Urteil des BAG vom 12.06.2013

Parallelentscheidung zum Urteil des Gerichts vom 24.04.2013, 7 AZR 523/11.

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 12.6.2013, 7 AZR 557/11
Wiedereinstellungsanspruch - Auslegung einer Betriebsvereinbarung
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts
Rheinland-Pfalz vom 19. April 2011 - 1 Sa 670/10 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten über eine Verpflichtung der Beklagten, mit dem Kläger (wieder) ein
Arbeitsverhältnis zu begründen.
2 Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 1. August 1983 als technischer Angestellter
beschäftigt. Zum 1. Januar 1987 ging sein Arbeitsverhältnis auf die C I GmbH über.
Hintergrund war die Ausgliederung und Überführung des Geschäftsfeldes der kompatiblen
Großcomputer und Peripheriesysteme von der Beklagten auf die C I GmbH, einem von der
Beklagten und der S AG neu gegründeten Joint Venture. Dessen Firmenbezeichnung
stand Ende 1986 noch nicht fest; die Beklagte hielt nach ihrer Darstellung zunächst 66,5 %
sowie die S AG 33,5 % der Gesellschaftsanteile.
3 Die Beklagte und der bei ihr bestehende Betriebsrat führten vor der Ausgliederung
Verhandlungen über deren Folgen. Am 4. Dezember 1986 schlossen sie eine mit
„Rahmenbedingungen für in das Joint-venture B/S übertretende B AG-Mitarbeiter“ (im
Folgenden: JVR 1986) überschriebene Vereinbarung, die auszugsweise folgenden
Wortlaut hat:
„Aus Anlaß der Ausgliederung des Geschäfts mit kompatiblen Großcomputern und
Peripheriesystemen aus der B AG zum 01.01.87 wird zwischen
Unternehmensleitung und Betriebsrat folgendes vereinbart:
1. …
15. Die B AG garantiert den am 01.01.87 in die neue Gesellschaft
überwechselnden Mitarbeitern ein Rückkehrrecht auf einen adäquaten
Arbeitsplatz in der B AG, sofern eine Weiterbeschäftigung innerhalb der
neuen Gesellschaft aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist.
…“
4 In den Folgejahren erwarb die Beklagte von der S AG sukzessive deren Geschäftsanteile
an der C I GmbH. In drei Tranchen - im April 1996, im Juli 1998 sowie mit Wirkung zum
25. Oktober 1999 - veräußerte sie die Anteile an die P D H GmbH, die später in C D H
GmbH umfirmierte. Im Mai 2003 informierte die C I GmbH die Beklagte über eine geplante
Überführung ihrer Servicefunktionen in die C S GmbH. Nach Konkretisierung dieses
Vorhabens wandte sich die Beklagte mit einem Schreiben vom 14. August 2003 an ihre
ehemaligen Mitarbeiter und teilte ihnen - so auch dem Kläger - ua. mit:
„Sofern Sie von dem genannten Ausgliederungsvorhaben erfasst sind und für Sie
die Joint-Venture-Regelung vom 04.12.1986 anwendbar ist, bleibt bei Vorliegen der
entsprechenden Voraussetzungen eine nach Maßgabe von Ziffer 15 der Joint-
Venture-Regelung etwa begründete Rechtsposition von dem
Ausgliederungsvorhaben unberührt.“
5 Das Arbeitsverhältnis des Klägers ging mit Wirkung ab dem 1. September 2003 im Wege
des Betriebsübergangs auf die C S GmbH über. Mit Beschluss vom 1. Oktober 2009 wurde
über das Vermögen der C S GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Der
Insolvenzverwalter stellte den Kläger von der Arbeitsleistung frei und kündigte das
Arbeitsverhältnis am 1. Oktober 2009 zum 31. Januar 2010. Die hiergegen vom Kläger
erhobene Kündigungsschutzklage wies das Arbeitsgericht Mannheim ab; die
Entscheidung ist rechtskräftig.
