Urteil des BAG vom 23.03.2011

Auslegung einer einzelvertraglichen Vergütungsabrede - Tarifsukzession

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 23.3.2011, 5 AZR 153/10
Auslegung einer einzelvertraglichen Vergütungsabrede - Tarifsukzession
Tenor
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts
Hamm vom 15. Januar 2010 - 19 Sa 399/09 - wird mit der Maßgabe
zurückgewiesen, dass die Beklagte Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz aus 1.036,14 Euro brutto erst ab 9. Juli 2008 und aus 218,07 Euro
brutto erst ab 1. Oktober 2008 zu zahlen hat.
2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten über Einmalzahlungen und die Vergütungshöhe.
2 Die Klägerin ist auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 1. Juli 1995 als Altenpflegerin bei der
Beklagten bzw. der früheren Betriebsinhaberinnen tätig. Die Parteien regelten in Ziffer 4 des
Formulararbeitsvertrags:
„Die Vergütung für Mitarbeiter im Angestelltenverhältnis erfolgt in Anlehnung an
BAT/Bund/Land.
Sie besteht aus Grundvergütung, Ortszuschlag und einer allgemeinen Zulage.
Die Berechnung der Grundvergütung erfolgt unter Zugrundelegung der zutreffenden
Vergütungsgruppe und der entsprechenden Lebensaltersstufe gem. § 27 des KR-
Tarifvertrages BAT/Bund/Land.
4.1 Der/die MitarbeiterIn wird in die Vergütungsgruppe KR II / Stufe 8 eingestuft.
Nächste Lebensaltersstufenerhöhung
01.07.1996
Die Grundvergütung beläuft sich demnach auf
DM 2.390,82
zuzüglich Ortszuschlag Stufe 1
(mit ./. kindergeldberechtigten Kindern)
DM 800,21
Allgemeine Zulage
DM 153,84
Vergütung abzüglich des Wertes der in Ziffer 5 aufgeführten
Sachbezüge
DM 3.434,87
4.2 Frau/ Herr K erhält zusätzlich zu der unter Ziffer 4.1 aufgeführten Vergütung
folgende Zulagen in Anlehnung an den BAT/Bund/Land/AVR
Schichtzulage
DM 90,00
Somit beträgt die Gesamtvergütung
DM 3.524,87
Es werden vermögenswirksame Leistungen i. S. des Vermögensbildungsgesetztes in Höhe
von DM 13,00 gewährt.
Die Grundvergütung erhöht sich nach je zwei Jahren um den Steigerungsbetrag.
4.3 Die künftigen für den öffentlichen Dienst ausgehandelten Lohn- und
Vergütungserhöhungen im Bereich der Grundvergütung, Ortszuschlag und der
Allgemeinen Zulage werden übernommen.
Anhang 1 (Gewährung von Weihnachtszuwendungen) und Anhang 2 (Gewährung
von Urlaubsgeld) sind feste Bestandteile dieses Arbeitsvertrages.“
3 Bis 2005 gaben die jeweiligen Arbeitgeberinnen die Vergütungserhöhungen des öffentlichen
Dienstes, zuletzt die nach dem 35. Änderungstarifvertrag zum BAT/VKA vom 31. März 2003, an die
Klägerin weiter. 2005 ging das Arbeitsverhältnis auf die Beklagte über.
4 Der BAT in der für den Bund und die Länder geltenden Fassung wurde für den Bereich des Bundes
und der Kommunen zum 1. Oktober 2005 durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD)
vom 13. September 2005 ersetzt, für den Bereich der Länder zum 1. November 2006 durch den
Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) vom 12. Oktober 2006. Die Beklagte
wandte keinen dieser Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis an. Einmalzahlungen leistete die
Beklagte in den Jahren 2006 und 2007 nicht.
