Urteil des BAG vom 23.02.2010

BAG: Betriebsratsmitglied, betriebsabteilung, ordentliche kündigung, anhörung, vergütung, einheit, wechsel, sozialplan, abgrenzung, subjektiv

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 23.2.2010, 2 AZR 656/08
Kündigungsschutz - Betriebsratsmitglied
Leitsätze
Wird ein Betriebsratsmitglied in einer Betriebsabteilung beschäftigt, die stillgelegt wird, besteht nach § 15
Abs. 5 Satz 1 KSchG keine Verpflichtung des Arbeitgebers, dem Mandatsträger zur Vermeidung einer
Kündigung die Beschäftigung auf einem höherwertigen Arbeitsplatz in einer anderen Betriebsabteilung
anzubieten.
Tenor
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts
Hamm vom 13. Juni 2008 - 12 Sa 244/08 - aufgehoben.
2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die
Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.
2 Die Beklagte ist ein Versicherungsunternehmen mit bundesweit ca. 58 Niederlassungen, sog.
Vertriebsdirektionen. Sie unterhält an ihrem Sitz in H eine Hauptverwaltung(sog. zentraler
Innendienst). In den Vertriebsdirektionen beschäftigte sie neben Außendienstmitarbeitern sog.
Außendienstpartner (ADP), die jeweils unter der Leitung eines Außendienstpartner-Koordinators
(ADP-Ko) standen. Deren Aufgabe war es, den Außendienst und den Vertriebsdirektor mit vor Ort
zu erledigenden Verwaltungs- und Bürotätigkeiten zu unterstützen (sog. dezentraler Innendienst).
3 Der im April 1957 geborene Kläger ist ausgebildeter Versicherungskaufmann. Er ist seit 1973 bei
der Beklagten tätig. Dabei war er zeitweise als Kundenberater eingesetzt. Zuletzt war er in der
Vertriebsdirektion M, der etwa 80 Arbeitnehmer zugeordnet sind, als Außendienstpartner
beschäftigt. Nebenberuflich ging er einer Außendiensttätigkeit auf Provisionsbasis nach. Er war
außerdem bis zuletzt stellvertretender Vorsitzender des für die Vertriebsdirektion M gewählten
Betriebsrats.
4 Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung die
Tarifverträge für das private Versicherungsgewerbe Anwendung. Nach § 4 des Manteltarifvertrags
in der maßgebenden, seit 1. Januar 2006 geltenden Fassung(MTV) richtet sich die Vergütung der
Angestellten des Innendienstes nach der Eingruppierung ihrer Tätigkeit in Gehaltsgruppen.
Demgegenüber legt § 19 MTV für die Angestellten des Werbeaußendienstes ein
Mindesteinkommen fest, auf das - soweit nichts anderes vereinbart ist - verdiente Provisionen
anzurechnen sind.
5 Ein für die Angestellten des Innendienstes abgeschlossenes
Rationalisierungsschutzabkommen(RSchA) in seiner maßgebenden, seit 1. Januar 2004
geltenden Fassung enthält in seinem § 5 Regelungen zur Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers
bei Wegfall seines bisherigen Arbeitsplatzes. Nach § 7 Abs. 1 des Abkommens bedarf es zur
Abgruppierung des Arbeitnehmers einer Änderungskündigung. Nach § 7 Abs. 2 hat der
Arbeitgeber bei Mitarbeitern, die das 50. Lebensjahr vollendet haben und mindestens zehn Jahre
ununterbrochen dem Unternehmen angehören, „im Einvernehmen mit der Arbeitnehmervertretung
nach billigem Ermessen eine Gehaltssicherung zu treffen“ und ist „eine niedrigere tarifliche
Eingruppierung“ nicht zulässig.
6 Die in den Vertriebsdirektionen beschäftigten Außendienstpartner waren ursprünglich in die
Gehaltsgruppe VI MTV, die Koordinatoren in die Gehaltsgruppe VII MTV eingruppiert. Im Zuge
einer Verlagerung von Verwaltungsaufgaben nach H wurden die Stellen im Jahr 2004 neu bewertet
und jeweils um zwei Gehaltsgruppen herabgestuft. Aus diesem Anlass schloss die Beklagte mit
dem Gesamtbetriebsrat eine besondere, über § 7 RSchA hinausgehende Vereinbarung zur
Gehaltssicherung.
7 Nachdem der Kläger zunächst sein Einverständnis mit der beabsichtigten Umgruppierung
angezeigt hatte, teilte ihm die Beklagte mit Schreiben vom 8. Juli 2004 mit, dass sie wegen des
Widerspruchs einiger örtlicher Betriebsratsmitglieder entschieden habe, die „mit einem
Sonderkündigungsschutz nach dem BetrVG … versehenen Mitarbeiter“ für die Dauer des
besonderen Kündigungsschutzes nicht „abzugruppieren“. Die zugleich erbetene ausdrückliche
Zustimmung zur sofortigen einvernehmlichen Umgruppierung wurde vom Kläger verweigert. In der
Folgezeit bezog er unverändert Vergütung nach der Gehaltsgruppe VI MTV bei einem
Bruttomonatsverdienst von 3.305,20 Euro.
8 Im Jahr 2007 entschied die Beklagte, ihren „dezentralen Innendienst“ zum 30. September 2007
bundesweit „zu schließen“ und dadurch etwa 300 Stellen abzubauen. Damit einhergehend
beschloss sie, einen Teil der zuvor in den Vertriebsdirektionen ausgeführten
Verwaltungstätigkeiten auf unterschiedliche Bereiche der Hauptverwaltung zu verlagern. Ein
anderer Teil der Aufgaben, wie „Standardbürotätigkeiten“ zur Unterstützung des Vertriebsdirektors
und „einfachste Büro- und Logistikarbeiten“, sollte spätestens ab 1. Oktober 2007 an einen
externen Dienstleister vergeben werden. Sonstige Verwaltungstätigkeiten sollten ersatzlos
entfallen.
