Urteil des BAG vom 12.12.2007

BAG (vereinbarung, wirkung, arbeitsverhältnis, leistung des arbeitgebers, vergütung, höhe, betriebsübergang, arbeitszeit, tarifvertrag, zahlung)

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 12.12.2007, 4 AZR 998/06
Vertragsauslegung - Tarifvertrag - zwingende Wirkung - Betriebsübergang
Leitsätze
Bei einer Kollision tariflich begründeter Ansprüche eines Arbeitnehmers mit - ungünstigeren -
einzelvertraglichen Vereinbarungen führt die zwingende Wirkung des Tarifvertrages lediglich dazu, dass
die vertraglichen Vereinbarungen für die Dauer der Wirksamkeit des Tarifvertrages verdrängt werden.
Endet die Wirksamkeit des Tarifvertrages, können die individualvertraglichen Vereinbarungen (erneut)
Wirkung erlangen.
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm
vom 19. September 2006 - 9 Sa 266/06 - wird insoweit zurückgewiesen, als das
Landesarbeitsgericht die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des
Arbeitsgerichts Bielefeld vom 11. Januar 2006 - 3 Ca 1113/05 - hinsichtlich der
Zinsansprüche auf den Zahlungsanspruch aus dem Klageantrag zu 1. für die
Zeit vom 1. bis 3. Februar 2005 und auf den Zahlungsanspruch aus dem
Klageantrag zu 2. für die Zeit vom 1. bis 3. März 2005 zurückgewiesen hat.
2. Im Übrigen wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom
19. September 2006 - 9 Sa 266/06 - aufgehoben:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom
11. Januar 2006 - 3 Ca 1113/05 - teilweise abgeändert.
a) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 223,20 Euro brutto und 77,81 Euro
netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
seit dem 4. Februar 2005 zu zahlen.
b) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 303,52 Euro brutto und 40,16 Euro
netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
seit dem 4. März 2005 zu zahlen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten über die der Klägerin nach einem Betriebsübergang zu zahlende Vergütung.
2 Die Klägerin war seit dem 1. Januar 1996 bei der C GmbH (im Folgenden: Veräußerin) als
Bäckereifachverkäuferin beschäftigt. Mit fünf weiteren Mitarbeiterinnen, von denen zwei wie die
Klägerin selbst Mitglied der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) sind, war sie in
dem Cafébetrieb der Städtischen Krankenanstalt Mitte in B tätig. Einen schriftlichen Arbeitsvertrag
schlossen die Klägerin und die Veräußerin seinerzeit nicht. Kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit
galten für das Arbeitsverhältnis der zwischen dem Verband des Rheinischen Bäckerhandwerks
und dem Bäckerinnungs-Verband Westfalen-Lippe einerseits und der Gewerkschaft NGG,
Landesbezirk NRW, andererseits geschlossene Manteltarifvertrag für das Bäckerhandwerk in
NRW vom 26. März 1999 (im Folgenden: MTV Bäckerhandwerk) sowie der zwischen denselben
Verbänden abgeschlossene Lohn- und Gehaltstarifvertrag für das Bäckerhandwerk in NRW und
den Regierungsbezirken Koblenz/Trier vom 14. Januar 2004 (im Folgenden: LTV
Bäckerhandwerk). Danach betrug seit dem 1. April 2004 das Monatsgehalt in der für die Klägerin
einschlägigen Berufsgruppe und Einstufung (Bäckereifachverkäuferinnen ab dem fünften
Berufsjahr) 1.677,00 Euro.
3 Mit Schreiben vom 5. November 2004 und einer nachträglichen Korrektur unterrichtete die
Beklagte die Klägerin von dem für den 1. Januar 2005 beabsichtigten Übergang des Cafébetriebs
auf sie. Weiter teilte die Beklagte der Klägerin in dem Schreiben mit, dass bisher die Tarifverträge
des Bäckerhandwerks Anwendung fänden, bei ihr aber die Tarifverträge für das
Gaststättengewerbe gölten, wonach der Klägerin ein Stundenlohn von 8,60 Euro zustehe.
4 Am 24. November 2004 schlossen die Klägerin und die Veräußerin einen schriftlichen
Arbeitsvertrag. Der Vertrag lautet auszugsweise wie folgt:
“Arbeitsvertrag (ohne Tarifbindung)
zwischen
und
-
Arbeitgeber-
-Arbeitnehmerin-
werden hiermit auf Grundlage des Nachweisgesetzes auf Verlangen der Arbeitnehmerin die
wesentlichen Vertragsbedingungen nachgewiesen und vereinbart.
4.
Vergütung
Die Arbeitnehmerin erhält eine Vergütung von 10,04 Euro/Stunde. Für
Sonntagsarbeit wird hierauf ein Zuschlag von 50 %, für Feiertagsarbeit ein
Zuschlag von 125 % gezahlt.
