Urteil des ArbG Solingen vom 04.04.2008
ArbG Solingen: krankenschwester, diabetes mellitus, arbeitsentgelt, arbeitsgemeinschaft, orthopädie, medizinisches gutachten, juristische person, verfügung, gynäkologie, vergütung
Arbeitsgericht Solingen, 5 Ca 2123/07 lev
Datum:
04.04.2008
Gericht:
Arbeitsgericht Solingen
Spruchkörper:
5. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 Ca 2123/07 lev
Schlagworte:
Annahmeverzugslohn, fehlende Leistungsfähigkeit, leidensgerechter
Arbeitsplatz
Normen:
§ 615 BGB
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
xxxxxxxxxxxxxxxx
Tenor:
1.Die Klage wird abgewiesen.
2.Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
3.Der Streitwert wird auf € 25.432,55 festgesetzt.
Tatbestand:
1
Die Parteien streiten über Ansprüche der Klägerin auf Annahmeverzugslohn.
2
Die am 13. September 1964 geborene Klägerin ist seit dem 01.04.2002 bei der
Beklagten als Krankenschwester zu einem Bruttomonatsentgelt von zuletzt 2.579,23 €
beschäftigt. Bis Mitte 2006 war die Klägerin vollschichtig in der
Orthopädie/Unfallchirurgie der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden
die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtung des Deutschen
Caritasverbandes/AVR) kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung.
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Die Klägerin, die einen Grad der Behinderung von 70 hat, leidet ausweislich des
Attestes des sie behandelnden Arztes Herrn Dr. G. vom 04.09.2006 an Hyperthonie,
Retinopathie, Nephropathie, chronische Polyarthritis und Diabetes (Blatt 9 der Akte).
Weiter enthält dieses Attest folgende Feststellungen:
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„Bei der Patientin wären aus medizinischer Sicht aufgrund der intensivierten
Insulintherapie Pausen für regelmäßige Blutzuckermessungen und
Nahrungsaufnahme erforderlich. Nachtschichten sollten vermieden werden. Aus
orthopädischer Sicht sollten langes Stehen, Bücken, Zwangshaltungen des
Körpers und Tragen von schweren Lasten vermieden werden. Bei der jetzigen
Beschäftigung der Patientin können diese Bedingungen nicht erfüllt werden, akute
Diabeteskomplikationen drohen (z.B. Hypoglykämie). Es entsteht ein höheres
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Risiko für die Progression der Folgeschäden. Wir befürworten, dass die Patientin
auf eine leichtere Stelle versetzt wird. […]“
Aus einem weiteren ärztlichen Attest vom 10.08.2006 geht hervor, dass aufgrund der
Diabeteserkrankung der Klägerin ein kalkulierbarer Arbeitsablauf wichtig ist, um
Unterzuckerungen vorzubeugen (Blatt 10 der Akte).
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Auch die betriebsärztliche Untersuchungsstelle der Beklagte kam in ihrem Bericht vom
20.10.2006 zu dem Ergebnis, dass der derzeitige Arbeitsplatz der Klägerin aus
arbeitsmedizinischer Sicht nicht geeignet sei und die Wiederaufnahme der Arbeit an
einem anderen Arbeitsplatz unbedingt nach dem Hamburger Modell stufenweise bis zur
Vollschichtigkeit erfolgen solle (Blatt 11 der Akte). Die Klägerin könne nur in Bereichen
eingesetzt werden, wo längeres Stehen, Bücken, Zwangshaltungen des Körpers und
das Tragen von schweren Lasten vermieden werden kann. Außerdem sollten planbare
Arbeitsabläufe ohne schwere körperliche Arbeit mit geregelten Pausenzeiten zur
Verfügung stehen.
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Die Beklagte setzte sich am 13. und 14.11.2006 mit der in ihrem Haus gebildeten
Mitarbeitervertretung und der Schwerbehindertenbeauftragten zusammen, um
alternative Einsatzmöglichkeiten der Klägerin zu besprechen. Aufgrund der in den
Attesten benannten Einschränkungen ist ein Einsatz der Klägerin auf einer der
Stationen in den von der Beklagten betriebenen Krankenhäusern von den Teilnehmern
als ausgeschlossen angesehen worden.
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Ferner hat das Zentrum für Arbeitsmedizin und Arbeitssicherheit nach einer
Untersuchung der Klägerin mit Schreiben vom 12.02.2007 festgestellt, dass Bedenken
bestehen, die Klägerin an ihrem alten Arbeitsplatz auf der Station
Orthopädie/Unfallstation einzusetzen (Blatt 12 der Akte):
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„Mit Blick auf den individuellen Gesundheitszustand ist vor allem die von der
Mitarbeiterin geschilderte zeitweise erhebliche Stressbelastung an diesem
Arbeitsplatz negativ zu bewerten.