9 Am 26. März 2007 vereinbarte die Beklagte mit dem Gesamtbetriebsrat einen Sozialplan, der ua.
Regelungen über eine vorübergehende Verdienstsicherung beim Wechsel in den
Werbeaußendienst enthält.
10 Mit Schreiben vom 29. März 2007 unterrichtete die Beklagte den Kläger über die anstehenden
Veränderungen in seinem Arbeitsbereich. Zugleich bat sie um Mitteilung, ob er Interesse an einer
möglichen Beschäftigung auf einem von mehreren in dem Schreiben genannten Arbeitsplätzen
habe, ua. in einem Schadenszentrum oder im Außendienst. Für den Fall, dass er weder ein
„eventuelles Arbeitsplatzangebot“, noch ein Angebot auf Abschluss eines Aufhebungsvertrags
annehme, stellte sie eine betriebsbedingte Kündigung in Aussicht.
11 Durch Schreiben vom selben Tag bekundete der Kläger sein Interesse an einer
Weiterbeschäftigung „im organisierenden Außendienst in der Vertriebsdirektion M“. Zugleich
verwies er auf seine Bereitschaft, „über die Modalitäten einer Weiterbeschäftigung zu verhandeln“,
soweit es zum endgültigen Wegfall des Arbeitsplatzes kommen sollte.
12 Der mit Schreiben vom 15. Juni 2007 nach § 102 BetrVG angehörte Betriebsrat der
Vertriebsdirektion M war der Auffassung, die gegenüber dem Kläger beabsichtigte
Beendigungskündigung bedürfe seiner Zustimmung nach § 103 BetrVG. Im Übrigen widersprach
er der Kündigung mit der Begründung, der Kläger könne eine Tätigkeit als
„Außendienstmitarbeiter/Organisationsleiter“ in der Vertriebsdirektion übernehmen.
13 Mit Schreiben vom 26. Juni 2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum
30. Juni 2008. Ab 1. Oktober 2007 stellte sie den Kläger von seiner Arbeitsleistung frei.
14 Der Kläger hat Kündigungsschutzklage erhoben und geltend gemacht, die Voraussetzungen des
§ 15 Abs. 5 KSchG lägen nicht vor. Jedenfalls sei die Beklagte ihrer Pflicht, ihn in eine andere
Betriebsabteilung zu übernehmen, nicht nachgekommen. Geeignete Arbeitsplätze seien
vorhanden gewesen, etwa die Stelle eines Bezirksdirektors oder die zum 1. Juli 2007 - unstreitig -
neu geschaffene, mit einem anderen Arbeitnehmer besetzte Stelle einer
„Nachwuchsführungskraft“. Zumindest hätte ihm die Stelle eines Agenturleiters im werbenden
Außendienst angeboten werden müssen. Dabei habe er Anspruch auf eine dauerhafte
Gehaltssicherung, der ihm sowohl auf der Grundlage der geltenden betrieblichen und
tarifvertraglichen Regelungen wie auch nach § 15 KSchG zustehe.
15 Der Kläger hat beantragt
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 26. Juni
2007 nicht aufgelöst worden ist.
16 Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, die Voraussetzungen
des § 15 Abs. 5 KSchG seien mit der Stilllegung des „dezentralen Innendienstes“ erfüllt. Eine
Weiterbeschäftigung des Klägers in der Vertriebsdirektion M sei aus betrieblichen Gründen nicht
möglich. Dort bestünden nur noch Arbeitsplätze, die - verglichen mit seiner zuletzt ausgeübten,
nach der Tarifgruppe IV MTV zu bewertenden Tätigkeit - höherwertig seien. Das gelte
insbesondere für die übertariflich dotierten Stellen des Bezirksdirektors und der
„Nachwuchsführungskraft“. Diese Stellen seien zudem mit Führungsaufgaben verbunden bzw. auf
eine dahingehende Qualifizierung gerichtet. Für die Stelle eines Agenturleiters ergebe sich die
Höherwertigkeit aus der Möglichkeit, bis zu 7.500,00 Euro zu verdienen. Solche Stellen habe sie
dem Kläger nicht anbieten müssen. Unabhängig davon fehle ihm die erforderliche Eignung. Seiner
Beschäftigung auf der Stelle eines Agenturleiters stehe zudem entgegen, dass er nicht bereit sei,
die Tätigkeit zu den üblichen Bedingungen auszuüben.
17 Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein
Feststellungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
18 Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht(§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Senat
kann mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen nicht abschließend beurteilen, ob das
Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 26. Juni 2007 aufgelöst worden ist.
19 I. Die Revision ist nicht deshalb begründet, weil die Kündigung wegen fehlerhafter Anhörung des
Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG unwirksam wäre.
20 1. Da es sich bei der auf § 15 Abs. 5 KSchG gestützten Kündigung um eine ordentliche Kündigung
handelt, hat die Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG zu erfolgen(BAG 3. April 1987 -
7 AZR 65/86 - zu B I der Gründe; KR/Etzel 9. Aufl. § 15 KSchG Rn. 95). Einer Zustimmung des
Betriebsrats gemäß § 103 BetrVG bedarf es nicht (Senat 18. September 1997 - 2 ABR 15/97 - zu
C II 2 a der Gründe, BAGE 86, 298).
