Urteil des BAG vom 16.12.2008

BAG (arbeitszeit, arbeitnehmer, verteilung, betriebsrat, einstweilige verfügung, arbeitgeber, schutz der familie, zustimmung, bag, alleinerziehende mutter)

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 16.12.2008, 9 AZR 893/07
Teilzeitanspruch und betriebliche Mitbestimmung - isolierte Klage auf Neuverteilung der Arbeitszeit
Leitsätze
1. Hat die Arbeitszeitverteilung eines einzelnen Arbeitnehmers Auswirkungen auf das kollektive System
der Verteilung der betriebsüblichen Arbeitszeit, kann eine Betriebsvereinbarung oder Regelungsabrede
dem Verlangen des Arbeitnehmers auf Neuverteilung seiner Arbeitszeit nach § 8 Abs. 2 bis 5 TzBfG
entgegenstehen.
2. Der Betriebsrat hat bei der Ausübung seines Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG
darauf zu achten, dass die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit gefördert wird. Diese
allgemeine Aufgabe des Betriebsrats aus § 80 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BetrVG führt nicht notwendig zum
Vorrang der Interessen des einzelnen Arbeitnehmers, der Familienpflichten zu erfüllen hat. Den
Betriebsparteien steht bei der Abwägung der Einzel- und Kollektivinteressen ein Beurteilungsspielraum
zu.
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts
Schleswig-Holstein vom 4. Oktober 2007 - 4 Sa 242/07 - aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 14. Mai
2007 - 2 Ca 322 a/07 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu
tragen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten über die Verteilung der Arbeitszeit der Klägerin.
2 Die Klägerin ist seit 2001 als „Mitarbeiterin Kasse/Verkauf/Info“ im Baumarkt der Beklagten in K.
tätig. Die Beklagte beschäftigt dort 24 Arbeitnehmer. Im Arbeitsvertrag der Parteien ist eine
„variable Arbeitszeiteinteilung“ vereinbart.
3 Der Baumarkt ist montags bis samstags von 8:00 Uhr bis 20:00 Uhr geöffnet. Die Arbeitnehmer
im Verkaufs-, Kassen- und Informationsbereich werden ohne feste Arbeitszeiten in einem
rollierenden Schichtsystem an fünf Werktagen beschäftigt. Die wöchentlich wechselnden
Schichten sollen gewährleisten, dass die als belastend empfundenen Arbeitszeiten am Nachmittag
und Abend sowie am Samstag gleichmäßig auf alle Arbeitnehmer verteilt werden.
4 Im Unternehmen der Beklagten gilt eine mit dem Gesamtbetriebsrat geschlossene
„Betriebsvereinbarung über Rahmenvereinbarung Arbeitszeit“ vom 8. August 2001 (BV
Arbeitszeit). Sie lautet auszugsweise:
㤠1 Einleitung
Diese Rahmenvereinbarung gilt für alle Mitarbeiter/innen der t. GmbH, mit Ausnahme der
Mitarbeiter/innen der Zentrale sowie der leitenden Angestellten nach § 5 BetrVG.
§ 2 Arbeitszeitrahmen/Verteilung der Arbeitszeit
Die Verteilung der Arbeitszeit erfolgt im Rahmen einer flexiblen Arbeitszeitregelung
bezogen auf das Halbjahresarbeitszeitkonto, welches sich aus den einzelvertraglich
vereinbarten Stunden errechnet. … Grundlagen des Arbeitszeitrahmens sind alle
gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen. Den Arbeitszeitrahmen bildet hierbei die
Verteilung der Arbeitszeit auf max. fünf Arbeitstage pro Woche für Vollzeit- und
Teilzeitbeschäftigte und ein maximales tägliches Einsatzvolumen von 9 Std. pro
Mitarbeiter/in. …
Bestehende einzelvertraglich vereinbarte Arbeitszeitregelungen werden hiervon nicht
berührt.
Der Einsatz der Mitarbeiter/innen erfolgt filialspezifisch nach der Personaleinsatzplanung,
welche jeweils mindestens 2 Wochen im Voraus im Rahmen einer Feinplanung zu
erstellen und durch Aushang bekannt zu machen ist.
Freie Tage bzw. Freizeit dürfen nicht auf Feiertage fallen, dies gilt auch für Teilzeitkräfte.
§ 7 Festlegung der Arbeitszeit
Die Regelarbeitszeit endet Montag bis Freitag spätestens um 20 Uhr, am Samstag
spätestens um 16 Uhr.
…“
5 Eine von der Beklagten und dem Gesamtbetriebsrat unterzeichnete Protokollnotiz zur BV
Arbeitszeit vom 1. Oktober 2001 sieht vor:
„Es herrscht Einigkeit darüber, dass für alle Paragraphen filialspezifische Abweichungen in
Abstimmung und mit Zustimmung des jeweils zuständigen Betriebsrates verändert werden
können.“
6 Die Klägerin befand sich bis 10. Februar 2007 in Elternzeit und arbeitete währenddessen teilweise
in Teilzeit. Sie erzieht ihren am 11. Februar 2004 geborenen Sohn allein. Er besucht von 8:00 Uhr
bis 15:00 Uhr einen „Kinderladen“.
7 Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 7. Dezember 2006, ihre Arbeitszeit nach dem Ende
der Elternzeit am 10. Februar 2007 von 37,5 auf 30 Wochenstunden zu verringern und diese
wegen der Öffnungszeiten des „Kinderladens“ auf Montag bis Freitag von 8:30 Uhr bis 14:30 Uhr
und höchstens zwei Samstage im Monat zu verteilen. Die Beklagte erklärte sich unter dem
21. Dezember 2006 mit der Reduzierung der Arbeitszeit einverstanden, lehnte die gewünschte
Verteilung jedoch ab. Sie hielt an einer flexiblen Personaleinsatzplanung montags bis samstags
von 8:00 Uhr bis 20:00 Uhr fest . Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin bat mit Schreiben vom
4. Januar 2007 um weitere Prüfung des Antrags. Sie stellte klar, dass die Arbeitszeit ab
11. Februar 2007 umverteilt werden solle. Hilfsweise verlangte sie die neue Verteilung mit Ablauf
von drei Monaten nach Antragstellung, dh. ab 8. März 2007 .
