Urteil des ArbG Stuttgart vom 19.02.2002
ArbG Stuttgart: befristung, realschule, beamtenverhältnis, überwiegendes interesse, schüler, unterricht, arbeitsbedingungen, zusage, probezeit, betrug
ArbG Stuttgart Urteil vom 19.2.2002, 20 Ca 1748/01
Probearbeitsverhältnis
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 06.09.2001 fortbesteht.
2. Das beklagte Land wird verurteilt, die Klägerin über den 06.09.2001 als Lehrerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
3. Das beklagte Land trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Streitwert: DM 9.900,00 (EUR 5.061,79).
Tatbestand
1
Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis als "Probearbeitsverhältnis" wirksam befristet wurde.
2
Die Klägerin ist am 29.03.1961 geboren und als Alleinverdienerin gegenüber einem Kind (ca. 6 Jahre) unterhaltsverpflichtet. Sie hat ein
pädagogisches Studium in den Fächern Deutsch, Geschichte und Sport erfolgreich abgeschlossen.
3
Die Klägerin war beim beklagten Land als Lehrerin mit folgenden befristeten Arbeitsverträgen beschäftigt:
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a) Für den Zeitraum von 09.10.1995 bis 31.01.1996 wurde sie mit einem allgemeinen Unterrichtsauftrag bei der Elly-Heuss-Knapp-Realschule,
L., beschäftigt. Der befristete Arbeitsvertrag vom 12.10.1995 gab als Befristungsgrund "Krankheitsstellvertretung" an (Bl. 14 d.A.). Das
Unterrichtsdeputat betrug 20 Wochenstunden (bei einem Regelstundenmaß von 27 Stunden für Vollzeitbeschäftigte).
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b) Für den Zeitraum von 01.02.1996 bis 24.07.1996 wurde die Klägerin mit einem erneuten befristeten Arbeitsvertrag als
Krankheitsstellvertretung in der Elly-Heuss-Knapp-Realschule, L., beschäftigt. Sie erbrachte allgemeine Unterrichtstätigkeit mit einem
Wochendeputat von 14 Stunden.
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Der Schulleiter der Elly-Heuss-Knapp-Realschule erstellte für den Zeitraum von 09.10.1995 bis 28.06.1996 eine Probezeitbeurteilung über
die Leistungen der Klägerin (Bl. 72-76 d.A.).
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c) Für den Zeitraum von 06.02.1998 bis 03.04.1998 wurde die Klägerin befristet als Krankheitsstellvertreterin in der Realschule R. beschäftigt.
Sie hatte einen allgemeinen Unterrichtsauftrag mit einem Deputat von 6 Wochenstunden (Bl. 16 d.A.).
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d) Für den Zeitraum von 04.04.1998 bis 29.07.1998 wurde ein weiterer befristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen, der eine Tätigkeit der Klägerin
als Krankheitsstellvertreterin in der Realschule R. mit 6 Unterrichtsstunden wöchentlich vorsah (Bl. 18 d.A.).
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e) Für den Zeitraum von 24.03.1998 bis 29.07.1998 wurde die Klägerin befristet für die Realschule B. mit einem Unterrichtsdeputat von 10
Wochenstunden eingestellt. Die Klägerin hatte einem im Krankenhaus befindlichen Schüler Hausunterricht zu erteilen (Bl. 17 d.A.).
10 f) Für den Zeitraum von 28.09.1998 bis 28.07.1999 wurde ein befristeter Arbeitsvertrag mit einem Unterrichtsdeputat von 10 Wochenstunden
abgeschlossen. Die Klägerin hatte, wie bereits im vorangegangenen Schuljahr, den erkrankten, im Krankenhaus befindlichen Schüler der
Realschule B. in Form des Hausunterrichts zu unterrichten (Bl. 19 d.A.).
11 g) Für den Zeitraum von 05.05.1999 bis 28.07.1999 wurde die Klägerin im Rahmen eines befristeten Arbeitsvertrages mit einem allgemeinen
Unterrichtsauftrag und 8 Unterrichtsstunden wöchentlich bei der Elly-Heuss-Knapp-Realschule, L., beschäftigt (Bl. 20 d.A.).
