Urteil des BAG vom 02.07.2008

BAG (anlage, tätigkeit, pflegepersonal, arbeitsvertrag, vergütung, tarifvertrag, bezug, arbeitnehmer, gewerkschaft, arbeitsverhältnis)

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 2.7.2008, 4 AZR 291/07
Eingruppierung einer Krankenschwester nach MTV Pro Seniore - Bewährungsaufstieg - keine
Rechtskraft einer Entscheidung über eine Vorfrage im Vorprozess für Folgeprozesse
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-
Brandenburg vom 12. Februar 2007 - 10 Sa 1867/06 - wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten über die Anwendung eines Tarifwerks und sich daraus ergebende
Vergütungsansprüche der Klägerin.
2 Die Klägerin ist 36 Jahre alt. Sie wurde zum 1. April 1997 in das Krankenheim G, das damals in der
Trägerschaft der G Krankenheim G GmbH stand, als “Krankenschwester” eingestellt. Im
Arbeitsvertrag ist eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe Kr. Va vorgesehen. Im
Arbeitsvertrag ist weiter bestimmt, das Arbeitsverhältnis der Klägerin regele “sich in Anlehnung an
den Tarifvertrag für Angestellte in Privatkrankenanstalten vom 10. Juli 1989 und nach den diesen
Tarifvertrag ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Maßgeblich ist hinsichtlich
der vorbezeichneten Tarifverträge die für den Arbeitnehmer jeweils gültige Fassung.” Die Klägerin,
die nach ihrem Arbeitsvertrag auch andere nach ihrer Ausbildung und ihren Kenntnissen zumutbare
Arbeiten zu übernehmen hat, ist nicht Mitglied einer Gewerkschaft.
3 Das Krankenheim G ging mit Wirkung zum 1. August 1998 auf die Beklagte über.
4 Am 24. September 2004 unterzeichneten die Pro Seniore Consulting und Conception für
Senioreneinrichtungen AG (im Folgenden: Pro Seniore AG) und die Gewerkschaft ver.di
verschiedene Tarifverträge, nämlich den Manteltarifvertrag (im Folgenden: MTV) mit den Anlagen A
und B, den Tarifvertrag über eine Zuwendung (im Folgenden: ZuwendungsTV) und den
Vergütungstarifvertrag Nr. 1 (im Folgenden: VTV Nr. 1). Der betriebliche Geltungsbereich der
Tarifverträge wurde in verschiedenen Formulierungen, aber mit einheitlicher Wirkung auf die in der
Anlage A im Einzelnen aufgeführten 21 zum Konzern der Pro Seniore AG gehörenden
Seniorenheimbetriebsgesellschaften mit insgesamt ebenfalls aufgeführten 96 “Residenzen”
(Einrichtungen) erstreckt. Dabei ist die Anlage A zum Manteltarifvertrag überschrieben mit “Anlage
A zum Manteltarifvertrag vom 24.09.2004 zwischen der Pro Seniore Consulting und Conception für
Senioreneinrichtungen AG handelnd für die nachstehend aufgeführten
Seniorenheimbetriebsgesellschaften vertreten durch den Vorstand …”. Die Beklagte gehört zu den
in der Aufstellung genannten Gesellschaften.
5 Nach unwidersprochen gebliebener Darstellung der Beklagten sollten mit dem Abschluss der
Konzerntarifverträge die Arbeitsbedingungen der von den Konzerngesellschaften bundesweit
beschäftigten Arbeitnehmer, deren Arbeitsverträge sehr unterschiedliche Regelungen aufweisen,
möglichst vereinheitlicht werden. In der Folge kam es jedoch bundesweit zu zahlreichen
Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und den jeweiligen Gesellschaften sowie zwischen dem
Konzern und der Gewerkschaft ver.di über die Auslegung und Anwendung der Tarifverträge. Ein
Schwerpunkt der Konflikte war dabei die Eingruppierung der Arbeitnehmer in dem im MTV und in
dessen Anlage B geregelten Vergütungssystem.