21 2. Für die Anhörung des Betriebsrats zu einer auf § 15 Abs. 5 KSchG gestützten Kündigung gelten
die allgemeinen, zu § 102 BetrVG entwickelten Grundsätze. Die Mitteilungspflicht des
Arbeitgebers ist subjektiv determiniert. Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat nicht alle objektiv
kündigungsrechtlich erheblichen Tatsachen, sondern nur die aus seiner Sicht für die Kündigung
ausschlaggebenden Umstände mitteilen(st. Rspr., zuletzt Senat 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 -
Rn. 34, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 47 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht
strafbarer Handlung Nr. 8; 13. März 2008 - 2 AZR 88/07 - Rn. 59, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 87 =
EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 73; jeweils mwN). Eine aus Sicht des
Arbeitgebers bewusst unrichtige oder unvollständige und damit irreleitende Darstellung führt zu
einer fehlerhaften Anhörung des Betriebsrats (Senat 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - mwN aaO).
22 3. Danach ist die Betriebsratsanhörung nicht zu beanstanden.
23 a) Die Beklagte hat den Betriebsrat mit Schreiben vom 15. Juni 2007 zur beabsichtigten
Kündigung des Klägers angehört. Dabei hat sie sowohl dessen Tätigkeit als Außendienstpartner
als auch die für seine Vergütung relevanten Gesichtspunkte mitgeteilt. Sie hat ausgeführt, dass die
Stelle ihrer Auffassung nach einem „Stellenendwert nach der Tarifgruppe 40“(= Gehaltsgruppe IV
MTV) entspricht, der Kläger aber weiterhin nach der „Tarifgruppe 60“ (= Gehaltsgruppe VI MTV)
vergütet werde, weil er „beim Umgruppierungsprozess im Jahre 2004 aufgrund seines
Betriebsratsmandats nicht abgruppiert“ worden sei. Ferner hat sie den Betriebsrat über die ihrer
Auffassung nach vorliegende Stilllegung einer Betriebsabteilung iSv. § 15 Abs. 5 KSchG informiert
und sich dabei auf die Schließung des „dezentralen Innendienstes“ durch Verlagerung,
Fremdvergabe und Wegfall der bisher von den Außendienstpartnern wahrgenommenen Aufgaben
bezogen.
24 b) Entgegen der Auffassung der Revision wurde der Betriebsrat auch über das Fehlen von
Möglichkeiten zur(Weiter-)Beschäftigung des Klägers ausreichend unterrichtet.
25 aa) Das gilt zunächst für die Möglichkeit, den Kläger iSv. § 15 Abs. 5 KSchG in eine andere
Betriebsabteilung zu übernehmen. Die Beklagte hat mitgeteilt, die Weiterbeschäftigung des
Klägers auf einem anderen Arbeitsplatz der Vertriebsdirektion M scheide aus. Dabei hat sie
sowohl auf das Fehlen vergleichbarer Arbeitsplätze als auch darauf verwiesen, dass der Kläger
keine Beschäftigung auf einem höherwertigen Arbeitsplatz verlangen könne. Dies bezog sich
ersichtlich auf sämtliche in der Vertriebsdirektion noch vorhandenen Arbeitsplätze. Es bedurfte
deshalb keiner näheren Ausführungen zu der Möglichkeit, für den Kläger einen besetzten
Arbeitsplatz „freizumachen“. Selbst wenn die Beklagte lediglich freie und nicht auch
„freizumachende“ Arbeitsplätze berücksichtigt hätte, läge darin allenfalls eine objektiv und nicht
auch eine subjektiv unvollständige Anhörung des Betriebsrats.
26 bb) Die Beklagte war nicht verpflichtet, den Betriebsrat über freie Arbeitsplätze in den
Schadenszentren zu unterrichten. Dabei handelt es sich um Arbeitsplätze außerhalb der
Vertriebsdirektion M, bezüglich derer die Beklagte der Ansicht war, dem Kläger fehle es an der
erforderlichen Eignung und am Interesse. Besteht aus Sicht des Arbeitgebers keine Möglichkeit
zur Weiterbeschäftigung in einem anderen Betrieb genügt er den Anforderungen des § 102 Abs. 1
BetrVG regelmäßig durch einen entsprechenden(konkludenten) Hinweis (Senat 17. Februar 2000 -
2 AZR 913/98 - zu 2 c der Gründe, BAGE 93, 366; 29. März 1990 - 2 AZR 369/89 - zu B II 4 der
Gründe, BAGE 65, 61). Aus einem Betriebsratsmandat des Arbeitnehmers ergeben sich insoweit
keine Besonderheiten (vgl. APS/Linck 3. Aufl. § 15 KSchG Rn. 185b; KR/Etzel 9. Aufl. § 15
KSchG Rn. 93).
27 II. Die Revision ist begründet, weil die bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts seine
Entscheidung nicht tragen. Ob die Kündigung gemäß § 15 Abs. 5 iVm. Abs. 4 KSchG wirksam ist,
lässt sich noch nicht beurteilen.
28 1. Es steht schon nicht fest, dass es sich bei dem bisherigen Arbeitsbereich des Klägers um eine
Betriebsabteilung handelte.
29 a) Eine Betriebsabteilung iSv. § 15 Abs. 5 KSchG ist ein räumlich und organisatorisch
abgegrenzter Teil des Betriebs, der eine personelle Einheit erfordert, dem eigene technische
Betriebsmittel zur Verfügung stehen und der einen eigenen Betriebszweck verfolgt, auch wenn
dieser in einem bloßen Hilfszweck für den arbeitstechnischen Zweck des Gesamtbetriebs
besteht(Senat 12. März 2009 - 2 AZR 47/08 - Rn. 21, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 63 = EzA KSchG
§ 15 nF Nr. 63; 2. März 2006 - 2 AZR 83/05 - Rn. 15, BAGE 117, 178; 22. September 2005 -
2 AZR 544/04 - zu B II 4 der Gründe, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 59 = EzA KSchG
Betriebsbedingte Kündigung Nr. 141).
