Urteil des BAG vom 13.03.2017

BAG (eintritt des versicherungsfalles, lebensversicherung, bag, arbeitnehmer, bezugsrecht, versicherungsvertrag, versicherte person, arbeitsverhältnis, versicherung, auslegung)

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 15.6.2010, 3 AZR 334/06
Betriebliche Altersversorgung - Direktversicherung - Bezugsrecht - Insolvenz
Leitsätze
1. Ob die Rechte aus einem Versicherungsvertrag zur Durchführung einer betrieblichen
Altersversorgung in der Insolvenz des Arbeitgebers dem Arbeitnehmer oder der Masse zustehen, richtet
sich danach, ob das Bezugsrecht nach den Regelungen im Versicherungsvertrag noch widerrufen
werden kann. Nur wenn eine Widerrufsmöglichkeit besteht, stehen die Rechte der Masse zu.
2. Enthält der Versicherungsvertrag ein eingeschränkt unwiderrufliches Bezugsrecht, nach dem ein an
sich unwiderrufliches Bezugsrecht unter bestimmten Bedingungen doch widerrufen werden kann, ist bei
der Auslegung auf die betriebsrentenrechtlichen Wertungen abzustellen.
3. Soll das Bezugsrecht widerruflich sein, falls der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet,
ohne dass die Voraussetzungen einer gesetzlichen Unverfallbarkeit der Versorgungszusage vorliegen,
kommt es darauf an, ob das Arbeitsverhältnis im betriebsrentenrechtlichen Sinne endet und ob zum
Zeitpunkt der Beendigung eine gesetzlich unverfallbare Anwartschaft vorliegt.
4. Geht das Arbeitsverhältnis aufgrund eines Betriebsübergangs auf einen anderen Arbeitgeber über,
endet es nicht. Der Arbeitnehmer scheidet nicht aus dem Arbeitsverhältnis aus.
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts
Hamm vom 15. Februar 2006 - 3 Sa 2064/05 - aufgehoben.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hagen vom
27. September 2005 - 1 Ca 1168/05 - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte als ehemaliger Arbeitnehmer der
Insolvenzschuldnerin verpflichtet ist, zugunsten der klagenden Insolvenzverwalterin einen
hinterlegten Geldbetrag aus einer Direktlebensversicherung zur betrieblichen Altersversorgung
freizugeben.
2 Die Klägerin ist Insolvenzverwalterin über das Vermögen der C AG. Der Beklagte wurde 1966
geboren. Mit Arbeitsvertrag vom 14. Mai 1999 trat er als Entwicklungsleiter in ein Arbeitsverhältnis
bei der S AG, einer Rechtsvorgängerin der Insolvenzschuldnerin, ein. In § 8.2 dieses
Arbeitsvertrages heißt es:
„S schließt für Herrn H eine verrentenbare Direkt-Lebenversicherung in Höhe von
DM 3.408 jährlich ab. Die Versicherungsprämien werden als halb- oder ganzjährige
Sonderzahlungen geleistet. Der Anspruch auf die Leistungen aus dieser Versicherung ist
nach 10-jähriger Betriebszugehörigkeit unverfallbar.
Einzelheiten regelt ein spezielles mit Herrn H abzuschließendes Versicherungsabkommen,
das seine individuellen Lebensdaten berücksichtigt.“
3 Aufgrund eines Antrages auf Lebensversicherung vom 30. Juni 1999 schloss die
Rechtsvorgängerin der Insolvenzschuldnerin bei der Victoria Lebensversicherung AG zur
Versicherungsnummer eine Lebensversicherung ab, deren Bezugsberechtigter der Beklagte war.
In der Ausfertigung des Versicherungsscheins für diese Versicherung vom 17. September 1999
heißt es ua.:
Bezugsberechtigung
Der versicherten Person wird auf die Leistung aus der auf ihr Leben abgeschlossenen
Versicherung ein nicht übertragbares und nicht beleihbares unwiderrufliches Bezugsrecht
unter nachstehendem Vorbehalt eingeräumt:
Dem Versicherungsnehmer bleibt das Recht vorbehalten, alle Versicherungsleistungen für
sich in Anspruch zu nehmen, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des
Versicherungsfalles endet, es sei denn, die versicherte Person hat die Voraussetzungen
für die Unverfallbarkeit nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen
Altersversorgung erfüllt.“
4 Zudem unterzeichneten die Rechtsvorgängerin der Insolvenzschuldnerin und der Beklagte unter
dem 30. Juni 1999 auf einem Formular der Victoria Lebensversicherung AG eine „Ergänzende
Erklärung des Antragstellers/Versicherungsnehmers zum Antrag auf Lebensversicherung
Direktversicherung“. Darin heißt es ua.:
„Die Lebensversicherung soll als betriebliche Direktversicherung zur Altersversorgung des
Arbeitnehmers dienen. Im Hinblick auf das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen
Altersversorgung vom 19.12.1974 soll das Vertragsverhältnis so gestaltet werden,
-
daß es den arbeits- und steuerrechtlichen Vorschriften des Gesetzes entspricht und
insbesondere die Voraussetzungen für die Pauschalierung der Lohnsteuer gemäß
§ 40 b EStG erfüllt,
-
daß die Zahlung eines Umlagebeitrages an den Pensions-Sicherungs-Verein für die
Insolvenzsicherung vermieden wird, solange die Versicherung weder abgetreten
noch beliehen ist,
-
daß wir beim vorzeitigen Ausscheiden des Arbeitnehmers aus unseren Diensten vor
Eintritt der Unverfallbarkeit (außer bei Direktversicherungen, die unter Verwendung
von Barlohn des Arbeitnehmers abgeschlossen werden) frei über die
Versicherungsansprüche verfügen können,
-
daß sich bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Erfüllung der
Voraussetzungen für die Unverfallbarkeit der Anspruch des Arbeitnehmers auf die
Versicherungsleistung beschränkt. …
Zu diesem Zweck soll der Versicherungsvertrag mit dem rückseitig abgedruckten Wortlaut
ergänzt werden.