5 Mit der am 8. Juli 2008 erhobenen Klage hat die Klägerin für die Kalenderjahre 2006 und 2007
Einmalzahlungen iHv. jeweils 300,00 Euro brutto sowie ab 1. Januar 2008 die tarifliche
Vergütungserhöhung von 50,00 Euro als Sockelbetrag und darüber hinaus eine prozentuale
Erhöhung iHv. 3,1 % für die Zeit bis zum 30. Juni 2008 geltend gemacht. Mit einer der Beklagten am
30. September 2008 zugestellten Klageerweiterung hat sie Differenzvergütung für die Zeit vom
1. Juli bis zum 30. September 2008 geltend gemacht. Zinsen hat sie jeweils ab Rechtshängigkeit
beansprucht. Sie hat die Auffassung vertreten, der Arbeitsvertrag enthalte hinsichtlich der
Vergütung eine dynamische Bezugnahme der jeweils gültigen Tarifverträge des öffentlichen
Dienstes des Bundes und der Kommunen.
6 Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.786,65 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 1.391,10 Euro brutto seit dem 27. Juni
2008 und auf weitere 395,55 Euro brutto seit dem 30. September 2008 zu zahlen.
7 Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, es sei weiterhin der BAT
anzuwenden.
8 Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das
Landesarbeitsgericht der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht
zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
9 Die Revision der Beklagten ist hinsichtlich eines Teils der zugesprochenen Prozesszinsen
begründet. Im Übrigen ist sie zurückzuweisen, denn das Landesarbeitsgericht hat die Beklagte zu
Recht zur Leistung von Einmalzahlungen für die Jahre 2006 und 2007 und monatlicher
Differenzvergütungen für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. September 2008 verurteilt.
10 I. Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf die geltend gemachten Einmalzahlungen für
die Jahre 2006 und 2007 iHv. insgesamt 600,00 Euro. Das ergibt eine ergänzende Auslegung von
Ziffer 4 des Arbeitsvertrags.
11 1. Gemäß Ziffer 4 des Arbeitsvertrags erfolgt die Vergütung für Mitarbeiter im
Angestelltenverhältnis „in Anlehnung an BAT/Bund/Land“. Sie besteht aus Grundvergütung,
Ortszuschlag und einer allgemeinen Zulage. Nach Ziffer 4.3 des Arbeitsvertrags werden die
künftigen für den öffentlichen Dienst ausgehandelten Lohn- und Vergütungserhöhungen im Bereich
der Grundvergütung, Ortszuschlag und der Allgemeinen Zulage übernommen. Diese
Vereinbarungen enthalten nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegung des
Berufungsgerichts eine kleine dynamische Bezugnahme.
12 2. In den Ziffern 4 und 4.3 des Vertrags knüpfen die Parteien die Vergütung pauschal und ohne
Nennung fester Beträge an die für den öffentlichen Dienst des Bundes und der Länder im
Angestelltenbereich tariflich vereinbarten Regelungen an und gestalten sie dynamisch. Das ergibt
sich deutlich aus dem Wortlaut der Vereinbarung. Damit haben die Parteien einen
einzelvertraglichen Entgeltanspruch nach dieser Vergütungsgruppe begründet. Dabei stellt die
Formulierung „in Anlehnung an“ keine Einschränkung dar, sondern ist als Hinweis der Beklagten
auf ein von ihr praktiziertes Vergütungssystem zu verstehen. Danach hat der Angestellte
Anspruch auf Vergütung nach der vertraglich vereinbarten Vergütungsgruppe, und zwar
dynamisch. Diese Auslegung entspricht der ständigen Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts, wonach Bezugnahmen im Arbeitsvertrag auf normative Regelungen in der
Regel dynamisch zu verstehen sind (10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - ZTR 2011, 150;
16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA
TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44; 9. November 2005 - 5 AZR 128/05 - BAGE 116,
185; 13. November 2002 - 4 AZR 351/01 - zu III 1 b bb der Gründe, BAGE 103, 338).