30 b) Von dieser Begriffsbestimmung ist erkennbar zwar auch das Landesarbeitsgericht
ausgegangen. Es hat angenommen, der Kläger habe im sog. dezentralen Innendienst gearbeitet,
der als Betriebsabteilung der Vertriebsdirektion M „einzustufen sei“. Es handele sich „um einen
räumlich und organisatorisch abgegrenzten Teil des Betriebes M, in dem Außendienstpartner unter
der Leitung von sogenannten Koordinatoren mit eigenen Betriebsmitteln (z. B. PC) den Zweck
verfolgten, Verwaltungs- und Büroarbeiten für den Außendienst und die Vertriebsdirektoren zu
erbringen.“
31 Für eine solche Annahme fehlt es aber an konkreten tatsächlichen Feststellungen. Das
Landesarbeitsgericht beschränkt sich, wie die Revision mit Recht beanstandet, im Kern auf eine
Wiederholung der abstrakten Merkmale des Begriffs „Betriebsabteilung“. Welche konkreten,
fallbezogenen Umstände seine Schlussfolgerung rechtfertigen, bleibt weitgehend offen.
Insbesondere fehlt es an tatsächlichen Feststellungen, die erkennen ließen, worin die
angenommene räumliche und organisatorische Abgrenzung der Gruppe der Außendienstpartner
von anderen Arbeitsbereichen der Vertriebsdirektion M bestanden haben soll. Dies erschließt sich
auch nicht aus dem Sachvortrag der Parteien. Zwar hat die Beklagte - unwidersprochen -
schriftsätzlich geltend gemacht, der Arbeitsplatz der Außendienstpartner habe sich „in der
Vertriebsdirektion M“ befunden, während die Mitarbeiter des Außendienstes von ihrem häuslichen
Arbeitsplatz aus tätig seien. Diesen Ausführungen ist aber nicht zu entnehmen, ob die behauptete
räumliche Trennung zugleich auf den sog. „organisierenden Außendienst“, bestehend aus dem
Vertriebsdirektor, den Betriebsdirektoren und der „Nachwuchsführungskraft“, zutraf.
Entsprechendes gilt mit Blick auf den von der Arbeitsgruppe verfolgten „Hilfszweck“ der
„Unterstützung“ des Vertriebsdirektors und der Außendienstmitarbeiter durch „Erbringung von
Verwaltungstätigkeiten“. Auch daraus ergibt sich keine hinreichend klare Abgrenzung der
Arbeitsaufgaben der Außendienstpartner von denjenigen der übrigen Mitarbeiter der
Vertriebsdirektion, die es gerechtfertigt erscheinen ließe, von einer Verselbstständigung dieser
Einheit im Sinne einer Betriebsabteilung zu sprechen. Immerhin hat der Kläger vorgetragen,
zumindest zu einem Anteil von 10 vH habe seine Tätigkeit in der(direkten) Kundenberatung
bestanden, soweit Kunden nämlich persönlich in der Vertriebsdirektion vorgesprochen oder
telefonisch Nachfrage gehalten hätten; die Gegenstände der Beratungen seien allumfassend und
nicht anders gestaltet gewesen, als sie von einem Außendienstmitarbeiter zu erledigen gewesen
wären. Der Hinweis der Beklagten auf ausschließlich von der Gruppe der Außendienstpartner
genutzte PCs genügt nicht, um davon auszugehen, diese hätten ihre Verwaltungstätigkeit mit
eigenen Betriebsmitteln erbracht. Es ist, wie die Revision zu Recht rügt, schwer vorstellbar, dass
sich die Außendienstpartner nicht noch weiterer Betriebsmittel bedient haben sollten.
32 2. Auch wenn zugunsten der Beklagten unterstellt wird, dass es sich bei der Arbeitseinheit der
Außendienstpartner um eine Betriebsabteilung handelte, lassen die bisherigen Feststellungen des
Landesarbeitsgerichts nicht die Annahme zu, die Beklagte habe diese Einheit iSv. § 15 Abs. 5,
Abs. 4 KSchG stillgelegt. Zwar kann die Übertragung eines Teils der Aufgaben der
Außendienstpartner auf in H beschäftigte Arbeitnehmer bei gleichzeitiger „Fremdvergabe“ eines
weiteren Teils von Aufgaben und dem Wegfall bestimmter restlicher Tätigkeiten zur Stilllegung der
Betriebsabteilung im Sinne einer dauerhaften Auflösung der betreffenden betrieblichen Einheit
geführt haben. Im Hinblick auf die „Fremdvergabe“ bisher durch die Außendienstpartner
verrichteter Aufgaben bedarf es aber einer sorgfältigen Prüfung, ob von einer Stilllegung oder nur
von einer Verkleinerung dieses Bereichs auszugehen ist(zur Abgrenzung vgl. BAG 17. November
2005 - 6 AZR 118/05 - Rn. 21, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 60 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl
Nr. 64). Ersteres wiederum setzt - um die Gefahr einer Austauschkündigung auszuschließen -
voraus, dass die „Fremdvergabe“ tatsächlich zur Aufgabe der Arbeitgeberstellung der Beklagten
bei der Erledigung der betreffenden Arbeiten geführt hat (vgl. Senat 18. September 2008 - 2 AZR
560/07 - Rn. 21, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 89 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung
Nr. 162; KR/Etzel 9. Aufl. § 15 KSchG Rn. 81). Dazu fehlt es an ausreichendem Vortrag. Die
Beklagte macht lediglich geltend, zur Durchführung einzelner, weiterhin in der Vertriebsdirektion zu
verrichtender „Vertriebsunterstützungs- und Logistikprozesse“ werde künftig „über eine externe
Dienstleistungsgesellschaft (DLG) in jeder Vertriebsdirektion eine Stelle für Vertriebsunterstützung
eingerichtet“; zusätzlich würden „über diese DLG“ je Vertriebsdirektion „zwei 400-Euro-Kräfte
eingesetzt“. Ob und ggf. in welcher Weise sie selbst Einfluss auf die Ausführung dieser Aufgaben
nimmt, erschließt sich daraus nicht.