…“
5 Mit Beschluss des Amtsgerichts Dortmund vom 30. Januar 2004 wurde die Klägerin im Verfahren
über die Eröffnung der Insolvenz über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin zur vorläufigen
Insolvenzverwalterin bestellt. Mit weiterem Beschluss vom 30. April 2004 wurde das
Insolvenzverfahren eröffnet und die Klägerin zur Insolvenzverwalterin bestellt. Am selben Tag
veräußerte sie den Betrieb der Insolvenzschuldnerin an die S S GmbH, bei der der Beklagte
seitdem beschäftigt ist. In dem notariell beurkundeten Kaufvertrag ist als Datum der Übernahme
der Leitungsmacht der 4. Mai 2004 vereinbart.
6 Zwischen der Klägerin und der Victoria Lebensversicherung AG kam es zum Schriftwechsel über
die Auszahlung des Rückkaufswerts der Lebensversicherung. Die Victoria Lebensversicherung
AG kam einer Aufforderung der Klägerin auf Auszahlung vom 12. August 2004 nicht nach,
sondern hinterlegte den dem Rückkaufswert entsprechenden Betrag iHv. 5.533,02 Euro bei der
Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Dortmund. Sie benannte die Parteien als mögliche
Berechtigte. Mit Schreiben vom 7. April und 13. April 2005 forderte die Klägerin den Beklagten auf,
den Betrag zu ihren Gunsten freizugeben. Das lehnte der Beklagte ab.
7 Mit der vorliegenden Klage verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter. Sie hat die Auffassung
vertreten, der Rückkaufswert falle in die Masse. Ein Aussonderungsrecht zugunsten des
Beklagten sei nicht gegeben.
8 Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, die Freigabe des beim Amtsgericht Dortmund zum
Aktenzeichen 4 HL 255/04 hinterlegten Betrages von 5.533,02 Euro nebst Zinsen iHv. 1
vom Tausend monatlich seit dem 5. Mai 2005 an sie zu bewilligen.
9 Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
10 Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung hat das
Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Beklagte weiterhin das Ziel
der Klageabweisung. Die Klägerin begehrt die Zurückweisung der Revision.
11 Der Senat hat mit Beschluss vom 22. Mai 2007 - 3 AZR 334/06 (A) - (BAGE 122, 351) das
Verfahren ausgesetzt und dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes eine
Anfrage vorgelegt. Dabei ging es um eine beabsichtigte Abweichung von Entscheidungen des IV.
Zivilsenats des Bundesgerichtshofs, von denen abzuweichen der IX. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs seinerseits abgelehnt hatte. Das Verfahren vor dem Gemeinsamen Senat der
obersten Gerichtshöfe des Bundes endete mit Einstellung, nachdem der Gemeinsame Senat
aufgrund von Äußerungen der beteiligten Senate nicht mehr von der Notwendigkeit einer
Entscheidung ausging.
Entscheidungsgründe
12 Die Revision ist begründet. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf
Abgabe der begehrten Freigabeerklärung. Das ergibt sich aus Folgendem:
13 I. Als Anspruchsgrundlage kommt allein § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB in Betracht (vgl. BAG
21. Februar 2008 - 6 AZR 273/07 - Rn. 25, BAGE 126, 89). Hinterlegt der Schuldner - wie im
Streitfall die Victoria Lebensversicherung AG - den geschuldeten Betrag zu Gunsten der
streitenden Forderungsprätendenten (§ 372 Satz 2 BGB), so ist für die Frage der Freigabepflicht
entscheidend, ob derjenige, der die Freigabe verlangt, im Verhältnis zum Schuldner Inhaber der
Forderung ist, zu deren Erfüllung der hinterlegte Betrag bestimmt ist. Maßgeblich ist die
Gläubigerstellung gegenüber dem hinterlegenden Schuldner. Auf die Rechtsbeziehung zwischen
den Forderungsprätendenten kommt es grundsätzlich nicht an (vgl. BGH 7. Dezember 2006 -
IX ZR 161/04 - Rn. 9, ZIP 2007, 194).