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Grundsätzlich kann Frau W. jedoch aus arbeitsmedizinischer Sicht weiterhin als
Krankenschwester eingesetzt werden, wenn folgende Einschränkungen
berücksichtigt werden:
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1.Keine Nachtschicht
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2.Kein Einzeldienst
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3.Keine Arbeiten unter Zeitdruck
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4.Aus orthopädischer Sicht sollten langes Stehen, Bücken, Zwangshaltungen des
Körpers und Tragen von schweren Lasten vermieden werden.“
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Schließlich traf der Betriebsmediziner Dr. X. in seiner ärztlichen Stellungnahme vom
17.04.2007 folgende Aussagen:
16
„Bei der oben genannten Krankenschwester bestehen vom Grundsatz her zwei
Krankheitsbilder. Die orthopädischen Erkrankungen und die daraus resultierenden
17
Beschwerden bzw. Bescheinigungen von orthopädischen Kollegen reduzieren die
körperliche Belastbarkeit derart, dass Frau W. weder schwere Lasten heben und
tragen darf, noch Arbeiten mit häufigem Bücken, mit längerem Stehen oder
Zwangshaltungen ausführen darf. Dadurch ist die gesamte patientennahe
Versorgung (z.B. direkte Patientenversorgung wie Betten, waschen, Unterstützung
bei der Lagerung etc.) ausgeschlossen. Dies gilt durchgängig für alle Stationen
unseres Hauses, da derartige Arbeiten überall anfallen und allenfalls in der
Häufigkeit unterschiedlich vorkommen.
Die zweite Erkrankung ist der Diabetes mellitus, dessen schwierige Einstellung und
die bereits beobachteten Komplikationen veranlassen, dass Frau W. keinen
Nachtdienst absolvieren kann, immer nur mit mindestens einer zusätzlichen
verantwortlichen Krankenschwester eingesetzt werden kann und nicht unter Stress
bzw. Zeitdruck arbeiten darf.
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Aus orthopädischer Sicht scheidet also der patientennahe Arbeitsanteil der
Krankenschwestertätigkeit aus und von Seiten des Diabetes mellitus wäre ein
Arbeitsplatz zu suchen, der in einem geschützten Bereich patientenfern die oben
genannten Bedingungen erfüllen würde. Ein derartiger Arbeitsplatz steht für eine
Krankenschwester in unserem Hause aus betriebsmedizinischer Sicht nicht zur
Verfügung. Ich sehe daher auch keine Möglichkeit, unter Berücksichtigung der oben
genannten Fakten, Frau W. einen angemessenen Arbeitsplatz zur Verfügung
vorschlagen zu können.“
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Die Klägerin war bis zum 07.01.2007 arbeitsunfähig krank und hatte im Anschluss
Urlaub. In einem Telefonat vom 31.01.2007 teilte die Klägerin der Pflegedirektorin der
Beklagten mit, dass sie am 06.02.2007 ihren Dienst aufnehmen wolle und bat diese, ihr
einen Arbeitsplatz in der gynäkologischen Abteilung zuzuweisen. Unter dem 02.02.2007
teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass eine Dienstaufnahme auf der Grundlage des
arbeitsmedizinischen Attestes vom 20.10.2006 nicht möglich sei und die Klägerin
deshalb Urlaub nehmen solle. In einem weiteren Telefonat vom 05.02.2007 erklärte sich
die Klägerin hiermit nicht einverstanden und wies auf die Möglichkeit hin, auf einem
leidensgerechten Arbeitsplatz mit Hilfe des Integrationsamtes beschäftigt zu werden.
Darauf stellte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 05.02.2007 ohne
Fortzahlung der Vergütung vom Dienst frei. Mit anwaltlichem Schreiben vom 12.02.2007
forderte die Klägerin die Beklagte auf, sie in der gynäkologischen Abteilung
weiterzubeschäftigen.
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Am 16.08.2007 fand eine Arbeitsplatzbegehung im Krankenhaus der Beklagten statt, zu
welcher ein Arbeitsmediziner sowie ein Mitarbeiter des fachtechnischen Dienstes des
Integrationsamtes erschienen waren. Letzterer kommt in dem von ihm unter dem
22.08.2007 erstatteten Gutachten u.a. zu dem Ergebnis, dass es aufgrund der
Erkrankung der Klägerin an Diabetes und je nach Belastungs- und Stresssituation
vorkommen könne, dass die Klägerin ihre Arbeit für eine insulintherapeutische
Anwendung unterbrechen müsse. Es sei nicht immer möglich, bei der Versorgung von
Patienten stets planbare Arbeitsabläufe sicherzustellen. Nicht planmäßige Ereignisse
könnten zu nicht geplanten Arbeitsabläufen bei den Pflegekräften und damit zu erhöhten
Stresssituationen führen. Das Berufbild der Krankenschwester erfordere häufiges
Heben, wobei schweres Heben nicht ausgeschlossen werden könne, sowie ein hohes
Maß an ständiger Bereitschaft. Eine uneingeschränkte Bereitschaft könne durch die
Klägerin nicht immer sichergestellt werden. Ferner wird ausgeführt:
21
„5. Gestaltungsvorschläge
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Als mögliche technische Arbeitshilfen wurde der Einsatz von Patientenliften sowie
die Benutzung eines Notrufsystems für die Betroffene angesprochen. Beide
Hilfsmittel können aus Sicht des Unterzeichners aber nur unter Vorbehalt
Verwendung finden. Patientenlifter sind im täglichen Arbeitsablauf sehr umständlich
in der Handhabung, der Umgang mit den Geräten kostet sehr viel zeit und ist daher
unpraktisch. Es ist daher sehr unwahrscheinlich, dass im täglichen hektischen
Arbeitsalltag die Geräte von der Betroffenen genutzt werden.
23
Ein Notrufsystem für die Pflegekraft ist ebenfalls nicht praktisch einsetzbar.