33 3. Ebensowenig lässt sich abschließend beurteilen, ob es der Beklagten möglich war, den Kläger
iSv. § 15 Abs. 5 Satz 1 KSchG in eine andere Abteilung der Vertriebsdirektion M zu übernehmen.
34 a) Anders als die Revision meint, fehlt es insoweit nicht schon an einlassungsfähigem Sachvortrag
der Beklagten. Angesichts des engen Ausnahmetatbestands des § 15 Abs. 5 KSchG ist zwar der
Arbeitgeber verpflichtet, von sich aus alle denkbaren Übernahmemöglichkeiten eingehend zu
prüfen und Umfang und Ergebnis der Prüfung im Prozess substantiiert darzulegen(BAG
25. November 1981 - 7 AZR 382/79 - zu III 1 der Gründe, BAGE 37, 128; KR/Etzel 9. Aufl. § 15
KSchG Rn. 134). Dieser Darlegungslast ist die Beklagte aber mit ihrer Behauptung
nachgekommen, in der Vertriebsdirektion M sei kein geeigneter Arbeitsplatz vorhanden gewesen,
da sämtliche dort verbliebenen Tätigkeiten als höherwertig anzusehen seien. Dem konnten sowohl
das Gericht als auch der Kläger entnehmen, wie die Beklagte ihre Prüfpflichten wahrgenommen
hat und zu welchem Ergebnis sie gelangt ist. Soweit der Kläger diesen Behauptungen entgegen
getreten ist, hat die Beklagte ihr Vorbringen durch konkreten Vortrag ergänzt und damit ihre
Substantiierungspflicht (§ 138 Abs. 2 ZPO) erfüllt.
35 b) Ausgehend von den Erklärungen des Klägers in der Berufungsverhandlung vom 13. Juni 2008
beschränkt sich die Prüfung einer bestehenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf die Frage, ob
der Kläger auf die Stellen des Bezirksdirektors, der „Nachwuchsführungskraft“ oder des
Agenturleiters iSv. § 15 Abs. 5 Satz 1 KSchG zu übernehmen war. Der Kläger hat zu Protokoll
erklärt, er berufe sich für eine Weiterbeschäftigung ausschließlich auf die genannten Positionen.
36 c) Bei dieser Prüfung ist, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, davon
auszugehen, dass nach § 15 Abs. 5 Satz 1 KSchG in der Regel keine Verpflichtung des
Arbeitgebers besteht, dem Mandatsträger zur Vermeidung einer Kündigung die Beschäftigung auf
einem höherwertigen Arbeitsplatz anzubieten. Das gilt selbst dann, wenn das Betriebsratsmitglied
das Anforderungsprofil einer solchen Beförderungsstelle erfüllt.
37 aa) § 15 Abs. 5 Satz 1 KSchG verpflichtet den Arbeitgeber, dem Mandatsträger eine möglichst
gleichwertige Stellung anzubieten. Der gleichwertige Arbeitsplatz in der anderen Abteilung muss -
anders als im Fall des § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG - nicht frei sein. Ist ein gleichwertiger Arbeitsplatz
vorhanden und mit einem nicht durch § 15 KSchG geschützten Arbeitnehmer besetzt, muss der
Arbeitgeber grundsätzlich versuchen, den Arbeitsplatz durch Umverteilung der Arbeit, Ausübung
seines Direktionsrechts oder ggf. durch Kündigung für den Mandatsträger freizumachen(Senat
13. Juni 2002 - 2 AZR 391/01 - zu B I 3 a der Gründe, BAGE 101, 328; 18. Oktober 2000 - 2 AZR
494/99 - zu B I 1 a der Gründe, BAGE 96, 78). Ist ein gleichwertiger Arbeitsplatz in der anderen
Abteilung nicht vorhanden, ist der Arbeitgeber nach dem ultima-ratio-Grundsatz verpflichtet, dem
Mandatsträger, bevor er ihm gegenüber eine Beendigungskündigung erklärt, die Beschäftigung auf
einem geringerwertigen Arbeitsplatz anzubieten und hierzu ggf. eine Änderungskündigung
auszusprechen (Senat 2. März 2006 - 2 AZR 83/05 - Rn. 20, BAGE 117, 178; 28. Oktober 1999 -
2 AZR 437/98 - zu II 2 der Gründe, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 44 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 48).
38 bb) Teilweise wird die Auffassung vertreten, die nach § 15 Abs. 5 KSchG bestehende
Übernahmepflicht sei nicht auf gleich- oder geringerwertige Arbeitsplätze beschränkt. Bei Fehlen
anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten erstrecke sie sich auch auf höherwertige
Arbeitsplätze. Um dem Betriebsratsmitglied im kollektiven Interesse die Beschäftigung zu sichern,
sei danach zu fragen, ob der Mandatsträger aufgrund seiner fachlichen Qualifikation in der Lage
sei, einen Arbeitsplatz in einer anderen Betriebsabteilung zu besetzen.Bei Vorliegen dieser
Voraussetzungen sei der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet, dem Betriebsratsmitglied den
höherwertigen Arbeitsplatz anzubieten (LAG Rheinland-Pfalz 13. November 2007 - 1 Sa 914/06 -
Rn. 27, LAGE KSchG § 15 Nr. 20; Houben NZA 2008, 851, 855).
39 cc) Diese Auffassung überzeugt nicht. Gegen eine Verpflichtung des Arbeitgebers, das
Betriebsratsmitglied auf eine höherwertige, dh. eine Beförderungsstelle zu „übernehmen“,
sprechen der Rechtscharakter des § 15 KSchG als nur bestandssichernde Bestimmung und das
Verbot, Betriebsratsmitglieder wegen ihres Amtes zu begünstigen(im Ergebnis bspw. auch AnwK-
ArbR/Bröhl 2. Aufl. § 15 KSchG Rn. 62; KR/Etzel 9. Aufl. § 15 KSchG Rn. 127; HaKo-Fiebig
3. Aufl. § 15 KSchG Rn. 124; SPV/Vossen 10. Aufl. Rn. 1713; APS/Linck 3. Aufl. § 15 KSchG
Rn. 185b; ErfK/Kiel 10. Aufl. § 15 Rn. 47; HWK/Quecke 4. Aufl. § 15 KSchG Rn. 64).
