Urteil des ArbG Ulm vom 10.03.2009

ArbG Ulm (paritätische kommission, kommission, era, betriebsrat, arbeitgeber, arbeitnehmer, antrag, unterlagen, bewertung, durchführung)

ArbG Ulm Beschluß vom 10.3.2009, 2 BV 8/08
Beschlussverfahren - Beteiligtenfähigkeit des Betriebsrats - Eingruppierung nach dem ERA-TV der
Metall- und Elektroindustrie BW - Reklamationsverfahren - Zuständigkeit der Paritätischen Kommission
Leitsätze
1. In einem Betrieb, der dem Geltungsbereich des Entgeltrahmen-Tarifvertrages (ERA-TV) für die Beschäftigten in
der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg vom 16. 9.2003 unterfällt, hat ein Betriebsrat jedenfalls
dann gemäß § 10 iVm. § 7.3.1 ff. ERA-TV einen tarifvertraglich begründeten Anspruch auf Durchführung des
Reklamationsverfahrens, wenn er selbst die mitgeteilte Entgeltgruppe nach § 10.1 ERA-TV reklamiert hat.
Aufgrund dieses Durchführungsanspruchs des Betriebsrats ist der Arbeitgeber verpflichtet, im Rahmen des
Reklamationsverfahrens nach § 7.3.1 ERA-TV die Beschreibung der Arbeitsaufgaben, die
Bewertungsbegründungen und die Reklamationsscheine der Arbeitnehmer als „entsprechende Unterlagen (§6.4)“
an die Paritätische Kommission herauszugeben.
2. Eine nach § 10 iVm. § 7.3.1 ERA-TV gebildete Paritätische Kommission im Reklamationsverfahren ist
berechtigt, die Übereinstimmung der Beschreibung der Arbeitsaufgabe mit der tatsächlich ausgeführten
Arbeitsaufgabe zu überprüfen.
Tenor
1. Der Beteiligten zu 2 wird aufgegeben, der bei ihr gebildeten Paritätischen Kommission gem. § 6.4 ERA-TV vom
16. September 2003 die Beschreibungen der Arbeitsaufgaben und die Bewertungsbegründungen für diejenigen
Arbeitsplätze, auf denen am 27.11.2007 die Arbeitnehmer
- T. [und 39 weitere namentlich benannte Arbeitnehmer]
eingesetzt waren, sowie die "Reklamationsscheine" dieser Arbeitnehmer zu übergeben.
2. Es wird festgestellt, dass die Prüfungskompetenz der nach den Regelungen des ERA-TV bei der
Antragsgegnerin gebildeten Paritätischen Kommission sich auch auf die Prüfung der Übereinstimmung der
Beschreibung der Arbeitsaufgabe an den Arbeitsplätzen, auf denen die in Ziff. 1 genannten Arbeitnehmer
beschäftigt sind, mit der jeweils tatsächlich ausgeführten Arbeitsaufgabe erstreckt.
3. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Gründe
A
1
Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Übergabe von Unterlagen an die Paritätische Kommission nach dem Entgeltrahmentarifvertrag für
Beschäftigte in der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg (im Folgenden: ERA-TV) vom 16. September 2003, die Verpflichtung der Arbeitgeberin, die von
ihr entsandten Mitglieder der Paritätischen Kommission zur Prüfung und Entscheidung von Reklamationen unter allen Gesichtspunkten anzuweisen, und die
Reichweite der Prüfungskompetenz der Paritätischen Kommission.
2
Beteiligte zu 2 ist die Arbeitgeberin, die als Zuliefererin der Automobilindustrie 327 Mitarbeiter beschäftigt und Mitglied im Verband der Metall- und Elektroindustrie
Baden-Württemberg e. V. ist. Beteiligter zu 1 ist der bei ihr eingerichtete Betriebsrat. Die Arbeitgeberin unterliegt kraft ihres Sitzes in Ulm den Tarifregelungen der
Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg im Bezirk Nordwürttemberg/Nordbaden.
3
Die Tarifvertragsparteien IG Metall und SÜDWESTMETALL e.V. haben im Einführungstarifvertrag zum Entgeltrahmentarifvertrag vom 16. September 2003 (im
Folgenden: ETV ERA) und durch Konkretisierung in späteren Tarifrunden die Einführungsphase des ERA-TV für den Zeitraum vom 1. März 2005 bis zum 29. Februar
2008 festgelegt. Im Anschluss an diese Einführungsphase gilt der Entgeltrahmentarifvertrag verbindlich für alle Betriebe.
4
Die Arbeitgeberin hat auf Grundlage des ETV ERA vom 16. September 2003 in ihrem Betrieb mittlerweile zum 1. Januar 2008 den Entgeltrahmentarifvertrag eingeführt,
dessen maßgeblichen Vorschriften lauten:
5
§ 4
Grundsätze der Grundentgeltermittlung
4.1
4.2
Teilaufgaben im Rahmen der folgenden Bestimmungen berücksichtigt.
6
§ 5
Einstufung der Arbeitsaufgabe
5.1 Gegenstand der Bewertung
5.1.1 Gegenstand der Bewertung und Einstufung sind die Anforderungen der entsprechend der betrieblichen Arbeitsorganisation übertragenen
Arbeitsaufgabe.
5.1.2 Bei der Bewertung der Arbeitsaufgabe sind alle Teilaufgaben zu berücksichtigen, soweit sie die Arbeitsaufgabe in ihrer Wertigkeit prägen.
5.2 Bewertung und Einstufung der Arbeitsaufgabe
...
7
§ 6
System der Bewertung und Einstufung
...
8
§ 7
Paritätische Kommission
7.1
§ 8).
7.1.1 Die Paritätische Kommission besteht aus je drei Vertretern des Arbeitgebers einerseits sowie der Beschäftigten andererseits. Mindestens ein Vertreter
der Beschäftigten muss dem Betriebsrat angehören.
7.1.2 Die Vertreter des Arbeitgebers werden von diesem, die Vertreter der Beschäftigten vom Betriebsrat bestimmt. Beide Seiten benennen eine
entsprechende Anzahl von Stellvertretern.
7.1.3 Arbeitgeber und Betriebsrat können einvernehmlich vereinbaren:
9
- eine abweichende Zahl der Mitglieder der Paritätischen Kommission, jedoch nicht weniger als zwei Mitglieder je Seite,
- einen zusätzlichen Einigungsversuch zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat vor Bildung der erweiterten Paritätischen Kommission (§ 7.3.3),
- einen Losentscheid gemäß § 7.3.5 statt der Anrufung der Schiedsstelle gemäß § 7.3.4, dies kann auch von Fall zu Fall erfolgen,
- ein abweichendes Verfahren zur Festlegung und zur Entscheidungsfindung des außerbetrieblichen Vorsitzenden der Schiedsstelle.
10
7.1.4 Arbeitgeber und Betriebsrat können sich einvernehmlich auf eine Geschäftsordnung für die Regelung von Fristen und anderen Formalien verständigen.
Die Paritätische Kommission kann hierzu einen Vorschlag machen.
7.1.5 Jede Seite der Paritätischen Kommission kann nach fachlichen Gesichtspunkten ausgewählte Berater aus dem Unternehmen hinzuziehen.
7.1.6 Die Mitglieder und Stellvertreter der Paritätischen Kommission sind für ihre Aufgaben aus diesem Tarifvertrag ohne Minderung des Entgelts freizustellen.