6 Die Klägerin, die die Auffassung vertritt, das am 24. September 2004 vereinbarte Tarifwerk sei auf
Grund arbeitsvertraglicher Bezugnahme auch für ihr Arbeitsverhältnis maßgebend, und der
gegenüber dies auch so rechtskräftig entschieden wurde, als sie vor dem Landesarbeitsgericht
Berlin eine tarifliche Sonderzahlung beanspruchte, die sich zwar aus dem arbeitsvertraglich in
Bezug genommenen Tarifvertrag, nicht aber aus dem MTV ergab (LAG Berlin 28. Oktober 2005 -
17 Sa 1466/05 -) , hat mit ihrer Klage geltend gemacht, sie sei seit dem 1. Januar 2005 in
Vergütungsgruppe Ap Va der Anlage B des MTV - Pflegepersonal - eingruppiert. Sie habe sich in
der Tätigkeit als Altenpflegerin zwei Jahre bewährt. Es komme für ihren Bewährungsaufstieg nicht
darauf an, dass diese Zeit nach Inkrafttreten des MTV zurückgelegt worden sei. Ein anderes
Verständnis sei gleichheitswidrig. Nähere Darlegungen zu ihrer Tätigkeit als Altenpflegerin
erübrigten sich, da dieses Tätigkeitsmerkmal als einziges auf die Tätigkeit der Klägerin zutreffe. Die
begehrte Eingruppierung ergebe sich auch aus ihrem Arbeitsvertrag, nachdem die dort
angesprochene Vergütungsgruppe Kr. Va wörtlich der Vergütungsgruppe Ap Va der Anlage B -
Pflegepersonal - des MTV entspreche. Im Übrigen ergebe sich die Pflicht, die Klägerin nach
Vergütungsgruppe Va zu vergüten auch aus dem Günstigkeitsprinzip.
7 Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin seit dem 1. Januar 2005
Vergütung nach der Vergütungsgruppe Ap Va des Manteltarifvertrags vom 24.
September 2004 zu zahlen;
2. für den Fall des Unterliegens nach Antrag zu 1 hilfsweise
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Vergütung nach der
Vergütungsgruppe Ap Va des Manteltarifvertrags vom 24. September 2004 zu zahlen.
8 Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, die Klägerin sei schon deshalb
nicht in einer Vergütungsgruppe des Manteltarifvertrags eingruppiert, weil dieser Tarifvertrag auf das
Arbeitsverhältnis der Klägerin keine Anwendung finde: Er sei arbeitsvertraglich weder - mit - in
Bezug genommen noch gelte er nach seinem Wortlaut für die Klägerin als nicht Tarifgebundene.
Auch wenn man die Anwendbarkeit des MTV annehmen wollte, fehle ein hinreichender Vortrag der
Klägerin zu der von ihr angestrebten Eingruppierung als Altenpflegerin. Zumindest seien frühere
Beschäftigungszeiten vor dem vereinbartem Inkrafttreten des MTV nicht als Bewährungszeiten zu
berücksichtigen. Die Klägerin könne sich auch weder auf ihren ursprünglichen Arbeitsvertrag noch
auf das Günstigkeitsprinzip berufen.
9 Das Arbeitsgericht hat nach dem Hauptantrag erkannt. Das Landesarbeitsgericht hat dieses Urteil
auf die Berufung der Beklagten abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit ihrer zugelassenen
Revision strebt die Klägerin die Wiederherstellung des Urteils erster Instanz an. Die Beklagte
beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
10 Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
11 Die Klägerin verfolgt in der Revisionsinstanz nur noch ihren vom Arbeitsgericht zuerkannten
ursprünglichen Hauptantrag weiter, mit dem sie die Feststellung der Vergütungspflicht der
Beklagten nach Vergütungsgruppe Ap Va ab 1. Januar 2005 der Anlage B - Pflegepersonal -
begehrt. Den neben dem Hauptantrag in seiner Zulässigkeit ohnehin sehr zweifelhaften
ursprünglichen Hilfsantrag, in dem die angestrebte Eingruppierung ohne Bezeichnung des Beginns
der Vergütungspflicht wiederholt wurde, hat das Landesarbeitsgericht ausdrücklich mit
abgewiesen, nachdem das Arbeitsgericht ihn nicht beschieden hatte, weil es dem Hauptantrag
gefolgt ist. Diesen Hilfsantrag hat die Klägerin weder mit der Antragstellung in der Revisionsinstanz
erneut zur Entscheidung gestellt noch sich in der Revisionsbegründung mit den Ausführungen des
Landesarbeitsgerichts hierzu auseinandergesetzt.
12 Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht darauf erkannt, dass die für die Zeit ab dem 1. Januar
2005 verlangte Eingruppierung in VergGr. Ap Va der Klägerin schon deshalb nicht zusteht, weil sie
die dafür erforderliche Bewährungszeit bis zur letzten mündlichen Verhandlung in der
Tatsacheninstanz am 12. Februar 2007 nicht zurückgelegt hat. Die für ihr
Eingruppierungsbegehren weiter herangezogenen rechtlichen Gesichtspunkte, das
Günstigkeitsprinzip und der Gleichbehandlung, können ihre Klageforderung ebenso wenig stützen
wie ihr mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten abgeschlossener Arbeitsvertrag.
