Urteil des BAG vom 31.01.2008

BAG: Rechtsmitteleinlegung, Revision, Prozessbeteiligung, geschäftsführer, leiter, betriebsübergang, kündigung, kaufpreis, beitrittserklärung, umdeutung

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 31.1.2008, 8 AZR 10/07
Rechtsmitteleinlegung - Revision - Prozessbeteiligung
Tenor
Die Revision der Streitverkündeten zu 1) gegen das Urteil des
Landesarbeitsgerichts München vom 7. Juli 2006 - 8 Sa 625/05 - wird als
unzulässig verworfen.
Die Kosten der Revision hat die Streitverkündete zu 1) zu tragen.
Tatbestand
1 Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers infolge eines
Betriebsübergangs auf die Streitverkündete zu 1) übergegangen ist.
2 Der Kläger war seit dem 15. März 1993 bei der H B GmbH beschäftigt, zuletzt als CNC-Fräser mit
einem monatlichen Bruttogehalt iHv. 3.017,00 Euro. Die H B GmbH befasste sich mit der
Herstellung, dem Handel und dem Vertrieb von Design-Modellen und -Formen aller Art,
vorwiegend für Zwecke der Automobilindustrie. Im Betrieb in O beschäftigte sie zuletzt ca.
40 Arbeitnehmer. Über ihr Vermögen wurde am 1. August 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet
und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt.
3 Der Beklagte hat der J GmbH & Co. KG (im Folgenden: Streitverkündete zu 1)) und dem
Geschäftsführer ihrer Komplementär-GmbH K (im Folgenden: Geschäftsführer K) mit
Schriftsätzen vom 29. April 2005 in erster Instanz den Streit verkündet; diese haben in der
Berufungsinstanz zur Sache schriftsätzlich Stellung genommen und sich mit Schriftsatz vom
22. November 2005 als Nebenintervenienten bezeichnet. Das Landesarbeitsgericht hat dazu
ausgeführt, sie seien in der Berufungsinstanz “als Nebenintervenienten aufgetreten”.
4 Der Beklagte schloss am 29. November 2004 mit der Streitverkündeten zu 1), die damals noch
unter “B Entwicklung GmbH & Co. KG i. G.” firmierte, einen Kaufvertrag, der auszugsweise lautet:
Ҥ 1
Präambel
Über das Vermögen der Firma H B GmbH wurde am 01.08.2004 das Insolvenzverfahren
eröffnet. Seit dem betreibt der Verkäufer das Unternehmen weiter.
Der Käufer möchte im Wege der übertragenden Sanierung den Geschäftsbetrieb mit allen
dazugehörigen Wirtschaftsgütern der Firma H B GmbH übernehmen.
Dies vorausgeschickt, treffen die Parteien folgende Vereinbarung:
§ 2
Kaufgegenstand
1.
Der Kaufgegenstand ist in Anlage 1 zu diesem Vertrag niedergelegt.
2.
Kaufgegenstand ist weiter der Kundenstamm und der gesamte Goodwill des Verkäufers.
3.
Ebenfalls ist Kaufgegenstand der gesamte Auftragsbestand des Verkäufers zum
Übergabestichtag.
4.
Letztendlich wird das gesamte Datenmaterial der Verkäuferin mit übertragen.
...
§ 3
Kaufpreis
Der Kaufpreis wird wie folgt aufgeteilt:
Der Kaufpreis ist wie folgt fällig:
Er ist vor dem 08.12.2004 auf nachfolgendes Insolvenzkonto einzuzahlen, wobei es auf die
Gutschrift auf dem Konto ankommt.
Dieser Vertrag wird erst wirksam, wenn der Käufer den gesamten Kaufpreis fristgerecht
gezahlt hat.
...
§ 5
Betriebsübergang/Stichtag
Die Kaufgegenstände gem. § 2 und der Betrieb des Verkäufers gehen mit Stichtag vom
01.12.2004 auf den Käufer über.
§ 6
Die Käuferin übernimmt sämtliche von dem Verkäufer bestellte Ware. ...
Ebenfalls übernimmt die Käuferin den gesamten Warenbestand, soweit er zur Fertigung
weiterverwendet werden kann, zum Einkaufspreis von dem Verkäufer. …
§ 7
Geschäftsräume
Die Käuferin beabsichtigt, mit den Vermietern des Verkäufers (drei dem Käufer bekannte
Anwesen) einen neuen Mietvertrag abzuschließen.”