13 3. Allerdings trägt der Wortlaut der Bezugnahmeklausel eine Erstreckung auf den Tarifvertrag für
den öffentlichen Dienst (TVöD) und den Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der
kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA), beide
vom 13. September 2005, nicht. Beide Tarifverträge werden nicht von der vertraglichen
Verweisung auf den BAT erfasst, denn Ziffer 4 und 4.3 des Arbeitsvertrags sind zeit- und nicht
inhaltsdynamisch ausgestaltet. Der Zusatz, dass auch die den „BAT ersetzenden Tarifverträge“
Anwendung finden sollen, wurde entgegen der im öffentlichen Dienst üblichen Formulierung, die in
dem seit 1981 vom Arbeitgeberkreis der BAT-Kommission gebilligten Musterarbeitsvertrag
enthalten war, nicht in den Arbeitsvertrag der Parteien aufgenommen (vgl. dazu BAG 10. Juni
2009 - 4 AZR 194/08 - Rn. 38, AP BGB § 157 Nr. 38).
14 4. Dass sich die Vergütung der Klägerin nach den Nachfolgetarifverträgen des BAT richtet, ergibt
eine ergänzende Auslegung des Arbeitsvertrags.
15 a) Es ist nachträglich eine Regelungslücke entstanden. Der BAT wurde für den Bereich der
Kommunen zum 1. Oktober 2005 durch den TVöD ersetzt (§ 2 TVÜ-VKA), für den Bereich der
Länder zum 1. November 2006 durch den TV-L (§ 2 TVÜ-Länder). Bei der im öffentlichen Dienst
erfolgten Ablösung des BAT durch den TVöD und den TV-L handelt es sich um eine
Tarifsukzession: Gewerkschaft und Arbeitgeberseite ersetzten übereinstimmend ein Tarifwerk
durch ein anderes Tarifwerk. Dadurch ist die zeitdynamisch ausgestaltete Bezugnahme auf den
BAT im Arbeitsvertrag zur statischen geworden, weil das Objekt der Bezugnahme von den
Tarifvertragsparteien nicht mehr weiterentwickelt wird (BAG 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 -
ZTR 2011, 150; 9. Juni 2010 - 5 AZR 122/09 -; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - AP TVG § 1
Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).
16 b) Die mit der Tarifsukzession entstandene nachträgliche Regelungslücke ist im Wege der
ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen.
17 aa) Die Vertragsergänzung muss für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines
stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Es ist zu fragen, was die
Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche
Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unvollständigkeit ihrer Regelung bekannt
gewesen wäre (BAG 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - ZTR 2011, 150; 16. Dezember 2009 -
5 AZR 888/08 - mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3
Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).
18 bb) Aus der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme auf das tarifliche Regelungswerk ergibt
sich zum einen der Wille der Parteien, die Vergütung nicht in einer bestimmten Höhe bis zu einer
Vertragsänderung festzuschreiben, sondern sie - dynamisch - an der jeweiligen Höhe der
Vergütung der Angestellten im öffentlichen Dienst auszurichten. Deshalb hätten die Parteien
redlicherweise für den Fall einer Tarifsukzession das dem im Arbeitsvertrag benannten tariflichen
Regelungswerk nachfolgende tarifliche Regelungswerk vereinbart, weil ein „Einfrieren“ der
Vergütung auf den Zeitpunkt der Tarifsukzession nicht ihren Interessen entsprach (BAG
10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - ZTR 2011, 150; 9. Juni 2010 - 5 AZR 122/09 -; 19. Mai 2010
- 4 AZR 796/08 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme
auf Tarifvertrag Nr. 48; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf
Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).