6 Der Kläger schloss mit der A GmbH - nach seinen Angaben „um den 15. Oktober 2009“ -
einen Arbeitsvertrag und wurde von diesem Unternehmen - nach Darstellung der
Beklagten bereits seit der ersten Oktoberhälfte 2009 - weiterbeschäftigt. Die A GmbH
wurde im Oktober 2009 neu gegründet und schloss mit dem - damals noch vorläufigen -
Insolvenzverwalter der C S GmbH am 18. September 2009 Verträge zum Erwerb des
Wartungs- und Servicegeschäfts. Sie übernahm einschließlich des Führungspersonals
mindestens 51 von 81 Mitarbeitern der C S GmbH, darunter den Kläger. Mit Schreiben
vom 7. Oktober 2009 beanspruchte der Kläger von der Beklagten eine Wiedereinstellung,
was diese ablehnte.
7 Mit seiner Klage hat der Kläger sein Wiedereinstellungsbegehren weiterverfolgt. Er hat die
Auffassung vertreten, Ziffer 15 der JVR 1986 beinhalte ein zeitlich nicht befristetes
Rückkehrrecht allein unter der - wegen der Insolvenzkündigung vom 1. Oktober 2009
eingetretenen - Bedingung, dass eine Weiterbeschäftigung in der „neuen Gesellschaft“
aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich sei. Ein etwaiger Übergang seines
Arbeitsverhältnisses auf die A GmbH ändere nichts an dem Eintritt der Bedingung.
8 Der Kläger hat - zuletzt - beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, sein Angebot auf Wiedereinstellung mit Wirkung zum
1. Februar 2010 als technischer Angestellter oder auf einer seinen heutigen
Tätigkeiten und Fähigkeiten entsprechenden adäquaten Stelle zu den
betriebsüblichen Bedingungen der Beklagten unter Anrechnung der bisherigen
Betriebszugehörigkeit seit dem 1. August 1983 zu einer Jahresvergütung in Höhe
von 108.850,00 Euro brutto anzunehmen;
hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, ihn ab dem 1. Februar 2010 als technischen
Angestellten oder auf einer seiner Tätigkeit und Fähigkeit entsprechenden Stelle zu
den betriebsüblichen Bedingungen der Beklagten unter Anrechnung der bisherigen
Betriebszugehörigkeit seit dem 1. August 1983 zu einer Jahresvergütung in Höhe
von 108.850,00 Euro brutto entsprechend der letzten Gehaltsbezüge bei der C S
GmbH zu beschäftigen;
höchst hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, ihn mit sofortiger Wirkung als
technischen Angestellten oder auf einer seiner heutigen Tätigkeit und Fähigkeit
entsprechenden Stelle zu den betriebsüblichen Bedingungen der Beklagten unter
Anrechnung der bisherigen Betriebszugehörigkeit seit dem 1. August 1983 zu einer
Jahresvergütung von 108.850,00 Euro brutto entsprechend der letzten
Gehaltsbezüge bei der C S GmbH zu beschäftigen.
9 Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat sich zuletzt insbesondere noch
auf den Standpunkt gestellt, einem Rückkehrrecht stünde entgegen, dass das
Arbeitsverhältnis des Klägers nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die A GmbH
übergegangen sei. Dort habe für den Kläger weiterhin eine Beschäftigungsmöglichkeit
iSd. Ziffer 15 JVR 1986 bestanden.
10 Das Arbeitsgericht hat die Klageanträge abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die
Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Anträge
weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
11 Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht
abgewiesen. Das mit dem Antrag zu 1. verfolgte zulässige (Haupt-)Begehren des Klägers
ist unbegründet. Die Hilfsanträge fallen nicht zur Entscheidung an.
