Urteil des BAG vom 15.01.2013

Öffentlicher Dienst - Urlaub - gesetzliche Feiertage

Siehe auch:
Pressemitteilung Nr. 1/13 vom 15.1.2013
BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 15.1.2013, 9 AZR 430/11
Öffentlicher Dienst - Urlaub - gesetzliche Feiertage
Leitsätze
Auch für die dem TVöD unterliegenden Arbeitsverhältnisse gilt der Grundsatz, dass an
gesetzlichen Feiertagen, an denen der Arbeitnehmer ansonsten nach Dienst- oder Schichtplan
zur Arbeit verpflichtet wäre, Urlaub unter Anrechnung auf den Urlaubsanspruch gewährt werden
kann.
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts
Hamm vom 10. März 2011 - 16 Sa 1677/10 - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten darüber, ob an gesetzlichen Feiertagen Urlaub mit erfüllender
Wirkung gewährt werden kann.
2 Der 1967 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit dem 12. Juni 1995 in der Abteilung
Bodenverkehrsdienst im Schichtdienst beschäftigt. Die Dienstplangestaltung sieht eine
Einteilung an allen Tagen in der Woche vor und folgt folgendem Raster:
- sieben Tage Nachtschicht (Montag bis Sonntag)
- drei Tage frei (Montag bis Mittwoch)
- sieben Tage Spätschicht (Donnerstag bis Mittwoch)
- zwei Tage frei (Donnerstag bis Freitag)
- sieben Tage Frühschicht (Samstag bis Freitag)
- zwei Tage frei (Samstag bis Sonntag)
3 An Feiertagen wird die Personalstärke nicht verändert. Sofern der Kläger an einem
Feiertag dienstplanmäßig eingeteilt ist und dieser Tag in seinen Erholungsurlaub fällt,
rechnet die Beklagte diesen als gewährten Urlaubstag ab.
4 Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit der Tarifvertrag
für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 in der jeweils geltenden Fassung
(TVöD) Anwendung. Dieser lautet in der ab 1. März 2012 geltenden Fassung des
Änderungstarifvertrags Nr. 7 vom 31. März 2012 auszugsweise:
㤠6
Regelmäßige Arbeitszeit
(3) …
3
Die regelmäßige Arbeitszeit vermindert sich für jeden gesetzlichen
Feiertag, sowie für den 24. Dezember und 31. Dezember, sofern sie auf
einen Werktag fallen, um die dienstplanmäßig ausgefallenen Stunden.
Protokollerklärung zu Absatz 3 Satz 3:
Die Verminderung der regelmäßigen Arbeitszeit betrifft die Beschäftigten,
die wegen des Dienstplans am Feiertag frei haben und deshalb ohne diese
Regelung nacharbeiten müssten.
§ 8
Ausgleich für Sonderformen der Arbeit
(1) Der/Die Beschäftigte erhält neben dem Entgelt für die tatsächliche
Arbeitsleistung Zeitzuschläge. Die Zeitzuschläge betragen je Stunde
d)
bei Feiertagsarbeit
- ohne Freizeitausgleich
135 v. H.,
- mit Freizeitausgleich
35 v. H.,
§ 26
Erholungsurlaub
(1) …
2
Bei Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf fünf Tage in der
Kalenderwoche beträgt der Urlaubsanspruch in jedem Kalenderjahr
29 Arbeitstage und nach dem vollendeten 55. Lebensjahr 30 Arbeitstage. …
(2) Im Übrigen gilt das Bundesurlaubsgesetz mit folgenden Maßgaben:
…“
5 Im Bundes-Angestelltentarifvertrag vom 23. Februar 1961 (BAT) ist ua. bestimmt:
㤠48
Dauer des Erholungsurlaubs
(4) Arbeitstage sind alle Kalendertage, an denen der Angestellte
dienstplanmäßig oder betriebsüblich zu arbeiten hat oder zu arbeiten hätte,
mit Ausnahme der auf Arbeitstage fallenden gesetzlichen Feiertage, für die
kein Freizeitausgleich gewährt wird. …“
6 Der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder vom 12. Oktober 2006 (TV-L) lautet
auszugsweise:
㤠26
Erholungsurlaub
(1) …
3
Arbeitstage sind alle Kalendertage, an denen die Beschäftigten
dienstplanmäßig oder betriebsüblich zu arbeiten haben oder zu arbeiten
hätten, mit Ausnahme der auf Arbeitstage fallenden gesetzlichen Feiertage,
für die kein Freizeitausgleich gewährt wird. …“
7 Der Kläger ist der Auffassung, dass gesetzliche Feiertage mit Arbeitspflicht keine
Arbeitstage iSd. § 26 TVöD seien und daher seinen Urlaubsanspruch nicht mindern
könnten. Dieser § 48 Abs. 4 Satz 1 BAT zu entnehmende Rechtssatz müsse auch nach
Inkrafttreten des TVöD gelten. Andernfalls sei der Gleichheits- und der
Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt.
