Urteil des ArbG Wuppertal vom 23.07.2007

ArbG Wuppertal: betriebsrat, geheime wahl, personalausschuss, juristische person, arbeitsgericht, zahl, verzicht, minderheitenschutz, geschäftsordnung, satzung

Arbeitsgericht Wuppertal, 8 BV 4/07
Datum:
23.07.2007
Gericht:
Arbeitsgericht Wuppertal
Spruchkörper:
8. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
8 BV 4/07
Schlagworte:
Verzicht auf Freistellung von Betriebsratsmitgliedern zu Lasten einer
Minderheitenliste, Unbeachtlichkeit eines Betriebsratsbeschlusses
wegen Rechtsmißbrauchs
Normen:
§ 38 Abs. 1 BetrVG
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Die Zahl der gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1, 2 BetrVG vorgesehenen
Freistellungen von Betriebsratsmitgliedern kann durch
Betriebsvereinbarung verringert werden. Ein auf Abschluss einer
solchen Betriebsvereinbarung gerichteter Beschluss des Betriebsrats ist
wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam, wenn der Verzicht darauf abzielt,
die Freistellung eines Mitglieds einer Minderheitenliste zu verhindern.
Von einer solchen Zielrichtung ist auszugehen, wenn trotz des erklärten
Verzichts eine faktische Freistellung eines weiteren Mitgliedes der
Mehrheitsliste - zum Beispiel durch Nichteinteilung dieses Mitglieds zur
eigentlichen beruflichen Tätigkeit - gelebt wird.
Tenor:
1.Es wird festgestellt, dass der Beschluss, die Betriebsvereinbarung vom
14.06.2006 über die Reduzierung der Anzahl der Freistellungen mit der
Beteiligten zu 6) abzuschließen, unwirksam ist.
2.Es wird festgestellt, dass die ständige Freistellung von Herrn Andreas
X. für den Personalausschuss unwirksam ist und diese Freistellung im
Wege des Verhältniswahlrechts zusammen mit der 2. Freistellung durch
geheime Wahl im Betriebsrat bestimmt wird.
G r ü n d e :
1
I.
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Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit eines Freistellungsverzichts.
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Bei den Antragstellern (Beteiligte zu 1. - 4.) handelt es sich um die vier im Jahre 2006 in
den Betriebsrat gewählten Mitglieder der Liste „Betriebsrat-aktiv“ (ver.di), darunter der
bis zum letzten Jahr amtierende Betriebsratsvorsitzende X. (Beteiligter zu 2.). Der
antragsgegnerische Betriebsrat (Beteiligter zu 5.) besteht aus 11 Mitgliedern, von denen
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sechs der Liste AUB (Arbeitsgemeinschaft unabhängiger Betriebsangehöriger e.V.)
angehören. Unter ihnen befindet sich der Betriebsratsvorsitzende X., dessen
Stellvertreter O. und der Beteiligte zu 7., Herr X.. Die Arbeitgeberin (Beteiligte zu 6.)
betreut und beliefert von Radevormwald aus 70 Verkaufsfilialen. Im Betrieb sind rund
700 Arbeitnehmer beschäftigt.
In der Sitzung vom 14.06.2006 beschloss der Betriebsrat mit 7 gegen 4 Stimmen, mit der
Arbeitgeberin eine Betriebsvereinbarung folgenden Inhalts abzuschließen:
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„Gemäß § 38 BetrVG wird zwischen den Vertragsparteien folgende Regelung
vereinbart:
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1. Die Zahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder gemäß § 38 Abs. 1 BetrVG
wird entsprechend der Staffelung der Arbeitnehmerzahl (501 - 900 Arbeitnehmer)
auf ein freizustellendes Betriebsratsmitglied reduziert.