8 Die Beklagte beantragte daraufhin beim örtlichen Betriebsrat unter Hinweis auf das Ende der
Elternzeit, der Festlegung der von der Klägerin gewünschten Arbeitszeit montags bis freitags von
8:30 Uhr bis 14:30 Uhr und ein- bis zweimal im Monat samstags nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG
zuzustimmen. Der Betriebsrat stimmte nicht zu. Die Betriebsratsvorsitzende führte dazu mit
Schreiben vom 19. Januar 2007 ua. aus:
„Eine starre, festgelegte Arbeitszeit eines einzelnen Mitarbeiters steht mit den Interessen
der anderen Kolleginnen und Kollegen nicht im Einklang. Eine festgelegte Arbeitszeit eines
einzelnen Mitarbeiters würde den Betriebsfrieden ganz erheblich stören. Aus diesem Grund
lehnen wir eine Zustimmung ab.
Wir verweisen auch auf die bestehende Betriebsvereinbarung über Rahmenvereinbarung
Arbeitszeit.“
9 Die Beklagte teilte der Klägerin unter dem 24. Januar 2007 mit, der Betriebsrat habe es abgelehnt,
der gewünschten Verteilung der Arbeitszeit zuzustimmen. Die Beklagte schloss sich der
Begründung des Betriebsrats an und behielt sich erneut eine flexible Arbeitszeiteinteilung während
der Öffnungszeiten des Baumarkts von Montag bis Samstag, 8:00 Uhr bis 20:00 Uhr, vor .
10 Das Landesarbeitsgericht erließ auf Antrag der Klägerin mit Urteil vom 1. März 2007 - 4 SaGa
1/07 - eine einstweilige Verfügung. Es verurteilte die Beklagte, die Klägerin bis zur
erstinstanzlichen Entscheidung im Hauptsacheverfahren mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von
30 Stunden nur montags bis freitags zwischen 8:30 Uhr und 14:30 Uhr und maximal zweimal pro
Monat auch samstags zur Arbeit einzuteilen .
11 Die Klägerin meint, der gewünschten Verteilung ihrer Arbeitszeit stünden keine betrieblichen
Gründe entgegen. Ihr Interesse an der Betreuung ihres Sohns habe Vorrang vor den
Bestrebungen anderer Arbeitnehmer, zu den bevorzugten Zeiten am Vormittag und frühen
Nachmittag zu arbeiten. Der Betriebsrat habe diese Abwägung entgegen § 80 Abs. 1 Nr. 2
Buchst. b, Nr. 8 und § 92a Abs. 1 Satz 2 BetrVG unterlassen.
12 Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, sie mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden nur
montags bis freitags zwischen 8:30 Uhr und 14:30 Uhr sowie maximal zweimal pro Monat
auch samstags zur Arbeit einzuteilen.
13 Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht, die BV Arbeitszeit stehe der
gewünschten festen Arbeitszeit entgegen. Die Beklagte könne sich jedenfalls nicht über die
fehlende Zustimmung des Betriebsrats hinwegsetzen.
14 Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat das erstinstanzliche
Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen
Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des Urteils erster Instanz. Die Klägerin
beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
15 A. Die Revision der Beklagten ist begründet.
16 I. Der auf „Einteilung“ zu bestimmten Arbeitszeiten gerichtete Klageantrag ist nach seinem
Wortlaut nicht eindeutig. Der Senat muss ihn auslegen und den für einen objektiven Empfänger
erkennbaren Willen ermitteln (vgl. nur Senat 14. Oktober 2003 - 9 AZR 636/02 - zu A II der
Gründe, BAGE 108, 103).
17 1. Die Klägerin will jedenfalls eine Vertragsänderung durchsetzen. Der Arbeitsvertrag der Parteien
sieht eine variable und nicht die verlangte feste Arbeitszeit vor. Die Beklagte soll deshalb dazu
verurteilt werden, einer Änderung durch Annahme des Änderungsangebots der Klägerin
zuzustimmen. Die Arbeitszeit soll nach § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG auf montags bis freitags,
8:30 Uhr bis 14:30 Uhr, und höchstens zwei Samstage im Monat verteilt werden.
18 2. Der Senat braucht nicht darüber zu entscheiden, ob die Klägerin im Wege einer objektiven
Klagehäufung nach § 260 ZPO das weitere Ziel einer tatsächlichen Beschäftigung mit diesen
festen Arbeitszeiten verfolgt (§§ 611, 613, 242 BGB iVm. Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG).
Dafür sprechen die kurz nach dem Ende der Elternzeit erwirkte einstweilige Verfügung und das im
Prozess geltend gemachte Betreuungsbedürfnis des Sohns der Klägerin. Der
Beschäftigungsantrag wäre als unechter, in die Zukunft gerichteter Hilfsantrag zu verstehen. Er
stünde unter der Bedingung, dass die Klägerin mit dem Antrag auf Vertragsänderung nach § 8
TzBfG obsiegt. Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf Vertragsänderung durch
Neuverteilung der Arbeitszeit. Sie kann daher auch nicht verlangen, mit den gewünschten festen
Arbeitszeiten beschäftigt zu werden.
19 II. Die auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtete Klage ist zulässig. Sie ist hinreichend
bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Klägerin musste kein Datum angeben, zu dem die
Vertragsänderung wirksam werden sollte.
20 1. Mit Rechtskraft eines obsiegenden Urteils gilt die Zustimmung der Beklagten nach § 894 Abs. 1
Satz 1 ZPO als erteilt (vgl. nur Senat 24. Juni 2008 - 9 AZR 313/07 - Rn. 18, EzA TzBfG § 8
Nr. 21) .
21 2. Zu welchem Zeitpunkt die fingierte Abgabe der Annahmeerklärung wirkt, beurteilt sich nach
materiellem Recht.
22 a) Seit Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB idF des Gesetzes zur Modernisierung des
Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) kommt auch die Verurteilung zur Abgabe
einer Willenserklärung in Betracht, mit der ein Vertragsangebot rückwirkend angenommen werden
soll (für die st. Rspr. Senat 24. Juni 2008 - 9 AZR 313/07 - Rn. 18, EzA TzBfG § 8 Nr. 21) .