Dasselbe gilt für Schulungen zu diesem Tarifvertrag.
11
7.2 Aufgaben der Paritätischen Kommission
7.2.1 Der Paritätischen Kommission obliegt die
- Einstufung bestehender, aber nicht bewerteter Arbeitsaufgaben,
- Einstufung neu entstehender oder veränderten Arbeitsaufgaben,
soweit dieser Tarifvertrag ihr nicht weitere Aufgaben zuweist.
7.2.2 Sie ist darüber hinaus berichtigt, von Fall zu Fall bestehende Einstufungen zu überprüfen, sofern dargelegt werden kann, dass sich auf Grund veränderter
Anforderungen eine Veränderung der Einstufung ergeben könnte.
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7.3 Entscheidungsfindung in der Paritätischen Kommission
7.3.1 Der Arbeitgeber übergibt der Paritätischen Kommission zur Vorbereitung der Entscheidung die entsprechenden Unterlagen (§ 6.4) und teilt die vorläufige
Einstufung mit.
Jede Seite der Paritätischen Kommission kann unter Angabe von Gründen vom Arbeitgeber die Überprüfung der Beschreibung der Arbeitsaufgabe hinsichtlich
ihrer Übereinstimmung mit der übertragenen Arbeitsaufgabe und ggf. die Überarbeitung der Beschreibung verlangen.
Der vorläufigen Einstufung kann jede Seite der Paritätischen Kommission bis zum Ablauf von acht Wochen widersprechen.
Erfolgt kein Widerspruch gegen die vorläufige Einstufung, gilt diese endgültig.
Erfolgt kein Widerspruch gegen die Einstufung, sondern gegen die Bewertung einzelner Bewertungsmerkmale und ihrer Begründung, wird dieser dokumentiert
und der Einstufungsunterlage beigefügt. In diesem Fall wird die vorläufige Einstufung verbindlich.
Bei Widerspruch gilt die vorläufige Einstufung bis zur verbindlichen Entscheidung (siehe § 7.3.7 Abs. 2).
Weicht die verbindliche Entscheidung von der vorläufigen Einstufung ab, so gilt diese neue Einstufung rückwirkend vom Zeitpunkt der Mitteilung an die
Paritätische Kommission.
Führt die verbindliche Entscheidung zu einer niedrigeren als der bisherigen Einstufung, so gilt die neue Einstufung ab dem Zeitpunkt der verbindlichen
Entscheidung.
7.3.2 Bei einer Überprüfung der Einstufung gemäß § 7.2.2 gilt die bestehende Einstufung bis zum Zeitpunkt einer anders lautenden verbindlichen Entscheidung
im Rahmen des Verfahrens nach § 7.3.
7.3.3 Kommt es in der Paritätischen Kommission zu keiner Einigung, so wird auf Antrag einer Seite je ein sachkundiger stimmberechtigter Vertreter der
Tarifvertragsparteien hinzugezogen (erweiterte Paritätische Kommission).
7.3.4 Kommt nach eingehender Beratung in dieser erweiterten Paritätischen Kommission eine einheitliche oder mehrheitliche Meinung nicht zu Stande, wird
auf Antrag einer Seite eine Schiedsstelle gebildet.
Diese besteht aus den Mitgliedern der erweiterten Paritätischen Kommission und einer/m Vorsitzenden.
Der Vorsitz wird durch Los aus einem durch die Tarifvertragsparteien festgelegten Personenkreis ermittelt.
Ein Mitglied der erweiterten Paritätischen Kommission kann nicht den Vorsitz dieser Schiedsstelle übernehmen.
Der Vorsitzende der Schiedsstelle unternimmt zunächst einen Vermittlungsversuch. Scheitert dieser, so entscheidet die Schiedsstelle sowohl bezüglich der
Merkmalstufen als auch der Entgeltgruppe im Rahmen der gestellten Anträge.
Die Entscheidung ist durch den Vorsitzenden binnen einer Frist von drei Wochen schriftlich zu begründen.
7.3.5 Der Arbeitgeber kann festlegen, dass die Entscheidung anstatt durch die Schiedsstelle durch Losentscheid in der erweiterten Paritätischen Kommission
herbeigeführt wird.
An dieser Festlegung ist der Arbeitgeber für die Dauer von 2 Jahren gebunden. Davon kann nur mit Zustimmung des Betriebsrates abgewichen werden.
Vor der Abstimmung in der erweiterten Paritätischen Kommission entscheidet das Los, welcher der Vertreter der Tarifvertragsparteien eine zweite Stimme
erhält. Dieser hat die Entscheidung binnen einer Frist von drei Wochen schriftlich zu begründen.
7.3.6 Das Verfahren der Beilegung von Meinungsverschiedenheiten soll innerhalb von drei Monaten abgeschlossen werden.
7.3.7 Mit der Entscheidung der Paritätischen Kommission nach § 7.3.1, der erweiterten Paritätischen Kommission nach § 7.3.3, der Schiedsstelle nach § 7.3.4
oder der erweiterten Paritätischen Kommission nach § 7.3.5 ist das Einstufungsverfahren abgeschlossen.
Die Entscheidung ist damit verbindlich, sofern nicht - binnen einer Frist von zwei Wochen nach der Entscheidung bzw. dem Vorliegen der Begründung -
Arbeitgeber oder Betriebsrat beim Arbeitsgericht die Feststellung beantragen, dass die Entscheidung unverbindlich ist, weil ein Verfahrensfehler vorliegt oder
die Bewertung unter grober Verkennung der Grundsätze in §§ 4 - 6 vorgenommen worden ist.
7.3.8 Wird die Entscheidung aufgehoben, ist die Arbeitsaufgabe durch die Paritätische Kommission unter Beachtung der gerichtlichen Begründung erneut zu
bewerten.
7.3.9 Über jeden Einstufungsvorgang ist ein geeigneter Nachweis zu führen, der die Ergebnisse und Unterlagen der Systemanwendung gemäß § 6.4 beinhaltet.
13
§ 8
Vereinfachtes Einstufungsverfahren
8.1 In Betrieben mit bis zu 500 Beschäftigten, in konzernabhängigen Betrieben mit bis zu 300 Beschäftigten, wird keine ständige Paritätische Kommission
gebildet.
8.2 An ihrer Stelle übernimmt der Betriebsrat die Entgegennahme der Mitteilung des Arbeitgebers über die:
- Einstufung bestehender, aber noch nicht bewerteter Arbeitsaufgaben;
- Einstufung neu entstehender oder veränderter Arbeitsaufgaben.
Dabei sind die entsprechenden Unterlagen gemäß § 6.4 zu übergeben.
Die Einstufung des Arbeitgebers ist verbindlich.
Führt die Einstufung des Arbeitgebers zu einer niedrigeren als der bisherigen, wird sie erst nach Ablauf von 8 Wochen wirksam.
Bei Reklamation durch den Betriebsrat gemäß § 10 verlängert sich diese Frist bis zur Beendigung des Reklamationsverfahrens,
jedoch längstens auf insgesamt 5 Monate.
8.3 Bei Reklamationen der Entgeltgruppe tritt eine dann zu bildende Paritätische Kommission zusammen. Diese besteht aus je zwei Vertretern des
Arbeitgebers einerseits sowie der Beschäftigten andererseits; es sei denn, Arbeitgeber und Betriebsrat verständigen sich einvernehmlich auf je drei Vertreter.