8 Der Kläger hat beantragt
festzustellen, dass solche Tage innerhalb eines durch ihn in Anspruch
genommenen Erholungsurlaubs, die gesetzliche Feiertage sind, nicht als
Arbeitstage im Sinne der Bemessung der Urlaubsdauer gelten, auch wenn er an
diesen Tagen ohne Urlaubsinanspruchnahme hätte arbeiten müssen.
9 Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, von einer
Fortgeltung des § 48 Abs. 4 Satz 1 BAT sei nicht auszugehen, weil eine entsprechende
Regelung in § 26 TVöD nicht übernommen worden sei.
10 Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung
des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren
weiter.
Entscheidungsgründe
11 A. Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die
Berufung des Klägers gegen die klageabweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts zu
Recht zurückgewiesen.
12 I. Die Klage ist zulässig.
13 1. Sie ist bestimmt genug.
14 a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss der Antrag den Gegenstand, für den ein Recht
bejaht oder verneint wird, so genau bezeichnen, dass die eigentliche Streitfrage zwischen
den Parteien mit Rechtskraftwirkung entschieden werden kann (st. Rspr., vgl. zB BAG
15. September 2009 - 9 AZR 757/08 - Rn. 19, BAGE 132, 88).
15 b) Diesem Erfordernis wird der Antrag nach gebotener Auslegung gerecht. Ziel der Klage
ist die Feststellung, dass die Beklagte gesetzliche Feiertage, an denen der Kläger ohne
Urlaubsgewährung zur Arbeit verpflichtet wäre, nicht als Erfüllung auf seinen
Jahresurlaubsanspruch anrechnen darf.
16 2. Das für den Antrag nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere
Feststellungsinteresse ist gegeben (vgl. zu den Anforderungen: zB BAG 14. Dezember
2005 - 4 AZR 522/04 - Rn. 12 mwN, AP ZPO 1977 § 256 Nr. 94 = EzA ZPO 2002 § 256
Nr. 7). Durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag wird der zwischen den
Parteien fortdauernd bestehende Streit über die korrekte Urlaubsgewährung insgesamt
geklärt.
17 II. Die Klage ist unbegründet.
18 Entgegen der Auffassung des Klägers wird der tarifliche Gesamturlaubsanspruch durch
Freistellung an gesetzlichen Feiertagen, an denen der Kläger dienstplanmäßig zur Arbeit
eingeteilt ist und deshalb ohne Urlaubsgewährung zur Arbeitsleistung verpflichtet wäre,
erfüllt. Dies hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen.
19 1. Das folgt schon aus dem Gesetzesrecht.
20 a) Die Behandlung der Feiertage ist gesondert in §§ 9 bis 13 ArbZG und in § 2 EFZG
geregelt. Urlaubsrechtlich sind die Feiertage nur dadurch von Bedeutung, dass dann,
wenn die übliche Arbeitszeit schon durch einen Feiertag ausfällt und deshalb das
Arbeitsentgelt fortzuzahlen ist, dieser Tag für die Urlaubsgewährung nicht zur Verfügung
steht, da der Arbeitnehmer ohnehin keine Arbeitsleistung schuldet (BAG 9. September
2003 - 9 AZR 468/02 - zu II 4 der Gründe, EzA TVG § 4 Chemische Industrie Nr. 6). Denn
die Erfüllung eines Anspruchs auf Erholungsurlaub setzt voraus, dass der Arbeitnehmer
durch sog. Freistellungserklärung des Arbeitgebers zu Erholungszwecken von seiner
sonst bestehenden Arbeitspflicht befreit wird (vgl. nur BAG 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 -
Rn. 24, BAGE 130, 119). Dies ist auch an den gesetzlichen Feiertagen möglich und
notwendig, an denen der Arbeitnehmer ansonsten zur Arbeit verpflichtet wäre. Ohne die
Gewährung von Urlaub müsste der Arbeitnehmer - wie dienstplanmäßig vorgesehen - an
diesen Feiertagen arbeiten.
