Urteil des BAG vom 25.09.2013

Hemmung der Verjährung nach § 213 BGB

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 25.9.2013, 10 AZR 454/12
Hemmung der Verjährung
Leitsätze
Eine Hemmung der Verjährung nach § 213 BGB setzt nicht die Identität des Streitgegenstands
voraus. Erforderlich ist aber, dass der Anspruchsgrund im Kern identisch ist. Ein bloßer
wirtschaftlicher oder funktioneller Zusammenhang genügt nicht.
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des
Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern
Mannheim - vom 16. April 2012 - 12 Sa 19/11 - wird
zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten über eine restliche arbeitsvertragliche Gewinnbeteiligung für das
Jahr 2001.
2 Der Kläger war seit dem 1. August 1999 bei dem Beklagten als Rechtsanwalt zu einem
monatlichen Festgehalt in Höhe von 4.500,00 Euro brutto angestellt. Darüber hinaus
enthielt der Arbeitsvertrag vom 15. Mai 1999 ua. folgende Regelung:
§ 3
Gewinnbeteiligung
1. Herr Z erhält eine Beteiligung von 15 %
am Gewinn der Kanzlei, die mindestens
EUR 25.500,00/Jahr beträgt. Beträgt der
Gewinn der Kanzlei mehr als
EUR 250.000,00, erhöht sich die
Gewinnbeteiligung auf 16 %, beträgt er mehr
als EUR 300.000,00 auf 17 %.
4. Die Gewinnbeteiligung wird nach
Feststellung des Gewinns der Kanzlei durch
einen Steuerberater, spätestens zum 30.06.
eines Jahres für das Vorjahr berechnet und
gezahlt. Zuvor werden monatliche
Vorwegentnahmen von EUR 1.500,00
gezahlt. Bei nicht ausreichender Liquidität
kann die Vorwegentnahme gekürzt oder
ausgesetzt werden. In den nachfolgenden
Monaten ist die Kürzung auszugleichen.“
3 Im Jahr 2001 zahlte der Beklagte dem Kläger monatlich 6.000,00 Euro brutto
(4.500,00 Euro brutto + 1.500,00 Euro brutto). Zum 1. Januar 2002 begründeten die
Parteien eine Sozietät in Form einer BGB-Gesellschaft. Die Zusammenarbeit endete am
5. Dezember 2005. Im Jahr 2003 oder 2004 rechnete der Beklagte eine Gewinnbeteiligung
für das Jahr 2001 in Höhe von 29.640,96 Euro ab. Eine Zahlung auf diese Abrechnung
erfolgte aber nicht.
4 Nach Beendigung der Zusammenarbeit kam es zu verschiedenen Rechtsstreitigkeiten.
Am 21. Dezember 2005 schlossen die Parteien vor dem Landgericht Mannheim (- 3 O
454/05 -) einen Prozessvergleich ab, der in § 4 folgende Regelung enthält:
„Die Parteien verzichten wechselseitig bis 31.12.2006
auf die Geltendmachung der Verjährung hinsichtlich
finanzieller Ansprüche der jeweiligen Gegenseite aus
der beruflichen Zusammenarbeit.“
5 Mit einer am 29. Dezember 2006 beim Landgericht Heidelberg eingegangenen Klage (-
2 O 366/07 -) verlangte der Kläger vom Beklagten ua. die Zahlung von 102.473,18 Euro
Gewinnbeteiligung für das Jahr 2001, hilfsweise die Einstellung eines solchen Betrags
zugunsten des Klägers im Rahmen der Liquidation. Zur Begründung der Klage führte der
Kläger insoweit aus, die Parteien hätten ab dem 1. Januar 2001 eine Anwaltssozietät als
Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter dem Namen „R Rechtsanwälte“ geführt. Aus dieser
Sozietät stünde ihm eine hälftige Gewinnbeteiligung zu. Unter Anrechnung erhaltener
Vergütung und geleisteter Sozialversicherungsbeiträge ergebe sich noch der geltend
gemachte Betrag. Der Klageschrift war der Arbeitsvertrag der Parteien vom 15. Mai 1999
beigefügt.