8.4 Im Übrigen geltend die Bestimmungen des § 7, mit Ausnahme des § 7.2, entsprechend.
8.5 Abweichend von den vorstehenden Bestimmungen können die Betriebsparteien durch freiwillige Betriebsvereinbarung eine ständige Paritätische
Kommission gemäß § 7 einrichten.
14
§ 9
Grundentgeltanspruch der Beschäftigten
9.1
ausgeführten Arbeitsaufgabe entspricht.
Protokollnotiz zu § 9.1:
Es besteht Einigkeit, dass der Grundentgeltanspruch des Beschäftigten ausschließlich davon bestimmt ist, wie die Arbeitsaufgabe im betrieblichen Verfahren
nach den Bestimmungen des Tarifvertrages bewertet worden ist.
Da ein besonderer Eingruppierungsvorgang, also die Zuordnung des Beschäftigten zu einer bestimmten Entgeltgruppe, nicht mehr stattfindet, gehen die
Tarifvertragsparteien ebenso übereinstimmend davon aus, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Verfahren nach § 99 BetrVG bezüglich einer
Eingruppierung/Umgruppierung nicht mehr vorliegen.
9.2
Dem Betriebsrat ist zusätzlich der zu Grunde gelegte Einstufungsvorgang schriftlich mitzuteilen.
...
15
§ 10
Reklamation
10.1
Bei der Reklamation ist schriftlich oder mündlich darzulegen, dass - und aus welchen Gründen - die Entgeltgruppe nicht zutreffend sein soll.
10.2
Dies soll in der Regel innerhalb von 2 Monaten erfolgen.
Das Ergebnis der Überprüfung ist dem Beschäftigten und dem Betriebsrat unverzüglich schriftlich mitzuteilen.
10.3
7.1 bzw. § 8.3).
In diesem Fall hat der Arbeitgeber, soweit nicht vorhanden, eine Aufgabenbeschreibung anzufertigen, in der die im Rahmen der festgelegten
Arbeitsorganisation ausgeführte Arbeitsaufgabe dargestellt ist. Die entsprechenden Unterlagen gemäß § 6.4 sind der Paritätischen Kommission zu übergeben.
10.4
10.5
10.6
10.7
Er kann jedoch nur geltend machen, dass ein Verfahrensfehler vorliegt oder die Bewertung unter grober Verkennung der Grundsätze der §§ 4 - 6 vorgenommen
worden ist.
16 Der ETV-ERA regelt u. a. Folgendes:
17
§ 3
Sachliche Voraussetzungen zur Einführung des ERA-TV
3.1
Entgeltansprüche entstehen bis zum Stichtag der Einführung hieraus nicht.
3.2 Ersteinstufung
3.2.1
Grundlage für die Einführung des ERA-TV ist die Neubewertung der betrieblichen Arbeitsaufgaben. Bis zum Einführungsstichtag soll möglichst eine
verbindliche, muss jedoch zumindest eine vorläufige Einstufung des Arbeitgebers vorliegen.
Die Entgeltgruppen sind den Beschäftigten mindestens einen Monat vor dem Stichtag schriftlich mitzuteilen.
3.2.2
Erfolgt die Neubewertung im Wege des vereinfachten Einstufungsverfahrens gemäß § 8 ERA-TV, so kann der Betriebsrat innerhalb einer Frist von 8 Wochen
die ihm mitgeteilte Entgeltgruppe entsprechend § 10 ERA-TV reklamieren. In diesem Fall tritt an die Stelle der Zeitpunkte in §§ 10.5 und 10.6 ERA-TV der
Stichtag der ERA-Einführung.
In anderen Fällen ist eine Reklamation vor dem Einführungsstichtag nicht zulässig.
3.2.3
Verbindliche Einstufungen können innerhalb einer Frist von 3 Jahren nach der betrieblichen ERA-Einführung nur mit der Begründung reklamiert werden, dass
die im Rahmen der festgelegten Arbeitsorganisation ausgeführte Arbeitsaufgabe nicht der bewerteten Arbeitsaufgabe entspricht.
18 Die Arbeitgeberin teilte den Arbeitnehmern mit Schreiben vom 27.11.2007 die Entgeltzusammensetzung nach Einführung des ERA-TV gemäß § 3.7 TV ERA mit.
Hiergegen reklamierten die im Tenor der Entscheidung namentlich benannten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen jeweils mit schriftlichen und unterschriebenen
"Reklamationsscheinen" (vgl. die vorgelegten Beispiele Bl. 22 bis Bl. 29 d. A.) nachfolgenden oder vergleichbaren Inhalts. Exemplarisch wird auf den
Reklamationsscheinen des Vorsitzenden des Betriebsrats (Bl. 29 d. A.) Bezug genommen:
19
"Reklamationsschein
Hiermit reklamiere ich die EG 8 für meine
Arbeitsaufgabe.
Name:. C.
Abt./Kostenstelle: Automatensaal
Die Begründung erfolgt
O mündlich
X schriftlich (siehe unten)
Datum: 07.01.2008
Unterschrift: ......
Entgegennahme:
.....................................
Betriebsrat/Vorgesetzten
Begründung Reklamation:
Folgende von mir ausgeführte Tätigkeiten/Teilaufgaben wurden bei der Bewertung nicht bzw. nicht ausreichend berücksichtigt.
1. Vorbereiten, Rüsten und Bearbeiten von Vorserien / Versuchsaufträge / Muster Beratung mit Programmierer.
2. Erst- und Neuanfertigungen sehr komplexe Werkstücke abklären. Bei Erstläufen auftretende Probleme selbst beheben. Für Werkzeuganpassungen bzw.
Änderung von Standardwerkzeugen Lösungsvorschläge erarbeiten. Festlegen von Spannmöglichkeiten Vorrichtungen aufbauen, ggf. umbauen und
Spannfunktionen überprüfen.
3. Verbesserungen vorschlagen. Technische Mängel (z.B. an Maschinen, Vorrichtungen, Anlagen, Werkzeugen) sowie Mängel im organisatorischen Ablauf
beseitigen bzw. beseitigen lassen.
4. Geprüfte Werkzeuge einsetzen quittieren und Korrekturwerte eingeben ggf. Werkzeuge einstellen, vermessen und Werkzeugdaten an CNC-Maschine
übertragen. Programm im Einzelsatz abfahren.
Beratung mit Programmierer.
5. Durchführen der Qualitätssicherung."
20 Nach dem unstreitigen Vortrag der Beteiligten übergaben die im Antrag namentlich benannten Arbeitnehmer dem Betriebsrat alle ähnlich differenziert begründete und
auf die jeweiligen Anforderungen an dem von ihnen besetzten Arbeitsplatz bezogene Begründungen.
21 Mit Schreiben vom 22.1.2008, der Arbeitgeberin am selben Tage zugegangen, übergab der Betriebsrat an die Arbeitgeberin die Reklamationsscheine der Arbeitnehmer
mit folgendem Begleitschreiben:
22
"Überprüfungsverlangen gemäß § 10.2 ERA-TV und Widerspruch gegen die vorläufige Einstufung
...
die übergebene Aufgabenbeschreibungen und deren Bewertungen können die Mitarbeiter nicht nachvollziehen, da aus ihre Sicht die vorgelegten
Arbeitsaufgaben nicht denen entsprechen, die sie tatsächlich ausüben. Deswegen haben sie den Betriebsrat aufgefordert gemäß § 10.1 ERA-TV die mitgeteilte
Entgeltgruppe beim Arbeitgeber zu reklamieren.