14 Allerdings gilt etwas anderes, wenn das Freigabeverlangen ausnahmsweise treuwidrig ist (vgl.
BGH 13. November 1996 - VIII ZR 210/95 - zu II 2 der Gründe, NJW-RR 1997, 495). Diese
Treuwidrigkeit kann aber nicht aus der „Dolo-Petit-Einrede“ (vgl. dazu BGH 13. Juli 2005 - VIII ZR
311/04 - NJW-RR 2005, 1321) hergeleitet werden. Es ist also nicht entscheidend, ob die Klägerin
den hinterlegten Betrag sofort wieder an den Beklagten auskehren müsste. Andernfalls würde
letztlich entgegen hinterlegungsrechtlichen Grundsätzen doch darauf abgestellt, wie sich die
Rechtslage zwischen den streitenden Forderungsprätendenten darstellt. Daher kommt es für die
Entscheidung des Rechtsstreits nicht darauf an, ob die Klägerin durch die Einziehung des
Rückkaufswerts einen Schadensersatzanspruch des Beklagten begründen würde und ob die unter
der Konkursordnung entwickelte Rechtsprechung des Senats, nach der ein derartiger
Schadensersatzanspruch Konkursforderung und keine Masseverbindlichkeit ist (grundlegend:
26. Februar 1991 - 3 AZR 213/90 - zu II der Gründe, AP BetrAVG § 1 Lebensversicherung Nr. 15
= EzA KO § 43 Nr. 2; vgl. auch 8. Juni 1999 - 3 AZR 136/98 - zu B I 3 a der Gründe, BAGE 92, 1),
auch unter der Insolvenzordnung aufrechtzuerhalten ist.
15 Ebenso wenig kommt es darauf an, ob dem Beklagten gegenüber der Versicherung der
Rückkaufswert zusteht und er gegenüber der Klägerin daher einen Anspruch auf
Freigabeerklärung hat. Ein derartiges Verlangen ist nicht Gegenstand des Verfahrens.
16 II. Die Klägerin war gegenüber der Versicherung nicht berechtigt, den Rückkaufswert der von der
Rechtsvorgängerin der Insolvenzschuldnerin zu Gunsten des Beklagten abgeschlossenen
Versicherung zur Masse zu ziehen. Ein Anspruch auf Abgabe der Freigabeerklärung aus § 812
Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB scheidet daher aus.
17 1. Zu unterscheiden ist zwischen dem Rechtsverhältnis des Arbeitgebers und
Versicherungsnehmers zum Versicherer (Deckungsverhältnis) und dem Rechtsverhältnis
zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (Versorgungsverhältnis, Valutaverhältnis). Das
Rechtsverhältnis des Arbeitgebers zum Versicherer richtet sich allein nach dem
Versicherungsvertrag. Demgegenüber richten sich die auf die Versicherung bezogenen
Verpflichtungen des Arbeitgebers nach dem Rechtsverhältnis, das zwischen dem Arbeitgeber und
dem Arbeitnehmer besteht. Das kann dazu führen, dass der Arbeitgeber aus dem
Versicherungsvertrag abgeleitete Rechte versicherungsrechtlich ausüben kann, obwohl er dies
nach den arbeitsrechtlichen Rechtsverhältnissen nicht darf. Versicherungsrechtlich ist in diesem
Fall die Ausübung wirksam. Arbeitsrechtlich können jedoch Ansprüche, insbesondere
Schadensersatzansprüche, bestehen (vgl. BAG 8. Juni 1993 - 3 AZR 670/92 - zu 3 der Gründe,
BAGE 73, 209; BGH 19. Juni 1996 - IV ZR 243/95 - AP BetrAVG § 1 Lebensversicherung Nr. 25).
18 2. Die Frage, ob die Rechte aus dem Versicherungsvertrag der Masse zustehen oder der
Arbeitnehmer ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO hat, beantwortet sich nach folgenden
Grundsätzen:
19 a) Ausschlaggebend ist die versicherungsrechtliche Lage. Allein danach richtet sich, in welcher
Weise der Arbeitgeber noch in der Lage ist, rechtswirksam auf die Versicherung zuzugreifen, und
ob diese Rechte noch zu seinem Vermögen gehören, in das der Insolvenzverwalter nach § 80
Abs. 1 InsO bei Insolvenzeröffnung eintritt (st. Rspr. des BAG, zuletzt 31. Juli 2007 - 3 AZR
446/05 - Rn. 14, NZA-RR 2008, 32 sowie zB 8. Juni 1999 - 3 AZR 136/98 - zu B I der Gründe,
BAGE 92, 1; ebenso: BGH 18. Juli 2002 - IX ZR 264/01 - zu II der Gründe, DB 2002, 2104;
BVerwG 28. Juni 1994 - 1 C 20.92 - zu 2 c cc ccc der Gründe, BVerwGE 96, 160). Etwas anderes
gilt auch dann nicht, wenn der Direktversicherung arbeitsrechtlich eine Entgeltumwandlung
zugrunde liegt, für die die Neuregelung über die sofortige gesetzliche Unverfallbarkeit noch nicht
anwendbar ist, weil die Versorgungszusage vor dem 1. Januar 2001 erteilt wurde (§ 1b Abs. 5,
§ 30f Abs. 1 Satz 2 iVm. Satz 1 BetrAVG), oder wenn die Rentenanwartschaft arbeitsvertraglich
unverfallbar ist so wie die des Beklagten im Verhältnis zur Insolvenzschuldnerin. Auch bei einer
derartigen Fallgestaltung liegt kein Treuhandverhältnis vor, aufgrund dessen die Rechte aus dem
Versicherungsvertrag vom sonstigen Vermögen des Arbeitgebers ausreichend getrennt wären,
um sie nicht der Masse zuzuordnen (vgl. BAG 17. Oktober 1995 - 3 AZR 622/94 - zu I 1 b der
Gründe, AP BetrAVG § 1 Lebensversicherung Nr. 23 = EzA BetrAVG § 1 Lebensversicherung
Nr. 7; 8. Juni 1999 - 3 AZR 136/98 - zu B I 2 b bb der Gründe, aaO; BGH 18. Juli 2002 - IX ZR
264/01 - zu II 2 der Gründe, aaO).