24
Weitere technische Hilfen können in Bezug auf die hier vorliegenden
Einschränkungen der SBM nicht sinnvoll eingesetzt werden. Eine Umsetzung auf
einen alternativen Arbeitsplatz wäre sinnvoll. Günstig für die Betroffene ist eine
Bürotätigkeit mit nur leichten, körperlich wenig belastenden Arbeiten.
25
Aus fachtechnischer Sicht liegt hier eine sehr deutliche Minderleistung und ein
Bedarf an personeller Unterstützung vor.
26
Eine ML liegt deshalb vor, da die Betroffene keine Arbeiten unter Zeitdruck ausüben
kann. Sie muss von verschiedenen Arbeiten entbunden werden. Außerdem muss
die Betroffene häufig kleinere Pausen einlegen, um der therapeutischen
Insulinanwendung nachkommen zu können.
27
Umfang der ML liegt nach Einschätzung des Unterzeichners bei 50 %.
28
Ein Bedarf an personeller Unterstützung liegt vor, da Frau W. keine schweren
Lasten heben darf, keine Arbeiten in Zwangshaltungen ausüben und nicht lange
stehen darf. Ein Großteil der Patientenversorgung muss daher von den Kollegen
übernommen werden. Die Betroffene kann nur ergänzende leichte Arbeiten wie
Medikamentenversorgung etc. übernehmen.
29
Der Umfang der personellen Unterstützung wird auf über 3 Stunden arbeitstäglich
eingestuft.
30
Zur Sicherung des Arbeitsverhältnisses wird aus fachtechnischer Sicht
vorgeschlagen, beide Leistungen in Kombination an den AG zu gewähren.“
31
In der Folge bot das Integrationsamt der Beklagten zum Ausgleich für die Minderleistung
der Klägerin einen monatlichen Betrag von 585,00 € sowie einen weiteren Betrag von
850,00 € monatlich für eine personelle Unterstützung der Klägerin an. Mit Schreiben
vom 04.12.2007 teilte das Zentrum für Arbeitsmedizin dem örtlichen Integrationsamt mit,
dass die Klägerin aus arbeitsmedizinischer Sicht die Tätigkeit einer Krankenschwester
grundsätzlich ausüben kann unter der Voraussetzung, dass ihr bedarfsorientiert Pausen
für regelmäßige Blutzuckermessungen und ggf. Nahrungsaufnahme gewährt werde
(Blatt 117. der Akte). Diese Mitteilung ging der Beklagten am 12.12.2007 zu und wurde
im Rahmen des von der Beklagten eingeleiteten Verfahrens auf Zustimmung zur
ordentlichen Kündigung am 15.01.2008 erörtert. In der Verhandlung vor dem
Integrationsamt am 15.01.2008 nahm die Beklagte im Hinblick auf die in Aussicht
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gestellten Zahlungen durch das Integrationsamt ihren Antrag auf Zustimmung zurück
und bot der Klägerin an, ab dem 21.01.2008 wieder ihre Tätigkeit als Krankenschwester
in der Orthopädie aufzunehmen. Ein freier Arbeitsplatz auf der gynäkologischen
Abteilung der Beklagten ist nicht vorhanden.
Mit ihrer am 08.03.2007 beim Arbeitsgericht Solingen eingereichten Klage sowie den
weiteren Klageerweiterungen begehrt die Klägerin die Zahlung von Arbeitsentgelt aus
dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs.
33
Sie behauptet, die Beklagte sei verpflichtet, ihr einen leidensgerechten Arbeitsplatz
zuzuweisen, nachdem sie den bisherigen Dienst aus gesundheitlichen Gründen nicht
mehr versehen könne. Ein solcher leidensgerechter Arbeitsplatz finde sich in der
gynäkologischen Abteilung der Beklagten, in welcher sie ihre Tätigkeit unter
Berücksichtigung der gesundheitlichen Einschränkungen verrichten könne. Die
Beklagte habe in der Vergangenheit dem Wunsch einzelner Mitarbeiter entsprochen,
keinen Nachtdienst mehr zu verrichten.
34
Da es sich bei den Arbeitsplätzen in den einzelnen Stationsabteilungen nicht um
Einzelarbeitsplätze handele, spreche die Tatsache, dass die Klägerin keinen
Einzeldienst verrichten dürfe, nicht gegen die begehrte Tätigkeit. Auch die Bedingung,
dass die Klägerin keine Arbeiten unter Zeitdruck verrichten dürfe, stehe einer
Beschäftigung als Krankenschwester nicht entgegen, da die Pflegedienstleitung dafür
zu sorgen habe, dass ein Zeitdruck in Bezug auf die Klägerin nicht entstehe. Sofern
schließlich verlangt wird, dass die Klägerin keine physisch anstrengende Tätigkeit
verrichten dürfe, werde dieser Auflage mit einer Beschäftigung in der Gynäkologie
genüge getan, da die Tätigkeit in dieser Abteilung wesentlich ruhiger, überschaubarer
und körperlicher leichter sei. Das Integrationsamt habe bereits am 22.11.2006 ein
Gespräch mit der Beklagten geführt und einen Vorschlag für eine personelle
Unterstützung gemacht.
35
Die Parteien haben den gestellten Weiterbeschäftigungsantrag aus der Klageschrift vom
05.03.2007 in der Fassung vom 12.12.2007 übereinstimmend für erledigt erklärt.