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2. Sollte von Seiten des Betriebsrates festgestellt werden, dass auf Grund der
anfallenden Aufgaben des Betriebsrates eine weitere Freistellung gemäß § 38
Abs. 1 erforderlich ist, so kann dieser jederzeit per Betriebsratsbeschluss in
Option auf eine weitere Freistellung gemäß der Regelung des BetrVG (Fassung:
2001) wahrnehmen.
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3. Diese Betriebsvereinbarung tritt am 14.06.2006 in Kraft.“
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Im Anschluss daran wurde die Betriebsvereinbarung unterzeichnet, zum freigestellten
Mitglied wurde Herr X. gewählt. In einer Betriebsversammlung vom 28.10.2006 erklärte
dieser, man komme mit einer Freistellung hin, bei Bedarf würde zusätzlich Herr O.
freigestellt.
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Der Betriebsrat beschloss weiterhin die Bildung eines Personal- und eines
Sicherheitsausschusses; zudem wurden Arbeitsgruppen „Verkauf“ und
„Geschäftsordnung“ eingerichtet. Die Aufgaben des Personalausschuss (insbesondere
die Personaleinsatzplanung), der auch schon in den vorhergehenden Wahlperioden
existent war, wurden zunächst montags und dienstags ganztägig von Frau Q., mittwochs
und freitags von Herrn X. und donnerstags von Herrn S. wahrgenommen; aus diesen
drei Betriebsratsmitgliedern setzte sich der Personalausschuss zusammen. Nach dem
Rücktritt von Frau Q. im Oktober 2006 werden die Aufgaben des Personalausschusses
von Herrn X. alleine im Rahmen einer Freistellung von 30 Wochenstunden erledigt.
Einen diesbezüglichen Betriebsratsbeschluss gibt es nicht. Der Sicherheitsausschuss
tagte erstmalig am 09.01.2007, die Arbeitsgruppe Verkauf im Februar 2007. Der
Wirtschaftsausschuss trat bis Mitte April 2007 kein Mal zusammen, die Arbeitsgruppe
Geschäftsordnung ein Mal. Wegen der Einsatzzeiten des Herrn O., der bei der
Arbeitgeberin als Fahrer beschäftigt ist, ab Januar 2007 wird auf die Aufstellung Bl. 100
ff. d.A. verwiesen.
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Die Antragsteller sind der Auffassung, der Freistellungsverzicht in der
Betriebsvereinbarung vom 14.06.2006 sei rechtsmissbräuchlich, da es dabei
ausschließlich darum gegangen sei, die Freistellung des insbesondere der
Arbeitgeberin missliebigen Beteiligten zu 2) zu verhindern. Faktisch werde der
Freistellungsverzicht nämlich gar nicht gelebt, sondern vielmehr der stellvertretende
Betriebsratsvorsitzende O. freigestellt, indem er seit geraumer Zeit schlicht nicht mehr zu
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Touren eingeteilt werde. Stattdessen trinke er im Betriebsratsbüro Kaffee, lese dort
Zeitung oder transportiere Stühle. Abmeldungen zur Betriebsratsarbeit oder
Eintragungen in Abwesenheitslisten seien von Herrn O. jedenfalls bis Januar 2007 nicht
verlangt worden, ganz im Gegensatz zum Beteiligten zu 2.. Schätzungsweise zu 70-
80% seiner Arbeitszeit verrichte Herr O. Betriebsratsarbeit. Berücksichtige man zudem
die Freistellung des Herrn X. für den Personalausschuss, erschließe sich ohne weiteres,
dass der Betriebsrat nicht einmal mit zwei geschweige denn mit einer Freistellung
hinkäme. In Anbetracht der räumlichen Ausdehnung des Filialbetriebs könne das nicht
verwundern.
Die Antragsteller beantragen,
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1.festzustellen, dass der Beschluss, die Betriebsvereinbarung vom 14.06.2006
über die Reduzierung der Anzahl der Freistellungen mit der Beteiligten zu 6)
abzuschließen, unwirksam ist;
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2.festzustellen, dass die ständige Freistellung von Herrn X. für den
Personalausschuss unwirksam ist und diese Freistellung im Wege des
Verhältniswahlrechts zusammen mit der zweiten Freistellung durch geheime
Wahl im Betriebsrat bestimmt wird.