19 cc) Zum anderen haben sich die Parteien mit der dynamischen Ausgestaltung der Bezugnahme
auf das tarifliche Regelungswerk für die Zukunft der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien
des öffentlichen Dienstes anvertraut. Die mit der Tarifsukzession verbundene Änderung der
Tarifwerke wirkt nicht anders auf den Arbeitsvertrag ein als eine (tiefgreifende) inhaltliche
Änderung des im Arbeitsvertrag benannten Tarifvertrags. Mit dem Nachvollziehen der
Tarifsukzession auf arbeitsvertraglicher Ebene werden die Parteien nicht anders gestellt, als sie
stünden, wenn die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes den BAT reformiert und ihm
einen neuen Inhalt gegeben hätten. Dem steht auch nicht entgegen, dass im Arbeitsvertrag die
Zusammensetzung der Vergütung (Grundvergütung, Ortszuschlag und Allgemeine Zulage)
ausdrücklich benannt war. Dies hatte nur klarstellende Bedeutung bezüglich der Anwendung der
Regelungen des BAT. Das gilt auch hinsichtlich des Passus in Ziffer 4.2 des Arbeitsvertrags: „Die
Grundvergütung erhöht sich nach je zwei Jahren um den Steigerungsbetrag“. Diese Klausel
entspricht der tariflichen Regelung in § 27 Abs. 1 Abschnitt B BAT (Erhöhung der Grundvergütung
nach Lebensaltersstufen). Schließlich ist es unerheblich, dass die Parteien lediglich die Vergütung
nach dem BAT ausrichteten und in anderem Zusammenhang Entgeltfragen wie zB das
Weihnachtsgeld und die Schichtzulage individuell regelten. Die ergänzende Vertragsauslegung
bezieht sich nur auf die Teile der Vergütung, die in Anlehnung an den BAT bestimmt wurden.
20 dd) Der von der Beklagten erhobene Einwand der Verletzung ihrer negativen Koalitionsfreiheit geht
fehl. Die Auslegung und die Wirksamkeit einer individualrechtlichen Bezugnahme auf Tarifverträge
in ihrer jeweiligen Fassung als Ausdruck privatautonomer Gestaltungsmacht berührt die negative
Koalitionsfreiheit dessen, der das Arbeitsverhältnis vertraglich der einschlägigen tarifvertraglichen
Ordnung unterstellen wollte und dies auch durch die Zustimmung des Arbeitnehmers erreicht hat,
nicht. Ein Verstoß gegen die negative Koalitionsfreiheit kommt nur dann in Betracht, wenn es um
die von arbeitsvertraglichen Vereinbarungen unabhängige kollektiv-rechtliche Wirkungsweise von
tariflichen Normen geht. Denn nur in diesem Bereich lässt sich die Verbindlichkeit von Rechten
und Pflichten mit der Wahrnehmung von negativer oder positiver Koalitionsfreiheit begründen. Bei
der ergänzenden Vertragsauslegung spielt weder die Mitgliedschaft oder Nichtmitgliedschaft in
einer tarifschließenden Koalition noch die Position als Tarifvertragspartei eine Rolle (BAG
10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - ZTR 2011, 150; 24. Februar 2010 - 4 AZR 691/08 - Rn. 47,
48, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 75 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag
Nr. 47).
21 c) Die Annahme des Berufungsgerichts, gerade der TVöD und nicht der TV-L sei an die Stelle des
BAT getreten, ist in der Revision nicht angegriffen worden.
22 5. Der Anspruch auf die geltend gemachten Einmalzahlungen ergibt sich aus Ziffer 4 des
Arbeitsvertrags iVm. § 21 TVÜ-VKA. Diese Norm lautet auszugsweise wie folgt:
„§ 21 Einmalzahlungen für 2006 und 2007
(1) Die von § 1 Abs. 1 und 2 erfassten Beschäftigten im Tarifgebiet West erhalten für die
Jahre 2006 und 2007 jeweils eine Einmalzahlung in Höhe von 300 Euro, die in zwei
Teilbeträgen in Höhe von jeweils 150 Euro mit den Bezügen für die Monate April und Juli
der Jahre 2006 und 2007 ausgezahlt wird.