5 Ebenfalls am 29. November 2004 ging bei dem Beklagten ein Schreiben der Vermieterin der in § 7
des Kaufvertrags angesprochenen Geschäftsräume ein. Darin heißt es ua.:
“... nach eben erfolgter Rücksprache mit Herrn K darf ich folgende Vereinbarung
bestätigen:
Angemietet werden 1.928 qm Produktions- und Nutzungsfläche zum qm-Preis von
EUR 4,65 + Mwst. + NK
Laufzeit-2-Jahre”
6 Auf diesem Schreiben vermerkte der Geschäftsführer K: “OK. Angebot angenommen 29.11.04”
und unterschrieb es.
7 Noch im November 2004 versandten der Beklagte und der Geschäftsführer K ein Rundschreiben
an die Geschäftspartner der Insolvenzschuldnerin, das auszugsweise lautet:
“wir freuen uns Ihnen mitteilen zu können, dass der Fortbestand des Unternehmens B mit
seinen Mitarbeitern gewährleistet ist und die Geschäfte ab 01.12.2004 unter geänderter
Geschäftsleitung weitergeführt werden.
Die neue Firmierung lautet: B Entwicklung GmbH & Co. KG mit Firmensitz wie bisher
Sstr. 4, O. Weiterhin stehen die Ihnen bekannten Mitarbeiter kompetent zur Verfügung. ...
Die bestehenden Aufträge werden durch das Nachfolge Unternehmen übernommen und
termingerecht zur Auslieferung gebracht. Für Folgeaufträge sowie Anfragen steht Ihnen
unser technischer Vertriebsleiter Herr D zur Verfügung. ...
Nach der übertragenen Sanierung durch den Insolvenzverwalter RA W übergibt er die B
GmbH zum 01.12.2004.”
8 Der Geschäftsführer K nahm am 30. November 2004 an einer Versammlung der Mitarbeiter der
Insolvenzschuldnerin teil. Am 1. Dezember 2004 begab er sich auf eine Asienreise. Ab diesem
Tag trat der Beklagte nicht mehr als Betriebsinhaber auf und feierte am 3. Dezember 2004 mit der
Belegschaft das Ende der Insolvenz. Während des weiterlaufenden Betriebs blieb der
Geschäftsführer K von seiner Asienreise aus mit dem technischen, dem kaufmännischen und
einem Projektleiter per E-Mail in Kontakt. Er forderte am 6. Dezember 2004 den technischen Leiter
des Betriebs D zur Prüfung eines Projekts auf und kündigte ihm einen weiteren Arbeitsauftrag an.
Der kaufmännische Leiter T unterrichtete ebenfalls am 6. Dezember 2004 den Geschäftsführer K
mit einer E-Mail über ein an die “B Entwicklungs GmbH & Co. KG” gerichtetes Angebot zum
Abschluss eines Mietkaufvertrags für eine Maschine. Der Projektleiter S informierte mit E-Mail
vom 7. Dezember 2004 den Geschäftsführer K über die Fertigstellung eines Modells; als Antwort
erhielt er noch am selben Tag den Arbeitsauftrag für ein weiteres Modell. Ebenso übermittelte der
Geschäftsführer dem technischen Leiter D am 7. Dezember 2004 zu Informationszwecken eine
an einen Kunden geschickte E-Mail, die lautete:
“besten Dank für Ihre bisherige Unterstützung und die faire Partnerschaft in der
Zusammenarbeit.
Leider konnte ich Sie zu den beiden Angeboten 20001748 und 20001760 nicht telefonisch
erreichen, um diese persönlich zu erörtern.
In der Neuaufnahme der Geschäfte für die Firma B ist es insbesondere wichtig unsere
Kompetenz und Flexibilität erneut unter Beweis zu stellen. Mit höchstem Interesse würden
wir gerne die o.g. Aufträge ausführen und sichern bereits heute die vereinbarte Leistung
ordnungsgemäß zu.
Den bisher veranschlagten Projektpreis würde ich gerne persönlich mit Ihnen besprechen,
bin aber wegen Auslandsreise nicht verfügbar. Können wir hierzu heute oder vor
Angebotsschluss nochmals telefonieren. …”
9 Unter der Firma “B Entwicklung GmbH & Co. KG” bereitete die Streitverkündete zu 1) Verträge
vor oder schloss solche ab, so am 1. Dezember 2004 einen Arbeitsvertrag mit Ba, unterzeichnet
auf Arbeitgeberseite von dem Geschäftsführer K und einen weiteren Arbeitsvertrag mit dem
Arbeitnehmer Sc (unterzeichnet durch den kaufmännischen Leiter T). Auf Briefbögen der “B
Entwicklung GmbH & Co. KG” wurden am 16. Dezember 2004 ein an die BMW AG gerichtetes
Angebot und am 17. Dezember 2004 ein Angebot an die Opel AG erstellt. Beide wurden von dem
kaufmännischen Leiter T unterzeichnet, der bei der Grußformel die Firma “H B GmbH i. L.”
benutzte. Bei zwei weiteren Bestellungen vom Dezember 2004 wurde dagegen auf die neue Firma
“B Entwicklung GmbH & CO KG” hingewiesen.