5.
Arbeitszeit
Die regelmäßige durchschnittliche Arbeitszeit beträgt 167 Stunden im Monat.
Diese wird an 5 Tagen pro Woche jeweils von Montag bis Sonntag abgeleistet.
6.
Urlaubsanspruch
Der jährliche Urlaubsanspruch beträgt 29 Arbeitstage.
7.
Kündigungsfristen
Es gelten die gesetzlichen Fristen aus §622 BGB.
8.
Sonstige Vereinbarungen
Die Vergütung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie Vermögenswirksamen
Leistungen und Altersversorgung erfolgt in Anlehnung an die Tarifverträge für das
Bäckerhandwerk in NRW.
Sonstige Nebenabreden bestehen nicht.”
5 Die fünf Kolleginnen der Klägerin aus demselben Cafébetrieb erhielten gleichlautende Verträge, die
nur in der jeweiligen Vergütung differierten.
6 Die Beklagte übernahm zum 1. Januar 2005 das Café in der Städtischen Krankenanstalt Mitte. Sie
ist Mitglied des Arbeitgeberverbands Deutscher Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). Dessen
Landesverband NRW und die NGG schlossen den Manteltarifvertrag für das Gaststätten- und
Hotelgewerbe des Landes Nordrhein-Westfalen vom 23. März 1995 (im Folgenden: MTV Dehoga),
der eine Regelung über einen Feiertagszuschlag, jedoch keine über einen Sonntagszuschlag
enthält, sowie am 15. Juli 2004 einen Entgelttarifvertrag mit Regelungen über die
Monatsbruttoentgelte ab dem 1. August 2004.
7 Die Beklagte vergütete die Klägerin seit dem 1. Januar 2005 entsprechend den Dehoga-
Tarifverträgen. Sonntagszuschläge zahlte sie nicht. Feiertagszuschläge wurden dagegen gemäß
den vertraglichen Vereinbarungen in höherem als dem tariflich vorgesehenen Umfang sowohl der
Klägerin als auch ihren Kolleginnen gezahlt. Die nicht in der NGG organisierten Mitarbeiter des
Cafés in der Städtischen Krankenanstalt Mitte entlohnte die Beklagte auch im Grundlohn gemäß
den vertraglichen Absprachen vom 24. November 2004.
8 Mit Schreiben vom 1. März 2005 verlangte die Klägerin von der Beklagten erfolglos die Zahlung
von Differenzlohnansprüchen sowie Sonntagszuschlägen für die Monate Januar und Februar 2005
entsprechend der Vereinbarung vom 24. November 2004 zu Arbeitszeit, Stundenlohn und
Sonntagszuschlag in rechnerisch unstreitiger Höhe.
9 Zur Begründung ihrer daraufhin erhobenen Zahlungsklage hat die Klägerin die Auffassung
vertreten, die Ansprüche stünden ihr aus der arbeitsvertraglichen Vereinbarung vom
24. November 2004 zu, deren Regelungen nach dem Betriebsübergang als gegenüber dem
Tarifwerk für das Gaststätten- und Hotelgewerbe günstigere Absprachen fortgelten würden. Die
Besserstellung der nicht organisierten Arbeitnehmer stelle eine nach § 612a BGB unzulässige
Maßregelung wegen der Gewerkschaftszugehörigkeit dar. Die Beklagte schulde auch aus diesem
rechtlichen Gesichtspunkt die Erfüllung der Klageforderungen.
10 Sie hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 223,20 Euro brutto und 77,81 Euro netto
nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
1. Februar 2005 zu zahlen,
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 303,52 Euro brutto und 40,16 Euro netto
nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
1. März 2005 zu zahlen.
11 Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, die
arbeitsvertraglichen Absprachen enthielten hinsichtlich Stundenvergütung und
Sonntagszuschlägen keine gegenüber den Tarifverträgen des Bäckerhandwerks günstigeren
Absprachen. Die Ablösung der Bestimmungen des MTV Bäckerhandwerks folge aus § 613a
Abs. 1 Satz 3 BGB. Die nicht gewerkschaftlich organisierten Mitarbeiter habe sie entsprechend
den arbeitsvertraglichen Absprachen behandelt, weil hier das Tarifrecht des Gaststätten- und
Hotelgewerbes keine Anwendung finde. Im Übrigen seien die vertraglichen Vereinbarungen über
den Grundlohn und die Sonntagszuschläge auf Grund der zwingenden Wirkung des für das
Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Veräußerin geltenden MTV und LTV Bäckerhandwerk nichtig
und könnten später nicht wieder “aufleben”.
12 Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der vom
Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Klageforderungen weiter. Die
Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
13 Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts hat sie
einen Anspruch auf die geltend gemachten Vergütungsteile.
