Urteil des BAG vom 19.03.2014

BAG: allgemeine geschäftsbedingungen, anstellungsvertrag, vergütung, aufschiebende bedingung, abfindung, beendigung, kurzarbeit, sozialplan, arbeitsmarkt, arbeitsgericht

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 19.3.2014, 5 AZR 299/13
(F)
Transferarbeitsverhältnis - Vergütungspflicht
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des
Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. Januar 2011 -
7 Sa 503/10 - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten über die Feststellung von Vergütungsansprüchen wegen
Annahmeverzugs zur Tabelle.
2 Der 1958 geborene Kläger war seit 1974 bei der D (im Folgenden: D) bzw. deren
Rechtsvorgängerin am Standort L beschäftigt, zuletzt als Laborleiter. Im Dezember 2008
vereinbarten D und der Gesamtbetriebsrat einen Interessenausgleich, einen
Transfersozialplan und eine Gesamtbetriebsvereinbarung zur Durchführung einer
Transfermaßnahme. Danach kündigte D das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt ordentlich
zum 30. Juni 2009.
3 Unter dem 2./19. Februar 2009 schlossen D, der Kläger und die S (im Folgenden:
Schuldnerin) einen dreiseitigen Aufhebungs- und Anstellungsvertrag (im Folgenden:
Anstellungsvertrag), der auszugsweise lautet:
„I.
Präambel
1.
D wird aus wirtschaftlichen Gründen einen Abbau von
Arbeitsplätzen am Standort L durchführen.
2.
Um die damit verbundenen wirtschaftlichen Nachteile für die
betroffenen Arbeitnehmer auszugleichen, haben D und der
Gesamtbetriebsrat von D am 07.11.2008 einen Interessenausgleich
und einen Sozialplan abgeschlossen. Dem Arbeitnehmer sind die
darin getroffenen Vereinbarungen bekannt. Ihm ist auch bekannt,
dass sein Arbeitsplatz betriebsbedingt wegfällt.
3.
Die Parteien dieses Vertrages gehen davon aus, dass D
Transferkurzarbeit im Sinne des § 216b SGB III beantragt und dass
dieses von der Arbeitsverwaltung genehmigt und gefördert wird.
4.
S wird eine betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit („beE“)
innerhalb der S einrichten, deren Zweck darin besteht, für die Dauer
von
längstens
9
Monaten
Transferkurzarbeit
und
Qualifizierungsmaßnahmen ausschließlich für die betroffenen
Arbeitnehmer durchzuführen. S führt die beE im Sinne des § 216b
SGB III.
Im Hinblick darauf schließen die Parteien folgende dreiseitige Vereinbarung:
II. Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Arbeitnehmers mit D
1.
In Kenntnis der in der Präambel genannten Fakten vereinbaren der
Arbeitnehmer und D die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus den im
Interessenausgleich und Sozialplan vom 07.11.2008 genannten
betriebsbedingten Gründen einvernehmlich zum 30. Juni 2009.
3.
Als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes erhält der Arbeitnehmer
zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit D eine mit dem
Arbeitnehmer (…) vereinbarte Abfindung als Einmalzahlung. Die schon jetzt
entstandene und damit vererbliche Abfindung beträgt EUR 70.000,00 brutto.
III.
Befristeter Anstellungsvertrag mit der S
1.
Gegenstand und Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses mit der S
a.
Der Arbeitnehmer und die S schließen hiermit einen befristeten
Arbeitsvertrag für die Dauer vom 1. Juli 2009 bis zum 31. März 2010. Das
Arbeitsverhältnis endet mit dem Beendigungsdatum automatisch, ohne dass
es einer Kündigung bedarf.
b.
Grundlage für diesen Arbeitsvertrag ist die Durchführung von Maßnahmen
zur Beschäftigung, Qualifizierung und beruflichen Neuorientierung des
Arbeitnehmers. Neben der Aufnahme in die S umfassen diese Maßnahmen:
Erstellung eines Berufswege- und Qualifizierungsplanes
Unterstützung bei der Integration in den ersten Arbeitsmarkt
Betrieb eines Beratungsbüros
Initiierung und Durchführung von Qualifizierungsmaßnahmen
Initiierung
und
Vermittlung
von
betrieblichen
Einarbeitungsprogrammen (Praktika)
e.