13 I. Die Feststellungsklage ist zulässig. Es handelt sich um eine der typischen
Eingruppierungsfeststellungsanträge, gegen deren Statthaftigkeit der Senat in ständiger
Rechtsprechung keine Bedenken hat.
14 II. Die Klage ist unbegründet, weil die Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verlangen
kann, nach VergGr. Ap Va der Anlage B - Pflegepersonal - zum MTV vergütet zu werden.
15 1. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus dem MTV und der Anlage B hierzu.
16 a) Dem Anspruch steht entgegen der zunächst von der Beklagten vertretenen Auffassung
allerdings nicht entgegen, dass der MTV im Betrieb der Beklagten noch nicht wirksam geworden
wäre. Das Gegenteil ist der Fall. Das am 24. September 2004 vereinbarte Tarifwerk ist im hier
interessierenden Zusammenhang seit dem 1. Januar 2005 für die Beklagte voll wirksam. Dies hat
das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen. Da die Beklagte ihren irrigen Rechtsstandpunkt
in der Revisionserwiderung nicht wieder aufgegriffen hat, sondern von der Wirksamkeit des MTV
ausgegangen ist, bedarf es insoweit keiner vertieften Begründung; auf die Ausführungen im
Senatsurteil vom 9. April 2008 (- 4 AZR 123/07 - zu II 1 b der Gründe; zur Rolle der Beklagten als
Tarifvertragspartei des MTV: Senat 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - NZA 2008, 713, 715 ff.)
wird ergänzend Bezug genommen.
17 b) Es kann letztlich unentschieden bleiben, ob der MTV auch im Arbeitsverhältnis der Klägerin
Anwendung findet, obwohl sie nicht Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft ver.di ist.
18 Die von den Vorinstanzen im Anschluss an das rechtskräftige Urteil des Landesarbeitsgerichts
Berlin vom 28. Oktober 2005 - 17 Sa 1466/05 - vertretene Auffassung, der MTV finde vorliegend
mit seinen Anlagen auf Grund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel in Nr. 5 des
Arbeitsvertrags der Klägerin Anwendung, folgt jedenfalls nicht allein aus der Rechtskraft des
angesprochenen Urteils. Nach § 322 Abs. 1 ZPO erwächst nur die Entscheidung über den
Anspruch, also über den Streitgegenstand in Rechtskraft. Im Vorprozess ging es um die Frage, ob
die Klägerin eine Sonderzuwendung nach dem TAP verlangen kann, den das LAG durch den MTV
auch zu Lasten der Klägerin abgelöst sah. Die Geltung des MTV im Arbeitsverhältnis der Klägerin
war damit nur eine Vorfrage für die Entscheidung über den dortigen Streitgegenstand. Von hier
nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen erwächst die Entscheidung über eine Vorfrage in
einem Vorprozess nicht in Rechtskraft für Folgeprozesse zwischen denselben Prozessparteien:
Das Zweitgericht ist an die Erkenntnis des Erstgerichts zu dieser Vorfrage auch dann nicht
gebunden, wenn sie in seinem Rechtsstreit erneut entscheidungserhebliche Vorfrage ist (statt aller
Zöller/Vollkommer ZPO 26. Aufl. Vor § 322 Rn. 28) .
19 Es muss nicht abschließend entschieden werden, ob der Auslegung des Landesarbeitsgerichts in
seinem Urteil vom 28. Oktober 2005 zu folgen ist, wonach es sich bei der vertraglichen
Bezugnahmeklausel um eine sogenannte Tarifwechselklausel handelt. Hierfür könnte immerhin
sprechen, dass dort die den benannten Tarifvertrag ersetzenden Tarifverträge in Bezug
genommen worden sind, und der MTV und die ihn ergänzenden Tarifverträge nach dem Willen der
Beklagten und der Gewerkschaft ver.di, die an die Stelle der Gewerkschaft ÖTV getreten ist, die
den TAP abgeschlossen hat, die bislang geltende Tarifordnung ersetzen sollen.
20 c) Die Klägerin kann die begehrte Eingruppierung in jedem Fall nicht auf den MTV und die Anlage
B hierzu stützen, weil sie die tarifvertraglichen Voraussetzungen für die begehrte Eingruppierung
nicht erfüllt. Dies hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei erkannt.