6 Das Landgericht Heidelberg wies mit Urteil vom 19. Mai 2009 bezüglich der
Gewinnbeteiligung für das Jahr 2001 sowohl den Haupt- als auch den Hilfsantrag ab. Es
hat seine Entscheidung ua. damit begründet, dass im Jahr 2001 das Arbeitsverhältnis der
Parteien fortbestanden habe. Die Existenz einer BGB-Gesellschaft vor dem 1. Januar
2002 habe der Kläger nicht zur Überzeugung des Gerichts nachweisen können.
7 Die insoweit eingelegte Berufung beim Oberlandesgericht Karlsruhe (- 1 U 115/09 -) nahm
der Kläger nach gerichtlichem Hinweisbeschluss im Juli 2010 zurück. Ende 2010 wurde
das Urteil des Landgerichts Heidelberg insgesamt rechtskräftig. Mit Schreiben vom
22. Dezember 2010 forderten die Prozessbevollmächtigten des Klägers den Beklagten
auf, restliche Gehaltsansprüche aus dem Geschäftsjahr 2001 bis zum 10. Januar 2011
abzurechnen und zu überweisen. In diesem Zusammenhang gaben die
Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 12. Januar 2011 folgende Erklärung ab:
„Natürlich verzichten wir hiermit für unseren Mandanten
hinsichtlich der von Ihnen in Ihrem Schreiben vom
22. Dezember 2010 geltend gemachten etwaigen
Gehaltsansprüche Ihres Mandanten aus dem Jahr 2001
auf die Einrede der Verjährung, und zwar befristet bis
zum 28. Februar 2011 und nur soweit die Verjährung
dieser Ansprüche nicht schon bei Zugang dieser
Erklärung bei Ihnen eingetreten sein sollte.“
8 Die vorliegende Klage vom 4. Februar 2011, eingegangen beim Arbeitsgericht Mannheim
per Fax am selben Tag, wurde dem Beklagten am 18. Februar 2011 zugestellt.
9 Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Klage sei zulässig. Das Landgericht
Heidelberg habe lediglich rechtskräftig entschieden, dass er keine Gewinnbeteiligung als
Mitgesellschafter für das Jahr 2001 verlangen könne. Über den jetzt geltend gemachten
arbeitsvertraglichen Gewinnbeteiligungsanspruch liege keine gerichtliche Entscheidung
vor. Der Beklagte könne sich auch nicht auf die Verjährung der Klageforderung berufen.
Das am 29. Dezember 2006 eingeleitete Verfahren vor dem Landgericht Heidelberg habe
den Eintritt der Verjährung gehemmt.
10 Der Kläger hat beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn
29.640,96 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe
von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen
Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2002 zu
zahlen,
2. den Beklagten zu verurteilen, über seine
arbeitsvertraglich zugesagte
Gewinnbeteiligung für das Jahr 2001
Abrechnung zu erteilen.
11 Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hat die Auffassung vertreten, die Klage
sei unzulässig. Ihr stehe die rechtskräftige Entscheidung des Landgerichts Heidelberg
entgegen, mit der ein Anspruch des Klägers auf eine Gewinnbeteiligung für das Jahr 2001
abgelehnt worden sei. Zwar habe sich das Landgericht Heidelberg nicht mit einem
eventuellen arbeitsvertraglichen Anspruch befasst. Es sei aber gemäß § 17 Abs. 2 GVG
verpflichtet gewesen, die Klage nach allen rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen. Dass
das Landgericht dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sei, ändere nichts daran, dass
die Gewinnbeteiligung für das Jahr 2001 unabhängig von ihrer rechtlichen Begründung
Gegenstand des Verfahrens gewesen sei.