14 I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass die Bestimmungen in
der Vereinbarung vom 24. November 2004 zum Stundenlohn als deklaratorischer Verweis auf die
Tarifverträge des Bäckerhandwerks zu verstehen seien und deshalb keine vertraglichen
Ansprüche begründeten, die seit dem Betriebsübergang gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB
gegenüber der Beklagten fortbestünden. Eine Transformation der tariflichen Arbeitsbedingungen
des Bäckerhandwerks in individualrechtliche Ansprüche nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB scheide
aus, weil die tariflichen Arbeitsbedingungen des Bäckerhandwerks gemäß § 613a Abs. 1 Satz 3
BGB durch die bei der Beklagten kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit geltenden Tarifverträge für
das Gaststätten- und Hotelgewerbe verdrängt worden seien. Dies gelte auch für die
Tarifbestimmungen zu Sonntagszuschlägen. Die Auslegung des MTV Dehoga ergebe, dass die
Tarifvertragsparteien keinen Zuschlag für Sonntagsarbeit hätten gewähren wollen. Ein Anspruch
aus der arbeitsvertraglichen Regelung zu Sonntagszuschlägen scheitere daran, dass die im
Verhältnis zur Veräußerin tarifwidrige Regelung keine vertragliche Absprache sein könne, die nach
dem Günstigkeitsprinzip aus § 4 Abs. 3 TVG neben den nunmehr geltenden Tarifverträgen
Anwendung finden könne. Ein Anspruch folge schließlich weder aus dem arbeitsrechtlichen
Gleichbehandlungsgrundsatz noch aus dem Maßregelungsverbot. Die ungünstigere Behandlung
der Mitarbeiterinnen, die einer Gewerkschaft angehörten, sei Folge der gesetzlichen Regelung in
§ 613a Abs. 1 BGB.
15 II. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin ist begründet. Abgesehen von einem kleinen Teil
der Zinsforderung hat das Landesarbeitsgericht die klageabweisende Entscheidung des
Arbeitsgerichts zu Unrecht bestätigt. Der Klägerin stehen die geltend gemachten
Vergütungsdifferenzen aus dem Arbeitsvertrag zu. Die Veräußerin hat sich arbeitsvertraglich
wirksam zur Zahlung der angegebenen Stundenvergütung und Sonntagszuschläge verpflichtet.
Diese Vereinbarungen waren während der Geltung des für die Klägerin günstigeren MTV/LTV
Bäckerhandwerk in ihrer Wirkung durch die tariflichen Normen verdrängt. In diese nach Wegfall
der Tarifverträge des Bäckerhandwerks wieder wirksamen Verpflichtungen ist die Beklagte nach
§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB mit dem Betriebsübergang eingetreten. Eine Ablösung dieser
Vereinbarungen durch den MTV/LTV Dehoga gemäß § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB kommt deshalb
nicht in Betracht. Als gegenüber den Dehoga-Tarifbestimmungen günstigere arbeitsvertragliche
Abmachungen begründen die vertraglichen Regelungen zur Stundenvergütung und zum
Sonntagszuschlag die in der Höhe rechnerisch unstreitigen klägerischen Ansprüche.
16 1. Gemäß Ziff. 4 der Vereinbarung vom 24. November 2004 hat sich die Veräußerin
einzelvertraglich zur Zahlung eines Stundenlohnes von 10,04 Euro brutto und eines Zuschlages für
Sonntagsarbeit von 50 % verpflichtet. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts liegt
auch hinsichtlich der Stundenvergütung eine konstitutive vertragliche Regelung vor. Dies ergibt die
Auslegung der Vereinbarung.
17 a) Die Auslegung der Vereinbarung vom 24. November 2004 zwischen der Klägerin und der
Veräußerin zur Höhe der Vergütung ist durch das Revisionsgericht uneingeschränkt überprüfbar.
18 aa) Die Auslegung von typischen Vertragsklauseln ist der Überprüfung durch das Revisionsgericht
zugänglich (st. Rspr. zB Senat 19. März 2003 - 4 AZR 331/02 - BAGE 105, 284, 286;
13. September 2006 - 4 AZR 803/05 - ZTR 2007, 151; BAG 23. November 2004 - 9 AZR 595/03 -
BAGE 112, 376, 380 mwN) . Dabei sind sie nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn
einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter
Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei
die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde
zu legen sind (BAG 31. August 2005 - 5 AZR 545/04 - BAGE 115, 372, 381; 15. Februar 2007 -
6 AZR 286/06 - AP BGB § 620 Aufhebungsvertrag Nr. 35 = EzA BGB 2002 § 611
Aufhebungsvertrag Nr. 6; BGH 21. September 2005 - VIII ZR 284/04 - NJW 2005, 3567) .