40 (1) Im Rahmen des allgemeinen Kündigungsschutzes ist der Arbeitgeber regelmäßig nicht
verpflichtet, dem Arbeitnehmer zur Vermeidung einer Beendigungskündigung eine
Beförderungsstelle anzubieten(Senat 21. September 2000 - 2 AZR 440/99 - zu III 2 d cc der
Gründe, BAGE 95, 350; 7. Februar 1991 - 2 AZR 205/90 - zu B II 3 d der Gründe, BAGE 67, 198).
Etwas anderes kann nur in Ausnahmefällen gelten (vgl. dazu Senat 10. Juli 2008 - 2 AZR
1111/06 - Rn. 37, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1
Betriebsbedingte Kündigung Nr. 16).
41 (2) Für die Übernahmepflicht nach § 15 Abs. 5 Satz 1 KSchG gelten insoweit keine
Besonderheiten.
42 (a) Weder dem Wortlaut der Norm noch den Gesetzesmaterialien(vgl. die amtliche Begründung
zur Vorläuferregelung des § 13 Abs. 2 und 3 KSchG 1951, RdA 1951, 58, 65) lassen sich
Anhaltspunkte für eine weitergehende Pflicht des Arbeitgebers entnehmen.
43 (b) Nach ihrem Sinn und Zweck schränkt § 15 KSchG die Kündigungsbefugnisse des
Arbeitgebers insbesondere im Interesse der personellen Kontinuität des Betriebsrats ein. Das
Kollegialorgan Betriebsrat soll nach Möglichkeit vor einer personellen Auszehrung geschützt
werden. Den Arbeitgeber trifft nach § 15 Abs. 5 KSchG die Pflicht, das Arbeitsverhältnis in seinem
Bestand zu sichern und mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln für eine angemessene
Weiterbeschäftigung des Mandatsträgers zu sorgen(Senat 2. März 2006 - 2 AZR 83/05 - Rn. 17,
BAGE 117, 178; 17. März 2005 - 2 ABR 2/04 - zu B II 4 d aa der Gründe, AP KSchG 1969 § 15
Nr. 58 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 59). Bestandsschutz bedeutet grundsätzlich Erhaltung des
Arbeitsverhältnisses mit den bestehenden vertraglichen Verpflichtungen. Er verpflichtet den
Arbeitgeber nicht, den Arbeitnehmer zu für diesen deutlich günstigeren als den vereinbarten
Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen. Für ein solches - eingeschränktes - Verständnis der
Übernahmepflicht spricht der vom Gesetzgeber angestrebte Ausgleich zwischen dem Interesse
der Belegschaft an der Amtskontinuität des Betriebsrats einerseits und den berechtigten
wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers sowie seiner durch Art. 12 Abs. 1 GG
gewährleisteten Berufsausübungsfreiheit andererseits (vgl. Senat 18. September 1997 - 2 ABR
15/97 - zu C II 2 a der Gründe, BAGE 86, 298). Dieser Ausgleich würde gestört, wenn es nicht der
durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten unternehmerischen Freiheit des Arbeitgebers überlassen
bliebe zu entscheiden, welche Hierarchieebenen er einrichtet, welches Anforderungsprofil er für die
höherwertigen Stellen festlegt und welche Arbeitnehmer er für geeignet hält, die betreffenden
Aufgaben wahrzunehmen (vgl. Kiel FS Kreutz S. 211, 221).
44 (c) Hinzu kommt, dass Betriebsratsmitglieder nach § 78 Satz 2 Halbsatz 1 BetrVG wegen ihrer
Tätigkeit nicht begünstigt werden dürfen. Das gilt nach § 78 Satz 2 Halbsatz 2 BetrVG auch für
ihre berufliche Entwicklung. Auf eine solche Begünstigung liefe es hinaus, wäre der Arbeitgeber
verpflichtet, dem Betriebsratsmitglied nur wegen der Stilllegung einer Betriebsabteilung eine
Beförderungsstelle anzubieten. Damit würde der Mandatsträger eine Rechtsposition erlangen, die
ihm bei ungefährdetem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nicht zugestanden hätte. Zudem
bliebe der Arbeitgeber an die neuen vertraglichen Vereinbarungen auch über die Dauer des
Sonderkündigungsschutzes hinaus gebunden. Für eine so weitreichende Besserstellung des
Mandatsträgers bietet das Ziel der Sicherung der Amtskontinuität keine hinreichende Grundlage.
45 (d) Dazu stehen die Entscheidungen des Senats zum Verhältnis von § 78 Satz 2 BetrVG und § 15
KSchG im Fall einer(Massen-)Änderungskündigung zur Entgeltreduzierung (vgl. Senat 7. Oktober
2004 - 2 AZR 81/04 - zu II 6 der Gründe mwN, BAGE 112, 148; 29. Januar 1981 - 2 AZR 778/78 -
zu II 4 der Gründe, BAGE 35, 17) nicht im Widerspruch. Dort ging es - anders als im vorliegenden
Fall - nicht um die Frage, ob die Auslegung des Begriffs der „Übernahme“ zu einer auf Dauer
angelegten Besserstellung des Betriebsratsmitglieds führen kann.