12 Jedenfalls sei die Klageforderung verjährt. Die Klage vor dem Landgericht Heidelberg
habe den Eintritt der Verjährung nicht gehemmt. Sie habe sich durchgängig und
ausschließlich auf den Lebenssachverhalt „Bestand einer Gesellschaft bürgerlichen
Rechts“ und nicht auf einen Lebenssachverhalt „Bestand eines Arbeitsverhältnisses“
bezogen. Angesichts derart unterschiedlicher Lebenssachverhalte sei der Weg zu einer
Ausdehnung der verjährungshemmenden Wirkung einer Klage nach § 213 BGB versperrt.
13 Unabhängig davon habe der Kläger im Jahr 2002 umfangreiche
Gewinnbeteiligungszahlungen erhalten, in denen auch etwaige Ansprüche aus dem
Jahr 2001 enthalten gewesen seien.
14 Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der vom
Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel in vollem
Umfang weiter.
Entscheidungsgründe
15 Die zulässige Revision ist unbegründet. Die auf Zahlung einer weiteren Gewinnbeteiligung
für das Jahr 2001 und Abrechnung derselben gerichtete Klage ist zulässig (zu I), aber
unbegründet (zu II). Ein möglicher Anspruch des Klägers ist verjährt (§§ 195, 214 Abs. 1
BGB).
16 I. Der Zulässigkeit der Klage steht die Rechtskraft des Urteils des Landgerichts Heidelberg
vom 19. Mai 2009 (- 2 O 366/07 -) nicht entgegen. Ansprüche auf Gewinnbeteiligung für das
Jahr 2001 aus einem Arbeitsverhältnis zum Beklagten waren nicht Streitgegenstand dieses
Verfahrens. Vielmehr ging es dort ausschließlich um Ansprüche des Klägers aus einer von
ihm bereits für das Jahr 2001 behaupteten BGB-Gesellschaft zwischen den Parteien.
17 1. Streitgegenstand ist der als Rechtsschutzbegehren oder Rechtsfolgen-behauptung
verstandene, eigenständige prozessuale Anspruch, der durch den Klageantrag, in dem sich
die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den
Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge
herleitet, bestimmt wird. Zum Streitgegenstand zählen dabei alle Tatsachen, die bei einer
natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden, den Sachverhalt seinem Wesen
nach erfassenden Betrachtungsweise zu dem zur Entscheidung gestellten
Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger zur Stützung seines Rechtsschutzbegehrens
unterbreitet hat (BAG 15. Mai 2013 - 7 AZR 665/11 - Rn. 23; 11. Oktober 2011 - 3 AZR
795/09 - Rn. 17 mwN; BGH 8. Mai 2007 - XI ZR 278/06 -; vgl. auch zum identischen
Streitgegenstandsbegriff im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren: BAG 5. März 2013 -
1 ABR 75/11 - Rn. 13). Der Streitgegenstand wird ausschließlich vom Kläger mit seinem
Klagebegehren bestimmt. Das Vorbringen des Beklagten oder Verteidigungsvorbringen
des Klägers gegenüber Beklagtenvortrag verändert den vom Kläger mit seinem Antrag und
seinem Klagevorbringen festgelegten Streitgegenstand nicht (BGH 23. Juli 2008 - XII ZR
158/06 - Rn. 20).