10 Der vereinbarte Kaufpreis wurde nicht entrichtet. Nach Mahnung vom 9. Dezember 2004 und
Verlängerung der Zahlungsfrist durch den Beklagten erklärte der Geschäftsführer K schließlich am
20. Dezember 2004, den Kaufvertrag nicht vollziehen zu können. Daraufhin stellte der Beklagte
noch am selben Tag die Arbeitnehmer von der Arbeit frei und richtete an sie am nächsten Tag
folgendes Informationsschreiben:
“... Weil den Betrieb eine GmbH & Co. KG in Gründung gekauft hat, musste ich den
Kaufvertrag von der Bezahlung der Kaufsumme abhängig machen. Herr K hat bis heute
den Kaufpreis nicht beglichen und mich telefonisch informiert, dass er ihn auch nicht
begleichen wird.
Damit muss ich die Tore der B GmbH schließen. Ein Weiterproduzieren für Herrn K
scheidet aus, da ansonsten die hiesige Insolvenzmasse Gefahr läuft, die ganzen
Schadensersatzansprüche, die auf Herrn K zukommen, zu übernehmen.
...”
11 Mit weiterem Schreiben vom 21. Dezember 2004 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit
dem Kläger vorsorglich mit der Frist des § 113 InsO zum 31. März 2005, bestätigte die Einstellung
des Geschäftsbetriebs am 20. Dezember 2004 sowie die am Vortag mündlich erklärte Freistellung
und kündigte an, seiner Anzeigepflicht nach § 17 KSchG nachzukommen. In der Folgezeit wurde
der Betrieb nicht mehr fortgeführt.
12 Unter dem 28. Dezember 2004 bot die Streitverkündete zu 1) dem Beklagten noch an, die
bestehenden Aufträge zu übernehmen. Wenn der Beklagte die erfolgte Veräußerung von Teilen
des Anlagevermögens genehmige, werde der dafür erzielte Kaufpreis an ihn ausgekehrt.
13 Erstinstanzlich hat der Kläger nur die Kündigung des Beklagten angegriffen, für die nach seiner
Auffassung keine dringenden betrieblichen Gründe vorgelegen haben. Ein Betriebsübergang vom
Beklagten auf die Streitverkündete zu 1) habe nicht stattgefunden.
14 Der Beklagte hat in erster Instanz die Ansicht vertreten, der Betrieb der Insolvenzschuldnerin sei
am 1. Dezember 2004 auf die Streitverkündete zu 1) (hilfsweise: auf den Geschäftsführer K)
übergegangen und hat widerklagend eine dementsprechende Feststellung beantragt. Hilfsweise
hat er die Abweisung der Klage beantragt.
15 Das Arbeitsgericht hat durch Teilurteil den Kündigungsschutzantrag sowie die Widerklage mit der
Begründung abgewiesen, der Betrieb sei nicht auf die Streitverkündete zu 1) oder den
Geschäftsführer K übergegangen und die Kündigung sei sozial gerechtfertigt. Dagegen haben
Kläger und Beklagter Berufung eingelegt.
16 In der Berufungsinstanz hat der Kläger die Auffassung vertreten, die Kündigung sei mangels
Kündigungsbefugnis des Beklagten unwirksam. Dazu hat er behauptet, der Betrieb sei am
1. Dezember 2004 und damit vor Kündigungsausspruch auf die Streitverkündete zu 1)
übergegangen. Der Geschäftsführer K habe in der Betriebsversammlung am 30. November 2004
mitgeteilt, dass die Streitverkündete zu 1) alle Arbeitnehmer übernehmen werde. Der Beklagte
habe mit dem 30. November 2004 seine Geschäftsführung eingestellt; die Streitverkündete zu 1)
habe ab 1. Dezember 2004 die Geschäfte tatsächlich fortgeführt. Sie habe bereits am
1. Dezember 2004 drei neue Mitarbeiter eingestellt und sei am Markt aufgetreten. Für die Zeit
seiner Asienreise habe der Geschäftsführer K den kaufmännischen Leiter und den technischen
Leiter bevollmächtigt, im Namen der Streitverkündeten zu 1) alle notwendigen Bestellungen zu
tätigen und Angebote zu erstellen. Der Betrieb sei nicht wieder an den Beklagten zurückgefallen.