23 b) Die Klägerin verlangt eine auf den Tag nach dem Ende der Elternzeit, den 11. Februar 2007,
zurückwirkende Vertragsänderung, ohne dass der Klageantrag ein Datum enthält. Für die
gewünschte Rückwirkung sprechen der Teilzeitantrag vom 7. Dezember 2006 und die Klarstellung
der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 4. Januar 2007 . Beide Schreiben waren der
Klageschrift beigefügt und beziehen sich auf den 11. Februar 2007 als Beginn der Änderung.
24 III. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die gewünschte Festlegung
ihrer Arbeitszeit.
25 1. Dem auf Vertragsänderung gerichteten Antrag steht nicht entgegen, dass die Klägerin isoliert
das Ziel der Neuverteilung der Arbeitszeit verfolgt.
26 a) Der Arbeitnehmer kann sein auf § 8 TzBfG gestütztes Verlangen nach Verringerung der
Arbeitszeit in der Weise mit einem konkreten Verteilungswunsch verbinden, dass er sein
Änderungsangebot von der gewünschten Arbeitszeitverteilung abhängig macht (zu dieser
rechtlichen Verknüpfung Senat 18. Februar 2003 - 9 AZR 164/02 - zu B II 1 der Gründe,
BAGE 105, 107; 18. Februar 2003 - 9 AZR 356/02 - zu I 4 der Gründe, BAGE 105, 133).
27 b) Die Klägerin stellte ihr Angebot auf Verringerung der Arbeitszeit hier nicht unter die Bedingung
der Zustimmung der Beklagten zu der gewünschten Neuverteilung. Die Parteien einigten sich noch
vor dem Ende der Elternzeit über die Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit, obwohl die
Beklagte mit der gewünschten Verteilung nicht einverstanden war. Die Arbeitszeit soll nach dieser
Vereinbarung auch dann verringert sein, wenn die von der Klägerin gewünschte
Arbeitszeitverteilung nicht zustande kommt. Mit der unmittelbar nach dem Ende der Elternzeit
erhobenen Klage bringt die Klägerin zum Ausdruck, dass sie von einer wirksamen
Verringerungsvereinbarung ausgeht und nur noch das Verlangen nach Neuverteilung verfolgt.
28 aa) Das isolierte Verteilungsverlangen der Klägerin steht, wie von § 8 Abs. 2 bis 5 TzBfG
vorausgesetzt, in unmittelbarem Zusammenhang mit der Reduzierung der Arbeitszeit, auf die sich
die Parteien bereits geeinigt haben (vgl. Senat 16. März 2004 - 9 AZR 323/03 - zu B II 1 der
Gründe, BAGE 110, 45; siehe auch Mengel in Annuß/Thüsing TzBfG 2. Aufl. § 8 Rn. 78).
29 bb) Besteht ein solcher unmittelbarer Zusammenhang iSv. § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 sowie Abs. 4
Satz 1 TzBfG, darf der Arbeitnehmer eine isolierte Klage auf Neuverteilung der Arbeitszeit
erheben. Der Arbeitgeber kann dem Neuverteilungswunsch nicht erfolgreich entgegenhalten, dass
die Parteien im Arbeitsvertrag ein bestimmtes - hier variables - Modell der Arbeitszeitverteilung
vereinbart haben. Der Arbeitnehmer ist nicht auf das vertraglich vereinbarte Modell der
Arbeitszeitverteilung beschränkt, sondern hat Anspruch auf Vertragsänderung (ebenso zB LAG
Düsseldorf 1. März 2002 - 18 (4) Sa 1269/01 - zu B I 2 c der Gründe, LAGE TzBfG § 8 Nr. 5; Laux
in Laux/Schlachter TzBfG § 8 Rn. 32; Meinel/Heyn/Herms TzBfG 3. Aufl. § 8 Rn. 41; Sievers
TzBfG 2. Aufl. § 8 Rn. 23; Zwanziger in Kittner/Däubler/Zwanziger KSchR 7. Aufl. § 8 TzBfG
Rn. 12; aA etwa LAG Düsseldorf 17. Mai 2006 - 12 Sa 175/06 - zu I 1 bis 4 der Gründe,
LAGE TzBfG § 8 Nr. 17a; MünchKommBGB/Müller-Glöge 5. Aufl. Bd. 4 § 8 TzBfG Rn. 13;
ErfK/Preis 9. Aufl. § 8 TzBfG Rn. 12; Rolfs TzBfG § 8 Rn. 20).
30 (1) Die in § 8 Abs. 2 bis 5 TzBfG vorgesehene Verknüpfung der Verringerung der Arbeitszeit mit
ihrer Neuverteilung berücksichtigt den Umstand, dass die wirtschaftlich nachteilige
Arbeitszeitverkürzung für den Arbeitnehmer häufig nur sinnvoll ist, wenn sie ihm auch hinsichtlich
der Arbeitszeitverteilung die nötigen Freiräume eröffnet (MünchArbR/Schüren 2. Aufl.
Ergänzungsbd. § 162 Rn. 64). Der Arbeitnehmer soll eine größere Zeitsouveränität erlangen
(Viethen NZA Sonderbeilage zu Heft 24/2001, 3).
31 (a) Das TzBfG will den Wechsel von einem Vollzeit- in ein Teilzeitarbeitsverhältnis oder umgekehrt
erleichtern (BT-Drucks. 14/4374 S. 11 und 18; vgl. auch Senat 16. September 2008 - 9 AZR
781/07 - Rn. 28, EzA TzBfG § 9 Nr. 4) . § 1 TzBfG sieht als Ziel des Gesetzes deswegen ua. vor,
Teilzeitarbeit zu fördern. Arbeitgeber haben Arbeitnehmern, auch in leitenden Positionen,
Teilzeitarbeit nach Maßgabe des TzBfG zu ermöglichen (§ 6 TzBfG). Sie sollen dafür sorgen,
dass Teilzeitarbeit als Arbeitsform attraktiver wird (vgl. BT-Drucks. 14/4374 S. 16).
32 (b) Mit dem TzBfG sollte zugleich die Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 zu
der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit (ABl.