Dieser Arbeitsvertrag ist im Hinblick auf die Rechtsbeziehungen zwischen
dem Arbeitnehmer und S bis zur tatsächlichen Errichtung der beE und bis
zur Bewilligung des Transferkurzarbeitergeldes im Sinne des § 216b
SGB III durch die Arbeitsverwaltung aufschiebend bedingt, d.h. er entfaltet
Gültigkeit in dem vorgenannten Umfang nur bei Errichtung der beE und
Bewilligung des Transferkurzarbeitergeldes. Im Falle, dass die
aufschiebende Bedingung nicht eintritt, endet das Arbeitsverhältnis mit D
nicht zu dem Beendigungszeitpunkt, sondern mit Ablauf der individuellen
Kündigungsfrist. Abschnitt II dieser Vereinbarung bleibt hiervon unberührt.
f.
Bereits vor dem Eintritt in die beE wird der Arbeitnehmer an einer
Maßnahme
zur
Feststellung
der
Leistungsfähigkeit,
seiner
Arbeitsmarktchancen und seines individuellen Qualifikationsbedarfs (sog.
‚Profiling‘) teilnehmen.
2.
Vergütung
a.
Der Arbeitnehmer erhält ein monatliches Entgelt, das sich aus Zahlungen
der Agentur für Arbeit und aus Zahlungen von D zusammensetzt.
Die Agentur für Arbeit zahlt Transferkurzarbeitergeld (Transfer-Kug) gemäß
§ 216b SGB III in Höhe von 60 % bzw. 67 % (je nach dem, ob auf der
Lohnsteuerkarte ein Kinderfreibetrag mit Zähler von mindestens 0,5
eingetragen ist) des bisherigen pauschalierten Nettoentgelts. Das
pauschalierte Nettoentgelt ist das um die gesetzlichen Entgeltabzüge
verminderte individuelle Bruttoarbeitsentgelt. Das Bundesministerium für
Wirtschaft und Arbeit legt jeweils für ein Kalenderjahr die für die
Berechnung des Transfer-Kug maßgeblichen pauschalierten monatlichen
Nettoentgelte fest. Dieses wird von D auf 80 % des Nettoentgelts
aufgestockt (‚Aufstockungszahlung‘).
Als Bezugsbasis für die Berechnung des monatlichen Nettoentgelts wurden
nur die Entgeltbestandteile herangezogen, die förderfähig sind im Sinne des
§ 216b SGB III. Diese sind das monatliche fixe Bruttoentgelt (z.B.
Tarifentgelt, AT-Entgelt, Persönlicher Besitzstand, Erschwerniszulage,
Schichtzulage, Vorarbeiterzulage) sowie der Arbeitgeberanteil zur
vermögenswirksamen Leistung, soweit dieser monatlich ausbezahlt wird.
Damit bleiben Einmalzahlungen, Entgelt für Mehrarbeit und
sozialversicherungsfreie
Zuschläge
(z.B.
Feiertags-
und
Sonntagszuschläge sowie Nachtzuschläge) bei der Berechnung der
Bezugsbasis außer Betracht.
Grundlage für die Berechnungen der unter a. genannten Bezüge ist die von
D übermittelte Gehaltszusammensetzung bestehend aus dem berechneten
Bruttoarbeitsentgelt gemäß der Gesamtbetriebsvereinbarung ‚Durchführung
einer Transfermaßnahme‘ vom 07.11.2008 in Höhe von
EUR 4.122,60
Dieser Betrag erhöht sich um den berücksichtigungsfähigen Betrag der
Tariferhöhung 2009.
Soweit sich das bisherige Nettoentgelt durch besondere Steuerfreibeträge
etc. erhöht hat, die in die Bemessung des Kurzarbeitergeldes nicht
einfließen, bleiben diese Beträge für die Berechnung der
Aufstockungszahlung ebenfalls unberücksichtigt. Unberücksichtigt bleiben
insoweit auch zukünftige Lohnerhöhungen.
Das Transferkurzarbeitergeld sowie der Aufstockungsbetrag werden
monatlich, nachträglich jeweils zum Monatsende, auf das vom Arbeitnehmer
zu benennende Konto überwiesen.
3.
Arbeitszeit
a.
Grundsätzlich wird Kurzarbeit Null realisiert. Soweit während des Verlaufs
dieses Arbeitsverhältnisses unter Pkt. III, 1 b. genannten Maßnahmen
durchgeführt werden, gilt als durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit eine
solche von 37,5 Stunden, bei Teilzeitmitarbeitern die zuvor mit ihnen bei D
vereinbarte Arbeitszeit.
b.
Nimmt der Arbeitnehmer im Rahmen der Transferkurzarbeit an einer
Qualifizierungsmaßnahme teil, so muss er die Unterrichtszeiten der
jeweiligen Maßnahme einhalten, wie sie von der Agentur für Arbeit oder
dem Veranstalter der Maßnahme festgelegt werden.
c.