19 bb) Typische Vertragsklauseln liegen vor, weil die Veräußerin mit der Klägerin und allen fünf
weiteren Mitarbeiterinnen des Krankenhauscafés gleichlautende Vereinbarungen getroffen hat, die
sich lediglich hinsichtlich der konkret vereinbarten Vergütungshöhe unterschieden.
20 b) Die Auslegung der Vereinbarung vom 24. November 2004 ergibt, dass die Veräußerin sich zur
Zahlung eines Stundenlohnes von 10,04 Euro brutto und eines Sonntagszuschlages von 50 % an
die Klägerin verpflichtet hatte.
21 aa) Dafür spricht zunächst der Wortlaut der Vereinbarung, anhand dessen sich deren Inhalt
weitgehend ohne Heranziehung weiterer außervertraglicher Fakten bestimmen lässt.
22 (1) Sie ist überschrieben mit “Arbeitsvertrag”, was darauf schließen lässt, dass hier eine
konstitutive Vereinbarung der vertragsschließenden Parteien geschlossen oder dokumentiert wird,
die den Inhalt des Arbeitsverhältnisses unmittelbar regelt.
23 (2) Mit der Zusatzangabe “(ohne Tarifbindung)” haben die Parteien des Arbeitsverhältnisses zum
Ausdruck gebracht, dass die Vereinbarung auch und gerade für den Fall gelten soll, dass das
Arbeitsverhältnis nicht (mehr) den Tarifverträgen des Bäckerhandwerks unterfallen würde. Über
eine Kenntnis der Veräußerin über die Gewerkschaftszugehörigkeit der Arbeitnehmerinnen hat das
Landesarbeitsgericht keine Feststellungen getroffen. Aus der Tatsache, dass alle Arbeitsverträge
ua. dieselbe Überschrift aufweisen und die Arbeitsverhältnisse auch entsprechend gleichförmig
durchgeführt wurden, wird deutlich, dass die Absicht der Gleichbehandlung der Mitarbeiterinnen
des Cafés hinsichtlich Stundenvergütung und Arbeitszeit ungeachtet ihrer
Gewerkschaftszugehörigkeit bestand, wie sie auch in der Überschrift ihren Ausdruck fand.
24 Die Wertung des Landesarbeitsgerichts, dieser Passus der Vereinbarung habe - im Ergebnis
vergeblich - bezweckt, eine bestehende Tarifgebundenheit zu beseitigen, teilt der Senat nicht. Bei
der Auslegung von Willenserklärungen ist der Erfahrungssatz zu beachten, dass
Arbeitsvertragsparteien regelmäßig keine Vereinbarungen treffen wollen, die zu rechtswidrigen
oder nichtigen Arbeitsvertragsbedingungen führen (BAG 20. August 1996 - 9 AZR 471/95 - BAGE
84, 17, 20) . Der Veräußerin musste es als Verbandsmitglied bewusst sein, dass sie an die von
ihrem Verband geschlossenen Tarifverträge gebunden ist. Es kann ohne weitere Anhaltspunkte
nicht davon ausgegangen werden, dass ein Arbeitgeber, der einem tarifschließenden Verband
angehört, ernsthaft der Auffassung ist, er könne sich gegenüber seinen gewerkschaftsangehörigen
Arbeitnehmern durch eine bloße Vereinbarung von der Geltung des Tarifvertrages befreien. Solche
Anhaltspunkte sind hier nicht gegeben.
25 Ebenso wenig kann die Wendung als - unzutreffende - Wiedergabe des Kenntnisstands der
Parteien verstanden werden, es finde tatsächlich kein Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis
Anwendung. Eine solche Auslegung wäre widersprüchlich, weil sie unterstellt, die Vertragsparteien
seien einerseits davon ausgegangen, ihr Arbeitsverhältnis unterfalle keinem Tarifvertrag, hätten
andererseits jedoch - so das Landesarbeitsgericht - deklaratorisch die Rechtsfolgen der
Tarifgeltung benannt.
26 (3) Aus der Eingangsformel ergibt sich, dass “die wesentlichen Vertragsbedingungen
nachgewiesen und vereinbart” werden sollen. Dabei ist es nicht entscheidend, ob die
Vertragsbedingungen mit der Vereinbarung neu und konstitutiv geregelt werden sollen, oder ob die
Niederschrift den Inhalt einer zuvor mündlich getroffenen Vereinbarung wiedergeben soll. Denn
beide Möglichkeiten führen zu einer inhaltlichen Bestimmung des zu diesem Zeitpunkt
verbindlichen Arbeitsvertragsinhaltes, der aus der nachfolgenden Niederschrift unmittelbar
abzulesen ist.
27 (4) Die ersten drei Ziffern der Vereinbarung bezeichnen den Arbeitsbeginn, den Arbeitsort und die
konkrete Tätigkeit der Klägerin. Dies entspricht einem Nachweis iSv. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 4
und 5 NachwG.
