Urteil des BAG vom 16.10.2013

Wechselschichtarbeit nach BMT-G und TVöD-F

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 16.10.2013, 10 AZR
1053/12
Wechselschichtarbeit nach BMT-G und TVöD-F
Tenor
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des
Landesarbeitsgerichts Köln vom 10. August 2012 - 10 Sa
284/12 - aufgehoben, soweit es die Berufung des Klägers
gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 23. Februar
2012 - 10 Ca 3642/11 - hinsichtlich des Antrags zu 3. in vollem
Umfang zurückgewiesen hat.
2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des
Arbeitsgerichts Köln vom 23. Februar 2012 - 10 Ca 3642/11 -
teilweise abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger
55,5 Stunden auf seinem Arbeitszeitkonto
gutzuschreiben.
3. Im Übrigen werden die Berufung und die Revision des
Klägers zurückgewiesen.
4. Der Kläger hat 82 % der Kosten des Rechtsstreits zu tragen,
die Beklagte 18 %.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers auf eine Zulage für ständige
Wechselschichtarbeit für den Zeitraum September 2010 bis August 2011 und weitere im
Zusammenhang mit Wechselschichtarbeit stehende tarifliche Ansprüche.
2 Der Kläger ist seit dem 6. Mai 1988 bei der Beklagten mit einem monatlichen
Bruttoeinkommen von durchschnittlich 3.700,00 Euro beschäftigt, er ist als
Flugzeugabfertiger (Beschäftigter im Rampendienst) tätig.
3 § 2 des Arbeitsvertrags vom 17. Oktober 1988 lautet auszugsweise:
„Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den
Bestimmungen des Bundesmantel-Tarifvertrages für
Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe
(BMT-G) und der zusätzlich abgeschlossenen
Tarifverträge - insbesondere des
Monatslohntarifvertrages zum BMT-G in ihrer jeweils
gültigen Fassung. Das Gleiche gilt für die an deren
Stelle tretenden Tarifverträge.“
4 Der Einsatz des Klägers erfolgt auf Grundlage der „Betriebsvereinbarung 02/2007
Arbeitszeitgestaltung im Bodenverkehrsdienst“ (BV Arbeitszeitgestaltung), die Früh-,
Tages-, Spät- und Nachtdienst vorsieht. Innerhalb jedes Dienstes variiert der
Schichtbeginn im Viertelstundentakt, insgesamt gibt es 96 reguläre Schichten. Der
Frühdienst beginnt frühestens um 01:15 Uhr und spätestens um 07:00 Uhr, der
Tagesdienst frühestens um 07:15 Uhr und spätestens um 12:00 Uhr, der Spätdienst
frühestens um 12:15 Uhr und spätestens um 20:00 Uhr und der Nachtdienst frühestens um
20:15 Uhr und spätestens um 01:00 Uhr. Im Monatsdienstplan sind zudem
Rufbereitschaften vorgesehen, unter anderem die Rufbereitschaft Winterdienst (RW 64
und RW 64e - Enteisung von Oktober bis April).
5 Insgesamt leistete der Kläger im Rahmen geplanter Dienste im Streitzeitraum in 19 Fällen
mindestens zwei Stunden Arbeit nach 21:00 Uhr bzw. ab 04:00 Uhr oder war
entsprechend eingeteilt und leistete diese Schichten wegen Urlaub oder
Arbeitsunfähigkeit nicht.
6 Im September 2010 begann der früheste Frühdienst des Klägers um 05:30 Uhr, der
späteste Spätdienst endete um 01:30 Uhr. In zwei Schichten (24. und 25. September)
leistete er mindestens zwei Stunden Arbeit nach 21:00 Uhr. Im Oktober 2010 begann der
früheste Frühdienst um 05:00 Uhr, der späteste Spätdienst endete um 22:30 Uhr. Zudem
war der Kläger sechsmal in der Rufbereitschaftsschicht RW 64e (Beginn 20:00 Uhr, Ende
10:00 Uhr) eingeteilt, ohne dass es zur Arbeitsaufnahme kam. Im November 2010 begann
der früheste Frühdienst des Klägers um 05:30 Uhr, der späteste Spätdienst endete um
04:00 Uhr. Zweimal leistete er mindestens zwei Stunden Arbeit nach 21:00 Uhr (26. und
27. November), dreimal war er für entsprechende Schichten geplant, hatte aber Urlaub
(15. bis 18. November). Zudem kam es zu vier Arbeitsaufnahmen in der Schicht RW 64e.
Im Dezember 2010 war der früheste Frühdienst für 04:00 Uhr geplant (5. Dezember), der
späteste Spätdienst endete um 22:30 Uhr. Im Januar 2011 begann der früheste Frühdienst
um 05:30 Uhr, der späteste Spätdienst endete um 04:00 Uhr. Viermal leistete der Kläger
mindestens zwei Stunden Arbeit nach 21:00 Uhr (17. bis 20., 28. Januar). Es kam darüber
hinaus zu drei Rufbereitschaftseinsätzen in der Schicht RW 64e. Im Februar 2011 begann
der früheste Frühdienst um 04:00 Uhr (6. Februar), der späteste Spätdienst endete um
22:30 Uhr. Es kam zu mindestens einem Rufbereitschaftseinsatz in der Schicht RW 64e.
Im März 2011 begann der früheste Frühdienst um 05:00 Uhr, der späteste Spätdienst
endete um 22:30 Uhr. Es kam zudem zu einem Rufbereitschaftseinsatz. Im April 2011
begann der früheste Frühdienst um 04:00 Uhr (10. April), der späteste Spätdienst endete
geplant um 01:30 Uhr (1. April, der Kläger war an diesem Tag arbeitsunfähig). Im Mai 2011
begann der früheste Frühdienst um 05:00 Uhr, der späteste Spätdienst endete um
22:30 Uhr. Im Juni 2011 begann der früheste Frühdienst um 04:00 Uhr (12. Juni), der
späteste Spätdienst endete um 01:15 Uhr (tatsächlich nach den Angaben des Klägers und
dem Zeitnachweis um 00:22 Uhr, 3. Juni). Im Juli 2011 begann der früheste Frühdienst um
05:30 Uhr, der späteste Spätdienst endete um 22:30 Uhr. Im August 2011 begann der
früheste Frühdienst um 05:30 Uhr, der späteste Spätdienst endete um 01:15 Uhr
(26. August, ein weiterer Dienst am 27. August endete um 23:30 Uhr).
