Urteil des ArbG Lörrach vom 05.06.2000

ArbG Lörrach: zusage, kündigung, antwortschreiben, betriebsrat, rechtsberatung, verfügung

ArbG Lörrach Urteil vom 5.6.2000, 3 Ca 89/00
Weiterbeschäftigungspflicht
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger als Lagerist weiter zu beschäftigen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Der Streitwert wird auf 3.400,00 DM festgesetzt.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt seine Weiterbeschäftigung trotz Kündigung aufgrund einer Zusage der Arbeitgeberin.
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Über das Vermögen der Arbeitgeberin wurde mit Beschluß vom 1.3.2000 das Insolvenzverfahren eröffnet, AS. 17. Der Kläger hat das Verfahren
gegen den beklagten Insolvenzverwalter wieder aufgenommen. Dieser hat die Weiterbeschäftigung des Klägers abgelehnt.
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Die Arbeitgeberin hat das Arbeitsverhältnis des Klägers betriebsbedingt außerordentlich mit Auslauffrist gekündigt. Hiergegen hat der Kläger
Kündigungsschutzklage erhoben. Die Klage ist abgewiesen worden, 3 Ca 303/99. Der Kläger hat Berufung eingelegt. Hierüber ist noch nicht
entschieden.
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Der Betriebsrat hatte der Kündigung widersprochen. Die Arbeitgeberin hat deshalb die Entbindung von der Verpflichtung zur
Weiterbeschäftigung beantragt, Az. 3 Ga 4/99. Das Gericht hat mit Urteil vom 29.11.1999 festgestellt, daß ein wirksamer Widerspruch des
Betriebsrates nicht vorliegt, daß deshalb eine Pflicht zur Weiterbeschäftigung nicht besteht und daß die Arbeitgeberin deshalb auch nicht
aufgrund des Widerspruchs des Betriebsrates zur Weiterbeschäftigung des Klägers verpflichtet ist. Das Gericht hat dabei offen gelassen, weil
dies nicht Streitgegenstand war, ob die Beklagte aufgrund vertraglicher Zusage zur Weiterbeschäftigung verpflichtet ist.
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Auch hierauf wird verwiesen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Kläger hat Berufung eingelegt.
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Eine derartige Zusage liegt vor. Der Kläger hatte im Kündigungsschutzverfahren schriftlich durch seinen Prozessbevollmächtigten bei der
Arbeitgeberin angefragt, ob er aufgrund des Widerspruchs des Betriebsrates weiterbeschäftigt werde. Das hat die Arbeitgeberin mit Schreiben
vom 29.9.1999 durch ihren Prozessbevollmächtigten, also nach Schluß der mündlichen Verhandlung, aber noch vor Urteilsverkündung, bejaht.
Der Kläger wurde dann auch tatsächlich bis zum 18.2.2000 weiterbeschäftigt.
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Danach wurde die Weiterbeschäftigung mit Rücksicht auf die Ausführungen im inzwischen zugestellten Urteil im Ga-Verfahren eingestellt.
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Daraufhin hat der Kläger am 23.2.2000 die vorliegende Klage bei Gericht eingereicht.
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Der Kläger beantragt:
10 1. Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger als Lagerist im Umfang von 35 Wochenstunden weiterzubeschäftigen
11 2. Der Beklagte wird hilfsweise verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluß des Parallelverfahrens 3 Ca 303/99 bzw. 10 Sa 25/99
weiterzubeschäftigen.
12 Der Beklagte beantragt:
13 Klagabweisung.
14 Auf die Schriftsätze der Parteien wird verwiesen.
15 Kläger: 22.2.2000 = AS 1-3 und 11.5.2000 = AS 32-34;
16 Beklagter: 29.2.2000 = AS 7-9; 19.4.2000 = AS 25-29 und 31.5.2000 = AS 41-44.
17 Auf die mündlichen Ausführungen der Parteien im Güte- und Kammertermin wird ebenfalls verwiesen, AS 30 und 45.
Entscheidungsgründe
18 Die Klage ist zulässig und begründet. Der Beklagte ist verpflichtet, den Kläger aufgrund der Zusage der Arbeitgeberin vom 29.9.1999
weiterzubeschäftigen.
19 Im Einzelnen:
20 1. Ein gesetzlicher Anspruch auf Weiterbeschäftigung besteht nicht.
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Die angefochtene Kündigung ist rechtswirksam.
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Ein wirksamer Widerspruch des Betriebsrates liegt nicht vor.
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Das hat das Gericht bereits entschieden; hierauf wird verwiesen.
24 2. Es liegt aber eine wirksame vertragliche Zusage der Arbeitgeberin auf Weiterbeschäftigung des Klägers vor.
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Diese Zusage wurde auch nicht mit der Einschränkung erteilt, daß die Weiterbeschäftigungspflicht entfällt, wenn das Gericht auf Antrag der
Arbeitgeberin sie von der Weiterbeschäftigungspflicht entbindet oder sogar feststellt, eine Weiterbeschäftigungspflicht bestehe wegen
Fehlen eines ordnungsgemäß begründeten Widerspruchs des Betriebsrates ohnehin nicht.
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Ein derartiger Vorbehalt ist in der Anfrage des Klägers, ob er aufgrund des Widerspruchs des Betriebsrates weiterbeschäftigt werde, nicht
enthalten.
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Auch das Antwortschreiben der Arbeitgeberin enthält diesen Vorbehalt nicht.
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Der Vorbehalt ergibt sich auch nicht aus den Umständen.
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Die Arbeitgeberin war rechtskundig vertreten.
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Wenn sie einen Vorbehalt machen wollte, hätte sie dies eindeutig erklären müssen.
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Andernfalls durfte der Kläger damit rechnen, er werde, wie beantragt, aufgrund des Widerspruchs des Betriebsrates weiterbeschäftigt.
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Wollte die Arbeitgeberin sich vorbehalten, sich von einer Weiterbeschäftigungspflicht ggf. durch gerichtliche Entscheidung entbinden zu
lassen, so hätte sie dies erklären müssen.
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Dasselbe gilt, wenn die Arbeitgeberin sich (auch) vorbehalten wollte, gerichtlich klären zu lassen, ob überhaupt ein wirksamer Widerspruch
des Betriebsrates vorlag oder nicht.
34 Das gilt jedenfalls hier, weil die Arbeitgeberin rechtskundig vertreten und die Unwirksamkeit des Widerspruchs des Betriebsrates offensichtlich
war.
35 Wenn die Arbeitgeberin in dieser Situation ohne "Wenn und Aber" die Weiterbeschäftigung des Klägers zusagte, so durfte der Kläger davon
ausgehen, daß das, was erklärt wurde, auch gemeint war, nämlich eine Weiterbeschäftigung.
36 3. Im übrigen ist das Verhalten der Arbeitgeberin, ohne, daß es hierauf noch entscheidend ankäme, widersprüchlich, § 242 BGB, weil der Kläger
trotz der Entscheidung im Ga-Verfahren noch bis zum 18.2.2000 weiterbeschäftigt worden ist.
37 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
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Der Streitwert wurde gemäß den §§ 61 Abs. 1 ArbGG und 3 ZPO in Höhe von einem Monatsgehalt festgesetzt.