17 Der Kläger hat zuletzt beantragt
festzustellen, dass ab 1. Dezember 2004 auf Grund Betriebsübergangs ein
Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten nicht mehr besteht und somit auch nicht durch die
schriftliche Kündigung des Beklagten vom 21. Dezember 2004 zum 31. März 2005
aufgelöst wurde.
18 Der Beklagte hat mit seiner Berufung seine Widerklage weiterverfolgt und die Zurückweisung der
Berufung des Klägers beantragt.
19 Die Streitverkündete zu 1) und der Geschäftsführer K als Streitverkündeter zu 2) haben den
Antrag gestellt,
die Berufungen des Klägers und des Beklagten zurückzuweisen.
20 Sie haben die Auffassung vertreten, der Kaufvertrag sei mangels Kaufpreiszahlung nicht zustande
gekommen und der Betrieb daher nicht übergegangen. Der Beklagte habe die Wirksamkeit des
Vertrags von der Zahlung des Kaufpreises abhängig gemacht, um die Masse zu sichern. Er habe
den Betrieb nicht aus der Hand gegeben. Deshalb habe er die Arbeitnehmer freistellen und den
Betrieb stilllegen können, ohne dass ihm zuvor der Betrieb hätte zurückgegeben werden müssen.
Der Geschäftsführer K sei weder als Geschäftsführer einer neuen Betriebsinhaberin noch selbst
als neuer Betriebsinhaber aufgetreten. Die Gespräche vor Abschluss des Kaufvertrags hätten
dazu gedient, sich über die wirtschaftliche Situation der Insolvenzschuldnerin zu informieren. Die
Aktivitäten nach dem 30. November 2004 seien nichts anderes gewesen als der Ausdruck eines
Interesses an der Übernahme des Betriebs in der Zukunft. Der Geschäftsführer K habe den
Arbeitnehmern des Betriebs keine Weisungen erteilt und gegenüber Belegschaft, Kunden und
Lieferanten allenfalls sein Interesse an einer Betriebsübernahme erklärt sowie Ratschläge erteilt.
Der Mietvertrag über die Betriebsgebäude sei nicht abgeschlossen worden. Eine
Betriebsübernahme könne schon deshalb nicht vorliegen, weil der Geschäftsführer K nicht einmal
die Schlüssel zum Betriebsgelände gehabt habe.
21 Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Berufung des
Beklagten das Teilurteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und festgestellt, dass ab
1. Dezember 2004 auf Grund eines Betriebsübergangs ein Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten
nicht mehr bestand. Gegen diese Feststellung richtet sich die Revision der Streitverkündeten
zu 1).
Entscheidungsgründe
22 Die Revision ist unzulässig, denn die Streitverkündete zu 1) ist keine Prozessbeteiligte. Sie ist
weder Partei des Rechtsstreits noch Streithelferin.
23 A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, für die vom Beklagten begehrte Feststellung,
infolge Betriebsübergangs habe mit ihm ab 1. Dezember 2004 kein Arbeitsverhältnis mehr
bestanden, bestehe im Hinblick auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils das
erforderliche Rechtsschutzinteresse. Das Arbeitsverhältnis sei infolge Betriebsübergangs am
1. Dezember 2004 auf die Streitverkündete zu 1) übergegangen. Der Betriebsübergang setze nicht
das Bestehen eines wirksamen Rechtsgeschäfts voraus. Entscheidend sei die tatsächliche
Fortführung des Betriebs durch die Streitverkündete zu 1). Sie habe durch den Geschäftsführer
ihrer Komplementärin - trotz dessen Asienreise - ab 1. Dezember 2004 den Betrieb tatsächlich
fortgeführt und sich wie eine Betriebsübernehmerin geriert. So habe der Geschäftsführer einen
Arbeitsvertrag unterschrieben und das Direktionsrecht im Hinblick auf die Arbeitnehmer des
Betriebs über den kaufmännischen Leiter T ausgeübt, der für ihn genauso wie der technische
Leiter D Besitzdiener gewesen sei. Sie habe Betriebsmittel veräußert und sei am Markt
aufgetreten. Der Beklagte habe seine Tätigkeit im Betrieb eingestellt.