7 Mit Schreiben vom 9. Dezember 2010 und 15. März 2011 verlangte der Kläger die Zahlung
einer Wechselschichtzulage gemäß § 8 Abs. 5 iVm. § 7 Abs. 1 und Abs. 5 TVöD für den
Zeitraum ab September 2010. Dieses Begehren lehnte die Beklagte ab.
8 § 23 Abs. 2 TVÜ-VKA („Erschwerniszuschläge, Schichtzulagen“) vom 13. September 2005
idF des ÄndTV Nr. 5 vom 27. Februar 2010 und Nr. 6 vom 8. Dezember 2010 hat
folgenden Wortlaut:
„Bis zum Inkrafttreten der Entgeltordnung gelten für
Beschäftigte gemäß § 1 Abs. 1, auf die bis zum
30. September 2005 (…) der Tarifvertrag zu § 24 BMT-G
(Schichtlohnzuschlag) vom 1. Juli 1981 (…) Anwendung
gefunden hat, diese Tarifverträge einschließlich der bis
zum 30. September 2005 zu ihrer Anwendung
maßgebenden Begriffsbestimmungen des BAT/BAT-
O/BMT-G/BMT-G-O weiter. Für alle übrigen
Beschäftigten (…).“
Die Niederschriftserklärung zu § 23 Abs. 2 TVÜ-VKA lautet:
9 „Die Höhe der aufgrund der weiter anzuwendenden Tarifverträge zustehenden Zulagen
und Zuschläge bemisst sich nach dem Betrag, der zu zahlen gewesen wäre, wenn diese
bereits am 30. September 2005 zugestanden hätten. Die Weitergeltung der genannten
Tarifverträge lässt den Anspruch auf Zusatzurlaub nach § 27 TVöD unberührt. Anstelle der
Zulagen nach § 8 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 6 Satz 1 TVöD treten die nach den weiter
anzuwendenden Tarifverträgen zustehenden Zulagen und Zuschläge.“
10 § 24 BMT-G („Schichtlohnzuschlag“) vom 31. Januar 1962 idF des 51. ErgTV vom
31. Januar 2003 lautet auszugsweise:
„(1) Ständige Wechselschichtarbeiter erhalten einen
Schichtlohnzuschlag.
(4) Die Höhe des Schichtlohnzuschlags wird durch
besonderen Tarifvertrag vereinbart.“
11 Gemäß Tarifvertrag zu § 24 Abs. 4 BMT-G (Schichtlohnzuschlag) vom 1. Juli 1981 idF des
TV vom 22. März 1991 (TV Schichtlohnzuschlag) betrug der Schichtlohnzuschlag für
ständige Wechselschichtarbeiter zuletzt 142,34 Euro monatlich. Dieser Tarifvertrag fand
bis zum 30. September 2005 auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung. Der
Kläger hat im Streitzeitraum einen Schichtlohnzuschlag für ständige Schichtarbeit iHv.
74,73 Euro monatlich erhalten.
12 § 67 BMT-G („Begriffsbestimmungen“) lautet auszugsweise:
„27. Nachtarbeit
Nachtarbeit ist die Arbeit zwischen 20 Uhr
und 6 Uhr.
32. Rufbereitschaft
Rufbereitschaft ist die Verpflichtung des
Arbeiters, sich auf Anordnung des
Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen
Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber
anzuzeigenden Stelle aufzuhalten, um auf
Abruf die Arbeit aufzunehmen.
44. Wechselschichtarbeit
Wechselschichtarbeit ist die Arbeit nach
einem Schichtplan, der einen regelmäßigen
Wechsel der täglichen Arbeitszeit in
Wechselschichten, bei denen der Arbeiter
durchschnittlich längstens nach Ablauf eines
Monats erneut zur Nachtschicht
(Nachtschichtfolge) herangezogen wird,
vorsieht.
45. Wechselschichten
Wechselschichten sind wechselnde
Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen
bei Tag und Nacht, werktags, sonn- und
feiertags gearbeitet wird.“
13 § 6 Abs. 1 Satz 2 („Regelmäßige Arbeitszeit“) der durchgeschriebenen Fassung des TVöD
für den Dienstleistungsbereich Flughäfen im Bereich der Vereinigung der kommunalen
Arbeitgeberverbände (TVöD-F) vom 7. Februar 2006 idF der Änderungsvereinbarung Nr. 3
vom 27. Februar 2010 und Nr. 4 vom 8. Dezember 2010 lautet:
„Bei Wechselschichtarbeit werden die gesetzlich
vorgeschriebenen Pausen in die Arbeitszeit
eingerechnet.“
14 § 7 TVöD-F („Sonderformen der Arbeit“) lautet auszugsweise:
„(1) Wechselschichtarbeit ist die Arbeit nach einem
Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel der
täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten vorsieht, bei
denen Beschäftigte durchschnittlich längstens nach
Ablauf eines Monats erneut zur Nachtschicht
herangezogen werden. Wechselschichten sind
wechselnde Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen
bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags
gearbeitet wird. Nachtschichten sind Arbeitsschichten,
die mindestens zwei Stunden Nachtarbeit umfassen.
(4) Rufbereitschaft leisten Beschäftigte, die sich auf
Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der
regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber
anzuzeigenden Stelle aufhalten, um auf Abruf die Arbeit
aufzunehmen. Rufbereitschaft wird nicht dadurch
ausgeschlossen, dass Beschäftigte vom Arbeitgeber mit
einem Mobiltelefon oder einem vergleichbaren
technischen Hilfsmittel ausgestattet sind.