12 A. Der zulässige (Haupt-)Antrag zu 1. hat keinen Erfolg.
13 I. Der Antrag ist zulässig.
14 1. Nach seinem Wortlaut ist er unzweifelhaft auf die Verurteilung der Beklagten zur
Abgabe einer Annahmeerklärung gerichtet. Dem Kläger geht es mit der erstrebten Fiktion
der Abgabe der Annahmeerklärung nach § 894 Satz 1 ZPO um das endgültige
Zustandekommen eines Arbeitsvertrags mit der Beklagten, das er mit übereinstimmenden
Willenserklärungen - Antrag und Annahme (§§ 145 bis 147 BGB) - erwirken möchte. Die
Abgabe eines Angebots ist in dem Schreiben vom 7. Oktober 2009 zu sehen. Die auf
Abgabe der Annahmeerklärung gerichtete Klage entspricht dem Regelfall des mit einer
sog. Wiedereinstellungsklage bekundeten Willens des Arbeitnehmers (vgl. BAG
19. Oktober 2011 - 7 AZR 743/10 - Rn. 16 mwN).
15 2. Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Zeitpunkt der
Wirkung der Abgabe der Annahmeerklärung - der 1. Februar 2010 - ist genannt. Die
wesentlichen Vertragsbestandteile, insbesondere die Art der Tätigkeit („technischer
Angestellter“), sind bezeichnet. Die Formulierung „oder auf einer seinen heutigen
Tätigkeiten und Fähigkeiten entsprechenden Stelle“ führt nicht zur Unbestimmtheit des
Begehrens. Mit dieser Passage ist offensichtlich „nur“ die breite Beschreibung der
erstrebten Tätigkeit als „technischer Angestellter“ betont. Im Fall der begehrten
Verurteilung wäre damit allenfalls ein weites Direktionsrecht der Beklagten eröffnet und
nicht der Inhalt des erstrebten Arbeitsvertrags unklar. Dem Kläger könnten alle Aufgaben
zugewiesen werden, die ein „technischer Angestellter“ schuldet. Die im Antrag
angeführten „betriebsüblichen Bedingungen bei der Beklagten“ sind nicht unerlässlich für
die Bestimmtheit.
16 II. Der Hauptantrag ist unbegründet.
17 1. Dies folgt allerdings nicht bereits aus dem Umstand, dass die Verurteilung der
17 1. Dies folgt allerdings nicht bereits aus dem Umstand, dass die Verurteilung der
Beklagten zur Abgabe der Annahmeerklärung zum 1. Februar 2010 (rück-)wirken soll.
18 a) Mit der Abgabe der Annahmeerklärung kommt das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten
zustande, denn mit Rechtskraft eines obsiegenden Urteils gilt die Erklärung nach § 894
Satz 1 ZPO als abgegeben. Zu welchem Zeitpunkt die fingierte Annahmeerklärung wirkt,
beurteilt sich nach materiellem Recht. Die rückwirkende Begründung eines
Arbeitsverhältnisses durch Urteil, die mit der Fiktion der Annahmeerklärung greift, ist seit
Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB idF des Gesetzes zur Modernisierung des
Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) zulässig (vgl. BAG 9. Februar
2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 26 mwN). Ausgeschlossen ist lediglich eine gerichtliche
Entscheidung, mit der ein Arbeitsverhältnis mit Rückwirkung zu einem Zeitpunkt vor
Abgabe des Angebots begründet werden soll (vgl. BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 155/09 -
Rn. 17 und 35, BAGE 134, 223).
19 b) Hiernach steht der Umstand, dass der Kläger die Begründung eines
Arbeitsverhältnisses rückwirkend zum 1. Februar 2010 begehrt, der Begründetheit des
Anspruchs nicht entgegen. Spätestens in dem Schreiben vom 7. Oktober 2009 liegt ein
Angebot zum Abschluss eines Arbeitsvertrags. Die Annahme dieses Angebots würde mit
einer gerichtlichen Entscheidung nach § 894 Satz 1 ZPO fingiert. Das Arbeitsverhältnis
gölte damit nicht zu einem Zeitpunkt vor Abgabe des Angebots als geschlossen.