24 Das Landesarbeitsgericht hat im Tenor des verkündeten Urteils die Revision zugelassen. In der
Rechtsmittelbelehrung heißt es, die beiden Nebenintervenienten könnten gegen dieses Urteil
Revision einlegen.
25 B. Die nur von der Streitverkündeten zu 1) eingelegte Revision ist unzulässig. Sie ist zwar
ordnungsgemäß eingelegt und begründet worden. Die Streitverkündete zu 1) ist jedoch mangels
Prozessbeteiligung nicht befugt, die Revision einzulegen. Die unzutreffende Rechtsmittelbelehrung
im angegriffenen Urteil begründet nicht die Zulässigkeit der Revision.
26 I. Die Revision ist auf Grund der Zulassung im Tenor der angegriffenen Entscheidung statthaft
(§ 72 Abs. 1 ArbGG). Die Streitverkündete zu 1) hat gegen das ihr am 11. Dezember 2006
zugestellte Urteil des Landesarbeitsgerichts am 3. Januar 2007 form- und fristgerecht Revision
eingelegt und diese nach Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist begründet. Die Revision
genügt jedenfalls hinsichtlich der Sachrüge den Anforderungen nach § 72 Abs. 5, § 73 Abs. 1
ArbGG, § 551 Abs. 3 Satz 1 ZPO.
27 II. Der Zulässigkeit der Revision steht jedoch die fehlende Prozessbeteiligung der
Streitverkündeten zu 1) entgegen. Revision kann nur von den Prozessbeteiligten eingelegt werden
(BGH 16. Januar 1997 - I ZR 208/94 - NJW 1997, 2385, zu II 1 der Gründe) . Dazu zählen neben
den Parteien auch die Streithelfer (§ 66 Abs. 2 ZPO). Die Streitverkündete zu 1) ist weder Partei
noch Streithelferin.
28 1. Die Streitverkündete zu 1) ist nicht durch Betriebsübergang Partei des Rechtsstreits geworden.
Ein Betriebsübergang führt nicht zu einem Parteiwechsel im Kündigungsschutzprozess. Selbst
wenn der Betriebsübergang erst nach Ausspruch der Kündigung vollzogen wird, bleibt der
Veräußerer passivlegitimiert. Hat ein neuer Betriebsinhaber den Betrieb erst nach Ausspruch der
Kündigung und Rechtshängigkeit der Kündigungsschutzklage übernommen, muss er ein
gegenüber dem Betriebsveräußerer obsiegendes Urteil nach § 265 Abs. 2, § 325 ZPO gegen sich
gelten lassen (BAG 18. März 1999 - 8 AZR 306/98 - AP KSchG 1969 § 4 Nr. 44 = EzA BGB
§ 613a Nr. 179, zu B IV der Gründe) .
29 2. Die Streitverkündete zu 1) ist auch nicht Streithelferin geworden. Sie hat weder einen
Streitbeitritt auf Seiten des Klägers noch des Beklagten erklärt. Das Landesarbeitsgericht hat die
Streitverkündete zu 1) als Nebenintervenientin angesehen und ausgeführt, sie sei “in der
Berufungsinstanz als Nebenintervenientin” aufgetreten. Dem folgt der Senat nicht.
30 a) Die Nebenintervention setzt gemäß § 66 Abs. 1, § 70 ZPO voraus, dass der Streithelfer einer
Partei zum Zweck ihrer Unterstützung dem Rechtsstreit beitritt. Der Beitritt des
Nebenintervenienten erfolgt gemäß § 70 Abs. 1 Satz 1 ZPO iVm. § 46 Abs. 2 ArbGG durch
Einreichung eines Schriftsatzes bei dem Prozessgericht und, wenn er mit der Einlegung eines
Rechtsmittels verbunden wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes bei dem Rechtsmittelgericht.
Dieser muss nach § 70 Abs. 1 Satz 2 ZPO die Bezeichnung der Parteien - insbesondere
derjenigen, auf deren Seite der Beitritt erfolgen soll - und des Rechtsstreits, an dem der
Beitretende sich beteiligen will, enthalten (§ 70 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO), weiter die bestimmte
Angabe des Interesses, das dem Beitritt zugrunde liegt (§ 70 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO) sowie die
Erklärung des Beitritts (§ 70 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 ZPO). Letzteres muss nicht wörtlich und
ausdrücklich erfolgen (BGH 16. Januar 1997 - I ZR 208/94 - NJW 1997, 2385, zu II 1 der Gründe;
10. März 1994 - IX ZR 152/93 - NJW 1994, 1537, zu II 2 der Gründe) . Es genügt eine dem Sinne
nach eindeutige Äußerung, aus der sich ergibt, dass der Streitverkündete sich aktiv - als
Streithelfer - am Prozess beteiligen will und auf wessen Seite er beitreten will (BGH 10. März 1994
- IX ZR 152/93 - aaO) . Die gebotene Auslegung der Erklärung hat sich an dem Grundsatz
auszurichten, dass im Zweifel gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig
ist und der Interessenlage der Handelnden entspricht (BGH 10. März 1994 - IX ZR 152/93 - aaO,
zu II 2 b der Gründe) .