36
Die Klägerin beantragt zuletzt,
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1.die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Arbeitsentgelt für Februar 2007 in
Höhe von € 2.543,17 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent-punkten über dem
Basiszinssatz seit dem 01.03.2007 abzüglich am 28.02.2007 gezahlter € 403,63
netto zu zahlen.
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2.die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Arbeitsentgelt für März 2007 in Höhe
von € 2.543,17 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent-punkten über dem
Basiszinssatz seit dem 01.04.2007 abzüglich von der Arbeitsgemeinschaft
Leverkusen am 28.02.2007 gezahlter € 861,30 zu zahlen.
39
3.die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Arbeitsentgelt für April 2007 in Höhe
von € 2.543,17 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent-punkten über dem
Basiszinssatz seit dem 01.05.2007 abzüglich von der Arbeitsgemeinschaft
Leverkusen am 30.04.2007 gezahlter € 861,30 zu zahlen.
40
4.die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Arbeitsentgelt für Mai 2007 in Höhe
41
von € 2.543,17 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 01.06.2007 abzüglich von der Arbeitsgemeinschaft
Leverkusen am 31.05.2007 gezahlter € 861,30 zu zahlen.
5.die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Arbeitsentgelt für Juni 2007 in Höhe
von € 2.543,17 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent-punkten über dem
Basiszinssatz seit dem 01.07.2007 abzüglich von der Arbeitsgemeinschaft
Leverkusen am 30.06.2007 gezahlter € 861,30 zu zahlen.
42
6.die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Arbeitsentgelt für Juli 2007 in Höhe
von € 2.543,17 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 01.08.2007 abzüglich von der Arbeitsgemeinschaft
Leverkusen am 31.07.2007 gezahlter € 861,30 zu zahlen.
43
7.die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Arbeitsentgelt für August 2007 in
Höhe von € 2.543,17 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent-punkten über dem
Basiszinssatz seit dem 01.09.2007 abzüglich von der Arbeitsgemeinschaft
Leverkusen am 31.08.2007 gezahlter € 861,30 zu zahlen.
44
8.die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Arbeitsentgelt für September 2007 in
Höhe von € 2.543,17 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent-punkten über dem
Basiszinssatz seit dem 01.10.2007 abzüglich von der Arbeitsgemeinschaft
Leverkusen am 30.09.2007 gezahlter € 782,89 zu zahlen.
45
9.die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Arbeitsentgelt für Oktober 2007 in
Höhe von € 2.543,17 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent-punkten über dem
Basiszinssatz seit dem 01.11.2007 abzüglich von der Arbeitsgemeinschaft
Leverkusen am 31.10.2007 gezahlter € 782,89 zu zahlen.
46
10.die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Arbeitsentgelt für November 2007 in
Höhe von € 4.626,79 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent-punkten über dem
Basiszinssatz seit dem 01.12.2007 abzüglich von der Arbeitsgemeinschaft
Leverkusen am 30.11.2007 gezahlter € 510,75 zu zahlen.
47
11.die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Arbeitsentgelt für Dezember 2007 in
Höhe von € 2.543,17 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent-punkten über dem
Basiszinssatz seit dem 01.01.2008 abzüglich von der Arbeitsgemeinschaft
Leverkusen am 31.12.2007 gezahlter € 782,89 zu zahlen.
48
12.die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Urlaubsgeld für das Jahr 2007 in
Höhe von € 332,34 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent-punkten über dem
Basiszinssatz seit dem 01.08.2007 zu zahlen.
49
13.die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von €
929,40 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
dem 31.01.2008 zu zahlen.
50
Die Beklagte beantragt,
51
die Klage abzuweisen.
52
Sie trägt vor, sie verfüge über keinen leidensgerechten Arbeitsplatz, auf welchem die
Klägerin nach ihren Qualifikationen unter Berücksichtigung ihrer gesundheitlichen
Einschränkungen eingesetzt werden könne. Vielmehr könne die Klägerin aufgrund der
von ihr vorgetragenen Beschwerden, welche auch durch die ärztlichen Atteste bestätigt
wurden, weder in der Orthopädie noch in der Gynäkologie noch in einem anderen
Bereich als Krankenschwester beschäftigt werden, da die geschilderten
Einschränkungen der Erbringung der Arbeitsleistung einer Krankenschwester
entgegenstünden. Ein Anspruch der Klägerin auf Annahmeverzugslohn scheide bereits
deshalb aus, da von einer uneingeschränkten Leistungsfähigkeit der Klägerin als
Krankenschwester nicht ausgegangen werden könne, da die medizinisch attestierten
Leistungseinschränkungen der Klägerin umfassend seien und den Kernbereich der
Leistungen einer Krankenschwester beträfen. Die Klägerin habe nicht nachgewiesen,
dass die Beklagte mit Hilfe des Integrationsamtes einen Arbeitsplatz schaffen könnte,
auf dem die äußerst eingeschränkten Leistungen der Klägerin noch sinnvoll verwertet
werden können. Die Beklagte beschäftige die Klägerin aufgrund einer am 15.01.2008
getroffenen Vereinbarung, wobei es sich bei dem jetzigen Arbeitsplatz der Klägerin
aufgrund der hohen Subventionen durch das Integrationsamt nicht mehr um einen
normalen Arbeitsplatz handele. Diese Leistungen seien der Beklagten erstmals am
15.10.2007 in der 2. Kündigungsverhandlung genannt worden.