12 h) Am 08.09.2000 schlossen die Parteien einen befristeten Arbeitsvertrag für den Zeitraum von 08.09.2000 bis 06.09.2001 mit einem
allgemeinen Unterrichtsauftrag an der Realschule Sch. und einem Unterrichtsdeputat von 14 Wochenstunden ab (Bl. 11 d.A.). Als
Befristungsgrund wurde "Probearbeitsverhältnis" angegeben. Ferner gab das beklagte Land bei Vorliegen der beamtenrechtlichen
Voraussetzungen die Zusage, zum einheitlichen Einstellungstermin im Sommer 2001 in das Beamtenverhältnis übernommen zu werden.
13 Mit Schreiben vom 09.08.2001 teilte das beklagte Land -- Oberschulamt S. -- der Klägerin mit, dass eine Übernahme in das Beamtenverhältnis
nicht in Betracht komme und der Arbeitsvertrag am 06.09.2001 ablaufe (Bl. 12 f. d.A.).
14 Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor der Kammer befand sich die Klägerin nach ihren Angaben als Lehrerin in einem befristeten
Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Land -- Oberschulamt F. --.
15 Die Klägerin trägt vor,
16 die Befristung des am 08.09.2000 abgeschlossenen Arbeitsvertrages sei unwirksam. Es habe einer erneuten Erprobung der Klägerin nicht
bedurft. Das beklagte Land habe ausreichend Gelegenheit zur Beurteilung gehabt und solche Beurteilungen auch vorgenommen. Zumindest
hätte eine Probezeit von 6 Monaten ausgereicht, so dass eine einjährige Probezeit sachlich nicht gerechtfertigt sei.
17 Die Klägerin beantragt:
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1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis über den 06.09.2001 fortbesteht.
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2. Das beklagte Land wird verurteilt, die Klägerin über den 06.09.2001 zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
20 Das beklagte Land beantragt:
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Klageabweisung.
22 Das beklagte Land trägt vor,
23 die Klägerin hätte aufgrund ihrer Examensnote nicht in den Schuldienst übernommen werden können. Aufgrund ihrer persönlichen Situation
(alleinerziehend) sei sie als sozialer Härtefall nach Ziff. 4 der Verwaltungsvorschrift vom 05.07.2000 zur Einstellung von Lehramtsbewerberinnen
und Lehramtsbewerbern (Bl. 36 ff., 39 d.A.) einzustufen. Im Rahmen des befristeten Arbeitsverhältnisses habe sie die Gelegenheit erhalten
sollen, ihre Eignung, die sie durch die Examensnote nicht habe vorweisen können, zu beweisen. Es habe daher durchaus ein sachlicher Grund
für die Befristung des Arbeitsvertrages vom 08.09.2000 gegeben. Der Erprobungszeitraum habe nicht auf 6 Monate beschränkt werden können,
da wegen der vielen Ferienzeiten und aufgrund dessen, dass manche Aufgaben erst zum Schuljahrsende anfallen, eine sinnvolle Beurteilung
nicht möglich gewesen sei. Als Erprobungszeit habe daher ein Schuljahr zugrunde gelegt werden müssen.
24 Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Inhalt der zwischen
den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
25 Eine Beweisaufnahme fand nicht statt.
Entscheidungsgründe
26 Die Klage ist zulässig und begründet.
27
Klageantrag Ziff. 1
28 Der Klageantrag Ziff. 1 ist zulässig und begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien wurde aufgrund der Befristung im Arbeitsvertrag vom
08.09.2000 nicht beendet. Es besteht als unbefristetes Arbeitsverhältnis fort.
I.
29 Der Klageantrag ist zulässig. Der als allgemeiner Feststellungsantrag formulierte Klageantrag ist dahin zu verstehen, dass die Klägerin gem. § 17
Satz 1 TzBfG die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aufgrund der Befristung zum 06.09.2001 nicht beendet
wurde. Einen über diesen punktuellen Streitgegenstand hinausgehenden, weitergehenden Feststellungsantrag wollte die Klägerin ersichtlich
nicht stellen.
II.
30 Der Klageantrag ist begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat durch die vereinbarte Befristung zum 06.09.2001 nicht geendet. Die
Befristung ist rechtsunwirksam.
31 1. Der vereinbarte Fristablauf war Donnerstag, der 06.09.2001. Mit der am 27.09.2001 bei Gericht eingegangenen Entfristungsklage hat die
Klägerin die Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG gewahrt.