31 b) In den Vorinstanzen ist kein Streitbeitritt der Streitverkündeten zu 1) erfolgt. Das
Landesarbeitsgericht hat keine Tatsachen bindend festgestellt, die die Nebenintervention
begründen. Tritt ein Streitverkündeter als Nebenintervenient auf, dh. bezeichnet er sich als
Nebenintervenient, genügt das nicht den Anforderungen an einen Beitritt, wenn wie vorliegend
unklar bleibt, auf wessen Seite er beitreten will. In diesem Fall fehlt es an einem Beitritt. Eine
Beitrittserklärung ist auch nicht aus den Schriftsätzen oder Protokollen, die das
Landesarbeitsgericht in Bezug genommen hat, ersichtlich.
32 aa) Die Streitverkündete zu 1) ist in der ersten Instanz dem Rechtsstreit nicht beigetreten. Sie hat
im erstinstanzlichen Verfahren keinen entsprechenden Schriftsatz eingereicht. Nachdem der
Beklagte ihr mit Schriftsatz vom 29. April 2005 den Streit verkündet hat, ist sie in der mündlichen
Verhandlung vom 12. Mai 2005 zwar als Streitverkündete erschienen. Dabei hat sie aber weder
eine Erklärung zu Protokoll abgegeben noch Anträge gestellt.
33 bb) Auch in zweiter Instanz hat die Streitverkündete zu 1) keine Beitrittserklärung abgegeben. Es
fehlt an der Erklärung, welcher Partei die Streitverkündete zu 1) zum Zweck von deren
Unterstützung beitritt. Dies kann auch den Umständen nicht entnommen werden.
34 Die Streitverkündete zu 1) hat zwar Schriftsätze vom 22. November 2005, 13. Dezember 2005,
16. März 2006 und 24. März 2006 eingereicht. Darin ist jedoch weder eine ausdrückliche noch
eine konkludente Beitrittserklärung enthalten. Die Bezeichnung als Nebenintervenientin im
Schriftsatz vom 22. November 2005 stellt keinen Streitbeitritt dar. Die Streitverkündete zu 1) hat
dabei weder ausdrücklich erklärt noch konkludent eindeutig zum Ausdruck gebracht, auf wessen
Seite sie dem Rechtsstreit beitreten will. Der Umstand, dass ihr nur der Beklagte den Streit
verkündet hatte, spricht nicht zwingend für einen Beitritt auf Seiten des Beklagten. Denn ein
Streitverkündeter kann dem Streit auch auf Seiten der Partei beitreten, die ihm den Streit nicht
verkündet hat (Zöller/Vollkommer ZPO 26. Aufl. § 74 Rn. 1) . Der Vortrag und die Antragstellung
der Streitverkündeten zu 1) sprechen gegen einen Streitbeitritt auf Seiten des Beklagten. Die
Streitverkündete zu 1) hat im Gegensatz zum Beklagten in ihren Schriftsätzen die Auffassung
vertreten, am 1. Dezember 2004 habe kein Betriebsübergang stattgefunden. Sie hat beantragt, die
Berufung des Beklagten zurückzuweisen. Daher konnten die anderen Prozessbeteiligten die
Erklärung der Streitverkündeten zu 1) nicht als Streitbeitritt auf Seiten des Beklagten verstehen.
Als Streithelferin hätte sie sich mit diesem Verhalten entgegen § 67 2. Halbs. ZPO in Widerspruch
zu den Erklärungen und Handlungen des Beklagten gesetzt.
35 Auch als Streitbeitritt auf Seiten des Klägers kann die Erklärung nicht verstanden werden. Denn
auch zu den Erklärungen und Handlungen des Klägers hat sich die Streitverkündete zu 1) mit
ihren eigenen Erklärungen und Handlungen in Widerspruch gesetzt. Sie hat einen
Betriebsübergang bestritten, während der Kläger diesen zweitinstanzlich behauptet hat. Sie hat
beantragt, die Berufung des Klägers ebenfalls zurückzuweisen.