21 b) Entgegen der Auffassung des Klägers steht dem § 3 Abs. 2 BUrlG nicht entgegen.
22 Nach § 3 Abs. 2 BUrlG gelten als Werktage im Sinne des § 3 Abs. 1 BUrlG alle
Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind. Das Bundesurlaubsgesetz
verbietet damit nicht eine Anrechnung von gesetzlichen Feiertagen mit
Arbeitsverpflichtung auf den Erholungsurlaub (aA Neumann/Fenski BUrlG 10. Aufl. § 3
Rn. 27 unter Hinweis auf den als eindeutig bezeichneten Wortlaut von § 3 Abs. 2 BUrlG;
Bleistein in GK-BUrlG 5. Aufl. § 3 Rn. 23 f.; differenzierend
Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand Dezember 2012 § 26 Rn. 271, die eine
Anrechnung nach § 3 Abs. 2 BUrlG dann für unzulässig halten, wenn kein
Freizeitausgleich für den Feiertag gewährt wird). Sofern an einem gesetzlichen Feiertag
Arbeitspflicht besteht, ist er urlaubsrechtlich wie ein Werktag zu behandeln (st. Rspr.,
zuletzt BAG 15. November 2005 - 9 AZR 626/04 - Rn. 40 mwN, AP BGB § 611
Arbeitnehmerähnlichkeit Nr. 12 = EzA BUrlG § 2 Nr. 5). § 3 Abs. 2 BUrlG steht dem nicht
entgegen. Ausgehend von dem gesetzlichen Regelfall, dass § 9 ArbZG die Beschäftigung
der Arbeitnehmer an gesetzlichen Feiertagen verbietet, soll diese Vorschrift lediglich eine
Verkürzung des Urlaubsanspruchs durch Einbeziehung von Tagen verhindern, an denen
keine Arbeitspflicht besteht (vgl. im Ergebnis ebenso: zB ErfK/Gallner 13. Aufl. § 3 BUrlG
Rn. 19; Leinemann/Linck Urlaubsrecht 2. Aufl. § 3 BUrlG Rn. 27; Powietzka/Rolf BUrlG § 3
Rn. 21; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 104 Rn. 45; Hk-BUrlG/Hohmeister 2. Aufl. § 3
Rn. 24 ff.). Soweit ein Arbeitnehmer während eines geplanten Urlaubszeitraums
dienstplanmäßig an einem Feiertag arbeiten müsste, bedarf es auch für diesen Tag einer
Freistellung von der Arbeitspflicht; er zählt als Urlaubstag (vgl. im Ergebnis ebenso: BAG
11. August 1998 - 9 AZR 111/97 - zu I 2 b der Gründe).
23 2. Der TVöD trifft keine vom Gesetz abweichende Regelung.
24 a) Schon nach seinem Wortlaut schließt § 26 TVöD mit der Verwendung des Begriffs
„Arbeitstage“ als mögliche Urlaubstage alle Tage ein, an denen ein Arbeitnehmer zur
Arbeitsleistung verpflichtet ist.
25 aa) Urlaubstage werden in § 26 TVöD als „Arbeitstage“ bezeichnet. Der Senat hat
Arbeitstage iSd. § 26 Abs. 1 TVöD als alle Tage definiert, an denen der Arbeitnehmer zu
arbeiten hat (BAG 15. März 2011 - 9 AZR 799/09 - Rn. 20 mwN, BAGE 137, 221).
Dieselbe Definition wendet der Senat auch sonst zur Ausfüllung des Begriffs „Arbeitstag“
an (vgl. zB BAG 5. November 2002 - 9 AZR 470/01 - zu B I 1 der Gründe, AP TVG § 1
Tarifverträge: Chemie Nr. 15 = EzA TVG § 4 Chemische Industrie Nr. 4). Dieses
Verständnis entspricht dem allgemeinen Sprachgebrauch, wonach ein Arbeitstag ein Tag
ist, an dem Arbeit geleistet wird oder zu leisten ist (Duden Das große Wörterbuch der
deutschen Sprache 3. Aufl. Stichwort: „Arbeitstag“). In der Literatur wird der in § 26 TVöD
verwendete Begriff „Arbeitstage“ ebenfalls überwiegend definiert als alle Kalendertage, an
denen der Arbeitnehmer dienstplanmäßig zu arbeiten hat oder zu arbeiten hätte (vgl. zB
BeckOK B/B/M/S/Winter TVöD § 26 Rn. 6; Görg in Görg/Guth/Hamer/Pieper TVöD § 26
Rn. 13; Nollert-Borasio in Burger TVöD/TV-L 2. Aufl. § 26 Rn. 13; Nachtwey in
Sponer/Steinherr TVöD Stand Dezember 2012 Ordner 3 § 26 Rn. 149; Schwald in
Dörring/Kutzki TVöD § 26 Rn. 53).