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Die Vertreter der Beteiligten zu 5) und 6) beantragen,
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die Anträge zurückzuweisen.
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Der Betriebsrat meint, der Beschluss vom 14.06.2006 hebele nicht in
rechtsmissbräuchlicher Weise den Minderheitenschutz der Antragsteller aus, hierfür
hätten diese nicht hinreichend vorgetragen. Es sei Sache des Betriebsrats, wie er seine
Arbeit zu organisieren gedenke. Mit dem Freistellungsverzicht sei die Stärkung der
Arbeit in den Ausschüssen und Arbeitsgruppen einhergegangen, die Arbeitgeberin
habe zugesichert, im Gegenzug die Mitglieder des Betriebsrats nach § 37 Abs. 2 BetrVG
großzügig für die Arbeit in diesen Gremien freizustellen. Damit werde im Ergebnis die
möglichst breite Verteilung der Betriebsratsarbeit auf alle Mitglieder gewährleistet. Im
Übrigen stelle sich Herr X. häufig selbst für Betriebsratsarbeit frei, was die Arbeitgeberin
ohne Prüfung der Dringlichkeit hinnehme. Herr O. hingegen sei zwischen Juni 2006 und
Januar 2007 nur an 42 Arbeitstagen (zu 29%) von der Arbeit freigestellt gewesen, an
denen er zum Teil Urlaubsvertretung für Herrn X. gemacht habe.
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Die Arbeitgeberin bestreitet jede Form des kollusiven Zusammenwirkens mit der AUB-
Liste im Betriebsrat. Es handele sich vorliegend um eine rein innerbetriebsratliche
Auseinandersetzung.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen
den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten
Unterlagen Bezug genommen.
20
II.
21
1.
22
Die Anträge sind zulässig.
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a)Die Antragsteller sind antragsbefugt. Sie machen als Mitglieder des Betriebsrats
nicht etwa dessen Rechte, sondern die Verletzung eigener (Minderheiten-) Rechte
nach § 38 Abs. 2 Satz 1 BetrVG geltend. Insoweit haben einzelne
Betriebsratsmitglieder auch die Möglichkeit, die Wirksamkeit von
Betriebsratsbeschlüssen bzw. die Umsetzung von Maßnahmen ohne die vorherige,
aber notwendige Beschlussfassung im Gremium überprüfen zu lassen (vgl.
Germelmann u.a.-Matthes, ArbGG, § 81 Rdz. 65).
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b)Die einschlägigen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO liegen
vor. Insbesondere können sich die Antragsteller auf ein Feststellungsinteresse
berufen, da der Betriebsratsbeschluss vom 14.06.2006 und die faktische
Freistellung des Beteiligten zu 7) für den Personalausschuss geeignet sind, die
Antragsteller unmittelbar in ihren Rechten zu verletzen. Dementsprechend hat das
BAG in seiner Entscheidung vom 11.06.1997 - 7 ABR 5/96, NZA 1997, S. 1301 in
identischer Fallkonstellation keine Bedenken an der Zulässigkeit eines
Feststellungsantrags angemeldet.
25
2.
26
Die Anträge sind auch begründet.
27
a.
28
Der Beschluss des Betriebsrats vom 14.06.2006, eine Betriebsvereinbarung mit der
Arbeitgeberin im Hinblick auf den Verzicht auf eine der ihm gemäß § 38 Abs. 1 BetrVG
zustehenden zwei Freistellungen zu verzichten, ist unwirksam.
29
aa.
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Gemäß § 38 Abs. 1 Satz 4 BetrVG kann durch Betriebsvereinbarung von § 38 Abs. 1, 2
BetrVG abweichende Regelungen über die Freistellung von Betriebsratsmitgliedern
getroffen werden. Dies erlaubt auch eine Verringerung der Zahl der Freistellungen.