20 2. Die Beklagte ist aber nicht verpflichtet, die vom Kläger begehrte Willenserklärung
abzugeben. Zwar regelt Ziffer 15 JVR 1986 in zulässiger Weise für die zum 1. Januar 1987
in die „neue Gesellschaft“ - die C I GmbH - wechselnden Arbeitnehmer das Recht einer
Rückkehr zur Beklagten, sofern eine Weiterbeschäftigung innerhalb der neuen
Gesellschaft aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist. Auch beendete das
Ausscheiden der C I GmbH aus dem Konzernverbund der Beklagten das aufschiebend
bedingte Rückkehrrecht nicht. Schließlich ist es weder mit dem Betriebsübergang auf die
C S GmbH, in die die Servicefunktionen der C I GmbH zum 1. September 2003
ausgegliedert wurden, noch mit dem Übergang des Betriebsteils IT-Service auf die A
GmbH erloschen. Die aufschiebende Bedingung, unter der das Rückkehrrecht steht, ist
aber vorliegend nicht eingetreten.
21 a) In Ziffer 15 der JVR 1986 haben die Betriebsparteien für die unter den Geltungsbereich
der Betriebsvereinbarung fallenden Arbeitnehmer das Recht zu einer Rückkehr zu der
Beklagten unter der aufschiebenden Bedingung geregelt, dass eine Weiterbeschäftigung
innerhalb der „neuen Gesellschaft“ aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist.
Diesem kollektiv-rechtlichen Wiedereinstellungsversprechen begegnen keine
grundsätzlichen Wirksamkeitsbedenken.
22 aa) Die JVR 1986 gilt für die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse zum 1. Januar 1987
von der Beklagten auf die „neue Gesellschaft“ übergegangen sind. Der Kläger gehört zu
diesem Personenkreis.
23 bb) Das in Ziffer 15 JVR 1986 „garantierte“ Rückkehrrecht ist wirksam. Die
Betriebsparteien sind nicht grundsätzlich gehindert, einen Wiedereinstellungsanspruch für
Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse aufgrund eines bevorstehenden
Betriebsteilübergangs nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf einen anderen Arbeitgeber
übergehen, zu regeln (ausf. BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 36 ff. mwN). Ziffer 15
JVR 1986 verstößt auch nicht gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG.
Sie betrifft keinen Sachverhalt, der (mittlerweile) durch Tarifvertrag - konkret durch § 13
Abschn. VI Ziff. 1 Manteltarifvertrag Bergbau, Chemie, Energie vom 24. Juni 1992 in der
Fassung vom 16. März 2009 - geregelt ist (ausf. BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 -
Rn. 45 ff. mwN).
24 b) Das Ausscheiden der C I GmbH aus dem Konzernverbund der Beklagten beendete das
aufschiebend bedingte Rückkehrrecht nicht. Wie die gebotene Auslegung ergibt, ist die
„Garantie eines Rückkehrrechts“ nach Ziffer 15 JVR 1986 nicht für die Zeit der
Zugehörigkeit der C I GmbH zum Konzernverbund der Beklagten befristet.
25 aa) Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge
und Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmung und dem
durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn sind der
wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu
berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben.
Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der
Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem
sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen
Verständnis der Bestimmung führt (vgl. BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 49 mwN).
26 bb) Hiernach steht die Geltung der Rückkehrzusage nicht unter dem Vorbehalt einer
Zugehörigkeit der „neuen Gesellschaft“ zum Konzernverbund der Beklagten.
27 (1) Der Wortlaut von Ziffer 15 JVR 1986 gibt keine Anhaltspunkte für eine solche
Annahme. Das Rückkehrrecht bezieht sich auf die in die „neue Gesellschaft“
überwechselnden Mitarbeiter. Andere Voraussetzungen oder Bedingungen als der
Wegfall einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit aus betrieblichen Gründen in dieser
„neuen Gesellschaft“ sind nicht explizit ausgedrückt (vgl. BAG 14. März 2012 - 7 AZR
147/11 - Rn. 51).