53
Die Beklagte habe die Leistungen des Integrationsamtes nicht früher annehmen
können, da der bei der Betriebsbegehung am 16.08.2007 anwesende Arbeitsmediziner
Herr Dr. L. behauptet habe, dass die Klägerin den Eintritt ihrer Unterzuckerung nicht
bemerken würde. Deshalb sei eine ergänzende Stellungnahme des Arbeitsmediziners
eingeholt worden, welche dieser am 04.12.2007 erstattete und welche mit diesem am
15.01.2008 abschließend besprochen worden sei.
54
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
wechselseitigen Schriftsätze sowie auf den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
55
Entscheidungsgründe:
56
Die zulässige Klage ist unbegründet.
57
I.
58
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch gemäß § 615 S. 1 BGB auf
Zahlung der Vergütung für die Zeit vom Februar bis Dezember 2007, da sich die
Beklagte nicht in Annahmeverzug befand.
59
Nach § 615 Satz 1 BGB kann der Verpflichtete für die wegen des Verzugs nicht
geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, wenn der Dienstberechtigte
mit der Annahme der Dienste in Verzug gerät. Die Voraussetzung des Annahmeverzugs
richten sich nach den §§ 293 ff. BGB.
60
a.Der Annahmeverzug scheitert zwar nicht an dem fehlenden grundsätzlich
erforderlichen tatsächlichen Angebot gemäß § 294 BGB beziehungsweise wörtlichen
Angebot gemäß § 295 S. 1 BGB. Gemäß § 294 BGB muss der Schuldner dem
Gläubiger die Leistung so, wie sie zu bewirken ist, tatsächlich anbieten. Gemäß § 295 S.
1 BGB genügt ein wörtliches Angebot des Schuldners, wenn der Gläubiger ihm erklärt
hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung
61
eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist. Ist für die vom Gläubiger vorzunehmende
Handlung wiederum eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, so bedarf es gemäß § 296
S. 1 BGB des Angebots nur, wenn der Gläubiger die Handlung rechtzeitig vornimmt.
Es kann vorliegend offen bleiben, ob die Klägerin überhaupt tatsächlich oder wörtlich
ihre Arbeitskraft angeboten hat, indem sie der Pflegedirektorin der Beklagten in einem
Telefonat vom 31.01.2007 mitteilte, dass sie am 06.02.2007 ihren Dienst aufnehmen
wolle und diese bat, ihr einen Arbeitsplatz in der gynäkologischen Abteilung
zuzuweisen. Denn hiermit begehrte die Klägerin die Beschäftigung auf einem anderen
als dem ihr zugewiesenen Arbeitsplatz, welcher zudem nicht frei war.
62
Ein tatsächliches Arbeitsangebot war gemäß § 296 S. 1 BGB jedoch entbehrlich. Nach
ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Arbeitgeber verpflichtet,
dem Arbeitnehmer einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Lehnt
es der Arbeitgeber ausdrücklich oder konkludent ab, die Arbeitsleistung des
Arbeitnehmers anzunehmen, so gerät er nach § 296 S. 1 BGB auch ohne
Arbeitsangebot in Verzug (BAG, Urteil vom 21.3.1996, 2 AZR 362/95, RzK I 13 b Nr. 30;
LAG Düsseldorf, Urteil vom 23.3.2007, 9 Sa 292/07). Bringt daher ein Arbeitgeber
gegenüber dem Arbeitnehmer zum Ausdruck, er benötige ein medizinisches Gutachten,
aus dem seine Arbeitsfähigkeit hervorgehe, bevor er einer Wiederaufnahme der
Tätigkeit zustimmen könne, so erklärt er damit ausreichend, ohne ein solches Gutachten
den Arbeitnehmer nicht zu beschäftigen. Damit stellt er ihm einen funktionstüchtigen
Arbeitsplatz nicht zur Verfügung und gerät gegebenenfalls ohne die Notwendigkeit
eines tatsächlichen oder wörtlichen Angebots bei Vorliegen der weiteren
Voraussetzungen in den Annahmeverzug (vgl. LAG Düsseldorf, Urteil vom 23.3.2007, 9
Sa 292/07, NZA-RR 2007, 457-459).
63
Die Beklagte hat hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass sie im Februar 2007 nicht
bereit war, der Klägerin einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen,
indem sie die Klägerin ohne Fortzahlung der Vergütung freistellte und es damit
unterließ, die ihr obliegende Zuweisung von Arbeit als kalendermäßig bestimmte
Mitwirkungshandlung gemäß § 296 S. 1 BGB vorzunehmen. Für das Vorliegen der
Voraussetzung des § 296 S. 1 BGB kommt es im Übrigen nicht auf ein etwaiges
Verschulden des Arbeitgebers an.
64
b.Dem Vorliegen eines Annahmeverzugs steht jedoch § 297 BGB entgegen, wonach
der Gläubiger nicht in Verzug gerät, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im
Falle des § 296 BGB zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit nicht in
der Lage ist, die Leistung zu erbringen.
65
Die Klägerin war nämlich in dem Zeitraum Februar bis Dezember 2007 nicht in der
Lage, die ihr obliegende Leistung als Krankenschwester zu erbringen.