26 bb) Dem Wortlaut des § 26 TVöD lässt sich auch kein Anhaltspunkt für einen Willen der
Tarifvertragsparteien entnehmen, dass für Feiertage, an denen eine Arbeitspflicht besteht,
eine Ausnahme gelten soll. Zu den Arbeitstagen gehören danach auch alle Feiertage, an
denen der Beschäftigte dienstplanmäßig zu arbeiten hat oder zu arbeiten hätte (vgl.
BeckOK B/B/M/S/Winter § 26 Rn. 8; KomTVöD/Schmidtke Stand Dezember 2012 § 26
TVöD Rn. 7; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Dezember 2012 § 26
Rn. 155). Damit bleibt es bei der Regelung des § 26 Abs. 2 TVöD, wonach im Übrigen das
Bundesurlaubsgesetz gilt.
27 b) Nach der Rechtsprechung des Senats kann Urlaub nur für solche Tage gewährt
werden, an denen der Arbeitnehmer aufgrund der Verteilung seiner Arbeitszeit andernfalls
hätte arbeiten müssen (st. Rspr., vgl. zuletzt BAG 15. März 2011 - 9 AZR 799/09 - Rn. 20
mwN, BAGE 137, 221). Deshalb sind von gewährten Urlaubstagen alle Arbeitstage, an
denen der Arbeitnehmer ohne die Gewährung von Urlaub hätte arbeiten müssen (ggf. inkl.
Sonn- und Feiertage), auf den tariflichen Urlaubsanspruch anzurechnen (vgl. BAG
5. November 2002 - 9 AZR 470/01 - zu B I 3 a der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge:
Chemie Nr. 15 = EzA TVG § 4 Chemische Industrie Nr. 4; AnwK-ArbR/Düwell 2. Aufl.
Bd. 2 § 3 BUrlG Rn. 7).
28 Wäre eine Anrechnung auf den Urlaub nicht möglich, könnte dem Arbeitnehmer an einem
gesetzlichen Feiertag, an dem er zur Arbeit verpflichtet ist, kein Urlaub gewährt werden; er
müsste während seines Urlaubs an diesem Tag arbeiten (vgl. zu § 3 BUrlG: Hk-
BUrlG/Hohmeister § 3 Rn. 26; Leinemann/Linck DB 1999, 1498, 1502) und am Feiertag
gegebenenfalls seinen Urlaub unterbrechen. Dies stünde im Widerspruch zu dem Gebot
der zusammenhängenden Urlaubsgewährung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 BUrlG.
29 c) Entgegen der Auffassung des Klägers haben die anderslautenden Regelungen des
§ 48 Abs. 4 Unterabs. 1 Satz 1 BAT und des § 26 Abs. 1 Satz 3 TV-L für die Auslegung
des TVöD keine Bedeutung.
30 aa) Die Vorgängervorschrift § 48 Abs. 4 Unterabs. 1 Satz 1 BAT enthielt eine
ausdrückliche Definition des Begriffs „Arbeitstage“. Danach waren urlaubsrechtlich die auf
Arbeitstage fallenden gesetzlichen Feiertage, für die kein Freizeitausgleich gewährt wird,
keine Arbeitstage. Gerade der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien dies bei der
Neuregelung des Urlaubsrechts im TVöD nicht übernahmen, spricht für eine bewusste
Änderung des bisher geltenden Tarifrechts.