EG Nr. L 14 vom 20. Januar 1998 S. 9, ber. ABl. EG Nr. L 128 vom 30. April 1998 S. 71) idF der
Richtlinie 98/23/EG vom 7. April 1998 (ABl. EG Nr. L 131 vom 5. Mai 1998 S. 10, Teilzeitrichtlinie)
umgesetzt werden (BT-Drucks. 14/4374 S. 1 und 11). Ziel der Rahmenvereinbarung ist es nach
ihrem Paragraphen 1 Buchst. b, die Entwicklung der Teilzeitarbeit auf freiwilliger Basis zu fördern
und zu einer flexiblen Organisation der Arbeitszeit beizutragen, die den Bedürfnissen der
Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Rechnung trägt.
33 (2) Der Wortlaut des § 8 Abs. 1 TzBfG, der einen Anspruch auf Verringerung „der vertraglich
vereinbarten Arbeitszeit“ begründet, gibt keine Beschränkung auf das arbeitsvertraglich
vereinbarte Arbeitszeitverteilungsmodell vor.
34 (a) Der in §§ 1 und 6 TzBfG ausgedrückte Gesetzeszweck der Förderung der Teilzeitarbeit
verlangt eine möglichst weitgehende Flexibilisierung sowohl der Dauer als auch der Verteilung der
Arbeitszeit. Wortlaut und Zusammenhang des § 8 Abs. 2 bis 5 TzBfG bringen diese
gesetzgeberische Zielvorstellung ebenfalls zum Ausdruck. Die dort getroffenen Regelungen
trennen die Entscheidungen des Arbeitgebers über die Anträge auf Arbeitszeitverringerung und
Arbeitszeitneuverteilung unter der Voraussetzung, dass ein unmittelbarer Zusammenhang
zwischen Reduzierung und Neuverteilung besteht. Der Arbeitgeber kann die Verkürzung wirksam
akzeptieren, die Umverteilung dagegen ablehnen (MünchArbR/Schüren Ergänzungsbd. § 162
Rn. 65 f.). Diese Trennung von Arbeitszeitverringerung und -verteilung zeigt sich daran, dass der
Verteilungswunsch in § 8 Abs. 2 bis 5 TzBfG nicht an das vertraglich vereinbarte Modell gebunden
und die Arbeitszeit idR durch Weisung des Arbeitgebers nach § 106 Satz 1 GewO verteilt wird.
Das Korrekturrecht des Arbeitgebers aus § 8 Abs. 5 Satz 4 TzBfG, das auf die Neuverteilung der
Arbeitszeit beschränkt ist, hält die Trennung konsequent durch. Die Begründung der Beschlüsse
des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung in BT-Drucks. 14/4625 S. 20 hält deshalb fest, die
- später in das Gesetz eingegangenen - Änderungsempfehlungen zum Regierungsentwurf des § 8
Abs. 3 und 5 TzBfG stellten klar, dass zwischen der zu vereinbarenden Verringerung der
Arbeitszeit und der Festlegung der Verteilung der Arbeitszeit zu differenzieren sei.
35 (b) Das von Paragraph 1 Buchst. b der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit verlangte
Gleichgewicht der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerinteressen wird hinsichtlich der Verteilung der
Arbeitszeit nicht nur durch das Korrekturrecht des § 8 Abs. 5 Satz 4 TzBfG gewährleistet. Der
Arbeitgeber kann sich vielmehr auch auf betriebliche Gründe iSv. § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG
berufen, die der gewünschten Verteilung der Arbeitszeit entgegenstehen.
36 2. Die allgemeinen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Zustimmung zu der Vertragsänderung
nach § 8 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 TzBfG waren im Zeitpunkt des Änderungsverlangens der Klägerin
vom 7. Dezember 2006 erfüllt.
37 a) Das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten besteht seit 2001, also länger als sechs Monate (§ 8
Abs. 1 TzBfG). Die Beklagte beschäftigt allein in ihrem Betrieb in K. 24 und damit mehr als
15 Arbeitnehmer (§ 8 Abs. 7 TzBfG).
38 b) Unschädlich ist ferner, dass die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 7. Dezember 2006 nicht die
dreimonatige Mindestankündigungsfrist des § 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG einhielt.
39 aa) Die mangelnde Fristwahrung führt nicht zur Unwirksamkeit des Änderungsverlangens. Die
Vertragsänderung wird nur später wirksam (vgl. Senat 20. Juli 2004 - 9 AZR 626/03 - zu B II 2 der
Gründe, BAGE 111, 260). Eine Fristverletzung ist bedeutungslos, wenn der Arbeitgeber das
Teilzeitverlangen mit dem Arbeitnehmer ohne Vorbehalt erörtert. Damit verzichtet er auf die
Einhaltung der lediglich zu seinem Schutz vorgesehenen Mindestfrist (vgl. BT-Drucks. 14/4374
S. 17). § 22 Abs. 1 TzBfG verbietet nur Abweichungen zulasten des Arbeitnehmers (Senat
14. Oktober 2003 - 9 AZR 636/02 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 108, 103).
40 bb) Die Beklagte ließ sich hier unter dem 21. Dezember 2006 vorbehaltlos auf den Teilzeitantrag
ein. Dagegen spricht nicht, dass sie die gewünschte Arbeitszeitverteilung ablehnte. Sie rügte den
mit dem Fristverstoß verbundenen Verfahrensfehler auch im Hinblick auf die Arbeitszeitverteilung
nicht, sondern wies das Verlangen aus Sachgründen zurück.
41 3. Die Beklagte lehnte den Verteilungsantrag mit Schreiben vom 21. Dezember 2006 ab. Unter
Berücksichtigung des gewöhnlichen Postlaufs ging dieses Schreiben der Klägerin länger als einen
Monat vor dem angestrebten Beginn der Neuverteilung am 11. Februar 2007 zu. Die
Arbeitszeitverteilung änderte sich daher nicht bereits kraft Gesetzes nach § 8 Abs. 5 Satz 3
TzBfG.