Die Beschäftigte haben hierfür die Reklamationen mit schriftliche Begründung dem Betriebsrat übergeben.
Wir übergeben Ihnen, Herr B., die Reklamationen und bitten Sie, gemäß § 10.2 ERA-TV die Entgeltgruppe und ggf. die Einstufung der Arbeitsaufgabe zu
überprüfen.
..."
23 Die Reklamationen wies die Arbeitgeberin gegenüber den Arbeitnehmern jeweils mit Schreiben vom 9.5.2008 zurück, die zugleich auch dem Betriebsrat mitgeteilt
wurden. Der Aufforderung der Arbeitnehmer, "den Fall zur weiteren Behandlung an die Paritätische Kommission zu übergeben", leistete die Arbeitgeberin nicht Folge
mit der Begründung, dass derartige Reklamationen, die die Übereinstimmung der tatsächlich ausgeführten Arbeitsaufgabe mit der übertragenen Arbeitsaufgabe
beträfen, nicht Gegenstand der Paritätischen Kommission sei.
24 In der Anhörung vor der Kammer hat der Betriebsrat zum Antrag Ziff. 1 eine Anlage mit den Namen der im Tenor Ziff.1 benannten Arbeitnehmer übergeben. Zwischen
den Beteiligten ist unstreitig, dass auf die Arbeitsverhältnisse der dort genannten Arbeitnehmer die Tarifregelungen der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg
entweder kraft vertraglicher Bezugnahme oder originärer Tarifbindung kraft Verbandsmitgliedschaft Anwendung finden.
25 Der Betriebsrat vertritt die Auffassung, es handle sich um eine Streitigkeit aus der Betriebsverfassung gemäß § 2 a Abs. 1 Nr. 1, 80 ArbGG. Der Betriebsrat mache im
vorliegenden Verfahren eigene Rechte geltend. Schließlich sei der Betriebsrat zur eigenen Reklamation nach § 8.2 ERA-TV berechtigt. Zudem entsende auch er zwei
Vertreter der Beschäftigten in die Paritätische Kommission gemäß §§ 8.3, 8.4 ERA-TV. Der Betriebsrat habe deshalb einen Anspruch darauf, dass die Arbeitgeberin
der Paritätischen Kommission die Beschreibung der Arbeitsaufgaben, die Bewertungsbegründung der betroffenen Arbeitsplätze und die Reklamationsscheine der
Arbeitnehmer übergebe. Darüber hinaus stehe dem Betriebsrat nicht nur ein Anspruch auf Bildung einer Paritätischen Kommission zu, sondern auch ein Anspruch auf
Bearbeitung und Entscheidung der Reklamationen durch die Paritätische Kommission. Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin stehe der Paritätischen Kommission
auch ein Recht zur Überprüfung der Übereinstimmung der bewerteten mit der tatsächlich ausgeführten Arbeitsaufgabe zu. Im vereinfachten Einstufungsverfahren, das
im Hinblick auf die Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer bei der Arbeitgeberin zur Anwendung komme, erfülle der Betriebsrat selbst die Funktion der Paritätischen
Einstufungskommission i. S. d. § 7 ERA-TV. Aus der Verweisung des § 8.4 ERA-TV aus § 7 ERA-TV ergebe sich denknotwendigerweise die Zuständigkeit der
Paritätischen Kommission die Übereinstimmung bewerteter mitausgeführten Arbeitssaufgaben zu prüfen.
26 Der Betriebsrat stellt zuletzt folgende Anträge:
27
1. Der Beteiligten zu 2 wird aufgegeben, der bei ihr gebildeten Paritätischen Kommission die Beschreibung der Arbeitsaufgaben und die
Bewertungsbegründung für diejenigen Arbeitsplätze auf denen am 27.11.2007 die in Anlage 1 zur Antragsfassung vom 10.3.2009 genannten
Arbeitnehmer eingesetzt waren und die Reklamationsscheine dieser Arbeitnehmer zu übergeben.
28
2. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, die von ihr in die tarifliche Paritätische Kommission entsandten Mitglieder anzuweisen, alle bei ihr gegen
die mitgeteilten Einstufungen eingegangenen Reklamationen, soweit die Antragsgegnerin ihnen nicht stattgegeben hat, unter formellen und
materiellen Gesichtspunkten zu prüfen und zu entscheiden.
29
3. Es wird festgestellt, dass die Prüfungskompetenz der nach den Regelungen des ERA-TV bei der Antragsgegnerin gebildete Paritätische
Kommission sich auch auf die Prüfung der Übereinstimmung der zugrundegelegten Arbeitsaufgabenbeschreibung mit der tatsächlich ausgeführten
Arbeitsaufgabe erstreckt.
30 Die Arbeitgeberin beantragt,
31
die Anträge zurückzuweisen.
32 Die Arbeitgeberin ist der Auffassung, dass das Beschlussverfahren nicht statthaft sei, weil das Reklamationsverfahren in der Paritätischen Kommission keine durch
Tarifvertrag geregelte Angelegenheit der Betriebsverfassung sei. Der Betriebsrat sei nach § 10 ERA-TV zwar reklamationsberechtigt, aber nicht
Reklamationsentscheider. Allein das Benennungsrecht des Betriebsrats begründe nicht, dass im vorliegenden Fall eine betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeit
vorliege. Der Betriebsrat sei auch nicht beteiligtenfähig gemäß § 10 ArbGG. Er habe als Gremium im Rahmen des Reklamationsverfahrens keine Funktion. Im Übrigen
seien die Anträge unbegründet. Der Betriebsrat mache Rechte geltend, die ausschließlich der Paritätischen Kommission zustünden. Jedenfalls aber stehe der
Paritätischen Kommission ein Recht zur Überprüfung der Übereinstimmung der bewerteten Arbeitsaufgabe mit der ausgeführten Arbeitsaufgabe mangels Zuständigkeit
zu. Hierfür spreche auch, dass nach § 10.3 ERA-TV der Paritätischen Kommission nur die Überprüfung der Einstufung obliege.
33 Einstufung sei nach dem tarifvertraglichen Kontext jedoch die Zuordnung der bewerteten Arbeitsaufgabe zu einer Entgeltgruppe. Die betroffenen Arbeitnehmer seien
deshalb auf den individualrechtlichen Klageweg zu verweisen. Auch der Sinn und Zweck des tariflichen Einstufungsverfahrens ergebe, dass in der Paritätischen
Kommission nicht über die Verteilung von Arbeitsaufgaben zu verhandeln sei. Die Arbeitsorganisation werde durch den Arbeitgeber bestimmt. Andernfalls könnten im
Rahmen des PaKo-Verfahrens Arbeitsaufgaben definiert werden, die der Arbeitgeber in seiner Arbeitsorganisation gar nicht vorsehe. Dies würde einen Eingriff in das
Direktionsrecht des Arbeitgebers darstellen. Auch § 7.3.1 ERA-TV sehe eine Überprüfung nur durch den Arbeitgeber, nicht durch die PaKo vor. Streitgegenstand des
vorliegenden Verfahrens sei ausschließlich der Reklamationsfall nach ERA-Einführung.
34 Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze und das Protokoll über die öffentliche Sitzung vom 10.3.2009 Bezug genommen.