31 (1) § 48 Abs. 4 Unterabs. 1 Satz 1 BAT sah ausdrücklich vor, dass ein auf einen
Wochentag fallender gesetzlicher Feiertag urlaubsrechtlich nicht als Arbeitstag zu
berücksichtigen war, wenn für diesen Tag kein Freizeitausgleich gewährt wurde. Befand
sich ein Beschäftigter an einem solchen Feiertag im Urlaub, war dieser nicht als
Urlaubstag anzurechnen (vgl. BeckOK B/B/M/S/Winter § 26 Rn. 8; Nachtwey in
Sponer/Steinherr § 26 Rn. 149.1; KomTVöD/Schmidtke § 26 TVöD Rn. 7).
32 (2) Diese Ausnahme sieht § 26 TVöD nicht mehr vor. Deshalb ist ein Feiertag, an dem ein
Beschäftigter dienstplanmäßig zur Arbeit eingeteilt ist, als Arbeitstag zu werten und auf
den Urlaub anzurechnen (vgl. im Ergebnis ebenso: Nachtwey in Sponer/Steinherr § 26
Rn. 149.1; Görg in Görg/Guth/Hamer/Pieper § 26 Rn. 14; BeckOK B/B/M/S/Winter § 26
Rn. 8; KomTVöD/Schmidtke § 26 TVöD Rn. 7; Nollert-Borasio in Burger § 26 Rn. 13;
Dassau/Wiesend-Rothbrust TVöD-V - VKA - 6. Aufl. § 26 Rn. 33).
33 (3) Hierbei handelt es sich entgegen der Auffassung des Klägers nicht um ein
Redaktionsversehen. § 26 TVöD ist eine gegenüber § 48 BAT nach Inhalt und
Tatbestandsvoraussetzungen veränderte Norm. Dies spricht dafür, dass die
Tarifvertragsparteien bewusst unter Abänderung des bisherigen Tarifrechts das
Urlaubsrecht neu ordnen wollten. Das Weglassen der bisherigen Definition kann deshalb
nur so aufgefasst werden, dass diese nicht mehr maßgeblich sein soll, sondern sich der
Inhalt des Begriffs „Arbeitstag“ nach allgemeinen Grundsätzen bestimmt.
34 bb) Auch die Tatsache, dass § 26 Abs. 1 Satz 3 TV-L anders als § 26 TVöD die Definition
in § 48 Abs. 4 Unterabs. 1 Satz 1 BAT übernahm, spricht gegen einen Willen der Parteien
des TVöD, diese Definition auch auf den Begriff des Arbeitstags in § 26 TVöD
anzuwenden.
35 Entgegen der Auffassung des Klägers kann nicht allein deshalb ein Redaktionsversehen
unterstellt werden, weil die Tarifvertragsparteien des TVöD (auf Arbeitgeberseite: die
Bundesrepublik Deutschland und die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände)
und des TV-L (auf Arbeitgeberseite: die Tarifgemeinschaft deutscher Länder) teilweise
verschieden sind. Ein solches Redaktionsversehen bei Abschluss des TVöD hätte
jedenfalls den Gewerkschaften beim späteren Abschluss des § 26 TV-L, in dem die
Definition ergänzt wurde, auffallen müssen. Sie unterließen es dennoch, vergleichbare
Änderungen im TVöD zu vereinbaren. Hinzu kommt, dass der Senat bereits im Jahr 2011
den Begriff „Arbeitstage“ abweichend von § 26 TV-L als alle Tage definierte, an denen der
Arbeitnehmer zu arbeiten hat (vgl. BAG 15. März 2011 - 9 AZR 799/09 - Rn. 20,
BAGE 137, 221). Dennoch wurde trotz Änderung von § 26 Abs. 1 TVöD durch den
Änderungstarifvertrag Nr. 7 vom 31. März 2012 keine § 26 Abs. 1 Satz 3 TV-L
entsprechende Regelung aufgenommen. Das Fehlen der Ausnahmeregelung für
Feiertage in § 26 TVöD kann deshalb nur als bewusste Auslassung ausgelegt werden.
36 d) Auch aus dem systematischen Zusammenhang mit den Tarifvorschriften § 6 Abs. 3
Satz 3 und § 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. d TVöD folgt entgegen der Auffassung der Revision
nicht das vom Kläger angenommene Auslegungsergebnis.