28 (5) Die folgenden Ziffern 4 bis 7 enthalten ohne Bezugnahme auf einen Tarifvertrag eigenständige
Regelungen, die aus sich heraus verständlich sind und einzelne Komplexe abschließend regeln. In
Ziff. 8 erfolgt ein Hinweis auf die inhaltlichen Regelungen der Tarifverträge des Bäckerhandwerks,
an die das Arbeitsverhältnis - nur - hinsichtlich bestimmter, von der Formulierung her als
abschließend zu verstehender Sachkomplexe angelehnt werden soll.
29 bb) Eine lediglich deklaratorische Wiedergabe des Inhaltes der Tarifverträge des
Bäckerhandwerks durch den Arbeitsvertrag “ohne Tarifbindung” ist auch nach dem Inhalt der
Vereinbarung vom 24. November 2004 ausgeschlossen. Es widerspricht schon der ganz
überwiegenden betrieblichen Praxis, die anzuwendenden Tarifverträge allein dadurch rein
deklaratorisch nachzuweisen, dass einzelne Bestimmungen der anzuwendenden Tarifverträge
inhaltlich wiedergegeben werden, während der viel einfachere, an sich ausreichende, weil alle
Tarifregelungen vollständig umfassende, allgemeine Hinweis nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10, Abs. 3
NachwG im Nachweis fehlt. Das Landesarbeitsgericht kommt im Übrigen auch zu Unrecht zu
dem Schluss, dass die Vereinbarung “exakt die Arbeitsbedingungen wiedergibt, die in den
tariflichen Regelungen des Bäckerhandwerks niedergelegt sind”. Dies ist nicht der Fall, wie ein
Vergleich der beiden Regelwerke ergibt. Im Gegenteil ist nahezu in jeder einzelnen vereinbarten
Regelung eine Abweichung von den tarifvertraglichen Bestimmungen des Bäckerhandwerks
enthalten.
30 (1) Die ersten drei Ziffern der Vereinbarung sind die individuellen Daten der Klägerin entsprechend
der vertraglichen Vereinbarung und weisen deshalb notwendigerweise keinerlei Bezug zu den
Tarifverträgen des Bäckerhandwerks auf.
31 (2) Die Vergütung ist in der Vereinbarung mit 10,04 Euro pro Stunde angegeben. Im LTV
Bäckerhandwerk ist die Vergütung nicht in Form eines Stundenlohnes, sondern in Form eines
Monatslohnes festgelegt. In der tariflichen Vergütungsgruppe der Klägerin zum Zeitpunkt der
Vereinbarung betrug er 1.677,00 Euro (§ 3 LTV Bäckerhandwerk). Dies entsprach zwar nicht ganz
exakt, aber in etwa der Vergütung, die die Klägerin unter Zugrundelegung des individuell
vereinbarten Stundenlohnes und einer regelmäßigen monatlichen Arbeitszeit von 167 Stunden mit
1.676,68 Euro erzielte.
32 (3) Für Sonntagsarbeit enthält der Vertrag zwischen der Klägerin und der Veräußerin eine
Zuschlagspflicht von 50 %. Der MTV Bäckerhandwerk sieht stattdessen einen Sonntagszuschlag
von 75 % zum Stundenlohn vor (§ 6 Ziff. 3 MTV Bäckerhandwerk).
33 (4) Der Feiertagszuschlag, der zwischen den Parteien des Arbeitsverhältnisses vereinbart ist und
den die Veräußerin der Klägerin auch unstreitig bis zum Betriebsübergang gezahlt hat, ist in der
Vereinbarung vom 24. November 2004 mit 125 % vereinbart. Im Tarifvertrag dagegen gilt lediglich
ein Zuschlag von 100 % und auch dieser nur an lohnzahlungspflichtigen Wochen-Feiertagen (§ 6
Ziff. 4 MTV Bäckerhandwerk).
34 (5) Der Tarifvertrag sieht eine Anrechnung der Zuschläge in der Form vor, dass beim
Zusammentreffen mehrerer Zuschläge nur der höchste von ihnen zu zahlen ist (§ 6 Ziff. 5 MTV
Bäckerhandwerk). Eine entsprechende Einschränkung findet sich in der Vereinbarung vom
24. November 2004 nicht.
35 (6) Auch die Arbeitszeit, die in Ziff. 5 der Vereinbarung geregelt ist, entspricht nicht exakt den
tariflichen Vorgaben. Zwar ist die regelmäßige monatliche Arbeitszeit mit 167 Stunden jedenfalls im
Ergebnis mit der tariflichen regelmäßigen Arbeitszeit von 38,5 Wochenstunden (§ 5 Ziff. 1 MTV
Bäckerhandwerk) identisch. Die Vereinbarung sieht aber eine Ableistung dieser Arbeitszeit an
lediglich fünf Wochentagen vor. Eine entsprechende Einschränkung enthält der MTV
Bäckerhandwerk nicht. Er geht im Gegenteil ausdrücklich von der Alternative aus, die Arbeit an
fünf oder sechs Wochentagen abzuleisten (§ 5 Ziff. 7 MTV Bäckerhandwerk).
