Urteil des BAG vom 24.03.2011

Objektive Klagehäufung - Bestimmtheit der Klage

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 24.3.2011, 6 AZR 691/09
Objektive Klagehäufung - Bestimmtheit der Klage
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts
Düsseldorf vom 19. August 2009 - 4 Sa 388/09 - wird hinsichtlich der
beanspruchten Nachtarbeitszuschläge und vermögenswirksamen Leistungen
als unzulässig verworfen und ansonsten zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten über weitere Vergütung für die Monate Juli 2007 bis Juni 2008, wobei der von
der Klägerin beanspruchte Differenzbetrag iHv. insgesamt 27.954,35 Euro brutto abzüglich der ihr
vom Landesarbeitsgericht zugesprochenen 2.370,80 Euro brutto sich aus vermögenswirksamen
Leistungen, Nachtarbeitszuschlägen und weiterer Vergütung für in der Radiologie und in der
Neuroradiologie geleistete Rufbereitschaft zusammensetzt. Hilfsweise macht die Klägerin einen
Anspruch auf anteilige Zuwendung für das Jahr 2007 iHv. 2.012,88 Euro brutto geltend.
2 Die Klägerin war in einem Krankenhaus der Beklagten als Ärztin beschäftigt. Auf das
Arbeitsverhältnis fanden die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrags in der für die
Angestellten im Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland, der Evangelischen Kirche von
Westfalen und der Lippischen Landeskirche sowie ihrer Diakonischen Werke (BAT-KF) geltenden
Fassung Anwendung. In der Ordnung über eine Zuwendung für kirchliche Angestellte vom
12. Oktober 1973 für die unter den Geltungsbereich des BAT-KF fallenden Angestellten im Bereich
der Evangelischen Kirche im Rheinland, der Evangelischen Kirche von Westfalen und der
Lippischen Landeskirche sowie ihrer Diakonischen Werke (Ordnung über eine Zuwendung) heißt
es:
㤠2
Anspruchsvoraussetzungen
(1) Der Angestellte erhält in jedem Kalenderjahr eine Zuwendung, wenn er
1. am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis steht und nicht für den ganzen Monat
Dezember ohne Vergütung zur Ausübung einer entgeltlichen Beschäftigung oder
Erwerbstätigkeit beurlaubt ist und
2. seit dem 1. Oktober ununterbrochen als Angestellter ... im kirchlichen oder
öffentlichen Dienst gestanden hat ... und
3. nicht in der Zeit bis einschließlich 31. März des folgenden Kalenderjahres aus seinem
Verschulden oder auf eigenen Wunsch ausscheidet.
...“
3 Die Mitarbeitervertretung der Beklagten und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft - ver.di
wiesen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Beklagten Anfang Juli 2007 darauf hin, dass sich
der BAT-KF ändern würde.
4 Mit Beschluss der Arbeitsrechtlichen Schiedskommission vom 22. Oktober 2007 wurde der BAT-
KF neu gefasst und in der Fassung der redaktionellen Überarbeitung vom 21. November 2007
(BAT-KF nF) am 15. Januar 2008 im Kirchlichen Amtsblatt der Evangelischen Kirche im Rheinland
bekannt gemacht. Im BAT-KF nF heißt es ua.:
㤠1 Geltungsbereich
...
(3) Die Arbeitsverhältnisse der Ärztinnen und Ärzte, sowie der Zahnärztinnen und
Zahnärzte an Krankenhäusern richten sich ausschließlich nach Anlage 6 (TV-Ärzte-
KF). Die Überleitung der vorhandenen Mitarbeitenden richtet sich ausschließlich
nach der Anlage 7 (TVÜ-Ärzte-KF).
§ 19 Jahressonderzahlung
(1) Mitarbeitende, die am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis stehen, haben Anspruch
auf eine Jahressonderzahlung.