28 (2) Gesamtzusammenhang und Regelungssystematik deuten nicht zwingend darauf, das
Rückkehrrecht zur Beklagten auf die Zeit der Zugehörigkeit der „neuen Gesellschaft“ zum
B-Konzern zu beschränken. Die JVR 1986 enthält zahlreiche Bestimmungen, die -
ungeachtet ihrer jeweiligen kollektiv-rechtlichen Wirksamkeit - die Beibehaltung der
bisher bei der Beklagten geltenden Arbeitsbedingungen einschließlich deren
Verschlechterungen und Vergünstigungen zeitlich nicht begrenzen. Damit unterscheidet
sich die JVR 1986 von der gleichfalls ein Rückkehrrecht beinhaltenden
Betriebsvereinbarung, die von der Beklagten mit den zuständigen Betriebsräten am
4. Dezember 1990 anlässlich der Ausgliederung ihrer Magnetproduktaktivitäten in ein
Tochterunternehmen geschlossen worden ist und die der Entscheidung des Senats vom
19. Oktober 2005 zugrunde lag (- 7 AZR 32/05 - [Magnetic]). Die Betriebspartner haben in
dem Wissen darum, dass es sich bei der Gesellschaft, in die das Geschäftsfeld der
kompatiblen Großcomputer und Peripheriesysteme zum 1. Januar 1987 ausgegliedert
worden ist, um ein Joint Venture mit der S AG handelte, den wechselnden Arbeitnehmern
das bei der Beklagten bestehende Niveau der Arbeitsbedingungen sichern wollen. Ein
alleiniger Einfluss der Beklagten auf die C I GmbH war bereits bei Abschluss der JVR
1986 ausgeschlossen. Dies kann dafür sprechen, dass die in der JVR 1986 geregelten
Leistungen für die wechselnden Arbeitnehmer - ungeachtet ihrer Wirksamkeit und
Durchsetzbarkeit - nach der Vorstellung der Betriebspartner nur so lange gelten sollten,
wie die Beklagte überhaupt eine Einflussmöglichkeit auf die C I GmbH als
konzernzugehöriges Unternehmen hat (vgl. BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 52).
29 (3) Sinn und Zweck des in Ziffer 15 JVR 1986 geregelten Rückkehrrechts sprechen
deutlich dafür, dieses nicht unter dem ungeschriebenen Vorbehalt eines Verbleibs der
„neuen Gesellschaft“ in der B-Gruppe zu verstehen. Die Betriebspartner haben die
Konditionen eines Wechsels von Arbeitnehmern zu einer anderen Vertragsarbeitgeberin
festgelegt, vor allem aber den Ausgleich der Nachteile geregelt, die den überwechselnden
Arbeitnehmern durch die Ausgliederung des Geschäftsfeldes der kompatiblen
Großcomputer und Peripheriesysteme ggf. entstehen können. Die
Ausgleichsnotwendigkeit ist durch den Wegfall des Arbeitsplatzes der betroffenen
Arbeitnehmer bei der Beklagten veranlasst. Entscheidend ist weniger die Kompensation
von Nachteilen wegen eines Wechsels zu einer ganz bestimmten (konzernzugehörigen)
Arbeitgeberin, sondern wegen der Nichtfortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der
Beklagten. Hierfür haben die Betriebspartner ein Äquivalent in der Form einer
Wiedereinstellungszusicherung geschaffen und deren Bedingung folgerichtig allein an
das Fehlen einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit aus betrieblichen Gründen innerhalb
der „neuen Gesellschaft“ geknüpft. Gegen den ungeschriebenen Vorbehalt eines
Verbleibs der „neuen Gesellschaft“ in der B-Gruppe spricht auch, dass es anderenfalls die
Beklagte als beherrschendes Unternehmen weitgehend in der Hand hätte, allein durch die
Veräußerung ihrer Gesellschaftsanteile die Rückkehransprüche der begünstigten
Arbeitnehmer kompensationslos zu beseitigen. Deren Rechtspositionen könnten von der
Konzernmutter der Beklagten durch einseitige Maßnahmen ersatzlos entwertet werden.