(5) Nachtarbeit ist die Arbeit zwischen 21 Uhr und
6 Uhr.“
15 § 7.1 Abs. 3 TVöD-F („Rampendienst“) lautet:
„Die Zeitzuschläge nach § 8 Abs. 1 werden pauschal mit
einem Zuschlag von 12 v. H. des auf eine Stunde
entfallenden Anteils des monatlichen Entgelts der
Stufe 3 der jeweiligen Entgeltgruppe nach Maßgabe der
Entgelttabelle abgegolten.“
16 § 8 TVöD-F („Ausgleich für Sonderformen der Arbeit“) lautet auszugsweise:
„(1) Der/Die Beschäftigte erhält neben dem Entgelt für
die tatsächliche Arbeitsleistung Zeitzuschläge. Die
Zeitzuschläge betragen - auch bei
Teilzeitbeschäftigten - je Stunde
a) für Überstunden
in den Entgeltgruppen 1 bis 9 30 v. H.,
(5) Beschäftigte, die ständig Wechselschichtarbeit
leisten, erhalten eine Wechselschichtzulage von
105 Euro monatlich. Beschäftigte, die nicht ständig
Wechselschichtarbeit leisten, erhalten eine
Wechselschichtzulage von 0,63 Euro pro Stunde.“
17 § 27 Abs. 1 TVöD-F („Zusatzurlaub“) lautet:
„Beschäftigte, die ständig Wechselschichtarbeit nach § 7
Abs. 1 oder ständig Schichtarbeit nach § 7 Abs. 2 leisten
und denen die Zulage nach § 8 Abs. 5 Satz 1 oder
Abs. 6 Satz 1 zusteht, erhalten
a) bei Wechselschichtarbeit für je zwei zusammen
hängende Monate und
b) bei Schichtarbeit für je vier zusammenhängende
Monate
einen Arbeitstag Zusatzurlaub.“
18 Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe unter Berücksichtigung der
Bestandsschutzregelung des § 23 Abs. 2 TVÜ-VKA eine monatliche
Wechselschichtzulage für den Zeitraum von September 2010 bis einschließlich August
2011 in Höhe von 142,34 Euro zu. Bei Anrechnung der gezahlten Schichtzulage ergebe
dies noch einen Anspruch in Höhe von 811,32 Euro brutto. Er arbeite ununterbrochen in
Wechselschicht bei Tag und Nacht; in allen 96 Schichten müsse er nicht eingesetzt
werden. Wer Wechselschichtarbeitnehmer sei, richte sich nach § 7 TVöD-F. In den
streitgegenständlichen Monaten habe er mindestens jeweils eine Schicht mit mindestens
zwei Stunden Nachtarbeit geleistet, also Nachtschichten im Tarifsinn. Hierbei zähle auch
die Rufbereitschaft im Winterdienst RW 64 und RW 64e.
19 Zudem folge aus der Wechselschichtarbeit ein Anspruch auf Gutschrift der gesetzlich
vorgeschriebenen Pausen als Arbeitszeit auf seinem Arbeitszeitkonto gemäß § 6 Abs. 1
Satz 2 TVöD-F im Umfang von insgesamt 138,5 Stunden. Hinzu komme ein
Überstundenzuschlag von 4,16 Euro je Stunde gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a TVöD-
F, da pro Arbeitstag 30 Minuten Mehrarbeit geleistet worden seien. Über die gewährten
drei Tage Zusatzurlaub für Schichtarbeit hinaus bestehe noch ein Anspruch auf weitere
drei Tage wegen der Wechselschichtarbeit.
20 Der Kläger hat zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
1. an ihn 811,32 Euro brutto zu zahlen;
2. hinsichtlich des mit dem Antrag zu 1. geforderten
Betrags Zinsen in gestaffelter Höhe zu zahlen;
3. ihm 138,5 Stunden auf seinem Arbeitszeitkonto
gutzuschreiben;
4. an ihn für 138,5 Stunden Überstundenzuschlag in
Höhe von jeweils 4,16 Euro brutto, insgesamt
576,16 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab
Rechtshängigkeit zu zahlen;
5. seinem Urlaubskonto für den Zeitraum September
2010 bis August 2011 drei Urlaubstage gutzuschreiben
und ihm zu gewähren.
21 Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger
habe nicht ständig in Wechselschicht gearbeitet. Aus den Schichtdienstbelegungen
ergebe sich, dass er nicht ununterbrochen iSv. § 67 Nr. 45 BMT-G eingesetzt gewesen sei.
Rufbereitschaften seien nicht als Wechselschichtdienst zu berücksichtigen. Zudem habe
der Kläger die Wechselschichtzulage nach § 23 Abs. 2 TVÜ-VKA iVm. § 24 BMT-G nicht
ordnungsgemäß geltend gemacht, vielmehr habe er nur eine Wechselschichtzulage nach
den §§ 8, 7 TVöD verlangt. Mangels Wechselschichtarbeit bestünden auch keine
sonstigen Ansprüche.
22 Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der vom
Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge
weiter.
Entscheidungsgründe
23 Die zulässige Revision des Klägers ist nur hinsichtlich eines Teils des Antrags zu 3.
(Stundengutschrift auf dem Arbeitszeitkonto) begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet.
24 I. Der Kläger war im Zeitraum von September 2010 bis August 2011 kein ständiger
Wechselschichtarbeiter iSv. § 24 Abs. 1 iVm. § 67 Nr. 44 BMT-G. Ihm steht für diesen
Zeitraum kein Schichtlohnzuschlag nach § 24 Abs. 1, Abs. 4 BMT-G iVm. § 1 Abs. 1 TV
Schichtlohnzuschlag zu (Anträge zu 1. und zu 2.).
25 1. Nach § 23 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-VKA ist sowohl hinsichtlich der
Anspruchsvoraussetzungen als auch hinsichtlich der Höhe des Anspruchs maßgeblich auf
§ 24 BMT-G und den TV Schichtlohnzuschlag abzustellen, da der
TV Schichtlohnzuschlag auf das Arbeitsverhältnis des Klägers am 30. September 2005
Anwendung fand. Der Kläger kann daher einen Anspruch auf einen Schichtlohnzuschlag
wegen ständiger Wechselschichtarbeit (so die alte Begrifflichkeit) nach dem BMT-G
haben, nicht aber einen Anspruch auf eine monatliche Zulage wegen ständiger
Wechselschichtarbeit (so die neue Begrifflichkeit) nach § 7 Abs. 1, § 8 Abs. 5 Satz 1
TVöD-F. Dies ergibt die Auslegung der Tarifnorm.
26 2. Bereits der Wortlaut des § 23 Abs. 2 TVÜ-VKA, von dem bei der Auslegung vorrangig
auszugehen ist (st. Rspr., vgl. zB BAG 27. Juli 2011 - 10 AZR 484/10 - Rn. 14), ist
eindeutig. Die Norm bestimmt, dass für Beschäftigte, auf die bis zum 30. September 2005
bestimmte Tarifverträge (hier: TV Schichtlohnzuschlag) Anwendung fanden, diese
Tarifverträge bis zum Inkrafttreten der (weiterhin fehlenden) Entgeltordnung „einschließlich
der (…) zu ihrer Anwendung maßgebenden Begriffsbestimmungen des (…) BMT-G“ weiter
gelten. Beim Kläger handelt es sich - was zwischen den Parteien nicht im Streit steht - um
einen solchen Beschäftigten. Damit kommt es auf die Anspruchsvoraussetzungen nach
der früheren Tariflage einschließlich der dortigen Definitionen der Begriffe
Wechselschichtarbeit und Nachtarbeit an.