18 Eine materiell rechtskräftige Entscheidung (§ 322 ZPO) über einen Streitgegenstand steht
einer erneuten gerichtlichen Geltendmachung entgegen. Dies gilt grundsätzlich auch dann,
wenn das Gericht über den ihm unterbreiteten Sachverhalt nicht unter Berücksichtigung
aller in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkte entschieden hat (BAG 11. Oktober
2011 - 3 AZR 795/09 - aaO). Da der Streitgegenstand aber nicht allein durch den zur
Entscheidung gestellten Antrag (Klageziel) bestimmt wird, genügt die Einheitlichkeit des
Klageziels mehrerer Verfahren nicht, um einen einheitlichen Streitgegenstand
anzunehmen. Vielmehr muss auch der Klagegrund identisch sein (BAG 14. Dezember
2010 - 1 ABR 19/10 - Rn. 37, BAGE 136, 302). Präjudizielle Rechtsverhältnisse und
Vorfragen werden nur dann iSv. § 322 ZPO rechtskräftig festgestellt, wenn sie selbst
Streitgegenstand waren. Es genügt nicht, dass über sie als bloße Vorfragen zu entscheiden
war (BAG 20. Dezember 2012 - 2 AZR 867/11 - Rn. 23 mwN; zu einer Fallgestaltung, in der
der in einem Vorprozess entschiedene Streitgegenstand als Vorfrage Bindungswirkung für
einen Folgeprozess hat: BAG 25. April 2007 - 10 AZR 586/06 - Rn. 16).
19 2. Ausgehend von diesen Grundsätzen war Streitgegenstand der Klage vor dem
Landgericht Heidelberg ausschließlich ein gesellschaftsrechtlicher
Gewinnbeteiligungsanspruch für das Jahr 2001.
20 Nach dem Tatbestand der Entscheidung vom 19. Mai 2009 hatte der Kläger den
Standpunkt vertreten, der im Jahr 1999 abgeschlossene Arbeitsvertrag sei bereits
Ende 2000 beendet worden und seit dem 1. Januar 2001 habe eine BGB-Gesellschaft
bestanden. Aus diesem Gesellschaftsverhältnis hat er einen Gewinnanteil in Höhe von
50 % verlangt, für das Jahr 2001 einen Betrag von 102.473,50 Euro. Ansprüche aus dem
Arbeitsvertrag hat der Kläger im Verfahren vor dem Landgericht Heidelberg nicht, auch
nicht hilfsweise, geltend gemacht und solche dem Gericht nicht zur Entscheidung
unterbreitet. Der Kläger hat nicht lediglich seinen Vortrag auf eine mögliche
Anspruchsgrundlage aus einem einheitlichen Rechtsverhältnis beschränkt, was den
Streitgegenstand nicht einschränken würde (vgl. dazu BGH 18. Juli 2000 - X ZR 62/98 - zu
II 1 c der Gründe), sondern er hat Ansprüche nur aus dem Lebenssachverhalt
„gesellschaftsrechtliche Verbindung zum Beklagten“ verlangt. Hierbei handelt es sich um
eine gänzlich andere, eigenständige Tatsachengrundlage, die besondere Vereinbarungen
voraussetzt, ein Arbeitsverhältnis ausschließt und grundsätzlich andere Rechtsfolgen
bewirkt. Dies hat im Übrigen auch der Beklagte zunächst so gesehen. Das Landgericht
hatte sich lediglich als logische Vorfrage damit auseinanderzusetzen, ob im Jahr 2001 noch
ein Arbeitsverhältnis oder bereits ein gesellschaftsrechtliches Verhältnis zwischen den
Parteien bestand. Dadurch wurden arbeitsrechtliche Ansprüche aber nicht
streitgegenständlich, ohne dass der Kläger diese zum Gegenstand des Verfahrens
gemacht hat (vgl. BGH 23. Juli 2008 - XII ZR 158/06 - Rn. 22). Das Landgericht hat
demgemäß über arbeitsrechtliche Ansprüche nicht entschieden und die Frage, ob solche
bestehen, nicht behandelt.