42 4. Die Beklagte ist nicht nur nicht verpflichtet, der gewünschten Neuverteilung der Arbeitszeit nicht
zuzustimmen. Ihr ist es rechtlich verwehrt, eine Annahmeerklärung abzugeben. Dem
Umverteilungsanspruch steht zwar nicht die BV Arbeitszeit entgegen, wie das
Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat. Die Beklagte darf das Änderungsangebot der Klägerin
aber schon deshalb nicht annehmen, weil sie mit dem Betriebsrat eine Regelungsabrede getroffen
hat, die der gewünschten Festlegung der Arbeitszeit bei der Beschäftigung der Klägerin
entgegensteht.
43 a) Der Festlegung der Verteilung der Arbeitszeit entsprechend dem Änderungsangebot des
Arbeitnehmers können Betriebsvereinbarungen oder Regelungsabreden entgegenstehen, wenn
die Festlegung einen kollektiven Bezug hat. Die Mitbestimmungsrechte des § 87 Abs. 1 BetrVG
sind kollektive Schutzrechte zugunsten der Arbeitnehmer des Betriebs. Ihre Rechtsstellung darf in
kollektiver Hinsicht nicht verschlechtert werden (vgl. Fitting BetrVG 24. Aufl. § 87 Rn. 599). Hat die
Arbeitszeitverteilung dagegen keinen kollektiven Bezug, ist der Arbeitgeber im
Anwendungsbereich des § 8 TzBfG verpflichtet, die gewünschte Arbeitszeit festzulegen (st. Rspr.,
vgl. für Betriebsvereinbarungen Senat 24. Juni 2008 - 9 AZR 313/07 - Rn. 37, EzA TzBfG § 8
Nr. 21; 16. März 2004 - 9 AZR 323/03 - zu B II 5 c cc der Gründe, BAGE 110, 45; 18. Februar
2003 - 9 AZR 164/02 - zu B IV 2 a der Gründe, BAGE 105, 107).
44 aa) Die Zustimmung des Arbeitgebers zu einem Arbeitszeitverteilungsverlangen nach § 8 Abs. 1,
Abs. 4 Satz 1 TzBfG hat keinen kollektiven Bezug, wenn ein bestimmtes Arbeitsverhältnis
gestaltet werden soll und keine allgemeinen Belange der Arbeitnehmer berührt werden. Allgemeine
Interessen sind demgegenüber betroffen, wenn die beabsichtigte Arbeitszeitverteilung
Auswirkungen auf den ganzen Betrieb, eine Gruppe von Arbeitnehmern oder einen Arbeitsplatz -
dh. nicht nur auf den einzelnen Arbeitnehmer, der die Arbeitszeitumverteilung wünscht - hat (vgl.
Senat 16. März 2004 - 9 AZR 323/03 - zu B II 5 c bb der Gründe mit Nachweisen aus der Rspr.
des Ersten Senats, BAGE 110, 45; siehe auch Richardi in Richardi BetrVG 11. Aufl. § 87 Rn. 287).
Dem Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG liegt die gesetzgeberische Vorstellung
zugrunde, dass die Festlegung der betriebsüblichen Arbeitszeit typischerweise kollektive
Interessen der Arbeitnehmer berührt. Die Einsätze der Arbeitnehmer sind aufeinander abgestimmt.
Die Arbeitsabläufe greifen ineinander. Das Mitbestimmungsrecht dient dazu, die Interessen der
Arbeitnehmer an der Lage ihrer Arbeitszeit und der freien Zeit zur Gestaltung ihres Privatlebens
zur Geltung zu bringen (für die st. Rspr. BAG 14. November 2006 - 1 ABR 5/06 - Rn. 26,
BAGE 120, 162).
45 bb) Die gewünschte Festlegung der Arbeitszeit der Klägerin hat Auswirkungen auf die allgemeinen
Interessen der Arbeitnehmer im Verkaufs-, Kassen- und Informationsbereich des Betriebs in K.
Das hat das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgeführt. Die übrigen in diesem Bereich
beschäftigten Arbeitnehmer versehen ihre Aufgaben in einem flexiblen Wechselschichtsystem.
Die von der Klägerin gewünschte Festlegung der Arbeitszeit auf montags bis freitags, 8:30 Uhr bis
14:30 Uhr, und höchstens zwei Samstage im Monat führte dazu, dass sich die variablen
Arbeitszeiten der anderen Arbeitnehmer an den festen Arbeitszeiten der Klägerin ausrichten, sich
um sie „herumgruppieren“ müssten. Für die übrigen Arbeitnehmer stünde ua. ein geringerer Anteil
der Arbeitszeit zwischen 8:30 Uhr und 14:30 Uhr von montags bis freitags zur Verfügung. Sie
müssten häufiger am späteren Nachmittag oder Abend eingesetzt werden.
46 b) § 8 TzBfG begründet keinen Gesetzesvorbehalt iSd. Eingangssatzes von § 87 Abs. 1 BetrVG,
der das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ausschlösse (näher Senat 16. März 2004 - 9 AZR
323/03 - zu B II 5 b der Gründe, BAGE 110, 45; 18. Februar 2003 - 9 AZR 164/02 - zu B IV 2 a der
Gründe, BAGE 105, 107).
47 aa) Der Teilzeitanspruch aus § 8 TzBfG lässt dem Arbeitgeber einen Regelungsspielraum. Der
Arbeitgeber muss seine betrieblichen Aufgabenstellungen festlegen und daraus nachvollziehbare
Konsequenzen für die individuelle und kollektive Verteilung der Arbeitszeit ziehen (vgl. Senat
18. Februar 2003 - 9 AZR 164/02 - zu B IV 2 a bb der Gründe, BAGE 105, 107). Hat die Verteilung
der Arbeitszeit eines einzelnen Arbeitnehmers einen kollektiven Bezug, besteht ein vom
Betriebsrat mitbestimmter Regelungsspielraum hinsichtlich der Beschäftigung im betrieblichen
System der Arbeitszeitverteilung.
48 bb) § 8 TzBfG beschneidet die Regelungskompetenz der Betriebsparteien hier nicht in der Weise,
dass eine Beschäftigung der Klägerin mit fester Arbeitszeit die einzig rechtmäßige Regelung im
kollektiven Arbeitszeitsystem des Betriebs ist.