27 Aus der Tarifsystematik und der Tarifgeschichte ergeben sich keine Anhaltspunkte für die
Gegenauffassung des Klägers. Bei § 23 Abs. 2 TVÜ-VKA handelt es sich um eine
typische Übergangsregelung, die bestimmte Teilbereiche vom Inhalt des TVöD löst. Dies
zeigt auch die Überschrift des Abschnitts IV „Sonstige vom TVöD abweichende oder ihn
ergänzende Bestimmungen“, in dem sich die Norm findet. Der Hinweis auf die Anwendung
der früheren Begriffsbestimmungen wäre sinnlos, wenn zur Ermittlung der
Anspruchsvoraussetzungen § 7 und § 8 TVöD-F maßgeblich sein sollten. Auch aus Satz 2
der Niederschriftserklärung zu § 23 Abs. 2 TVÜ-VKA folgt nichts anderes. Diese Regelung
ist vielmehr erforderlich, um klarzustellen, dass der Anspruch auf Zusatzurlaub nach § 27
TVöD-F bestehen kann, obwohl der TV Schichtlohnzuschlag weiter gilt und deshalb kein
Anspruch auf die Zulage für ständige Wechselschichtarbeit nach § 8 Abs. 5 TVöD-F
besteht (Breier/Dassau/Kiefer/ Lang/Langenbrinck TVöD Stand Oktober 2013 § 23 TVÜ-
VKA Rn. 31; vgl. im Übrigen unten zu IV). Entgegen der Auffassung der Revision ergibt
sich aus der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 6. Februar 2009 (-
10 Sa 1472/08 -) nichts anderes. Vielmehr geht diese ausdrücklich davon aus, dass es
sich bei § 23 Abs. 2 TVÜ-VKA um eine Besitzstandsregelung handelt, um die alte (höhere)
Wechselschichtzulage für einen bestimmten Zeitraum zu den bisherigen Bedingungen für
die Beschäftigten zu erhalten, die bei Inkrafttreten des TVöD einen Anspruch auf sie
hatten. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf nimmt weiter zutreffend an, dass § 23 Abs. 2
Satz 1 TVÜ-VKA keine Regelung zu § 6 Abs. 1 Satz 2 TVöD-F enthält und den dortigen
Anspruch nicht ausschließt (vgl. unten zu II).
28 3. Der Kläger hat im Streitzeitraum die Anspruchsvoraussetzungen nach § 24 BMT-G iVm.
§ 1 Abs. 1 TV Schichtlohnzuschlag nicht erfüllt. Im Betrieb der Beklagten wurde zwar in
Wechselschichtarbeit iSv. § 67 Nr. 44 BMT-G gearbeitet, auch ist der Kläger in
verschiedenen Schichten eingesetzt worden. Es fehlt aber an der durchschnittlich
längstens nach Ablauf eines Monats erforderlichen Heranziehung zur Nachtschicht
(Nachtschichtfolge).
29 a) Nach der Rechtsprechung des Senats zu § 15 Abs. 8 BAT, der § 67 Nr. 44 BMT-G
entspricht, ist unter „Nachtschicht“ eine Schicht zu verstehen, die zu einem wesentlichen
Teil während der Nachtzeit von 20:00 Uhr bis 06:00 Uhr (§ 67 Nr. 27 BMT-G) abgeleistet
wird. Die Nachtarbeit muss also in der Schicht zeitlich überwiegen (BAG 7. September
1994 - 10 AZR 766/93 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 77, 346).
30 Solche Nachtschichten hat der Kläger nach den nicht mit einer zulässigen Verfahrensrüge
angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht in genügendem Umfang
geleistet. Der Kläger ist im September 2010 zu einer Nachtschicht in diesem Sinne
herangezogen worden, im November 2010 zu vier Nachtschichten, im Januar 2011 zu vier
Nachtschichten und im August 2011 zu einer Nachtschicht. Am 1. April 2011 war er zwar
für eine Nachtschicht eingeteilt, er war jedoch arbeitsunfähig erkrankt. Dies steht dem
Anspruch nach der Senatsrechtsprechung zu den früheren Tarifregelungen entgegen;
danach ist die tatsächliche Ableistung der Nachtschicht erforderlich (BAG 9. Dezember
1998 - 10 AZR 207/98 - zu II 1 c der Gründe; 7. Februar 1996 - 10 AZR 203/94 - zu III 1 der
Gründe). Am 3. Juni 2011 hat der Kläger nach seinem Vortrag und dem vorgelegten
Arbeitszeitnachweis die Arbeit um 15:15 Uhr begonnen und um 00:22 Uhr beendet. Damit
lag die Schicht überwiegend nicht in der Nachtzeit von 20:00 Uhr bis 06:00 Uhr. Insgesamt
gesehen ist der Kläger nicht durchschnittlich längstens nach einem Monat erneut zur
Nachtschicht herangezogen worden.
31 b) Etwas anderes ergibt sich nicht aus den Winterdienstschichten RW 64 und RW 64e.
Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts handelt es sich um
Rufbereitschaftsschichten, nicht um Bereitschaftsdienst. Rufbereitschaft ist nach § 16
Abs. 2, § 67 Nr. 32 BMT-G die Verpflichtung des Arbeiters, sich auf Anordnung des
Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber
anzuzeigenden Stelle aufzuhalten, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen. Die
Rufbereitschaft ist damit nicht Teil der dienstplanmäßigen Arbeitszeit, auch wenn sie im
Schichtplan enthalten ist. Dementsprechend darf Rufbereitschaft nur angeordnet werden,
wenn erfahrungsgemäß lediglich in Ausnahmefällen Arbeit anfällt (§ 16 Abs. 2 Satz 2
BMT-G). Auch wird Rufbereitschaft besonders vergütet oder es wird Freizeitausgleich
gewährt. Die Annahme von Wechselschichtarbeit im Tarifsinn setzt hingegen die
Verplanung regulärer Arbeitszeit und die tatsächliche Erbringung von Arbeitsleistung in
den geplanten Nachtschichten voraus (BAG 9. Dezember 1998 - 10 AZR 207/98 - zu II 1 c
der Gründe; 28. August 1996 - 10 AZR 174/96 - zu 2 b der Gründe; 7. Februar 1996 -