21 Etwas anderes folgt entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht aus § 17 Abs. 2
Satz 1 GVG. Nach dieser Norm hat das Gericht des zulässigen Rechtswegs den
Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu
entscheiden. Dies gilt aber nur so weit, wie ein bestimmter Anspruch streitgegenständlich
ist. Der vom Kläger bestimmte Streitgegenstand darf vom Gericht weder erweitert noch
verändert werden (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO; vgl. beispielhaft bei einem
Unterlassungsantrag: BGH 3. April 2003 - I ZR 1/01 - BGHZ 154, 342). Beschränkt der
Kläger zulässig seinen Streitgegenstand (und nicht nur seine Rechtsfolgebehauptung; vgl.
dazu Zöller/Vollkommer 29. Aufl. Einl. Rn. 84), so ist das Gericht hieran gebunden.
22 II. Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Ein
möglicher Anspruch des Klägers auf eine weitere arbeitsvertragliche Gewinnbeteiligung für
das Jahr 2001 ist verjährt.
23 1. Auf die streitgegenständliche Forderung findet neues Verjährungsrecht Anwendung. Der
Anspruch auf Gewinnbeteiligung wurde gemäß § 3 Nr. 4 des Arbeitsvertrags nach
Feststellung des Gewinns der Kanzlei, spätestens zum 30. Juni des Folgejahres fällig.
Wegen der Notwendigkeit der Gewinnfeststellung lag die Fälligkeit damit keinesfalls vor
dem 1. Januar 2002, sodass nach Art. 229 § 6 EGBGB die seit dem 1. Januar 2002
geltenden Verjährungsvorschriften auf die Forderung Anwendung finden.
24 2. Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) begann gemäß § 199
Abs. 1 BGB Ende des Jahres 2002. Verjährung wäre damit mit dem 31. Dezember 2005
eingetreten. Durch Prozessvergleich vom 21. Dezember 2005 haben sich die Parteien aber
darauf verständigt, den Verjährungseintritt um ein Jahr bis zum 31. Dezember 2006
hinauszuschieben (vgl. zur Zulässigkeit solcher Vereinbarungen: Palandt/Ellenberger
72. Aufl. § 202 Rn. 1, 4). Darüber hinaus hat der Beklagte nach den nicht angegriffenen
Feststellungen des Landesarbeitsgerichts im Jahr „2003 oder 2004“ die Gewinnbeteiligung
für das Jahr 2001 abgerechnet. Einen genauen Zeitpunkt hat das Landesarbeitsgericht
nicht festgestellt, letztlich kann dieser aber dahinstehen. Auch wenn man zugunsten des
Klägers annimmt, dass die Abrechnung erst am 31. Dezember 2004 erfolgte und die
Verjährung wegen der Abrechnung gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB neu begann, endete die
Verjährungsfrist nach § 195 BGB am 31. Dezember 2007. Eine Hemmung der Verjährung
darüber hinaus ist nicht eingetreten.
25 a) Die Verjährung ist nicht durch Verhandlungen iSd. § 203 Satz 1 BGB gehemmt worden.
Der entsprechenden Annahme des Landesarbeitsgerichts ist der Kläger in der
Revisionsinstanz nicht mehr entgegengetreten.
26 b) Eine Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung iSv. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist
durch die Klageerhebung vor dem Landgericht Heidelberg (- 2 O 366/07 -) nicht erfolgt.
Eine solche Hemmung tritt nur für Ansprüche ein, die streitgegenständlich sind (BGH 8. Mai
2007 - XI ZR 278/06 - Rn. 15). Arbeitsrechtliche Ansprüche waren - wie dargelegt - nicht
Streitgegenstand des landgerichtlichen Verfahrens.
27 c) Durch das Verfahren vor dem Landgericht Heidelberg war die Verjährung auch nicht iSv.
§§ 213, 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 213 BGB
liegen nicht vor. Der Anspruch auf arbeitsvertragliche Gewinnbeteiligung beruht weder auf
„demselben Grunde“ wie die vor dem Landgericht streitgegenständlichen Ansprüche noch
besteht er wahlweise neben diesen Ansprüchen oder an deren Stelle.