66
aa. Entfällt das Leistungsvermögen des Arbeitnehmers, wird die vertraglich geschuldete
Leistung unmöglich. Die Darlegungs- und Beweislast für das Unvermögen des
Arbeitnehmers trägt der Arbeitgeber. Da er über den Gesundheitszustand des
Arbeitnehmers im Annahmeverzugszeitraum regelmäßig keine näheren Kenntnisse hat,
können an seinen Vortrag zum Leistungsunvermögen keine hohen Anforderungen
gestellt werden. Es genügt, wenn er Indizien vorträgt, aus denen auf eine
Arbeitsunfähigkeit geschlossen werden kann. Hat der Arbeitgeber solche Indizien
vorgetragen, ist es Sache des Arbeitnehmers, die Indizwirkung zu erschüttern. Er muss
67
dann dartun, warum aus dem Vortrag des Arbeitgebers nicht auf Leistungsunvermögen
geschlossen werden kann (§ 138 Abs. 2 ZPO). Er kann etwa darlegen, warum die
zugrunde liegenden Erkrankungen keine Aussagekraft für den
Annahmeverzugszeitraum haben oder konkrete Umstände für eine Ausheilung von
Krankheiten beziehungsweise für ein Abklingen der Beschwerden vortragen. Trägt der
Arbeitnehmer dagegen nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gilt die
Behauptung des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer sei auch während des
Verzugszeitraums leistungsunfähig gewesen, gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als
zugestanden (BAG, Urteil vom 05.11.2003, 5 AZR 562/02, zit. n. Juris, Rn. 24).
bb. Die Beklagte hat ausreichende Indizien zum Leistungsunvermögen der Klägerin
vorgetragen. Der Klägerin ist es dagegen nicht gelungen, die Indizwirkung zu
erschüttern, sodass die Behauptung der Beklagten, sie sei während des
Verzugszeitraums leistungsunfähig gewesen, gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als
zugestanden gilt.
68
Aus der Gesamtschau der Atteste ergibt sich, dass die Klägerin nicht mehr in der Lage
ist, die von ihr geschuldete vertragliche Arbeitsleistung als Krankenschwester zu
erbringen.
69
Bereits aus dem ärztlichen Attest vom 04.09.2006 bzw. der Stellungnahme des
Zentrums für Arbeitsmedizin vom 12.02.2007 folgt, dass die von der Klägerin
angebotene Arbeitsleistung aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen nicht der
arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung einer Krankenschwester im Sinne des §
297 BGB entspricht. Sämtliche Atteste kommen nicht nur zu dem Ergebnis, dass die
Klägerin ihre bisherige Tätigkeit als Krankenschwester in der Orthopädie nicht mehr
ausüben kann, da dieser Arbeitsplatz aus arbeitsmedizinischer Sicht nicht geeignet ist,
sondern weisen zudem auf ein höheres Risiko für die Progression von Folgeschäden
bzw. auf mögliche Komplikationen hin. Auch die Klägerin selbst geht bereits in der
Klageschrift davon aus, dass sie ihren Dienst als Krankenschwester in der
Orthopädie/Chirurgie aus gesundheitlichen Gründen nicht versehen kann und beantragt
dementsprechend eine Weiterbeschäftigung als Krankenschwester in der Gynäkologie.
70
cc.Der Annahme der Leistungsunfähigkeit im Sinne von § 297 BGB steht auch nicht das
Argument der Klägerin entgegen, es sei der Beklagten möglich und zumutbar gewesen,
sie im Bereich der Gynäkologie weiterzubeschäftigen.
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Zwar ist ein Arbeitnehmer nicht stets schon dann leistungsunfähig im Sinne von § 297
BGB, wenn er aus Gründen in seiner Person nicht mehr alle Arbeiten verrichten kann,
die zu den vertraglich vereinbarten Tätigkeiten gehören. Ist es dem Arbeitgeber möglich
und zumutbar, dem krankheitsbedingt nur eingeschränkt leistungsfähigen Arbeitnehmer
leidensgerechte Arbeiten zuzuweisen, so ist die Zuweisung anderer nicht
leidensgerechter Arbeiten unbillig. Unterlässt der Arbeitgeber die ihm mögliche und
zumutbare Zuweisung leidensgerechter und vertragsgemäßer Arbeit, so steht die
Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers dem Annahmeverzug des
Arbeitgebers nicht entgegen (BAG, Urteil v. 8.11.2006, 5 AZR 51/06, AP Nr. 120 zu §
615 BGB).
72
Der Beklagten war es jedoch weder möglich noch zumutbar, die Klägerin entsprechend
ihrem Begehren als Krankenschwester in der Gynäkologie weiterzubeschäftigen, da die
gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin einer Beschäftigung als
73
Krankenschwester insgesamt entgegenstehen.
Dies ergibt sich bereits aus dem fachtechnischen Gutachten des Landschaftsverbands
Rheinland vom 22.08.2007, welches im Rahmen des Zustimmungsverfahrens zur
ehemals beabsichtigten personenbedingten Kündigung der Klägerin erstellt wurde und
prüfen sollte, inwieweit die Klägerin bei Einsatz von technischen Hilfen ihre Tätigkeit als
Krankenschwester weiter ausüben kann. Hierbei stellt das Gutachten vom 22.08.2007
zwar zunächst fest, dass die bei der Klägerin zu berücksichtigende Einschränkung,
keine Nachtschicht zu leisten, bereits berücksichtigt worden sei. Allerdings führt das
Gutachten weiter aus, dass es sicherlich vorkomme, dass die Klägerin alleine arbeiten
müsse, da Kollegen sich nicht ständig in unmittelbarer Nähe befinden, um ihr
schnellstmöglich zur Hilfe zu kommen und die Klägerin ihre Arbeit für eine
insulintherapeutische Anwendung je nach Belastungs- und Stresssituation
unterbrechen müsse, obwohl die Klägerin nach den vorgelegten ärztlichen Attesten
keinen Einzeldienst leisten soll, Wenn jedoch nicht gesichert ist, dass die Klägerin nicht
alleine arbeiten muss, kann bereits das ärztliche Erfordernis der Vermeidung von
Einzeldiensten bei einer weiteren Beschäftigung der Klägerin als Krankenschwester
nicht erfüllt werden und steht damit nach Auffassung der Kammer einer Beschäftigung
der Klägerin als Krankenschwester entgegen.