Anderes würde nur dann gelten, wenn in einem solchen Fall des Ausscheidens aus der B-
Gruppe der Eintritt einer aufschiebenden Bedingung des Rückkehrrechts gelegen und
dieses somit - bereits - zu diesem Zeitpunkt entstanden wäre. So kann Ziffer 15 JVR 1986
aber nicht verstanden werden. Auch die Beklagte beruft sich nicht auf eine derartige
Deutung. Bei einem ungeschriebenen Vorbehalt des Verbleibs der „neuen Gesellschaft“ in
der B-Gruppe bliebe schließlich völlig unklar, ob ein solcher Verbleib bereits mit dem
Verlust der Mehrheitsanteile und der Beendigung des Konzernverhältnisses oder erst mit
der Aufgabe jeglicher Beteiligung an der „neuen Gesellschaft“ endete. Auch dies spricht
gegen einen derartigen ungeschriebenen Vorbehalt (vgl. BAG 14. März 2012 - 7 AZR
147/11 - Rn. 53).
30 c) Das für den Kläger bestehende, aufschiebend bedingte Rückkehrrecht ist nicht mit dem
Übergang seines Arbeitsverhältnisses zur C S GmbH, in die die Servicefunktionen der C I
GmbH zum 1. September 2003 ausgegliedert wurden, erloschen. Abgesehen davon, dass
die Beklagte ihren ehemaligen Mitarbeitern - so auch dem Kläger - mit Schreiben vom
14. August 2003 für einen Wechsel zur C S GmbH die Fortgeltung des Rückkehrrechts
entsprechend der Ziffer 15 JVR 1986 zugesagt hat (vgl. BAG 14. März 2012 - 7 AZR
147/11 - Rn. 56 ff.), wird dieser Anspruch durch einen Betriebs(teil-)übergang nach § 613a
BGB nicht berührt.
31 aa) Die Auslegung von Ziffer 15 JVR 1986 ergibt, dass das Rückkehrrecht durch den
Übergang eines Betriebes bzw. Betriebsteils weder ausgelöst wird noch verloren geht.
Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer der Überleitung seines
Arbeitsverhältnisses nicht widerspricht.
32 (1) Der Wortlaut der Regelung in Ziffer 15 JVR 1986 verhält sich nicht ausdrücklich zur
Frage der Rechtsnachfolge. Die Formulierung „neue Gesellschaft“ spricht zwar eher dafür,
dass die Betriebsparteien allein die C I GmbH und nicht auch etwaige Rechtsnachfolger
oder Betriebsübernehmer gemeint haben. Der Ausdruck ist gewählt worden, weil die
Firmenbezeichnung des Joint Venture im Zeitpunkt des Abschlusses der JVR 1986 noch
nicht festgestanden hat. Der das Rückkehrrecht auslösende Wegfall der
Weiterbeschäftigung aus betrieblichen Gründen „innerhalb der neuen Gesellschaft“ könnte
daher allein auf einen solchen bei der C I GmbH - und nicht bei rechtsnachfolgenden
Gesellschaften - verstanden werden (vgl. BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 31, 55).
33 (2) Entstehungsgeschichte und Regelungszweck der JVR 1986 lassen jedoch deutlich
darauf schließen, dass der betroffene Arbeitnehmer eine Rückkehr zur Beklagten nach
Maßgabe der Ziffer 15 JVR 1986 auch - aber nur dann - beanspruchen kann, wenn er bei
einem Rechtsnachfolger der „neuen Gesellschaft“ nicht mehr weiterbeschäftigt werden
kann. Dies gilt in den Fällen des Betriebs(teil-)übergangs jedenfalls dann, wenn der
Arbeitnehmer von der Möglichkeit, dem Übergang des Arbeitsverhältnisses nach § 613a
Abs. 6 BGB zu widersprechen, keinen Gebrauch macht, sondern mit seinem
Einverständnis bei einer Rechtsnachfolgerin der „neuen Gesellschaft“ weiterbeschäftigt
wird. Das Rückkehrrecht soll dem Umstand Rechnung tragen, dass der betroffene
Arbeitnehmer mit der Beklagten im Verhältnis zu einem neu gegründeten Unternehmen,
das ggf. wirtschaftlich schwächer ist, eine „sichere“ Arbeitgeberin verliert. Der damit von
den Betriebsparteien verfolgte Zweck, das Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers an
einer arbeitsvertraglichen Beschäftigungsmöglichkeit zu sichern, besteht auch, wenn an
die Stelle der „neuen Gesellschaft“ nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB ein weiterer neuer
Arbeitgeber tritt. Dem entspricht es, dass das Rückkehrrecht nur dann ausgelöst wird,
wenn bei dem - letzten - Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung aus betrieblichen Gründen
nicht mehr möglich ist. Diese Voraussetzung tritt aber allein durch einen
Betriebsteilübergang bzw. Betriebsübergang nicht ein. Geht das Arbeitsverhältnis auf den
Erwerber über, bleibt der Arbeitnehmer vor dem Verlust einer Weiterbeschäftigung aus
betrieblichen Gründen durch Ziffer 15 JVR 1986 weiter umfassend geschützt.