49 (1) Für den Neuverteilungsanspruch aus § 8 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 TzBfG, der einer Beschäftigung
mit der geänderten Arbeitszeit zugrunde liegt, kommt es nicht auf die für den Teilzeitwunsch
geltend gemachten Gründe an. Persönliche Belange sind weder erwähnt, noch haben die in § 8
Abs. 4 Satz 2 TzBfG definierten entgegenstehenden Gründe einen Bezug zu der Lebenssituation
des Arbeitnehmers. § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BEEG trifft für die Elternzeit eine andere
gesetzgeberische Wertung. Dort wird das besondere Interesse der Eltern an einer Verringerung
und Neuverteilung ihrer Arbeitszeit stärker berücksichtigt (st. Rspr., vgl. zuletzt Senat
13. November 2007 - 9 AZR 36/07 - Rn. 25, AP TzBfG § 8 Nr. 25 = EzA TzBfG § 8 Nr. 20).
50 (2) Die von § 80 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BetrVG begründete allgemeine Aufgabe des Betriebsrats,
die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit zu fördern, schließt ein Mitbestimmungsrecht
aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG im Zusammenhang mit Neuverteilungsverlangen nach § 8 TzBfG
nicht aus. Der Betriebsrat hat die Förderungspflicht vielmehr in seine Abwägung bei der Ausübung
des Mitbestimmungsrechts einzustellen (vgl. Fitting § 80 Rn. 40; Kraft/Weber GK-BetrVG 8. Aufl.
§ 80 Rn. 34; Thüsing in Richardi § 80 Rn. 30).
51 c) Der Betriebsrat kann verlangen, vor Abschluss eines für die Neuverteilung der Arbeitszeit
nötigen Änderungsvertrags mitzubestimmen, wenn der tatsächliche Einsatz mit der geänderten
Arbeitszeitverteilung - wie hier - einen kollektiven Bezug hat.
52 aa) Der Änderungsvertrag selbst stellt keine Änderung der betriebsüblichen Arbeitszeit iSv. § 87
Abs. 1 Nr. 2 BetrVG dar. Erst durch die tatsächliche Beschäftigung mit der geänderten
Arbeitszeitverteilung wird die betriebsübliche Arbeitszeit verändert. Die Abgabe der
Annahmeerklärung des Arbeitgebers zu einem Neuverteilungsantrag nach § 8 TzBfG unterliegt
deshalb nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats (vgl. zu den von den Mitbestimmungsrechten
des § 87 Abs. 1 BetrVG zu unterscheidenden Beteiligungsrechten bei personellen
Einzelmaßnahmen iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG BAG 9. Dezember 2008 - 1 ABR 74/07 -
Rn. 24; 28. April 1992 - 1 ABR 73/91 - zu B III 1 der Gründe, BAGE 70, 147; aA zu § 8 TzBfG Laux
in Laux/Schlachter § 8 Rn. 207: Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Annahmeerklärung).
53 bb)Der Betriebsrat hat dennoch vor Abgabe der Annahmeerklärung mitzubestimmen. Eine spätere
Beteiligung würde dem Zweck des Mitbestimmungsrechts nicht vollständig gerecht. Die wirksame
Durchsetzung des Mitbestimmungsrechts erfordert, dass der Betriebsrat zu einer Zeit
mitbestimmt, zu der noch keine endgültige, nur schwerlich zu revidierende Entscheidung getroffen
ist (vgl. zu Einstellungen iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG BAG 28. April 1992 - 1 ABR 73/91 - zu
B III 2 der Gründe, BAGE 70, 147). Der Abschluss des Änderungsvertrags ist regelmäßig eine
solche endgültige Entscheidung, die nicht mehr ohne Weiteres rückgängig gemacht werden kann,
wenn der Vertrag nicht unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Zustimmung des Betriebsrats
steht (vgl. zu § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG BAG 9. Dezember 2008 - 1 ABR 74/07 - Rn. 24).
54 d) Nach § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG führt der Arbeitgeber Betriebsvereinbarungen durch. Der
Betriebsrat hat Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber Maßnahmen unterlässt, die den
Regelungen der Betriebsvereinbarung widersprechen (Senat 16. März 2004 - 9 AZR 323/03 - zu
B II 5 b der Gründe mwN, BAGE 110, 45).
55 aa) Eine auf der Grundlage von § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG geschlossene Betriebsvereinbarung
kann den Arbeitgeber daher dazu verpflichten, den Verteilungswunsch eines Arbeitnehmers
abzulehnen (siehe zuletzt Senat 24. Juni 2008 - 9 AZR 313/07 - Rn. 37, EzA TzBfG § 8 Nr. 21;
ebenso die hM im Schrifttum, vgl. nur Hk-TzBfG/Boecken § 8 Rn. 65 ff.; Laux in Laux/Schlachter
§ 8 Rn. 204 ff.; Mengel in Annuß/Thüsing § 8 Rn. 275; MünchKommBGB/Müller-Glöge § 8 TzBfG
Rn. 36; ErfK/Preis § 8 TzBfG Rn. 41; Sievers § 8 Rn. 179 ff.; Arnold/Gräfl/Vossen TzBfG 2. Aufl.
§ 8 Rn. 96; Zwanziger in Kittner/Däubler/Zwanziger § 8 TzBfG Rn. 54).
56 bb) Die BV Arbeitszeit steht der von der Klägerin gewünschten Festlegung der Arbeitszeit jedoch
nicht entgegen.
57 (1) Die BV Arbeitszeit gilt auch für Teilzeitbeschäftigte. Das zeigt sich an dem in § 1 geregelten
persönlichen Geltungsbereich, der Teilzeitkräfte nicht ausnimmt. In § 2 Abs. 1 Satz 4, Abs. 7
Satz 1 BV Arbeitszeit sind ausdrückliche Regelungen für Teilzeitbeschäftigte getroffen.
58 (2) Die Auslegung der BV Arbeitszeit nach Wortlaut, Zusammenhang und Zweck ergibt, dass sie
Raum für die angestrebte starre Festlegung der Arbeitszeitverteilung lässt. Die BV Arbeitszeit legt
nur einen Arbeitszeitrahmen fest. Sie verbietet statische Festlegungen der Arbeitszeit innerhalb
dieses Rahmens nicht.