...“
5 Der Tarifvertrag zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte in den TV-Ärzte-KF (Anlage 7 zum BAT-
KF nF - TVÜ-Ärzte-KF) regelt ua.:
㤠1
Geltungsbereich
(1) Dieser Tarifvertrag gilt für Ärztinnen und Ärzte einschließlich Zahnärztinnen und
Zahnärzte (nachfolgend ‚Ärzte’ genannt), deren Arbeitsverhältnis über den 30. Juni 2007
hinaus fortbesteht, und die am 01. Juli 2007 unter den Geltungsbereich des BAT-KF fallen,
für die Dauer des ununterbrochen fortbestehenden Arbeitsverhältnisses.
...
§ 2
Überleitung in den TV-Ärzte-KF
Die von § 1 Absatz 1 erfassten Ärzte werden am 1. Juli 2007 gemäß den nachfolgenden
Regelungen in den TV-Ärzte-KF übergeleitet.“
6 Der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte - Kirchliche Fassung (Anlage 6 zum BAT-KF nF - TV-
Ärzte-KF) in der für den Klagezeitraum gültigen Fassung regelte ua.:
㤠6
Sonderformen der Arbeit
...
(4)
1
Ärzte sind verpflichtet, sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der
regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten, um im
Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen (Bereitschaftsdienst). …
...
(6)
1
Die Ärztin/Der Arzt hat sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der
regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufzuhalten, um
auf Abruf die Arbeit aufzunehmen (Rufbereitschaft I und Rufbereitschaft II).
2
Rufbereitschaft wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass Ärzte vom Arbeitgeber mit
einem Mobiltelefon oder einem vergleichbaren technischen Hilfsmittel ausgestattet sind.
3
Durch tatsächliche Arbeitsleistung innerhalb der Rufbereitschaft kann die tägliche
Höchstarbeitszeit von zehn Stunden überschritten werden (§§ 3, 7 Absatz 1 Nr. 1 und Nr. 4
Arbeitszeitgesetz).
§ 8
Ausgleich für Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst
(1)
1
Der Arbeitgeber darf Rufbereitschaft I nur anordnen, wenn erfahrungsgemäß lediglich
in Ausnahmefällen Arbeit anfällt.
2
Für die Rufbereitschaft I wird eine tägliche Pauschale je
Entgeltgruppe gezahlt.
3
Für eine Rufbereitschaft I von mindestens zwölf Stunden wird für
die Tage Montag bis Freitag das Zweifache, für Samstag, Sonntag sowie für Feiertage das
Vierfache des tariflichen Stundenentgelts der jeweiligen Entgeltgruppe und Stufe
(individuelles Stundenentgelt) gezahlt.
4
Maßgebend für die Bemessung der Pauschale
nach Satz 2 ist der Tag, an dem die Rufbereitschaft I beginnt.
5
Für Rufbereitschaften I von
weniger als zwölf Stunden werden für jede angefallene Stunde 12,5 v.H. des individuellen
Stundenentgelts nach der Entgelttabelle gezahlt.
6
Hinsichtlich der Arbeitsleistung wird jede
einzelne Inanspruchnahme innerhalb der Rufbereitschaft I mit einem Einsatz im
Krankenhaus einschließlich der hierfür erforderlichen Wegezeiten auf eine volle Stunde
gerundet.
7
Für alle Inanspruchnahmen wird das Entgelt für Überstunden sowie etwaiger
Zeitzuschläge bezahlt.
8
Für die Zeit der Rufbereitschaft I werden Zeitzuschläge nicht
gezahlt.
(2)
1
Der Arbeitgeber darf Rufbereitschaft II nur anordnen, wenn erfahrungsgemäß eine
durchschnittliche Arbeitsbelastung von höchstens 25 % der Zeit der angeordneten
Rufbereitschaft zu erwarten ist.
2
Die Zeit der Rufbereitschaft II wird zu 50 % als Arbeitszeit
gewertet und dafür 50 % des tariflichen Stundenentgelts der jeweiligen Entgeltgruppe und
Stufe (individuelles Stundenentgelt) gezahlt.