34 bb) Die Servicefunktionen der C I GmbH sind zum 1. September 2003 auf die C S GmbH
ausgegliedert worden. Bei dieser Ausgliederung handelte es sich um einen Betriebs(teil-
)übergang iSd. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB, von dem das Arbeitsverhältnis des Klägers
nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts betroffen war.
Damit bestand das aufschiebend bedingte Rückkehrrecht von Ziffer 15 JVR 1986 über den
31. August 2003 hinaus fort.
35 d) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die aufschiebende Bedingung
des Rückkehrrechts nicht eingetreten ist, nachdem das Arbeitsverhältnis des Klägers nach
§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB von der C S GmbH im Anschluss an die betriebsbedingte
Insolvenzkündigung auf die A GmbH übergegangen ist.
36 aa) Der für den Kläger maßgebliche Betriebsteil „IT-Service“ der C S GmbH, der sich mit
Tätigkeiten im Wartungs- und Installationsbereich befasst, ist nach § 613a Abs. 1 Satz 1
BGB auf die A GmbH übergegangen. Wie der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts zu
vorliegendem Sachverhalt entschieden hat, hat die A GmbH zwar nicht den gesamten
Betrieb der C S GmbH, allerdings den Betriebsteil „IT-Service“ durch Rechtsgeschäft nach
§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB übernommen (ausf. hierzu BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 181/11 -
Rn. 30 ff.). Der Senat schließt sich den Erwägungen des Achten Senats uneingeschränkt
an und sieht von deren erneuter Darstellung ab.
37 bb) Die in Ziffer 15 JVR 1986 vorgesehene, das Rückkehrrecht auslösende aufschiebende
Bedingung ist nicht eingetreten. Versteht man Ziffer 15 der JVR 1986 einerseits so, dass
sich das Rückkehrrecht auch auf Betriebs(teil-)erwerber iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB
erstreckt, wird es andererseits nicht durch einen Betriebs(teil-)übergang ausgelöst.
Vielmehr besteht in diesem Fall beim Betriebs(teil-)erwerber grundsätzlich die Möglichkeit
der Weiterbeschäftigung. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer - wie hier der
Kläger - der Überleitung seines Arbeitsverhältnisses nicht widerspricht. Für den Kläger
bestand in dem übernommenen Betriebsteil „IT-Service“ trotz der
Insolvenzverwalterkündigung vom 1. Oktober 2009 eine unveränderte
Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bei der A GmbH. Das von der Rückkehrregelung in
Ziffer 15 JVR 1986 erfasste Risiko eines Arbeitsplatzverlustes aus betrieblichen Gründen
hat sich nicht realisiert. Der Kläger hat auch bei der A GmbH weitergearbeitet. Eine
Unmöglichkeit seiner Weiterbeschäftigung aus betrieblichen Gründen bei der A GmbH ist
nicht Gegenstand der Klage.
38 B. Die Hilfsanträge fallen dem Senat nicht zur Entscheidung an. Wie die Klägervertreterin
in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt hat, sind sie nur für den Fall des
Obsiegens mit dem Hauptantrag - beim höchst hilfsweisen Begehren noch unter der
Bedingung des Unterliegens mit dem Hilfsantrag - gestellt. Dem Hauptantrag ist aber kein
Erfolg beschieden.
39 C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Linsenmaier
Kiel
Schmidt
Deinert
Donath