74
Darüber hinaus ist es nach dem Gutachten nicht immer möglich, bei der Versorgung von
Patienten stets planbare Arbeitsabläufe sicherzustellen, sodass nicht planbare
Ereignisse (Notfall, Unfall, etc.) zu erhöhten Stresssituationen führen können. Demnach
kann auch die weitere Voraussetzung für die Beschäftigung der Klägerin als
Krankenschwester, dass die Arbeiten nicht unter Zeitdruck erfolgen dürfen, nicht
gewährleistet werden.
75
Entscheidend gegen eine Beschäftigungsmöglichkeit als Krankenschwester spricht
aber, dass die Tätigkeit als Krankenschwester häufiges Heben erfordert und schweres
Heben nicht ausgeschlossen werden kann. Hierzu ist die Klägerin aber nach den
vorgelegten Attesten nicht mehr in der Lage. Ergänzend stellt der Gutachter fest, dass
durch die Klägerin eine uneingeschränkte Bereitschaft, durch welche sich die Tätigkeit
einer Krankenschwester auszeichnet, nicht immer sichergestellt werden könne. Die
Klägerin ist demnach nicht mehr in der Lage, in der patientennahen Versorgung, welche
den Kernbereich einer Tätigkeit als Krankenschwester darstellt, weiterhin eingesetzt zu
werden.
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Durch den Einsatz von technischen Arbeitshilfen konnten ferner nach diesem Gutachten
die gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin auch nicht kompensiert werden.
Vielmehr ist hiernach die Umsetzung auf eine Bürotätigkeit mit nur leichten, körperlich
wenig belastenden Arbeiten sinnvoll, da technische Arbeitshilfen ebenfalls nicht sinnvoll
eingesetzt werden könnten.
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Im Ergebnis kommt der Gutachter zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin eine sehr
deutliche Minderleistung von 50 % vorliege.
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Nach Auffassung der Kammer ergibt sich aus dem vorgenannten Gutachten, welches
ausdrücklich nicht auf eine Tätigkeit als Krankenschwester in der Orthopädie beschränkt
ist, sondern das gesamte Tätigkeitsfeld unter Berücksichtigung von Hilfsmittel zu Inhalt
hatte, dass einer Weiterbeschäftigung der Klägerin nicht nur 3 von 4 Einschränkungen
(kein Einzeldienst, Arbeiten unter Zeitdruck, orthopädische Beeinträchtigungen)
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entgegenstehen, sodass die Klägerin gar nicht als Krankenschwester von der Beklagten
beschäftigt werden konnte, ohne gegen die ärztlichen Vorgaben zu verstoßen. Vielmehr
entspricht die Leistung der Klägerin einer Minderleistung von 50 %, sodass die Klägerin
nicht in der Lage war, unabhängig von dem Einsatzbereich, als Krankenschwester tätig
zu werden. Eine Minderleistung von 50 % entspricht nach Auffassung der Kammer
jedenfalls nicht der vertraglich geschuldeten Leistung.
dd.Daran ändert auch die Stellungnahme des Arztes für Arbeitsmedizin vom 04.12.2007
nichts. Es ist insoweit von der Klägerin nicht bestritten worden, dass die darin getroffene
Aussage nur eine Klarstellung auf die Frage darstellte, ob und unter welchen
Umständen die Klägerin den Eintritt ihrer Unterzuckerung nicht bemerken würde, ohne
jedoch eine Aussage über die sonstigen gesundheitlichen Einschränkungen der
Klägerin zu treffen.
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ee.Entgegen der Auffassung der Klägerin ändert ferner die Zahlung der von dem
Integrationsamt in Aussicht gestellten Leistungen nichts an der Tatsache, dass die
Klägerin nicht in der Lage war, die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung als
Krankenschwester iSd. § 297 BGB zu erbringen. Denn der Betrag in Höhe von 585,-- €
monatlich wird lediglich deshalb gezahlt, um die Minderleistung der Klägerin
auszugleichen. Die darüber hinaus vom Integrationsamt in Aussicht gestellte Leistung
dient ebenfalls nicht eine behindertengerechten Einrichtung des Arbeitsplatzes, sondern
ausweislich des Gutachtens der Sicherstellung des Bestandes des Arbeitsverhältnisses.
Diese Leistungen dienen mithin in keiner Weise dazu, die Beklagte im Sinne des § 81
Abs. 4 SGB IX in die Lage zu versetzen, einen leidensgerechten, den eingeschränkten
Leistungen der Klägerin entsprechenden Arbeitsplatz zu schaffen und können demnach
auch nicht dazu führen, eine Leistungsfähigkeit der Klägerin herzustellen.