32 2. Die Befristung des Arbeitsvertrages vom 08.09.2000 ist sachlich nicht gem. § 14 Abs. 1 Nr. 5 TzBfG, Nr. 1, Protokollnotiz Nr. 1 der
Sonderregelungen für Zeitangestellte, Angestellte für Aufgaben von begrenzter Dauer und für Aushilfsangestellte (SR 2 y BAT) sachlich
gerechtfertigt. Die Voraussetzungen für den Abschluss eines Probearbeitsverhältnisses waren nicht gegeben.
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a) Nach § 14 Abs. 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrages zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein
sachlicher Grund liegt u.a. vor, wenn die Befristung zur Erprobung erfolgt (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 5 TzBfG). Auf einen solchen
Befristungsgrund hat sich das beklagte Land berufen und diesen im schriftlichen Arbeitsvertrag kenntlich gemacht. Bei der Befristung zur
Erprobung handelt es sich um einen Sachgrund im Sinne der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2 y BAT.
34
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Kammer folgt, rechtfertigt die Erprobung eines Arbeitnehmers
grundsätzlich die Befristung eines Arbeitsverhältnisses; an einem vernünftigen Grund für die Erprobung fehlt es nur dann, wenn der
Arbeitnehmer bereits ausreichende Zeit bei dem Arbeitgeber mit den nunmehr von ihm zu erfüllenden Aufgaben beschäftigt war und der
Arbeitgeber die Fähigkeiten des Arbeitnehmers deshalb voll beurteilen konnte (vgl. BAG Urteil vom 31.08.1994 -- 7 AZR 983/93 = AP Nr.
163 zu § 620 BGB befristeter Arbeitsvertrag; Urteil vom 12.02.1981 -- 2 AZR 1108/78 = AP Nr. 1 zu § 5 BAT). Liegt ein solcher
vernünftiger Grund für die Erprobung nicht vor, so ist eine Befristung des Arbeitsverhältnisses nicht möglich, so dass dieses, wenn keine
anderen Befristungsgründe greifen, unbefristet fortbesteht (§ 16 TzBfG). Ist ein Grund zur Erprobung gegeben, so bedarf die Dauer der
Befristung für sich allein keiner sachlichen Rechtfertigung. Die gewählte Vertragsdauer muss nicht stets mit der Dauer des Sachgrundes
für die Befristung (Erprobung) übereinstimmen. Sie muss sich allerdings am Befristungsgrund orientieren und mit ihm derart in Einklang
stehen, dass hier nichts gegen das Vorliegen eines sachlichen Grundes spricht (BAG Urteil vom 31.08.1994, aaO; Urteil vom 15.03.1989
-- 7 AZR 264/88 = AP Nr. 126 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Das Bundesarbeitsgericht hat in der zitierten Entscheidung vom
31.08.1994 eine Erprobungszeit von einem Schuljahr für den Fall akzeptiert, dass das Land in sozialen Härtefällen mit Lehrern, deren
Examensnote für eine Übernahme in den Schuldienst des Landes nicht ausreicht, einen befristeten Arbeitsvertrag für die Dauer eines
Jahres abschließt und zusagt, die Lehrer nach Vertragsablauf im Falle der Eignung in das Beamtenverhältnis zu übernehmen. Nach der
Ansicht des Bundesarbeitsgerichts bietet eine Erprobungszeit von einem Schuljahr einen Gesamtüberblick über die Leistungen des
Lehrers und gewährleistet einen kontinuierlichen Unterricht für die Schüler.
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b) Nach der Ansicht der Kammer war zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses kein nachvollziehbarer Grund für eine erneute Erprobung der
Klägerin gegeben. Jedenfalls hat das beklagte Land insoweit die Gründe für eine (erneute) Erprobung der Klägerin nicht schlüssig
dargelegt.