28 aa) § 213 BGB erstreckt die Hemmungswirkung nach § 203 ff. BGB auf Ansprüche „die aus
demselben Grunde wahlweise neben dem Anspruch oder an seiner Stelle gegeben sind“.
Die mit der Schuldrechtsreform neu eingeführte Norm verallgemeinert einen Gedanken, der
vorher lediglich im Bereich des Kaufvertrags- und Werkvertragsrechts Anwendung fand
(§ 477 Abs. 3 BGB aF, § 639 Abs. 1 BGB aF; vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 91; jurisPK-
BGB/Lakkis 6. Aufl. § 213 Rn. 1). Der Gesetzgeber der Schuldrechtsreform wollte den
Gläubiger, „der ein bestimmtes Interesse mit einem bestimmten Anspruch verfolgt“ davor
schützen, „dass inzwischen andere Ansprüche auf dasselbe Interesse verjähren, die von
vornherein wahlweise neben dem geltend gemachten Anspruch gegeben sind oder auf die
er stattdessen übergehen kann“. Der Gläubiger sollte nicht gezwungen werden, insoweit
gesonderte Hilfsanträge zu stellen (BT-Drucks. 14/6040 S. 121).
29 bb) Tatbestandliche Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 213 BGB ist zunächst,
dass der Anspruch „aus demselben Grunde“ gegeben ist.
30 (1) Gemeint ist damit der durch das Anspruchsziel geprägte Sachverhalt (Erman/J. Schmidt-
Räntsch 13. Aufl. § 213 Rn. 3), nicht der Streitgegenstand im prozessualen Sinn. Dies
ergibt sich aus systematischen Erwägungen: Für Ansprüche, die im Vorprozess
streitgegenständlich waren, tritt eine Hemmung der Verjährung bereits nach § 204 Abs. 1
Nr. 1 BGB ein. Würde man eine Identität des Streitgegenstands verlangen, wäre § 213 BGB
überflüssig (jurisPK-BGB/Lakkis § 213 Rn. 2). Die Norm erstreckt die Hemmung im Sinne
einer „Wirkungserstreckung“ (Erman/J. Schmidt-Räntsch § 213 Rn. 1; MüKoBGB/Grothe
6. Aufl. § 213 Rn. 1) auf bestimmte weitere Ansprüche, die nicht unmittelbar
Streitgegenstand waren. Dabei genügt aber nicht, dass die Ansprüche irgendwie
wirtschaftlich zusammenhängen. Ebenso wenig ist ausreichend, dass die Ansprüche
gegen denselben Schuldner gerichtet sind; dies ist eine notwendige, aber keine
hinreichende Voraussetzung. Vielmehr müssen sie sich aus demselben Lebenssachverhalt
ergeben, der Anspruchsgrund muss mindestens „im Kern identisch“ sein
(Bamberger/Roth/Henrich 3. Aufl. § 213 Rn. 2; MüKoBGB/Grothe § 213 Rn. 3;
Palandt/Ellenberger § 213 Rn. 2). Durch das Tatbestandsmerkmal wird die
Wirkungserstreckung auf Ansprüche beschränkt, die in einem ähnlichen Verhältnis
zueinander stehen wie die Gewährleistungsansprüche des § 477 Abs. 1 BGB aF oder die
Ansprüche des § 638 BGB aF (Erman/J. Schmidt-Räntsch § 213 Rn. 3). Dies macht auch
der Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens deutlich: Nach dem ursprünglichen
Gesetzesentwurf (BT-Drucks. 14/6040 S. 5) sollte § 213 BGB folgenden Wortlaut haben:
„Die Hemmung und der erneute Beginn der Verjährung gelten auch für Ansprüche, die
neben dem Anspruch oder an seiner Stelle gegeben sind.“ Dieser Wortlaut ließ die
Deutung zu, dass ein Zusammenhang im Anspruchsgrund nicht Voraussetzung für die
Anwendung der Norm sein sollte. Der Bundesrat hat die Auffassung vertreten, aus dieser
Formulierung werde weder das nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 14/6040
S. 121 f.) erforderliche Wahlverhältnis zwischen den Ansprüchen noch die Tatsache
deutlich, dass die Ansprüche auf das gleiche Interesse gerichtet sein müssen (BT-
Drucks. 14/6857 S. 10). Die Bundesregierung hat diese Bedenken aufgegriffen; mit der
jetzigen Gesetzesfassung sollten diese den Anwendungsbereich der Norm
einschränkenden Tatbestandsvoraussetzungen - die sich früher bereits aus der
systematischen Stellung des § 477 Abs. 3 BGB aF ergaben - klargestellt werden (BT-
Drucks. 14/6857 S. 46).