36 (7) Der in der Vereinbarung vom 24. November 2004 geregelte Urlaubsanspruch der Klägerin
beträgt 29 Arbeitstage. Der MTV Bäckerhandwerk sieht dagegen eine Urlaubsregelung auf der
Basis von Werktagen vor, deren Zahl sich nach dem Lebensalter und der Dauer der
ununterbrochenen Beschäftigung des Arbeitnehmers in Betrieben des Bäckerhandwerks richtet.
Dabei ergibt sich aus den entsprechenden Daten der Klägerin ein Anspruch auf einen
Jahresurlaub von 34 Werktagen (§ 11 Ziff. 3 MTV Bäckerhandwerk). Dies entspricht nach der in
§ 11 Ziff. 4 MTV Bäckerhandwerk enthaltenen Umrechnungstabelle von Urlaubs-Werktagen auf
Urlaubs-Arbeitstage, je nach 5- oder 6-Tage-Woche, einem tariflichen Jahresurlaub von lediglich
28 Arbeitstagen.
37 Darüber hinaus liegt auch insofern eine Abweichung von der Tarifregelung vor, als die vereinbarte
Jahresurlaubsdauer von 29 Arbeitstagen statisch ist, während sich der Umfang des
Urlaubsanspruchs nach dem MTV Bäckerhandwerk - bezogen auf die Klägerin und ihre
persönlichen Daten - dynamisch entwickelt. So hätte sich der tarifliche Urlaubsanspruch der
Klägerin am 1. Januar 2006 auf 35 Werktage und am 1. Januar 2009 auf 36 Werktage erhöht, was
nach der genannten Umrechnungstabelle 29 bzw. 30 Arbeitstagen entsprochen hätte.
38 (8) Als für das Arbeitsverhältnis maßgebliche Kündigungsfristen sollen nach der Vereinbarung
vom 24. November 2004 die gesetzlichen Fristen aus § 622 BGB gelten. Diese weichen von den
in § 4 MTV Bäckerhandwerk geregelten tariflichen Kündigungsfristen dahingehend ab, dass sie in
§ 622 Abs. 2 BGB insgesamt sieben Stufen der Verlängerung der Kündigungsfrist in Abhängigkeit
von der Bestandsdauer des Arbeitsverhältnisses vorsehen, während der Tarifvertrag nur vier
solche Stufen vorsieht und durch die Abweichungen dabei jeweils andere Kündigungsfristen für
den Arbeitgeber vorgesehen sind als bei Anwendung der gesetzlichen Regelungen.
39 2. Die auf diese Weise einzelvertraglich begründeten Verpflichtungen der Veräußerin zur Zahlung
einer Vergütung von 10,04 Euro pro Stunde und eines Sonntagszuschlages von 50 % sind durch
die vor dem Betriebsübergang geltenden Regelungen über die Zahlung eines Monatsgehaltes von
1.677,00 Euro bzw. eines Sonntagszuschlages von 75 % in den Tarifverträgen des
Bäckerhandwerks nicht nichtig geworden und ersatzlos entfallen, sondern lediglich verdrängt
worden. Mit Wegfall der Geltung der günstigeren tariflichen Regelungen entfalten diese
einzelvertraglichen Absprachen wieder Wirkung.
40 a) Der der Klägerin nach dem Tarifvertrag zustehende Grundlohn liegt zwar nur sehr geringfügig
über dem einzelvertraglich vereinbarten; gleichwohl ist er nicht identisch. Noch deutlicher wird die
Unterschreitung der tariflichen Verpflichtung bei der einzelvertraglichen Vereinbarung zum 50-
prozentigen Sonntagszuschlag, der im MTV Bäckerhandwerk mit 75 % geregelt ist.
41 b) Die entsprechenden Vereinbarungen waren deshalb tarifwidrig und wurden während der Geltung
der Tarifverträge zum Bäckerhandwerk bis zum Betriebsübergang durch die günstigeren
tariflichen Regelungen in ihrer Wirkung verdrängt. Dabei bedarf es im Streitfall zu der in der
Literatur diskutierten Frage der generellen Wirkung von Tarifnormen auf entgegenstehende
einzelvertragliche Vereinbarungen (vgl. dazu zB Wiedemann/Wank TVG 7. Aufl. § 4 Rn. 370 ff.)