21 aa) Die von der Klägerin in Anspruch genommenen Vorschriften des MTV lauten:
§ 12
Eingruppierung
1. Die Eingruppierung der Arbeitnehmer richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der
Vergütungsordnung (Anlage B). Der Arbeitnehmer erhält Vergütung nach der
Vergütungsgruppe, in die er eingruppiert ist.
2. Der Arbeitnehmer ist in die Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen
die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht.
Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer
Vergütungsgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die
für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer
Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen.
Kann die Erfüllung einer Anforderung in der Regel erst bei der Betrachtung mehrerer
Arbeitsvorgänge festgestellt werden (z.B. vielseitige Fachkenntnisse), sind diese
Arbeitsvorgänge für die Feststellung, ob diese Anforderung erfüllt ist, insoweit
zusammen zu beurteilen.
Werden in einem Tätigkeitsmerkmal mehrere Anforderungen gestellt, gilt das in
Unterabsatz 2 Satz 1 bestimmte Maß, ebenfalls bezogen auf die gesamte
auszuübende Tätigkeit, für jede Anforderung.
Ist in einem Tätigkeitsmerkmal ein von Unterabsatz 2 oder 3 abweichendes zeitliches
Maß bestimmt, gilt dieses.
Ist in einem Tätigkeitsmerkmal als Anforderung eine Voraussetzung in der Person des
Arbeitnehmers bestimmt, muss auch diese Anforderung erfüllt sein.”
22 Die in § 12 Ziff. 1 Satz 1 MTV in Bezug genommene Anlage B lautet auszugsweise wie folgt:
Anlage B zum Manteltarifvertrag vom 24.09.2004
Pflegepersonal
Vergütungsgruppe Ap IV
1.
Altenpflegerinnen mit entsprechender Tätigkeit.
Vergütungsgruppe Ap V
1.
Altenpflegerinnen mit entsprechender Tätigkeit nach zweijähriger Bewährung in
Ap IV FG 1.
Vergütungsgruppe Ap Va
3.
Altenpflegerinnen der Vergütungsgruppe V Fallgruppe 1 nach vierjähriger
Bewährung in dieser Fallgruppe, frühestens jedoch nach sechsjähriger
Berufstätigkeit nach Erlangung der staatlichen Erlaubnis.”
23 bb) Das Landesarbeitsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Klägerin in keinem
Fall in der VergGr. Ap Va eingruppiert ist, die die Klägerin allein für sich geltend macht, offenbar
weil ihre von der Beklagten weiter gezahlte Vergütung über dem liegt, was sie nach VergGr. Ap IV
oder Ap V verlangen könnte. Die Klägerin hat jedenfalls nicht die für eine Eingruppierung in
VergGr. Ap Va erforderliche Bewährungszeit zurückgelegt. Ein Bewährungsaufstieg in die
begehrte Vergütungsgruppe wurde erst mit Inkrafttreten der vergütungsrechtlichen Bestimmungen
des MTV (vgl. § 27 Ziff. 2 MTV) ermöglicht; die erforderlichen Bewährungszeiten konnten damit
auch erst seit diesem Zeitpunkt, dem 1. Januar 2005, berücksichtigt werden. Die Anrechnung von
Tätigkeitszeiten, die vor Inkrafttreten des MTV liegen, auf die in der Vergütungsordnung bei
einzelnen Tätigkeitsmerkmalen genannten Zeiten der “Bewährung in dieser Fallgruppe” oder “ … in
Vergütungsgruppe Ap V Fallgruppe 1” ist nicht möglich. Dies hat der Senat in seinem Urteil vom
17. Oktober 2007 (- 4 AZR 1005/06 - NZA 2008, 713, 716 ff.) für eine in allen wesentlichen
Punkten vergleichbare Fallkonstellation, bei der es ebenfalls um die Anwendung der Anlage B -
Pflegepersonal - des MTV ging, im Einzelnen begründet. Das Vorbringen der Klägerin gibt keine
Veranlassung zu einer Ergänzung dieser Begründung, auf die Bezug genommen wird.