37 aa) Zwar ist dem Tarifzusammenhang zu entnehmen, dass die Tarifvertragsparteien den
Zweck verfolgen, den Arbeitnehmern unabhängig von ihrer aus dem Dienstplan
resultierenden Arbeitszeitverteilung eine dem Feiertag entsprechende zusätzliche
Bezahlung für einen nicht gearbeiteten Tag zu gewähren (§ 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD). Auf
diese Weise kommt auch dem Kläger außerhalb eines Urlaubszeitraums ein Feiertag
zugute, und zwar unabhängig davon, ob er an diesem zur Arbeit eingeteilt ist oder nicht.
38 (1) Für Arbeitnehmer, die an einem gesetzlichen Feiertag dienstplanmäßig zu arbeiten
hätten, bei denen die Arbeitszeit aber aufgrund des Feiertags gemäß § 9 ArbZG ausfällt,
besteht an diesem Tag keine Arbeitspflicht, dafür aber ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung
nach § 2 Abs. 1 EFZG.
39 (2) Für die Arbeitnehmer, die an einem gesetzlichen Feiertag dienstplanmäßig frei haben,
besteht keine Arbeitspflicht und kein Entgeltanspruch. Ihnen kommt aber im
Anwendungsbereich des TVöD nach § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD eine dem Feiertag
entsprechende Verringerung ihrer Soll-Arbeitszeit zugute, wenn der Arbeitgeber - wie
hier - die Feiertage bei der Dienstplangestaltung nicht gezielt ausspart (vgl. BAG
8. Dezember 2010 - 5 AZR 667/09 - Rn. 14, BAGE 136, 290).
40 (3) Für Arbeitnehmer, die an einem gesetzlichen Feiertag dienstplanmäßig zu arbeiten
haben (§ 10 ArbZG), besteht eine Arbeitspflicht mit Entgeltanspruch. Sie erhalten nach § 8
TVöD eine zusätzliche Vergütung für einen nicht gearbeiteten Tag, nämlich (zusätzlich zu
einem Feiertagszuschlag von 35 %) entweder einen Freizeitausgleich oder einen
Zuschlag in einer Höhe, als ob sie einen zusätzlichen Tag gearbeitet hätten (weitere
100 %). Der TVöD regelt zwar nicht ausdrücklich die Möglichkeit zum Freizeitausgleich,
diese ergibt sich aber aus der Differenzierung in § 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. d TVöD (vgl.
hierzu Martens in Sponer/Steinherr Ordner 2 § 6 Rn. 154; Seifert in Sponer/Steinherr
Ordner 2 § 8 Rn. 33).
41 Für den Anspruch auf einen Ersatzruhetag nach § 11 Abs. 3 ArbZG kommt jeder Werktag,
also auch ein ohnehin arbeitsfreier, in Betracht; eine bezahlte Freistellung an einem
Beschäftigungstag kann nicht verlangt werden (st. Rspr., vgl. zuletzt BAG 19. September
2012 - 5 AZR 727/11 - Rn. 21 mwN, ZTR 2013, 23; vgl. zB DFL/Vossen 5. Aufl. § 2 EFZG
Rn. 8; Baeck/Deutsch ArbZG 2. Aufl. § 11 Rn. 18; ErfK/Wank § 11 ArbZG Rn. 3). Das
Gesetz will auch für Schichtarbeiter, die an Sonntagen oder Wochenfeiertagen arbeiten,
(nur) das gesetzliche Minimum an arbeitsfreien Tagen sicherstellen (BAG 13. Juli 2006 -
6 AZR 55/06 - Rn. 10 mwN, AP MTArb § 15 Nr. 1). Es sieht die Feiertagsarbeit nicht als
„wertvoller“ an, sondern überlässt den Tarifvertragsparteien die Regelung etwaiger
Zusatzleistungen (BAG 12. Dezember 2001 - 5 AZR 294/00 - zu I 2 der Gründe,
BAGE 100, 124). Zur Wahrung des Schutzzwecks des Arbeitszeitgesetzes dürfte es
danach im vorliegenden Fall regelmäßig genügen, dass der Schichtplan der Beklagten im
4-Wochen-Zyklus mehr als vier (nämlich sieben) freie Tage vorsieht. Die zusätzlichen drei
freien Werktage können als Ersatzruhetage für die Feiertagsarbeit herangezogen werden.
42 bb) Diese Systematik steht einer Definition des Arbeitstags iSd. § 26 TVöD als
Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer zu arbeiten hat, nicht entgegen.