59 (a) Der Rahmencharakter wird an § 2 BV Arbeitszeit deutlich, der mit
„Arbeitszeitrahmen/Verteilung der Arbeitszeit“ überschrieben ist und in Abs. 1 Satz 1, 3 und 4 den
Begriff des Arbeitszeitrahmens - im Unterschied zum Ende der Regelarbeitszeit in § 7 BV
Arbeitszeit - erklärt. § 2 Abs. 1 Satz 1 BV Arbeitszeit verlangt keine zwingende Flexibilisierung der
Arbeitszeitverteilung im Einzelarbeitsverhältnis, wie die Folgeregelungen in § 2 Abs. 1 BV
Arbeitszeit zum Ausdruck bringen. Grundlage des Arbeitszeitrahmens sind nach § 2 Abs. 1 Satz 3
BV Arbeitszeit ua. alle gesetzlichen Bestimmungen, zu denen § 8 TzBfG gehört. § 2 Abs. 1 Satz 4
BV Arbeitszeit sieht vor, dass der Arbeitszeitrahmen durch die Verteilung der Arbeitszeit auf
maximal fünf Arbeitstage pro Woche und ein maximales tägliches Einsatzvolumen von neun
Stunden gebildet wird. Geregelt sind deshalb nur die Höchstgrenzen des Arbeitszeitrahmens. Die
Verteilung der Arbeitszeit innerhalb des Rahmens wird weder ausdrücklich noch konkludent
beschränkt.
60 (b) Ein konkludentes Verbot der starren Festlegung der Arbeitszeit lässt sich auch nicht aus § 2
Abs. 2 BV Arbeitszeit ableiten. Selbst wenn diese Bestimmung lediglich eine Besitzstandsregelung
für bereits bestehende vertragliche Vereinbarungen über die Verteilung der Arbeitszeit enthalten
sollte, verhindert sie künftige statische Festlegungen der Arbeitszeit nicht. Dafür spricht der in sich
geschlossene Regelungszusammenhang des § 2 Abs. 1 BV Arbeitszeit, der einen bloßen
Arbeitszeitrahmen schafft. Von den Grenzen dieser Rahmenregelung sind bestehende
Verteilungsvereinbarungen nach § 2 Abs. 2 BV Arbeitszeit ausgenommen. Die
Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 2 BV Arbeitszeit lässt demgegenüber keinen Rückschluss
auf den Regelfall der Verteilung der Arbeitszeit innerhalb des Arbeitszeitrahmens nach § 2 Abs. 1
BV Arbeitszeit zu.
61 (3) Da die BV Arbeitszeit eine starre Festlegung der Arbeitszeit erlaubt, kommt es für das
Neuverteilungsverlangen der Klägerin weder auf die Wirksamkeit dieses mit dem
Gesamtbetriebsrat geschlossenen Regelwerks noch auf die Protokollnotiz vom 1. Oktober 2001
an, die Abweichungen auf betrieblicher Ebene zulässt.
62 e) Der Anspruch auf Zustimmung zur statischen Festlegung der Arbeitszeit aus § 8 Abs. 1, Abs. 4
Satz 1 TzBfG scheitert jedoch an der von der Beklagten und dem örtlichen Betriebsrat getroffenen
Regelungsabrede. Sie erlaubt keine starre Festlegung der Arbeitszeit der Klägerin.
63 aa) Die Mitbestimmungsrechte in sozialen Angelegenheiten aus § 87 Abs. 1 BetrVG können durch
formlose Regelungsabrede ausgeübt werden (für die st. Rspr. Senat 20. Januar 1998 - 9 AZR
698/96 - zu B I 2 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 73 = EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche
Lohngestaltung Nr. 63; BAG 10. März 1992 - 1 ABR 31/91 - zu B I 2 a der Gründe, AP BetrVG
1972 § 77 Regelungsabrede Nr. 1 = EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 47; 14. Februar 1991 - 2 AZR
415/90 - zu IV 2 der Gründe, AP BGB § 615 Kurzarbeit Nr. 4 = EzA BetrVG 1972 § 87 Kurzarbeit
Nr. 1; 20. November 1990 - 1 AZR 643/89 - zu I 2 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 77
Regelungsabrede Nr. 2; Großer Senat 16. September 1986 - GS 1/82 - zu C IV 3 der Gründe,
BAGE 53, 42).
64 (1) Haben die Betriebsparteien eine Übereinkunft erzielt, ist nach den Grundsätzen der normativen
Auslegung festzustellen, ob eine Regelungsabrede oder eine - bei fehlender Schriftform wegen
§ 77 Abs. 2 Satz 2 1. Halbs. BetrVG unwirksame - Betriebsvereinbarung geschlossen wurde (vgl.
BAG 19. Juni 2007 - 1 AZR 541/06 - Rn. 13). Es kommt darauf an, ob die Regelung nach ihrem
Inhalt unmittelbar und zwingend wirken soll (vgl. BAG 9. Dezember 1997 - 1 AZR 330/97 - zu II 2 b
der Gründe, AP BetrVG 1972 § 77 Regelungsabrede Nr. 3 = EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 62; Fitting
§ 77 Rn. 218). Das Revisionsgericht hat die Rechtsnatur der Absprache uneingeschränkt zu
überprüfen.
65 (2) Die Auslegung ergibt, dass die Beklagte und der örtliche Betriebsrat eine nicht formbedürftige
Regelungsabrede treffen wollten.
66 (a) Die Beklagte wandte sich zunächst mit der Bitte an den Betriebsrat, der von der Klägerin
gewünschten Festlegung der Arbeitszeit zuzustimmen. Sie wehrte sich jedoch nicht gegen die
verweigerte Zustimmung und rief insbesondere nicht die Einigungsstelle an (§ 87 Abs. 2 Satz 1
BetrVG). Die Beklagte machte sich vielmehr unter dem 24. Januar 2007 die Argumentation der
Betriebsratsvorsitzenden in deren Schreiben vom 19. Januar 2007 zu eigen. Diesem Schreiben
lag nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ein Beschluss des Betriebsrats
iSv. § 33 BetrVG zugrunde. Dem Verhalten der Beklagten kommt damit der Erklärungswert eines
Einverständnisses mit der ablehnenden Haltung des Betriebsrats zu. Eine Regelungsabrede kann
konkludent getroffen werden (Fitting § 77 Rn. 219; Kreutz GK-BetrVG § 77 Rn. 10; Richardi in
Richardi § 77 Rn. 227).