24 cc) Angesichts dessen hat das Landesarbeitsgericht auch zu Recht nicht entschieden, ob die
Klägerin überhaupt ausreichend für die Erfüllung der aufeinander aufbauenden Tätigkeitsmerkmale
der VergGr. Ap IV FG 1, Ap V FG 1 und Ap Va FG 3 für Altenpflegerinnen vorgetragen hat,
nachdem die Beklagte behauptet hatte, die Klägerin werde in ihrem Krankenheim als
Krankenschwester tätig und dies so auch im ursprünglichen Arbeitsvertrag vorgesehen ist. Es
spricht einiges dafür, dass jedenfalls die Auffassung der Klägerin, die Darlegung sei entbehrlich,
weil “die Tätigkeit als Altenpflegerin als einzige in der Anlage B des MTV auf die Klägerin sachlich
zutrifft” nicht ohne weiteres überzeugt. Andererseits erscheint es nicht völlig ausgeschlossen,
dass die Klägerin auch dann, wenn sie überwiegend als Krankenschwester im Altenkrankenheim
der Beklagten eingesetzt werden sollte, als Altenpflegerin eingruppiert ist. Angesichts des vielfach
von der Beklagten vorgetragenen Interesses, durch den MTV und die ergänzenden Tarifverträge
eine umfassende neue Ordnung für die Einrichtungen der Pro-Seniore-Gruppe zu schaffen, könnte
man von einer planwidrigen Tariflücke ausgehen, was die Vergütung von Krankenschwestern
angeht, die in ihrem unmittelbaren Beruf tätig sind. Eine solche Lücke könnte man ausnahmsweise
unter Rückgriff auf die Tätigkeitsmerkmale für Altenpflegerinnen zu schließen haben, nachdem die
Tarifvertragsparteien in der Anlage B - Pflegepersonal - Begriffsbestimmungen Nr. 2 festgelegt
haben, dass Krankenschwestern, die Tätigkeiten als Altenpflegerinnen ausüben, als
Altenpflegerinnen eingruppiert werden. Man könnte daraus auf eine von den Tarifvertragsparteien
gewollte Gleichbewertung von Krankenschwestern und Altenpflegerinnen schließen. Hierauf
kommt es aber für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an. Die Klägerin hat aus den
genannten Gründen selbst dann, wenn sie wie eine Altenpflegerin eingruppiert ist, die
Voraussetzungen für die von ihr angestrebte Eingruppierung in VergGr. Ap Va der Anlage B -
Pflegepersonal - zum MTV nicht erfüllt.
25 2. Die weiter von der Klägerin angezogenen rechtlichen Gesichtspunkte, auf die sie die
angestrebte Eingruppierung stützen will, gehen von vornherein fehl.
26 a) Ein vertraglicher Anspruch auf Eingruppierung in VergGr. Ap Va der Anlage B - Pflegepersonal -
zum MTV, weil sie vorher entsprechend der arbeitsvertraglichen Verweisung auf den Tarifvertrag
für Angestellte in Privatkrankenanstalten in VergGr. Kr. Va des BAT eingruppiert war, ist
fernliegend. Es handelt sich beim MTV und seinen Anlagen um eine neue eigenständige
Vergütungsordnung, die an die Stelle des in den einzelnen Arbeitsverhältnissen im Pro-Seniore-
Konzern zuvor geltenden Vertrags- und Tarifrechts treten sollte, und nicht um eine bloße
Fortschreibung eines bestimmten in einzelnen Arbeitsverhältnissen zuvor maßgeblichen
Tarifrechts. Dies gilt unabhängig davon, dass die Tarifvertragsparteien des MTV bei dessen
Neukonzipierung in vielen Punkten, auch in Teilen der Vergütungsregelungen, Formulierungen und
Wertungen des BAT aufgegriffen und übernommen haben (vgl. auch Senat 17. Oktober 2007 -
4 AZR 1005/06 - NZA 2008, 713, 717) . Ein ursprünglich vertraglich begründeter Anspruch auf
Vergütung nach VergGr. Kr. Va TAP/BAT setzt sich deshalb auch nicht als Anspruch auf
Vergütung nach VergGr. Ap Va MTV fort. Ein trotz des Inhalts der arbeitsvertraglichen
Verweisungsklausel etwa noch bestehender eigenständiger Vergütungsanspruch nach TAP/BAT
ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits.
27 b) Der Hinweis der nicht gewerkschaftlich organisierten Klägerin auf das Günstigkeitsprinzip
verkennt, dass für sie immer nur ein vertraglicher Vergütungsanspruch in Frage kommt, tarifliche
Regelungen für sie immer nur auf einzelvertraglicher Grundlage Anwendung finden. Zwischen
mehreren möglicherweise in Betracht kommenden vertraglichen Ansprüchen gilt aber nicht das
Günstigkeitsprinzip, sondern das Ablösungsprinzip, die Zeitkollisionsregel. Danach löst das zuletzt
Vereinbarte vorherige Vereinbarungen zum gleichen Gegenstand ab.
28 III. Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Bepler
Der Richter am
Bundesarbeitsgericht Dr.
Wolter ist wegen Eintritts
in den Ruhestand an der
Unterschriftsleistung
gehindert.
Bepler
Creutzfeldt
von Dassel
Dierßen