20 b) Im Ergebnis kommt es deshalb darauf an, wie sich die konkrete versicherungsrechtliche Lage
darstellt.
21 Hat der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer dem Arbeitnehmer als Versichertem - was nach
§ 159 VVG (früher: § 166 VVG) der gesetzliche Normalfall ist - lediglich ein widerrufliches
Bezugsrecht im Versicherungsfall eingeräumt, kann er die bezugsberechtigte Person jederzeit
ersetzen. Der Versicherte hat vorher lediglich eine Hoffnung auf die später fällig werdende Leistung
(vgl. BGH 22. März 1984 - IX ZR 69/83 - DB 1984, 1776). In der Insolvenz fallen die Rechte aus
der Lebensversicherung deshalb in das Vermögen des Arbeitgebers und gehören zur
Insolvenzmasse (vgl. zB BAG 17. Oktober 1995 - 3 AZR 622/94 - zu I der Gründe, AP BetrAVG
§ 1 Lebensversicherung Nr. 23 = EzA BetrAVG § 1 Lebensversicherung Nr. 7; BGH 18. Juli 2002
- IX ZR 264/01 - zu II der Gründe, DB 2002, 2104). Da die Eröffnung des Insolvenzverfahrens
zunächst nur zur Folge hat, dass die gegenseitigen Ansprüche auf Leistungen ihre
Durchsetzbarkeit verlieren (so BGH 7. April 2005 - IX ZR 138/04 - zu II 2 b aa der Gründe,
DB 2005, 1453; anders noch: BGH 4. März 1993 - IX ZR 169/92 - NJW 1993, 1994), muss der
Verwalter allerdings den Vertrag beenden und den Rückkaufswert zur Masse ziehen.
22 Räumt der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer dem Arbeitnehmer als Versichertem dagegen
abweichend vom gesetzlichen Normalfall ein unwiderrufliches Bezugsrecht ein, stehen die Rechte
aus dem Versicherungsvertrag von vornherein dem Arbeitnehmer zu (BGH 17. Februar 1966 -
II ZR 286/63 - zu II der Gründe, BGHZ 45, 162). Mit der Unwiderruflichkeit erhält das Bezugsrecht
dingliche Wirkung (BGH 19. Juni 1996 - IV ZR 243/95 - zu 1 der Gründe, AP BetrAVG § 1
Lebensversicherung Nr. 25). Insolvenzrechtlich hat dies zur Folge, dass die Rechte aus dem
Versicherungsvertrag von diesem Zeitpunkt an nicht mehr zum Vermögen des Arbeitgebers und
damit auch nicht mehr zur Insolvenzmasse gehören. Sie stehen vielmehr dem Arbeitnehmer zu,
der deshalb ein Aussonderungsrecht hat (BAG 26. Juni 1990 - 3 AZR 651/88 - zu 2 b der Gründe,
BAGE 65, 208; 26. Juni 1990 - 3 AZR 2/89 - zu 2 b der Gründe, AP BetrAVG § 1
Lebensversicherung Nr. 12 = EzA KO § 43 Nr. 1).
23 Hat der Arbeitgeber hingegen dem Arbeitnehmer im Versicherungsvertrag ein unwiderrufliches
Bezugsrecht eingeräumt, dieses jedoch unter bestimmten Voraussetzungen mit einem
Widerrufsvorbehalt versehen - „eingeschränkt unwiderrufliches Bezugsrecht“ -, so ist zu
unterscheiden: Wenn die Voraussetzungen des Widerrufsvorbehalts vorliegen, bleibt das
Widerrufsrecht ebenso erhalten wie im Normalfall. Das Bezugsrecht kann dann widerrufen
werden. Der Insolvenzverwalter kann von der Widerrufsmöglichkeit Gebrauch machen mit der
Folge, dass der Rückkaufswert der Masse zusteht (BAG 8. Juni 1999 - 3 AZR 136/98 - zu B I 2
der Gründe, BAGE 92, 1). Sind die Voraussetzungen des Vorbehalts demgegenüber nicht
gegeben, kann das Bezugsrecht nicht widerrufen werden (BAG 26. Juni 1990 - 3 AZR 651/88 - zu
3 und 4 der Gründe, BAGE 65, 208 und - 3 AZR 2/89 - zu 3 und 4 der Gründe, AP BetrAVG § 1
Lebensversicherung Nr. 12 = EzA KO § 43 Nr. 1; ebenso: BGH 19. Juni 1996 - IV ZR 243/95 - zu
2 der Gründe, AP BetrAVG § 1 Lebensversicherung Nr. 25). Die Rechte aus dem
Versicherungsvertrag gehören dann zum Vermögen des Arbeitnehmers und nicht zur Masse. Der
Arbeitnehmer hat ein Aussonderungsrecht.