B
35 Die Anträge Ziffer 1 und 3 sind zulässig und begründet. Die Beteiligte zu 2 hat an die bei ihr eingerichtete Paritätische Kommission die im Tenor der Entscheidung
näher bezeichneten Unterlagen gemäß § 6 Ziffer 4 ERA-TV für die im Tenor ebenfalls näher bezeichneten Arbeitsplätze herauszugeben. Die bei der Arbeitgeberin
eingerichtete Paritätische Kommission hat auch die Übereinstimmung der tatsächlich ausgeführten mit der übertragenen Arbeitsaufgabe zu prüfen. Dagegen ist der
Antrag Ziffer 2 unbegründet und deshalb zurückzuweisen.
I.
36 Der Antrag Ziffer 1 ist zulässig und begründet. Der Betriebsrat hat gegen die Arbeitgeberin einen Anspruch auf Herausgabe der Beschreibung der Arbeitsaufgaben, der
Bewertungsbegründungen und der Reklamationsscheine der Arbeitnehmer, die in Tenor Ziffer 1 benannt sind, aus § 10 Ziffer 3 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 6.4 ERA-TV.
37 1. Über diesen Antrag ist im Beschlussverfahren zu entscheiden. Es handelt sich um eine Angelegenheit aus dem Betriebsverfassungsgesetz i. S. d. § 2 a Abs. 1 Nr.
1 ArbGG. Der Betriebsrat ist beteiligtenfähig und antragsbefugt.
38
a) Mit § 2 a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG hat der Gesetzgeber das Beschlussverfahren für alle Streitigkeiten eröffnen wollen, die aus dem Betriebsverfassungsrecht
entstehen können. Immer dann wenn die durch das Betriebsverfassungsgesetz geregelte Ordnung des Betriebes und die gegenseitigen Rechte und Pflichten der
Betriebspartner als Träger dieser Ordnung im Streit sind, soll darüber im Beschlussverfahren als der dafür geschaffenen und besonders geeigneten Verfahrensart
entschieden werden (vgl. BAG, 16.7.1985 - 1 ABR 9/83 - AP Nr. 17 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung Rz. 24).
39
Auch wenn § 2 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG von Angelegenheiten aus dem Betriebsverfassungsgesetz und nicht aus dem Betriebsverfassungsrecht spricht, ist die
Zuständigkeit der Arbeitsgerichte nicht auf Streitigkeiten beschränkt, die unmittelbar auf Vorschriften aus dem Betriebsverfassungsgesetz gestützt werden können.
Angelegenheiten aus dem Betriebsverfassungsgesetz sind auch Streitigkeiten einer durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung geregelten Betriebsverfassung
(vgl. Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge-Matthes, ArbGG, 6. Auflage, § 2 a Rz. 10). Werden durch Tarifvertrag betriebsverfassungsrechtlichen Organen
Rechte eingeräumt oder Pflichten auferlegt, ist auch der Streit über Bestehen oder Nichtbestehen oder den Umfang dieser Rechte und Pflichten eine Angelegenheit
aus dem Betriebsverfassungsgesetz über die im Beschlussverfahren zu entscheiden ist (vgl. BAG, 16.7.1985 - 1 ABR 9/83 - a. a. O. Rz. 25).
40
b) Nach diesen Grundsätzen der Rechtsprechung stehen im vorliegenden Verfahren tarifvertraglich begründete betriebsverfassungsrechtliche Rechte des
Betriebsrat bzw. Pflichten der Arbeitgeberin im Streit, über die im Beschlussverfahren zu entscheiden ist. Der Betriebsrat hat nach § 10.1 ERA-TV ein eigenes
Reklamationsrecht. Zugleich besteht nach § 10.2 Abs. 3 ERA-TV die Verpflichtung des Arbeitgebers, (auch) dem Betriebsrat das Ergebnis der Überprüfung der
Reklamation unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Er behauptet auf dieser Grundlage eigenes Recht auf Durchführung des Reklamationsverfahrens nach § 10 ERA-
TV und als Teil dessen einen eigenen Anspruch auf Herausgabe der Unterlagen nach § 6.4 ERA-TV an die Paritätische Kommission. Der Betriebsrat begehrt daher
vorliegend die Klärung eigener betriebsverfassungsrechtlicher durch Tarifvertrag eingeräumter Rechte.
41
c) Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin ist der Betriebsrat auch im vorliegenden Verfahren beteiligtenfähig und antragsbefugt.
42
aa) Nach § 83 Abs. 3 ArbGG kann Beteiligter in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nur sein, wer von der zu erwartenden Entscheidung in seiner
betriebsverfassungsrechtlichen Stellung unmittelbar betroffen oder berührt wird (vgl. BAG, 31.5.2005 - 1 ABR 22/04 - AP Nr. 125 zu § 87 BetrVG 1972
Lohngestaltung; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge-Matthes ArbGG 6. Auflage, § 83 Rn. 13).
43
bb) Im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ist ein Beteiligter nur insoweit antragsbefugt, wie er eigene Rechte geltend macht. Antragsbefugnis und
Beteiligtenstatus fallen nicht notwendig zusammen. § 83 Abs. 3 ArbGG besagt nichts darüber, ob ein Beteiligter im Beschlussverfahren einen Antrag stellen
kann. Die Antragsbefugnis ist nach den Regeln über die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens nach Maßgabe des § 81 Abs. 1 ArbGG zu bestimmen.
Regelmäßig kann nur derjenige ein gerichtliches Verfahren einleiten, welcher vorträgt, Träger des streitbefangenen Rechts zu sein. Das Erfordernis der
Prozessführungsbefugnis im Urteilsverfahren und der Antragsbefugnis im Beschlussverfahren dient dazu, Popularklagen auszuschließen. Im
Beschlussverfahren ist die Antragsbefugnis nur gegeben, wenn der Antragsteller durch die begehrte Entscheidung in seiner eigenen
betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsposition betroffen wird. Das ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn er eigene Rechte geltend macht und dies nicht von
vornherein als gänzlich aussichtslos erscheint (BAG 19. September 2006 - 1 ABR 53/05 - Rn. 22, BAGE 119, 279) BAG 20.05.2008 - 1 ABR 19/07 - AP Nr. 4
zu § 81 BetrVG 1972 Rz. 14).
44
cc) Nach Maßgabe dieser Grundsätze der Rechtsprechung ist der Betriebsrat für den Antrag auf Herausgabe der Unterlagen an die Paritätische Kommission
beteiligtenfähig und antragsbefugt. Der Betriebsrat beruft sich vorliegend darauf, dass ihm als Teil des Reklamationsverfahrens nach §§ 10.3 und 10.4 i. V. m.
§ 7.3.3 ff. ERA-TV ein tarifvertraglich begründeter Anspruch auf Herausgabe der Unterlagen an die Paritätische Kommission zustehe. Er behauptet danach
eine Betroffenheit in einer eigenen Rechtsposition und ist deshalb gemäß § 83 Abs. 3 ArbGG beteiligtenfähig.
45
Er beruft sich darauf, dass ihm ein tarifvertraglicher Anspruch auf Durchführung des Reklamationsverfahrens nach § 10.3 i. V. m. § 8.3 ERA-TV zusteht. Er
behauptet danach, das Bestehen eigener Rechte und ist deshalb antragsbefugt.