Die Lage der Arbeitszeit ergibt sich im Übrigen jeweils aus den
Erfordernissen der aktiven Mitwirkungspflicht und wird dementsprechend
durch S festgelegt.
9.
Verpflichtungen des Arbeitnehmers
a.
Mit Unterzeichnung dieses Vertrages erklärt der Arbeitnehmer ausdrücklich
sein Einverständnis mit der Transferkurzarbeit ‚Null‘ (Null Stunden
Arbeitszeit).
b.
Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, sich vor Beginn der Maßnahmen bei der
Bundesagentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden.
c.
Während der Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses hat der
Arbeitnehmer
an
den
angebotenen
Weiterbildungs-
und
Qualifizierungsmaßnahmen, die von Seiten der Agentur für Arbeit oder S
vorgeschlagen werden, teilzunehmen. Er ist verpflichtet, an der Suche nach
einem neuen Arbeitsplatz aktiv mitzuwirken und sich in ein anderes
Arbeitsverhältnis auf dem ersten Arbeitsmarkt vermitteln zu lassen. Im
Rahmen der bestehenden Gesetze sowie der Möglichkeiten der S werden
persönliche Wünsche hinsichtlich einer Fortbildung berücksichtigt.
…“
4 Im Juli 2009 leistete D auf der Grundlage eines zwischen ihr und der Schuldnerin
gesondert abgeschlossenen Dienstleistungsvertrags dieser einen Vorschuss iHv.
100.000,00 Euro auf die für das erste Vierteljahr zu erwartenden Aufwendungen. Nach
Einleitung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der D teilte der vorläufige
Insolvenzverwalter der Schuldnerin am 22. Oktober 2009 mit, dass keine weiteren
Zahlungen erfolgen würden. Angesichts dessen schloss diese mit 17 der 20 Beschäftigten
Aufhebungsverträge. Der Kläger sowie zwei weitere Kollegen lehnten dies ab.
5 Mit Schreiben vom 30. Oktober 2009 kündigte die Schuldnerin das „bestehende befristete
Arbeitsverhältnis“ mit dem Kläger außerordentlich fristlos. Diese Kündigung löste das
Arbeitsverhältnis nicht auf (BAG 24. Januar 2013 - 2 AZR 453/11 -).
6 Der Kläger hat für die Monate November 2009 bis März 2010 Vergütung wegen
Annahmeverzugs verlangt und geltend gemacht, die Schuldnerin habe als Arbeitgeberin
für die vertraglich vereinbarte Vergütung einzustehen. Geschuldet sei eine
Nettovergütung, weil das Transferkurzarbeitergeld nach dem Anstellungsvertrag „auf 80 %
des Nettoentgelts“ aufzustocken sei.
7 Der Kläger hat, soweit für die Revision von Interesse, beantragt,
die Schuldnerin zu verurteilen, an ihn Arbeitsentgelt
a) für November 2009 iHv. 1.358,33 Euro netto abzüglich an die Agentur für
Arbeit übergegangener 1.307,70 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2009,
b) für Dezember 2009 iHv. 1.358,33 Euro netto abzüglich an die Agentur für
Arbeit übergegangener 1.351,29 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2010,
c) für Januar 2010 iHv. 1.548,12 Euro netto abzüglich an die Agentur für Arbeit
übergegangener 1.351,29 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Februar 2010,
d) für Februar 2010 iHv. 1.548,12 Euro netto abzüglich an die Agentur für Arbeit
übergegangener 1.220,52 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. März 2010,
e) für März 2010 iHv. 1.548,12 Euro netto abzüglich an die Agentur für Arbeit
übergegangener 1.351,29 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2010
zu zahlen.
8 Die Schuldnerin hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, sie sei nicht zur
Zahlung eines Arbeitsentgelts verpflichtet. Die Vergütung in der Transfergesellschaft
bestehe vertragsgemäß lediglich aus dem Transferkurzarbeitergeld und der
Aufstockungsleistung von D, die zudem eine Bruttovergütung sei.
9 Das Arbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat
unter Zurückweisung der Berufung des Klägers auf die Berufung der Schuldnerin die
Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision hat der
Kläger zunächst seine Klageanträge weiterverfolgt.
10 Das Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein hat mit Beschluss vom 24. Juli 2012 - 3 f IN
248/12 Lu - über das Vermögen der Schuldnerin, die im Laufe des Revisionsverfahrens in
O umfirmierte, das Insolvenzverfahren eröffnet und den Revisionsbeklagten zum
Insolvenzverwalter bestellt. Nachdem dieser die zur Insolvenztabelle angemeldeten
Forderungen bestritt, hat der Kläger den Rechtsstreit gegen den Insolvenzverwalter
aufgenommen. Er begehrt nunmehr die Feststellung der Forderungen zur
Insolvenztabelle. Der Insolvenzverwalter beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
11 Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die zur Insolvenztabelle angemeldeten
Forderungen bestehen nicht.