10 AZR 203/94 - zu III 1 der Gründe).
32 Diese Beurteilung gilt auch für die Rufbereitschaften, in denen es zur Aufnahme der Arbeit
kam. Bei einer solchen Heranziehung zur Arbeit handelt es sich nicht um den geplanten
Einsatz in einer Schicht, die vollumfänglich oder zumindest überwiegend tatsächliche
Arbeitsleistung in der Nacht beinhaltet und eine Nachtschicht im (früheren) Tarifsinn
darstellt. Vielmehr erfolgt der Arbeitseinsatz außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit und
ist gesondert zu vergüten oder durch Freizeit auszugleichen. Der Kläger hat nicht
behauptet, dass die Beklagte etwa missbräuchlich eine reguläre Arbeitsschicht als
Rufbereitschaft bezeichnet hat; hierfür gibt es keine Anhaltspunkte. Auf die Frage der
Freiwilligkeit der Teilnahme an der Rufbereitschaft kommt es deshalb nicht an.
33 c) Da kein weiter gehender Vergütungsanspruch besteht, scheidet auch ein Zinsanspruch
aus (Antrag zu 2.).
34 II. Die zulässige Klage auf Gutschrift von Arbeitsstunden auf dem Arbeitszeitkonto des
Klägers ist teilweise begründet. Er hat im Streitzeitraum Wechselschichtarbeit iSv. § 6
Abs. 1 Satz 2 iVm. § 7 Abs. 1 TVöD-F geleistet. Ab April 2011 hat er einen Anspruch auf
nachträgliche Gutschrift seiner Pausenzeiten. Frühere Ansprüche sind gemäß § 37 Abs. 1
TVöD-F verfallen.
35 1. Der Antrag zu 3. ist zulässig.
36 Der Antrag, einem Arbeitszeitkonto Stunden „gutzuschreiben“, ist hinreichend bestimmt
iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer ein Zeitkonto
führt, auf dem zu erfassende Arbeitszeiten nicht aufgenommen wurden und noch
gutgeschrieben werden können (st. Rspr., vgl. zB BAG 10. November 2010 - 5 AZR
766/09 - Rn. 11, BAGE 136, 152).
37 Diese Voraussetzungen sind gegeben. Die Beklagte führt ein Arbeitszeitkonto für den
Kläger. Es sind auch keine Hinderungsgründe für eine nachträgliche Gutschrift der
Pausenzeiten ersichtlich.
38 2. Der Antrag ist teilweise begründet. Der Kläger macht einen Anspruch geltend, der auf
§ 6 Abs. 1 Satz 2 TVöD-F beruht. Danach werden bei Wechselschichtarbeit die gesetzlich
vorgeschriebenen Pausen in die Arbeitszeit eingerechnet. Diese Voraussetzungen erfüllte
der Kläger im Streitzeitraum.
39 a) Zur Bestimmung, ob der Kläger Wechselschichtarbeit iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 TVöD-F
geleistet hat, ist auf § 7 Abs. 1 TVöD-F und die dortige Definition der Wechselschichtarbeit
abzustellen. Ein Rückgriff auf die früheren Bestimmungen des BMT-G erfolgt insoweit
nicht (ebenso LAG Düsseldorf 6. Februar 2009 - 10 Sa 1472/08 -).
40 Wie unter I 2 dargelegt, gilt zwar für den Kläger der TV Schichtlohnzuschlag weiter und zur
Anwendung dieses Tarifvertrags ist auf die maßgebenden Begriffsbestimmungen des
BMT-G zurückzugreifen (§ 23 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-VKA). Der Rückgriff ist aber ausdrücklich
auf die Anwendung des TV Schichtlohnzuschlag (und andere, hier nicht relevante
Tarifverträge) beschränkt. Im Übrigen ist der BMT-G gemäß § 2 Abs. 1 TVÜ-VKA
aufgehoben worden. Damit kommt es hinsichtlich der Arbeitszeit ausschließlich auf die
allgemeinen Regelungen des TVöD an, nämlich auf § 6 TVöD-F und die
Begriffsbestimmungen des § 7 TVöD-F.
41 b) Der Kläger hat Wechselschichtarbeit iSd. § 7 Abs. 1 TVöD-F geleistet.
42 aa) Wechselschichtarbeit ist im Geltungsbereich des TVöD die Arbeit nach einem
Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in
Wechselschichten vorsieht, bei denen Beschäftigte durchschnittlich längstens nach Ablauf
eines Monats erneut zur Nachtschicht herangezogen werden (§ 7 Abs. 1 Satz 1 TVöD).
Wechselschichten sind wechselnde Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen bei Tag
und Nacht, werktags, sonntags und feiertags gearbeitet wird (§ 7 Abs. 1 Satz 2 TVöD).
43 Wechselschichtarbeit im tariflichen Sinn liegt daher nur dann vor, wenn in dem
Arbeitsbereich, in dem der Beschäftigte tätig ist, an allen Kalendertagen ununterbrochen
24 Stunden gearbeitet wird. An dieser Voraussetzung fehlt es, wenn beispielsweise an
Sonn- und Feiertagen in aller Regel keine Schichtarbeit anfällt oder die tägliche Arbeit, sei
es auch nur in geringfügiger Form, unterbrochen wird. Unerheblich ist hingegen, in wie
viele Schichten der 24-Stunden-Tag aufgeteilt wird oder ob in allen Schichten der
Arbeitsanfall gleich groß ist und deshalb in jeder Schicht die gleiche Anzahl von
Arbeitnehmern arbeitet. Die Arbeit muss nach einem Dienst- oder Schichtplan erfolgen,
der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten im
genannten Sinn vorsieht. Der Beschäftigte muss zur Arbeit in allen Schichtarten eingesetzt
werden. Dabei fordert § 7 Abs. 1 Satz 1 TVöD, dass der Beschäftigte durchschnittlich
längstens nach Ablauf eines Monats erneut zur Nachtschicht herangezogen wird (st. Rspr.,
zB zuletzt BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 351/11 - Rn. 13 f.; 18. Mai 2011 - 10 AZR 255/10 -
Rn. 13; 24. März 2010 - 10 AZR 58/09 - Rn. 15 f. mwN, BAGE 134, 34).