46
d) Dagegen ist die Paritätische Kommission selbst am Verfahren nicht zu beteiligen. Sie ist lediglich "Verfahrensorgan" zur Durchführung des Einstufungs- und
Reklamationsverfahren und schiedsgutachterlich tätig (vgl. LAG Baden-Württemberg 02.02.2009 - 4 TaBV 1/09 - Rz. 96), aber nicht Träger eigener Rechte und
Pflichten. Letztlich ist sie im Hinblick auf ihre Paritätische Besetzung auch nicht handlungsfähig. Ein Vorsitzender kann gemäß § 8.4 nur zur Entscheidung von
Einstufungsfragen, nicht jedoch sonstiger Fragen in der erweiterten Paritätischen Kommission bestellt werden.
47 2. Der Anspruch des Betriebsrats auf Herausgabe der Beschreibung der Arbeitsaufgaben, der Bewertungsbegründungen und der Reklamationsscheine der
Arbeitnehmer, die im Tenor Ziffer 1 benannt sind, folgt aus § 10 Ziffer 3 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 6.4 ERA-TV. Dieser Anspruch folgt aus dem tarifvertraglich
begründeten Anspruch des Betriebsrat auf Durchführung des Reklamationsverfahren in der Paritätischen Kommission nach § 10 i.V.m. § 7.3.3 ff. ERA-TV.
48
a) Der Betriebsrat hat (auch) ein eigenes Reklamationsverfahren nach § 10.1 ERA-TV ordnungs- und fristgemäß eingeleitet. Er hat die Reklamationsscheine der
Arbeitnehmer gesammelt und am 22.1.2008 mit dem Begleitschreiben vom selben Tage übergeben. Durch den Inhalt des Begleitschreibens macht der Betriebsrat
deutlich, dass er sich die Reklamationen der Arbeitnehmer und ihre jeweiligen Begründungen zu eigen macht, in dem er selbst die Arbeitgeberin auffordert, "gemäß
§ 10.2 ERA-TV die Entgeltgruppe und die Einstufung der Arbeitsaufgabe zu prüfen". Die Reklamationen genügen auch dem Begründungserfordernis des § 10.1
Abs. 2 ERA-TV. Auf die Arbeitsverhältnisse der betroffenen Beschäftigten kommen die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg kraft
originärer Tarifbindung oder arbeitsvertraglicher Bezugnahme zur Anwendung.
49
b) Der Betriebsrat hat einen eigenständigen Anspruch auf Durchführung des von ihm eingeleiteten Reklamationsverfahrens nach §§ 10 und 7.3.3. ff. ERA-TV. Dies
folgt aus der Auslegung der tarifvertraglichen Vorschriften.
50
aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von
Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am
Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den
tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den
wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und der Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können (st. Rspr. z. B. BAG 19.
Januar 2000 - 4 AZR 814/98 - BAGE 93, 229, zu 3 a d.G.).
51
bb) Nach Maßgabe dieser Auslegungsgrundsätze ergibt sich nach Auffassung der erkennenden Kammer, dass dem Betriebsrat ein durch Tarifvertrag
begründeter Anspruch auf Durchführung des Reklamationsverfahrens zusteht. Daraus folgt ein Anspruch auf Herausgabe der "entsprechenden Unterlagen"
gemäß § 6.4. ERA-TV an die Paritätische Kommission.
52
(1) Nach § 10.1 ERA-TV kann (neben den Beschäftigten) der Betriebsrat die mitgeteilte Entgeltgruppe schriftlich beim Arbeitgeber reklamieren. Nach der
Reklamation ist die Entgeltgruppe und ggf. die Einstufung der Arbeitsaufgabe durch den Arbeitgeber zu überprüfen. Soweit über das Ergebnis der Überprüfung
kein Einverständnis erzielt wird, folgt eine weitere Überprüfung der Einstufung in der Paritätischen Kommission. Für diesen Fall regelt § 10.3 Abs. 2 Satz 2
ERA-TV ausdrücklich, dass "die entsprechenden Unterlagen gemäß § 6.4 der Paritätischen Kommission zu übergeben" sind. Kommt es in der Paritätischen
Kommission zu keiner Einigung, ist gemäß § 10.4 ERA-TV "entsprechend § 7.3.3. ff." zu verfahren.
53
(2) § 10.3. Satz 2 ERA-TV begründet nach seinem Wortlaut nur eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Übergabe der Unterlagen an die Paritätische
Kommission, benennt einen Anspruchsberechtigten aber nicht ausdrücklich. Danach liegt zwar zunächst nahe, dass damit ein Anspruch "der Paritätischen
Kommission" begründet werden soll. Diese ist jedoch, wie bereits dargelegt, nicht beteiligtenfähig und damit auch selbst nicht antragsbefugt. Es kann daher
nicht angenommen werden, dass die Tarifvertragsparteien "Rechte" für eine nicht beteiligtenfähige (und rechtsfähige) schiedsgutachterliche Kommission
schaffen wollten, die niemand durchsetzen kann, so dass allein die Orientierung am Wortlaut keine eindeutige Auslegung zulässt.
54
(3) Die Verweisung auf § 7.3.3. ff. ERA-TV bedeutet nach der tariflichen Systematik, dass das Verfahren ggf. über die erweiterte Paritätische Kommission und
die Schiedsstelle fortzusetzen ist und letztendlich ggf. nach § 7.3.7. Satz 2 ERA-TV unter den dort genannte Voraussetzungen gerichtlich überprüft werden
kann. Dieses Klagerecht steht auch dem Betriebsrat zu.
55
Aus dieser Systematik und dem daraus ersichtlich werdenden Sinn und Zweck der Regelung folgt nach Auffassung der erkennenden Kammer, dass dem
Betriebsrat damit auch das Recht zusteht, von der Arbeitgeberin die tarifvertragsgemäße Durchführung des Reklamationsverfahrens hinsichtlich eigener
Reklamationen zu verlangen. Der Betriebsrat kann das Reklamationsverfahren durch einen eigenen Antrag einleiten und hat dies im vorliegenden Fall auch
getan. Er ist berechtigt, das Ergebnis des Reklamationsverfahrens unter Beachtung des eingeschränkten Prüfungsmaßstabs überprüfen zu lassen. Daraus
folgt für die erkennende Kammer das Recht des Betriebsrats, von der Arbeitgeberin zu verlangen, dass sie das Verfahren so betreibt, wie es tarifvertraglich
vorgesehen ist und nicht blockiert.
56
Andernfalls würde der Betriebsrat des Rechts beraubt, ein mögliches Ergebnis gerichtlich überprüfen lassen zu können. §§ 10 i.V.m. 7.3.3. ff. ERA-TV
schaffen danach einen unmittelbar aus dem Tarifvertrag sich ergebenden Durchführungsanspruch für den Betriebsrat. Eines Rückgriffs auf § 80 Abs. 1 Nr. 1
BetrVG bedarf es danach nicht mehr. Der Betriebsrat ist damit nur "Wächter" über die ordnungsgemäße Durchführung, am Verfahren selbst aber nicht beteiligt.
Damit korrespondiert, dass auch ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrat nach § 99 Abs. 1 BetrVG nicht besteht (vgl. LAG Baden-Württemberg 16.01.2009 -5
TaBV 2/08 - und 02.02.2009 - 4 TaBV 1/09 -).