12 I. Die Klage ist zulässig.
13 1. Der Kläger hat den durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen
der Schuldnerin gemäß § 240 ZPO unterbrochenen Rechtsstreit wirksam gegen den
Insolvenzverwalter aufgenommen, § 87 iVm. § 179 Abs. 1, § 180 Abs. 2 InsO. Bei der
ursprünglich eingeklagten Vergütung wegen Annahmeverzugs handelt es sich um eine
Insolvenzforderung iSv. § 38 InsO. Sie resultiert aus der Zeit vor der Eröffnung des
Insolvenzverfahrens.
14 2. Der Übergang von den ursprünglichen Leistungsanträgen zum Antrag auf Feststellung
der Forderungen zur Insolvenztabelle ist keine in der Revisionsinstanz unzulässige
Klageänderung iSv. § 263 ZPO, sondern gemäß § 264 Nr. 3 ZPO statthaft (vgl. BGH
31. Oktober 2012 - III ZR 204/12 - Rn. 22, BGHZ 195, 233).
15 II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Schuldnerin keinen Anspruch auf
Vergütung wegen Annahmeverzugs.
16 1. Zwar bestand zwischen dem Kläger und der Schuldnerin aufgrund des dreiseitigen
Vertrags auch im Streitzeitraum ein Arbeitsverhältnis. Davon hat der Senat aufgrund der
rechtskräftigen Entscheidung im Kündigungsschutzprozess (BAG 24. Januar 2013 - 2 AZR
453/11 -) auszugehen. Jedoch begründet der Anstellungsvertrag keine eigenständige
Vergütungspflicht der Schuldnerin. Das ergibt die Auslegung des Anstellungsvertrags.
17 2. Bei den Klauseln des Anstellungsvertrags handelt es sich um Allgemeine
Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Dafür begründet bereits das
äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung (vgl. BAG 17. August 2011 - 5 AZR
406/10 - Rn. 11 mwN, BAGE 139, 44), der keine der Parteien entgegengetreten ist. Die
Bedingungen des Anstellungsvertrags sind auch von der Schuldnerin gestellt. Denn sie
hat sich den von D vorformulierten dreiseitigen Vertrag jedenfalls hinsichtlich der Klauseln
des Anstellungsvertrags zu Eigen gemacht (vgl. allgemein zur Zurechnung von
Vertragsbedingungen: BGH 1. März 2013 - V ZR 31/12 - Rn. 17 mwN).
18 Allgemeine Geschäftsbedingungen sind - ausgehend vom Vertragswortlaut - nach ihrem
objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen
und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise
beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des
durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (st. Rspr.,
vgl. zB BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 38 mwN). Die Auslegung Allgemeiner
Geschäftsbedingungen ist durch das Revisionsgericht uneingeschränkt überprüfbar
(st. Rspr., vgl. zB BAG 21. August 2013 - 5 AZR 581/11 - Rn. 19 mwN).
19 3. Die Auslegung nach diesem Maßstab ergibt, dass der Anstellungsvertrag die
Schuldnerin nicht zu einer eigenständigen Entgeltleistung verpflichtet.
20 a) Nr. III. 2. Buchst. a Abs. 1 Anstellungsvertrag bestimmt, dass der Kläger für die
Teilnahme an der Maßnahme ein monatliches Entgelt erhält, das sich aus Zahlungen der
Agentur für Arbeit und aus Zahlungen von D zusammensetzt. Dabei stand das befristete
Arbeitsverhältnis mit der Transfergesellschaft unter der aufschiebenden Bedingung der
Bewilligung von Transferkurzarbeitergeld (Nr. III. 1. Buchst. e Anstellungsvertrag), das D
beantragt (Nr. I. 3. Anstellungsvertrag), und nicht die Transfergesellschaft, sondern
wiederum D auf 80 % des Nettoentgelts aufstockt (Nr. III. 2. Buchst. a Abs. 4 Satz 4
Anstellungsvertrag).
21 Bei einer solchen Vertragsgestaltung darf ein redlicher und verständiger Arbeitnehmer
nicht annehmen, dass neben der vorgesehenen Sozialleistung aus dem Recht der
Arbeitsförderung und der betriebsverfassungsrechtlich begründeten, der Abfederung des
Personalabbaus dienenden Aufstockungsleistung des bisherigen Arbeitgebers ein
eigenständiger Vergütungsanspruch gegen die Transfergesellschaft begründet wird.