44 Die Regelungen des TVöD-F weichen nicht von den allgemeinen Vorschriften des TVöD
ab. Ein landesbezirklicher Tarifvertrag iSv. § 7 Abs. 1.1 TVöD-F bestand im Streitzeitraum
nicht.
45 Der tatsächlichen Erbringung der Arbeitsleistung steht es gleich, wenn die Leistung einer
bestimmten Schichtart oder der geforderten Nachtschicht nur deshalb nicht erfolgt, weil der
Beschäftigte unter Fortzahlung der Bezüge gemäß § 21 Satz 1 TVöD in den dort
genannten Fällen von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt ist. In diesen Fällen
genügt es, wenn der Beschäftigte ohne die Freistellung die erforderlichen Schichten
geleistet hätte (BAG 24. März 2010 - 10 AZR 58/09 - Rn. 23 ff., BAGE 134, 34). Dies hat
das Landesarbeitsgericht bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt.
46 bb) Im Arbeitsbereich des Klägers findet Wechselschichtarbeit statt. Dort wird nach dem
Schichtsystem der BV Arbeitszeitgestaltung rund um die Uhr in insgesamt 96 Schichten
gearbeitet.
47 cc) Der Kläger wird in allen Schichtarten im Tarifsinn eingesetzt.
48 (1) Dass ein Einsatz in der Früh- und Spätschicht erfolgt und Schichtarbeit iSv. § 7 Abs. 2
TVöD-F geleistet wird, steht zwischen den Parteien nicht im Streit und ergibt sich aus den
Schichtplänen (vgl. zum Begriff der Schichtarbeit iSv. § 7 Abs. 2 TVöD: BAG 13. Juni 2012
- 10 AZR 351/11 - Rn. 15 f.). Die Leistung von Wechselschichtarbeit iSv. § 7 Abs. 1 TVöD-
F setzt, anders als wohl noch das Arbeitsgericht angenommen hat, auch nicht voraus,
dass der Kläger in allen 96 Schichten eingesetzt wird. Erforderlich ist ein Einsatz in allen
Schichtarten (Früh-, Spät- und Nachtschicht im tariflichen Sinn), nicht in allen Schichten
(BAG 24. September 2008 - 10 AZR 140/08 - Rn. 13 ff.; 13. Oktober 1993 - 10 AZR
294/92 - BAGE 74, 345 [zu § 15 Abs. 8 BAT]). Andernfalls wäre es möglich, den tariflichen
Anspruch durch die Schaffung vielfältiger, zeitlich geringfügig verschobener Schichten
(hier: Verschiebung des Schichtbeginns im Viertelstundentakt) zu entziehen, obwohl der
Arbeitnehmer die Erschwernis hat, die mit Wechselschichtarbeit verbunden ist (vgl. dazu
BAG 24. März 2010 - 10 AZR 58/09 - Rn. 32, BAGE 134, 34). Aufgrund der Leistung von
Früh-, Spät- und Nachtdienst wird der Kläger nicht nur zu bestimmten Zeiten, sondern
tatsächlich „rund um die Uhr“ eingesetzt.
49 (2) Was eine Nachtschicht iSv. § 7 Abs. 1 Satz 1 TVöD-F ist, definiert § 7 Abs. 1 Satz 3
TVöD-F. Nachtschichten sind danach Arbeitsschichten, die mindestens zwei Stunden
Nachtarbeit umfassen. Nachtarbeit ist gemäß § 7 Abs. 5 TVöD-F die Arbeit zwischen
21:00 Uhr und 06:00 Uhr. Die Tarifvertragsparteien haben sich damit in zweierlei Hinsicht
von der früheren Rechtslage gelöst: Zum einen ist der (tarifliche) Beginn der Nachtarbeit
von 20:00 Uhr (§ 67 Nr. 27 BMT-G) auf 21:00 Uhr hinausgeschoben worden. Zum anderen
ist nicht mehr erforderlich, dass die Nachtarbeit innerhalb der Schicht zeitlich überwiegt,
ein Anteil von zwei Stunden genügt (vgl. zur alten Rechtslage: BAG 7. September 1994 -
10 AZR 766/93 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 77, 346;
Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD § 7 Rn. 8 f. bezeichnen die alte
Rechtsprechung zu Recht insoweit als „überholt“). Damit ist entgegen der Auffassung des
Landesarbeitsgerichts nach § 7 Abs. 1 Satz 3 TVöD-F nicht erforderlich, dass die
abgeleistete Nachtschicht vollumfänglich die Lücke bis zum Beginn der nächsten
Frühschicht schließt; aus dem Tarifvertrag ergeben sich für eine solche Annahme keine
Anhaltspunkte (vgl. auch die Beispiele bei Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck aaO;
aA aber Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Juni 2006 § 27 Rn. 17).
Vielmehr genügt es, dass im Geschäftsbereich, in dem der Arbeitnehmer tätig ist, rund um
die Uhr gearbeitet wird und der Arbeitnehmer im tariflich geforderten Maß Schichten
ableistet, in denen mindestens zwei Stunden Nachtarbeit liegen. Kraft eindeutiger
tariflicher Definition handelt es sich dann um Nachtschichten im Tarifsinn. Auf die
Bezeichnung der Schicht durch den Arbeitgeber oder in einer Betriebsvereinbarung
kommt es nicht an (vgl. BAG 7. September 1994 - 10 AZR 766/93 - aaO [dort:
Spätschicht]). Schichten, die in der BV Arbeitszeitgestaltung als Früh- oder Spätschichten
bezeichnet werden, sind Nachtschichten im Tarifsinn, wenn sie entweder bis spätestens
04:00 Uhr beginnen oder frühestens um 23:00 Uhr enden.
50 dd) Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 TVöD-F muss der Beschäftigte durchschnittlich längstens nach
Ablauf eines Monats erneut zur Nachtschicht herangezogen werden. Hierin liegt - anders
als zB nach § 7 Abs. 1 Satz 1 TVöD iVm. § 48 Abs. 2 TVöD-BT-K für den Bereich der
Krankenhäuser - eine Erleichterung für die Anspruchsentstehung, da die Heranziehung
zur Nachtschicht nur durchschnittlich erfolgen muss (BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 351/11 -
Rn. 25).