24 3. Der Versicherungsvertrag zwischen der Rechtsvorgängerin der Insolvenzschuldnerin und der
Victoria Lebensversicherung ist dahingehend auszulegen, dass die Voraussetzungen des
Vorbehalts für einen Widerruf nicht vorlagen und die Klägerin deshalb nicht berechtigt war, das
Bezugsrecht zu widerrufen und den Rückkaufswert zur Masse zu ziehen.
25 a) Da es sich um typische Vertragsbedingungen handelt, kann sie der Senat selbst auslegen
(BAG 11. Dezember 2001 - 3 AZR 334/00 - zu I 2 a aa der Gründe, AP BetrAVG § 1
Unverfallbarkeit Nr. 11 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 80). Die Regelung der Bezugsberechtigung im
vorliegenden Einzelfall - Versicherungsvertrag von 1999 - stellt eine Allgemeine
Geschäftsbedingung dar. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und
typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern
unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden,
wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders
zugrunde zu legen sind (vgl. BAG 7. Dezember 2005 - 5 AZR 535/04 - Rn. 22, BAGE 116, 267).
26 Umstände außerhalb der Urkunde sind einzubeziehen, soweit §§ 133, 157 BGB dies gebieten. Die
den Vertragsschluss begleitenden Umstände können - wie § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB zeigt - nicht bei
der Auslegung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, sondern nur bei der Prüfung der
unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB berücksichtigt werden (vgl. BAG
7. Dezember 2005 - 5 AZR 535/04 - Rn. 22, BAGE 116, 267). Alle außerhalb der Urkunde
liegenden Umstände sind jedoch einzubeziehen, wenn es darum geht zu ermitteln, ob im
konkreten Einzelfall die Beteiligten eine Erklärung übereinstimmend in demselben Sinne
verstanden haben (vgl. dazu BAG 15. September 2009 - 3 AZR 173/08 - Rn. 27, AP BGB § 611
Ausbildungsbeihilfe Nr. 42 = EzA BGB 2002 § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 13).
27 Bei der Auslegung von Versicherungsbedingungen einer Lebensversicherung, mit denen
Ansprüche von Arbeitnehmern auf betriebliche Altersversorgung durchgeführt werden sollen, sind
entsprechend dem Zweck dieser Versicherung auch die Interessen der versicherten Beschäftigten
zu berücksichtigen (BAG 31. Juli 2007 - 3 AZR 446/05 - Rn. 20, DB 2008, 939; BGH 3. Mai 2006 -
IV ZR 134/05 - Rn. 12 mwN, NJW-RR 2006, 1258).
28 b) Das bedeutet, dass bei der Auslegung von Versicherungsverträgen, die der Durchführung einer
betrieblichen Altersversorgung dienen, entscheidend auf die betriebsrentenrechtlichen Wertungen
abzustellen ist (so dezidiert auch Krause Anm. AP BetrAVG § 1b Nr. 8). Die Parteien eines
Vertragsgefüges, das dazu dient, dem Arbeitnehmer auf der Grundlage des
Betriebsrentengesetzes Ansprüche zu verschaffen, wollen in der Regel - und nur so können die
beteiligten Verkehrskreise auch die verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen verstehen -
an das anknüpfen, was nach dem Betriebsrentenrecht maßgeblich ist (ähnlich bereits BAG
26. Mai 2009 - 3 AZR 816/07 - Rn. 24, AP BetrAVG § 2 Nr. 61 = EzA BetrAVG § 1b Nr. 6 und
31. Juli 2007 - 3 AZR 446/05 - Rn. 18 ff., NZA-RR 2008, 32). Das gilt sowohl dann, wenn auf die
gesetzliche Unverfallbarkeit der Versorgungszusage nach dem Betriebsrentengesetz abgestellt
wird, als auch dann, wenn es um die Frage geht, ob ein Arbeitsverhältnis iSd.
Versicherungsbedingungen beendet ist.
