Urteil des ArbG Mönchengladbach vom 18.11.2010

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Arbeitsgericht Mönchengladbach, 4 Ca 2440/10
Datum:
18.11.2010
Gericht:
Arbeitsgericht Mönchengladbach
Spruchkörper:
4. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 Ca 2440/10
Schlagworte:
Entfristungsklage
Normen:
§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 TzBfG
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Der Sachgrund des § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 TzBfG erfodert die Vergütung
des Arbeitnehmers aus Haushaltsmitteln, die mit einer konkreten
Sachregelung auf der Grundlage einer nachvollziehbaren Zwecksetzung
versehen sind. Die für die Vergütung verfügbaren Haushaltsmittel
müssen für eine Aufgabe von nur vorübergehender Dauer vorgesehen
sein (BAG 7. Mai 2008 - 7 AZR 198/07).
Tenor:
1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende
Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der im Arbeitsvertrag vom 26.08.2009
vereinbarten Befristung zum 31.12.2010 beendet wird.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 9.168,84 € festgesetzt.
TATBESTAND
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristung ihres Arbeitsvertrages.
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Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 18. Juni 2007 auf der Grundlage mehrerer
befristeter Arbeitsverträge beschäftigt. Das letzte Bruttomonatsgehalt betrug 3.056,28 €.
Am 18. Juni 2007 schlossen die Parteien einen kalendermäßig bis zum 31.12.2007
befristeten Anstellungsvertrag (Anlage RBJ 1, Bl. 31-32 d. GA). Die Beklagte übertrug
dem Kläger die Tätigkeit eines Arbeitsvermittlers mit Beratungsaufgaben in der B. N.
Geschäftsstelle O. (Bl. 33-34 GA). Gemäß Änderungsvereinbarung vom 12. November
2007 (Anlage RBJ 2, Bl. 35-36 GA) wurde der Kläger bis zum 31. Dezember 2008
kalendermäßig weiter beschäftigt. Am 3. Oktober 2008 schlossen die Parteien einen
weiteren befristeten Arbeitsvertrag bis zum 31. Dezember 2009 (Anl. RBJ 3, Bl. 38-41
GA). Als Befristungsgrund war im Vermerk zum befristeten Arbeitsvertag § 14 Abs. 1 Nr.
3 TzBfG angegeben. Einen letzten befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 01. Januar
2010 bis zum 31. Dezember 2010 schlossen die Parteien am 26. August 2009 (Anlage
3
RBJ 4, Bl. 42-45 GA). In dem Vermerk zum befristeten Arbeitsvertrag (Bl. 45 GA) wird als
Befristungsgrund § 14 Abs. 1 Nr. 8. TzBfG angegeben.
Mit seiner am 13. September 2010 bei Gericht eingegangenen Klage, der Beklagten
zugestellt am 24. September 2010, macht der Kläger die Unwirksamkeit der Befristung
zum 31. Dezember 2010 geltend.
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Der Kläger behauptet, er sei immer als arbeitnehmerorientierter Arbeitsvermittler in der
Abteilung 5. mit Daueraufgaben betreut gewesen. Eine sogenannte Job-to-job-
Vermittlung habe er hingegen nicht durchgeführt. Der Kläger vertritt die Auffassung,
damit genüge die vereinbarte Befristung nicht den Anforderungen an eine wirksame
Befristung i.S. des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8. TzBfG.
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Der Kläger beantragt
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festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht
aufgrund der im Arbeitsvertrag vom 26. August 2009 vereinbarten Befristung zum 31.
Dezember 2010 beendet wird.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat sich im Verlaufe des Rechtsstreits zur Begründung der Prognose eines nur
vorübergehenden Arbeitsanfalls auf den Haushaltsplan der C. für das Haushaltsjahr
2010 (Bl. 68 ff. GA) berufen. Dieser Haushaltsplan wurde am 13. November 2009
aufgestellt, d. h. nach dem Vertragsschluss der Parteien vom 26. August 2009. Erstmals
im Termin zur Verhandlung vor der Kammer am 18. November 2010 hat die Beklagte
erklärt, die Wirksamkeit der Befristung ergebe sich aus dem Haushaltsplan für das Jahr
2009, aufgestellt am 27. Oktober 2008, genehmigt am 17. Dezember 2008, sowie
gemäß Nachtragshaushalt, aufgestellt am 2. Februar 2009, genehmigt am 11. März
2009.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das
Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28. September 2010 sowie 18. November
2010 Bezug genommen.
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E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E
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Die nach § 17 TzBfG rechtzeitig erhobene Befristungskontrollklage ist begründet, weil
die im Arbeitsvertrag der Parteien vom 26. August 2009 vereinbarte Befristung
rechtsunwirksam ist und somit das Arbeitsverhältnis nicht zum 31. Dezember 2010
beendet wird.
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Die Befristung ist nicht gemäß § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8. TzBfG sachlich gerechtfertigt.
Nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8. TzBfG liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines
Arbeitsvertrages vor, wenn der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die
haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind und er entsprechend
beschäftigt wird. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes erfordert der
Sachgrund des § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8. TzBfG die Vergütung des Arbeitnehmers aus
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Haushaltsmitteln, die mit einer konkreten Sachregelung auf der Grundlage einer
nachvollziehbaren Zweckbesetzung versehen sind. Die für die Vergütung des befristet
eingestellten Arbeitnehmers verfügbaren Haushaltsmittel müssen für eine Aufgabe von
nur vorübergehender Dauer vorgesehen sein. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor,
wenn Haushaltsmittel lediglich allgemein für die Beschäftigung von Arbeitnehmern im
Rahmen von befristeten Arbeitsverhältnissen bereit gestellt werden (BAG 8.. Mai 2008 -
8. AZR 198/2007 - NZA 2008, 880). Daneben erfordert der hier streitige Sachgrund den
Einsatz des befristet beschäftigen Arbeitnehmers entsprechend der Zwecksetzung der
bereitstehenden Haushaltsmittel, wobei die Umstände bei Vertragsschluss maßgeblich
sind.
Ausgehend von diesen Grundsätzen sind im vorliegenden Streitfall die
Voraussetzungen für eine nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8. TzBfG gerechtfertigte Befristung
nicht gegeben. Dies gilt auch dann, wenn der Kläger aus Haushaltsmitteln vergütet wird,
die haushaltsrechtlich für die befristete Beschäftigung bestimmt sind und er
entsprechend beschäftigt wird.
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Für den Sachgrund des § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8. TzBfG müssen im Haushalt Mittel mit
einer nachvollziehbaren Zweckfestsetzung für eine Aufgabe von vorübergehender
Dauer ausgewiesen sein. Erforderlich ist dabei, dass die Zwecksetzung aus Gründen
des Europäischen Gemeinschaftsrechts so bestimmt sein muss, dass sie eine Kontrolle
ermöglicht, ob die befristete Beschäftigung der Deckung eines vorübergehenden
Bedarfs dient (vgl. BAG 17. März 2010 - 8. AZR 843/08 - NJW 2010, 2536-2538, zu I 1 a
der Gründe, Rn. 11). Daran fehlt es hier.
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Auf den Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2010 kann sich die Beklagte zur
Rechtfertigung der Befristung bereits deshalb nicht berufen, weil dieser Haushaltsplan
zur Zeit des Vertragsabschlusses der Parteien am 26. August 2009 noch gar nicht
existierte.
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Jedoch genügen auch die Bestimmungen im Haushaltsplan der C. für das Jahr 2009
(Kapitel 5 Titel 42507, Erläuterungen zu f) diesen Anforderungen nicht, nach der für das
Jahr 2009 Ermächtigungen für Kräfte mit befristetem Arbeitsvertrag vorgesehen sind. Sie
ermöglichen keine Prüfung, ob die Beschäftigung von befristet eingestellten
Arbeitnehmern mit Aufgaben von vorübergehender Dauer erfolgt oder ob damit ein
ständiger Bedarf abgedeckt wird. Dies gilt auch im Hinblick auf die im Haushaltsplan
enthaltene Formulierung, die zeitliche Befristung sei erforderlich zur ggf. notwendigen
Forcierung der Job-to-job-Vermittlung, um einen vorübergehenden Anstieg der Eintritte
in die Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Vielmehr fallen im Bereich der Arbeitsvermittlung
Daueraufgaben an. So hat der Kläger dort auch bereits vor Abschluss des zuletzt
abgeschlossenen Vertrages seit dem 18. Juni 2007 gearbeitet. An der erforderlichen
Bestimmtheit, die die Feststellung ermöglicht, ob die Beschäftigung des Klägers vom 1.
Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2010 zur Deckung eines vorübergehenden Bedarfs
oder aber zur Erledigung von Daueraufgaben erfolgt ist, fehlt es. Aus Kapitel 5 des
Haushaltsplanes ergibt sich nicht, von welchem Mehrbedarf bei der Mittelzuweisung
ausgegangen wurde. Die Formulierung „zur ggf. notwendigen Forcierung der Job-to-job-
Vermittlung zeigt zudem, dass der Haushaltsgeber nicht unbedingt davon ausgegangen
ist, dass es überhaupt zu einem Anstieg des Arbeitsanfalls kommen würde. Da es im
Haushaltsplan an einer für eine Bedarfskalkulation erforderlichen Angabe von
Parametern fehlt, anhand welcher der befristete Mehrbedarf ermittelt wurde, fehlt es an
der hinreichend bestimmten Zweckfestsetzung der Haushaltsmittel für eine Aufgabe von
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vorübergehender Dauer.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Den
gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzenden Wert des Streitgegenstandes hat
das Gericht für die Befristungskontrollklage auf den Betrag einer Vierteljahresvergütung
des Klägers festgesetzt. Die Statthaftigkeit der Berufung ergibt sich für diese
Bestandsstreitigkeit bereits kraft Gesetzes gemäß § 64 Abs. 2 c ArbGG.
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RECHTSMITTELBELEHRUNG
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Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei Berufung eingelegt werden.
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Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
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Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich beim
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Landesarbeitsgericht E.
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Ludwig-Erhard-Allee 21
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40227 E.
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Fax: 0211-7770 2199
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eingegangen sein.
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Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils,
spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
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Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein.
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Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
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1. Rechtsanwälte,
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2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse
solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse
mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
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3. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in
Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person
ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer
Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer
Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die
Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
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Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
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* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
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gez. Gruben-Braun
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