Nach Auffassung des BAG (Beschluss vom 11.06.1997, aaO) ist dabei grundsätzlich
hinzunehmen, dass der über § 38 Abs. 2 Satz 1 BetrVG gewährte Schutz der
Minderheitenliste zurück tritt. Denn der Minderheitenschutz sei im BetrVG nur derart
sporadisch und lückenhaft verankert, dass er nicht als allgemeines Prinzip des
Betriebsverfassungsrechts angesehen werden könne. Sei der Betriebsrat der
Auffassung, aus organisatorischen Gründen auf Freistellungen verzichten zu wollen,
unterliege dies keiner Zweckmäßigkeits-, sondern lediglich einer Rechtskontrolle.
Unwirksam sei der Freistellungsverzicht damit im Ergebnis nur dann, wenn er sich als
rechtsmissbräuchlich darstelle.
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Im Zusammenhang mit den Personalratsfreistellungen gemäß § 46 Abs. 3 BPersVG
vertritt das BVerwG demgegenüber die Ansicht, dem Minderheitenschutz bei
Freistellungen sei ein besonderer Rang einzuräumen. Gehe der Freistellungsverzicht
ausschließlich zu Lasten einer ansonsten begünstigten Minderheit, bedürfe dies
sachlicher und auch hinreichend gewichtiger Gründe (Beschluss vom 22.12.1994 - 6 P
12/93, AP Nr. 20 zu § 46 BPersVG).
32
bb.
33
Der Freistellungsverzicht vom 14.06.2006 ist selbst dann unwirksam, wenn man von
den Anforderungen der Rechtsprechung des BAG ausgeht. Der Betriebsratsbeschluss
ist rechtsmissbräuchlich. Nach der Gesamtheit der Umstände des Sachverhaltes ist
davon auszugehen, dass es dem Betriebsrat lediglich darum ging, die Freistellung eines
Vertreters der ver.di-Liste zu verhindern.
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(1)Das folgt bereits daraus, dass der Inhalt der Betriebsvereinbarung vom
14.06.2006 in Wirklichkeit nicht gelebt wird. Tatsächlich nahmen und nehmen der
der AUB-Liste angehörende stellvertretende Betriebsratsvorsitzende O. und der
Beteiligte zu 7. im weiten Umfang Betriebsratstätigkeiten wie freigestellte
Mitglieder wahr.
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-Nach den im Anhörungstermin vom 21.06.2007 vorgelegten Unterlagen hat
Herr O. im Januar 2007 lediglich an 7 Arbeitstagen überhaupt eine Tätigkeit
als Fahrer ausgeübt (davon an 2 Tagen weniger als vier Stunden; im Übrigen
bis zur Zustellung der das Beschlussverfahren einleitenden Antragsschrift an
keinem), im Februar an 11 (3) Tagen, im März an 8 (2) Tagen, im April an 3 (0)
Tagen und im Mai an 8 (4) Tagen, davon an keinem vollschichtig. Rechnet
man die „Teilzeittage“ anteilsmäßig um, ergibt sich, dass Herr O. an nicht
einmal sechs Wochen in fünf Monaten Arbeitsleistungen als Fahrer erbracht
hat. Unter Berücksichtigung des gewährten Urlaubs ergibt sich eine Quote der
Betriebsratsarbeit von mindestens 60%. Soweit der Betriebsrat unter
Bezugnahme auf die Aufstellung Bl. 52 der Akte zu einer Quote von lediglich
29% kommt, geht seine Argumentation fehl, weil in dieser Aufstellung
lediglich die Sitzungstermine des Betriebsrats und der Ausschüsse aufgelistet
sind; mit der Tätigkeit des Herrn O. hat das nichts zu tun. Hinweise darauf,
dass die Zeitverhältnisse bis Dezember 2006 anders gewesen sein könnten,
sind nicht ersichtlich.