keiner umfassenden allgemeinen Entscheidung. Jedenfalls dann, wenn arbeitsvertragliche
Vereinbarungen materieller Arbeitsbedingungen auf für das Arbeitsverhältnis geltende
Inhaltsnormen eines Tarifvertrages treffen, die für den Arbeitnehmer günstigere materielle
Mindestbedingungen für das unterworfene Arbeitsverhältnis enthalten, bedeutet die zwingende
Wirkung dieser Tarifnormen nicht, dass die Arbeitsvertragsregelungen nichtig sind und ungeachtet
jeglicher Änderung der Tariflage keinerlei Wirkung mehr entfalten. Vielmehr bleiben die
untertariflichen Vertragsbedingungen während der Zeit der Wirkung des Tarifvertrages von dessen
normativer Kraft verdrängt, können jedoch bei vollständigem Wegfall der günstigeren Tarifnormen
(etwa durch Betriebsübergang oder Ende des Tarifvertrages unter Ausschluss der Nachwirkung)
dann wieder Wirkung erlangen, wenn sie nicht erneut durch übergeordnete Normen (etwa eines
anderen, nunmehr geltenden Tarifvertrages, zB nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB) verdrängt
werden.
42 aa) Es ist seit langem weitgehend unbestritten, dass ein Tarifvertrag keine gestaltende Wirkung
auf den Inhalt des Arbeitsvertrages entfaltet. Inhaltsnormen eines Tarifvertrages werden nicht in
den Arbeitsvertrag inkorporiert. Sie gestalten den Inhalt des Arbeitsverhältnisses wie ein Gesetz
von außen. Das TVG ordnet die Geltung von Tarifnormen an (§ 4 Abs. 1 und Abs. 5) oder die
Erfassung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern (§ 5 Abs. 4). Tarifnormen werden daher nicht
Bestandteil des Arbeitsvertrages (vgl. nur Senat 14. Februar 1968 - 4 AZR 275/67 - BAGE 20, 308,
316; für die Lit. Wiedemann/Wank § 4 Rn. 304; HWK/Henssler 2. Aufl. § 4 TVG Rn. 3; aA wohl
lediglich Rieble Arbeitsmarkt und Wettbewerb Rn. 1225) .
43 bb) Die arbeitsvertragliche Vereinbarung einer Vergütung oder sonstigen Leistung des
Arbeitgebers, die unterhalb des tariflichen Niveaus liegt oder durch den nachfolgenden Abschluss
eines Tarifvertrages ungünstiger wird als die dort geregelte Leistung, verstößt nicht allein deshalb
gegen ein gesetzliches Verbot, weil sie für einen bestimmten Zeitraum einer für das
Arbeitsverhältnis geltenden günstigeren tariflichen Norm gegenübersteht. Regelungen, die
(einseitig) zwingende Wirkung entfalten, bedürfen zu ihrer Durchsetzung nicht notwendig der
Vorschrift des § 134 BGB; die zwingende Regelung lässt vielmehr schon von sich aus die Geltung
abweichender Abmachungen nicht zu (Flume Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II 4. Aufl.
§ 17 Anm. 2; Medicus Allgemeiner Teil des BGB 9. Aufl. § 43 Rn. 645) . Die zwingende Wirkung
des Tarifvertrages hat lediglich zur Folge, dass die Einzelvereinbarung in diesem Zeitraum keine
Geltung entfalten kann, von der tariflichen Wirkung verdrängt wird (Senat 18. Mai 1977 - 4 AZR
47/76 - BAGE 29, 182, 186; BAG 14. Februar 1991 - 8 AZR 166/90 - BAGE 67, 222, 225;
21. September 1989 - 1 AZR 454/88 - BAGE 62, 360, 376 mit zust. Anm. Löwisch AP BetrVG
1972 § 77 Nr. 43; Däubler/Deinert TVG 2. Aufl. § 4 Rn. 484 ff.; Kempen/Zachert/Stein TVG 4. Aufl.
§ 4 Rn. 15; Jacobs in Jacobs/Krause/Oetker Tarifvertragsrecht § 7 Rn. 6; Hromadka/Maschmann
Arbeitsrecht Band 2 4. Aufl. § 13 Rn. 276; Lieb/Jacobs Arbeitsrecht 9. Aufl. Rn. 470; Etzel NZA
1987 Beil. 1 S. 19, 23; Bayreuther Tarifautonomie als kollektiv ausgeübte Privatautonomie S. 214;
wohl auch ErfK/Franzen 8. Aufl. § 4 TVG Rn. 3; aA dagegen Löwisch/Rieble TVG 2. Aufl. § 4
Rn. 22, entgegengesetzt zur Vorauflage § 4 Rn. 52) . Die Privatautonomie soll durch die
zwingende Wirkung eines Tarifvertrages nicht mehr als notwendig eingeschränkt werden. Um die
Funktion der Inhaltsnormen eines Tarifvertrages als Mindestbedingungen der unterworfenen
Arbeitsverhältnisse sicherzustellen, bedarf es der Annahme einer endgültigen “Vernichtung” der
Individualvereinbarung nicht.
