von den
gesetzlichen Bestimmungen weder abweichen noch diese ergänzen.
33 Für die Anwendbarkeit des § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB, nach dem „andere Bestimmungen“
nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam sein können, ist kein Raum. Dies würde
voraussetzen, dass „die Bestimmung nicht klar und verständlich“ (§ 307 Abs. 1 Satz 2
BGB) ist. Dies ist aber - wie oben dargelegt - nicht der Fall.
34 2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Anpassung der getroffenen Vereinbarungen
bzgl. des Krankenversicherungszuschusses.
35 Selbst wenn dem Kläger und möglicherweise auch der Beklagten die Problematik bei
Abschluss des Aufhebungsvertrages nicht bewusst gewesen ist, dass der
Krankenversicherungszuschuss seinerseits der Krankenversicherungsbeitragspflicht
unterliegen könnte, ändert dies am Inhalt der getroffenen Vereinbarung nichts,
insbesondere würde dies keinen Anspruch des Klägers auf Anpassung des Vertrages
begründen. Ein solcher Anspruch auf Anpassung der arbeitsvertraglichen Regelungen im
Sinne des klägerischen Begehrens könnte sich allenfalls dann ergeben, wenn eine
Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) vorläge. Wird zu Gunsten des Klägers
unterstellt, dass er den Aufhebungsvertrag nicht oder nur mit dem von ihm gewünschten
Inhalt geschlossen hätte, wenn er von der Beitragspflicht bezüglich des
Krankenversicherungszuschusses gewusst hätte, so scheidet eine Anwendbarkeit des
§ 313 BGB und damit ein Anspruch auf Anpassung des Aufhebungsvertrages allein
deshalb aus, weil es dem Kläger unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles
nicht unzumutbar ist, am Aufhebungsvertrag in unveränderter Form festzuhalten (§ 313
Abs. 2 iVm. Abs. 1 BGB). Bei dem Gesamtvolumen der dem Kläger aufgrund des
Aufhebungsvertrages von der Beklagten gewährten Leistungen (138.672,87 Euro nebst
den Krankenversicherungszuschüssen) ist es dem Kläger - auch unter Berücksichtigung,
dass er als Gegenleistung auf den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses verzichtet hat -
nicht unzumutbar, insgesamt 1.717,32 Euro an Beiträgen für seine - letztlich nur ihm
zugutekommende - Krankenversicherung zu zahlen.
36 3. Da bereits dem Grunde nach kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf
Erstattung eines von ihm ggf. auf den Krankenversicherungszuschuss zu zahlenden
Krankenversicherungsbeitrages besteht, kommt es nicht darauf an, ob die p BKK diesen
Beitrag zu Recht vom Kläger gefordert hat, dh. ob dessen Klage vor den Gerichten der
Sozialgerichtsbarkeit Erfolg hat.
37 III. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
Hauck
Böck
Breinlinger
Bloesinger
St. Soost