51 Die Tarifnorm selbst benennt keinen Zeitraum, für den die Durchschnittsberechnung
anzustellen ist. Ein fester Zeitraum lässt sich auch aus anderen Tarifvorschriften nicht
entnehmen. So bestimmt § 6 Abs. 2 Satz 1 TVöD-F nur, dass für die Berechnung der
durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit auf einen Zeitraum „von bis zu einem Jahr“
abzustellen ist. Nach § 6 Abs. 2 Satz 2 TVöD-F kann bei Beschäftigten, die ständig
Wechselschicht- oder Schichtarbeit leisten, sogar ein längerer Zeitraum zugrunde gelegt
werden. Mindestvoraussetzung ist, dass es sich um einen hinreichend repräsentativen
Zeitraum handelt, um überhaupt eine Durchschnittsberechnung anstellen zu können und
nicht von der Zufälligkeit der Schichteinteilung in einzelnen Monaten abhängig zu sein
(vgl. auch BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 351/11 - Rn. 25 [zur nicht ständigen
Wechselschichtarbeit]). Zur insoweit vergleichbaren Regelung in § 15 Abs. 8 Unterabs. 6
BAT hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 5. Juni 1996 (- 10 AZR
610/95 - zu III 1 c der Gründe) einen Zeitraum von „April 1991 bis Januar oder Februar
1992“ betrachtet, die Abstände zwischen den einzelnen Nachtschichtfolgen addiert und
durch die Anzahl der Nachtschichtfolgen dividiert (vgl. dazu Steinherr in Sponer/Steinherr
TVöD Stand Oktober 2013 § 7 Rn. 16: Durchschnitt über mehrere Monate vom BAG
zugelassen, ohne Rahmen abzugrenzen).
52 Einen geeigneten Anknüpfungspunkt kann die betriebliche Schichtplanung bilden, wenn
sie für einen längeren Zeitraum, zB als Jahresplanung, erfolgt. Allerdings ist dies hier nicht
der Fall. Nach § 3 BV Arbeitszeitgestaltung wird ein Dienstschema jeweils für den
Sommer- und den Winterflugplan aufgestellt, wobei die Schichtdienstanfangszeiten
gerade offen bleiben (§ 3 Phase 4). Der konkrete Dienstplan liegt erst vier Wochen vor
seinem Inkrafttreten für einen Zeitraum „von bis zu vier Wochen“ vor (§ 3 Phase 5). Fehlt
es an einem solchen Anknüpfungspunkt, so ist grundsätzlich auf den Zeitraum
abzustellen, für den die Ansprüche geltend gemacht werden, solange dieser Zeitraum
hinreichend repräsentativ ist und keine Anhaltspunkte für eine manipulative Auswahl
bestehen, die ggf. vom Beklagten einzuwenden wäre. Die Berechnung des Durchschnitts
über einen Zeitraum von 12 Kalendermonaten dürfte regelmäßig nicht zu beanstanden
sein, solange sich nicht aus betrieblichen Regelungen Anhaltspunkte für einen anderen
Zeitraum ergeben.
53 Im Streitfall hat die Beklagte keine Einwände gegen die Repräsentativität des vom Kläger
herangezogenen Jahreszeitraums von September 2010 bis einschließlich August 2011
erhoben. Sie sind auch nicht ersichtlich; so sind beispielsweise Sommer- und
Winterflugplan enthalten.
54 ee) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Kläger innerhalb von 12 Monaten
19 Nachtschichten im Tarifsinn geleistet oder nur deshalb nicht geleistet, weil er
arbeitsunfähig erkrankt war oder Urlaub hatte.
55 Die Anzahl von 19 Nachtschichten in 12 Monaten spräche bei einem regelmäßigen
Schichtmodell unmittelbar dafür, dass er Wechselschichtarbeit im tariflichen Sinn geleistet
hat. Die Abstände zwischen den einzelnen Heranziehungen zu Nachtschichten liegen
durchschnittlich unter 4,33 Wochen (vgl. zu diesem Wert: BAG 5. Juni 1996 - 10 AZR
610/95 - zu III 1 c der Gründe). Bei dem vorliegenden unregelmäßigen Schichtmodell sind
jedoch zusätzlich die Verteilung der Schichten und die Abstände zwischen ihnen zu
beachten. So wäre denkbar, dass die 19 Nachtschichten am Anfang und am Ende des 12-
Monats-Zeitraums geleistet wurden, sodass der geforderte regelmäßige Wechsel nicht
stattgefunden hätte. Dem ist hier jedoch nicht so, vielmehr zeigt das Gesamtbild eine
regelmäßige Heranziehung zu Nachtschichten.
56 Damit sind dem Kläger gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 TVöD-F die gesetzlich vorgeschriebenen
Pausen gutzuschreiben. Der von ihm für die einzelnen Monate dargelegte Umfang der
Pausen ist von der Beklagten nicht bestritten worden.
57 c) Die Arbeitszeitgutschrift steht dem Kläger zu, soweit er sie rechtzeitig gemäß § 37
TVöD-F geltend gemacht hat. Dies war erst für den Zeitraum ab April 2011 der Fall.
58 aa) Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 TVöD-F verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn
sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich
geltend gemacht werden. Für denselben Sachverhalt genügt nach Satz 2 die einmalige
Geltendmachung auch für später fällige Leistungen.
59 Zur Geltendmachung im Sinne tariflicher Ausschlussfristen gehört, die andere Seite zur
Erfüllung des Anspruchs aufzufordern. Der Anspruchsinhaber muss unmissverständlich
zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer bestimmten Forderung ist und auf deren
Erfüllung besteht. Die Geltendmachung setzt voraus, dass der Anspruch seinem Grunde
nach hinreichend deutlich bezeichnet und die Höhe des Anspruchs sowie der Zeitraum,
für den er verfolgt wird, mit der für den Schuldner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich
gemacht wird; die Art des Anspruchs sowie die Tatsachen, auf die der Anspruch gestützt
wird, müssen erkennbar sein. Eine Bezifferung der Forderung ist nicht erforderlich, wenn
dem Schuldner die Höhe bekannt oder für ihn ohne Weiteres errechenbar ist und die
schriftliche Geltendmachung erkennbar hiervon ausgeht. Dies ist besonders bei
Lohnklagen regelmäßig der Fall; hier ist der Arbeitgeber aufgrund seiner besonderen
Sachkenntnis zur genauen Bezifferung regelmäßig eher in der Lage als der Arbeitnehmer
(BAG 16. Januar 2013 - 10 AZR 863/11 - Rn. 24 mwN). Die Einhaltung von
Ausschlussfristen ist auch dann zu beachten, wenn die Gutschrift auf einem
Arbeitszeitkonto verlangt wird (BAG 12. Dezember 2012 - 4 AZR 327/11 - Rn. 40).