§ 19
Jahressonderzahlungen
Eine Jahressonderzahlung wird bis zum 31. Dezember 2009 nicht gewährt.“
7 Die Klägerin erhielt mit der Vergütung für November 2007 eine Zuwendung iHv. 4.025,76 Euro
brutto. Die Entgeltabrechnung für diesen Monat enthält folgenden Vorbehalt:
„Die Zahlung des Entgeltes erfolgt vorläufig und wegen der bekannten Tarifreform unter
dem Vorbehalt der abschließenden und endgültigen Berechnung. Wir bitten, dies zu
berücksichtigen.“
8 Im Februar 2008 berechnete die Beklagte auf der Grundlage der Regelungen des TV-Ärzte-KF die
in den Monaten Juli 2007 bis Januar 2008 abgerechnete Vergütung der Klägerin neu. Sie behielt
ua. den als Zuwendung für das Jahr 2007 geleisteten Betrag iHv. 4.025,76 Euro brutto im Wege
der Verrechnung mit Vergütungsansprüchen der Klägerin ein und verminderte die Grundvergütung
mit der Begründung, die Klägerin habe wöchentlich nach Maßgabe des BAT-KF aF nur
38,5 Stunden und nicht gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 TV-Ärzte-KF 42 Stunden in der Woche
gearbeitet.
9 Die Klägerin hat gemeint, die Beklagte habe die von ihr im Klagezeitraum in der Radiologie
geleistete Rufbereitschaft falsch abgerechnet, indem sie die Zeit der Rufbereitschaft nur mit 25 %
ihres tariflichen Stundenentgelts vergütet habe. § 8 Abs. 2 Satz 2 TV-Ärzte-KF aF sei so zu
verstehen, dass die Zeit der Rufbereitschaft mit 50 % des individuellen Stundenentgelts zu
vergüten sei. Der Arbeitsanfall während der in der Neuroradiologie geleisteten Rufbereitschaft habe
ca. 38 % betragen, so dass die Beklagte die Zeit der Rufbereitschaft in der Neuroradiologie nach
den für den Bereitschaftsdienst II geltenden Vorschriften und damit mit 95 % ihres tariflichen
Stundenlohnes zu vergüten habe. Ihren Anspruch auf Zahlung der anteiligen Zuwendung für die
erste Hälfte des Jahres 2007 iHv. 2.012,88 Euro mache sie hilfsweise geltend.
10 Zur Höhe des von ihr beanspruchten Differenzbetrags hat die Klägerin vorgetragen, die ihr für die
Monate Juli 2007 bis Juni 2008 zustehenden Vergütungen ergäben zusammen einen Betrag iHv.
125.473,43 Euro brutto, so dass die Beklagte bei Anrechnung der geleisteten Zahlungen für die
Monate Juli bis Dezember 2007 iHv. 56.609,85 Euro brutto und 40.909,23 Euro brutto für die
Monate Januar bis Juni 2008 noch 27.954,35 Euro brutto an sie zu zahlen habe.
11 Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 7.036,35 Euro brutto verurteilt und die Klage
im Übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise
abgeändert und die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung von
2.370,80 Euro brutto mit der Begründung verurteilt, die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, die
Grundvergütung der Klägerin aufgrund der rückwirkenden Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit
von 38,5 auf 42 Stunden zu vermindern.
12 Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts zu
verurteilen, an die Klägerin weitere 20.918,00 Euro brutto zu zahlen.
13 Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, sie habe die von der
Klägerin im Klagezeitraum in der Radiologie und in der Neuroradiologie geleistete Rufbereitschaft
zutreffend nach den für die Rufbereitschaft II geltenden Vorschriften vergütet. Eine anteilige
Zuwendung stehe der Klägerin für die erste Hälfte des Jahres 2007 nicht zu.
14 Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche auf vermögenswirksame Leistungen,
Nachtarbeitszuschläge und restliche Vergütung für in der Radiologie und in der Neuroradiologie
geleistete Rufbereitschaft weiter. Hilfsweise macht sie einen Anspruch auf anteilige Zuwendung für
die erste Hälfte des Jahres 2007 geltend. Die Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin
zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
15 Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.
16 I. Die Revision der Klägerin ist unzulässig, soweit sie mit dem beanspruchten Differenzbetrag
auch die Zahlung von vermögenswirksamen Leistungen und Nachtarbeitszuschlägen verlangt.