81
Abgesehen davon können die vom Integrationsamt in Aussicht gestellten Leistungen
erst zu dem Zeitpunkt berücksichtigt werden, ab welchem sie gewährt wurden, mithin ab
Januar 2008. Da die Zahlungen zur Sicherung des Bestandes des Arbeitsverhältnisses
gewährt wurden, setzten diese voraus, dass die Beklagte ein Antragsverfahren auf
Zustimmung zur Kündigung einleitete und das Integrationsamt aufgrund der
vorliegenden Informationen zu einer abschließenden Beurteilung des Verfahrens
kommen konnte. Dies war erst in der letzten Verhandlung am 15.01.2008 der Fall,
sodass etwaige Leistungsangebote vor diesem Zeitpunkt nicht zu berücksichtigen
waren.
82
Soweit die Klägerin schließlich behauptet, das Integrationsamt habe bereits am
22.11.2006 ein Gespräch mit der Beklagten geführt und einen Vorschlag einer
personellen Unterstützung gemacht, ist der Vortrag bereits nicht ausreichend
substantiiert. Denn es stellt sich hierbei die Frage, wie die vorgeschlagene personelle
konkrete Unterstützung der Klägerin tatsächlich ausgestaltet sein sollte und welchen
Einfluss diese auf die Leistungsfähigkeit der Klägerin haben sollte.
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Abgesehen davon war die Beklagte berechtigt, ein arbeitsmedizinisches Gutachten
einzuholen, um die Auswirkungen der gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin
auf die Arbeitsleistung und Art und Umfang der konkret benötigten Unterstützung der
Klägerin bestimmen zu können. Unter diesem Gesichtspunkt ist von der Beklagten nicht
zu verlangen gewesen, die Klägerin weiterzubeschäftigen, obwohl über eine mögliche
Förderung der Klägerin noch nicht konkret entschieden war. Gerade im Fortgang des
Verfahrens stellte sich heraus, dass nur eine sehr beschränkte Unterstützung der
84
Klägerin im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen möglich war. Der Grad der
auszugleichenden Minderleistung wurde erst durch das Gutachten des
Integrationsamtes im Rahmen der Betriebsbegehung offensichtlich. Schließlich konnte
die Beklagte erst auf das Angebot des Integrationsamtes eingehen, nachdem feststand,
dass die Klägerin ihre Unterzuckerung bemerken und ihre Diabeteserkrankung
kontrollieren kann. Eine abschließende Klärung dieser Voraussetzungen ist jedoch
unstreitig erst am 15.01.2008 nach Erörterung mit Herrn Dr. L. vom Zentrum für
Arbeitsmedizin erfolgt.
ee.Schließlich ist der Vergütungsanspruch der Klägerin bereits deshalb nicht schlüssig
dargetan worden, da die Klägerin unstreitig in der Zeit von Mai bis Oktober 2007 einer
Aushilfstätigkeit nachgekommen ist, welche sie entgegen § 615 Satz 2 BGB bei der
Geltendmachung des Annahmeverzugslohns unberücksichtigt ließ.
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Demnach hat die Klägerin keinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn für den geltend
gemachten Zeitraum.
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II.
87
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Schadensersatz.
88
Die Beklagte befand sich nicht in Annahmeverzug, da die Klägerin nicht in der Lage
war, die geschuldete Leistung zu erbringen, § 297 BGB (s.o.). Sie konnte die Klägerin
nach den getroffenen medizinischen Feststellungen aufgrund ihrer gesundheitlichen
Einschränkungen auch nicht als Krankenschwester weiterbeschäftigen, weder in der
Orthopädie noch in der Gynäkologie. Darüber hinaus fehlt jeder substantiierte Vortrag
der Klägerin zur haftungsbegründenden und haftungsausfüllenden Kausalität.
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III.
90
Die Klägerin hat schließlich keinen Anspruch auf Urlaubsgeld nach § 6 Abs. 1 der
Anlage 14 AVR, da sie keinen Anspruch auf Vergütung, Urlaubsvergütung oder
Krankenbezüge im Monat Juli 2007 hatte und damit die Anspruchsvoraussetzungen
nach § 61 Abs. 1 Ziffer 3 der Anlage 14 AVR nicht vorliegen.
91
IV.
92
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1, 3, 5 ZPO. Den
Streitwert hat das Gericht gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festgesetzt.
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Rechtsmittelbelehrung
94
Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei
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B e r u f u n g
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eingelegt werden.
97
Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
98
Die Berufung muss
99
innerhalb einer N o t f r i s t* von einem Monat
100
beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 Düsseldorf, Fax:
(0211) 7770 - 2199 eingegangen sein.
101
Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils,
spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung
102
Die Berufungsschrift muss von einem Rechtsanwalt eingereicht werden; an seine Stelle
können Vertreter einer Gewerkschaft oder einer Vereinigung von Arbeitgebern oder von
Zusammenschlüssen solcher Verbände treten, wenn sie kraft Satzung oder Vollmacht
zur Vertretung befugt sind und der Zusammenschluss, der Verband oder deren
Mitglieder Partei sind. Die gleiche Befugnis haben Angestellte juristischer Personen,
deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der zuvor genannten
Organisationen stehen, solange die juristische Person ausschließlich die
Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder der Organisation entsprechend
deren Satzung durchführt.
103
* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
104
Gironda
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