60 bb) Ein aufgrund von Arbeitsleistung im laufenden Monat entstandener Anspruch muss
mangels abweichender tariflicher oder betrieblicher Regelungen über die Handhabung
eines Arbeitszeitkontos spätestens am Ende dieses Monats gutgeschrieben werden. Zu
diesem Zeitpunkt ist er fällig iSv. § 37 Abs. 1 Satz 1 TVöD-F. Entsprechend ist - wie die
Parteien vor dem Senat klargestellt haben - die Handhabung bei der Beklagten.
61 cc) Danach sind Ansprüche für die Zeit vor April 2011 verfallen.
62 Eine Arbeitszeitgutschrift hat der Kläger von der Beklagten erstmals mit der
Klageerweiterung vom 20. Oktober 2011, zugestellt am 26. Oktober 2011, verlangt. Vorher
hatte er nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und dem eindeutigen Inhalt
seiner Geltendmachungsschreiben und Schriftsätze nur die Zahlung einer
Wechselschichtzulage begehrt. Das war nicht ausreichend. Zwar setzt der Anspruch auf
die Gewährung bezahlter Pausen nach § 6 Abs. 1 Satz 2 TVöD-F ebenso die Leistung von
Wechselschichtarbeit voraus. Gleichwohl handelt es sich um zwei verschiedene
Ansprüche, die nicht unmittelbar voneinander abhängen und insgesamt unterschiedliche
Anspruchsvoraussetzungen haben. Durch die Klageerweiterung vom 20. Oktober 2011
sind nur die Zeitgutschriftansprüche für die Zeit ab April 2011, fällig nicht vor Ende April
2011, rechtzeitig geltend gemacht worden. Ansprüche für die Vormonate sind hingegen
verfallen. Insgesamt hat die Beklagte dem Kläger deshalb noch 55,5 Stunden auf seinem
Arbeitszeitkonto gutzuschreiben.
63 III. Ein Anspruch auf Überstundenzuschläge (Antrag zu 4.) nach § 8 Abs. 1 Satz 1 TVöD-F
besteht nicht.
64 Es kann dahinstehen, ob die nicht gutgeschriebenen Pausenzeiten als zuschlagpflichtige
Überstunden iSv. § 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a iVm. § 7 Abs. 7, Abs. 8 Buchst. c TVöD-F
anzusehen sind (vgl. zum Begriff der Überstunden bei Wechselschichtarbeit im TVöD:
BAG 25. April 2013 - 6 AZR 800/11 -). Auch wenn dies der Fall sein sollte, ist der
Anspruch durch die Pauschalzahlung nach § 7.1 Abs. 3 TVöD-F abgegolten.
65 Der Kläger erhält als Beschäftigter im Rampendienst gemäß § 7.1 Abs. 3 TVöD-F zum
Ausgleich für Zeitzuschläge nach § 8 Abs. 1 pauschal einen Zuschlag in Höhe von 12 vH.
des Entgelts der Stufe 3 seiner Entgeltgruppe. Diesen Anspruch hat die Beklagte erfüllt,
wie zwischen den Parteien außer Streit steht. Ein Anspruch auf Überstundenzuschläge
nach § 8 Abs. 1 TVöD-F scheidet daneben aus.
66 IV. Ein Anspruch auf Zusatzurlaub für ständige Wechselschichtarbeit (Antrag zu 5.) gemäß
§ 27 Abs. 1 Buchst. a TVöD-F besteht nicht.
67 1. Der Antrag ist zulässig. Er ist auf die Gewährung einer bestimmten Anzahl von
Urlaubstagen für einen bestimmten Zeitraum gerichtet (vgl. dazu BAG 21. September 2010
- 9 AZR 486/09 - Rn. 16).
68 2. Der Klageantrag ist unbegründet.
69 a) Ein Anspruch auf Zusatzurlaub für ständige Wechselschichtarbeit nach § 27 Abs. 1
Buchst. a TVöD-F besteht, wenn der Beschäftigte ständig Wechselschichtarbeit leistet und
ihm die Zulage nach § 8 Abs. 5 Satz 1 TVöD-F zusteht. Nach dem eindeutigen
Tarifwortlaut handelt es sich um eine weitere Tatbestandsvoraussetzung für den Anspruch
(allgM: Welkoborsky in Bepler/Böhle/Meerkamp/ Stöhr TVöD Stand Juli 2013 § 27 Rn. 1;
Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD § 27 Rn. 15;
Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand September 2013 § 27 Rn. 10; Nachtwey
in Sponer/Steinherr TVöD § 27 Rn. 39).
70 b) Beschäftigte, für die aufgrund der Übergangsregelung des § 23 Abs. 2 TVÜ-VKA der
TV Schichtlohnzuschlag weiter gilt, könnten damit keinen Anspruch auf Zusatzurlaub
erlangen. Dies entsprach nicht dem Willen der Tarifvertragsparteien, wie sich aus der
Niederschriftserklärung zu § 23 Abs. 2 TVÜ-VKA ergibt. Danach bleibt deren Anspruch auf
Zusatzurlaub nach § 27 TVöD von der Übergangsregelung unberührt (Satz 2) und die
nach den weiter anzuwendenden Tarifverträgen zustehenden Zulagen und Zuschläge
treten als Anspruchsvoraussetzung anstelle der Zulagen nach § 8 Abs. 5 Satz 1 und
Abs. 6 Satz 1 TVöD (Satz 3). Damit setzt ein Anspruch auf Zusatzurlaub nach § 27 Abs. 1
Buchst. a TVöD-F im Fall des Klägers neben der Leistung von Wechselschichtarbeit
voraus, dass ihm ein Schichtlohnzuschlag nach § 1 Abs. 1 TV Schichtlohnzuschlag
zusteht. Dies war im Streitzeitraum nicht der Fall (vgl. oben zu I).
71 Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob ein Zusatzurlaubsanspruch aus dem
Zeitraum September bis Dezember 2010 bereits verfallen wäre (vgl. dazu BAG
12. Dezember 2012 - 10 AZR 192/11 - Rn. 28 f. [zu § 27 TVöD-K]).
72 V. Die Kostentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Mikosch
Schmitz-
Scholemann
W.
Reinfelder
Fieback
Rigo
Züfle