44 cc) Soweit der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts in einer Entscheidung vom
11. September 2003 von der Anwendbarkeit von § 134 BGB mit der Folge der Nichtigkeit einer
einzelvertraglichen Regelung ausgegangen ist (- 6 AZR 323/02 - BAGE 107, 272, 274) , betraf dies
eine andere Fallkonstellation. In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt ging es
in der Sache nicht um den Günstigkeitsvergleich zweier gleichgerichteter Leistungsverpflichtungen
des Arbeitgebers in unterschiedlicher Höhe, sondern um den einzelvertraglichen Verzicht eines
Arbeitnehmers auf tarifliche Rechte. Dieser ist wegen eines Verstoßes gegen das gesetzliche
Verbot des § 4 Abs. 4 Satz 1 TVG nichtig.
45 3. Die einzelvertraglich begründeten Verpflichtungen sind nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB mit dem
Übergang des Krankenhauscafés auf die Beklagte übergegangen.
46 Der Übergang eines Betriebsteiles und die grundsätzliche Geltung von § 613a Abs. 1 BGB ist
zwischen den Parteien nicht streitig. Unabhängig davon, dass bestimmte Verpflichtungen der
Veräußerin gegenüber der Klägerin auch tarifvertraglich-normativ begründet waren, haben die in
der Vereinbarung vom 24. November 2004 geregelten bzw. nachgewiesenen
Individualvertragsbedingungen individualrechtlichen Charakter und gehen entsprechend der in
§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB geregelten Rechtsfolge eines Betriebsteilüberganges auf den Erwerber
des Betriebsteiles über.
47 4. Die von der Beklagten vertretene Auffassung, die arbeitsvertraglichen Regelungen würden
wegen beiderseitiger Tarifgebundenheit an die Tarifverträge des Gaststätten- und Hotelgewerbes
nach dem Betriebsübergang gem. § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB nicht zur Anwendung kommen, geht
fehl. § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB betrifft lediglich die Arbeitsbedingungen, die durch Rechtsnormen
eines Tarifvertrages oder einer Betriebsvereinbarung normativ geregelt sind und ist damit auf nach
§ 613a Abs. 1 Satz 2 BGB im Arbeitsverhältnis fortwirkende Tarifnormen beschränkt. Deshalb
können gem. § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB lediglich die vorher normativ geltenden Tarifverträge des
Bäckerhandwerks durch die nunmehr ebenfalls normativ (kongruent) geltenden Dehoga-
Tarifverträge abgelöst werden. Die Anspruchsgrundlage für die klägerischen Ansprüche ist aber
die einzelvertragliche Vereinbarung über die Höhe der Vergütung und die Zahlung eines
Sonntagszuschlages. Diese ist - wie dargelegt - nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf das nunmehr
zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis übergegangen (vgl. dazu Senat 29. August
2007 - 4 AZR 767/06 -) .
48 5. Die danach bestehende Kollision zwischen den einzelvertraglichen Vereinbarungen zur
Stundenvergütung und zum Sonntagszuschlag und den entsprechenden, für das Arbeitsverhältnis
der Parteien wegen deren Tarifbindung geltenden Regelungen im MTV Dehoga und im LTV
Dehoga ist nach der gesetzlichen Kollisionsauflösungsregel in § 4 Abs. 3 TVG dahingehend zu
lösen, dass die der Klägerin günstigere Regelung gilt. Dies sind hier die jeweiligen
einzelvertraglichen Absprachen.
49 6. Die Höhe der Klageforderung steht zwischen den Parteien nicht im Streit. Die eingeklagte
Nettovergütung bezieht sich auf die Zuschläge für 15,5 bzw. 8 im Januar und Februar 2004 an
Sonntagen geleistete Arbeitsstunden. Die Steuer- und Beitragsfreiheit dieser Entgeltbestandteile
folgt aus § 3b Abs. 1 Nr. 2 EStG, § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV iVm. § 1
Arbeitsentgeltverordnung.
50 7. Zinsen in der eingeklagten Höhe kann die Klägerin aus § 187 Abs. 1, §§ 286, 288 BGB jeweils
ab dem 4. Februar bzw. 4. März 2005 beanspruchen. Der Verzugsbeginn folgt dabei aus § 5.3.3
MTV Dehoga, wonach die Auszahlung spätestens zum 3. Arbeitstag des auf den
Vergütungsmonat folgenden Monats zu erfolgen hat. Einen früheren Verzugseintritt hat die
Klägerin nicht dargetan. Deshalb ist die Klage wegen der Zinsforderung jeweils für die ersten drei
Tage der Monate Februar und März 2005 abzuweisen.
51 III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Bepler
Bepler
Creutzfeldt
Schmalz
Görgens