36
aa) Die Klägerin war (im Rahmen zweier aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge) von 09.10.1995 bis 24.07.1996 als Lehrerin
mit einem allgemeinen Unterrichtsauftrag an der Elly-Heuss-Knapp-Realschule in L. eingesetzt. Ihr Unterrichtsdeputat betrug zunächst
20 Wochenstunden, ab 01.02.1996 14 Wochenstunden (bei einem Volldeputat von 27 Wochenstunden). Der Schulleiter der Elly-Heuss-
Knapp-Realschule erstellte am 13.07.1996 eine dienstliche Beurteilung über die Leistungen der Klägerin für das Schuljahr von
09.10.1995 bis 28.06.1996 und bezeichnete diese Beurteilung als "Probezeitbeurteilung" (Bl. 72-76 d.A.). In dieser Beurteilung kommt
nirgendwo zum Ausdruck, dass die Schulleitung Probleme hatte, die Leistungen der teilzeitbeschäftigten Klägerin zu beurteilen. Aus der
dienstlichen Beurteilung ist klar ersichtlich, dass sich der Schulleiter einen Gesamtüberblick über die Leistungen der Klägerin während
des abgeschlossenen Schuljahres verschafft hatte und damit eine ausreichende Tatsachengrundlage hatte, um die Befähigung und
Leistung der Klägerin im Einzelnen einzuschätzen.
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Das beklagte Land ist auf diese dienstliche Beurteilung vom 13.07.1996 nicht eingegangen. Insbesondere hat es nicht dargelegt, zu
welchen Leistungs- oder Befähigungsmerkmalen ein weiterer Nacherprobungsbedarf bestehen sollte. Insgesamt hatte das beklagte
Land bereits nach diesem ersten Schuljahr die Gelegenheit, die Leistungen und Befähigung der Klägerin als Lehrerin zu beurteilen
und hat dieses auch getan. Dabei ist es unerheblich, dass die Klägerin nicht zum Zwecke der Erprobung eingestellt worden war.
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bb) Es schlossen sich vier weitere befristete Arbeitsverträge an. Soweit die Klägerin von 24.03.1998 bis 28.07.1999 (zwei befristete
Arbeitsverträge) Hausunterricht bei einem erkrankten Schüler der Realschule B. durchführte, ermöglicht allein diese Tätigkeit noch keine
abschließende Bewertung der Leistungen und Befähigung der Klägerin zur Schullehrerin. In der mündlichen Verhandlung war
unstreitig, dass der Hausunterricht eines erkrankten Kindes einen anderen pädagogischen Schwerpunkt hat als der reguläre Unterricht
in einer Schulklasse. Dementsprechend hat das beklagte Land nach seinen Angaben für den Hausunterricht auch keine Benotung
abgegeben (Bl. 80 f. d.A.). Allerdings hatte auch hinsichtlich dieses Hausunterrichts die Schulleiterin eine Rückkoppelung mit den Eltern
des erkrankten Kindes, so dass sie sich einen Eindruck von der Tätigkeit der Klägerin verschaffen konnte.
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Die Klägerin war aber darüber hinaus bei der Realschule R. von 06.02.1998 bis 29.07.1998 (zwei befristete Arbeitsverträge) mit
einem allgemeinen Unterrichtsauftrag von sechs Unterrichtsstunden beschäftigt. Hinzu trat für den Zeitraum von 05.05.1999 bis
28.07.1999 ein weiterer allgemeiner Unterrichtsauftrag im Umfang von acht Wochenstunden bei der Realschule L. .... Hinsichtlich
dieser Tätigkeiten hatte das beklagte Land wiederum ausreichend Gelegenheit, die Leistungen und die Befähigung der Klägerin als
Lehrerin im allgemeinen Unterricht zu beurteilen. Der Umstand, dass die Klägerin nur Teilzeit beschäftigt war, ändert hieran nichts.