36 cc) Das Fehlen einer Beitrittserklärung ist auch nicht gemäß § 295 ZPO als geheilt anzusehen. Es
kann dahinstehen, ob sich die von Amts wegen vorzunehmende Prüfung der Zulässigkeit der
Nebenintervention auf die persönlichen Prozesshandlungsvoraussetzungen beschränkt (BGH
10. Januar 2006 - VIII ZB 82/05 - BGHZ 165, 358) und ob Mängel der Beitrittserklärung geheilt
werden, wenn die Hauptpartei mit dem Nebenintervenienten rügelos verhandelt (OLG Nürnberg
30. November 2004 - 13 W 3971/04 - MDR 2005, 473; Hüßtege in Thomas/Putzo ZPO 28. Aufl.
§ 66 Rn. 11; Zöller/Vollkommer § 66 Rn. 14; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO
66. Aufl. § 70 Rn. 9) . Eine Heilung setzte wenigstens eine formfehlerhafte Beitrittserklärung
voraus. An dieser fehlt es, wenn der Dritte nicht erklärt, auf wessen Seite er beitritt (BGH 10. März
1994 - IX ZR 152/93 - NJW 1994, 1537, zu II 2 der Gründe) . Eine Heilung durch rügeloses
Verhandeln setzt die Kenntnis der Partei vom Beitritt auf ihrer Seite voraus.
37 3. Der Beitritt ist schließlich auch nicht wirksam mit Einlegung der Revision erfolgt. Zwar kann mit
der Einlegung der Revision ein Streitbeitritt verbunden werden (§ 66 Abs. 2 ZPO). In diesem Sinne
ist die Revisionsschrift aber nicht zu verstehen. Die Revision der Streitverkündeten zu 1) kann
auch nicht im Wege der Umdeutung als Streitbeitritt verstanden werden.
38 a) Die Einlegung der Revision ist als Prozesshandlung der Auslegung zugänglich. Bei der Frage,
ob sie mit einem Streitbeitritt verbunden ist, kommt es entscheidend darauf an, wie die
Revisionseinlegung durch den Streitverkündeten auf die Prozessbeteiligten wirken musste und
gewirkt hat (RG 26. April 1929 - VII 645/28 - RGZ 124, 142, 145, zu II 2 der Gründe) . Die
Einlegung der Revision ist dann als Streitbeitritt zu verstehen, wenn damit zum Ausdruck kommt,
dass der Streitverkündete seine bisherige passive Rolle aufgeben und sich aktiv - als Streithelfer
der unterlegenen Partei - am Prozess beteiligen will (BGH 10. März 1994 - IX ZR 152/93 - NJW
1994, 1537, zu II 2 der Gründe) .
39 Ein Streitbeitritt auf Seiten des Beklagten kommt im Hinblick auf § 67 2. Halbs. ZPO und dem
Erfordernis der Beschwer, die sich nach der Beschwer der Hauptpartei richtet, schon deshalb
nicht in Betracht, weil die Streitverkündete zu 1) sich mit ihrer Revision dagegen wendet, dass das
Landesarbeitsgericht der Widerklage des Beklagten stattgegeben hat.
40 Die Einlegung der Revision durch die Streitverkündete zu 1) lässt sich auch nicht dahin verstehen,
dass sie mit dem Streitbeitritt auf Seiten des Klägers verbunden sein sollte. Die Revisionsschrift
spricht zwar dafür, dass sich die Streitverkündete zu 1) in der Revisionsinstanz aktiv beteiligen
wollte. Gegen die Annahme eines mit der Einlegung der Revision verbundenen Streitbeitritts
spricht jedoch, dass die Streitverkündete zu 1) sich bereits im Berufungsverfahren aktiv beteiligt
und ihre eigenen Interessen verfolgt hat, ohne auf Seiten einer Partei als Streithelferin beigetreten
zu sein. Wenn sie sich gleichwohl in der Rolle des Streithelfers gesehen hat und in dieser
unzutreffenden Rechtsansicht durch die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts bestärkt wurde,
bedurfte es aus ihrer Sicht bei der Einlegung der Revision keines Streitbeitritts mehr. Daher lässt
die Einlegung der Revision nicht die Auslegung zu, dass mit ihr der Streitbeitritt erklärt werden
sollte.