29 Demnach ist in den Fällen, in denen ein Betrieb oder Betriebsteil iSd. § 613a BGB veräußert wird,
grundsätzlich nicht von einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses iSd. jeweiligen
Versicherungsbedingungen auszugehen. Denn auch betriebsrentenrechtlich besteht ein
Arbeitsverhältnis nach einem Betriebsübergang fort, da der Erwerber nach § 613a BGB in die
Verpflichtungen aus der Versorgungszusage eintritt. Der Veräußerer hat für sie mit Ausnahme der
Renten, die innerhalb eines Jahres nach dem Betriebsübergang fällig werden (§ 613a Abs. 2
BGB), nicht mehr einzustehen (BAG 22. Juni 1978 - 3 AZR 832/76 - AP BGB § 613a Nr. 12 = EzA
BGB § 613a Nr. 19). Beim Veräußerer zugebrachte Zeiten der Betriebszugehörigkeit sind auch
beim Erwerber hinsichtlich des Eintritts der Unverfallbarkeit einer Versorgungszusage zu
berücksichtigen (BAG 20. Juli 1993 - 3 AZR 99/93 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 73, 350).
30 Demgegenüber trägt der im Vorlagebeschluss in dieser Sache (22. Mai 2007 - 3 AZR 334/06 (A) -
Rn. 25 f., BAGE 122, 351) angeführte Gedanke nicht, im Verhältnis zwischen dem Veräußerer und
dem Erwerber bestehe kein Interesse des Veräußerers daran, dass Ansprüche, für die der
Erwerber im Wesentlichen allein einzutreten habe, gedeckt würden. Der Senat kann diesen
Gesichtspunkt nach erneuter Überprüfung nicht mehr durchgreifen lassen. Mit der Zahlung der
Beiträge für eine Direktversicherung zur Durchführung einer betrieblichen Altersversorgung erfüllt
der Veräußerer Verpflichtungen gegenüber dem Arbeitnehmer (vgl. BAG 12. Juni 2007 - 3 AZR
186/06 - Rn. 22, BAGE 123, 82). Redliche Vertragsparteien können nicht davon ausgehen, dass
dem Veräußerer Gelegenheit gegeben wird, seine Vertragserfüllung gegenüber dem Arbeitnehmer
aus Anlass eines Betriebsübergangs rückgängig zu machen, wenn es aufgrund des
Betriebsübergangs möglich bleibt, dass die Versorgungszusage gesetzlich unverfallbar wird.
31 c) Insolvenzrechtliche Besonderheiten spielen bei der Auslegung keine entscheidende Rolle.
32 aa) Nicht gerechtfertigt ist in der Regel eine Auslegung, wonach das Bezugsrecht gerade in der
Insolvenz unter Umständen, in denen außerhalb der Insolvenz ein Widerruf möglich wäre, nicht
mehr widerrufen werden kann. Eine derartige Vereinbarung wäre nämlich unwirksam und es kann
den Vertragsparteien nicht unterstellt werden, eine unwirksame Vereinbarung abzuschließen.
33 Das Insolvenzrecht ist vom Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung geprägt (§ 38
InsO). Dieses Ziel wird beispielsweise dadurch abgesichert, dass Vereinbarungen mit dem
Insolvenzschuldner, nach denen die in §§ 103 bis 118 InsO angeordneten besonderen Wirkungen
der Insolvenz ausgeschlossen werden sollen, nach § 119 InsO unwirksam sind. Dem liegt der
Gedanke zugrunde, dass von dem geschlossenen System der InsO im Interesse der Gläubiger
nicht durch Vereinbarungen abgewichen werden darf. Zu diesen gesetzlichen Wertungen stünde
es in Widerspruch, würde ein Aussonderungsrecht entgegen § 47 InsO nicht nach den außerhalb
der Insolvenz geltenden Gesetzen, sondern durch Vereinbarungen begründet, die nur im
Insolvenzfall greifen. Hierdurch würde das gesetzlich festgelegte und in seinen Grenzen
bestimmte Aussonderungsrecht durch einen Vertrag zu Lasten der Gläubiger erweitert.
Ausschließlich der Masse und damit den Gläubigern würde nur im Insolvenzfall Vermögen
entzogen, das dem Insolvenzschuldner zusteht und durch den Eintritt des Insolvenzverwalters in
das Recht, das Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen (§ 80 Abs. 1 InsO), zur
Verteilung zur Verfügung stünde. Ein derartiger Erwerb von Rechten an Gegenständen der Masse
nach der Insolvenzeröffnung wird nach § 91 Abs. 1 InsO ausgeschlossen (Hinkel/Laskos ZInsO
2006, 1253, 1255 f.).
34 Demgemäß hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 16. Juni 1978 (- 3 AZR 783/76 - AP KO
§ 30 Nr. 4 = EzA KO § 30 Nr. 1), wenn auch nicht tragend, ausgesprochen, dass mit der
Vereinbarung einer bis zur Stellung eines Konkursantrages aufschiebend bedingten Abtretung der
Rechte aus einer (Rückdeckungs-)Versicherung (für eine unverfallbare Anwartschaft auf
Betriebsrente) der konkursrechtliche Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung
umgangen wird.
35 Allerdings ist es grundsätzlich zulässig, Rechtsbeziehungen so zu gestalten, dass Ansprüche
auch in der Insolvenz gesichert sind. Das ist zum Teil sogar gesetzlich vorgeschrieben (etwa in
§ 7e SGB IV, § 8a AltTZG). Es setzt aber voraus, dass Vermögenswerte bereits vor Eintritt der
Insolvenz vom Schuldnervermögen getrennt sind, beispielsweise durch eine Treuhandabrede (vgl.