31 Von einem derart beschränkten Anwendungsbereich der Norm geht auch die
Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte aus. So werden beispielsweise Nacherfüllungs-
und Gewährleistungsrechte, die auf demselben Mangel beruhen, als aus demselben Grund
gegeben angesehen (BGH 8. Dezember 2009 - XI ZR 181/08 - Rn. 49; KG Berlin 9. Februar
2010 - 6 U 204/08 - Rn. 57). Ebenso wird dies für eine Vorschussklage zur
Mängelbeseitigung und einen Schadensersatzanspruch nach § 635 BGB aF angenommen
(OLG Celle 17. Januar 2013 - 16 U 94/11 - Rn. 59 ff.) oder im Verhältnis zwischen einem
Erfüllungsanspruch und dem Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung (OLG Hamm
25. Februar 2010 - 22 U 89/09 - Rn. 47 ff.). Abgelehnt wurde hingegen eine Anwendung
des § 213 BGB auf das Verhältnis zwischen einem abstrakten Schuldversprechen
einerseits und einem Darlehensvertrag andererseits (OLG Frankfurt 11. Juli 2007 - 23 U
7/07 -), da die Ansprüche nur erfüllungsmäßig funktionell miteinander verknüpft seien.
32 (2) Ausgehend davon ist der Grund der vom Kläger in beiden Verfahren verfolgten
Ansprüche nicht derselbe, er ist auch nicht im Kern identisch. Zwar hat der Kläger vor dem
Landgericht Heidelberg ebenso einen Zahlungsanspruch auf Gewinnbeteiligung für das
Jahr 2001 geltend gemacht wie nunmehr (in niedrigerer Höhe) im arbeitsgerichtlichen
Verfahren. Auch beruhen beide Ansprüche auf der Arbeit des Klägers in der Kanzlei im
Jahr 2001. Der Rechtsgrund unterscheidet sich jedoch deutlich. Die Förderung eines
gemeinsamen Zwecks in der durch den Gesellschaftsvertrag bestimmten Weise (§ 705
BGB) ist etwas grundlegend anderes als die Leistung abhängiger, fremdbestimmter Arbeit.
Der Anspruch aus einem Arbeitsvertrag auf Gewinnbeteiligung, der nur kraft besonderer
Vereinbarung neben dem Anspruch auf eine arbeitsvertragliche Grundvergütung besteht,
unterscheidet sich nach Modell und Inhalt grundlegend vom gesetzlichen Anspruch eines
Gesellschafters auf einen bestimmten Anteil des Gewinns einer BGB-Gesellschaft nach
§§ 721, 722 BGB. Der Schuldner, gegenüber dem einer dieser Ansprüche gerichtlich
geltend gemacht wird, muss nicht damit rechnen, dass nach dem rechtskräftigen Abschluss
eines Rechtsstreits und nach Ablauf der Verjährungsfrist ein Anspruch aus einer völlig
anderen Vertragsbeziehung durchgesetzt werden kann. Es fehlt ihm gegenüber an einer
hinreichenden „Warnung“ durch das erste Klageverfahren, die seine Schutzbedürftigkeit im
Hinblick auf die Verjährung entfallen lässt (vgl. zu diesem Gedanken: BT-Drucks. 14/6040