41 b) Die Revisionsschrift kann schließlich nicht dahin umgedeutet werden, dass die Streitverkündete
zu 1) auf Seiten des Klägers dem Rechtsstreit beigetreten ist und in ihrer Eigenschaft als
Streithelferin Revision eingelegt hat. Zwar ist in entsprechender Anwendung des § 140 BGB auch
im Verfahrensrecht eine fehlerhafte Parteihandlung in eine zulässige, wirksame und vergleichbare
umzudeuten. Es müssen aber die Voraussetzungen für eine Umdeutung vorliegen, sie muss dem
mutmaßlichen Parteiwillen entsprechen und schutzwürdige Interessen des Gegners dürfen nicht
entgegenstehen (Zöller/Gummer/Heßler Vor § 511 Rn. 37) . Das gilt auch für die Umdeutung eines
Rechtsmittels in ein Rechtsmittel, das mit einem Streitbeitritt verbunden ist (BGH 6. Dezember
2000 - XII ZR 219/98 - NJW 2001, 1217) . Die Voraussetzungen einer Umdeutung liegen jedoch
nicht vor, da die Umdeutung in eine zulässige und wirksame Revision wegen § 67 2. Halbs. ZPO
der Hauptpartei nicht möglich ist.
42 aa) Nach § 67 2. Halbs. ZPO ist ein Nebenintervenient an der Durchführung des Rechtsmittel
gehindert, wenn die Hauptpartei der Durchführung des Rechtsmittels ausdrücklich widerspricht
oder konkludent zum Ausdruck bringt, dass sie mit dem Rechtsmittelverfahren nicht
einverstanden ist (BAG 18. November 2003 - 9 AZR 95/03 - BAGE 108, 357 = AP InsO § 113
Nr. 17 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 19; 16. September 1986 - 3 AZR 72/85 - AP ZPO § 67 Nr. 4 =
EzA ZPO § 67 Nr. 1, zu I der Gründe; BGH 6. Dezember 2000 - XII ZR 219/98 - NJW 2001, 1217;
10. Januar 2006 - VIII ZB 82/05 - BGHZ 165, 358) . In diesem Fall ist das Rechtsmittel als
unzulässig zu verwerfen (BGH 10. Oktober 1984 - IVb ZB 23/84 - BGHZ 92, 275, zu II 3 der
Gründe) .
43 bb) Allein der Umstand, dass der Kläger keine Revision eingelegt hat, steht der Zulässigkeit nicht
entgegen (BAG 18. November 2003 - 9 AZR 95/03 - BAGE 108, 357 = AP InsO § 113 Nr. 17 =
EzA BGB 2002 § 613a Nr. 19) . Die Revision ist jedoch unzulässig, da sie in Widerspruch zu den
Handlungen und Erklärungen des Klägers steht. Mit der Revision greift die Streitverkündete zu 1)
die Feststellung des Berufungsurteils an, seit dem 1. Dezember 2004 bestehe auf Grund eines
Betriebsübergangs kein Arbeitsverhältnis zwischen Kläger und Beklagten mehr. Dieses
Revisionsziel steht entgegen § 67 2. Halbs. ZPO im Widerspruch zum Antrag und dem Vorbringen
des Klägers in der Berufungsinstanz. Die angegriffene Feststellung entspricht in der Sache dem
Vorbringen des Klägers im Berufungsrechtszug. Er hatte seinen Antrag geändert und beantragt
festzustellen, dass ab 1. Dezember 2004 auf Grund Betriebsübergangs ein Arbeitsverhältnis mit
dem Beklagten nicht mehr besteht und somit auch nicht durch die schriftliche Kündigung des
Beklagten vom 21. Dezember 2004 zum 31. März 2005 aufgelöst worden ist. Der Antrag des
Klägers entspricht dem angegriffenen Antrag des Beklagten, soweit dieser mit der Revision
angegriffen wird. Da eine solche Revision unzulässig wäre, ist eine Umdeutung der Revision in
eine mit einem Streitbeitritt verbundene Revision nicht möglich.
44 4. Die unzutreffende Rechtsmittelbelehrung kann nicht zur Zulässigkeit der Revision führen. Die
Streitverkündete zu 1) kann sich auch nicht auf den Meistbegünstigungsgrundsatz berufen, der
Parteien vor Nachteilen schützen soll, die auf der unrichtigen Entscheidungsform beruhen (BAG
26. März 1992 - 2 AZR 443/91 - AP ArbGG 1979 § 48 Nr. 7 = EzA ArbGG 1979 § 48 Nr. 5, zu
II 3 a der Gründe) . Darum geht es aber hier nicht. Die Meistbegünstigungsregel eröffnet nicht den
Weg zu einem an sich unzulässigen Rechtsmittel.
Hauck
Böck
Breinlinger
Morsch
Schuckmann