57
(4) In diesem Zusammenhang kommt es nach Auffassung der erkennenden Kammer auf die Ansicht der Arbeitgeberin, die Paritätische Kommission sei für die
Prüfung der Übereinstimmung der tatsächlich ausgeführten mit der übertragenen Arbeitsaufgabe nicht zuständig, nicht an. Der Tarifvertrag enthält weder nach
dem Wortlaut, noch nach seinem Sinn und Zweck Anhaltspunkte dafür, dass dem Arbeitgeber hinsichtlich dieser Frage ein Vorprüfungsrecht zusteht. Soweit
die Durchführung des Reklamationsverfahrens zu nach Auffassung der Arbeitgeberin unzutreffenden Ergebnissen führt, steht ihr unter Berücksichtigung des
eingeschränkten Überprüfungsmaßstabs der Rechtsweg nach § 7.3.7 ERA-TV offen.
58
cc) Danach hat der Betriebsrat Anspruch darauf, dass die Arbeitgeberin an die Paritätische Kommission "die entsprechenden Unterlagen nach § 6.4 ERA-TV"
herausgibt. Diese Verpflichtung ist Teil des Anspruchs auf Durchführung des tarifgemäßen Verfahrens und folgt aus § 10.3 Abs. 2 Satz 2 ERA-TV. Diese
Unterlagen umfassen im vorliegenden Fall die Beschreibung der Arbeitsaufgaben und die Bewertungsbegründungen für diejenigen Arbeitsplätze, auf denen die
im Tenor Ziffer 1 genannten Arbeitnehmer eingesetzt sind.
59
Darüber hinaus hat die Arbeitgeberin die Reklamationsscheine an die Paritätische Kommission zu übergeben, weil nur die Kenntnis der Einwendungen der
Arbeitnehmer bzw. derjenigen Einwendungen des Betriebsrats, die er sich zu Eigen gemacht hat, eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Begehren der
Arbeitnehmer erlaubt.
II.
60 Auch der mit dem Antrag Ziffer 3 verfolgte Feststellungsantrag ist zulässig und begründet.
61 1. Der Antrag ist zulässig.
62
a) Nach den unter I. 1. dargelegten Grundsätzen der Rechtsprechung ist der Betriebsrat auch über den Feststellungsantrag im Beschlussverfahren zu entscheiden.
Der Betriebsrat ist auch insoweit beteiligtenfähig und antragsbefugt. Er macht vorliegend geltend, durch die begehrte Entscheidung in seiner eigenen
betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsposition betroffen zu sein. Geht man mit der erkennenden Kammer davon aus, dass der Betriebsrat einen eigenen Anspruch
auf Durchführung des Einstufungs- und Reklamationsverfahrens unter Einhaltung der tarifvertraglich vorgegebenen Verfahrensvorschriften hat, steht ihm auch das
Recht zu, prüfen zu lassen, welche Prüfungskompetenzen der Paritätischen Kommission zustehen.
63
b) Der Betriebsrat hat auch das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.
64
Nach § 256 Abs. 1 ZPO, der auch im Beschlussverfahren Anwendung findet, kann ein Antrag auf das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses
erhoben werden, wenn der Antragsteller ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde
(vgl. BAG, 3.6.2003 - 1 ABR 19/02 - BAGE 106, 188). Gegenstand des Feststellungsantrags kann dabei auch der Umfang eines Rechts sein.
65
Danach hat der Betriebsrat auch das erforderliche Feststellungsinteresse, weil die Arbeitgeberin bestreitet, dass die Paritätische Kommission auch das Recht
habe, die Übereinstimmung der tatsächlich ausgeführten mit der übertragenen Arbeitsaufgabe zu prüfen.
66 2. Der Feststellungsantrag ist auch begründet. Die bei der Arbeitgeberin gebildete Paritätische Kommission ist berechtigt, die Übereinstimmung der Beschreibung der
Arbeitsaufgaben an den Arbeitsplätzen, auf denen die in Ziffer 1 des Tenors genannten Arbeitnehmer beschäftigt sind, mit der jeweils tatsächlich ausgeführten
Arbeitsaufgabe zu überprüfen. Dies folgt aus § 7.3.1 ERA-TV und ergibt die Auslegung der Vorschriften des ERA-TV nach Maßgabe der unter I. 2. b. aa. dargelegten
Grundsätze der Rechtsprechung.
67
a) § 10 ERA-TV enthält für das Reklamationsverfahren in der Paritätischen Kommission und die Reichweite der Prüfungskompetenzen keine eigenen Regelungen.
§ 10.3 ERA-TV verweist für den Fall, dass nach Reklamationen über das Ergebnis der Überprüfung durch den Arbeitgeber kein Einverständnis erzielt wird, darauf,
dass die weitere Überprüfung der Einstufung in der Paritätischen Kommission erfolgt. Im Klammerzusatz wird auf § 7.1 bzw. 8.3 ERA-TV verwiesen. § 8.3 regelt
lediglich das Zusammentreten der Paritätischen Kommission im vereinfachten Einstufungsverfahren. Für das Verfahren in der Paritätischen Kommission verweist
§ 10.4 ERA-TV auf 7.3.3 ERA-TV. Danach enthalten die unmittelbar anwendbaren Tarifvorschriften keine ausdrücklichen Regelungen über die Reichweite der
Prüfungskompetenzen.
68
b) Der Arbeitgeberin ist einzuräumen, dass § 10.3 ERA-TV nur von einer "Überprüfung der Einstufung in der Paritätischen Kommission" spricht. Den Begriff der
Einstufung selbst regelt der ERA-TV nicht, sondern beschreibt diesen lediglich und regelt das Verfahren. § 4.2 Satz 3 ERA-TV legt jedoch fest, dass zur
Einstufung der Arbeitsaufgabe alle übertragenen Teilaufgaben im Rahmen der nachfolgenden Bestimmungen der §§ 5 ff. ERA-TV zu berücksichtigen sind. Unter
der Überschrift "§ 5 Einstufung der Arbeitsaufgabe" sind "Gegenstand der Bewertung und Einstufung" nach § 5.1.1. ERA-TV die Anforderungen der entsprechend
der betrieblichen Arbeitsorganisation übertragenen Arbeitsaufgabe. Danach lässt sich eine trennscharfe Verwendung des Begriffes der Einstufung im
tarifvertraglichen Sprachgebrauch nicht feststellen.
69
c) Jedoch ergibt sich aus dem tarifvertraglichen Gesamtzusammenhang, dass nach § 7.3.1 Abs. 2 ERA-TV auch die Paritätische Kommission im
Reklamationsverfahren die Überprüfung der Beschreibung der Arbeitsaufgabe hinsichtlich ihrer Übereinstimmung mit der übertragenen Arbeitsaufgabe und ggfs. die
Überarbeitung der Beschreibung verlangen kann. Die Geltendmachung eines derartigen Verlangens setzt jedoch eine entsprechende Prüfungskompetenz der
Paritätischen Kommission voraus.
70
aa) § 10 ERA-TV enthält zwar vom Einstufungsverfahren abweichende Regelungen hinsichtlich der Reklamation durch die Beschäftigten oder den Betriebsrat.