S. 121; jurisPK-BGB/Lakkis § 213 Rn. 1).
33 cc) Die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche stehen auch nicht in elektiver oder
alternativer Konkurrenz. Es fehlt ein Nebeneinander mehrerer inhaltlich verschiedener, sich
gegenseitig ausschließender Rechte, unter denen der Berechtigte auswählen kann
(jurisPK-BGB/Lakkis § 213 Rn. 5), bzw. die dadurch entstehen können, dass das andere
Recht ausfällt.
34 § 213 BGB soll insoweit dem Gläubiger Hilfsanträge bei seinem ersten Vorgehen ersparen.
Die Bestimmung nimmt sich der Situation an, die sich ergibt, wenn der Gläubiger mehreres
verlangen kann, das eine Begehren aber das andere - oder die anderen - ausschließt
(Staudinger/Peters/Jacoby (2009) § 213 Rn. 6). Ein solches Wahlrecht stand und steht dem
Kläger in der vorliegenden Situation weder gesetzlich (vgl. dazu OLG Frankfurt 15. April
2008 - 8 U 238/06 - Rn. 39) noch vertraglich zur Verfügung. Auch ist kein Anspruch an die
Stelle eines anderen Anspruchs getreten, etwa ein gesetzlicher Anspruch an die Stelle
eines unwirksamen Vertrags wie der Bereicherungsanspruch beim nichtigen Werkvertrag
(vgl. noch zur alten Rechtslage: BGH 18. Juli 2000 - X ZR 62/98 - zu II 2 a der Gründe). Ob
dem Kläger für das Jahr 2001 ein arbeitsvertraglicher Gewinnbeteiligungsanspruch oder
ein Anteil am Gewinn einer Gesellschaft zusteht, hängt vielmehr ausschließlich davon ab,
ob die Tätigkeit, die er im Jahr 2001 erbracht hat, noch auf arbeitsvertraglicher Grundlage
erfolgt ist, oder ob der Arbeitsvertrag (gegebenenfalls konkludent) durch Eingehung einer
BGB-Gesellschaft mit dem Beklagten abgelöst wurde. Der Kläger konnte also nicht wählen,
ob er den einen oder anderen Anspruch geltend macht, sondern die objektive Vertragslage
ist maßgebend. Er konnte sich nur dafür entscheiden, welche Rechtsauffassung er zu
dieser Frage vertritt und ob er - wie erfolgt - lediglich einen der beiden Ansprüche zum
Streitgegenstand eines Prozesses macht oder (gegebenenfalls in einem Hilfsverhältnis)
beide Ansprüche. Dass sich die beiden Ansprüche - jedenfalls in der vorliegenden
Situation - logisch ausschließen, betrifft lediglich die zu beantwortende Vorfrage, ob noch
ein Arbeitsverhältnis im Jahr 2001 bestand, begründet aber kein Wahlrecht iSd. § 213 BGB.
Auch ergibt sich nicht ohne Weiteres ein arbeitsvertraglicher Gewinnbeteiligungsanspruch,
wenn kein Gesellschaftsvertrag zustande gekommen ist; vielmehr bedarf es insoweit einer
besonderen Vereinbarung, die im Arbeitsverhältnis keineswegs selbstverständlich ist. Es
kommt nicht darauf an, dass diese Vereinbarung zwischen den Parteien von Anfang an
unstreitig war.
35 3. Da der Kläger einen arbeitsvertraglichen Gewinnbeteiligungsanspruch für das Jahr 2001
jedenfalls nicht mehr durchsetzen kann, kann er auch keine hierauf gerichtete Abrechnung
verlangen.
36 III. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.
Mikosch
W. Reinfelder
Mestwerdt
Simon
A. Effenberger