Diese sollte - wie für das Transferkurzarbeitergeld, das gemäß § 320 Abs. 1 Satz 2 SGB III
vom Arbeitgeber an die Arbeitnehmer weitergeleitet wird (vgl. BAG 22. April 2009 - 5 AZR
310/08 - Rn. 17, BAGE 130, 331) - erkennbar nur die technische Abwicklung der
Entgeltzahlung übernehmen.
22 b) Zudem nimmt die Klausel mit der Formulierung „Zahlungen von D“ Bezug auf die in der
Präambel des dreiseitigen Vertrags aufgeführten Betriebsvereinbarungen, aus denen ein
durchschnittlicher Arbeitnehmer erkennen kann, dass D sich verpflichtete, den zu
entlassenden Mitarbeitern bei der beruflichen Neuorientierung behilflich zu sein, und die
Transfergesellschaft lediglich zur Durchführung der Maßnahme eingeschaltet wird.
Dementsprechend stockt nach Nr. IV. Abs. 3 Satz 2 Interessenausgleich D - und nicht die
Transfergesellschaft - das Transferkurzarbeitergeld mit einem monatlichen Zuschuss auf.
Auch Nr. IV. 1.2 Transfersozialplan, der eine - beim Kläger nicht umgesetzte -
Reduzierung der Abfindung in Abhängigkeit von der Verweildauer in der
Transfergesellschaft vorsieht, verdeutlicht, dass die Aufstockung eine Leistung von D ist.
23 c) Sonstige Vertragsbedingungen verleiten einen verständigen Arbeitnehmer ebenfalls
nicht zu der Annahme, es bestehe ein eigenständiger Vergütungsanspruch gegen die
Transfergesellschaft. Nach Nr. III. 3. Buchst. a Anstellungsvertrag wird vielmehr „Kurzarbeit
Null realisiert“ und der Kläger hat in der Transfergesellschaft keine Arbeitsleistung im
üblichen Sinne zu erbringen, sondern lediglich an allein ihm nützlichen Weiterbildungs-
und Qualifizierungsmaßnahmen teilzunehmen, Nr. III. 9. Buchst. c Anstellungsvertrag. Des
Weiteren verdeutlicht die Pflicht, sich vor Beginn der Maßnahme bei der Bundesagentur
für Arbeit arbeitssuchend zu melden, an von dieser angebotenen Weiterbildungs- und
Qualifizierungsmaßnahmen teilzunehmen und aktiv an der Suche nach einem neuen
Arbeitsplatz mitzuwirken (Nr. III. 9. Buchst. b und c Anstellungsvertrag), dass die
Teilnahme an der Maßnahme kein reguläres Arbeitsverhältnis begründet und eine
eigenständige „Vergütung“ seitens der Transfergesellschaft nicht zu erwarten ist.
24 4. Dem steht die - formale - Arbeitgeberstellung der Transfergesellschaft nicht entgegen.
Zwar darf im Normalfall der Arbeitnehmer annehmen, dass der Arbeitgeber als Gläubiger
der vereinbarten Dienste entsprechend § 611 Abs. 1 BGB auch Schuldner der
vereinbarten Vergütung ist. Im Streitfall haben die Parteien aber für den Sonderfall des
befristeten Transferarbeitsverhältnisses, in dem gerade keine produktive Arbeitsleistung
zu erbringen ist (BAG 9. Mai 2011 - 10 AZB 1/11 - Rn. 18), ausdrücklich etwas anderes
vereinbart.
25 5. Der Einwand des Klägers, bei einer solchen Vertragsgestaltung trage der Arbeitnehmer
das Risiko der Insolvenz seines bisherigen Arbeitgebers, ist richtig, vermag der Klage aber
nicht zum Erfolg zu verhelfen. Dieses Insolvenzrisiko trifft den Kläger auch hinsichtlich der
vereinbarten Abfindung, einer weiteren Leistung zur Milderung der Nachteile des
Personalabbaus. Außerdem steht der Kläger hinsichtlich des Insolvenzrisikos nicht
anders, als er stünde, wenn sein bisheriger Arbeitgeber die Transfermaßnahmen
unternehmensintern durchgeführt und nicht - was allerdings Voraussetzung einer
Förderung ist (§ 216a SGB III in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung bzw.
nunmehr § 110 SGB III) - einen Dritten eingeschaltet hätte.
26 III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller-Glöge
Biebl
Weber
A. Christen
Rahmstorf