Er enthält jedoch keine Sonderregelungen über die Durchführung und Reichweite des Verfahrens in der Paritätischen Kommission. Vielmehr verweist § 10.4
ERA-TV insoweit auf die Regelungen im Einstufungsverfahren. Im Ausgangspunkt hat danach die Paritätische Kommission im Reklamationsverfahren die
gleichen Kompetenzen und das gleiche Verfahren zu beachten wie im Einstufungsverfahren. Dafür spricht auch § 7.1 ERA-TV, wonach eine "Paritätisch
besetzte Einstufungs- bzw. Reklamationskommission" gebildet wird, die im Folgenden begrifflich unter dem Oberbegriff Paritätische Kommission gefasst wird.
Eine weitere Differenzierung findet zwischen Einstufungs- und Reklamationskommission nicht statt. Danach gilt § 7.3.1 ERA-TV auch für das
Reklamationsverfahren in der Paritätischen Kommission. So kann jede Seite der Paritätischen Kommission unter Angabe von Gründen vom Arbeitgeber die
Überprüfung der Beschreibung der Arbeitsaufgabe hinsichtlich ihrer Übereinstimmung mit der übertragenen Arbeitsaufgabe und ggfs. die Überarbeitung der
Beschreibung verlangen. Dies setzt bereits denklogisch voraus, dass sich die Mitglieder der Paritätischen Kommission insgesamt mit der Frage
auseinanderzusetzen haben, ob die beschriebene Arbeitsaufgabe mit der tatsächlich übertragenen Arbeitsaufgabe übereinstimmt. Denn nur auf der Grundlage
einer derartigen Überprüfung kann die Paritätische Kommission oder eine Seite der Paritätischen Kommission ein entsprechendes Verlangen geltend machen.
71
bb) Gegenstand der Überprüfung ist die im Rahmen der Arbeitsorganisation übertragene Aufgabe, denn diese ist nach § 5.1.1 ERA-TV auch Gegenstand der
Bewertung der Arbeitsaufgabe. Dies spricht dafür, dass den Tarifvertragsparteien nicht der übereinstimmende Wille unterstellt werden kann, dass die
Bewertung und Einstufung der Arbeitsaufgabe ggf. auf einer unzutreffenden oder lückenhaften Beschreibung der Arbeitsaufgabe durch den Arbeitgeber beruhen
soll. Das gesamte Verfahren der Einstufung und Bewertung ist darauf angelegt, den innerbetrieblichen Sachverstand nutzbar zu machen und die Nähe der
Mitglieder der Paritätischen Kommission zum betrieblichen Geschehen und die daraus erwachsene Sachkenntnis zu verwerten (vgl. LAG Baden-Württemberg
02.02.2009 - 4 TaBV 1/09 - Rz. 96). Gerade deshalb kann nicht angenommen werden, dass die Tarifvertragsparteien übereinstimmend wollten, dass die ganze
Durchführung des Bewertungs- und Einstufungsverfahrens letztlich nur auf einer virtuellen Grundlage erfolgen soll und nicht die tatsächlich ausgeübte
Arbeitsaufgabe bewertet werden soll (vgl. ArbG Stuttgart - Kn. Ludwigsburg 26 BV 44/05). Dem steht auch § 3.2.3 ETV ERA nicht entgegen, da sich die
Reklamation des Betriebsrates gerade auf den zugelassenen Einwand bezieht, dass die dass die im Rahmen der festgelegten Arbeitsorganisation ausgeführte
Arbeitsaufgabe nicht der bewerteten Arbeitsaufgabe entspricht.
72
cc) Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin ist damit ein Eingriff in das Direktionsrecht des Arbeitgebers nicht verbunden. Bei der Überprüfung der
tatsächlich ausgeübten Arbeitsaufgaben handelt es sich um Tatsachenfeststellung. Auch soweit es ggf. um die Frage geht, ob bestimmte Teilaufgaben
wertigkeitsprägend sind handelt, es sich um Tatsachenfeststellungen, auch wenn wertende Überlegungen einfließen mögen (vgl. LAG Baden-Württemberg,
2.2.2009 - 4 TaBV 1/09 - Rz. 93). Der Paritätischen Kommission steht kein Weisungsrecht zu, sie kann ein solches auch nicht ausüben, sondern lediglich
deskriptiv feststellen, welche Arbeitsaufgaben der Arbeitnehmer tatsächlich ausführt und wertend feststellen, ob diese für die Bewertung und Einstufung der
Arbeitsaufgabe insgesamt wertigkeitsprägend sind.
73
Danach hat entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin die Paritätische Kommission bei Überprüfung der Übereinstimmung der tatsächlich ausgeübten
Arbeitsaufgabe der beschriebenen Arbeitsaufgabe auch keine Definitionsmacht über den Inhalt der Arbeitsaufgabe, sondern lediglich über deren vollständige
Erfassung und Bewertung.
74
dd) Für dieses Auslegungsergebnis spricht auch, dass die Parteien das Bewertungs- und Einstufungsverfahren insgesamt so ausgestaltet haben, dass eine
Beteiligung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 BetrVG wegen einer Ein- oder Umgruppierung nicht stattfindet (vgl. LAG Baden-Württemberg 16.01.2009 - 5
TaBV 2/08 - und 02.02.2009 - 4 TaBV 1/09). Vor diesem Hintergrund kann nicht angenommen werden, dass die Feststellung der tatsächlich ausgeübten
Arbeitsaufgabe allein dem Arbeitgeber übertragen sein soll und der Überprüfung durch die Paritätische Kommission entzogen sein soll.
III.
75 Dagegen ist der Antrag Ziffer 2 unbegründet und deshalb zurückzuweisen.
76 1. Soweit man den Antrag seinem Wortlaut entsprechend darauf reduziert, dass die Arbeitgeberin verpflichtet werden soll, den von ihr entsandten Mitglieder der
Paritätischen Kommission eine Weisung zu erteilen, ist der Antrag hinreichend bestimmt und vollstreckbar, weil die Handlungspflicht der verpflichteten Arbeitgeberin
hinreichend bestimmt ist. Darauf, ob der Inhalt der Weisung hinreichend bestimmt wäre, käme es danach nicht an.
77 2. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Der Betriebsrat hat keinen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeberin dem von ihm in die Paritätische Kommission entsandten
Mitgliedern bestimmte Weisungen erteilt. Eine Anspruchsgrundlage hierfür ist nicht ersichtlich. Der Betriebsrat bedarf einer derartigen Verpflichtung der
arbeitgeberseitig entsandten Mitglieder der Paritätischen Kommission auch nicht.
78 Verweigern diese Mitglieder der Paritätischen Kommission eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Reklamationen, kommt eine Einigung nicht zustande, so dass
jeweils die nächste "Eskalationsstufe des Reklamationsverfahrens durchzuführen ist, danach tritt zunächst die erweiterte Paritätische Kommission zusammen und
soweit dort eine einheitliche oder mehrheitliche Meinung nicht zustande kommt, wird die Schiedsstelle gebildet. Soweit der Betriebsrat im Rahmen der Anhörung vor
der Kammer am 10.3.2009 geäußert hat, er befürchte, dass der Arbeitgeber in die erweiterte Paritätische Kommission keine Mitglieder entsenden werde, handelt es
sich um Mitwirkungspflichten des Arbeitgebers in einem Verfahrensstadium, das noch nicht erreicht ist. Im Übrigen wird ein derartiges mögliches Verhalten der
Arbeitgeberin von dem Antrag nicht unterbunden.
79 Nach alledem war der Antrag zurückzuweisen.
IV.
80 In diesem Verfahren werden nach § 2 Abs. 2 GKG Kosten nicht erhoben.