43 (1) Nur bei den Arbeitnehmern, die an einem gesetzlichen Feiertag dienstplanmäßig und
auch tatsächlich zu arbeiten haben, zählt dieser Feiertag danach als Arbeitstag. Es
besteht an diesem Tag nur für diese Arbeitnehmer eine Arbeitspflicht, von der sie durch
Urlaubsgewährung freigestellt werden müssen, wenn sie ihr nicht nachkommen wollen.
44 (2) Arbeitnehmer, die an einem Feiertag dienstplanmäßig zu arbeiten hätten, werden nach
der tariflichen Regelung im Ergebnis schlechter gestellt, wenn sie an einem solchen Tag
Urlaub nehmen. Es entsteht nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 Satz 1 TVöD kein Anspruch
auf Ausgleich für Feiertagsarbeit, weil dieser eine tatsächliche Arbeitsleistung am Feiertag
voraussetzt. Ob dem Arbeitnehmer wegen des Anspruchs auf bezahlten Urlaub gemäß § 1
BUrlG dennoch ein Anspruch auf Freizeitausgleich zusteht, ist nicht Streitgegenstand. Ein
Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 2 EFZG besteht nicht, weil die Arbeitszeit nicht
wegen des Feiertags, sondern wegen des Urlaubs ausfällt. Die Verringerung der
Sollarbeitszeit nach § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD greift nicht, weil sie an dem Feiertag nicht
dienstplanmäßig frei haben, sondern nur aufgrund der Urlaubsgewährung.
45 (3) Dies lässt jedoch ohne weitere Anhaltspunkte im TVöD nicht den Schluss zu, dass
nach dem Willen der Tarifvertragsparteien Arbeitnehmern abweichend von der
Dienstplangestaltung und der individuellen Arbeitspflicht an einem Feiertag innerhalb
eines Urlaubszeitraums kein Urlaub gewährt werden kann bzw. ein Anspruch auf eine
bezahlte Freistellung ohne Anrechnung auf den Urlaubsanspruch an diesem Tag
begründet werden soll. Eine dahin gehende ergänzende Auslegung kommt schon deshalb
nicht in Betracht, weil den Tarifvertragsparteien aufgrund der bisherigen Regelung in § 48
Abs. 4 Unterabs. 1 Satz 1 BAT das Problem des Zusammentreffens von
Urlaubszeiträumen und Feiertagen mit Arbeitspflicht bekannt war und sie - wie bereits
dargelegt - die entsprechende Regelung hierzu nicht länger aufrechterhalten wollten.
46 3. Es kann dahinstehen, ob die tarifliche Behandlung des Urlaubs an Feiertagen mit
dienstplanmäßiger Arbeitspflicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Ein solcher Verstoß
könnte nicht zu der vom Kläger begehrten Rechtsfolge führen, dass die urlaubsbedingte
Freistellung an gesetzlichen Feiertagen mit dienstplanmäßiger Arbeitspflicht nicht den
Urlaubsanspruch erfüllen kann.
47 a) Diese Behandlung von Urlaub an gesetzlichen Feiertagen folgt ohnehin nicht aus dem
TVöD, sondern aus dem gesetzlichen Charakter des Urlaubsanspruchs (Befreiung von der
Arbeitspflicht). Der TVöD trifft insoweit keine von den gesetzlichen Regelungen des BUrlG
abweichende eigenständige Regelung.
48 b) Eine ggf. sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung kann allenfalls darin liegen,
dass nach dem Wortlaut der §§ 6, 8 TVöD Arbeitnehmer, die an gesetzlichen Feiertagen
mit dienstplanmäßiger Arbeitspflicht Urlaub haben, weder einen Anspruch auf
Freizeitausgleich bzw. Verringerung der Sollarbeitszeit nach § 6 Abs. 3 TVöD noch auf
Feiertagszuschläge nach § 8 Abs. 1 Satz 2 Buchst. d TVöD haben. Dies ist aber nicht
Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.
49 4. Ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz liegt entgegen
der Auffassung des Klägers nicht vor. Eine Ungleichbehandlung hat der Kläger nicht
schlüssig dargelegt. Die Beklagte verhält sich gesetzes- und tarifgerecht. Der Kläger
behauptet nicht, dass der Begriff des Arbeitstags von der Beklagten ohne sachliche
Gründe für verschiedene Gruppen von Arbeitnehmern im Zusammenhang mit der
Gewährung von Urlaub an Feiertagen unterschiedlich angewandt wird.
50 B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Brühler
Klose
Krasshöfer
Heilmann
Furche