17 1. Nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung
die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge muss die Revisionsbegründung den
angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und
Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Die Revisionsbegründung hat sich daher mit den
tragenden Gründen des Berufungsurteils auseinanderzusetzen. Dies erfordert die konkrete
Darlegung der Gründe, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll (BAG
19. März 2008 - 5 AZR 442/07 - Rn. 13, AP ZPO § 551 Nr. 65 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 8). Hat
das Berufungsgericht über mehrere selbständige Streitgegenstände entschieden, muss die
Revision für jeden Streitgegenstand begründet werden, wenn die Entscheidung des
Berufungsgerichts über einen Streitgegenstand nicht denknotwendig von der Entscheidung über
einen anderen korrekt angefochtenen abhängig ist (st. Rspr., vgl. BAG 15. März 2006 - 4 AZR
73/05 - AP ZPO § 551 Nr. 63 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 2; 16. April 1997 - 4 AZR 653/95 - AP
ArbGG 1979 § 72 Nr. 35 = EzA ZPO § 554 Nr. 6).
18 2. Hiernach enthält die Revisionsbegründung keine den gesetzlichen Anforderungen
entsprechende Auseinandersetzung mit dem Berufungsurteil, soweit das Landesarbeitsgericht die
Klage hinsichtlich der von der Klägerin beanspruchten vermögenswirksamen Leistungen und der
Zuschläge für Nachtarbeit abgewiesen hat. Die Klägerin hat mit ihrem Schriftsatz vom 1. August
2008 für Juli 2007 gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 TV-Ärzte-KF vermögenswirksame Leistungen iHv.
6,65 Euro brutto verlangt und gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b TV-Ärzte-KF Zuschläge für
Nachtarbeit iHv. 30,08 Euro brutto beansprucht. Bezüglich ihres Anspruchs auf diese Leistungen
für die Folgemonate hat sie auf eine dem Schriftsatz vom 1. August 2008 beigefügte
handschriftliche Tabelle verwiesen. Mit der Revision hat die Klägerin ihre Ansprüche auf
vermögenswirksame Leistungen und Zuschläge für Nachtarbeit weiterverfolgt, ohne diese vom
Landesarbeitsgericht abgewiesenen Ansprüche in der Revisionsbegründung auch nur zu
erwähnen. Da die Klägerin auch keine Verfahrensfehler gerügt hat, insbesondere in der
Revisionsbegründung nicht geltend gemacht hat, dass das Landesarbeitsgericht ihr Vorbringen zu
den beanspruchten vermögenswirksamen Leistungen und Nachtarbeitszuschlägen übergangen
hat, ist die Revision insoweit unzulässig.
19 II. Im Übrigen ist die Revision der Klägerin unbegründet.
20 1. Die Klage ist unzulässig, soweit die Klägerin eine weitere Vergütung für die im Klagezeitraum
geleistete Rufbereitschaft „Radiologie“ verlangt und geltend macht, die Beklagte habe ihr für die
Zeit der Rufbereitschaft „Neuroradiologie
Vergütung die für die Bereitschaftsdienststufe II festgesetzte Vergütung zu zahlen. Insoweit fehlt
es an einem hinreichend bestimmten Klageantrag iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
21 a) Nach dieser Bestimmung muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und
des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Die Klagepartei
muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung sie begehrt. Sie hat den Streitgegenstand dazu so
genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO)
keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den
Parteien entschieden werden kann (§ 322 ZPO). Sowohl bei einer der Klage stattgebenden als
auch bei einer sie abweisenden Sachentscheidung muss zuverlässig feststellbar sein, worüber
das Gericht entschieden hat. Bei mehreren im Wege einer objektiven Klagehäufung gemäß § 260
ZPO in einer Klage verbundenen Ansprüchen muss erkennbar sein, aus welchen
Einzelforderungen sich die „Gesamtklage“ zusammensetzt (BAG 11. November 2009 - 7 AZR
387/08 - AP ZPO § 253 Nr. 50 = EzA ZPO 2002 § 253 Nr. 3). Werden im Wege einer „Teil-
Gesamt-Klage“ mehrere Ansprüche nicht in voller Höhe, sondern teilweise verfolgt, muss die
Klagepartei genau angeben, in welcher Höhe sie aus den einzelnen Ansprüchen Teilbeträge
einklagt. Dies bedeutet, dass sie vortragen muss, wie sie die geltend gemachte Gesamtsumme
ziffernmäßig auf die verschiedenen Ansprüche verteilt wissen will, oder mindestens eine
Reihenfolge angeben muss, in welcher die Ansprüche bis zu der von ihr geltend gemachten
Gesamtsumme gefordert werden (vgl. BGH 8. Dezember 1989 - V ZR 174/88 - NJW 1990, 2068;
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 69. Aufl. § 253 Rn. 43). Will die Klagepartei einen
Anspruch nicht in voller Höhe zur gerichtlichen Entscheidung stellen, sondern sich geleistete
Zahlungen anrechnen lassen, muss sie darlegen, wie die Anrechnung im Einzelnen vorgenommen
werden soll (BAG 11. November 2009 - 7 AZR 387/08 - aaO). Unzulässig ist eine Klage, die
verschiedene Streitgegenstände nicht iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO individualisiert (vgl.