67 (b) Die Betriebsparteien waren nicht auf den Abschluss einer nach § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG
normativ wirkenden Betriebsvereinbarung angewiesen, um ihr Regelungsziel zu erreichen. Sie
wollten die Frage der starren Festlegung der Arbeitszeit der Klägerin regeln, die Auswirkungen auf
das kollektive Arbeitszeitsystem im Verkaufs-, Kassen- und Informationsbereich des Betriebs hat.
68 (aa) Die Beklagte hat als Arbeitgeberin nach § 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nicht nur
Betriebsvereinbarungen, sondern auch Regelungsabreden durchzuführen. Mit der Übereinkunft
verpflichtete sie sich gegenüber dem Betriebsrat schuldrechtlich, sich entsprechend der
getroffenen Abrede zu verhalten (vgl. BAG 21. Januar 2003 - 1 ABR 9/02 - zu B II 2 c bb der
Gründe, AP BetrVG 1972 § 21a Nr. 1 = EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 3; 14. Februar 1991 - 2 AZR
415/90 - zu IV 3 der Gründe, AP BGB § 615 Kurzarbeit Nr. 4 = EzA BetrVG 1972 § 87 Kurzarbeit
Nr. 1).
69 (bb) Eine nur schuldrechtlich wirkende Regelungsabrede sichert die Ausübung des
Mitbestimmungsrechts hier effektiv. Der Betriebsrat kann auf der Grundlage von § 77 Abs. 1
Satz 1 BetrVG und der Regelungsabrede selbst verlangen, dass die Beklagte entgegenstehende
Handlungen unterlässt. Dieser Anspruch besteht unabhängig von einem möglichen allgemeinen
Unterlassungsanspruch des Betriebsrats (vgl. nur BAG 21. Januar 2003 - 1 ABR 9/02 - zu B II 1 b
der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 21a Nr. 1 = EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 3; Fitting § 77
Rn. 227).
70 bb) Die getroffene Regelungsabrede wahrt die Grenzen der Regelungsmacht der Betriebsparteien.
71 (1) Nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b BetrVG hat der Betriebsrat die allgemeine Aufgabe, die
Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit zu fördern. Diese durch das Gesetz zur Reform
des Betriebsverfassungsgesetzes vom 23. Juli 2001 (BGBl. I 2001, 1852) eingefügte Bestimmung
hat zum Ziel, es Arbeitnehmern mit Familienpflichten zu erleichtern, eine Berufstätigkeit
auszuüben. Gedacht ist zB an eine familienfreundliche Gestaltung der betrieblichen Arbeitszeit
(BT-Drucks. 14/5741 S. 46). Diesem Zweck dient im Hinblick auf den Schutz der Familie auch
§ 75 Abs. 2 Satz 1 BetrVG (vgl. Fitting § 75 Rn. 167). Danach haben Arbeitgeber und Betriebsrat
die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und
zu fördern. Die betriebsverfassungsrechtlichen Schutz- und Förderpflichten gehen auf die
verfassungsrechtliche Werteordnung und die Schutzpflicht aus Art. 6 GG zurück.
72 (2) Der Betriebsrat hat die betriebsverfassungsrechtlichen Schutz- und Förderpflichten bei der
Ausübung seines Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG zu beachten (Fitting § 80
Nr. 40; Kraft/Weber GK-BetrVG § 80 Rn. 40; Thüsing in Richardi § 80 Rn. 30). Die Förderpflichten
führen jedoch nicht notwendig zum Vorrang der Interessen des einzelnen Arbeitnehmers, der
Familienpflichten zu erfüllen hat. Die Betriebsparteien haben hinsichtlich der tatsächlichen
Voraussetzungen und der Folgen der von ihnen gesetzten Regeln einen Beurteilungsspielraum
und eine Einschätzungsprärogative (BAG 22. März 2005 - 1 AZR 49/04 - zu 3 a der Gründe,
BAGE 114, 179; Fitting § 77 Rn. 53).
73 (3) Die Betriebsparteien überschritten diesen Beurteilungsspielraum hier nicht.
74 (a) Die getroffene Regelungsabrede spiegelt das betriebliche Organisationskonzept wider. Danach
werden alle Arbeitnehmer im Verkaufs-, Kassen- und Informationsbereich ohne feste Arbeitszeiten
in einem rollierenden Schichtsystem an fünf Werktagen beschäftigt. Diesem System der
kollektiven Arbeitszeitverteilung widerspricht der individuelle Verteilungswunsch der Klägerin. Die
Betriebsparteien kannten und berücksichtigten die Situation der Klägerin als alleinerziehende
Mutter und entschieden sich nach Abwägung der Einzel- und Kollektivinteressen im Ergebnis
gegen eine Ausnahmeregelung zugunsten der Klägerin.
75 (b) Für eine gezielte Benachteiligung entgegen dem Verbot des § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG bestehen
keine Anhaltspunkte. Die Klägerin wird mit ihrem Einsatz in rollierender Wechselschicht ebenso
behandelt wie die vergleichbaren Vollzeitkräfte.
76 cc) Die Beklagte darf die Klägerin während der Dauer der Regelungsabrede nicht mit der
gewünschten starren Arbeitszeit beschäftigen. Die wirksame Durchsetzung der durch
Regelungsabrede ausgeübten Mitbestimmung steht auch der Annahme des Änderungsangebots
der Klägerin durch die Beklagte entgegen. Der Senat hat wegen der getroffenen betrieblichen
Regelung nicht darüber zu befinden, ob der Arbeitgeber die Einigungsstelle anrufen muss, wenn er
einem Antrag auf Neuverteilung der Arbeitszeit selbst zustimmen will, der Betriebsrat die
Beschäftigung mit der geänderten Arbeitszeit dagegen ablehnt (zu diesem Problem Laux in
Laux/Schlachter § 8 Rn. 207; Zwanziger in Kittner/Däubler/Zwanziger § 8 TzBfG Rn. 53).
77 B. Die Klägerin hat nach Wiederherstellung des klageabweisenden erstinstanzlichen Urteils auch
die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Düwell
Krasshöfer
Gallner
Jungermann
Pfelzer