BAG 24. September 2003 - 10 AZR 640/02 - BAGE 108, 1; BGH 24. Juni 2003 - IX ZR 75/01 - zu
II 2 b und c der Gründe, BGHZ 155, 227). In derartigen Fällen gehört der fragliche Gegenstand
bereits nach den außerhalb des Insolvenzverfahrens geltenden Gesetzen iSd. § 47 InsO nicht
mehr zum Vermögen des späteren Insolvenzschuldners und unterliegt auch nicht der
Einzelzwangsvollstreckung (vgl. BGH 1. Juli 1993 - IX ZR 251/92 - DB 1993, 2378). Deshalb geht
den Gläubigern im Insolvenzfalle nichts verloren, was dem Schuldner zusteht.
36 bb) Ebenso wenig ist es geboten, bei der Auslegung von Versicherungsbedingungen für den Fall
der Insolvenz eine Ausnahme von der betriebsrentenrechtlichen Wertung zu machen, dass das
Arbeitsverhältnis durch einen Betriebsübergang nicht endet.
37 Auch im Insolvenzverfahren bleibt es bei der Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen, wie sie
außerhalb des Insolvenzverfahrens zwischen Arbeitnehmer und Insolvenzschuldner geschlossen
wurden. Nach der Interessenlage der Parteien kann eine Verschlechterung zu Lasten des
Arbeitnehmers für den Fall der Insolvenz nicht als vereinbart angenommen werden. Es ist
grundsätzlich möglich, durch die Vereinbarung eines unwiderruflichen Bezugsrechts die
Rechtsposition des Arbeitnehmers gegenüber der Versicherung insolvenzfest zu machen. Eine
Vereinbarung, die lediglich im Insolvenzfall greifen soll, liegt nicht vor. Die Interessen der Masse
sind im Übrigen durch das Recht der Insolvenzanfechtung (§§ 129 ff. InsO) geschützt.
38 Zudem gilt der Grundsatz, dass durch einen Betriebsübergang das Arbeitsverhältnis nicht endet,
auch in der Insolvenz. Der Bestandsschutz des § 613a BGB bleibt gewahrt, wenngleich der
Erwerber aus insolvenzrechtlichen Gründen in vor der Insolvenzeröffnung entstandene Ansprüche
des Arbeitnehmers nicht einzutreten hat (vgl. nur BAG 19. Mai 2005 - 3 AZR 649/03 - zu B I 2 d
der Gründe, BAGE 114, 349). Bei der Frage, ob ein Arbeitsverhältnis endet, geht es allein um den
Bestandsschutzaspekt der Bestimmung.
39 cc) Die Insolvenzeröffnung selbst unterbricht den Lauf der gesetzlichen Fristen zur Erreichung der
Unverfallbarkeit nicht (vgl. BAG 15. Dezember 1987 - 3 AZR 420/87 - BAGE 57, 152).
40 d) Der Senat ist an der Aufstellung dieser Auslegungsgrundsätze nicht durch die Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs gehindert. Das gilt sowohl für die Rechtsprechung, die Anlass zum
Vorlagebeschluss in dieser Sache vom 22. Mai 2007 gegeben hat, als auch im Hinblick auf die
neuere Entscheidung vom 2. Dezember 2009 (- IV ZR 65/09 - VersR 2010, 517).
41 aa) Hinsichtlich der Entscheidungen, wegen derer der Senat den Gemeinsamen Senat der
obersten Gerichtshöfe des Bundes angerufen hatte, ergibt sich dies aus folgenden Erwägungen:
42 Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte in den Urteilen vom 8. Juni 2005 (- IV ZR 30/04 -
NJW-RR 2005, 1412) und vom 3. Mai 2006 (- IV ZR 134/05 - DB 2006, 1488) darauf erkannt, dass
die Rechte aus dem Versicherungsvertrag bei Klauseln der vorliegenden Art auch dann, wenn die
in den Versicherungsvertrag aufgenommenen Bedingungen eine Unwiderruflichkeit erst bei
Unverfallbarkeit der Anwartschaft vorsehen, schon vor Eintritt der gesetzlichen Unverfallbarkeit
dem Arbeitnehmer zustehen, wenn das Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber in der Insolvenz durch
betriebsbedingte Kündigung oder einen Betriebsübergang endet. Eine interessengerechte
Auslegung derartiger Klauseln führe dazu, dass ein Widerruf des Bezugsrechts bei einer
„insolvenzbedingten Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Versicherungsnehmer“
ausscheide. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Hinweisbeschluss gem. § 552a
ZPO vom 22. September 2005 (- IX ZR 85/04 - ZIP 2005, 1836) erklärt, von dieser
Rechtsprechung nicht abweichen zu wollen, und dementsprechend die Revision durch Beschluss
zurückgewiesen (1. Dezember 2005 - IX ZR 85/04 - juris).