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-Die Betriebsratstätigkeit des Herrn O. kann nicht dem Bereich von § 37 Abs.
2 BetrVG zugerechnet werden. Wie nämlich die Antragsteller
unwidersprochen vorgetragen haben, hat die Arbeitgeberin Herrn O.
zumindest bis zur Einleitung des vorliegenden Verfahrens gar nicht erst als
Fahrer eingeplant. Ebenfalls als zugestanden ist die unbestrittene
Behauptung der Antragsteller zu werten, jedenfalls bis Januar 2007 habe sich
Herr O. zu Betriebsratstätigkeiten weder abmelden müssen noch seien seine
Abwesenheitszeiten erfasst worden. Das erklärte jedenfalls, wieso der
Betriebsrat hinsichtlich dieser Zeiten lediglich die untaugliche Aufstellung Bl.
52 d.A. vorzulegen vermochte.
37
-Darüber hinaus darf die 80%ige Freistellung des Herrn X. für den
Personalausschuss nicht unberücksichtigt bleiben. Auch dort wird notwendige
Betriebsratsarbeit geleistet; es geht nicht etwa um Sekretariatstätigkeiten, die
eine Freistellung über § 40 Abs. 2 BetrVG erklärbar machten.
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(2)Den Eindruck, es gehe um die Verhinderung einer Freistellung von Herrn X.,
kann der Betriebsrat nicht mit der Argumentation ausräumen, man habe auf die
Freistellung zugunsten der stärkeren und von der Arbeitgeberin gebilligten Arbeit
aller Betriebsratsmitglieder in Ausschüssen und Arbeitsgruppen verzichtet. Eine
derartige Verlagerung der Schwerpunkte ist nicht zu erkennen:
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-Beim Betriebs- und Wirtschaftsausschuss handelt es sich um gesetzliche
Pflichtausschüsse, die nach der Konzeption des BetrVG neben die
Freistellungen treten, nicht sie ersetzen sollen. Abgesehen davon hat eine
erwähnenswerte „Arbeit“ im Wirtschaftsausschuss bislang überhaupt nicht
stattgefunden.
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-Nahezu bloß auf dem Papier scheint die Existenz des Sicherheitsausschuss
sowie der Arbeitsgruppen Verkauf und Geschäftsordnung (was erarbeitet man
da?) zu stehen. Bei jeweils nur einer Sitzung in den ersten sieben Monaten
nach der Installierung kann von einer Arbeitsverlagerung in diese Gremien
keine Rede sein.
41
-Nicht einmal an der offensichtlich unverzichtbaren Tätigkeit des
Personalausschusses lässt sich eine Stärkung der Ausschussarbeit
festmachen. Insoweit wurde der Freistellungszeitraum von 40 auf 30
Wochenstunden reduziert.
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-Schließlich bleibt festzuhalten, dass es mit einer stärkeren Einbindung aller
Betriebsratsmitglieder über die Ausschussarbeit kaum zu vereinbaren ist,
dass gerade die Liste, zu deren Lasten der Freistellungsverzicht geht, nicht
einmal einen Ausschussvorsitz zugeteilt erhalten hat. Ob das in der
vergangenen Wahlperiode bei umgekehrten Mehrheitsverhältnissen von der
ver.di-Liste zu Lasten der AUB-Liste ähnlich gehandhabt wurde, spielt aus
Sicht des Betriebsrats im günstigsten Fall keine Rolle. Oder in der
Fußballersprache ausgedrückt: Noch unschöner als das erstmalige Foul ist
das Revanchefoul.