46 d) Die Heranziehung von § 5 RSchA führt zu keinem anderen Ergebnis. Nach § 5 Abs. 1 und
Abs. 2 RSchA hat der Arbeitgeber dem von einer Rationalisierungsmaßnahme betroffenen
Arbeitnehmer, sofern dessen Weiterbeschäftigung an seinem bisherigen Arbeitsplatz nicht möglich
ist, eine Beschäftigung auf einem gleichwertigen Arbeitsplatz - vorrangig im selben Betrieb -
anzubieten. Wenn auf diesem Weg die Beschäftigung des Arbeitnehmers nicht gesichert werden
kann, greifen die Verpflichtungen des Arbeitgebers nach § 5 Abs. 3 und Abs. 4 RSchA zur
Weiterbeschäftigung auf einem „geeigneten und zumutbaren“ Arbeitsplatz ein. Aus dem
Stufenverhältnis der Regelungen folgt, dass es sich bei diesem „zumutbaren Arbeitsplatz“ um
einen im Vergleich zu der bisherigen Stelle des Arbeitnehmers geringerwertigen Arbeitsplatz
handelt. Dies wird bestätigt durch § 5 Abs. 8 RSchA, der auf den „angebotenen, geringer
bewerteten Arbeitsplatz“ abstellt und für den Fall der Annahme eines solchen Angebots vorsieht,
dass eine spätere Bewerbung des Arbeitnehmers auf einen - seiner früheren Stelle -
gleichwertigen Arbeitsplatz unter bestimmten Voraussetzungen bevorzugt zu berücksichtigen ist.
47 e) Die bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts tragen indessen nicht die Annahme,
die vom Kläger bezeichneten Stellen des „Bezirksdirektors“ und der „Nachwuchsführungskraft“
seien im vorstehenden Sinne als höherwertig anzusehen. Den Entscheidungsgründen lässt sich
schon nicht hinreichend deutlich entnehmen, worauf es diese Annahme stützt. Die Beklagte hat
sich darauf berufen, die Positionen seien deutlich höher dotiert als die bisher vom Kläger
verrichtete Tätigkeit und dieser erfülle ihr Anforderungsprofil nicht. Beides hat der Kläger bestritten.
Mit Recht hat er zudem geltend gemacht, die Gleich- bzw. Höherwertigkeit der fraglichen Stellen
sei ausgehend von seiner Eingruppierung in die Gehaltsgruppe VI MTV zu beurteilen. Dies folgt,
ohne dass es dabei auf die Frage der tarifgerechten Bewertung der vom Kläger zuletzt ausgeübten
Tätigkeit ankäme, aus § 7 Abs. 1 RSchA iVm. den aus Anlass der Stellenneubewertung
abgegebenen Erklärungen der Parteien. Nach § 7 Abs. 1 RSchA war für eine Abgruppierung im
Zusammenhang mit der im Jahr 2004 durchgeführten Rationalisierungsmaßnahme eine
Änderungskündigung oder - nach Unterrichtung der Arbeitnehmervertretung - Einvernehmen
erforderlich. Eine Änderungskündigung hat die Beklagte nicht erklärt, sodass offenbleiben kann, ob
diese mit Rücksicht auf § 15 Abs. 1 KSchG zulässig gewesen wäre. Seine Zustimmung zur
Herabgruppierung hat der Kläger ausdrücklich verweigert.
48 f) Der Senat vermag zudem nicht abschließend zu beurteilen, ob die Beklagte dem Kläger ggf. ein
Angebot zur Weiterbeschäftigung als Agenturleiter unterbreiten musste.
49 aa) Das Landesarbeitsgericht geht allerdings zutreffend davon aus, dass dem Kläger bei
Übernahme einer solchen Tätigkeit keine dauerhafte Entgeltsicherung zusteht und die Beklagte
daher nicht verpflichtet war, ihm eine Beschäftigung zu einer solchen Bedingung anzubieten.
50 (1) Die Beklagte zahlt ihren im werbenden Außendienst beschäftigten Agenturleitern nach den
nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ein monatliches Festgehalt in Höhe
von 1.780,00 Euro zzgl. variabler Vergütungsbestandteile.
51 (2) Ein Anspruch des Klägers auf Beibehaltung des von ihm zuletzt nach der Gehaltsgruppe VI
MTV bezogenen Gehalts ergibt sich nicht aus den Regelungen in II. 1.2.1 des „Sozialplans zum
Handlungsprogramm ‚Neue Volksfürsorge’“. Dagegen spricht, dass die Vergütung der Mitarbeiter
im werbenden Außendienst(Angestellte im Sinne des Teils III des MTV) nicht einem tariflichen
Entgeltschema folgt. Im Hinblick darauf kann nicht von einem Einsatz „auf einer niedriger
bewerteten Stelle“ gesprochen werden, an den die nach dem Sozialplan vorgesehene
Entgeltsicherung anknüpft. Im Übrigen haben die Betriebsparteien unter I. 1.2.7 des Sozialplans für
den Wechsel in den (Werbe-)Außendienst ein in sich geschlossenes Regelungssystem vereinbart.
Nach Ablauf einer bestimmten Frist sollte sich die Vergütung erkennbar nur nach den für den
werbenden Außendienst geltenden Regelungen richten.
52 (3) Etwas anderes ergibt sich nicht aus Nr. 4 des Abschlussprotokolls zum Sozialplan. Danach
bleibt den Außendienstpartnern eine ihnen aus der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 30. Januar
2004 zustehende Gehaltssicherung erhalten. Ob sich der Kläger darauf überhaupt berufen könnte,
bedarf keiner Entscheidung. Auch das Abschlussprotokoll sieht jedenfalls für den Wechsel in den
Außendienst in Nr. 11 eigenständige Regelungen zur Verdienstsicherung vor, die nach drei
Monaten auslaufen.
53 (4) Ein Anspruch auf Entgeltsicherung folgt auch nicht aus § 7 Abs. 2 RSchA oder § 15 Abs. 5
KSchG.