Zöller/Greger ZPO 28. Aufl. Vor § 253 Rn. 24).
22 b) Diesen Anforderungen wird der Vortrag der Klägerin nicht gerecht. Davon ist schon das
Landesarbeitsgericht ausgegangen. Es hat, allerdings ohne einen Hinweis auf § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO, im Ergebnis zutreffend festgestellt, aus dem Vortrag der Klägerin sei nicht ersichtlich, wie
sich ihre Klageforderung zusammensetzt. Die hierzu erfolgten beispielhaften Abrechnungen der
Klägerin, die in der mündlichen Verhandlung erörtert worden seien, seien nicht nachvollziehbar.
23 aa) Die Klägerin hat nur den von ihr insgesamt geforderten Gesamtbetrag angegeben, jedoch nicht
ziffernmäßig aufgeschlüsselt, aus welchen Einzelpositionen sich dieser zusammensetzt. Aufgrund
der mehreren prozessual selbständigen Ansprüche hätte sie zwecks einer Klärung der
Streitgegenstände und des Umfangs der inneren Rechtskraft jedoch im einzelnen vortragen
müssen, wie die Gesamtsumme auf die verschiedenen Einzelansprüche verteilt werden soll
(Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 69. Aufl. § 253 Rn. 43). Daran fehlt es. Die Klägerin
hat zur Höhe der von ihr insgesamt geltend gemachten vermögenswirksamen Leistungen und zur
Höhe der insgesamt beanspruchten Nachtarbeitszuschläge keine Angaben gemacht. Sie hat auch
nicht angegeben, in welcher Höhe sie insgesamt weitere Vergütung für die in der Radiologie
geleistete Rufbereitschaft verlangt. Aus ihrem Vorbringen ergibt sich auch nicht, welcher Teil der
Klagesumme auf die geltend gemachte weitere Vergütung für die in der Neuroradiologie geleistete
Rufbereitschaft entfällt.
24 bb) Die jeweilige Höhe der streitgegenständlichen Einzelpositionen kann auch nicht anhand der
dem Schriftsatz der Klägerin vom 1. August 2008 beigefügten handschriftlichen Tabelle berechnet
werden. Dieser Tabelle kann nicht unmittelbar entnommen werden, welche weiteren Beträge unter
Berücksichtigung der von der Beklagten geleisteten Zahlungen jeweils für die in den einzelnen
Monaten des Klagezeitraums geleistete Rufbereitschaft „Radiologie“ und für die geleistete
Rufbereitschaft „Neuroradiologie“ beansprucht werden.
25 cc) Hinzu kommt, dass die Höhe der streitgegenständlichen Einzelpositionen „weitere Vergütung
für in der Radiologie geleistete Rufbereitschaft“ sowie „weitere Vergütung für in der Neuroradiologie
geleistete Rufbereitschaft“ auch deshalb nicht aus dem beanspruchten Gesamtbetrag errechnet
werden kann, weil dieser geringer ist als die Summe aller Einzelpositionen. Wie sie die
Gesamtsumme ziffernmäßig auf die verschiedenen Ansprüche verteilt wissen will, hat die Klägerin
nicht angegeben.