43 Die vom Senat gestellte Vorlagefrage hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des
Bundes in Übereinstimmung mit dem Senat, die dieser durch Beschluss vom 26. Mai 2009 zum
Ausdruck gebracht hatte, wie folgt verstanden:
„Gilt bei einem eingeschränkt unwiderruflichen Bezugsrecht aus einer Direktversicherung
zur betrieblichen Altersversorgung ein in den Versicherungsvertrag zu Gunsten des
Versicherungsnehmers aufgenommener Vorbehalt, ‚alle Versicherungsleistungen für sich
in Anspruch zu nehmen, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versicherungsfalles
endet, es sei denn, die versicherte Person hat die Voraussetzung für die Unverfallbarkeit
nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung erfüllt’, ohne
weiteres auch für den Fall einer insolvenzbedingten Beendigung des Arbeitsverhältnisses?“
44 Dazu wurde seitens des IV. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs wie folgt Stellung genommen:
„Nach der Präzisierung der Vorlagefrage durch den Beschluss des Dritten Senats des
Bundesarbeitsgerichts vom 26. Mai 2009 gibt es bei ihrer Beantwortung keine Divergenz
zwischen dem vorlegenden Senat und der Rechtsprechung des IV. Zivilsenats des
Bundesgerichtshofs. Auch der IV. Zivilsenat bejaht die Vorlagefrage.
Dabei legt er zugrunde, dass die Frage ausschließlich aufgrund des in der Frage
wiedergegebenen Wortlauts des Vorbehalts (‚ohne Weiteres’) zu beantworten ist. Auf
Auslegungsgesichtspunkte außerhalb des Wortlauts des Vorbehalts, aus denen sich
gegebenenfalls ein anderes Verständnis des Vorbehalts ergeben könnte, soll es für die
Beantwortung der Vorlagefrage also nicht ankommen. Dies vorausgeschickt ist - auch
nach der bisherigen Rechtsprechung des IV. Zivilsenats - die Vorlagefrage dahin zu
beantworten, dass der Vorbehalt (‚ohne Weiteres’) auch für den Fall einer
insolvenzbedingten Beendigung des Arbeitsverhältnisses gilt. Die Senatsurteile vom 8. Juni
2005 und vom 3. Mai 2006 widerstreiten dem nicht …
Unbeschadet dessen kann ein anderes Verständnis des Vorbehalts in Betracht zu ziehen
sein, wenn gemäß §§ 133, 157 BGB zu berücksichtigende Umstände außerhalb des
Wortlauts dies gebieten.“
45 Aufgrund einer Mitteilung des erkennenden Senats, dass er nunmehr keine Notwendigkeit einer
Entscheidung durch den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes mehr sehe,
hat der Gemeinsame Senat das Vorlageverfahren durch Beschluss vom 8. März 2010 eingestellt.
46 Aus der Stellungnahme seitens des IV. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs im Vorlageverfahren
ergibt sich, dass der IV. Zivilsenat keine Rechtsgrundsätze zur Auslegung von Allgemeinen
Geschäftsbedingungen aufgestellt hat. Mit den Entscheidungen sollte lediglich klargestellt werden,
dass Umstände außerhalb der Urkunde bei der Auslegung zu berücksichtigen sind, soweit die
gesetzlichen Regelungen dies gebieten. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs ist dem
IV. Zivilsenat ohne inhaltliche Änderung gefolgt. Seinen Entscheidungen kann also nichts
Weitergehendes entnommen werden.
47 Mit den vom IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in seiner Stellungnahme aus seinen früheren
Entscheidungen herausgearbeiteten Aussagen stehen die hier entwickelten Auslegungsregeln in
Einklang.
48 bb) Den hier gefundenen Auslegungsregeln steht auch die neuere Entscheidung des IV.
Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 2. Dezember 2009 (- IV ZR 65/09 - VersR 2010, 517)
nicht entgegen. Dort hat der IV. Zivilsenat (Rn. 10) lediglich seine alte Rechtsprechung in Bezug
genommen und ausgeführt, die Versicherungsbedingungen bedürften im Einzelfall der Auslegung.
Auch der Senat hält eine Auslegung im Einzelfall entsprechend den hier entwickelten Regeln für
geboten.
49 4. Im Streitfall bedeutet dies, dass die Versicherungsbedingungen entsprechend den
betriebsrentenrechtlichen Rechtsgrundsätzen auszulegen sind. Gegenteilige Umstände ergeben
sich weder aus dem Versicherungsschein vom 17. September 1999 noch aus sonstigen
Umständen. Im Gegenteil stellt die auf einem Formular der Versicherung unter dem 30. Juni 1999
abgegebene Erklärung der Rechtsvorgängerin der Insolvenzschuldnerin und des Beklagten
ausdrücklich einen Zusammenhang zwischen der Versicherung und den betriebsrentenrechtlichen
Regelungen her. Da der Beklagte aus dem mit Wirkung für die Masse nach § 108 InsO
fortbestehenden Arbeitsverhältnis lediglich aufgrund eines Betriebsübergangs ausgeschieden ist,
hat das Arbeitsverhältnis nicht iSd. Versicherungsvertrages geendet. Die Klägerin war deshalb
nicht berechtigt, das Bezugsrecht zu widerrufen, da die Voraussetzungen des Vorbehalts nicht
erfüllt sind.
Mikosch
Zwanziger
Schlewing
Rau
Wischnath