54 Der persönliche Geltungsbereich des RSchA beschränkt sich nach seiner Präambel auf
Arbeitnehmer, die als Mitarbeiter des Innendienstes unter Teil II des MTV fallen.
Anknüpfungspunkt für die Entgeltsicherung gemäß § 7 Abs. 2 RSchA ist dabei die „Abgruppierung“
eines Arbeitnehmers und damit dessen veränderte Einstufung in die tarifliche Entgeltordnung. Dies
zeigt, dass die Bestimmung für einen Wechsel vom Innendienst in den Werbeaußendienst, für den
ein Entgeltschema nicht besteht, keine Geltung beansprucht.
55 § 15 KSchG gewährt dem Mandatsträger zwar Bestandsschutz, nicht aber Arbeitsentgeltschutz
für den Fall, dass er auf einen Arbeitsplatz übernommen wird, für den schlechtere oder völlig
andere Bedingungen gelten.
56 bb) Das bedeutet nicht, dass die Beklagte davon absehen durfte, dem Kläger zur Vermeidung
einer Beendigungskündigung die Weiterbeschäftigung als Agenturleiter zu üblichen Bedingungen
im Rahmen einer Änderungskündigung anzubieten.
57 (1) Grundsätzlich muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer jede mögliche Beschäftigung, die er
ihm nicht kraft seines Direktionsrechts zuweisen kann, von sich aus, ggf. mittels
Änderungskündigung anbieten(KR/Etzel 9. Aufl. § 15 KSchG Rn. 128). Eine Änderungskündigung
darf nur in „Extremfällen” unterbleiben, wenn der Arbeitgeber bei vernünftiger Betrachtung nicht mit
einer Annahme des neuen Vertragsangebots durch den Arbeitnehmer rechnen konnte, ein
derartiges Angebot vielmehr beleidigenden Charakter gehabt hätte. Der Arbeitnehmer soll
grundsätzlich selbst entscheiden können, ob er eine Weiterbeschäftigung unter ggf. erheblich
verschlechterten Arbeitsbedingungen annimmt oder nicht (st. Rspr., vgl. Senat 21. September
2006 - 2 AZR 607/05 - Rn. 34, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 130 = EzA KSchG § 2 Nr. 62; 21. April
2005 - 2 AZR 132/04 - zu B II 4 c der Gründe, BAGE 114, 243). Ein wesentliches Indiz für das
Vorliegen einer „Extremsituation” ist das Verhalten des Arbeitnehmers nach Ausspruch einer
Beendigungskündigung und während des Kündigungsschutzprozesses. Beruft er sich nicht
zeitnah auf eine ihm bekannte Beschäftigungsmöglichkeit, spricht vieles dafür, dass er selbst
keine zumutbaren Weiterbeschäftigungsperspektiven mehr sieht und der Arbeitgeber ein
entsprechendes Änderungsangebot nicht unterbreiten musste. Dies indiziert, dass der
Arbeitnehmer das betreffende Angebot schon vor Ausspruch der Kündigung nicht - auch nicht
unter Vorbehalt - angenommen hätte (Senat 21. September 2006 - 2 AZR 607/05 - Rn. 46, aaO;
21. April 2005 - 2 AZR 132/04 - aaO). Diese Grundsätze finden auch im Rahmen von § 15 Abs. 5
KSchG Anwendung (KR/Etzel 9. Aufl. § 15 KSchG Rn. 128).
58 (2) Danach erscheint fraglich, ob die Äußerung des Klägers, er verlange im Fall einer
Beschäftigung als Agenturleiter eine Entgeltsicherung, so verstanden werden kann, dass er
keinesfalls bereit sei, diese Tätigkeit zu den üblichen Bedingungen zu übernehmen. Dagegen
spricht, dass er sich bereits in seinem unmittelbar auf die Güteverhandlung vom 16. August 2007
folgenden Schriftsatz vom 10. Oktober 2007 darauf berufen hat, die Beklagte habe ihm ein
entsprechendes Angebot zumindest im Wege einer Änderungskündigung unterbreiten müssen.
Vor diesem Hintergrund ist nicht auszuschließen, dass seine Protokollerklärung lediglich der
Bekräftigung seines Rechtsstandpunkts dienen sollte, ihm stehe eine solche Entgeltsicherung zu.
Hinzu kommt, dass der Kläger zwischenzeitlich ein ihm im Wege der vorsorglichen
Änderungskündigung unterbreitetes Angebot zur Beschäftigung als Agenturleiter zu üblichen
Bedingungen unter dem Vorbehalt des § 2 KSchG angenommen hat.
59 (3) Sollten sich über die Prozesserklärungen des Klägers hinaus keine weiteren Tatsachen
feststellen lassen, aus denen sich klar und deutlich ableiten ließe, dass er ein entsprechendes
Änderungsangebot noch nicht einmal unter Vorbehalt angenommen hätte, kann von der
Entbehrlichkeit einer Änderungskündigung nicht ausgegangen werden. Es kommt dann darauf an,
ob der Beklagten - wie von ihr geltend gemacht - eine Übernahme des Klägers auf einen solchen
Arbeitsplatz aus anderen Gründen nicht möglich war.
60 III. Da der Senat die erforderlichen Tatsachenfeststellungen nicht selbst treffen kann, war das
angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an
das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird zunächst zu prüfen haben, ob die
Arbeitseinheit, in der der Kläger beschäftigt war, die Voraussetzungen einer Betriebsabteilung iSv.
§ 15 Abs. 5 KSchG erfüllt. Dazu bedarf es weiteren Sachvortrags der Beklagten, der vorab
Gelegenheit zu geben sein wird, ihn nachzuholen. Ggf. wird sich das Landesarbeitsgericht sodann
mit den weiteren Punkten zu befassen und dafür die erforderlichen Feststellungen zu treffen
haben.
Kreft
Schmitz-
Scholemann
Berger
K. Schierle
Dr. Roeckl