26 dd) Die fehlende Abgrenzung macht die Klage mangels Individualisierung der verschiedenen
Streitgegenstände unzulässig (Zöller/Greger ZPO 28. Aufl. § 253 Rn. 15 mwN). Auf eine
entsprechende Individualisierung und ziffernmäßige Verteilung der geltend gemachten
Gesamtsumme auf die einzelnen Ansprüche kann nicht ausnahmsweise verzichtet werden.
Einem solchen Verzicht steht bereits entgegen, dass die Klägerin die Vergütung für die
Rufbereitschaft „Radiologie“ und die Vergütung für die Rufbereitschaft „Neuroradiologie“
unterschiedlich berechnet. Stünde der Klägerin zB die für die geleistete Rufbereitschaft
„Neuroradiologie“ beanspruchte Vergütung und damit die für die Bereitschaftsdienststufe II
vorgesehene Vergütung zu, könnte ihr eine weitere Vergütung gleichwohl nicht zugesprochen
werden, weil sich aus ihrem Vorbringen weder hinreichend deutlich ergibt, welchen Teil der
Klagesumme dieser Anspruch ausmacht, noch, in welcher Höhe die Beklagte den Anspruch
bereits erfüllt hat.
27 2. Die Klage ist unbegründet, soweit die Klägerin hilfsweise eine anteilige Zuwendung für die erste
Hälfte des Jahres 2007 verlangt.
28 a) Für die von der Klägerin beanspruchte anteilige Zuwendung fehlt eine Anspruchsgrundlage. Die
Regelung in § 19 Abs. 1 BAT-KF nF, wonach Mitarbeitende, die am 1. Dezember im
Arbeitsverhältnis stehen, einen Anspruch auf eine Jahressonderzahlung haben, gilt für die Klägerin
nicht. Das Arbeitsverhältnis richtete sich seit dem 1. Juli 2007 gemäß § 1 Abs. 3 BAT-KF nF
ausschließlich nach den Bestimmungen des TV-Ärzte-KF und des TVÜ-Ärzte-KF. § 19 TV-Ärzte-
KF, der gemäß § 1 Abs. 1 iVm. § 2 TVÜ-Ärzte-KF seit der Überleitung des Arbeitsverhältnisses in
den TV-Ärzte-KF und somit seit dem 1. Juli 2007 Anwendung findet, bestimmt ausdrücklich, dass
eine Jahressonderzahlung bis zum 31. Dezember 2009 nicht gewährt wird.
29 b) Das Argument der Klägerin, der auf die Monate Januar bis Juli 2007 entfallende Teil der
Zuwendung sei Teil der von ihr bereits erarbeiteten Vergütung, trägt nicht.
30 aa) Die Ordnung über eine Zuwendung enthält keine Quotenregelung. Sie sieht einen Anspruch auf
anteilige Zuwendung nicht vor.
31 bb) Bei dem Anspruch auf eine Zuwendung nach § 2 Abs. 1 der Ordnung über eine Zuwendung
handelt es sich auch nicht um einen synallagmatischen Entgeltanspruch, der von der Klägerin „pro
rata temporis“ trotz einer fehlenden Quotenregelung hätte erworben werden können.
Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs ist, dass der Angestellte am 1. Dezember im
Arbeitsverhältnis steht. Dies hindert die Annahme des Entstehens von ratierlichen Ansprüchen.
Aus dem Stichtag „1. Dezember“ und der negativen Anspruchsvoraussetzung in § 2 Abs. 1 Nr. 3
der Ordnung über eine Zuwendung, wonach die Zuwendung nur zusteht, wenn der Angestellte
nicht in der Zeit bis 31. März des folgenden Kalenderjahres aus seinem Verschulden oder auf
eigenen Wunsch ausscheidet, wird deutlich, dass ein gewisses Maß an Betriebstreue erfüllt sein
muss, um den Anspruch entstehen zu lassen, und damit ein weitergehender Zweck verfolgt wird
als die bloße Honorierung geleisteter Arbeit (vgl. BAG 23. April 2008 - 10 AZR 258/07 - BAGE 126,
301, 306 f.).
32 III. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.
Fischermeier
Brühler
Spelge
M. Jostes
Sieberts