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c) Damit kann die Kammer zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages vom 08.09.2000 keinen nachvollziehbaren Grund für eine erneute
Erprobung der Klägerin erkennen. Ein solcher Grund ergibt sich auch nicht aus der Zusage der Übernahme in das Beamtenverhältnis bei
Vorliegen der beamtenrechtlichen Voraussetzungen. Insoweit hat das beklagte Land nicht dargelegt, welche zusätzlichen Informationen
über Leistungen und Befähigung der Klägerin erforderlich waren, um über eine Übernahme als Beamtin entscheiden zu können. Die
fachliche Tätigkeit einer angestellten Lehrerin unterscheidet sich nicht von der einer beamteten Lehrerin. Zwar sieht die
Verwaltungsvorschrift des beklagten Landes vom 05.07.2000 in Ziff. 4 (Bl. 39 d.A.) vor, dass unter bestimmten Voraussetzungen auch solche
Lehrer in das Beamtenverhältnis übernommen werden können, die an sich die maßgebende Examensnote nicht erreichen. Nach Ziff. 4.3 der
Verwaltungsvorschrift sollen Bewerber in sozialen Härtefällen zunächst nur befristet für die Dauer eines Jahres eingestellt werden mit der
Zusage, dass sie bei Vorliegen der beamtenrechtlichen Voraussetzungen danach in das Beamtenverhältnis übernommen werden. Mit dieser
verwaltungsinternen Regelung sollte jedoch kein eigenständiger Befristungsgrund gesetzt werden, was rechtlich ohnehin nicht möglich ist.
Auch die Befristung eines Arbeitsverhältnisses aufgrund der Ziff. 4.3 der Verwaltungsvorschrift setzt das Vorliegen eines sachlich
gerechtfertigten Befristungsgrundes voraus. Dieser wird in der Regel in der Erprobung des Mitarbeiters liegen, muss es aber nicht.
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Damit war erforderlich, dass das beklagte Land die von ihm in der mündlichen Verhandlung als "zweite Chance" bezeichnete erneute
Erprobung der Klägerin näher erläutert. Es hätte dargelegt werden müssen, welche fachlichen Informationen über die Leistungen und
die Befähigung der Klägerin über die bisherigen Informationen hinaus erforderlich waren, um eine Übernahme in das
Beamtenverhältnis beurteilen zu können. Möglicherweise gab es ein Qualifizierungskonzept, um die Klägerin für die Übernahme in ein
Beamtenverhältnis zu qualifizieren. In Ermangelung eines Sachvortrags hierzu muss die Kammer indessen davon ausgehen, dass das
beklagte Land im Zeitraum von 09.10.1995 bis 08.09.2000 ausreichend Gelegenheit hatte, die fachliche Qualifikation der Klägerin in der
Praxis zu beurteilen. Für eine erneute Erprobung bestand daher keine Veranlassung.
42 3. Da die Befristung rechtsunwirksam ist, gilt der befristete Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen (§ 16 Satz 1 TzBfG).
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Klageantrag Ziff. 2
44 Das beklagte Land ist verpflichtet, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits zu unveränderten Arbeitsbedingungen
weiterzubeschäftigen.
45 Dies folgt aus der grundsätzlichen Verpflichtung des Arbeitgebers nach §§ 611, 613 i.V.m. § 242 BGB, Art. 1 und 2 GG, seinen Arbeitnehmer auf
Verlangen vertragsmäßig zu beschäftigen (vgl. BAG, Großer Senat, Beschluss vom 27.2.1985 -- GS 1/84, AP Nr. 14 zu § 611 BGB
Beschäftigungspflicht). Im Rahmen der über den Zeitraum ab Zugang der Kündigungserklärung hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des
Kündigungsrechtsstreits zu treffenden Abwägung des Beschäftigungsinteresses der Klägerin und des Interesses des beklagten Landes an
Nichtbeschäftigung ist zu berücksichtigen, daß mit der vorliegenden Entscheidung ein die Unwirksamkeit der Befristung feststellendes
erstinstanzliches Urteil ergeht. Damit kann die Ungewissheit des Prozessausgangs ein überwiegendes Interesse des beklagten Landes an der
Nichtbeschäftigung nicht mehr begründen. Da keine zusätzlichen Umstände für das Nichtbeschäftigungsinteresse des beklagten Landes
gegeben sind, überwiegt das Interesse der Klägerin an der Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsprozesses
(vgl. BAG, Großer Senat, aaO).
46
Nebenentscheidungen
47 Als unterliegende Partei trägt das beklagte Land die Kosten des Rechtsstreits (§§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO).
48 Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 61 Abs. 1, 12 Abs. 7 ArbGG, wobei ein Vierteljahresverdienst festgesetzt wurde.
49 Eine Entscheidung über die Zulassung der Berufung gem. § 64 Abs. 3 ArbGG ist nicht geboten, da die Berufung bereits kraft Gesetzes statthaft ist
(§ 64 Abs. 2 c ArbGG).
50 D.Vorsitzende:
51 Dr. Witt