Urteil des BAG vom 14.07.2010

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - Säumnis - verspätete Revisionsbegründung per Telefax

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 14.7.2010, 10 AZR 781/08
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - Säumnis - verspätete Revisionsbegründung per Telefax
Tenor
1. Der Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung wird zurückgewiesen.
2. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Hessischen
Landesarbeitsgerichts vom 26. Mai 2008 - 16 Sa 1486/07 - wird als unzulässig
verworfen.
3. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Sonstiger Langtext
1 Die Parteien streiten über Beitragsforderungen der Klägerin iHv. 107.745,90 Euro nach den
Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes für den Zeitraum von Januar 2003 bis November
2004 sowie Januar bis Oktober 2005.
2 Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das die Berufung des Beklagten zurückweisende
Urteil des Landesarbeitsgerichts vom 26. Mai 2008 ist dem Beklagten am 30. August 2008
zugestellt worden. Der Beklagte hat hiergegen am 29. September 2008 Revision eingelegt. Auf
seinen Antrag ist die Revisionsbegründungsfrist bis Montag, den 1. Dezember 2008, verlängert
worden. Die per Telefax übermittelte Revisionsbegründung ist vollständig erst am 2. Dezember
2008 um 0:01 Uhr beim Revisionsgericht eingegangen.
3 Am 2. Januar 2009 hat der Beklagte „höchst vorsorglich“ Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
wegen der möglichen Versäumung der Revisionsbegründungsfrist beantragt und diesen Antrag
begründet. Im Verhandlungstermin am 14. Juli 2010 über den Wiedereinsetzungsantrag und über
die Revision ist für den Beklagten trotz ordnungsgemäßer und rechtzeitiger Ladung seines
Prozessbevollmächtigten niemand erschienen.
4 Die Revision war durch unechtes Versäumnisurteil als unzulässig zu verwerfen, da die
Revisionsbegründungsfrist wegen des verspäteten Eingangs des
Revisionsbegründungsschriftsatzes versäumt worden ist, § 74 Abs. 1 ArbGG. Eine rechtzeitige
Revisionsbegründung per Telefax erfordert, dass die Aufzeichnung von dem automatisch
arbeitenden Empfangsgerät des Gerichts bis 24:00 Uhr des letzten Tages der Begründungsfrist
abgeschlossen ist(BAG 27. Juni 2002 - 2 AZR 427/01 - AP ArbGG 1979 § 66 Nr. 25 = EzA ZPO
§ 236 Nr. 6; 19. Januar 1999 - 9 AZR 679/97 - BAGE 90, 329). Es kommt dabei darauf an, dass die
gesendeten Signale noch vor Ablauf des letzten Tages der Frist vom Telefaxgerät des Gerichts
vollständig empfangen und gespeichert worden sind, nicht hingegen darauf, ob der Ausdruck noch
vollständig vor Fristablauf erfolgte. Es ist erforderlich, dass jedenfalls die letzte Seite der
Revisionsbegründung mit der Unterschrift bis 24:00 Uhr des letzten Tages der Begründungsfrist
beim Revisionsgericht eingegangen und vom Gerät gespeichert worden ist. Der Eingangszeitpunkt
bestimmt sich nach dem Uhrzeitaufdruck des Telefaxgeräts des Gerichts (BFH 24. April 2008 -
IX B 164/07 - BFH/NV 2008, 1349). Der Eingang der letzten Seite der Begründungsschrift um 0:01
Uhr am 2. Dezember 2008 war damit verspätet.
5 Dem Beklagten konnte auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 233 ZPO gewährt
werden. Vielmehr war sein Wiedereinsetzungsantrag auf Antrag der Klägerin durch
Versäumnisurteil zurückzuweisen. Das ergibt sich aus § 238 Abs. 2 Satz 2 ZPO und § 555 Abs. 1
ZPO iVm. § 330 ZPO (vgl. BGH 28. Januar 1969 - VI ZR 195/67 - NJW 1969, 845). Gem. § 238
Abs. 2 Satz 1 sind auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung
der Entscheidung die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte
Prozesshandlung gelten. Allerdings steht der Partei, die den Antrag gestellt hat, gem. § 238 Abs. 2
Satz 2 ZPO der Einspruch nicht zu (vgl. Zöller/Greger ZPO 28. Aufl. § 238 Rn. 2; Stein/Jonas/Roth
ZPO 22. Aufl. § 238 Rn. 9; MünchKommZPO/Gehrlein ZPO 3. Aufl. § 238 Rn. 11;
Prütting/Gehrlein/Milger ZPO 2. Aufl. § 238 Rn. 12).
Mikosch
Marquardt
Mikosch
Züfle
Großmann