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(3)Wenn der Betriebsrat darauf hinweist, die Arbeitgeberin handhabe die
Freistellung der Betriebsratsmitglieder für Betriebsrats-, Ausschuss- und
Arbeitsgruppentätigkeiten gemäß § 37 Abs. 2 BetrVG großzügig oder sogar
„großzügigst“, kann er damit jedenfalls nicht die Behandlung des Beteiligten zu 2.
gemeint haben. Die Verhängung von Hausverboten, tätliche
Auseinandersetzungen mit den Filialverantwortlichen der Arbeitgeberin und die
Kürzung der Vergütung wegen vermeintlich nicht erforderlicher Betriebsratsarbeit
sprechen vielmehr für das glatte Gegenteil. Wie die unstreitigen Aussagen des
Herrn X. und des ehemaligen Geschäftsführers S. der Arbeitgeberin auf
Betriebsversammlungen belegen, scheinen Betriebsrat und Arbeitgeber der
Auffassung zu sein, mit dem Wechsel der Mehrheitsverhältnisse im Betriebsrat
und dem Verlust der Freistellung des Beteiligten zu 2) gehe einher, dass nunmehr
alles über den allein freigestellten Betriebsratsvorsitzenden laufen müsse. Das ist
falsch. Nach §§ 83 Abs. 1 Satz 2, 84 Abs. 1 Satz 2 BetrVG hat jeder Mitarbeiter
das Recht, bei Beschwerden oder Einsichtnahme in die Personalakte ein
Betriebsratsmitglied seines Vertrauens und seiner Wahl hinzuzuziehen. Selbst
wenn sechs AUBler in einer Filiale anwesend sein sollten, bleibt es dem dort
tätigen Arbeitnehmer unbenommen, etwa nach dem Beteiligten zu 2) zu
verlangen. Diesen von einer angeforderten Unterstützung des betroffenen
Mitarbeiters durch Erteilung von Hausverboten oder Lohnabzügen abzuhalten,
stellt eine rechtswidrige Behinderung der Betriebsratsarbeit dar. Gleiches gilt,
wenn den Mitarbeitern in Betriebsversammlungen etc. suggeriert wird, sie müssten
sich bei Problemen nunmehr vorrangig an Herrn X. oder Herrn O. wenden.
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b.
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Unwirksam ist weiterhin die auch vom Betriebsrat so bezeichnete Freistellung des Herrn
X. für den Personalausschuss im Umfang von 30 Wochenstunden. Eine
Rechtsgrundlage hierfür ist nicht ersichtlich. Da es ein originäres Recht des
Personalausschusses zur Freistellung eines Mitglieds nicht gibt, hätte die mit einer
faktischen Freistellung des Beteiligten zu 7. einhergehende Übertragung der laufenden
Arbeit im Personalausschuss durch Beschluss des Betriebsrats erfolgen müssen. Daran
fehlt es.
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Rechtsmittelbelehrung
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Gegen diesen Beschluss kann von den Beteiligten zu 5) - 7)
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B e s c h w e r d e
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eingelegt werden.
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Für die Beteiligten zu 1) - 4) ist gegen diesen Beschluss kein Rechtsmittel gegeben.
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Die Beschwerde muss
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innerhalb einer N o t f r i s t* von einem Monat
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beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 Düsseldorf, Fax:
(0211) 7770 - 2199 eingegangen sein.
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Die Notfrist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf
Monaten nach Verkündung des Beschlusses. § 9 Abs. 5 ArbGG bleibt unberührt.
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Die Beschwerdeschrift muss von einem Rechtsanwalt eingereicht werden; an seine
Stelle können Vertreter einer Gewerkschaft oder einer Vereinigung von Arbeitgebern
oder von Zusammenschlüssen solcher Verbände treten, wenn sie kraft Satzung oder
Vollmacht zur Vertretung befugt sind und der Zusammenschluss, der Verband oder
deren Mitglieder Partei sind. Die gleiche Befugnis haben Angestellte juristischer
Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der zuvor
genannten Organisationen stehen, solange die juristische Person ausschließlich die
Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder der Organisation entsprechend
deren Satzung durchführt.
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* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
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S c h n e i d e r
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