(2) Der Anspruch auf die Teilbeträge nach Absatz 1 besteht, wenn die/der Beschäftigte an
mindestens einem Tag des jeweiligen Fälligkeitsmonats Anspruch auf Bezüge (Entgelt,
Urlaubsentgelt oder Entgelt im Krankheitsfall) gegen einen Arbeitgeber im Sinne des § 1
Abs. 1 hat; dies gilt auch für Kalendermonate, in denen nur wegen der Höhe der
Barleistungen des Sozialversicherungsträgers Krankengeldzuschuss nicht gezahlt wird.“
23 Die Einmalzahlungen sind Vergütung iSd. Ziffer 4 des Arbeitsvertrags. Die zeitdynamische
Verweisung umfasst auch tarifliche „Einmalzahlungen“, die an die Stelle einer (prozentualen)
Erhöhung der im Arbeitsvertrag genannten Vergütungsbestandteile treten. Bei den
Einmalzahlungen handelt es sich um pauschalierte Vergütungserhöhungen, die die in den Jahren
2006 und 2007 ausgebliebene Erhöhung der Vergütungs- bzw. Entgelttabellen kompensieren
sollten und die - wie § 21 Abs. 2 TVÜ-VKA zeigt - keine von einem unmittelbaren
Gegenleistungsbezug unabhängige Sonderzahlung sind (vgl. BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR
888/08 - Rn. 32, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme
auf Tarifvertrag Nr. 44). Soweit keine Konkretisierung im Arbeitsvertrag erfolgt, erfasst der Begriff
Vergütung alle finanziellen Leistungen des Arbeitgebers, die das in Bezug genommene tarifliche
Regelungswerk als Gegenleistung für die vom Angestellten erbrachte Arbeitsleistung vorsieht (vgl.
BAG 10. November 2010 - 5 AZR 633/09 - ZTR 2011, 150; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 -
Rn. 41, aaO). Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erfüllte die Klägerin 2006 und
2007 die tariflichen Voraussetzungen für die Einmalzahlungen.
24 II. Die Klägerin hat gemäß Ziffer 4 des Arbeitsvertrags Anspruch auf die vom Landesarbeitsgericht
zugesprochene Entgelterhöhung für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. September 2008 iHv.
72,69 Euro brutto monatlich. Nach der Tarifeinigung für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes
von Bund und kommunalen Arbeitgebern vom 31. März 2008, Teil A (Gemeinsame Regelungen
für Bund und VKA) erhöhten sich die Tabellenentgelte ab dem 1. Januar 2008 um 50,00 Euro
sowie anschließend um 3,1 %. Insoweit gelten die Ausführungen zu I. der Entscheidungsgründe
entsprechend.
25 III. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Prozesszinsen ist begründet, §§ 291, 288
Abs. 1 Satz 2, § 187 Abs. 1 BGB. Allerdings hinsichtlich der Einmalzahlungen (600,00 Euro) und
der Differenzvergütungen Januar bis Juni 2008 (436,14 Euro) nicht ab 8. Juli, sondern erst ab
9. Juli 2008 und der Monate Juli bis September 2008 (218,07 Euro) nicht ab 30. September 2008,
sondern erst ab 1. Oktober 2008. Die Klage ist am 8. Juli 2008 zugestellt worden, die
Klageerweiterung am 30. September 2008. Die Verzinsungspflicht beginnt an dem auf den
Zustellungstag folgenden Tag (BAG 15. November 2000 - 5 AZR 365/99 - BAGE 96, 228, 233;
8. Oktober 2008 - 5 AZR 715/07 - EzA BGB 2002 § 615 Nr. 27; 15. September 2009 - 9 AZR
645/08 - NZA-RR 2010, 271).
26 IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Müller-Glöge
Laux
Biebl
Haas
Zorn